Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 27. Sept. 2018 - 20 N 16.1422, 20 N 18.1975

published on 27.09.2018 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 27. Sept. 2018 - 20 N 16.1422, 20 N 18.1975
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Tenor

I. Die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung des Marktes Wachenroth vom 23. März 2015 ist im Gebührenteil nichtig.

II. Die 1. Änderungssatzung der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung des Marktes Wachenroth vom 17. Juli 2015 ist nichtig.

III. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Antragsgegner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Antragstellerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragstellerin betreibt Rastanlagen an Autobahnen des Bundes und wendet sich gegen die Gebührensatzungen zur Entwässerungssatzung des Antragsgegners. Der Antragsgegner betreibt eine öffentliche Entwässerungseinrichtung, an die das Grundstück der Tank- und Rastanlage angeschlossen ist.

Der Antragsgegner veranlagte die Antragstellerin mit Bescheiden vom 25. Juni 2012 zu Beiträgen für die Verbesserung und Erneuerung der öffentlichen Entwässerungseinrichtung. Die hiergegen erhobenen Widersprüche wies das Landratsamt … mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2013 zurück. Weiter erließ der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin Abwassergebührenbescheide vom 27. Juni 2012 und vom 14. März 2013. Die hiergegen erhobenen Widersprüche wies das Landratsamt … mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2013 zurück. Die Abgabenbescheide des Antragsgegners waren auf die Verbesserungsbeitragssatzung vom 27. März 2012 (VES 2012) und auf die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 27. März 2012 (BGS-EWS 2012) gestützt. Gegen diese Bescheide hat die Antragstellerin Klage beim Verwaltungsgericht erhoben. Das Verwaltungsgericht setzte diese Verfahren im Hinblick auf die streitgegenständlichen Normenkontrollen aus.

Am 23. März 2015 erließ der Antragsgegner eine Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung. Nach § 16 tritt die Satzung rückwirkend zum 8. Oktober 2012 in Kraft. Nach § 11 der Satzung werden sog. Starkverschmutzerzuschläge von Großeinleitern erhoben, die einen bestimmten höheren Verschmutzungsgrad gegenüber von durchschnittlichem häuslichem Abwasser aufweisen. Ebenfalls am 23. März 2015 erließ der Antragsgegner auch eine Verbesserungsbeitragssatzung. Beim Erlass dieser Satzungen ging der Antragsgegner aufgrund eines gerichtlichen Hinweises des Verwaltungsgerichts im Anfechtungsrechtsstreit davon aus, dass sowohl die BGS-EWS 2012 als auch die VES 2012 nichtig seien, weil die Entwässerungssatzung des Antragsgegners vom 12. September 2008 (EWS 2008) eine rechtswidrige Regelung zum Anschluss- und Benutzungszwang enthielt, welche zur Nichtigkeit der EWS und damit zur Nichtigkeit der BGS-EWS 2012 und der VES 2012 führe. Bereits am 18. September 2012 hatte der Antragsgegner eine Entwässerungssatzung (EWS 2012) erlassen, welche die umstrittene Regelung zum Anschluss- und Benutzungszwang nicht mehr enthielt.

Am 18. März 2016 erhob die Antragstellerin Normenkontrollklage und beantragte zuletzt,

festzustellen, dass der Gebührenteil der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung des Marktes Wachenroth (BGS-EWS) vom 23. März 2015 nichtig ist.

und

festzustellen, dass die erste Satzung zur Änderung der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 17. Juli 2015 nichtig ist.

Sie trug zur Begründung unter anderem vor, sie sei Inhaberin der Konzessionen nach § 15 Abs. 2 FStrG für die Nebenbetriebe auf den an der Bundesautobahn A3 gelegenen Rastanlagen St. N. und St. S. Das in den Nebenbetrieben der Antragstellerin anfallende Schmutzwasser werde in der Entwässerungseinrichtung des Antragsgegners behandelt, an der der Antragsgegner im Jahr 2010 Erneuerungs- und Verbesserungsmaßnahmen vorgenommen habe. Die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 23. März 2015 sei aus formellen Gründen nichtig, weil die Mindestanforderungen an einen geordneten Satzungserlass nicht beachtet worden seien. Der Antragsgegner habe das auf den 24. März 2015 datierte Amts- und Mitteilungsblatt, in dem die streitgegenständliche Beitrags- und Gebührensatzung vom 23. März 2015 wiedergegeben sei, bereits am 20. März 2015 herstellen lassen. Allein wenn die Erstellung des Amts- und Mitteilungsblatts der Ausfertigung nachfolge, sei der Funktion der Ausfertigung genügt und sichergestellt, dass nur ein mit der beschlossenen Satzung übereinstimmender Satzungstext bekannt gemacht werde. Bei der Drucklegung müsse deswegen die Ausfertigung bereits vorliegen. Der Antragsgegner habe auch deshalb die Mindestanforderungen an einen geordneten Satzungserlass missachtet, weil er dem Verlag nicht einmal einen schriftlichen Auftrag zur Herstellung des auf dem 24. März 2015 datierten Amts- und Mitteilungsblatts erteilt habe. Der Satzungstext sei vielmehr fernmündlich übermittelt worden, so dass die Fehlerhaftigkeit des Satzungstextes nahe liege. Weiter fehle es an einer wirksamen Bekanntmachung der Ausfertigung der BGS-EWS vom 23. März 2015, weil der bekannt gemachte Text vor der Ausfertigung hergestellt worden sei. Überdies sei die Satzung nicht wirksam beschlossen worden, weil der zur Abstimmung nicht erschienene Gemeinderat R. nicht ordnungsgemäß geladen worden sei. Die kurze Ladungsfrist von drei Tagen nach § 22 Abs. 4 der GeschO des Antragsgegners sei nicht eingehalten worden, da dem R. die Ladung zur Sitzung am 23. März 2015 erst nach dem 19. März 2015 zugegangen sei. In der Gemeinde W. werde nämlich die Post bis spätestens 10.30 Uhr verteilt, so dass mit einer Kenntnisnahme eines späteren Einwurfs nicht zu rechnen gewesen sei.

Die Regelung über den Abwassergebührenzuschlag nach § 11 der BGS-EWS sei nichtig, weil darin nicht die Kosten erhoben würden, die für eine Beseitigung von Abwasser mit einem entsprechend erhöhten Verschmutzungsgrad entstanden seien, sondern die Kosten, die dadurch entstanden seien, dass das Abwasser der Nebenbetriebe der Antragstellerin in der Entwässerungsanlage des Antragsgegners eingeleitet und geklärt werde. Bei dem Kostenblock von 950.282,- Euro handele es sich um den gleichen, den der Antragsgegner bereits über einen beitragsrechtlichen Artzuschlag auf die Antragstellerin abzuwälzen versucht habe. Dies stelle eine Kostenzuordnung nach dem Verursacherprinzip dar, die nach der Rechtsprechung des BayVGH unzulässig sei. Dies würde nämlich bedeuten, dass derjenige Nutzer, der das Pech habe, mit seiner Einleitungsmenge erstmals die bisherige Kapazitätsgrenze der Entwässerungsanlage zu überschreiten, die Kosten der notwendigen Kapazitätserweiterung alleine zu tragen hätte. Über einen Starkverschmutzerzuschlag könnte der Antragsgegner alleine diejenigen Kosten auf die Antragstellerin abwälzen, die gerade durch die Einleitung stärker verschmutzten Abwassers der Nebenbetriebe auf den Rastanlagen … entstünden. Dies führe auch zu einer unzulässigen Doppelbelastung der Antragstellerin. Die vom Antragsgegner getroffene Regelung widerspreche auch der Mustersatzung. So entspreche der Zuschlag in Höhe von 175% auf die Einleitegebühr in keiner Weise den Vorgaben der Mustersatzung. Im Ergebnis könnten nur verschmutzungsabhängige Kosten über den Starkverschmutzerzuschlag abgewälzt werden. Bereits die Struktur der von dem Antragsgegner gewählten Regelung verstoße damit gegen das Doppelbelastungsverbot, da die Antragstellerin bereits über die Einleitungsgebühr (§ 10 BGS-EWS) und die Grundgebühr (§ 9 BGS-EWS) herangezogen werde.

Der Gebührenzuschlag sei aber auch deswegen rechtswidrig, weil er gegen den abgabenrechtlichen Grundsatz der Erforderlichkeit verstoße, wonach überflüssige Kosten einer öffentlichen Einrichtung nicht auf die Nutzer der Einrichtung umgelegt werden dürften. Der Antragsgegner habe seine Entwässerungseinrichtung von Anfang an aufgrund eines Planungsfehlers überdimensioniert und versuche nun nachträglich, die Kosten seines Planungsfehlers über die Starkverschmutzergebühr abzuwälzen. Um eine bessere Auslastung seiner Entwässerungseinrichtung zu erreichen, strebe der Antragsgegner an, die Mischwasserkanalisation der Ortsteile Warmersdorf und Buchfeld an seine Entwässerungseinrichtung anzuschließen. In einem entsprechenden Erläuterungsbericht zur beantragten wasserrechtlichen Erlaubnis gehe der Beklagte davon aus, dass die gegenwärtige Auslastung (Stand 2014) der Kläranlage bei 3500 Einwohnergleichwerten liege. Bei Anschluss der Ortsteile Warmersdorf und Buchfeld erhöhe sich die zukünftige Auslastung der Kläranlage auf rund 3900 Einwohnergleichwerte. Damit stehe für die Antragstellerin fest, dass die auf 6000 Einwohnergleichwerte ausgerichtete Entwässerungseinrichtung des Antragsgegners von Anfang an sachwidrig überdimensioniert und auf Vorrat gebaut worden sei, weil lediglich 3500 Einwohnergleichwerte benötigt worden seien. Bei dieser Überkapazität handle es sich ersichtlich nicht um eine angemessene Kapazitätsreserve.

Die Regelung des Gebührenzuschlags in § 11 BGS-EWS 2015 sei auch deshalb nichtig, weil sie gegen das Rückwirkungsverbot verstoße. Bei einem rückwirkenden Ersetzen einer nichtigen Satzung sei der gemeindliche Normgeber auf eine rückwirkende Fehlerbeseitigung beschränkt und dürfe keine neuen materiellen Regelungen treffen. Nach diesem Maßstab verstoße § 11 gegen das Rückwirkungsverbot. Eine rückwirkende Fehlerbeseitigung hätte sich in einem inhaltlich unveränderten Neuerlass der Beitrags- und Gebührensatzung vom 27. März 2012 erschöpfen müssen. Der Antragsgegner habe in § 11 BGS-EWS 2015 aber im Vergleich zu der Vorgängerregelung in § 11 BGS-EWS 2012 neue materielle Regelungen getroffen. Zum einen definiere § 11 Abs. 1 BGS-EWS 2015 durchschnittliches häusliches Abwasser als Abwasser, das einen CSB-Wert kleiner 565 mg/Liter aufweise, während § 11 Abs. 1 BGS-EWS 2012 keine Definition enthalte. Weiter ordne § 11 Abs. 2 Satz 2 BGS-EWS 2015 für Schmutzfrachtmessungen einen Drei-Jahres-Turnus anstelle des in § 11 Abs. 2 Satz 2 BGS-EWS 2012 vorgesehenen Fünf-Jahres-Turnus an.

Der Gebührenzuschlag sei zudem nichtig, weil es an einer Ermittlung des Grenz- oder Schwellenwerts fehle, ab dem der Antragsgegner einen Gebührenzuschlag erheben möchte. Eine sachgerechte Grenzwertermittlung hätte nämlich erfordert, zunächst die verschmutzungsabhängigen Kosten einerseits und die verschmutzungsunabhängigen Kosten andererseits zu ermitteln.

Weiter liege eine unzulässige Ungleichbehandlung von Industrie- und Gewerbebetrieben gegenüber landwirtschaftlichen Betrieben vor, weil diese ebenso stark verschmutzte Abwässer einleiteten und nicht zu einem Starkverschmutzerzuschlag herangezogen würden. Zudem sei die Mindesteinleitemenge von 3500 m³ willkürlich gegriffen. Dies entspreche nämlich rund 3,5% der gesamten Abwassermenge, die pro Jahr in die Entwässerungseinrichtung des Antragsgegners eingeleitet werde. Die Wahl einer derart hohen Mindesteinleitemenge führe zwingend dazu, dass nur die Antragstellerin von dem Gebührenzuschlag betroffen sein könne. Der Gebührenzuschlag sei zudem deshalb nichtig, weil der starre Verschmutzungsgrenzwert von mehr als 30% gegenüber durchschnittlichem häuslichem Abwasser nicht mit dem Grundsatz der Gebührengerechtigkeit vereinbar sei. Dieser Schwellenwert sei willkürlich gezogen und führe zu nicht hinnehmbaren Ungleichbehandlungen.

Die Regelung des Gebührenzuschlags verstoße zudem gegen das Verbot der Einzelfallregelung aus Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 Satz 1 BV. Der Antragsgegner habe den Gebührenzuschlag bewusst so ausgestaltet, dass durch die Regelung nur die Antragstellerin erfasst werde. Zudem verstoße der gewählte Gebührenzuschlag gegen das Übermaßverbot. Weiter werde der Gastronomiebetrieb auf der Rastanlage gegenüber den sonstigen in der Marktgemeinde ansässigen Gastronomiebetrieben in unzulässiger Weise benachteiligt. Schließlich zeige auch der Umstand, dass der Antragsgegner in kurzen Abständen die Einleitungsgebühr mehrmals erhöht habe, dass keine ordnungsgemäße Kalkulation vorliege. Die Schmutzfracht der Tank- und Rastanlage verursache lediglich 1.200 EW und nicht die von dem Antragsgegner angenommenen 2.000 EW. Die BGS-EWS 2015 sei auch deshalb nichtig, weil es an einer Neukalkulation der Beitragssätze fehle, die den auf die Neuanschließer entfallenden Verbesserungsaufwand beinhalte. Eine Umlegung des Verbesserungsaufwandes über Verbesserungsbeiträge allein auf die Altanschließer unter Verzicht auf eine Heranziehung der Neuanschließer führe zur Nichtigkeit der Verbesserungsbeitragssatzung als auch des Beitragsteils der Beitrags- und Gebührensatzung für die Herstellung der Entwässerungsanlage. Aus der vorgelegten Globalberechnung ergebe sich, dass die Herstellungsbeiträge ohne den Investitionsaufwand, der in der Globalberechnung zum Nachweis der Verbesserungs- und Erneuerungsbeiträge als Grundlage der Beitragssatzung für die Verbesserung und Erneuerung der Entwässerungseinrichtung des Marktes … eingestellt worden sei. Die aufgezeigten Fehler führten zur Gesamtnichtigkeit der Satzungen, weil sie die Kalkulation sowohl der Gebühren als auch der Beiträge betreffen würden.

Der Antragsgegner beantragt,

die Anträge abzulehnen.

Messungen hätten ergeben, dass das eingeleitete Abwasser der Antragstellerin die festgelegten Grenzwerte tatsächlich überschreite. Bei den Planungen, insbesondere im Hinblick auf die Dimensionierung der Kläranlage, sei bereits der geplante Anschluss der Ortsteile Weingartsgreuth und Buchfeld eingeplant gewesen. Die Differenz der Baukosten zwischen einer Kläranlage mit 4000 EW zur tatsächlich errichteten Kläranlage mit 6000 EW betrage 950.282 Euro. Dieser Anteil sei aus den Verbesserungsbeiträgen herausgerechnet worden und werde nun als Gebührenzuschlag für Starkverschmutzer erhoben. Im Gemeindegebiet des Antragsgegners seien derzeit andere Starkverschmutzer nicht vorhanden. Landwirtschaftlichen Betrieben sei die Einleitung von Schmutzwasser, mit Ausnahme der häuslichen Abwässer, gemäß § 15 EWS untersagt. Die Mitglieder des Marktgemeinderates des Antragsgegners seien am 19. März 2015 ordnungsgemäß zur Sitzung am 23. März 2015 geladen worden. Dies gelte auch für den Marktgemeinderat R. Diesem sei die Ladung am 19. März 2015 zugegangen. Der Bauhofleiter habe die Ladung am 19. März 2015 dem R. selbst bzw. einer mit im Haushalt anwesenden Person ausgehändigt. Außerdem habe sich R. vor der Sitzung für sein Fernbleiben entschuldigt. Vor der Gemeinderatssitzung sei der Druckauftrag für das amtliche Mitteilungsblatt erteilt worden. Der Satzungstext sei mittels eines webbasierten Eingabesystems bzw. Uploads direkt auf den Server des Verlags geladen worden. Die Ausfertigung der BGS-EWS sei direkt nach dem Satzungsbeschluss am 23. März 2015 erfolgt. Die Satzungen seien über das Amtsblatt des Antragsgegners bekannt gemacht worden. Die Mitteilungsblätter seien nach Beschluss und Ausfertigung der Satzungen am 24. März 2015 verteilt worden. Der Antragsgegner habe von seinem Wahlrecht Gebrauch gemacht und sich für eine Umlegung der Mehrkosten durch Starkverschmutzerzuschlag entschieden. Um die durch den Wasserrechtsbescheid vorgegebenen Auslaufwerte einhalten zu können, würden in den Spitzenzeiten durch die enorme Belastung durch die Rastanlage jedoch weitaus höhere Kapazitäten benötigt. Bei der Ausgestaltung des Starkverschmutzerzuschlags habe eine Gemeinde einen weiten Ermessensspielraum. Die Gebührenzuschlagsregelung gelte für alle industriellen und gewerblichen Betriebe im Einrichtungsgebiet des Antragsgegners. Die festgelegte Mindesteinleitungsmenge von 3500 m³ sei rechtmäßig. Im Gemeindegebiet des Antragsgegners überschritten mehrere Betriebe diese Schwelle. Grund der Festlegung einer Mindestmenge sei, dass unterhalb dieser Menge der Kostenaufwand für die erforderlichen Messungen außer Verhältnis zum Ertrag, d.h. zu den sich hieraus ergebenden Gebührenzuschlägen stehe. Um auf die Kosten der Abwassermessungen zu kommen, müssten ohnehin bereits mindestens 1230 m³ eingeleitet werden. Auch die festgelegte 30% Grenze sei zulässig und durch die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bestätigt. Sie werde durch den um mehr als 30% erhöhten Verschmutzungsgrad des eingeleiteten Abwassers durch die Rastanlage der Antragstellerin begründet und gerechtfertigt. Bei der Regelung des § 11 BGS-EWS handele es sich nicht um eine Einzelfallregelung. Dass derzeit kein weiterer Starkverschmutzer im Gemeindegebiet des Antragsgegners ansässig sei, sei den örtlichen Gegebenheiten geschuldet. Der hohe Verschmutzungsgrad des Abwassers der Rastanlage sei im Wesentlichen auf die sogenannten wasserlosen Urinale zurückzuführen. Die Satzungen seien zudem rechtmäßig rückwirkend in Kraft gesetzt worden. Die den streitgegenständlichen Satzungen vorangegangenen Beitrags- und Gebührensatzungen sowie die Verbesserungsbeitragssatzungen seien aufgrund der Nichtigkeit der Entwässerungssatzung ebenfalls unwirksam gewesen. Ein Vertrauen darauf, dass eine ungültige Abgabesatzung nicht nachträglich durch eine gültige ersetzt werde, sei nicht schutzwürdig. Selbst wenn die Rückwirkungsanordnung gegen das Rechtsstaatsprinzip verstoße, sei lediglich die Rückwirkungsanordnung unwirksam.

Mit Schriftsatz vom 12. Juli 2016 erhob die Antragstellerin zudem Normenkontrollantrag gegen die erste Satzung zur Änderung der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 17. Juli 2015 und beantragte, diese für nichtig zu erklären. Diese Änderungssatzung setzte in ihrem § 1 die Gebühr für den Kubikmeter Abwasser auf 2,20 Euro fest.

Auf Anfrage des Senates teilte der Antragsgegner u.a. mit Schriftsatz vom 16. März 2018 Folgendes mit: Es sei von einer Verbesserung und nicht von einer Neuherstellung der Entwässerungsanlage auszugehen. Die Abwasseranlage des Antragsgegners hätte zum 31. Dezember 2006 einen Buchwert in Höhe von 5.198.548,89 Euro. Der Investitionsaufwand betrage insgesamt ca. 3.879.859 Euro. Der Gesamtaufwand der Entwässerungseinrichtung liege bei 9.474.959 Euro. Hiervon entfielen auf die Straßenentwässerung 2.028.651 Euro, auf die Niederschlagswasserbeseitigung 2.166.674 Euro, auf die Schmutzwasserbeseitigung 5.279.634 Euro.

Mit Schreiben vom 30. August 2018 wies der Senat u.a. darauf hin, dass der Gebührenteil der BGS-EWS 2015 unwirksam sein dürfte.

Mit Schriftsatz u.a. vom 10. September 2018 nahm die Antragstellerin noch einmal Stellung.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen verwiesen und im Übrigen auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die Normenkontrollanträge haben Erfolg.

Die Anträge sind zulässig. Die angefochtenen Satzungen stellen Rechtsvorschriften dar, die einer Überprüfung im Rahmen einer Normenkontrolle gemäß § 47 VwGO, Art. 5 Satz 1 AGVwGO zugänglich sind. Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, weil auf diese Satzungen laufend Abwassergebührenbescheide gestützt wurden, die gegen die Antragstellerin gerichtet waren.

Die Normenkontrollanträge sind auch begründet, weil in Ansehung der Höhe der vermutlichen Kosten für die Beseitigung des Oberflächenwassers zu Unrecht von der Erhebung einer Einleitungsgebühr für Niederschlagswasser abgesehen wurde.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 4. April 1993 (BayRS 2024-I-1) können die Gemeinden für die Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen Benutzungsgebühren erheben. Zu diesen Einrichtungen gehören auch öffentlich betriebene Entwässerungsanlagen.

Der Antragsgegner hat von der in Art. 8 Abs. 1 Satz 1 KAG enthaltenen Ermächtigung durch den Erlass seiner Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 23. März 2015 und der ersten Satzung zur Änderung der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 17. Juli 2015 Gebrauch gemacht.

Nach Art. 8 Abs. 4 KAG sind die Gebühren nach dem Ausmaß zu bemessen, in dem die Gebührenschuldner die öffentliche Einrichtung benutzen; sonstige Merkmale können zusätzlich berücksichtigt werden, wenn öffentliche Belange das rechtfertigen. Um dem in Art. 8 Abs. 4 KAG verankerten Äquivalenzprinzip Rechnung zu tragen, hat der Antragsgegner in § 10 Abs. 1 BGS-EWS 2015 bestimmt, dass sich die Einleitungsgebühr nach der Menge der Abwässer berechnet, die der Entwässerungseinrichtung von den angeschlossenen Grundstücken zugeführt werden. Als Abwassermenge gelten die dem Grundstück aus der Wasserversorgungsanlage und aus der Eigengewinnungsanlage zugeführten Wassermengen abzüglich der nachweislich auf dem Grundstück verbrauchten oder zurückgehaltenen Wassermengen (§ 10 Abs. 2 BGS-EWS).

Das Bundesverwaltungsgericht hat eingehend zu den bundesrechtlichen Vorgaben zur Zulässigkeit eines Frischwassermaßstabs bei der Bemessung von Abwassergebühren Stellung genommen, die sich aus dem Äquivalenzprinzip und dem Gleichheitssatz für die Ausgestaltung des Maßstabes von Entwässerungsgebühren ergeben. Beide Grundsätze fordern danach in Verbindung miteinander, dass die Benutzungsgebühr nach dem Umfang der Benutzung bemessen wird, also nicht in einem groben Missverhältnis zu der Leistung der Verwaltung steht. In Anbetracht des Gestaltungsspielraums des Normgebers kann nicht verlangt werden, dass der zweckmäßigste, vernünftigste, gerechteste oder wahrscheinlichste Maßstab angewendet wird. Vielmehr sind Durchbrechungen des Gleichheitssatzes durch Typisierungen und Pauschalierungen zulässig, solange die dadurch entstehende Ungleichbehandlung noch in einem angemessenen Verhältnis zu den erhebungstechnischen Vorteilen der Typisierung steht (s. etwa BVerwG, B.v. 25.3.1985 - 8 B 11.84 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 53 S. 39, v. 19.9.2005 - 10 BN 2.05 - juris Rn. 8 und vom 20.9.2007 - 9 BN 2.07 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 105 Rn. 5, jeweils m.w.N.).

Auf der anderen Seite ist allerdings auch geklärt, dass der Grundsatz der Typengerechtigkeit nur auf solche Sachbereiche Anwendung findet, in denen eine ausgeprägt an der Benutzungsintensität ausgerichtete Gebührengestaltung unproblematisch möglich ist und die Zahl der Ausnahmen, bei denen eine Differenzierung nach der Benutzungsintensität entfällt, ohne unangemessenen erhebungstechnischen Aufwand gering gehalten werden kann (BVerwG, B.v. 11.11.2011 - 9 B 41.11 - juris Rn. 2 und vom 2.4.2013 - 9 BN 4.12 - juris Rn. 2). Um eine solche Gebührengestaltung geht es bei der Anwendung des Frischwassermaßstabes auf eine Niederschlagswassergebühr nicht, denn zwischen dem Wasserverbrauch und der Menge des in die Kanalisation eingeleiteten Niederschlagswassers besteht kein direkter Zusammenhang. Daher können die Gebühren für die Beseitigung des Niederschlagswassers im Wesentlichen nur dann wie die Schmutzwassergebühren nach dem Wasserverbrauch bemessen werden, wenn der Anteil der Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung an den gesamten Entwässerungskosten geringfügig ist, d.h. nicht mehr als 12% beträgt (BVerwG, B.v. 25.3.1985 - 8 B 11.84 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 53 S. 39, B.v. 2.4.2013 - 9 BN 4.12 - juris Rn. 2; B.v. 28.7.2015 - 9 B 17.15 - juris).

Dieser Rechtsprechung hat sich der ehemalige 23. Senat des Verwaltungsgerichtshofs und der erkennende 20. Senat in ständiger Rechtsprechung angeschlossen (vgl. nur BayVGH, U.v. 29.4.1999 - 23 B 97.1628 - juris; zuletzt BayVGH, B.v. 16.11.2017 - 20 ZB 17.126 - juris). Der Verwaltungsgerichtshof hält daran fest, dass die bezogene Frischwassermenge auch bei zusätzlicher Einleitung von Niederschlagswasser ein grundsätzlich geeigneter Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner als Normgeber bei der Wahl des Gebührenmaßstabs unter Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes, des Äquivalenzprinzips und des Grundsatzes des sachgerechten Vorteilsausgleichs (vgl. Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 BV) einen weiten Gestaltungsspielraum hat und sich nicht für den zweckmäßigsten, vernünftigsten, wahrscheinlichsten oder gerechtesten Maßstab entscheiden muss (vgl. BayVGH U.v. 26.10.2000 - 23 B 00.1146 - BayVBl 2001, 498). Die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung des Antragsgegners sieht für die Einleitung des Niederschlagswassers im Entsorgungsgebiet keine gesonderte Erhebung von Gebühren vor. Dies führt zur Nichtigkeit des Gebührenteiles der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung (BGS-EWS) vom 23. März 2015 und damit auch der ersten Satzung zur Änderung der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 17. Juli 2015. Nach den Angaben des Antragsgegners liegt der Gesamtaufwand der Entwässerungseinrichtung bei 9.474.959 Euro. Hiervon entfallen auf die Straßenentwässerung 2.028.651 Euro, auf die Niederschlagswasserbeseitigung 2.166.674 Euro, auf die Schmutzwasserbeseitigung 5.279.634 Euro. Grundstückseigentümer dürfen allerdings nur mit den Kosten belastet werden, die für die Oberflächenwasserbeseitigung auf ihren Grundstücken anfallen (BayVGH, B.v. 16.11.2017 - 20 ZB 17.126 - juris), so dass von umlegbaren Grundstücksentwässerungskosten in Höhe von 7.446.308,- Euro auszugehen ist, was zu einem Kostenanteil für die Oberflächenentwässerung von ca. 29% führt. Eine Niederschlagswassergebühr ist damit zwingend erforderlich, was zur Nichtigkeit des gesamten Gebührenteils der gegenständlichen Satzungen führt. Auf die Frage der Rechtmäßigkeit des sog. Schmutzwassergebührenzuschlags und die von der Antragstellerin gestellten Beweisanträge kam es deswegen nicht mehr streitentscheidend an.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

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published on 16.11.2017 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 282,- Euro festgesetzt. Gründe
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(1) Betriebe an den Bundesautobahnen, die den Belangen der Verkehrsteilnehmer der Bundesautobahnen dienen (z. B. Tankstellen, bewachte Parkplätze, Werkstätten, Verlade- und Umschlagsanlagen, Raststätten) und eine unmittelbare Zufahrt zu den Bundesautobahnen haben, sind Nebenbetriebe.

(2) Der Bau von Nebenbetrieben kann auf Dritte übertragen werden. Der Betrieb von Nebenbetrieben ist auf Dritte zu übertragen, soweit nicht öffentliche Interessen oder besondere betriebliche Gründe entgegenstehen. Die Übertragung von Bau und Betrieb kann unter Auflagen und Bedingungen sowie befristet erfolgen; der Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage (§ 36 des Verwaltungsverfahrensgesetzes) ist ausgeschlossen. Die Übertragung erfolgt unter Voraussetzungen, die für jeden Dritten gleichwertig sind. Dies gilt besonders für Betriebszeiten, das Vorhalten von betrieblichen Einrichtungen sowie Auflagen für die Betriebsführung. Hoheitliche Befugnisse gehen nicht über; die §§ 4, 17 und 18f bis 19a finden Anwendung.

(3) Für das Recht, einen Nebenbetrieb an der Bundesautobahn zu betreiben, hat der Konzessionsinhaber eine umsatz- oder absatzabhängige Konzessionsabgabe an den Bund zu entrichten. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen ohne Zustimmung des Bundesrates die Höhe der Konzessionsabgabe festzusetzen und die Voraussetzungen sowie das Verfahren zur Erhebung der Konzessionsabgabe zu regeln. Die Höhe der Konzessionsabgabe hat sich an dem Wert des wirtschaftlichen Vorteils auszurichten, der dem Konzessionsinhaber durch das Recht zuwächst, einen Nebenbetrieb an der Bundesautobahn zu betreiben; sie darf höchstens 1,53 Euro pro einhundert Liter abgegebenen Kraftstoffs und höchstens 3 vom Hundert von anderen Umsätzen betragen. Die Konzessionsabgabe ist an das Bundesamt für Logistik und Mobilität zu entrichten.

(4) Vorschriften über Sperrzeiten gelten nicht für Nebenbetriebe. Alkoholhaltige Getränke dürfen in der Zeit von 0.00 Uhr bis 7.00 Uhr weder ausgeschenkt noch verkauft werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Die Neugliederung in dem die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern umfassenden Gebiete kann abweichend von den Vorschriften des Artikels 29 durch Vereinbarung der beteiligten Länder erfolgen. Kommt eine Vereinbarung nicht zustande, so wird die Neugliederung durch Bundesgesetz geregelt, das eine Volksbefragung vorsehen muß.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.