Bundesfinanzhof Urteil, 23. Nov. 2011 - III R 76/09

bei uns veröffentlicht am23.11.2011

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) bezog zunächst Kindergeld für ihre verheiratete, im Jahr 1980 geborene Tochter (T), die ein Studium absolvierte. T und ihr Ehemann (E) haben die gemeinsame Tochter C. Die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) war der Ansicht, die Einkünfte und Bezüge von T hätten im Jahr 2005 den Jahresgrenzbetrag von 7.680 € nach § 32 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung für das Jahr 2005 (EStG) überschritten und hob deshalb durch Bescheid vom 6. November 2006 die Festsetzung für das Jahr 2005 auf. Die Familienkasse errechnete als Bezüge anzusetzende Unterhaltsleistungen des E an T in Höhe von 6.320,54 €. Hinzu kamen weitere Bezüge der T von 1.608 €, so dass sich nach der Berechnung der Familienkasse ein Betrag von 7.928,54 € ergab. Der gegen den Aufhebungsbescheid gerichtete Einspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg.

2

Das Finanzgericht (FG) wies die anschließend erhobene Klage ab, mit der die Klägerin geltend gemacht hatte, die als Bezüge der T anzusetzenden Unterhaltsleistungen seien herabzusetzen (Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1620). Es war der Ansicht, die zusätzlich geltend gemachten Aufwendungen des E hätten dessen Unterhaltsleistungen an T nicht gemindert. Es berücksichtigte nicht die Aufwendungen für eine Kfz-Haftpflichtversicherung von 412,64 €, ebenso wenig für eine sog. Unfall-Prämienrückgewähr-Versicherung von 652,40 € und errechnete Einkünfte und Bezüge der T von 7.886,29 €.

3

Zur Begründung der Revision trägt die Klägerin vor, die von E getragene Lohnsteuer in Höhe von 241,92 € sei abzuziehen, da E in Höhe dieses Betrages keinen Unterhalt habe zahlen können. Entsprechendes gelte für die Kfz-Haftpflichtversicherung, weil E das Fahrzeug zwingend für seine berufliche Tätigkeit benötigt habe sowie für die Unfall-Prämienrückgewähr-Versicherung. Bei einer Berücksichtigung dieser Aufwendungen ergäben sich Bezüge von 7.362,31 €.

4

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil, den Aufhebungsbescheid vom 6. November 2006 sowie die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 15. Januar 2007 aufzuheben.

5

Die Familienkasse beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Revision ist unbegründet und wird daher zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 FGO). Die Klägerin hat für T im streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Kindergeld.

7

1. Für ein über 18 Jahre altes Kind, das --wie T im Streitzeitraum 2005-- das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und für einen Beruf ausgebildet wird, besteht nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG ein Anspruch auf Kindergeld.

8

2. Voraussetzung für die Kindergeldgewährung ist nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG u.a., dass die Einkünfte und Bezüge des Kindes den für das Jahr 2005 maßgeblichen Jahresgrenzbetrag von 7.680 € nicht überschreiten.

9

a) Ist das Kind, für das Kindergeld beansprucht wird, bereits verheiratet, so besteht wegen der gesetzlichen Unterhaltspflicht des Ehepartners (§ 1608 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB-- i.V.m. §§ 1360, 1360a BGB) eine Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber ihrem verheirateten Kind nur dann, wenn das Einkommen des Ehepartners so gering ist, dass dieser zum vollständigen Unterhalt nicht in der Lage ist --sog. Mangelfall-- (Senatsurteile vom 19. April 2007 III R 65/06, BFHE 218, 70, BStBl II 2008, 756, und vom 4. August 2011 III R 48/08, BFHE 234, 310, BStBl II 2011, 975). Ein solcher Mangelfall ist anzunehmen, wenn die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes einschließlich der Unterhaltsleistungen des Ehepartners den Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht überschreiten (Senatsurteil in BFHE 234, 310, BStBl II 2011, 975).

10

b) Die Unterhaltsleistungen können bei Ehepartnern, die in einem gemeinsamen Haushalt leben, regelmäßig nur geschätzt werden. Bei einer kinderlosen Ehe, in der ein Ehepartner allein verdient und ein durchschnittliches Nettoeinkommen erzielt, entspricht es der Lebenserfahrung, dass dem nicht verdienenden Ehepartner in etwa die Hälfte des Nettoeinkommens in Form von Geld- und Sachleistungen als Unterhalt zufließt; allerdings muss dem unterhaltsverpflichteten Ehepartner ein verfügbares Einkommen in Höhe des steuerrechtlichen Existenzminimums verbleiben (Senatsurteil in BFHE 218, 70, BStBl II 2008, 756, m.w.N.). Verfügt das Kind auch über eigene Mittel, so ist zu unterstellen, dass sich die Eheleute ihr verfügbares Einkommen teilen. Haben die Ehegatten eigene Kinder, so sind die Einkünfte und Bezüge desjenigen Ehegatten, für den Kindergeld begehrt wird, allenfalls in Höhe der halben Unterhaltsbelastung gegenüber den Kindern zu mindern (Senatsurteil in BFHE 234, 310, BStBl II 2011, 975).

11

c) Im Streitfall sind die als Bezüge anzusetzenden Unterhaltsleistungen des E an T entgegen der Rechtsansicht der Klägerin nicht deshalb zu kürzen, weil E wegen der Aufwendungen für eine Kfz-Haftpflichtversicherung von 412,64 € und für eine Unfall-Prämienrückgewähr-Versicherung von 652,40 € nur zu einem verminderten Unterhalt in der Lage gewesen sei. Die Aufwendungen für die Kfz-Haftpflichtversicherung gehören zum Familienunterhalt (s. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24. Februar 1983 IX ZR 42/82, Neue Juristische Wochenschrift 1983, 1113). Der Umstand, dass der unterhaltsverpflichtete Ehegatte den PKW (auch) aus beruflichen Gründen benötigt, ändert hieran nichts. Soweit der PKW im Rahmen der Einkünfte des E aus nichtselbständiger Arbeit eingesetzt wurde und hierfür Werbungskosten anfielen, kommt eine bezügemindernde Berücksichtigung ohnehin nicht in Betracht.

12

Auch die Aufwendungen für die sog. Unfall-Prämienrückgewähr-Versicherung mindern nicht die Unterhaltsleistungen des E. Bei dieser Versicherung handelt es sich um eine Kombination aus einer Unfall- und einer Lebensversicherung (s. Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 23. Mai 1991  8 U 1687/90, Verbraucher und Recht 1991, 274). Auch wenn allein Risiken des E versichert gewesen sein sollten, handelte es sich dennoch im weiteren Sinne um Aufwendungen für den Familienunterhalt, da die Familie gegen die finanziellen Folgen eines Unfalls oder Versterbens des E abgesichert werden sollte.

13

3. Eine Vorwegkürzung der als Bezüge der T anzusetzenden Unterhaltsleistungen wegen der von E getragenen Aufwendungen von 412,64 € für die Kfz-Haftpflichtversicherung und von 652,40 € für die Unfall-Prämienrückgewähr-Versicherung scheidet nach den vorstehenden Ausführungen aus. Die Klägerin hat --nach Abzug der Versicherungsaufwendungen sowie der für E abgeführten Lohnsteuer-- Einkünfte und Bezüge der T von 7.362,31 € errechnet. Ohne Berücksichtigung der Versicherungsaufwendungen liegen die Einkünfte und Bezüge von T über dem Jahresgrenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG von 7.680 €. Auf die --vom FG verneinte-- Frage, ob die als Bezüge anzusetzenden Unterhaltsleistungen im Hinblick auf die für E abgeführte Lohnsteuer zu mindern sind, kommt es nicht an.

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 126


(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss. (2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück. (3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof 1. in der Sache selbs

Einkommensteuergesetz - EStG | § 32 Kinder, Freibeträge für Kinder


(1) Kinder sind1.im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,2.Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken i

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1360 Verpflichtung zum Familienunterhalt


Die Ehegatten sind einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Ist einem Ehegatten die Haushaltsführung überlassen, so erfüllt er seine Verpflichtung, durch Arbeit zum Unterhalt der Familie b

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1360a Umfang der Unterhaltspflicht


(1) Der angemessene Unterhalt der Familie umfasst alles, was nach den Verhältnissen der Ehegatten erforderlich ist, um die Kosten des Haushalts zu bestreiten und die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und den Lebensbedarf der gemeinsamen unterhal

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Bundesfinanzhof Urteil, 04. Aug. 2011 - III R 48/08

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Tatbestand 1 I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind verheiratet und wurden im Jahr 2004 (Streitjahr) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie bezogen währ
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Finanzgericht Münster Urteil, 29. Jan. 2014 - 13 K 2658/13 Kg

bei uns veröffentlicht am 29.01.2014

Tenor Der Bescheid vom 08.04.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31.07.2013 wird aufgehoben.Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Festsetzung von Kindergeld ab August 2012 für das K

Referenzen

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof

1.
in der Sache selbst entscheiden oder
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Der Bundesfinanzhof verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der in dem Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.

(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

Die Ehegatten sind einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Ist einem Ehegatten die Haushaltsführung überlassen, so erfüllt er seine Verpflichtung, durch Arbeit zum Unterhalt der Familie beizutragen, in der Regel durch die Führung des Haushalts.

(1) Der angemessene Unterhalt der Familie umfasst alles, was nach den Verhältnissen der Ehegatten erforderlich ist, um die Kosten des Haushalts zu bestreiten und die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und den Lebensbedarf der gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kinder zu befriedigen.

(2) Der Unterhalt ist in der Weise zu leisten, die durch die eheliche Lebensgemeinschaft geboten ist. Die Ehegatten sind einander verpflichtet, die zum gemeinsamen Unterhalt der Familie erforderlichen Mittel für einen angemessenen Zeitraum im Voraus zur Verfügung zu stellen.

(3) Die für die Unterhaltspflicht der Verwandten geltenden Vorschriften der §§ 1613 bis 1615 sind entsprechend anzuwenden.

(4) Ist ein Ehegatte nicht in der Lage, die Kosten eines Rechtsstreits zu tragen, der eine persönliche Angelegenheit betrifft, so ist der andere Ehegatte verpflichtet, ihm diese Kosten vorzuschießen, soweit dies der Billigkeit entspricht. Das Gleiche gilt für die Kosten der Verteidigung in einem Strafverfahren, das gegen einen Ehegatten gerichtet ist.

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind verheiratet und wurden im Jahr 2004 (Streitjahr) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie bezogen während des Streitjahrs für ihre beiden Kinder, die Tochter G (geboren am ... Januar 1986) und den Sohn P (geboren am ... Dezember 1980), laufend Kindergeld in Höhe von jeweils 1.848 €. P befand sich während des gesamten Streitjahrs in Berufsausbildung (Hochschulstudium). Er ist seit Dezember 2002 verheiratet und seinerseits Vater des im Mai 2003 geborenen Kindes N, für das er ebenfalls während des Streitjahrs Kindergeld in Höhe von 1.848 € erhielt. P erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 12.326 € (Bruttoarbeitslohn: 18.100 €; Werbungskosten: 5.774 €). Die Sozialversicherungsbeiträge des P beliefen sich auf 1.758 €. Dessen Ehefrau hatte keine eigenen Einkünfte. Die Kläger unterstützten P im Streitjahr mit monatlichen Zahlungen in Höhe von 650 €.

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Die Kläger beantragten in der Einkommensteuererklärung für 2004 u.a. für P die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG) und den Ausbildungsfreibetrag gemäß § 33a Abs. 2 EStG. Anlässlich einer Kontaktaufnahme mit den Klägern erfuhr der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--), dass wegen der Einkünfte des P das Kindergeld zurückgezahlt werden müsse. Daraufhin trug das FA in der Einkommensteuererklärung unter den außergewöhnlichen Belastungen in der Zeile "Unterhalt für bedürftige Personen" P ein und ergänzte den Eingabebogen um Angaben zur Prüfung des § 33a Abs. 1 EStG. In dem Einkommensteuerbescheid für 2004 wurden für G die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG unter Hinzurechnung des Kindergeldes von 1.848 € gewährt, für P jedoch weder die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG berücksichtigt noch außergewöhnliche Belastungen nach § 33a Abs. 1 und 2 EStG zum Abzug zugelassen. In den Bescheiderläuterungen heißt es, dass "ihre Unterhaltsleistungen ... wegen der Einkünfte und Bezüge der unterstützten Personen nicht berücksichtigt" wurden.

3

Der Einspruch blieb erfolglos.

4

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2008, 1809). Es berücksichtigte für P die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG von 5.808 €. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die Einkünfte des P hätten den Jahresgrenzbetrag von 7.680 € i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht überschritten. P habe nach Abzug der Werbungskosten und Sozialversicherungsbeiträge zwar Einkünfte von 10.568 € erzielt. Dieser Betrag sei aber um die Unterhaltsleistungen des P an N zu mindern, und zwar --entgegen Abschn. 63.4.1.1 Abs. 2 der Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes (DA-FamEStG)-- in voller Höhe des Differenzbetrages, der sich aus dem für N anzusetzenden steuerlichen Existenzminimum (5.808 €) und dem für N gezahlten Kindergeld (1.848 €) ergebe (= 3.960 €). Ein lediglich hälftiger Abzug von 1.980 €, wie es die DA-FamEStG vorsehe, scheide aus, weil die Ehefrau von P über keine eigenen Einkünfte verfüge. Ein von der Ehefrau in anderer Form geleisteter Unterhalt (Naturalunterhalt, Betreuung) führe bei P zu keiner wirtschaftlichen Entlastung. Da sich die Einkünfte des P demnach auf lediglich 6.608 € beliefen, könne dahinstehen, ob auch Unterhaltsleistungen des P an seine Ehefrau abziehbar seien.

5

Nach alledem sei die Einkommensteuer --unter Zugrundelegung des während des Klageverfahrens aus nicht streitbefangenen Gründen ergangenen Änderungsbescheids vom 5. November 2007-- entsprechend herabzusetzen. Das für P bezogene Kindergeld sei nicht gemäß § 31 Satz 4 EStG der Einkommensteuer hinzuzurechnen, weil es die Familienkasse zwischenzeitlich zurückgefordert habe.

6

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Die Auffassung des FG widerspreche den Regelungen der DA-FamEStG, wonach bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge von Kindern, die eigene Kinder hätten, die hieraus entstehenden Unterhaltslasten wegen der in der Regel bestehenden Unterhaltspflicht des anderen Elternteils nur zur Hälfte abziehbar seien. Daneben habe das FG § 31 Satz 4 EStG fehlerhaft angewendet, da diese Vorschrift allein auf einen bestehenden Kindergeldanspruch, nicht auf die Zahlung des Kindergeldes abstelle. Im Übrigen sei das für P gezahlte Kindergeld nicht zurückgefordert worden.

7

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

9

Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Das FG hat den Klägern für P zu Unrecht die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG gewährt. Im Übrigen fehlen tatsächliche Feststellungen, um beurteilen zu können, ob die Unterhaltsleistungen der Kläger gemäß § 33a Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden können.

11

1. Den Klägern stehen für P keine Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG zu.

12

a) Nach § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG wird bei der Veranlagung zur Einkommensteuer für jedes nach den Absätzen 3 bis 5 zu berücksichtigende Kind ein Freibetrag von 1.824 € für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1.080 € für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen. Bei Ehegatten, die --wie die Kläger-- zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht (§ 32 Abs. 6 Satz 2 EStG). Ein über 18 Jahre altes Kind, das --wie P im Streitjahr 2004-- das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, wird u.a. dann nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a, Abs. 4 Satz 2 EStG berücksichtigt, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird und seine zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmten oder geeigneten Einkünfte und Bezüge 7.680 € im Kalenderjahr nicht übersteigen.

13

Nach den den Senat bindenden (§ 118 Abs. 2 FGO) Feststellungen des FG befand sich P während des gesamten Streitjahrs i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG in Berufsausbildung.

14

b) Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) haben jedoch die Eltern eines verheirateten Kindes für dieses grundsätzlich keinen Anspruch auf die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG mehr, weil mit der Eheschließung des Kindes nicht mehr die Eltern vorrangig, sondern der Ehegatte des Kindes zu seinem Unterhalt verpflichtet ist (§ 1608 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB-- i.V.m. §§ 1360, 1360a BGB). Anders liegt der Fall nur, wenn das Einkommen des Ehepartners so gering ist, dass er zum (vollständigen) Unterhalt nicht in der Lage ist, das Kind ebenfalls nicht über ausreichende eigene Einkünfte und Bezüge verfügt und die Eltern deshalb weiterhin für das Kind aufkommen müssen --sog. Mangelfall-- (vgl. Senatsurteil vom 19. Mai 2004 III R 30/02, BFHE 206, 244, BStBl II 2004, 943). Danach ist ein solcher Fall anzunehmen, wenn die Einkünfte und Bezüge des Kindes einschließlich der Unterhaltsleistungen des Ehepartners den Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG von 7.680 € nicht überschreiten (vgl. Senatsurteil vom 19. April 2007 III R 65/06, BFHE 218, 70, BStBl II 2008, 756).

15

Ein Mangelfall liegt entgegen der Auffassung des FG aber nicht vor, weil nach den bindenden Feststellungen des FG bereits die Einkünfte des P den maßgeblichen Grenzbetrag von 7.680 € überschreiten. Etwaige Unterhaltsleistungen des P an dessen Ehefrau sind --wie der Senat jüngst in seinem Urteil vom 7. April 2011 III R 72/07 (BFHE 233, 449) entschieden hat-- bei der Berechnung nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht Einkünfte mindernd zu berücksichtigen. Dahinstehen kann, ob etwaige Unterhaltsleistungen des P an dessen Kind N zu berücksichtigen sind. Jedenfalls scheidet ein höherer als hälftiger Abzug der typisierend --nach der in Abschn. 63.4.1.1 Abs. 2 DA-FamEStG (BStBl I 2004, 742, 773) genannten Methode-- zu ermittelnden Unterhaltsbelastung aus. Danach ergibt sich allenfalls ein zu berücksichtigender Betrag von 1.980 €, so dass sich die Einkünfte des P auf mindestens 8.588 € belaufen (= 10.568 € ./. 1.980 €).

16

aa) Der Begriff der Einkünfte i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG entspricht dem in § 2 Abs. 2 EStG definierten Begriff und ist je nach Einkunftsart als Gewinn oder Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu verstehen. Erzielt das Kind --wie im Streitfall P-- Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sind daher von den Bruttoeinnahmen die Werbungskosten abzuziehen (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteil vom 17. Juni 2010 III R 59/09, BFHE 230, 142, BStBl II 2011, 121). Darüber hinaus sind nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Januar 2005  2 BvR 167/02 (BVerfGE 112, 164) im Wege verfassungskonformer Auslegung des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG Einkünfte --ebenso wie die Bezüge-- nur zu berücksichtigen, soweit sie zur Bestreitung des Unterhalts und der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind. Es ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, welche Teile der Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 2 EStG wegen eines sonst vorliegenden Grundrechtsverstoßes im Wege verfassungskonformer Einschränkung nicht angesetzt werden dürfen (z.B. Senatsurteil vom 21. Oktober 2010 III R 18/10, BFH/NV 2011, 251).

17

bb) Entgegen der Meinung des FG sind etwaige Unterhaltsleistungen des P an N nicht in voller (= 3.960 €), sondern --wenn überhaupt-- nur in hälftiger Höhe (= 1.980 €) Einkünfte mindernd zu berücksichtigen.

18

Nach der jüngsten Senatsrechtsprechung sind etwaige Unterhaltsleistungen des Kindes an dessen Ehefrau nicht Einkünfte mindernd zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil vom 7. April 2011 III R 72/07, BFHE 233, 449). Daher ist zweifelhaft, ob Abweichendes für etwaige Unterhaltsleistungen des Kindes an dessen eigenes Kind gelten kann. Der Familienleistungsausgleich soll eine verminderte Leistungsfähigkeit ausgleichen bzw. steuerlich berücksichtigen, die auf Unterhaltspflichten der Eltern gegenüber ihren Kindern beruht. Von anderer Seite gegen ein Kind gerichtete Unterhaltsforderungen --wie hier etwaige Unterhaltsansprüche des N-- erhöhen nicht den Bedarf des Kindes (P) i.S. des § 1610 BGB gegenüber seinen Eltern (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 6. Dezember 1984 IVb ZR 53/83, BGHZ 93, 123; Palandt/Brudermüller, Bürgerliches Gesetzbuch, 70. Aufl., § 1610 Rz 8; Mutschler in BGB-RGRK, 12. Aufl., § 1610 Rz 25). Würde man gleichwohl etwaige Unterhaltsleistungen des P an N Einkünfte mindernd berücksichtigen, legte man im Verhältnis der Kläger zu P einen über das gesetzliche Maß hinausgehenden Bedarf des P zugrunde. Dies dürfte verfassungsrechtlich nicht geboten sein. Selbst für den Fall, dass die Kläger bereits zivilrechtlich --ggf. anteilig-- gegenüber N zum Unterhalt verpflichtet sein sollten (vgl. § 1601 BGB), bliebe die Abzugsfähigkeit der Unterhaltsbelastung des P zweifelhaft. Das Kinderexistenzminimum des N wird nämlich bereits bei seinen Eltern, d.h. bei P und dessen Ehefrau freigestellt. Damit bestünde kein Bedürfnis, dieses nochmals --mittelbar über P-- bei den Klägern freizustellen.

19

Die vorstehend genannte Frage kann jedoch unbeantwortet bleiben, weil der Höhe nach --wie auch in der DA-FamEStG (Abschn. 63.4.1.1 Abs. 2 DA-FamEStG, BStBl I 2004, 742, 773; Abschn. 63.4.3.4 Abs. 1 DA-FamEStG, BStBl I 2009, 1030, 1084) geregelt und von mehreren FG (FG Düsseldorf, Urteil vom 14. Juni 2007  14 K 2833/06 Kg, EFG 2007, 1887; FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 4. Dezember 2006  4 K 1015/03, EFG 2007, 696) entschieden-- allenfalls eine Unterhaltsbelastung des P in Höhe von 1.980 € berücksichtigt werden könnte.

20

Für Zwecke der Jahresgrenzbetragsberechnung nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ist der Unterhaltsbedarf des N (Enkel der Kläger) typisierend mit einem Betrag von 3.960 € anzusetzen, der sich aus der Differenz des in § 32 Abs. 6 EStG geregelten Betrags von 5.808 € für das Kinderexistenzminimum (Kinderfreibetrag von 3.648 €; Betreuungsfreibetrag von 2.160 €) und dem für N bezahlten Kindergeld von 1.848 € ergibt (FG Düsseldorf in EFG 2007, 1887). Auch wenn die Eltern zivilrechtlich ihrem minderjährigen Kind Unterhalt nicht hälftig, sondern anteilig nach dem Verhältnis der Mittel aus Arbeit und Vermögen (§ 1360 Satz 1 BGB) bzw. nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen schulden (§ 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB), ist aus Gründen der Vereinfachung und Praktikabilität grundsätzlich von hälftigen Unterhaltslastquoten der Eltern auszugehen. Maßgeblich hierfür ist, dass die Eltern ihre Unterhaltsverpflichtung gegenüber ihren minderjährigen Kindern nicht allein durch die Aufbringung der erforderlichen Geldmittel, sondern gerade auch durch nichtmonetäre Leistungen wie Haushaltsführung sowie Erziehung und Betreuung des Kindes erfüllen (vgl. § 1360 Satz 2 BGB, § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB). Leben die minderjährigen Kinder gemeinsam mit beiden Eltern, wird der Unterhalt von den Eltern regelmäßig in Natur (Naturalunterhalt) erbracht (§ 1612 Abs. 2 BGB; vgl. Erman/Hammermann, BGB, 12. Aufl., § 1612 Rz 13). Dabei stellt die alleinige Haushaltsführung durch einen Ehegatten (sog. Haushaltsführungsehe) gemäß § 1360 Satz 2 BGB regelmäßig einen gleichwertigen, nicht ergänzungsbedürftigen Beitrag zum Familienunterhalt dar (Staudinger/Voppel (2007), § 1360 Rz 25, m.w.N.). Leben die Ehegatten getrennt und ist nur ein Elternteil barunterhaltspflichtig, steht der Betreuungsunterhalt des einen Ehegatten dem Barunterhalt des anderen gemäß § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB in der Regel ebenfalls gleichwertig gegenüber. Aber auch in den anderen möglichen Ehe- bzw. Betreuungsmodellen, in denen die nichtmonetären Unterhaltsleistungen eines Elternteils keinen gleichwertigen Beitrag zum Kindesunterhalt darstellen, ist zur Vermeidung schwieriger Bewertungsfragen von hälftigen Unterhaltslastquoten der Eltern auszugehen; anderenfalls stünde man vor der nur schwer lösbaren Aufgabe, den nichtmonetären Unterhaltsleistungen einen angemessenen Geldwert beizumessen.

21

Danach ist es unerheblich, dass die Ehefrau des P ihren Beitrag zum Familien- bzw. Kindesunterhalt in anderer Form als durch Aufbringung von Geldmitteln erbracht hat.

22

cc) Etwaige Unterhaltsleistungen des P an seine Ehefrau sind nicht Einkünfte mindernd zu berücksichtigen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Senatsurteil vom 7. April 2011 III R 72/07 (BFHE 233, 449) verwiesen.

23

c) Eine Hinzurechnung des Kindergeldes gemäß § 31 Satz 4 EStG zur Einkommensteuer scheidet daher bereits deshalb aus, weil für P keine Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG zu gewähren sind.

24

2. Das FG hat im Streitfall --aus seiner Sicht zu Recht-- nicht geprüft, ob die von den Klägern erbrachten Unterhaltsleistungen, soweit sie auf P entfallen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 19. Juni 2002 III R 28/99, BFHE 199, 355, BStBl II 2002, 753), gemäß § 33a Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden können. Insoweit fehlen Feststellungen zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 33a Abs. 1 EStG, so dass der erkennende Senat nicht über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids entscheiden kann.

25

Bei erneuter Verhandlung wird das FG insbesondere die neue Rechtsprechung des BFH zu § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG zu berücksichtigen haben. Danach knüpft die gesetzliche Unterhaltsberechtigung i.S. des § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG an die zivilrechtlichen Voraussetzungen eines Unterhaltsanspruchs --Anspruchsgrundlage, Bedürftigkeit, Leistungsfähigkeit-- an und beachtet auch die Unterhaltskonkurrenzen nach §§ 1606, 1608 BGB (BFH-Urteile vom 5. Mai 2010 VI R 29/09, BFHE 230, 12, BStBl II 2011, 116; vom 30. Juni 2010 VI R 35/09, BFHE 230, 538, BStBl II 2011, 267). Das bedeutet, dass die Bedürftigkeit des Unterhaltsempfängers nach § 1602 BGB nicht mehr typisierend unterstellt werden darf, sondern konkret zu bestimmen ist. Dies muss nach Auffassung des erkennenden Senats unabhängig davon gelten, ob sich der Sachverhalt im In- oder Ausland ereignet (gleicher Ansicht Bergkemper, jurisPR-SteuerR 47/2010 Anm. 6).

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.