Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 07. Sept. 2018 - 9 ZB 16.1890

bei uns veröffentlicht am07.09.2018

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten bauaufsichtliches Einschreiten gegen eine an die gemeinsame Grundstücksgrenze herangebaute Terrassenüberdachung auf dem westlich ihres Reihenmittelhauses gelegenen Grundstück der Beigeladenen. Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 2. Februar 2016 ab, weil der Anbau zwar formell illegal, bauplanungs- und bauordnungsrechtlich aber rechtmäßig sei. Auf die Klage der Klägerin hob das Verwaltungsgericht Ansbach diesen Bescheid mit Urteil vom 27. Juli 2016 auf und verpflichtete die Beklagte, über den Antrag der Klägerin auf Erlass eines Rückbaubescheides hinsichtlich der Terrassenüberdachung und des Terrassenaufbaus der Beigeladenen an der Grundstücksgrenze zur Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden; im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Klägerin einen Anspruch auf erneute ermessensgerechte Entscheidung habe, weil die Beklagte rechtswidrig von einer bauplanungsrechtlichen Dispensierung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen ausgegangen sei und sich die bauliche Anlage der Beigeladenen sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht als baurechtswidrig darstelle. Darüber hinaus seien die klägerischen Nachbarrechte aber nicht so gravierend beeinträchtigt, dass nur eine Beseitigung in Form eines Rückbaus in Betracht kommen könne. Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung macht die Klägerin geltend, dass entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts hinsichtlich des bauaufsichtlichen Einschreitens eine Ermessensreduzierung auf Null vorliege.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. An der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestehen keine ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.

1. Die Berufung ist nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.

Die Klägerin beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Klägerin innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Hieraus ergeben sich solche Zweifel nicht. Das Verwaltungsgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass der Klägerin hinsichtlich des von ihr beantragten bauaufsichtlichen Einschreitens (nur) ein Anspruch auf erneute ermessensfehlerfreie Entscheidung zusteht.

Macht ein Dritter - wie hier die Klägerin - gegenüber der Bauaufsichtsbehörde geltend, durch eine Anlage i.S.d. Art. 76 BayBO in seinen Rechten verletzt zu sein, so hat er einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein bauaufsichtliches Einschreiten der Bauaufsichtsbehörde sowie auf Art und Weise des Einschreitens. Dabei gelten für die Ermessensausübung der Bauaufsichtsbehörde die allgemeinen Grundsätze (vgl. BayVGH, U.v. 4.12.2014 - 15 B 12.1450 - juris Rn. 21). Die Frage einer Ermessensreduktion zugunsten eines bauaufsichtlichen Einschreitens ist hierbei auch bei einer Verletzung nachbarschützender Normen des Abstandsflächenrechts, wie sie das Verwaltungsgericht hier festgestellt hat, von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängig. Sie ist regelmäßig nur dann anzunehmen, wenn die von der rechtswidrigen baulichen Anlage ausgehende Beeinträchtigung des Nachbarn einen erheblichen Grad erreicht und die Abwägung mit dem Schaden des Bauherrn ein deutliches Übergewicht der nachbarlichen Interessen ergibt (vgl. BayVGH, B.v. 25.9.2014 - 14 ZB 12.2033 - juris Rn. 16 m.w.N.). Davon ist insbesondere auszugehen, wenn eine unmittelbare, auf andere Weise nicht zu beseitigende Gefahr für hochrangige Rechtsgüter wie Leben oder Gesundheit droht oder sonstige unzumutbare Belästigungen abzuwehren sind (vgl. VGH, B.v. 9.9.2009 - 15 ZB 08.3355 - juris Rn. 9 m.w.N.). Hiervon ist auch das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen.

a) Soweit die Klägerin vorträgt, das Verwaltungsgericht habe die Frage, ob für den festgestellten Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 BayBO eine Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO erteilt werden könne, nicht offen lassen dürfen und eine Abweichung komme hier auch nicht in Betracht, weshalb sich eine Ermessensreduktion auf Null ergebe, trägt dies nicht. Es gibt keinen Automatismus, dass das Ermessen immer schon bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 76 Satz 1 BayBO zugunsten des Nachbarn auf Null reduziert ist. Dies gilt selbst dann, wenn eine Baugenehmigung abgelehnt wurde (vgl. BayVGH, B.v. 4.7.2011 - 15 ZB 09.1237 - juris Rn. 16). Das Zulassungsvorbringen legt nicht dar, dass bei der Entscheidung über eine Abweichung andere Maßstäbe zu gelten haben. Letztlich kann dies aber dahingestellt bleiben, weil es - worauf das Verwaltungsgericht zutreffend abgestellt hat - für den Nachbarschutz nur auf die materielle Beeinträchtigung ankommt (vgl. BayVGH, B.v. 25.9.2013 - 14 ZB 12.2033 - juris Rn. 20).

b) Das Zulassungsvorbringen führt eine Reihe von Aspekten an, aus denen sich nach Ansicht der Klägerin eine Ermessensreduktion ergibt. Diese führen jedoch nicht zum Erfolg des Zulassungsantrags.

Soweit die Klägerin darauf abstellt, dass das Verhalten der Beteiligten zu berücksichtigen wäre, mag im Rahmen der Prüfung einer Verwirkung des Schutzanspruchs eines Nachbarn auf bauaufsichtliches Einschreiten wegen treuwidrigen Verhaltens zu berücksichtigen sein, ob die Klägerin sich unmittelbar gegen das Bauvorhaben gewandt hat oder eine gewisse Zeit hat verstreichen lassen (vgl. BayVGH, B.v. 10.4.2018 - 15 ZB 17.45 - juris Rn. 10 m.w.N.; B.v. 16.9.2004 - 20 ZB 04.2179 - juris Rn. 5). Unabhängig von der Frage, ob sich bei einem frühzeitigen Geltendmachen der Rechtsposition durch die Klägerin, die hier weder seitens der Beklagten noch seitens des Verwaltungsgerichts - unabhängig von der Aktendokumentation - bestritten wird, eine Ermessensreduktion ergibt, kommt es aber auf die materielle Beeinträchtigung der Klägerin an. Diese hängt jedenfalls nicht vom Verhalten der Klägerin ab.

Der Hinweis der Klägerin auf die enge Reihenhaussituation und das dadurch entstehende Gefühl des „eingemauert seins“ trägt nicht. Eine erdrückende Wirkung kommt vor allem bei nach Höhe und Bauvolumen übergroßen Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (vgl. BayVGH, B.v. 2012.2016 - 9 CS 16.2088 - juris Rn. 20 m.w.N.). Insoweit ist hier nichts ersichtlich oder dargelegt.

Das Verwaltungsgericht hat ferner darauf abgestellt, dass die bisher bestehende Trennwand zwischen den Terrassen sowie die darüber liegenden Balkone bereits bislang eine Verschattungswirkung für die Klägerin ergeben haben und sich die Verschattungswirkung im Wesentlichen auf den Kellerabgang, der sich auf dem Grundstück der Klägerin unmittelbar an der Grenze zum Grundstück der Beigeladenen befindet, ausgewirkt hat. Hiergegen ist auch unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens nichts einzuwenden. Der Klägerin mag zuzugestehen sein, dass die Verschattung ihres Wohnraumes gegenüber der bisherigen Situation zunimmt. Aus den vorgelegten und in den Akten befindlichen Lichtbildern lässt sich jedoch ersehen, dass die Beeinträchtigung des südlichen Wohnzimmerfensters maßgeblich auch auf einer Verschattung durch den vorhandenen eigenen Balkon sowie durch den Balkon der Beigeladenen beruht. Dass durch die Terrassenüberdachung der Beigeladenen die ausreichende Besonnungsdauer für Wohnräume nicht mehr eingehalten wird, wird im Zulassungsvorbringen, gerade auch im Hinblick darauf, dass sich die Anlage der Beigeladenen im westlichen bis nordwestlichen Bereich der Klägerin befindet, nicht dargelegt. Die Klägerin stellt insoweit lediglich ihre eigene Bewertung der des Verwaltungsgerichts entgegen, ohne zugleich substantiierte Zweifel an den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts aufzuzeigen.

Der pauschale Vortrag unfachmännischer Errichtung der Terrassenüberdachung bzw. der grenzständigen Mauer zeigt ebenfalls keine Ermessensreduktion auf Null auf. Eine konkrete Einsturzgefahr oder ähnliches ist weder ersichtlich noch dargelegt.

Soweit sich die Klägerin im Zulassungsvorbringen auf den von den Beigeladenen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze weiter errichteten blickdichten Zaun beruft, ist eine eventuelle weitere Bautätigkeit auf dem Grundstück der Beigeladenen unerheblich, da allein die Terrassenüberdachung Gegenstand des Verfahrens ist. Im Rahmen des hierbei auszuübenden Ermessens kann keine „Gesamtbereinigung“ der baunachbarlichen Verhältnisse verlangt werden (vgl. BayVGH, B.v. 4.7.2011 - 15 ZB 09.1237 - juris Rn. 15).

Weitere Aspekte, insbesondere eine bauplanungsrechtliche Beeinträchtigung, die zu einer Ermessensreduktion führen könnten, werden durch das Zulassungsvorbringen nicht dargelegt. Der bloße Hinweis auf Besonderheiten der Reihenhaussituation ist hierfür nicht ausreichend.

2. Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

Die in der Zulassungsbegründung aufgeworfenen Fragen lassen sich nach den obigen Ausführungen, soweit sie entscheidungserheblich sind, ohne weiteres und mit zweifelsfreiem Ergebnis im Zulassungsverfahren klären. Die Klägerin hat hierzu nichts Entscheidungserhebliches über das zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO Dargelegte hinaus vorgetragen. Allein aus dem Hinweis auf das Meinungsspektrum zu der Frage, wann ein Anspruch des Nachbarn auf bauaufsichtliches Einschreiten besteht, kann keine besondere Schwierigkeit der Rechtssache hergeleitet werden, da es dem Regelfall entspricht, dass zu einer Rechtsfrage verschiedene Auffassungen vertreten werden (vgl. BayVGH, B.v. 4.7.2011 - 15 ZB 09.1237 - juris Rn. 18). Die entscheidungstragende Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts entspricht jedenfalls der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Da die Beigeladenen im Zulassungsverfahren keinen rechtlich die Sache förderlichen Beitrag geleistet haben, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG; sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4VwGO).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

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(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt als Eigentümer des Grundstücks FlNr. … der Gemarkung G. vom Beklagten ein bauordnungsrechtliches Einschreiten gegen eine auf dem nördlich angrenzenden Grundstück des Beigeladenen (FlNr. …) in unmittelbarer Nähe zu der gemeinsamen Grundstücksgrenze errichteten Stützmauer und einer dahinter (d.h. auf dem Beigeladenengrundstück) erfolgten Aufschüttung.

Mit Bescheid vom 9. Oktober 2014 lehnte das Landratsamt D. einen Antrag des Klägers vom 5. September 2014 ab, gegenüber dem Beigeladenen die Beseitigung der Stützmauer und der Aufschüttung anzuordnen. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass eine konkrete Einsturzgefahr der Mauer nicht erkennbar sei. Ein bauaufsichtliches Einschreiten aus Sicherheitsgründen sei nicht geboten. Zwar könnten wegen Verletzung der Abstandsflächenvorschriften (Art. 6 BayBO) grundsätzlich Abwehrrechte bestehen, der Kläger habe einen Einschreitensanspruch hinsichtlich der Mauer, die im Jahr 2009 errichtet und bislang in keiner Weise beanstandet worden sei, aber verwirkt.

Der Kläger erhob am 4. November 2014 beim Verwaltungsgericht Regensburg Klage mit den Anträgen, den Bescheid vom 9. Oktober 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, unter Anordnung des Sofortvollzugs gegenüber dem Beigeladenen die Beseitigung der Mauer und der Aufschüttung innerhalb eines Monats sowie hierfür ein Zwangsgeld i.H. von 30.000 Euro anzuordnen. Während des erstinstanzlichen Gerichtsverfahrens legte der Kläger dem Verwaltungsgericht ein vom Landgericht D* … im Rahmen eines zivilrechtlichen Rechtsstreits zwischen ihm und dem Beigeladenen in Auftrag gegebenes Sachverständigengutachten vom 3. Juli 2015 vor, das hinsichtlich der streitgegenständlichen Stützwand zu folgendem Prüfergebnis kommt (Seite 19):

„Die Gründung der Mauer entspricht nicht den anerkannten Regeln der Technik. Sie ist nicht ausreichend frosttief und auf einem nicht drainierten Schotterpaket gegründet. Die fehlende Frosttiefe und fehlende Dränung kann mittelfristig zu Verformungen des Bodens unter dem Schotterpaket und darauf folgenden Bewegungen der Mauer führen, wodurch Standsicherheit und Gebrauchstauglichkeit eingeschränkt werden können.“

Mit Urteil vom 11. Oktober 2016 wies das Verwaltungsgericht Regensburg die Verpflichtungsklage des Klägers ab. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, die ohne Baugenehmigung errichtete Stützmauer mit einer Höhe von 3,90 m über dem vorhandenen Gelände bzw. 2,55 m gemessen ab dem ursprünglichen Geländeverlauf sei zwar wegen Überschreitung der Maße gem. Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a BayBO formell illegal. Der Kläger habe aber weder unter dem Gesichtspunkt einer Vernässung noch aufgrund der Verletzung des Abstandsflächenrechts oder der Anforderungen an die Standsicherheit einen Rechtsanspruch gem. Art. 76 Satz 1 BayBO auf bauaufsichtliches Einschreiten bzw. auf ermessensfehlerfreie Neubescheidung. Die verbleibende Möglichkeit, gegen die behauptete Eigentumsbeeinträchtigung zivilrechtlich vorzugehen, habe der Kläger durch Klageerhebung beim Landgericht wahrgenommen. Für einen Einschreitensanspruch des Klägers aus Art. 54 Abs. 4 BayBO fehle es – unabhängig vom Charakter als Ermessensnorm – mangels konkreter Einsturzgefahr an der tatbestandlichen Voraussetzung einer erheblichen Gefahr für Leben und Gesundheit.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die von den Klägern geltend gemachten Zulassungsgründe, auf die sich die Prüfung des Senats beschränkt, liegen nicht vor bzw. sind nicht in einer Weise dargelegt worden, die den gesetzlichen Substanziierungsanforderungen genügt, § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO.

1. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

a) Die Richtigkeit des angefochtenen Urteils ist nicht deshalb ernstlich zweifelhaft, weil das Verwaltungsgericht – wie der Kläger im Zulassungsverfahren einwendet – zu Unrecht von einer Verwirkung ausgegangen sei.

Die Verwirkung stellt eine besondere Ausprägung des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben (vgl. § 242 BGB) dar. Danach darf ein – prozessuales oder materielles – Recht nicht mehr ausgeübt werden, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, welche die verspätete Geltendmachung als treuwidrig erscheinen lassen (Umstandsmoment) (vgl. BVerwG, B.v. 23.12.2015 – 2 B 40.14 – juris Rn. 21). Speziell im öffentlichen Nachbarrecht können mit Blick auf das besondere nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis, das von den Nachbarn nach Treu und Glauben gesteigerte Rücksichten gegeneinander fordert, auch materielle Abwehrrechte sowie Schutzansprüche des Nachbarn auf bauordnungsrechtliches Eingreifen verwirkt werden, wenn der Beschwerte – hier der Kläger – eine lange Zeit abgewartet hat und aufgrund der Umstände des Enzelfalls mit der Geltendmachung des Nachbarrechts schlechthin nicht mehr zu rechnen war (vgl. BVerwG, B.v. 18.3.1988 – 4 B 50.88 – NJW 1988, 730 = juris Rn. 2 ff.; B.v. 13.8.1996 – 4 B 135.96 – BauR 1997, 281 = juris Rn. 3; B.v. 8.1.1997 – 4 B 228.96 – juris Rn. 5; B.v. 11.2.1997 – 4 B 10.97 – NJW 1998, 329 = juris Rn. 2; B.v. 16.4.2002 – 4 B 8.02 – BauR 2003, 1031 = juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 21.3.2012 – 14 ZB 11.2148 – juris Rn. 12; .v. 8.1.2014 – 15 ZB 12.1236 – juris Rn. 5; Seidel, Öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Nachbarschutz, 2000, Rn. 622 m.w.N.).

Genau nach diesen Maßstäben hat das Verwaltungsgericht eine Verwirkung einer Anspruchsposition aus Art. 76 Satz 1 BayBO wegen einer Verletzung des bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenrechts (Art. 6 BayBO) angenommen. Es hat hierzu ausgeführt, der Kläger könne trotz Abstandsflächenpflichtigkeit der Stützmauer wegen Maßüberschreitung nach Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 BayBO diesbezüglich keine Anspruchsposition auf bauordnungsrechtliches Eingreifen geltend machen, weil er hinsichtlich des Abstandsflächenverstoßes sein materielles Abwehrrecht nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verwirkt habe. Der Kläger habe gegen den im Nachbarschaftsverhältnis geltenden Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen, weil er sich erstmalig am 5. September 2014 und damit fast fünf Jahre nach Errichtung der Stützmauer mit seinem Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten an das Landratsamt gewandt habe, obwohl er bereits viel früher Kenntnis von der Existenz der vom klägerischen Grundstück ohne Weiteres voll einsehbaren Stützmauer gehabt habe. Nach dieser langen Wartezeit habe der Beigeladene, der auf der Grundlage der Stützmauer bereits die genehmigte Halle zur Erweiterung seines Metzgereibetriebs errichtet habe, nicht mehr mit Einwendungen des Klägers gegen die Stützmauer rechnen müssen. Dies gelte umso mehr, als der Kläger die streitgegenständliche Stützmauer in die durch Bescheid vom 18. April 2013 genehmigten Baupläne für die Errichtung eines Einfamilienhauses auf seinem Grundstück aufgenommen habe.

Die im Zulassungsverfahren erhobenen Einwendungen haben dem nichts entgegenzusetzen, was eine Berufungszulassung gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 BauGB rechtfertigen könnte. Der Kläger bringt gegen die Rechtsansicht des Erstgerichts, er habe sein Abwehrrecht verspätet und deswegen unter Verstoß gegen Treu und Glauben geltend gemacht vor, das Ausmaß der ungenehmigt errichteten Stützmauer sowie die Tragweite der Folgen dieser Mauer für sein eigenes Grundstück hätten ihm erst einige Jahre nach der Errichtung voll bewusst werden können. Die Dimension des Problems sei ihm erst im Zusammenhang mit seinem Wohnbauvorhaben auf seinem Grundstück erkennbar geworden. So sei vor allem erst in diesem Zusammenhang erkennbar gewesen, wie sehr sich die Stützmauer nicht nur optisch, sondern darüber hinaus auch funktionell auf das klägerische Grundstück auswirke, nicht zuletzt im Hinblick auf dessen Vernässung. Es fehle insofern sowohl an einer zutreffenden und ausreichenden Würdigung aller entscheidungserheblichen Tatsachen als auch an einer zutreffenden rechtlichen Sachverhaltswürdigung. Ein Zeitraum von fünf Jahren möge im Allgemeinen für eine Verwirkung ausreichen, das gelte aber nicht unter den Umständen des vorliegenden Falles.

Mit diesen Einwendungen wird der Kläger schon nicht den gesetzlichen Anforderungen an das Gebot der Darlegung eines Berufungszulassungsgrundes gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO gerecht. Dieses erfordert auch bei der Geltendmachung ernstlicher Zweifel i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO eine substanzielle Erörterung des in Anspruch genommenen Zulassungsgrundes. Schon wegen der unterschiedlichen Prüfungsmaßstäbe im Zulassungsverfahren einerseits und im nachfolgenden Berufungsverfahren andererseits genügt es in der Regel nicht, etwa unter Bezugnahme auf das bisherige Vorbringen und unter schlichter Wiederholung der eigenen Ansichten die erstinstanzliche Entscheidung in Frage zu stellen. Auch eine schlichte, unspezifizierte Behauptung der Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung genügt nicht. Der Rechtsmittelführer muss vielmehr konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit falsch ist. „Darlegen“ bedeutet insoweit „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“. Erforderlich ist eine substanziierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird; der Rechtsmittelführer muss im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BayVGH, B.v. 26.9.2016 – 15 ZB 16.1365 – juris Rn. 8 m.w.N.).

Dem werden die Ausführungen des Klägers im vorliegenden Zulassungsverfahren nicht gerecht. Zum einen wiederholt die Zulassungsbegründung vom 30. Januar 2017 im Wesentlichen nur das, was in der Klageschrift vom 31. Oktober 2014 sowie in weiteren Schriftsätzen (vom 7. November 2014, 30. Mai 2015) bereits erstinstanzlich gegenüber dem Verwaltungsgericht vorgetragen wurde. Relevante neue Argumente, die sich speziell gegen die konkrete Subsumtion des Verwaltungsgerichts richten, sind nicht ersichtlich. Zum andern ist auch unter Berücksichtigung der dem Senat vorliegenden Aktenunterlagen nicht logisch nachvollziehbar, dass erst durch den Abbruch des Wohngebäudes die Dimension der streitgegenständlichen Mauer gerade hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die von Art. 6 BayBO geschützten Belange (Belichtung, Besonnung, Belüftung sowie – str. – Wohnfriede; vgl. Dohm/Franz/Rauscher, in: Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand: Dezember 2017, Art. 6 Rn. 1 m.w.N.) erkennbar gewesen sei. Wie dem Plan mit der Darstellung des Urgeländes im Bauantragsverfahren des Klägers 40-15/2013-B (vgl. hierzu die Baugenehmigung vom 18. April 2013) sowie den Bauvorlagen des Beigeladenen zum Bauantragsverfahren 40-345/2003-B (vgl. hierzu die Baugenehmigung vom 5. August 2009 und die Verlängerungsbescheide vom 10. September 2013 und vom 14. August 2015) zu entnehmen ist, befand sich auf dem Grundstück FlNr. … lediglich ein kleiner Teil des (zwischenzeitlich abgebrochenen) baulichen Altbestandes des Klägers mit einer Länge von ca. 6 – 7 m unmittelbar an der Nordgrenze zum Grundstück des Beigeladenen (FlNr. …*), sodass – worauf auch der Beigeladene im Zulassungsverfahren (Schriftsatz vom 27. Februar 2017) hingewiesen hat – zum damaligen Zeitpunkt der Errichtung im Jahr 2009 nur ein kleinerer Teil der Stützwand aus der Blickrichtung des klägerischen Grundstücks (also von Süd nach Nord) vom baulichen Altbestand verdeckt gewesen kann, während der überwiegende Teil der Stützmauer auch damals schon vom Kläger aus einsehbar war. Auch hiermit setzt sich der Zulassungsantrag nicht auseinander.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass das Verwaltungsgericht den Verwirkungsaspekt in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ausschließlich im Zusammenhang mit dem – s.o.: bereits seit Errichtung der Stützmauer ohne weiteres erfassbaren – Verstoß gegen Art. 6 BayBO thematisiert hat. Die Verwirkung spielte demgegenüber hinsichtlich der Verneinung einer Anspruchsposition des Klägers auf bauordnungsrechtliches Einschreiten wegen einer Vernässung für das Erstgericht keine Rolle. Eine auf Baumaßnahmen auf dem Baugrundstück zurückzuführende Vernässung – wie sie der Kläger im Verwaltungsverfahren und im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren behauptet hat – hat ebenso wie die in Art. 10 BayBO reglementierte Standsicherheit [hierzu im Folgenden unter b) ] auch inhaltlich mit den von Art. 6 BayBO geschützten Belangen (s.o.) nichts zu tun. Der Vortrag des Klägers, die durch die Stützmauer bzw. die Aufschüttung bewirkte Vernässung sei erst später erkennbar gewesen, geht mithin in Bezug auf den Verwirkungsgedanken von vornherein ins Leere. Soweit das Verwaltungsgericht Ansprüche des Klägers wegen Vernässung unter Rekurs auf die Kommentarliteratur (Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 66 Rn. 446) ausschließlich mit der Erwägung abgelehnt hat, dass insofern von vornherein kein öffentlich-rechtliches Abwehrrecht bestehe und dass dem Kläger hier allein der Zivilrechtsweg zur Durchsetzung seines Anliegens zur Verfügung stehe, ist der Kläger dem im Zulassungsverfahren nicht entgegengetreten. Inwiefern ggf. hier ein besonderer Ausnahmefall einer gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot verstoßenden, unzumutbaren Belastung des Nachbargrundstücks aufgrund unsachgemäßer Beseitigung von Niederschlagswasser vorliegen könnte (BayVGH, B.v. 29.11.2006 – 1 CS 06.2717 – BRS 70 Nr. 126 = juris Rn. 20; B.v. 11.9.2012 – 15 CS 12.634 – Rn. 13 f.; B.v. 22.2.2017 – 15 CS 16.1883 – juris Rn. 19), ist mithin vom Senat im Zulassungsverfahren wegen § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht zu prüfen.

b) Auch soweit der Kläger einwendet, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass das Landratsamt seinen Antrag auf bauordnungsrechtliches Einschreiten ermessensfehlerfrei abgelehnt habe, ist kein Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO dargelegt.

Der Kläger hat sich insofern vielmehr lediglich auf den pauschalen Einwand begrenzt, es fehle an einer ausreichenden Erhebung und an einer zutreffenden Würdigung der anspruchsbegründenden Tatsachen sowie an einer zutreffenden Sachverhaltswürdigung. Sein Vorwurf, das Erstgericht habe weder die Einsturzgefahr der Mauer hinreichend berücksichtigt noch den Umstand, dass die Mauer in eklatant rechtswidriger Weise zum Nachteil des Klägers errichtet worden sei, trifft zum einen so nicht zu; zum andern fehlt es auch insofern an einer hinreichenden substanziierten Darlegung der Unrichtigkeit des angefochtenen Urteils im Wege einer kritischen Durchdringung der erstinstanzlichen Entscheidung und an einer kritischen Detailauseinandersetzung mit der Argumentation des Verwaltungsgerichts.

Fragen der richtigen oder fehlerhaften Ermessensausübung sind vom Verwaltungsgericht – folgerichtig, weil ein Einschreitensanspruch unter dem Gesichtspunkt der Vernässung von ihm schon mangels Betroffenheit einer öffentlich-rechtlich geschützten Rechtsposition verneint wurde und weil Ansprüche wegen Verletzung des Art. 6 BayBO wegen Verwirkung abgelehnt wurden, vgl. oben a) – ausschließlich im Zusammenhang mit Anspruchspositionen wegen mangelnder Standsicherheit der Stützmauer thematisiert worden. Auch insofern bestünden – so das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen – im Ergebnis keine Anspruchspositionen aus Art. 76 Satz 1 BayBO auf bauordnungsrechtliches Einschreiten oder Neubescheidung. Das im Rahmen des zivilrechtlichen Rechtsstreitverfahrens eingeholte Sachverständigengutachten vom 3. Juli 2015 attestiere zwar, dass die Mauer nicht den anerkannten Regeln der Technik entspreche (keine ausreichende Frosttiefe, Gründung auf nicht dräniertem Schotterpaket), sodass es mittelfristig zu Verformungen des Bodens unter dem Schotterpaket und im Anschluss zu Bewegungen der Mauer führen könne. Hieraus könne grundsätzlich geschlossen werden, dass die Anforderungen des Art. 10 BayBO an die Standsicherheit nicht erfüllt seien. Insofern habe ein Nachbar aber nur einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Eine Ermessensreduzierung auf null und damit ein Rechtsanspruch auf bauordnungsrechtliches Einschreiten liege nur dann vor, wenn eine unzumutbare, auf andere Weise nicht zu beseitigende Gefahr für hochwertige Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit bestehe. Für eine konkrete Einsturzgefahr gebe es aber keine Hinweise. Das Sachverständigengutachten spreche nur von einer mittelfristigen Beeinträchtigung und enthalte keine Hinweise auf Anzeichen für eine Einsturzgefahr. Auch vom Kläger selbst seien keine derartigen Anzeichen, beispielsweise Verformungen der Mauer, vorgetragen worden. Das Landratsamt habe daher ermessensfehlerfrei den klägerischen Antrag mit der Erwägung abgelehnt, dass eine konkrete Einsturzgefahr nicht erkennbar sei, sodass ein bauordnungsrechtliches Einschreiten aus Sicherheitsgründen nicht geboten sei.

Auch dem hat die Zulassungsbegründung nichts Substanziiertes entgegenzusetzen. Die Rechtsanwendung des Verwaltungsgerichts bezüglich der Voraussetzungen einer Ermessensreduzierung auf null im Anwendungsbereich von Art. 75, Art. 76 BayBO deckt sich mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs. Danach ist dem Nachbarn unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ein Rechtsanspruch auf Einschreiten nur bei hoher Intensität der Störung oder Gefährdung des Nachbarn zuzubilligen. Das ist der Fall, wenn die von der (potenziell) rechtswidrigen baulichen Anlage ausgehende Beeinträchtigung des Nachbarn einen erheblichen Grad erreicht und die Abwägung mit dem Schaden des Bauherrn ein deutliches Übergewicht der nachbarlichen Interessen ergibt (vgl. BayVGH, B.v. 21.1.2002 – 2 ZB 00.780 – juris Rn. 2; vgl. auch BayVerfGH, E.v. 3.12.1993 – Vf. 108-VI-92 – NVwZ-RR 1994, 631 = juris Rn. 26; vgl. auch BVerwG, U.v. 4.6.1996 – 4 C 15.95 – NVwZ-RR 1997, 271 = juris Rn. 17; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 76 Rn. 490 m.w.N.), insbesondere wenn eine unmittelbare, auf andere Weise nicht zu beseitigende Gefahr für hochrangige Rechtsgüter wie Leben oder Gesundheit droht oder sonstige unzumutbare Belästigungen abzuwehren sind (Bay VGH München, B.v. 9.9.2009 – 15 ZB 08.3355 – juris Rn. 9 m.w.N.). Der Vortrag des Klägers in der Zulassungsbegründung, die streitgegenständliche Stützmauer sei formell und materiell illegal und verletze ihn in seinen Rechten, genügt mithin nicht, um einen strikten Anspruch wegen Ermessensreduzierung zu begründen. Der Kläger setzt sich im Übrigen – worauf sowohl der Beklagte als auch der Beigeladene im Zulassungsverfahren zu Recht hingewiesen haben – mit den einzelnen Erwägungen des Verwaltungsgerichts speziell zur fehlenden k o n k r e t e n Einsturzgefahr und zur deswegen fehlenden Ermessensreduzierung nicht konkret auseinander. Ebenso ist nicht ersichtlich, warum das vom Verwaltungsgericht angenommene Fehlen einer konkreten Einsturzgefahr ein sachwidriges und daher ermessensfehlerhaftes Argument sein könnte, um ein bauordnungsrechtliches Einschreiten nach Art. 76 Satz 1 VwGO abzulehnen. Auch insofern fehlt es an jeglicher Darlegung, warum die ausführlich in Auseinandersetzung mit dem vorgelegten Sachverständigengutachten erfolgte Grundannahme in den Entscheidungsgründen, es liege tatsächlich keine konkrete Einsturzgefahr vor, falsch sein könnte. Aufgrund derselben Erwägungen genügen die Einwendungen des Klägers nicht, um begründen zu können, warum die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils hinsichtlich seiner subsumierenden Ausführungen zu Art. 54 Abs. 4 BayBO ernstlich zweifelhaft sein könnte.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen. Aus den Erwägungen zu 1. ergibt sich, dass nach Maßgabe des Vortrags des Klägers im Zulassungsverfahren weder die Verwirkungsfrage noch Fragen rund um die Ermessensausübung bzw. um eine vom Kläger behauptete Ermessensreduzierung auf null eine überdurchschnittliche, das normale Maß nicht unerheblich übersteigende Schwierigkeit begründen. Die grundsätzlichen Fragen zur Verwirkung auch und gerade im öffentlichen Baunachbarrecht sind geklärt, vgl. oben zu 1. Auch aus dem Umstand, dass das Verwaltungsgericht von einer Einzelrichterübertragung abgesehen hat, lässt sich ein Schluss auf besondere Schwierigkeiten gem. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht begründen (BayVGH, B.v. 17.11.2016 – 7 ZB 16.550 – juris Rn. 6).

3. Eine Zulassung der Berufung kommt schließlich nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO in Betracht. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie eine im angestrebten Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat, wobei zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 5, Abs. 5 Satz 2 VwGO) die Frage nicht nur auszuformulieren, sondern zudem auch substanziiert auszuführen ist, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr eine Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird (BayVGH, B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 33 ff. m.w.N.; B.v. 3.1.2018 – 15 ZB 16.2309 – juris Rn. 21).

Der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfrage,

„unter welchen Voraussetzungen es auch bei längerem Zuwarten letztlich nicht zur Verwirkung des Rechts eines Nachbarn auf bauaufsichtliches Einschreiten kommt (…), wenn (…) nach den besonderen Umständen der Sachlage davon auszugehen ist, dass die Tragweite sowie die schwerwiegenden und nachhaltigen Folgen einer illegalen Baumaßnahme nicht schon bei der Durchführung, sondern erst später, möglicherweise (…) mehrere Jahre später in vollem Umfang erkennbar werden“,

kommt keine grundsätzliche Bedeutung im vorgenannten Sinn zu. Die Voraussetzungen für die Verwirkung nachbarlicher Ansprüche auf bauaufsichtsrechtliches Einschreiten sind in der Rechtsprechung hinreichend geklärt, s.o. 1 a). Ob die Voraussetzungen im Einzelfall gegeben sind, ist rechtsgrundsätzlicher Klärung nicht zugänglich, betrifft m.a.W. keine grundsätzliche Frage (vgl. BVerwG, B.v. 3.8.2010 – 4 B 8.10 – juris Rn. 4; B.v. 5.9.2014 – 4 B 35.14 – juris Rn. 4 m.w.N.). Einen darüber hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf. Insbesondere fehlt es auch insofern an einer substanziierten Durchdringung des Prozessstoffs und der tragenden Argumentation des Verwaltungsgerichts und damit an einer ordnungsgemäßen Geltendmachung des Zulassungsgrunds am Maßstab von § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO. Denn auch insofern ist ausschlaggebend, dass das Verwaltungsgericht die Verwirkung nur herangezogen hat, um einen Anspruch auf bauordnungsrechtliches Einschreiten wegen einer Verletzung des Abstandsflächenrechts (Art. 6 BayBO) gegenüber dem Kläger abzulehnen. Es ist aber weder offensichtlich noch im Einzelnen vom Kläger nachvollziehbar dargelegt worden, dass gerade die vom Schutzzweck des Abstandsflächenrechts umfassten Auswirkungen auf ihn nach Errichtung der Mauer im Jahr 2009 zunächst nicht hätten beurteilt werden können [s.o. 1 a) ].

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit (§ 162 Abs. 3 VwGO), dass der Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen trägt. Der Beigeladene hat sich mit dem Vorbringen des Klägers im Zulassungsantrag näher auseinandergesetzt und dabei mit zutreffender Argumentation zur Verfahrensförderung beigetragen (vgl. BayVGH, B.v. 6.2.2017 – 15 ZB 16.398 – juris Rn. 76 m.w.N.). Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57) und folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.

5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I. Der Antragsteller wendet sich gegen Erteilung einer Baugenehmigung durch das Landratsamt Aschaffenburg für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit Stellplätzen an den Beigeladenen.

Die Beigeladenen sind Eigentümer der FlNr. .../... Gemarkung S., das im Osten an die S.-gasse und im Süden an die W...straße grenzt. Der Antragsteller ist Eigentümer des westlich gelegenen Grundstücks FlNr. ... Gemarkung S., das mit zwei Wohngebäuden bebaut ist. Das südöstlich gelegene (Altbestands-)Gebäude hält dabei in Folge einer Grundstücksteilung im Jahr 1974 an seiner Nordostecke nur einen Abstand von 0,5 m zur Grenze des Grundstücks der Beigeladenen ein.

Mit Unterlagen vom 30. Dezember 2015 beantragten die Beigeladenen die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit fünf Wohneinheiten und neun Stellplätzen auf dem Grundstück FlNr. .../... Gemarkung S. Das Landratsamt Aschaffenburg erteilte hierzu mit Bescheid vom 21. Juni 2016 die Baugenehmigung.

Gegen den Baugenehmigungsbescheid hat der Antragsteller mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 25. Juli 2016 Klage (Az. W 4 K 16.754) erheben lassen, über die noch nicht entschieden ist. Mit Schreiben vom 7. September 2016 hat er zudem vorläufigen Rechtsschutz beantragen lassen, den das Verwaltungsgericht Würzburg mit Beschluss vom 20. September 2016 abgelehnt hat. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, dass sich der Antragsteller nicht auf einen Verstoß gegen das Abstandsflächenrecht berufen könne und eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften des Bauplanungsrechts nicht erkennbar sei. Es werde gegenüber dem Antragsteller weder der Gebietserhaltungsanspruch noch das Gebot der Rücksichtnahme verletzt. Die Kammer gehe dabei anders als der Antragsteller auch nicht davon aus, dass es infolge der Teilung des Grundstücks zu einer Erstreckung der Abstandsflächen des südöstlichen Gebäudes auf FlNr. ... Gemarkung S. auf das Baugrundstück gekommen sei.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde.

Er beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 20. September 2016 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage des Antragstellers vom 25. Juli 2016 gegen den Bescheid des Landratsamts Aschaffenburg vom 21. Juni 2016 anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Beigeladenen beantragen ebenfalls,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakte verwiesen.

II. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf die die Prüfung im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt, weil die Klage des Antragstellers voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Die angefochtene Baugenehmigung vom 21. Juni 2016 verstößt - worauf es allein ankommt - nicht gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, die zumindest auch dem Schutz des Antragstellers zu dienen bestimmt sind.

1. Die Frage, ob die Abstandsflächen durch das Bauvorhaben eingehalten werden, ist für die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Klage nicht entscheidungserheblich.

Eine Verletzung von Nachbarrechten, insbesondere eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme durch die angefochtene Baugenehmigung kommt nur insoweit in Betracht, als die gerügte Rechtsverletzung auch Gegenstand des Prüfprogramms im Baugenehmigungsverfahren war. Die angefochtene Baugenehmigung wurde ausweislich des Genehmigungsbescheids im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nach Artikel 68 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Art. 59 BayBO erteilt. Die Feststellungswirkung der Baugenehmigung ist deshalb auf die in Art. 59 Satz 1 BayBO genannten Kriterien beschränkt. Die Prüfung der Abstandsflächenvorschriften nach Art. 6 BayBO ist darin nicht vorgesehen; eine Abweichung (Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO) wurde weder beantragt noch erteilt. Eine Verletzung von Nachbarrechten der Antragstellerin durch die angefochtene Baugenehmigung wegen Nichteinhaltung von Abstandsflächen kommt deshalb nicht in Betracht (vgl. BayVGH, B. v. 8.8.2016 - 9 ZB 14.2808 - juris Rn. 9).

Dies gilt auch, soweit der Antragsteller auf eine Prüfung der Abstandsflächen im Rahmen des Rücksichtnahmegebots abstellt. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass alleine eine - unterstellte - Verletzung der Abstandsflächenvorschriften eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots indizieren würde (BayVGH, B. v. 23.3.2016 - 9 ZB 13.1877 - juris Rn. 7 m. w. N.). Soweit das Verwaltungsgericht die Abstandsflächenvorschriften prüft und hierzu Ausführungen macht, sind diese nicht entscheidungserheblich (vgl. BayVGH, B. v. 8.8.2016 - 9 ZB 14.2808 - juris Rn. 9).

2. Der Antragsteller kann sich auch im Übrigen nicht mit Erfolg auf eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme berufen.

Maßgebend für die Frage der Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme durch das Bauvorhaben des Beigeladenen gegenüber dem Antragsteller sind die Umstände des Einzelfalls (vgl. BVerwG, U. v. 20.12.2012 - 4 C 11.11 - juris Rn. 32). Das Verwaltungsgericht ist hierbei im Rahmen einer Würdigung der Gesamtumstände zu dem Ergebnis gekommen, dass das genehmigte Bauvorhaben gegenüber dem Antragsteller nicht rücksichtslos ist. Hiergegen ist auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nichts zu erinnern.

a) Soweit der Antragsteller eine Rücksichtslosigkeit des Vorhabens wegen Einsichtnahmemöglichkeit geltend macht, bleibt die Beschwerde erfolglos. Das Gebot der Rücksichtnahme schützt grundsätzlich nicht vor der Möglichkeit, in andere Grundstücke von benachbarten Häusern aus Einsicht nehmen zu können (BayVGH, B. v. 23.4.2014 - 9 CS 14.222 - juris Rn. 13 m. w. N.). Eine Ausnahmesituation ist hier trotz des geringen Abstandes des genehmigten Wohngebäudes zur Grundstücksgrenze von 3,50 m an der engsten Stelle aufgrund der örtlichen Gegebenheiten, wie sie sich ausweislich der in den Akten befindlichen Bilder, Lagepläne und Luftbilder darstellt, nicht ersichtlich. Der Antragsteller kann sich auch nicht darauf berufen, ihm werde durch das Bauvorhaben die Aussicht nach Osten genommen (vgl. BayVGH, B. v. 17.6.2010 - 15 ZB 09.2132 - juris Rn. 13).

b) Es ist auch nicht von einer erdrückenden Wirkung des genehmigten Mehrfamilienwohngebäudes gegenüber dem Antragsteller auszugehen. Eine solche erdrückende Wirkung kommt vor allem bei nach Höhe und Bauvolumen übergroßen Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (vgl. BayVGH, B. v. 8.8.2016 - 9 ZB 14.2808 - juris Rn. 6). Dies ist hier ausweislich der vorliegenden Baupläne und Bilder nicht der Fall. Beim Vergleich des Bauvolumens ist dabei nicht allein auf die Abmessungen des geplanten Wohngebäudes im Verhältnis zu den einzelnen Gebäuden des Antragstellers abzustellen, sondern der gesamte Gebäudekomplex auf dem Grundstück des Antragstellers zu berücksichtigen. Abgesehen davon sind über eine Sichtbeeinträchtigung und mögliche Verschattung hinaus aber mit dem Bauvorhaben keine Beeinträchtigungen verbunden, wie sie regelmäßig mit baulichen Anlagen und deren Nutzung einhergehen (vgl. BayVGH, B. v. 3.5.2011 - 15 ZB 11.286 - juris Rn. 13). Zudem befindet sich das genehmigte Bauvorhaben nur im Osten des Grundstücks des Antragstellers, während im Westen und Norden jeweils eine (annähernde) Grenzbebauung besteht, der Süden jedoch frei bleibt. Die örtliche Situation mag daher für den Antragsteller unbefriedigend sein, „eingemauert“ oder „erdrückt“ wird er von dem Vorhaben der Beigeladenen jedoch nicht.

c) Schließlich ist die vom Antragsteller angeführte Wertminderung seines Grundstücks als Folge der Ausnutzung der einem Dritten erteilten Baugenehmigung kein Maßstab dafür, ob Beeinträchtigungen zumutbar sind oder nicht (BayVGH, B. v. 28.1.2016 - 9 ZB 12.839 - juris Rn. 24 m. w. N.). Ein allgemeiner Rechtssatz, dass der Einzelne einen Anspruch darauf hat, vor jeglicher Wertminderung bewahrt zu bleiben, besteht nicht (vgl. BayVGH, B. v. 1.3.2016 - 15 CS 16.244 - juris Rn. 24). Anhaltspunkte für eine unzumutbare Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten des Grundstücks des Antragstellers sind weder dargelegt noch ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladenen ihre außergerichtlichen Kosten erstattet erhalten (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i. V. m. Nr. 9.7.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit und folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.