Bundesfinanzhof Urteil, 21. Dez. 2016 - IV R 45/13
Tenor
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Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 28. September 2011 2 K 1636/10 aufgehoben.
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Die Sache wird an das Finanzgericht Rheinland-Pfalz zurückverwiesen.
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Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.
Tatbestand
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I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind die Kinder und Rechtsnachfolger der 1914 geborenen und am ... Mai 2010 verstorbenen M.
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Der im Jahr 1965 verstorbene Ehemann der M (E) bewirtschaftete bis zu seinem Tod einen Weinbaubetrieb im Haupterwerb. M besaß Weinberggrundstücke, die sie E zur Bewirtschaftung überlassen hatte. Die von E als Rechtsnachfolgerin ererbten Flächen verpachtete M unmittelbar nach dem Ableben des E. Mit Urkunden vom 27. Februar 1969, 28. März 1972 und 14. März 1973 übertrug sie die Hofstelle, Einrichtungen und den überwiegenden Teil der Grundstücke unentgeltlich auf ihren Sohn (den Kläger zu 1.) und die restlichen Flächen auf ihre beiden Töchter (die Klägerinnen zu 2. und 3.). Nach Angaben der Kläger verblieben 48,5 Ar Wald, 39,44 Ar Weinberge und 16,58 Ar Bauland (insgesamt 104,52 Ar), die bereits zu Lebzeiten des E Eigentum der M gewesen waren, weiterhin in deren Eigentum.
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Mit Schreiben vom 19. Juni 2006 erklärte M gegenüber dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) die Betriebsaufgabe zum 30. April 2006. Mit Schreiben vom 5. September 2006, dem eine Aufgabebilanz zum 30. April 2006 beigefügt war, ermittelte sie zunächst einen Aufgabegewinn in Höhe von ... €. Dabei berücksichtigte sie die Verkehrs- und Buchwerte von Weinberggrundstücken in A-Stadt, von Waldflächen in B-Stadt sowie eines Bauplatzes (Flurstück .../3; 585 qm) in A-Stadt. Für den Bauplatz legte sie einen Verkehrswert in Höhe von ... € und einen Buchwert in Höhe von 2.991,06 € zugrunde. In der Anlage L ihrer am 26. Februar 2008 beim FA eingereichten Einkommensteuererklärung 2006 erklärte M einen begünstigten Aufgabegewinn vor Abzug des Freibetrags bei Aufgabe eines ganzen Betriebs in Höhe von ... €, ohne die Abweichung von dem zuvor erklärten Wert zu erläutern.
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Der landwirtschaftliche Sachverständige des FA behandelte auch das von M als Weinberg bezeichnete Flurstück .../2 in A-Stadt (1 073 qm; Buchwert 5.486,16 €) als Bauplatz mit einem Verkehrswert von ... €. Für den Bauplatz Flurstück .../3 übernahm er die Werte aus der Aufgabeerklärung. Unter Einbeziehung der weiteren Grundstücke ergab sich ein Aufgabegewinn von ... €, der um nachgewiesene Steuerberatungskosten in Höhe von 499 € auf ... € gemindert wurde.
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Mit Einkommensteuerbescheid 2006 vom 27. Oktober 2008 setzte das FA die Einkommensteuer der M unter Berücksichtigung eines Aufgabegewinns aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von ... € auf ... € fest.
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Mit ihrem Einspruch beantragte M zunächst den Ansatz ihrer Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nach Maßgabe einer geänderten Aufgabebilanz zum 30. April 2006 und unter Berücksichtigung höherer Steuerberatungskosten. Anschließend ergänzte M ihren Einspruch jedoch dahin, dass es sich bei den in der Aufgabeerklärung berücksichtigten Grundstücken zum 30. April 2006 nicht mehr um Betriebsvermögen gehandelt habe. Nach dem Tod des E im Jahr 1965 habe der Kläger zu 1. den väterlichen Betrieb übernommen und ihre Grundstücke gepachtet. Sie --M-- habe ab 1965 nur noch Einkünfte aus der Verpachtung erzielt, die nicht nach Bilanzierungsgrundsätzen ermittelt worden seien. Im Fall des Beginns der parzellenweisen Verpachtung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs vor der Veröffentlichung des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 15. Oktober 1987 IV R 66/86 (BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260) werde dieser nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht infolge der genannten BFH-Entscheidung wieder zu einem bestehenden Betrieb, wenn nach bisheriger Verwaltungsauffassung infolge der parzellenweisen Verpachtung von einer Betriebsaufgabe auszugehen sei. Habe die Verwaltung bislang wegen einer fehlenden Fortführungserklärung eine Betriebsaufgabe angenommen, so sei objektiv vorhandenes Betriebsvermögen gleichwohl weiter als Privatvermögen zu behandeln.
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Der Einspruch der M hatte keinen Erfolg. In seiner Einspruchsentscheidung vom 15. April 2010 führte das FA u.a. aus, die streitbefangenen Grundstücke hätten zum ruhenden land- und forstwirtschaftlichen Betrieb der M gehört. Ein Land- und Forstwirt, der seinen bisher selbst bewirtschafteten Betrieb verpachte, habe die Wahl zwischen einer Betriebsaufgabe und der Fortführung als ruhender Betrieb, wobei dies auch bei Verpachtung nur der wesentlichen Betriebsgrundlagen gelte. Gebe der Steuerpflichtige anlässlich der Verpachtung keine Aufgabeerklärung ab, so führe er den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb fort. Auch die Verpachtung seitens der M an den Kläger zu 1. habe --wie auch eine bei diesem durchgeführte Außenprüfung für die Jahre 1974 bis 1976 festgestellt habe-- nicht zu einer Zwangsaufgabe des Betriebs der M geführt. Das BFH-Urteil in BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260 greife nicht, da die land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke der M nicht an verschiedene Pächter (parzellenweise Verpachtung), sondern nur an den Kläger zu 1. verpachtet worden seien.
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Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (FG) änderte mit Urteil vom 28. September 2011 2 K 1636/10 --sinngemäß-- den während des Klageverfahrens ergangenen geänderten Einkommensteuerbescheid 2006 vom 23. September 2011 dahingehend ab, dass bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft der Ansatz eines Veräußerungsgewinns in Höhe von ... € unterbleibt. Zur Begründung führte das FG u.a. aus, das FA habe weder den Nachweis führen können, dass es sich bei den streitbefangenen Grundstücken der M während deren Ehe um Betriebsvermögen eines Weinbaubetriebs gehandelt habe, noch dass diese Flächen nach dem Ableben des E im Jahr 1965 von M landwirtschaftlich genutzt worden seien.
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Mit seiner Revision rügt das FA, dass die FG-Entscheidung auf Rechtssätzen aufbaue, die der Rechtsprechung des BFH objektiv willkürlich und greifbar gesetzeswidrig widersprächen. Die Würdigung des FG verstoße gegen die Denkgesetze und sei nach den bislang getroffenen Tatsachenfeststellungen, die zum Teil dem Beteiligtenvorbringen und dem Inhalt der Akten widersprächen, unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar.
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Streitig sei, ob zum erklärten Zeitpunkt der Betriebsaufgabe (30. April 2006) im Eigentum der M befindliche Weinberg- und Waldflächen in einer Größe von 104,52 Ar von M in der Vergangenheit zu irgendeinem Zeitpunkt im Rahmen eines Einzelunternehmens oder einer Ehegatten-Mitunternehmerschaft zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt worden und bis zum genannten Zeitpunkt noch als Betriebsvermögen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs anzusehen seien.
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Im Einzelnen trägt das FA u.a. vor:
In der Zeit ihrer Ehe bis zum Tod des E im März 1965 habe die M selbst ohne Vorliegen einer Ehegatten-Mitunternehmerschaft einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb geführt. Nachdem kein Nutzungsüberlassungsvertrag zwischen M und E festgestellt worden sei, seien die Erträge aus der Bewirtschaftung der streitbefangenen land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen der M als Grundstückseigentümerin zuzurechnen (z.B. BFH-Urteil vom 16. Dezember 2009 IV R 7/07, BFHE 228, 59, BStBl II 2010, 431). Dies gelte auch, wenn der Ehegatte, der nicht Eigentümer der der Urproduktion dienenden Flächen sei, diese tatsächlich bewirtschafte und allein nach außen als Landwirt auftrete (z.B. BFH-Urteil vom 25. September 2008 IV R 16/07, BFHE 224, 490, BStBl II 2009, 989), und wenn der Eigentümerehegatte keine Wirtschaftsgebäude oder Betriebsmittel habe und nur der andere Ehegatte als Bewirtschafter nach außen auftrete.
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Das FG habe jedoch schon aufgrund der in den Akten vorhandenen Verträge Anlass gehabt, zu prüfen, ob auf der Grundlage einer Gütergemeinschaft bzw. Errungenschaftsgemeinschaft zwischen den Ehegatten von einer Mitunternehmerschaft zwischen beiden auszugehen sei. Nach Aktenlage hätte es ohne weiteres eine Ehegatten-Innengesellschaft bejahen können. Außerdem habe das FG unter Verstoß gegen das BFH-Urteil in BFHE 224, 490, BStBl II 2009, 989 den für die Annahme einer Mitunternehmerschaft ausreichenden Vermögensbeitrag eines Landwirtsehegatten mit 20 % statt mit 10 % angesetzt. Nach Aktenlage hätte das FG zu einem Beitrag der M in Höhe von 17 % (Verhältnis von zurückbehaltener Fläche von 104,52 Ar zu einer Gesamtfläche von 611,16 Ar) kommen können. Aber auch der vom FG angenommene Beitrag von 13 % stehe nach der Rechtsprechung des BFH einer Mitunternehmerschaft zwischen den Landwirtsehegatten nicht entgegen. Im Übrigen habe das FG ungeprüft nur auf das der M nach Teilung des Erbes verbliebene Eigentum abgestellt. Denknotwendig sei jedoch auf die während der Ehe vorhandenen land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen abzustellen. Anhand der ihm vorliegenden notariellen Verträge hätte das FG feststellen können, dass die M Alleineigentümerin von 1,5 ha und zusammen mit E Miteigentümerin von rd. 2,4 ha Nutzflächen gewesen sei. Schließlich sei das FG fehlerhaft davon ausgegangen, dass die Waldflächen eines Ehegatten bei der Beurteilung einer Ehegatten-Innengesellschaft nicht zu beachten seien, wenn der andere Ehegatte nicht über gleichartige Nutzflächen verfüge. Das FG habe dabei nicht beachtet, dass die Anforderungen an sog. Bauernwälder, die keine eigenständige Existenzgrundlage bildeten, als unselbständiger Teil des landwirtschaftlichen Betriebs nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung äußerst gering seien. Bildeten Forstflächen hingegen einen selbständig lebensfähigen Forstbetrieb, so sei von einem Teilbetrieb auszugehen. Das FG habe auch nicht festgestellt, dass die Forstflächen so weit von den Weinbergen entfernt gelegen hätten, dass sie nicht zusammen einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb der M hätten zugerechnet werden können.
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In der Zeit von März 1965 bis zum 27. Februar 1969 (Datum der notariellen Verträge --Erbvertrag und Grundstücksübereignungsvertrag-- zwischen M und ihren drei Kindern) seien die schon immer im Eigentum der M befindlichen Grundstücke nach den Feststellungen des FG nicht an einen der oder an alle Kläger verpachtet worden, sondern ausschließlich die land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke, die zum Betrieb des E gehört hätten. Hinsichtlich der streitbefangenen Grundstücke habe das FG wegen der fehlenden Verpachtung bis Februar 1969 zu einer aktiven land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit der M kommen müssen.
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Auch in der Zeit vom 27. Februar 1969 bis 1972 habe M eine aktive land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit ausgeführt, weil der Kläger zu 1. die bei M verbliebenen Weinbergflächen (56,02 Ar) für diese bewirtschaftet habe. Wenn das FG in den Entscheidungsgründen seines Urteils ausgeführt habe, dass die Beteiligten übereinstimmend davon ausgingen, die Weinbergflächen seien von M dem Kläger zu 1. "zu dessen Bewirtschaftung" überlassen worden, stehe dies im Widerspruch zu dem im FG-Urteil wiedergegebenen Vortrag des FA, dass sich der Kläger zu 1. im genannten Erbvertrag zur Bewirtschaftung "für" die M auf deren Lebenszeit verpflichtet habe. Die Auffassung des FA stütze sich auf die Vereinbarung im Erbvertrag, wonach sich der Kläger zu 1. verpflichtet habe, die Weinberge im Eigentum der M --gemeint einschließlich der später als Bauland behandelten Grundstücke (insgesamt 56,02 Ar)--, die in der Teilungsanordnung nicht aufgeführt seien, für die M auf deren Lebenszeit unentgeltlich zu bewirtschaften. Nach Angaben der M habe der Kläger zu 1. dieser Verpflichtung entsprochen, ohne dass das FG entgegenstehende Feststellungen getroffen habe. Soweit die M zum Zeitpunkt des Abschlusses der Verträge vom 27. Februar 1969 Eigentümerin zahlreicher hier nicht streitbefangener Grundstücke gewesen sei, stehe dies der Annahme eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs bezüglich der streitbefangenen Flächen (104,52 Ar) nicht entgegen. Denn eigenbetrieblich genutzte land- und forstwirtschaftliche Nutzflächen, die nach der Übertragung, Veräußerung oder Entnahme von land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen verblieben, bildeten nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 9. November 2000 IV R 60/99, BFHE 193, 433, BStBl II 2001, 101) einen vollständigen Betrieb. Dies gelte unabhängig davon, ob die Übertragung alle wesentlichen Betriebsgrundlagen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs umfasse (BFH-Urteil vom 24. Februar 2005 IV R 28/00, BFH/NV 2005, 1062) oder die Übertragung erst nach und nach stattfinde (BFH-Beschluss vom 30. Dezember 2004 IV B 57/04, BFH/NV 2005, 1042), und zwar selbst dann, wenn die zurückbehaltenen land- und forstwirtschaftlichen Flächen keine eigenständige Existenzgrundlage mehr bildeten (BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 1042). Die der M verbliebenen weinbaulich genutzten Flächen seien auch ausreichend groß für die Annahme eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, weil sie mehr als 30 Ar betragen hätten (BFH-Urteil vom 5. Mai 2011 IV R 48/08, BFHE 234, 11, BStBl II 2011, 792) und dabei ertragreicher als Ackerbaugrundstücke seien.
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Zu Unrecht habe das FG auch die streitbefangenen Waldflächen (48,5 Ar) nicht als Betriebsvermögen der M angesehen. Zur forstwirtschaftlichen Nutzung zähle grundsätzlich jede mit Nutzhölzern bestandene Fläche, selbst wenn deren Bestandspflege über längere Zeiträume --ggf. Jahrzehnte-- vernachlässigt werde (BFH-Urteil vom 18. März 1976 IV R 52/72, BFHE 118, 441, BStBl II 1976, 482) oder sogar vollständig fehle und der Land- und Forstwirt selbst kein Interesse an der Holzernte habe, sondern lediglich den Wertzuwachs aus dem aufstehenden Holz durch Verkauf der Waldfläche realisieren könne (BFH–Urteil vom 14. Juli 1988 IV R 88/86, BFH/NV 1989, 771). Allein eine durch natürliche Einsamung entstandene forstwirtschaftlich nutzbare Fläche könne genügen (BFH-Urteile vom 13. April 1989 IV R 30/87, BFHE 157, 98, BStBl II 1989, 718, und vom 18. Mai 2000 IV R 27/98, BFHE 192, 287, BStBl II 2000, 524). Bereits die Hinnahme des natürlichen Holzzuwachses auf einer ausreichend großen Fläche begründe einen Forstbetrieb (BFH-Urteil in BFHE 118, 441, BStBl II 1976, 482). Hiernach habe die M ihre Waldfläche nach der Holzernte in 1950 durch Bewirtschaftungsmaßnahmen in Form einer Aufforstung und fachgerechten Bewirtschaftung mittels eines Beförsterungsvertrags aktiv forstwirtschaftlich genutzt. Es könne dahinstehen, ob die Waldfläche bei isolierter Betrachtung hinreichend groß sei, um einen Forstbetrieb zu begründen; zumindest als Bauernwaldung sei sie unselbständiger Teil des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs der M.
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Soweit in dem Auszug eines Außenprüfungsberichts vom ... Mai 1978 betreffend das Weingut des Klägers zu 1., der dem FG vorgelegen habe, u.a. ausgeführt werde, dass M 1969 ihren Betrieb an den Kläger zu 1. verpachtet habe, werde dort davon ausgegangen, dass während der Verpachtung der Betrieb der M nicht aufgegeben worden sei. Das gründe darauf, dass auch M und der Kläger zu 1. für jene Zeit von einer Fortführung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs der M ausgegangen seien. Das FG habe nicht begründet, weshalb jener Außenprüfungsbericht für die Zeit bis 1972 keinen Nachweis für eine aktive land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit der M liefere.
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Das FG hätte danach für die Zeit bis 1972 eine Bewirtschaftung der bei M verbliebenen Weinbergflächen (56,02 Ar) durch den Kläger zu 1. annehmen und deshalb eine aktive land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit der M bejahen müssen. Gleichfalls hätte die Waldfläche als Betriebsvermögen angesehen werden müssen.
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Soweit das FG ausgeführt habe, dass M die von E geerbten Flächen an ihre Kinder verpachtet und dann u.a. mit Vertrag vom 27. Februar 1969 unentgeltlich überwiegend an den Kläger zu 1. und im Übrigen an ihre Töchter übertragen habe, und hieraus eine Zerschlagung des ererbten Betriebsvermögens gefolgert habe, habe das FG nicht festgestellt, durch welche Handlungen und Geschehensabläufe der Betrieb des E zerschlagen oder aufgegeben worden sei. Es stelle sich die Frage, ob ein oder zwei land- und forstwirtschaftliche Betriebe vorgelegen hätten. Soweit die Kläger nachträglich eine parzellenweise Verpachtung des Betriebs des E behauptet hätten, sei diese nicht festgestellt und sie könne auch keine Aufgabe des Betriebs des E bewirken (BFH-Urteil vom 8. März 2007 IV R 57/04, BFH/NV 2007, 1640). Mit der Teilungsanordnung im Erbvertrag vom 27. Februar 1969 werde keine Betriebsaufgabe begründet, denn diese sei lediglich eine Regelung für den Erbfall. Mit dem Erbfall gehe ein aktiver oder verpachteter land- und forstwirtschaftlicher Betrieb im Ganzen auf den Rechtsnachfolger über (z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 1640). Der Aufgabe oder Zerschlagung des Betriebs der M stehe deren aktive Tätigkeit ab Februar 1969 entgegen. Sofern der Betrieb des E isoliert zu betrachten sei, habe eine Betriebszerschlagung oder -aufgabe dieses Betriebs ohnehin keine Bedeutung für den Betrieb der M. Entscheidend sei aber, dass das FG keine Feststellungen zu einer Zerschlagung oder Aufgabe des Betriebs der M mit den streitbefangenen Grundstücken bis zu der von M erklärten Betriebsaufgabe zum 30. April 2006 getroffen habe.
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Für die Zeit von 1972 bis zum 30. April 2006 stünden die Ausführungen des FG, dass M die streitbefangenen Weinbergflächen dem Kläger zu 1. "zu dessen Bewirtschaftung" überlassen habe, wiederum im Widerspruch zum Vortrag der Beteiligten. Unstreitig sei, dass M ab 1972 von den ihr verbliebenen Flächen Weinberge in einer Größe von 39,44 Ar an den Kläger zu 1. entgeltlich verpachtet habe, nach Angaben der Kläger zur Aufbesserung ihrer Witwenrente. Die restlichen Weinbergflächen (16,58 Ar) sowie die Waldfläche (49,5 Ar) seien von M hingegen weiter aktiv land- und forstwirtschaftlich genutzt worden, denn das FG habe nicht festgestellt, dass diese Flächen verpachtet oder einem Dritten zur Nutzung überlassen worden seien. Dabei seien schon die weinbaulich genutzten Flächen (16,58 Ar) ausreichend groß für die Annahme eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, weil diese wesentlich ertragreicher als eine nach dem BFH-Urteil in BFHE 234, 11, BStBl II 2011, 792 für die Annahme eines solchen Betriebs genügende Acker- oder Grünlandfläche von 30 Ar seien. Zudem sei auch für die Zeit ab 1972 die Waldfläche als eigenbetriebliche forstwirtschaftliche Nutzung der M zu berücksichtigen. Das FG habe diese eigenbetriebliche Nutzung hingegen nicht berücksichtigt und ohne Begründung unterstellt, dass die für das Streitjahr (2006) als Bauland bewerteten Grundstücke nicht mehr weinbaulich genutzt worden seien.
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Das FA beantragt,
das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
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Sie tragen u.a. vor, die von M in die Ehe eingebrachten Weinberggrundstücke habe M dem E unentgeltlich zur Mitbewirtschaftung überlassen. Die Waldfläche (48,5 Ar) habe keine Rolle gespielt. Die Weinberggrundstücke seien nie Betriebsvermögen geworden. Nach dem Tod des E habe der Kläger zu 1. den Betrieb des E weitergeführt und die Weinberge der M mitbewirtschaftet. Durch die Teilung im Jahr 1969 sei der Betrieb des E zerschlagen worden, ein Betrieb der M habe nie existiert. Die Zurückbehaltung von Flächen sei erfolgt, weil M in Gestalt von Baugelände einen "Notgroschen" hätte haben wollen und Pietätsgründe für den Behalt eines Grundstücks gesprochen hätten, auf dem ein Sohn der M im Jahr 1948 ums Leben gekommen sei. Eine Betriebsaufgabeerklärung hätte mangels Betriebs nicht abgegeben werden dürfen.
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Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision des FA ist begründet. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die bisherigen Feststellungen des FG stehen teilweise im Widerspruch zu dem Vorbringen der Beteiligten, verstoßen gegen Denkgesetze und tragen jedenfalls nicht dessen Würdigung, dass im Streitjahr (2006) kein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb der M mehr existiert habe und deshalb die streitbefangenen Flächen zum Zeitpunkt der von M erklärten Betriebsaufgabe (30. April 2006) kein Betriebsvermögen mehr dargestellt hätten. Zudem legt die angegriffene Entscheidung Rechtssätze zugrunde, die mit der Rechtsprechung des BFH nicht in Einklang stehen. Das FG erhält mit der Zurückverweisung Gelegenheit, die fehlenden Feststellungen nachzuholen und den Sachverhalt auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung neu zu beurteilen.
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1. Für die Zeit der Ehe von M und E bis zu dessen Tod im März 1965 hat das FG eine Mitunternehmerschaft geprüft, ohne die Grundsätze des BFH-Urteils in BFHE 224, 490, BStBl II 2009, 989 zu beachten. Nach jener Entscheidung können Ehegatten in der Land- und Forstwirtschaft (auch) ohne ausdrücklichen Gesellschaftsvertrag eine Mitunternehmerschaft bilden, wenn jeder der Ehegatten einen erheblichen Teil der selbst bewirtschafteten land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke zur Verfügung stellt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob dem Ehegatten das Fruchtziehungsrecht an den zur Verfügung gestellten Grundstücken als Alleineigentümer, als Miteigentümer oder als Pächter zusteht. Der Anteil des selbst bewirtschafteten land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes, den jeder Ehegatte zur Verfügung gestellt hat, ist nach dem BFH-Urteil in BFHE 224, 490, BStBl II 2009, 989 in der Regel nicht erheblich und daher zur Begründung einer konkludenten Mitunternehmerschaft nicht geeignet, wenn er weniger als 10 % der insgesamt land- und forstwirtschaftlich genutzten Eigentumsflächen beträgt. Demgegenüber hat das FG in seinem Urteil vom 28. September 2011 einen erheblichen Beitrag der M unter Anwendung einer 20 %-Grenze verneint. Schon ungeachtet der vom FA vorgetragenen --vom FG indes nicht näher festgestellten-- Umstände, wonach eine Mitunternehmerschaft zwischen M und E auch auf zivilrechtlicher Grundlage bestanden haben könnte (in den beiden notariellen Urkunden vom 27. Februar 1969 wird die M allerdings als "nicht in fortgesetzter Gütergemeinschaft lebend" gekennzeichnet), wäre bei Anwendung der Grundsätze des BFH-Urteils in BFHE 224, 490, BStBl II 2009, 989 bereits ausgehend von einer vom FG berücksichtigten, auch noch im Streitjahr im Eigentum der M stehenden Fläche von rd. 56 Ar (39,44 Ar Weinberge und 16,58 Ar --späteres-- Bauland) und dem vom FG auf dieser Grundlage bezifferten Anteil der M an den von E bewirtschafteten Flächen von 13 % ein nicht unerheblicher Beitrag der M zu bejahen gewesen.
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Es kommt hinzu, dass das FG keine Feststellungen zu den Flächen getroffen hat, die zu Lebzeiten des E im Eigentum der M gestanden haben und die im Rahmen des Weinguts des E bzw. der Landwirtsehegatten bewirtschaftet worden sind. Zutreffend hat das FA darauf hingewiesen, dass sich diese Flächen nicht notwendig auf die bis zum Streitjahr im Eigentum der M verbliebenen Flächen beschränkt haben.
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Weiter kommt hinzu, dass das FG zu Unrecht ohne weitere Prüfung im Eigentum der M stehende Waldflächen (verblieben waren der M bis zum Streitjahr 48,5 Ar) nicht in seine Betrachtung einbezogen hat. Denn insoweit hätte das FG --worauf das FA ebenfalls zutreffend hingewiesen hat-- prüfen müssen, ob es sich um eine Bauernwaldung gehandelt hat, die nicht nach einem selbständigen Betriebswerk bewirtschaftet wird, bei der nicht die einzelnen Voraussetzungen eines Forstbetriebs --vor allem die Gewinnerzielungsabsicht-- vom Objekt her in jedem Jahr erfüllt sind, sondern nur innerhalb der Gesamtumtriebszeit der vorhandenen Altersklassen des Baumbestandes (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 26. Juni 1985 IV R 149/83, BFHE 144, 67, BStBl II 1985, 549, und vom 15. Oktober 1987 IV R 91/85, BFHE 151, 392, BStBl II 1988, 257), und die weder eine nachhaltige Bestandspflege noch die Vornahme von Holzeinschlägen voraussetzt (z.B. BFH-Urteile in BFHE 118, 441, BStBl II 1976, 482, und in BFHE 192, 287, BStBl II 2000, 524).
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Nach Aktenlage spricht viel dafür, dass die Voraussetzungen für eine Mitunternehmerschaft der Landwirtsehegatten erfüllt waren.
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2. Für die Zeit nach dem Tod des E im März 1965 ist nicht nachvollziehbar, dass das FG im Tatbestand seiner angegriffenen Entscheidung davon ausgeht, die M als Rechtsnachfolgerin des E habe die ererbten Flächen unmittelbar nach dem Ableben des E an ihre Kinder verpachtet, während es als Vortrag der M ausführt, dass der Kläger zu 1. den väterlichen Betrieb übernommen habe. Soweit eine Mitunternehmerschaft nach den unter II.1. ausgeführten Grundsätzen anzunehmen ist, wird das FG deshalb zu prüfen haben, an wen die M als Rechtsnachfolgerin des E den zuvor von den Landwirtsehegatten als Mitunternehmer bewirtschafteten (gesamten) land- und forstwirtschaftlichen Betrieb einschließlich der in ihr Eigentum fallenden Grundstücke verpachtet hat. Zwar ist das FG --sinngemäß-- davon ausgegangen, dass nur ein Betrieb des E von der M verpachtet worden sei. Dies beruht aber auf der rechtsfehlerhaft begründeten und nach den unter II.1. genannten Maßstäben nicht naheliegenden Vorstellung, dass keine Mitunternehmerschaft zwischen den Ehegatten bestanden habe. Sollten sich Anhaltspunkte für die Annahme einer von den Klägern behaupteten parzellenweisen Verpachtung ergeben, müsste dies keine Zerschlagung des Betriebs zur Folge haben (BFH-Urteile in BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260, und in BFH/NV 2007, 1640). Dass M im Hinblick auf das BFH-Urteil in BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260 hätte Vertrauensschutz beanspruchen können, ist nicht ersichtlich, nachdem die Beteiligten bis zum Ergehen jenes Urteils nicht von einer Betriebsaufgabe und deshalb auch nicht von Privatvermögen ausgegangen sind. Im Fall einer --auch parzellenweisen-- Verpachtung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs im Ganzen ist grundsätzlich ohne zeitliche Begrenzung so lange von einer Fortführung des Betriebs auszugehen, wie eine Betriebsaufgabe nicht erklärt worden ist und die Möglichkeit besteht, den Betrieb fortzuführen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 19. März 2009 IV R 45/06, BFHE 225, 334, BStBl II 2009, 902, und --für einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb-- BFH-Urteil in BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260). Für die Annahme der Fortführung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs kann es genügen, dass die maßgeblichen Grundlagen des Betriebs in Gestalt des Grund und Bodens, der Wirtschaftsgebäude und der Hofstelle verpachtet sind, während das lebende und tote Inventar schon im Hinblick auf die normale Dauer von Landpachtverträgen veräußert wird (näher BFH-Urteil in BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260). In diesem Zusammenhang wird das FG auch dem Hinweis des FA auf den Außenprüfungsbericht vom ... Mai 1978 betreffend das Weingut des Klägers zu 1. nachzugehen haben, nach dessen Feststellungen während der Verpachtung der Betrieb der M nicht aufgegeben worden sei.
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Sollte das FG zu dem Ergebnis gelangen, dass keine Mitunternehmerschaft zwischen M und E bestanden hat, stünde dies der Annahme eines eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebs der M (s. dazu II.3.) schon für die Zeit bis zum 27. Februar 1969 nicht entgegen.
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3. Für die Zeit vom 27. Februar 1969 (Datum des notariellen Erbvertrags und Grundstücksübereignungsvertrags zwischen M und den Klägern) bis 1972 steht der Würdigung des FG entgegen, dass dieses nicht dem Vortrag des FA nachgegangen ist, der Kläger zu 1. habe sich im genannten Erbvertrag zur Bewirtschaftung "für" die M auf deren Lebenszeit verpflichtet. Nähere Feststellungen zu den Regelungen des Erbvertrags und deren tatsächlicher Durchführung hat das FG nicht getroffen. Wenn das FG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, dass die Beteiligten übereinstimmend davon ausgingen, die M habe die ihr verbliebenen Weinbergflächen dem Kläger zu 1. "zu dessen Bewirtschaftung" überlassen, findet dies --soweit diese Aussage dahingehend zu verstehen ist, dass der Kläger zu 1. die Flächen im Rahmen seines eigenen Weinguts auf eigene Rechnung bewirtschaftet habe-- in den bislang getroffenen Feststellungen des FG keine Stütze. Soweit der M nach der Übertragung von Flächen auf ihre Kinder Flächen verblieben sind, die bereits zur Zeit ihrer Ehe in ihrem Eigentum gestanden haben --also die nunmehr streitbefangenen Grundstücke-- und jedenfalls die Weinbergflächen (einschließlich der Flächen, die später zu Bauland geworden sind) von dem Kläger zu 1. für die M bewirtschaftet worden sind, stünde der Annahme eines (sofern eine frühere Mitunternehmerschaft zu bejahen ist, nunmehr verkleinerten) land- und forstwirtschaftlichen Betriebs der M die Größe der bewirtschafteten Flächen nicht entgegen. Denn allein die auf Weinberge entfallenden Flächen beliefen sich nach Angaben der Kläger auf 56,02 Ar und überstiegen damit die für die Abgrenzung von privater Gartenbewirtschaftung entwickelte Grenze von 3 000 qm (näher dazu BFH-Urteil in BFHE 234, 11, BStBl II 2011, 792). Außerdem kommt nach den unter II.1. ausgeführten Grundsätzen auch insoweit in Betracht, dass die der M verbliebene Waldfläche (48,5 Ar) in die Würdigung mit einzubeziehen ist.
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4. Für die Zeit von 1972 bis zum 30. April 2006 (ursprüngliche Erklärung der Betriebsaufgabe) hat das FG keine weiteren Feststellungen getroffen. Auch für diese Zeitspanne wird das FG seine noch zu treffenden Feststellungen zu den Regelungen des Erbvertrags und deren tatsächlicher Durchführung (II.3.) zu berücksichtigen haben. Sollte der Vortrag des FA zutreffen, dass M ab 1972 von den ihr verbliebenen Flächen Weinberge in einer Größe von 39,44 Ar an den Kläger zu 1. entgeltlich verpachtet habe, stünde auch dies der Annahme der Fortführung eines (ggf. verkleinerten) land- und forstwirtschaftlichen Betriebs der M nicht entgegen. Zum einen wurde ein anderer Teil der M verbliebenen Flächen nicht an den Kläger zu 1. verpachtet. Insoweit kommt in Betracht, dass diese Weinberge in der Größe von 16,58 Ar (56,02 Ar abzüglich 39,44 Ar) weiterhin auf der Grundlage der noch festzustellenden Regelungen des Erbvertrags vom Kläger zu 1. für die M bewirtschaftet worden sind. Der Umstand, dass Weinbergflächen teilweise später zu Bauland geworden sind, schließt deren vorherige landwirtschaftliche Nutzung bzw. Weiternutzung als Weinberg nicht aus. Außerdem kommt nach den unter II.1. ausgeführten Grundsätzen auch für diese Zeit in Betracht, dass die der M verbliebene Waldfläche (48,5 Ar) in die Würdigung mit einzubeziehen ist. Zum anderen führte die teilweise Verpachtung von Nutzflächen bei einem bestehenden land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, die als notwendiges Betriebsvermögen anzusehen sind, nicht zur Annahme einer Betriebsaufgabe. Die Betriebsverpachtungsgrundsätze (vgl. II.2.) gelten nur für die --auch parzellenweise-- Verpachtung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs im Ganzen.
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5. Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Urteil, nachdem die Beteiligten übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet haben (§ 121 Satz 1 i.V.m. § 90 Abs. 2 FGO).
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6. Die Übertragung der Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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Tenor
I. Der Einkommensteuerbescheid 2006 vom 27. Oktober 2008 in der Fassung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung von 15. April 2010 sowie des Änderungsbescheides vom 23. September 2011 wird dahin geändert, dass der Ansatz eines Veräußerungsgewinns bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 288.089,-- € unterbleibt.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
III. Die vom Beklagten zu tragenden Kosten sind zugunsten der Kläger vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Streitig ist die Existenz von Betriebsvermögen.
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Die jetzigen Kläger (im Folgenden: Rechtsnachfolger) sind die drei Kinder und testamentarischen Erben der ursprünglichen Klägerin im Streitfall, der am 3. Dezember 1914 geborenen und am 19. Mai 2010 verstorbenen Frau M (im Folgenden: Klägerin).
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Der im Jahre 1965 verstorbene Ehemann der Klägerin bewirtschaftete bis zu seinem Tod einen Weinbaubetrieb im Haupterwerb. Die Klägerin besaß Weinbergsgrundstücke, welche sie ihrem Ehemann zur Bewirtschaftung überlassen hatte. Die vom Ehemann als Rechtsnachfolgerin ererbten Flächen verpachtete sie unmittelbar nach dessen Ableben an ihre Kinder, ihre Rechtsnachfolger. Mit Urkunden vom 27. Februar 1969, 28. März 1972 und 14. März 1973 hatte die Klägerin die Hofstelle, Einrichtungen und den überwiegenden Teil der Grundstücke unentgeltlich an den Sohn und die restlichen Flächen an seine beiden Schwestern übertragen. Nach Angaben der Rechtsnachfolger verblieben 48,5 ar Waldfläche, 39,44 ar Weinbergsfläche und 16,58 ar Bauland im Eigentum der Klägerin, es handelte sich dabei um die bereits während ihrer Ehe in ihrem Eigentum befindlichen land- und forstwirtschaftlichen Flächen.
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Die Klägerin erklärte mit Schreiben vom 19. Juni 2006 gegenüber dem Beklagten die Betriebsaufgabe zum 30. April 2006. In einem Schreiben vom 5. September 2006 ermittelte sie einen Aufgabegewinn von 147.365,46 €. Dem lagen die Ermittlung der Verkehrswerte und stillen Reserven für Weinbergsgrundstücke in M, Waldflächen in D und für einen Bauplatz in M (Flurstück .../3, 585 m², Verkehrswert 155.000 €, Buchwert 2991,06 €) zugrunde. Wegen der Daten zu den einzelnen Grundstücken wird auf die Einspruchsentscheidung verwiesen (Blatt 48-49 der Einkommensteuerakten Fach: Einspruchvorgänge). In der am 26. Februar 2008 bei dem Beklagten eingereichten Einkommensteuererklärung 2006 erklärte die Klägerin in der Anlage L einen begünstigten Veräußerungsgewinn vor Abzug des Freibetrags bei Aufgabe eines ganzen Betriebes in Höhe von 150.508 €, eine berichtigte Ermittlung fehlte.
- 5
Der landwirtschaftliche Sachverständige des Beklagten ermittelte seinerseits die Verkehrswerte und stillen Reserven, wobei er noch einen weiteren Bauplatz in M (Flurstück .../2) mit 1073 m² und einem Verkehrswert von 139.490 € berücksichtigte. Für den Bauplatz Flurstück .../3 übernahm er die Werte aus der Aufgabeerklärung. Es ergab sich ein Veräußerungsgewinn von 288.588,07 € und nach Abzug von nachgewiesenen Steuerberatungskosten in Höhe von 499 € von 288.089 €.
- 6
Mit Einkommensteuerbescheid 2006 vom 27. Oktober 2008 wurde die Einkommensteuer auf 82.970 € festgesetzt.
- 7
Mit ihrem fristgerechten Einspruch hiergegen beanstandete die Klägerin zunächst den Ansatz eines Veräußerungsgewinns für zwei Weinbergsgrundstücke und beantragte die Berücksichtigung höherer Steuerberatungskosten (2173,09 €). Dies beruhe auf teilweise noch nicht berechneten Kosten der Steuerberatung wegen der Ermittlung des Aufgabegewinns.
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Sodann ergänzte sie den Einspruch dahingehend, dass es sich bei den in der Aufgabeerklärung berücksichtigten Grundstücken zum 30. April 2006 nicht mehr um Betriebsvermögen gehandelt habe. Nach dem Tod des Ehemanns der Klägerin im Jahre 1965 habe ihr Sohn H. M. (Kläger 1) den väterlichen Betrieb übernommen und ihre Grundstücke gepachtet. Sie habe ab 1965 nur noch Einkünfte aus der Verpachtung gehabt, die nicht nach Bilanzierungsgrundsätzen ermittelt worden seien. Vor dem 1. Juli 1970 sei für Landwirte ohne Bedeutung gewesen, ob sie ein Grundstück in das gewillkürte Betriebsvermögen eingelegt oder entnommen haben. Die Finanzverwaltung habe bei allen Gewinnermittlungsarten jene Grundstücke, die zum 30. Juni 1970 auf Dauer und ohne betriebliche Veranlassung verpachtet worden seien, als Privatvermögen behandelt, wenn der Steuerpflichtige sich nicht ausdrücklich für eine Zuordnung zum Betriebsvermögen entschieden und keinen Antrag auf Feststellung des höheren Teilwerts gestellt habe. Im Sinne dieser Billigkeitsmaßnahme sei die Verwaltung auch für Stückländereien, bei denen es sich um Betriebe mit kleinen Flächen und ohne Gebäude und Inventar gehandelt habe, verfahren. Seien sie am 1. Juli 1970 im Ganzen an einen oder an verschiedene Pächter dauerhaft verpachtet gewesen, habe die Finanzverwaltung Privatvermögen unterstellt. Entgegen einem Urteil des BFH vom 15. Oktober 1987 sollte nach Verwaltungsauffassung bei Beginn einer parzellenweisen Verpachtung vor Veröffentlichung des Urteils dieses nicht dazu führen, dass Betriebe, die nach der alten Auffassung mangels Abgabe einer Fortführungserklärung als aufgegeben zu behandeln wären, nachträglich wieder zu bestehenden Betrieben würden. Diese Regelung gelte auch für Fälle, in denen Steuerpflichtige nicht geführt worden bzw. unbekannt gewesen seien. In Fällen, in denen aufgrund parzellenweiser Verpachtung in zum Zeitpunkt des Urteils verjährter Zeit, trotz Vorliegens der objektiven Voraussetzungen für eine Betriebsfortführung, der landwirtschaftliche Betrieb allein wegen einer fehlenden Fortführungserklärung als aufgegeben angesehen worden sei, sei das objektiv vorhandene Betriebsvermögen auch weiterhin als Privatvermögen zu behandeln.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 15. April 2010 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Der Beklagte führte aus, ein Landwirt, der seinen bisher selbst bewirtschafteten Betrieb verpachte, könne wählen, ob er die Betriebsverpachtung als Aufgabe im Sinne des § 14 EStG behandele oder sein Betriebsvermögen während der Verpachtungszeit als sogenannten ruhenden Betrieb fortführen wolle. Diese Möglichkeit bestehe auch, wenn nicht der gesamte Betrieb, sondern nur dessen wesentliche Grundlagen verpachtet würden, selbst dann, wenn die Hofstelle nicht mitverpachtet werde. Gebe er im Zusammenhang mit der Verpachtung keine Aufgabeerklärung ab, so führe er den Betrieb fort. Die land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücke verlören ihre Eigenschaft als Betriebsvermögen sogar dann nicht, wenn der Betrieb stark verkleinert werde. Letztlich komme es auf die subjektiven Absichten an, ob der Steuerpflichtige den Betrieb endgültig einstellen wolle. Scheine nach den Verhältnissen die Wiederaufnahme der Tätigkeit möglich, könne eine Betriebsaufgabe nur bei einer unmissverständlichen Erklärung des Verpächters gegenüber dem Finanzamt angenommen werden. Es genüge, dass die Absicht zur Wiederaufnahme der Tätigkeit von einem Rechtsnachfolger verwirklicht werden solle. Die Aufgabeerklärung müsse zeitnah im Zusammenhang mit der tatsächlichen Aufgabe erfolgen. Diese Grundsätze würden auch bei einer Einstellung der aktiven Tätigkeit vor dem 1. Juli 1970 gelten. Vor diesem Zeitpunkt hätten zumindest die in den Gebäuden enthaltenen stillen Reserven aufgedeckt werden müssen. Der Steuerpflichtige trage die objektive Beweislast für seine Behauptung, durch die Verpachtung der bisher selbst bewirtschafteten Fläche den Betrieb aufgegeben zu haben. Bei einem Verzicht auf insoweit eindeutige und klare schriftliche Erklärungen habe er die Nachteile zu tragen. Im Streitfall sei durch die Verpachtung an den Sohn keine Zwangsaufgabe des Betriebes erfolgt. Für die Klägerin sei es überdies selbstverständlich gewesen, dass ihr Betrieb weiterhin land- und forstwirtschaftliches Betriebsvermögen darstelle. Anlässlich einer Betriebsprüfung bei ihrem Sohn für die Jahre 1974-1976 habe der Betriebsprüfer ausdrücklich festgestellt, dass der Betrieb der Mutter während der Verpachtung nicht aufgegeben worden sei. Im Streitfall seien landwirtschaftliche Grundstücke ausschließlich an den Sohn verpachtet worden. Höhere Steuerberatungskosten als die nachgewiesenen 499 € seien nicht anzusetzen.
- 10
Mit ihrer Klage hiergegen tragen nach dem Ableben der Klägerin ihre Rechtsnachfolger vor, ihr Vater habe das Weingut als Einzelunternehmer geführt. Ihre Mutter habe einige Weinbergsgrundstücke besessen, welche sie ihrem Ehemann zur Bewirtschaftung überlassen habe. Sie selbst habe also nie einen Weinbaubetrieb geführt. Unmittelbar nach dem Tod ihres Vaters habe ihre Mutter das Weingut ihres Mannes an ihren Sohn und die beiden Töchter verpachtet, jedes der Kinder habe einzelne Grundstücke des Weinguts erhalten, der Sohn zudem die Hofstelle mit den Betriebsgebäuden. Der Sohn habe die Grundstücke im Rahmen seines eigenen Betriebes und die beiden Töchter jeweils im Rahmen der Betriebe ihrer Ehegatten bewirtschaftet. Hinsichtlich der Verteilung der Grundstücke hätten die Kläger eine Absprache getroffen gemäß den Anlagen 1-3 zur Klage (Blatt 18-20 der Prozessakten). Diese Verteilung sei vor dem Hintergrund der landwirtschaftlichen Rente der Klägerin zu sehen gewesen. Während sie als Witwe 250 DM erhalten hätte, habe sie bei Landabgabe unter Zurückbehaltung geringer Flächen 350 DM erhalten. Der Sohn habe die der Klägerin verbliebenen Weinbergsgrundstücke absprachegemäß unentgeltlich mitbewirtschaftet. Die Bewirtschaftung der Waldflächen (4850 m²) sei durch öffentlich-rechtliche Beförsterung erfolgt. Am 27. Februar 1969 habe die Klägerin mit den Rechtsnachfolgern einen Übergabevertrag geschlossen. Auf diesen werde verwiesen (Blatt 21-25 der Prozessakten). Am gleichen Tag sei ein Erbvertrag mit Teilungsanordnung hinsichtlich der der Klägerin nach der Übertragung noch verbliebenen Grundstücke zwischen ihr und ihren Kindern beurkundet worden (Blatt 26-32 der Prozessakten). In diesen Verträgen sei die Teilung so vollzogen worden, wie sie die Rechtsnachfolger schon zuvor praktiziert hätten. In Übertragungsverträgen vom 28. März 1972 und 14. März 1973 seien die Regelungen des Erbvertrags bereits zu Lebzeiten der Klägerin durch Übertragung der einzelnen Grundstücke auf die Kinder vollzogen worden. Hinsichtlich der danach verbliebenen, streitbefangenen Grundstücke sei die Zuordnung auch geregelt worden. Während der Sohn die Waldgrundstücke habe erhalten sollen, sollten die Weinberge an die beiden Töchter gehen. Seit der Nutzung durch die Kinder sei die Klägerin steuerlich nicht mehr erfasst gewesen. Durch die Verteilung des Weinguts auf die Kinder habe sie ihren Weinbaubetrieb frühzeitig dauerhaft aufgegeben. Die Verteilung habe zur Zerschlagung des Betriebes geführt, seine Weiterführung sei hierdurch ausgeschlossen worden. Dies sei seinerzeit auch zum Ausdruck gebracht worden, da sich das Handeln aller Beteiligten ausdrücklich nach der Rente der Klägerin orientiert habe. Sie habe also keinen Betrieb mehr führen und auch diesen nicht mehr als Ganzes von ihren Kindern führen lassen wollen. Sie habe den Betrieb in einer Weise zerrissen, dass einzelne Teile des Betriebsvermögens in das Betriebsvermögen anderer Betriebe, nämlich denen der Kinder überführt worden seien. So habe es auch das niedersächsische Finanzgericht mit Urteil vom 24. Februar 2009, 15 K 375/06 gesehen. Die Teilungsanordnung durch die Verträge vom 27. Februar 1969 stelle auch ohne ausdrückliche Erklärung eine Betriebsaufgabe für den von ihrem verstorbenen Ehemann übernommenen Weinbaubetrieb dar. Die Wirtschaftsgüter seien in das Privatvermögen übergegangen. Dies sei steuerlich nicht relevant gewesen, da es die Bodengewinnbesteuerung noch nicht gegeben habe. Die Überlassung der der Klägerin verbliebenen Grundstücke an ihren Sohn stelle eine reine vermögensverwaltende Tätigkeit dar. Mit der Zerschlagung des Betriebs sei ein mögliches Verpächterwahlrecht des Betriebsinhabers untergegangen. Durch Übertragung der einzelnen Grundstücke auf die Kinder sei die Voraussetzung dafür geschaffen worden, dass jedes einzelne über das ihm übertragene Grundvermögen habe verfügen können. Durch diese Übertragung sei verhindert worden, dass der Betrieb der Klägerin identitätswahrend wieder aufgenommen werden konnte. Sie habe damit auch deutlich zum Ausdruck gebracht, dass eine Wiederaufnahme nicht gedacht gewesen sei. Mit den zurückbehaltenen Restgrundstücken sei kein neuer Betrieb entstanden.
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Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 27. Oktober 2008 in der Fassung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 15. April 2010 sowie des Änderungsbescheides vom 23. September 2011 dahin zu ändern, dass der Ansatz eines Veräußerungsgewinns bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 288.089,- € unterbleibt.
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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Er trägt hierzu vor, der Betrieb der Klägerin sei vor dem 30. Juni 2006 weder aufgegeben noch zerschlagen worden. Der Verpächter eines landwirtschaftlichen Betriebes könne die Zusammensetzung seines Betriebsvermögens wie ein aktiv wirtschaftender Landwirt ändern. Seine aktive Tätigkeit werde durch die Verpachtung in gegebenenfalls reduziertem Umfang fortgeführt, weil die Betriebsverpachtung ohne Aufgabeerklärung eine Fortführung in anderer Form sei. Die Veräußerung oder Entnahme von bisher eigenbetrieblich genutzten Grundstücken, zum Beispiel durch Schenkung an nahe Angehörige, im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Einstellung der aktiven Tätigkeit habe wie bei einem unverändert eigenbewirtschafteten Betrieb grundsätzlich keinen Einfluss auf die Beurteilung der Betriebsverpachtung. Dies gelte selbst dann, wenn diese Flächen zu den wesentlichen Grundlagen des aktiven landwirtschaftlichen Betriebes gehörten (mehr als 10 % der eigenbetrieblich genutzten Flächen). Die aufgrund solcher Vorgänge aus dem Betriebsvermögen ausgeschiedenen Grundstücke wandelten sich dadurch gegebenenfalls zu unwesentlichen Wirtschaftsgütern. Vor allem Grundstücksübertragungen an weichende Erben oder an Kinder kämen insoweit in Betracht. Selbst wenn derartige Veräußerungen oder Entnahmen mehr als die Hälfte der bisher eigenbetrieblich genutzten Flächen ausmachten, sei dies für die Fortführung des Betriebes in Form der Betriebsverpachtung unschädlich, sofern die verbleibenden Flächen einen für die Annahme eines landwirtschaftlichen Betriebes ausreichenden Flächenumfang hätten (= 30 Ar landwirtschaftlichen Flächen ohne Kulturen). Die Klägerin habe in Übertragungsverträgen vom 28. März 1972 und 14. März 1973 den größeren Teil ihrer landwirtschaftlichen Grundstücke an ihre Kinder übertragen. Nach dem Erbvertrag vom 27. Februar 1969 handele es sich um Wingertgelände von zusammen 53,67 ar an Frau A. W. (Klägerin 2), Wingert- und Ackergelände von zusammen 148,87 ar an H. M. (Kläger 1) und 86,60 ar an R. W. (Klägerin 3). Außerdem habe sie das Wohnhaus mit Stall, Kelterhaus und Hof an ihren Sohn übertragen. Zurückbehalten habe sie jedoch land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen von zusammen 104,89 ar. Die drei Parzellen Mischwald von zusammen 48,50 ar seien bis in die achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts als Ackerland genutzt worden. Die zurückbehaltene Fläche entspreche rechnerisch somit 26,62 % der Gesamtfläche des Weingutes. Es handele sich um wesentliche Grundlagen. Im Erbvertrag habe sich der Sohn verpflichtet, die Weinberge, die Eigentum seiner Mutter seien und in der Teilungsanordnung nicht aufgeführt worden seien, für diese auf deren Lebenszeit unentgeltlich zu bewirtschaften. Hieraus ergebe sich, dass die weinbaulichen Flächen von 56,39 ar durch die Erblasserin selbst genutzt worden seien. Auch liege eine parzellenweise Verpachtung nicht vor, aber auch in einem solchen Fall bestehe das Verpächterwahlrecht uneingeschränkt wie bei der Verpachtung des Betriebs im Ganzen weiter fort. Unerheblich sei eine unterschiedliche Pachtlaufzeit mit den einzelnen Pächtern, weil allein dadurch die spätere identitätswahrende Wiederaufnahme des Betriebes nicht ausgeschlossen werde.
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Hierzu tragen die Kläger noch vor, der Wald sei bereits vor dem Ersten Weltkrieg angelegt worden. Nach der ersten Holzernte 1950 seien Teile des Waldes durch den Ehemann der Klägerin neu angepflanzt worden. Der jetzige Erbe H. M. habe mitgewirkt. 1965 habe der Betrieb der Klägerin insgesamt 611,16 ar umfasst (bei 130 ar gepachteter Weinbergfläche). In 1969 seien davon bis auf 104,52 ar alle Flächen an die Kinder verteilt worden. Die verbliebene Fläche setzt sich aus 48,50 ar Wald, 16,58 ar Bauplätze und 39,44 ar Weinberge zusammen. Der Wald habe bei der Bewirtschaftung seit 1950 bis heute keine Rolle gespielt. Er werde aufgrund gesetzlicher Vorgaben beförstert. Der Bauplatz .../3 mit 5,85 ar habe der Klägerin als Notgroschen gedient. Das Grundstück Nummer .../2 (10,73 ar) habe aus Pietätsgründen nicht zur Disposition gestanden, weil 1948 ein Sohn der Klägerin bei einer Granatenexplosion auf diesem Grundstück ums Leben gekommen sei. Hinsichtlich dieses Grundstücks habe die Klägerin die Auffassung vertreten, dass es sich dabei nicht um Baugelände handele, weil darauf ein Feldkreuz als Gedächtnisstätte errichtet worden sei. Mit der Verpachtung der Weinberge von 39,44 ar habe die Klägerin ihre Witwenrente aufbessern wollen. Es sei unrealistisch, dass sie im Alter von 55 Jahren 1969 einen Betrieb aufgegeben habe, um mit einer unbedeutenden Restfläche von 39,44 ar einen neuen Betrieb zu begründen.
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Wegen des weiteren klägerischen Sachvortrags wird auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist begründet.
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Der Beklagte konnte nicht den Nachweis führen, dass es sich bei den hier betroffenen Grundstücken der verstorbenen Klägerin während ihrer Ehe um Betriebsvermögen eines Weinbaubetriebs gehandelt hat.
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Der Beklagte konnte ebenso wenig nachweisen, dass es sich nach dem Ableben des Ehemannes der Klägerin im Jahre 1965 um Grundstücke gehandelt hat, die seitens der Klägerin als landwirtschaftliche Fläche bewirtschaftet worden wären.
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Für den Umstand, dass es sich bei den im Streitjahr noch im Eigentum der Klägerin befindlichen Grundstücken zu irgendeinem Zeitpunkt um Betriebsvermögen der Klägerin gehandelt hat, trägt der Beklagte die Feststellungslast. Er leitet hieraus die Steuerpflicht der Betriebsaufgabe im Jahre 2006 ab.
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Zum Zeitpunkt der zunächst erklärten Betriebsaufgabe im Jahr 2006 besaß die Klägerin kein Betriebsvermögen mehr. Hierzu ließ sich nicht mehr im Sinne der Auffassung des Beklagten feststellen, dass die bei seiner Ermittlung des Betriebsaufgabegewinns zugrunde gelegten Grundstücke Betriebsvermögen der Klägerin gewesen sind. Diese Grundstücke wurden, soweit es sich um Weinbergsflächen handelte, durch den Ehemann der Klägerin bis zu seinem Tod im Rahmen von dessen Weinbaubetrieb genutzt. Nach seinem Tod erwarb die Klägerin im Wege der Gesamtrechtsnachfolge zwar diesen Weinbaubetrieb als land- und forstwirtschaftliches Vermögen, ob und in wieweit abweichend vom Vortrag der Klägerin diese allerdings noch selbst einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalten hat, konnte der Beklagte nicht mit ausreichender Sicherheit nachweisen. Die Rechtsnachfolger der Klägerin haben hierzu vorgetragen, diese habe ihnen jeweils für ihren eigenen Betrieb (Sohn) bzw. den Betrieb ihrer Ehemänner (die beiden Töchter) das Betriebsvermögen des verstorbenen Ehemannes unmittelbar nach dessen Ableben überlassen und kurze Zeit später zu Eigentum übertragen.
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Insofern ist das von Klägerseite zitierte Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 24. Februar 2009 (15 K 375/06, EFG 2009, 1026) mit seinen Grundsätzen mit dem Streitfall vergleichbar. Im dortigen Fall verblieben bei einer Erbengemeinschaft nach Verteilung der Grundstücke auf die Miterben keine wesentlichen Grundlagen mehr, mit denen ein Betrieb im Sinne des § 13 EStG -auch im Wege der Verpachtung wesentlicher Grundlagen- hätte fortgeführt werden können. Vergleichbar hierzu hat die Klägerin ab dem Jahre 1965 durch die Übertragung von Grundvermögen an ihre Kinder im Sinne des Urteils des Niedersächsischen Finanzgerichtes das ererbte Betriebsvermögen des Ehemannes "zerschlagen".
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Hiervon zu trennen ist die rechtliche Bewertung der bei ihr verbliebenen Waldfläche mit 48,50 ar wie auch die Weinbergsfläche von zusammen rund 56 ar (nunmehr noch 39,44 ar Weinbergsfläche und 16,58 ar Bauland der Parzellennummern .../2 und .../3). Übereinstimmend gehen die Parteien davon aus, dass die Weinbergsflächen seitens der Klägerin an ihren Sohn zu dessen Bewirtschaftung überlassen wurden. Die Klägerin erhielt in den folgenden Jahrzehnten hierfür eine Pacht, welche sie als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärte.
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Mit ihrer Klage hiergegen haben die Rechtsnachfolger vorgetragen, dass es sich hinsichtlich dieser schon während der Ehe im Eigentum der Klägerin befindlichen Grundstücke nicht um Betriebsvermögen gehandelt habe. Für den gegenteiligen Sachverhalt, dass es sich bei der Klägerin um solches gehandelt hat, trägt der Beklagte die objektive Beweislast. Er ist der entsprechenden Nachweispflicht nicht nachgekommen, insbesondere nicht dadurch, dass er vorträgt, anlässlich einer Betriebsprüfung in den siebziger Jahren habe die Betriebsprüfung sich dahingehend geäußert, bei dem vom Sohn der Klägerin bewirtschafteten Wingertgeländes habe es sich um Betriebsvermögen der Klägerin gehandelt.
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Die sich im Eigentum der Klägerin befindenden Weinbergsflächen wurden auch nicht im Rahmen einer bis zum Ableben des Ehemannes im Jahre 1965 gebildeten Ehegatteninnengesellschaft von beiden bewirtschaftet. Vielmehr bewirtschaftete der Ehemann unentgeltlich seitens der Klägerin überlassenes Privatvermögen.
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Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist auch dann von einer Mitunternehmerschaft zwischen Landwirtsehegatten auszugehen, wenn kein ausdrücklicher Gesellschaftsvertrag und auch kein der Personengesellschaft wirtschaftlich vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis vorliegt. Das ist dann der Fall, wenn der land- und forstwirtschaftliche Grundbesitz entweder den Eheleuten gemeinsam oder jedem Ehegatten ein erheblicher Teil des land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes zum Alleineigentum oder Miteigentum gehört, die Eheleute in dem gemeinsamen Betrieb mitarbeiten und keine anzuerkennenden abweichenden Vereinbarungen über die Nutzung der Wirtschaftsgüter bestehen. Die Mitunternehmerschaft beruht dann darauf, dass die Eheleute unter Einsatz ihres beiderseitigen Vermögens, durch gemeinsame Bewirtschaftung und unter Ausübung von Unternehmerinitiative und durch gemeinsame Übernahme des Unternehmerrisikos auf einen bestimmten Zweck hin tatsächlich zusammenwirken so Urteile des BFH vom 30. Juni 1983 IV R 206/80, Bundessteuerblatt II 1983, 636 und vom 16. Februar 1995 IV R 62/94, Bundessteuerblatt II 1995, 592).
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Damit wird angenommen, dass sich Ehegatten stillschweigend zu einer zur Mitunternehmerschaft führenden Innengesellschaft verbinden, wenn der eine Ehegatte dem anderen in wesentlichem Umfang Betriebsflächen zu Bewirtschaftung im eigenen Namen zur Verfügung stellt, ohne dass nachweislich ein Nutzungsüberlassungsvertrag vereinbart worden ist. Darüber hinaus führt auch Miteigentum an solchem Boden zur Annahme eines zur Begründung der Mitunternehmerschaft geeigneten Gemeinschaftsverhältnisses. Die gemeinschaftliche Nutzung der bewirtschafteten Flächen bedeutet zugleich, dass beide Ehegatten die typischen Mitunternehmerrisiken tragen und Mitunternehmerinitiative entfalten. Deshalb ist es grundsätzlich unerheblich, welche der Ehegatten die einzelnen Bewirtschaftungsmaßnahmen durchführt. Auf ein gemeinsames Auftreten der Eheleute nach außen kommt es ebenfalls nicht an. Die Annahme einer solchen Zweckgemeinschaft ist jedoch, wie bereits erwähnt, nur dann gerechtfertigt, wenn der Vermögensbeitrag eines Ehegatten zur gemeinsamen Wirtschaftsführung nicht von untergeordneter Bedeutung ist. Von einer "nicht untergeordneten Bedeutung" wird ausgegangen, wenn der Wert der zur Verfügung gestellten Grundstücke mehr als 20 % des gemeinen Wert des Betriebs ausmacht. Da diese Wertgrenze die Feststellung der Teilwerte sämtlicher Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens erfordert und somit unpraktikabel ist, wird auch die Auffassung vertreten, für die Annahme einer landwirtschaftlichen Zweckgemeinschaft genüge es, wenn das Allein- oder Miteigentum bei jedem Ehegatten mindestens 10 % der Eigentumsfläche des Betriebes betrage. Nach einer weiteren Ansicht ist das Verhältnis der zu Bewirtschaftung zur Verfügung gestellten Flächen für die Feststellung der 20 % Grenze regelmäßig ein Anhalt. Dabei bleiben hinzu gepachtete Flächen außer Betracht (so BFH Urteil vom 26. Mai 1994 IV R 134/92, BFH/NV 1995,114 und 16. Juni 1994 IV R 71/93, BFH NV 1995, 762; zur gesamten Problematik mit Nachweis der Rechtsprechung Urteil des Finanzgerichts des Saarlandes vom 18. Dezember 1996 1 K 49/94 juris Dokument).
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Ausgehend von diesen Grundsätzen fehlt es für die Annahme einer Ehegatteninnengesellschaft an einem erforderlichen "nicht unerheblichen" Beitrag der Klägerin durch die Überlassung in ihrem Eigentum stehender land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke für den von ihrem Ehemann unterhaltenen Betrieb.
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Nach den Angaben der Rechtsnachfolger zu im Eigentum der Klägerin in 1965 gehörenden Weinbergen von 432,66 ar verblieb nach Teilung des Erbes eine zurückbehaltene Fläche von 39,44 ar, eben jene Fläche, die als Eigentum der Klägerin in der gesamten von ihrem Ehemann bewirtschafteten eigenen Fläche von 432,66 ar enthalten gewesen ist. Nicht zu berücksichtigen sind die durch den Ehemann angepachteten Weinberge mit 130 ar. Gleichwohl entspricht die Fläche von 56 ar einem Anteil von ca. 13 % der gesamten vom Ehemann bewirtschafteten Fläche. Der Senat erachtet als nicht unerheblichen Beitrag eine Grenze von 20 % als angemessen. Die Klägerin verblieb mit dem genannten Anteil unter dieser Grenze.
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In dieser Vergleichsberechnung waren die Waldgrundstücke nicht zu berücksichtigen. Die gesamte betroffene Waldfläche von 48,50 ar befand sich allein im Eigentum der Klägerin. Ihr Ehemann hatte keine Waldflächen mit eingebracht, deren Bewirtschaftung zusammen mit den Flächen der Klägerin Gegenstand einer Ehegatten-Innengesellschaft hätte sein können. Tatsächlich ist auch nach Auffassung des Senates eine Bewirtschaftung durch den Ehemann der Klägerin nicht nachgewiesen worden. Der Beklagte führt zwar aus, bis in die 1980-Jahre habe es sich um Ackerland gehandelt. Wahrscheinlicher scheint allerdings der Vortrag der Klägerin zu sein, wonach nach einer Ernte um das Jahr 1950 und Wiederaufforstung keine Bewirtschaftung erfolgt ist, insbesondere keine solche durch den Ehemann der Klägerin.
- 30
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
- 31
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151, 155 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nummer 10, 713 ZPO.
(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.
(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.
(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof
- 1.
in der Sache selbst entscheiden oder - 2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.
(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.
(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.