Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 27. Juli 2016 - AN 9 K 14.01599

bei uns veröffentlicht am27.07.2016

Tenor

1. Der Bescheid der Stadt ... vom 2. Februar 2016 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag auf Erlass eines Rückbaubescheides hinsichtlich der Terrassenüberdachung und des Terrassenaufbaus der Beigeladenen an der Grundstücksgrenze zur Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Tatbestand

Die Klägerin verfolgt mit ihrer Klage die Verpflichtung der Beklagten, gegenüber den Beigeladenen einen Rückbaubescheid hinsichtlich deren seitlichen Aufbaus auf der Terrasse und der Anbringung einer Terrassenüberdachung (Wohnraumerweiterung) an der direkten Grundstücksgrenze zur Klägerin zu erlassen.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. ..., Gemarkung ..., das mit einem Reihenmittelhaus bebaut ist. Das direkt angrenzende Reihenendhaus ... auf dem Grundstück FlNr. ..., wird von den Beigeladenen bewohnt. Die Grundstücke der Klägerin und der Beigeladenen befinden sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 1, der als Art der baulichen Nutzung ein allgemeines Wohngebiet und in den planerischen Festsetzungen eine Reihenhausbebauung mit einer Baugrenze, die ca. 5 m südlich der geplanten und errichteten Gebäude verläuft, festsetzt. Nach § 7 Abs. 4 der Bebauungsplansatzung dürfen Einfriedungen entlang privater Grundstücksgrenzen eine Höhe von 1,5 m aufweisen. Abgrenzungen in Form von Spanndraht, Maschengewebe oder Holzmaterial dürfen 1,5 m nicht überschreiten. Einfriedungen entlang öffentlicher Flächen sind in einer maximalen Höhe von 1,0 m zulässig.

Im Mai 2013 errichteten die Beigeladenen an der Grundstücksgrenze zwischen den beiden benachbarten, aneinander grenzenden Terrassen eine Betonmauer mit einer Höhe von 1,8 m auf dem betonierten Terrassenfundament, auf die ein hölzerner Rahmen mit 1,25 m Höhe und Plexiglasverkleidung aufgebracht wurde. Zusammen mit einer Dachkonstruktion über der Terrasse entstand dadurch ein Anbau mit einer Breite von ca. 5,6 m und einer Tiefe von ca. 3,6 m, wobei die Überdachung selbst mit einer Tiefe von ca. 4,3 m darüber hinausragt. Der Anbau weist am Haus eine Höhe von über 3 m auf, am südlichen Ende eine Höhe von 2,3 m (1,7 m Mauer und Aufbau von 0,6 m mit Plexiglas). Die Dachkonstruktion wurde mit Holzbalken, Plexiglas und Blechen verbaut. Zur Einhausung der Terrasse erstreckt sich die grenzständige Mauer L-förmig um das Terrassengelände.

Am 6. Mai 2013 wandte sich die Klägerin wegen der durch die Baumaßnahme verursachten Verschattung ihrer Terrasse an die Bauordnungsbehörde der Beklagten.

Mit Schreiben vom 28. Mai 2013 teilte die Beklagte den Beigeladenen mit, dass hinsichtlich ihres Antrages zur Errichtung einer Terrassentrennwand und einer Terrassenüberdachung gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 1g bzw. Nr. 7a BayBO keine Genehmigung erforderlich sei, da die jeweiligen Höchstmaße laut den Angaben der Beigeladenen eingehalten würden. Demnach dürfe die Terrassentrennwand nur entlang der Terrasse mit einer maximalen Höhe von 2 m ausgeführt werden. Die Überdachung dürfe eine maximale Größe von 30 qm bei einer maximalen Tiefe von 3 m nicht überschreiten. Dem Nachbargrundstück dürfe kein Niederschlagswasser zugeleitet werden.

Mit Schreiben vom 26. August 2013 wandte sich der Klägerbevollmächtigte an die Beklagte mit der Bitte um Mitteilung, wie das Bauamt zu der Maßnahme der Beigeladenen stehe und ob von Seiten der Beklagten ein Einschreiten zu erwarten sei.

Auf erneutes Schreiben vom 23. September 2013, das unbeantwortet blieb, wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 30. Oktober 2013 an den Oberbürgermeister der Beklagten. Mit Schreiben vom 18. Dezember 2013 wandte sich der Klägerbevollmächtigte erneut an die Beklagte, wonach bei einem Gespräch mit dem Oberbürgermeister Hartl klargestellt worden sei, dass es sich bei der Terrasseneinhausung bzw. -überdachung wohl um einen Schwarzbau handele. Dies sei mit nichts zu beschönigen oder zu kaschieren, so dass letztendlich rein rechtlich nur ein konsequenter Rückbau in Betracht komme. Es sei nicht nur das Dach abzunehmen, sondern auch die von dem Nachbarn angebrachte Mauer in der Gestalt, wie sie gebaut wurde, zu entfernen. Um eine klare Aussage dahingehend, ob die Stadt für einen Rückbau sorgen werde oder nicht, werde gebeten.

Mit Schreiben vom 9. Januar 2014 teilte die Beklagte dem Klägerbevollmächtigten mit, dass es sich bei der Terrassenüberdachung der Beigeladenen um ein nicht genehmigtes und ohne nachbarliche Zustimmung auch nicht genehmigungsfähiges Bauvorhaben handele. Deswegen werde die Stadt ... auf einen teilweisen Rückbau hinwirken. Seitens der Stadt ... könne jedoch lediglich gefordert werden, dass die Terrassenüberdachung und die dadurch entstehende Gebäudeerweiterung den Mindestabstand von 3 m zum Nachbargrundstück einhalte. In diesem Fall sei sie auch mit einer Tiefe von 4 m ohne Zustimmung der Nachbarn genehmigungsfähig. Die bestehende Mauer sei nach Auffassung der Beklagten nicht zu beanstanden, da sie nicht höher als 2 m gemessen ab dem Baugrundstück sei.

Gegenüber den Beigeladenen teilte die Beklagte mit Schreiben vom 9. Januar 2014 mit, dass auf dem Grundstück der Beigeladenen eine rechtswidrige Grenzbebauung festgestellt worden sei. Es handele sich um eine Terrassenüberdachung aufgesetzt auf eine Grenzwand. Diese baulichen Anlagen bildeten ihrem Wesen nach einen neuen Gebäudeteil. Nach dem gesamten Erscheinungsbild handele es sich um eine Wohnraumerweiterung, so dass nicht mehr von verfahrensfreien Bauteilen gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 1g bzw. 7a BayBO ausgegangen werden könne. Diese Gebäudeerweiterung sei ohne Erteilung einer Genehmigung errichtet worden und ohne Zustimmung des Nachbarn auch nicht genehmigungsfähig, da insbesondere die nach Art. 6 BayBO erforderlichen Abstandsflächen nicht eingehalten würden. Auch bei Reihenhäusern müssten Gebäudeteile, die wesentlich über den einheitlichen Reihenhausbaukörper hinausgingen, die erforderlichen Abstandsflächen zum Nachbargrundstück einhalten. Eine Abweichung von dieser Vorschrift könne nur mit Zustimmung des Nachbarn erteilt werden. Zur Erteilung einer Genehmigung für die Gebäudeerweiterung sei eine Einigung mit den Nachbarn zwingend erforderlich. Nur mit Zustimmung des Nachbarn könne die Stadt ... eine Abweichung von den abstandsflächenrechtlichen Vorgaben erteilen. Soweit keine Einigung erzielt werden könne, sei der Teil der Terrassenüberdachung, der den Mindestabstand zur Grenze von 3 m nicht einhalte, zu beseitigen. Den Beigeladenen wurde eine Äußerungsfrist bis zum 21. Februar 2014 gesetzt.

Mit Schreiben vom 22. Januar 2014 teilte der Klägerbevollmächtigte mit, bei der grenzständigen Mauer handele es sich um eine ortsunübliche Sichtschutzeinrichtung, die nicht genehmigungsfähig sei. Die Mauer stehe nur auf einer 50 cm breiten und ca. 15 cm starken Betonplatte. Armierungen seien nicht vorhanden. Es bestehe somit die erhebliche Gefahr, dass die Mauer umstürzen könne. Eine ausreichende Standfestigkeit sei nicht nachgewiesen.

Der Klägerbevollmächtigte wandte sich mit Schreiben vom 3. Juli 2014 erneut an den Oberbürgermeister der Beklagten mit der Bitte auf einen Bescheid hinzuwirken. Es sei in keiner Weise zu verstehen, dass sich das Verfahren nun nahezu ein Jahr lang hinziehe, ohne dass es zu einer Entscheidung komme.

Mit Schreiben vom 16. Juli 2014 bekräftigte der Oberbürgermeister der Beklagten die grundsätzliche Priorität einer gütlichen Einigung. Mit Schreiben vom 2. Oktober 2014 bekräftigte auch der Beigeladenenvertreter sein Interesse an einer gütlichen Einigung.

Am 2. Oktober 2014 hat die Klägerin durch Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 1. Oktober 2014 Klage auf bauaufsichtliches Einschreiten erhoben. Zur Begründung wird ausgeführt, südlich der Reihenhausbebauung habe sich in der Vergangenheit zwischen sämtlichen Grundstücken bislang lediglich ein Trenn-/Sichtschutz aus Holz befunden. Dies sei ortsüblich und seit mindestens 30 Jahren so angebracht. Die Bebauung der Beigeladenen füge sich nicht in das Erscheinungsbild ein und bewirke eine erhebliche Beschattung für das klägerische Grundstück. Auf den umfangreichen Schriftwechsel sei bis heute keine adäquate Antwort seitens der Beklagten erfolgt. Die Klägerin verfolge bauaufsichtliches Einschreiten gegen einen unmittelbar an der Grenze errichteten Anbau. Der Ermessensspielraum der Behörde sei auf Null reduziert. Es handele sich im vorliegenden Fall um einen materiell erheblich ins Gewicht fallenden Verstoß und eine spürbar nachhaltige Beeinträchtigung der Klägerin. Es sei zwischenzeitlich ein Zeitraum von nahezu 1,5 Jahren vergangen, in dem die Behörde nicht tätig geworden sei. Die Mindestabstandsfläche von 3 m nach Art. 6 Abs. 5 BayBO werde nicht eingehalten. Eine Ausnahme von den Abstandsflächen liege nur insoweit vor, als Abstandsflächen aufgrund der baulichen Art, insbesondere der Reihenhausbebauung, anderweitig zu berücksichtigen seien. Dies sei hier zwar gegeben, jedoch nur bezogen auf die Wohnhäuser. Sämtliche Anbauten, soweit diese getätigt würden, fielen unter entsprechende Abstandsregelungen. Auch sei gerade im Bereich der Reihenhausbebauung von besonderen gestalterischen Voraussetzungen und Einwirkungen auf den Nachbarn auszugehen, da typischerweise hier im Verhältnis zu freistehenden Einfamilienhäusern aufgrund der schmalen Grundstücksbreiten von ca. 6 m sich entsprechend extreme Auswirkungen auf den Nachbarn ergäben. Die Terrassenbreite betrage letztlich nur 6 m. Die Klägerin habe somit nahezu keine Ausweichmöglichkeit, um dem durch die Baumaßnahmen geschaffenen Schatten und Sichtwall durch die Nachbarn zu entgehen. Es handele sich somit um eine wesentliche Beeinträchtigung auf der klägerischen Terrasse. Es handele sich letztendlich nahezu um eine Einhausung der eigenen Terrasse, die nicht hinnehmbar sei und dem nachbarlichen Rücksichtnahmegebot widerspreche. Auch sei die Grenzmauer in der Art und Weise errichtet, dass die Mauer, die den Treppenabgang der Klägerin stütze, von dieser nun nicht mehr entfernt bzw. gewartet oder repariert werden könne, da die Mauer des Nachbarn über diese Mauer hinausrage und sich letztlich an dem Fundament der Mauer der Klägerin abstütze. Gemessen vom ehemaligen Niveau der Terrasse ohne die Erhöhung durch das Betonfundament von ca. 15 cm bis 20 cm ergebe sich eine Höhe der Mauer nebst Dachkonstruktionsaufbau von weit mehr als 2 m. Auch diese wäre als Grenzbebauung somit genehmigungspflichtig. Die Beklagte habe bei ihrem bisherigen Vorgehen in keiner Weise die Belange der Klägerin und die besondere Situation durch die Reihenhausbebauung und die erhöhte Rücksichtnahmepflicht berücksichtigt.

Die Klägerin beantragt mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2014,

die Beklagte zu verpflichten, gegen die Beigeladenen einen Rückbaubescheid hinsichtlich des Aufbaus auf der Terrasse und der Anbringung einer Terrassenüberdachung an der Grundstücksgrenze zu der Klägerin zu erlassen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird ausgeführt, der Klägerin stehe kein Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten gegenüber den Beigeladenen zu. Im Kern gehe es um einen schwelenden Nachbarschaftsstreit mit einer Vielzahl von zwischen den Parteien streitigen Punkten. Seitens der Beklagten sei von Anfang an der Versuch unternommen worden, auf eine einvernehmliche Regelung zwischen den Parteien hinzuwirken. Nach Auffassung der Beklagten sei auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt allein eine Besprechung der gesamten nachbarrechtlichen Problematik geeignet, eine nachhaltige Befriedung der Angelegenheit herbeizuführen.

Entgegen der Ausführungen im Klageschriftsatz bestehe für die streitgegenständlichen Grundstücke ein Bebauungsplan. Eine Ermessensreduzierung auf Null liege nicht vor. Eine Ermessensreduzierung sei nur dann anzunehmen, wenn eine unzumutbare, auf andere Weise nicht zu beseitigende Gefahr für hochwertige Rechtsgüter für Leben und Gesundheit drohten oder sonst unzumutbare Belästigungen abzuwehren seien (mit Verweis auf BayVGH v. 18.6.2008

- 9 ZB 07.497). Allein der Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften führe für sich gesehen noch nicht zu einer Ermessensreduzierung auf Null und zu einer Verpflichtung der Bauaufsichtsbehörde zum Einschreiten. Es werde nicht verkannt, dass die Verpflichtung zum bauaufsichtlichen Einschreiten auch dann bejaht werde, wenn ein erhebliches Übergewicht der nachbarlichen Interessen vorliege, wie z. B. bei einer massiven Verletzung der Abstandsflächen (mit Verweis auf Simon/Busse, BayBO, Art. 76 Rn. 491). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe eine solche Konstellation im Falle einer Überschreitung der Abstandsflächen auf einer Gesamtlänge von rund 19 m einer Außenwand für einen zweigeschossigen Anbau angenommen. Angesichts des vorliegenden Umfangs der Beeinträchtigung könne von einer solchen Konstellation hier nicht ausgegangen werden. Zu berücksichtigen sei, dass vorliegend das streitgegenständliche Grundstück sich im Geltungsbereich eines Bebauungsplans befinde und sich der Anbau noch im Bereich der im Bebauungsplan vorgesehenen Baugrenzen halte. Zudem müsse vorliegend davon ausgegangen werden, dass hier allenfalls ein Teilrückbau in Betracht komme. Gerade die Frage des Umfangs eines notwendigen Rückbaus solle jedoch zwingend unter Einbeziehung der Nachbarn und der weiteren nachbarstreitigen Probleme besprochen werden.

Die Beigeladenen beantragen,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird ausgeführt, dass es sich um einen seit Jahren schwelenden Nachbarrechtsstreit mit einer Vielzahl von Differenzen handele. Auch der Bevollmächtigte der Beigeladenen habe sich an den Klägerbevollmächtigten wegen nachbarrechtlicher Verstöße gewandt (errichtete Box im Vorgarten seitens der Klägerin, Holzablagerungen der Klägerin im Grenzbereich sowie überragende Sträucher und Bäume). Vor Realisierung der Baumaßnahme hätten die Beigeladenen gegenüber der Beklagten um Auskunft gebeten, ob die Baumaßnahme durchgeführt werden dürfe. Die Beklagte habe mit Schreiben vom 28. Mai 2013 geantwortet, dass keine Genehmigung erforderlich sei und die entsprechenden Arbeiten durchgeführt werden könnten. Aus dem geführten Schriftverkehr ergebe sich, dass die Beklagte stets versucht habe, zwischen den Parteien zu vermitteln, wobei insbesondere das an sich widersprüchliche Verhalten der Stadt ... im Zusammenhang mit der Durchführung der nunmehr monierten Bauarbeiten geklärt werden sollte. Die Voraussetzung für eine Untätigkeitsklage lägen nicht ansatzweise vor. Die Klägerin wolle vielmehr die Stadt ... für sich instrumentalisieren und einen Bescheid erzwingen, der ihr im Rahmen der schwelenden Nachbarstreitigkeiten Oberwasser geben solle.

Die Maße und die Bauausführung, wie sie in der Klagebegründung beschrieben seien, entsprächen nicht der Richtigkeit. Die weitere Bauausführung hätten die Beigeladenen mit der Stadt ... abgesprochen und von dieser „grünes Licht“ erhalten. Die streitgegenständliche Baumaßnahme sei wie sie durchgeführt worden sei, nicht genehmigungspflichtig.

Mit Schriftsatz vom 29. Juli 2015 führte die Beklagte ergänzend aus, ein Anspruch auf Erlass einer Baubeseitigungsanordnung gemäß Art. 76 BayBO bestehe nicht. Gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO seien Abstandsflächen nicht erforderlich vor Außenwänden, die an Grundstücksgrenzen errichtet werden, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden dürfe. Insofern werde deutlich, dass die Bestimmung des Abstandsflächenrechts bei planungsrechtlicher Gestattung zum Grenzanbau nachrangig seien. Durch die Festsetzung der Baugrenzen werde zugelassen, dass bei einer Reihenhausbebauung einzelne Elemente an die seitliche Grundstücksgrenze angebaut werden dürften. In der Zulassung dieses Grenzanbaus im Inneren der Hausgruppe liege die entscheidende Bedeutung der Aufnahme der Reihenhausbebauung in die offene Bauweise (mit Verweis auf Simon/Busse, BayBO, Art. 6 Rn. 44). Anerkannt sei ferner, dass bei Bestehen eines Bebauungsplans für Doppelhäuser bzw. Hausgruppen die Abstandsflächen bzw. die Zulässigkeit eines versetzten Anbaus durch die überbaubare Grundstücksfläche und die vorgegebene Höhenentwicklung gesteuert werde (mit Verweis auf Simon/Busse, Art. 6 Rn. 53). Bei den Regelungen im Bebauungsplan unter § 7 handele es sich um Normierungen zur Gestaltung der Außenanlagen. Es gehe hier nicht um die Regelung einer nach den Baugrenzen und der überbaubaren Grundstücksfläche zulässigen Grenzbebauung. Mangels materieller Illegalität bestehe mithin kein Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten.

Mit Schriftsatz vom 6. Juli 2015 verweist der Klägerbevollmächtigte darauf, dass als Trennung zwischen den benachbarten Terrassen ursprünglich zwischen den Parteien ein Holzsichtschutzzaun in einer Höhe von 1,8 m und einer Länge von 3,6 m auf dem Betonteil aufgebracht worden sei, der die Treppe im Abgang zum hinteren Eingang des Hauses an der Terrasse abstütze. Ausweislich des Bebauungsplans dürfe eine Grenzbebauung, ein Zaun oder ähnliches maximal 1,5 m hoch sein. Die aufgebrachte Konstruktion erstrecke sich über eine Tiefe von 4,2 m und habe an dem einen Ende zum Garten hin eine Höhe von mindestens 2 m sowie am anderen Ende an der Hausfassade eine Höhe von 3,4 m. Es liege mithin eine massive Beeinträchtigung vor. Auch sei zu berücksichtigen, dass im Hinblick auf die zugelassene Grenzbebauung von 9 m gemäß BayBO die Reihenhäuser bereits eine Tiefe von 11 m hätten, die dazugehörige Garage nochmals 5 m betrage und somit bereits eine Grenzbebauung von 16 m vorliege. Dies im Hinblick auf eine Grundstücksgröße von ca. 240 qm. Die Untätigkeit der Beklagten sei nicht verständlich, zumal klägerseits eindeutig zum Ausdruck gebracht worden sei, dass eine einvernehmliche Regelung nicht gewünscht werde.

Mit Schriftsatz vom 20. Januar 2016 führt die Beklagte ergänzend aus, vorliegend trete ein untergeordneter Anbau zur Hausgruppe hinzu, der nur dazu diene, die Terrasse längere Zeit im Jahr nutzen zu können. Deshalb würden die engeren Wechselbeziehungen des nachbarlichen Austauschverhältnisses gerade nicht einseitig aufgehoben, sondern die harmonische Beziehung der Gebäude bleibe bestehen. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang auch die Umgebungsbebauung. Zwar befänden sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans selbst keine vergleichbaren Fälle. Bei einer Betrachtung des gesamten Wohngebietes fänden sich vergleichbare Beispiele mit ähnlichen Vor- und Rücksprüngen innerhalb von Hausgruppen. Die Vergleichsbeispiele zeigten, dass eine Abgrenzung in vergleichbaren Gebäudekonstellationen nicht unüblich sei und auch überwiegend nicht als störend wahrgenommen werde. Die Voraussetzungen für den Erlass einer Beseitigungsanordnung lägen daher nicht vor.

Mit Bescheid vom 2. Februar 2016 lehnte die Beklagte gegenüber der Klägerin ein bauaufsichtliches Einschreiten gegenüber den Beigeladenen wegen des errichteten Terrassenanbaus ab. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, ein Erlass auf die beanspruchte Beseitigungsanordnung bestehe nicht, da die bauliche Anlage zwar formell baurechtswidrig sei, da sie ohne erforderliche Baugenehmigung errichtet worden sei, der Anbau jedoch materiell rechtmäßig sei. Der Anbau halte sich innerhalb der Baugrenzen des Bebauungsplans. Das bauordnungsrechtliche Abstandsflächenrecht werde nicht beeinträchtigt. Zwar sei das Abstandsflächenrecht vorliegend nicht eingehalten, da der Anbau auf der Grenze errichtet worden sei. Dies sei auch nicht mehr durch die Bauweise als Reihenhaus gerechtfertigt. Reihenhäuser seien dadurch gekennzeichnet, dass sie wechselseitig ohne Grenzabstände errichtet werden und dadurch eine Schicksalsgemeinschaft eingingen. Somit müsse jeder Reihenhauseigentümer die Grenzbebauung des Nachbarn dulden. Dies gelte aber nur, soweit die Grenzbebauung wechselseitig in gleichem bzw. vergleichbarem Umfang erfolge. Dabei seien geringfügige Vor- und Rücksprünge bzw. Staffelungen zulässig. Der neu errichtete Anbau überschreite diesen Rahmen, da an den übrigen Häusern nach wie vor nur Terrassen und allenfalls Sichtschutzzäune aus Holz vorhanden seien. Diese Überschreitung durch die vorhandene Bebauung vorgegebenen Rahmens werde jedoch durch Art. 6 Abs. 5 Satz 3 BayBO legitimiert, der explizit den Vorrang von bauplanungsrechtlichen Regelungen vor dem Abstandsflächenrecht festsetze. Weil sich der Anbau innerhalb der Baugrenzen des Bebauungsplans befinde, sei die Außenwand in dieser Länge noch von der städtebaulichen Satzung zugelassen. Somit sei der Anbau noch als von der Schicksalsgemeinschaft der Reihenhausbebauung umfasst anzusehen und ohne Einhaltung von Abstandsflächen zulässig. Dafür spreche auch, dass der Anbau den Rahmen nur maßvoll überschreite. Auch unter Hinzutreten des Anbaus handele es sich noch um eine bauliche Einheit und damit eine Hausgruppe, weil der Anbau nur untergeordnet sei. Er sei lediglich erdgeschossig mit Flachdach und zudem nicht als Massivbau, sondern nur als teilweise geschlossene Holzkonstruktion ausgeführt und diene lediglich dazu, die Terrasse längere Zeit im Jahr nutzbar zu machen. Die engen Wechselbeziehungen des nachbarlichen Austauschverhältnisses würden dadurch gerade nicht einseitig aufgehoben, sondern die harmonische Beziehung der Gebäude bleibe bestehen. Auf Vergleichsfälle im angrenzenden Wohngebiet wird verwiesen.

Mit Schreiben vom 25. Februar 2016 teilte der Klägerbevollmächtigte mit, die als Untätigkeitsklage erhobene Klage als Verpflichtungsklage fortzuführen. Es sei nicht zutreffend, dass die Terrasse lediglich nur 5,6 m breit sei. Die Anwesen seien sämtlich 6 m breit, daher sei auch der Anbau 6 m breit. Auch sei der Anbau nicht wie von der Beklagten ausgeführt 3,6 m tief. Vielmehr weise der Anbau eine Tiefe von 4 m auf. Mit dem Dachüberstand ergäben sich sogar 4,3 m. Soweit die Beklagte bereits selbst feststelle, dass eine formell rechtswidrige Baumaßnahme vorliege, sei gerade das Ermessen insoweit reduziert, als dass ein Einschreiten der Beklagten erforderlich und notwendig sei. Aus dem Bebauungsplan ergebe sich, dass eine Grenzbebauung, ein Zaun oder ähnliches maximal 1,5 m hoch sein dürfe. Gestattet sei der bislang bestehende Sichtschutzzaun gewesen, der jedoch eine Länge von 3,6 m und eine Höhe von 1,8 m hatte. Dieser habe insbesondere, da der derzeitige Erweiterungsbau zur Seite der Klägerin hin noch nicht einmal verputzt sei, gestalterisch ein deutlich anderes Bild ergeben. Auch das angebliche Vorliegen eines Baufensters reiche vorliegend nicht aus. Die nachbarschützende Vorschrift im Hinblick auf die Grenzbebauung verlange dennoch ein Abstandhalten von mindestens 3 m zur Grenze. Die Schicksalsgemeinschaft der Reihenhäuser decke nicht eigenmächtige Erweiterungen. Gerade bei einer Reihenhausbebauung gälten andere erhöhte Anforderungen an das gegenseitige Rücksichtnahmegebot, da man extrem eng aufeinander sitze. Die Überschreitung der vorhandenen Bebauung werde nicht durch Art. 6 Abs. 3 BayBO legitimiert. Die Baugrenze selbst sei im Hinblick auf die Begründung des Bebauungsplans lediglich dafür gedacht gewesen, dass in diesem Bereich die Reihenhäuser selbst gebaut würden, nicht jedoch irgendwelche einseitigen Anbauten. Der streitgegenständliche Anbau überschreite nicht nur maßvoll, sondern extrem, er sei nicht untergeordnet, sondern springe deutlich massiv hervor. Die von der Beklagten angeführten Beispiele seien nicht vergleichbar.

Die Klägerin beantragt mit Schriftsatz vom 25. Februar 2016,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 2. Februar 2016 zu verpflichten, gegen die Beigeladenen einen Rückbaubescheid hinsichtlich des Aufbaus auf der Terrasse und der Anbringung einer Terrassenüberdachung an der Grundstücksgrenze zu der Klägerin zu erlassen.

Das Gericht hat am 4. Mai 2016 durch den beauftragten Richter Beweis durch die Einnahme eines Augenscheins erhoben. Auf die Ergebnisse des Augenscheins wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift und die gefertigten Lichtbilder verwiesen. Hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung am 11. Mai 2016 wird auf die Niederschrift verwiesen.

Mit Beschlüssen vom 2. Oktober 2014 und vom 5. April 2016 wurden die Beigeladenen zum Verfahren beigeladen.

Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung vom 11. Mai 2016 übereinstimmend das Ruhen des Verfahrens zur Durchführung eines Mediationsverfahrens beantragt. Für den Fall eines Scheiterns der Mediation haben die Beteiligten auf weitere mündliche Verhandlung verzichtet.

Nachdem die Klägerin die Durchführung eines Mediationsverfahrens nicht mehr gewünscht hat, haben die Beteiligten das Mediationsverfahren für gescheitert erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorliegende Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verfahrensakten verwiesen.

Gründe

Das Verfahren konnte aufgrund des übereinstimmenden Einverständnisses der Beteiligten

ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die ursprünglich statthaft als Untätigkeitsklage erhobene Klage ist nach Einbeziehung des ablehnenden Bescheides vom 2. Februar 2016 als Versagungsgegenklage zulässig, jedoch nur teilweise begründet. Die Ablehnung eines Einschreitens durch Erlass einer Rückbauverpflichtung gegenüber den Beigeladenen durch Bescheid der Beklagten vom 2. Februar 2016 erweist sich zwar als rechtswidrig und verletzt die Klägerin insoweit in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Mangels Ermessensreduzierung auf Null hat die Klägerin gleichwohl keinen Anspruch auf Erlass eines Rückbaubescheides durch die Beklagte gegenüber den Beigeladenen hinsichtlich des Aufbaus auf der Terrasse und der Anbringung einer Terrassenüberdachung an der Grundstücksgrenze. Die Klägerin kann jedoch wegen der Rechtswidrigkeit der Ablehnung mit Bescheid vom 2. Februar 2016 eine nochmalige Entscheidung über ihren Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts beanspruchen (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Sach- und Rechtslage bei der vorliegenden Verpflichtungs- bzw. Verbescheidungsklage ist grundsätzlich derjenige der mündlichen Verhandlung.

Grundvoraussetzung für einen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten ist, dass der Nachbar durch die bauliche Anlage in seinen Rechten verletzt wird, was einen Verstoß der Anlage gegen nachbarschützende Vorschriften erfordert und infolgedessen die Bauaufsichtsbehörde zum Einschreiten gegen die Anlage berechtigt, weil der Tatbestand der Befugnisnorm und die Eingriffsschranken beachtet sind (vgl. BayVGH, B. v. 28.8.2015 - 9 ZB 13.1876 - juris Rn. 13; U. v. 4.12.2014 - 15 B 12.1450 - juris Rn. 22).

Ein Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten kann sich aus Art. 76 Satz 1 BayBO ergeben. Nach Art. 76 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung von baulichen Anlagen anordnen, die in Widerspruch zu öffentlichrechtlichen Vorschriften errichtet werden, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Die Ausübung dieser Befugnis steht im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde (Art. 40 BayVwVfG). Ein Nachbar, der durch eine rechtswidrig errichtete Anlage in seinen Rechten verletzt wird, hat gegenüber der Behörde grundsätzlich nur einen Anspruch auf ermessensgerechte Entscheidung. Ein Rechtsanspruch auf Einschreiten steht ihm dann zu, wenn das Ermessen aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls zu seinen Gunsten auf Null reduziert ist (vgl. BayVGH, B. v. 4.7.2011 - 15 ZB 09.1237 - juris Rn. 11). Wäre das Ermessen stets schon bei vorliegender Tatbestandsvoraussetzung von Art. 76 Satz 1 BayBO, d. h. bei formeller und materieller Illegalität der baulichen Anlage zugunsten des Nachbarn auf Null reduziert, würde die gesetzgeberische Ausgestaltung als Ermessensnorm leerlaufen (vgl. BayVGH, B. v. 4.7.2011, a. a. O.). Die Frage einer Ermessensreduzierung auf Null zugunsten eines bauaufsichtlichen Einschreitens ist auch bei einer Verletzung nachbarschützender Normen von den konkreten Umständen des Einzelfalles abhängig. Eine solche Ermessensreduzierung wird regelmäßig nur dann anzunehmen sein, wenn die von der rechtswidrigen baulichen Anlage ausgehenden Beeinträchtigung des Nachbarn einen erheblichen Grad erreicht und die Abwägung mit dem Schaden des Bauherrn ein deutliches Übergewicht der nachbarlichen Interessen ergibt (vgl. BayVGH, B. v. 29.3.2011 - 15 ZB 09.412 - juris Rn. 3).

Ein Anspruch der Klägerin auf bauaufsichtliches Einschreiten erfordert dabei zum einen, dass sie durch die bauliche Anlage in nachbarschützenden Rechten verletzt wird, zum anderen, dass das Ermessen der Beklagten sowohl hinsichtlich des „Ob“ (Entschließungsermessen) als auch des „Wie“ (Auswahlermessen) des Einschreitens auf Null reduziert ist. Liegt eine Ermessensreduzierung auf Null - wie vorliegend - nicht vor, besteht lediglich ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung (vgl. BayVGH, B. v. 4.7.2011 - 15 ZB 09.1237 - juris Rn. 11).

Im vorliegenden Fall stellt sich der streitgegenständliche Terrassenanbau mangels Baugenehmigung in formeller Hinsicht als baurechtswidrig dar; wegen Verstoßes gegen die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften nach Art. 6 BayBO erweist sich der Anbau auch in materieller Hinsicht als baurechtswidrig und verletzt insoweit nachbarschützende Normen (vgl. nachfolgend 1.). Der Bauaufsichtsbehörde kommt gleichwohl hinsichtlich des Einschreitens ein Entschließungs- und Auswahlermessen zu; mangels Gravität der beeinträchtigten Nachbarrechte ist das Ermessen jedoch insoweit nicht auf Null reduziert, als die Nachbarrechtsverletzung allein durch eine Beseitigung der baulichen Anlage ausgeräumt werden könnte (vgl. nachfolgend 2.).

1.

Die ablehnende Entscheidung der Beklagten vom 2. Februar 2016 erweist sich insoweit als rechtswidrig, als die bauliche Anlage der Beigeladenen nicht nur in formeller, sondern auch in materieller Hinsicht baurechtswidrig ist und dadurch die Klägerin in eigenen Rechten verletzt.

Der von den Beigeladenen errichtete Terrassenanbau ist in formeller Hinsicht baurechtswidrig, da das Vorhaben baugenehmigungspflichtig ist und ohne Baugenehmigung errichtet wurde (Art. 55 Abs. 1 BayBO). Eine Genehmigungsfreiheit des Vorhabens nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 g) BayBO als Terrassenüberdachung mit einer Fläche bis zu 30 qm und einer Tiefe bis zu 3 m ist unter Berücksichtigung der seitlichen Aufbauten nicht gegeben. Vielmehr ist bei der streitgegenständlichen Terrassenüberdachung verbunden mit den seitlichen Aufbauten von einer baulichen Anlage mit gebäudeähnlicher Wirkung auszugehen. Der Anbau stellt sich gemäß § 2 Abs. 2 BayBO als selbstständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlage dar, die von Menschen betreten werden kann. Auch eine Verfahrensfreiheit als Grenzmauer nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 a) BayBO ist unter Berücksichtigung dessen, dass die seitlichen Aufbauten sich als untrennbarer Teil des Terrassenanbaus, mithin als einheitliche, selbstständige bauliche Anlage darstellen, nicht gegeben. Schließlich könnte es sich beim Terrassenanbau im Hinblick auf die dadurch bezweckten Nutzungsmöglichkeiten gerade angesichts der Überdachung und der teilweisen Seitenwände um eine Erweiterung des Wohnhauses handeln, die genehmigungspflichtig wäre.

Die bauliche Anlage erweist sich wegen Verstoßes gegen das nachbarschützende bauordnungsrechtliche Abstandsflächenrecht auch als materiell baurechtswidrig.

Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 BayBO sind vor den Außenwänden von oberirdischen Gebäuden Abstandsflächen freizuhalten. Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO ist eine Abstandsfläche nicht erforderlich vor Außenwänden, die an Grundstücksgrenzen errichtet werden, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden muss oder gebaut werden darf.

Zu den planungsrechtlichen Vorschriften nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO gehört zwar auch die Festsetzung einer Baulinie nach § 23 Abs. 2 BauNVO. Dagegen sind die Vorschriften über die Baugrenzen für Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO insoweit ohne Belang, als diesen Vorschriften eine unmittelbare Anknüpfung an die jeweilige Grundstücksgrenze fehlt. Bauplanungsrechtliche Festsetzungen über Baugrenzen betreffen lediglich die überbaubaren Flächen der Grundstücke und lassen dabei die Frage offen, ob an die Grundstücksgrenze gebaut werden muss oder darf. Baugrenzen nehmen auf den Abstand eines Gebäudes zur Grundstücksgrenze nur indirekt Einfluss. Reicht eine Baugrenze bis an die Grundstücksgrenze heran, so bedeutet dies, dass wegen des Abstandsflächenrechts diese Fläche womöglich nicht vollständig überbaut werden kann (vgl. Dohm/Franz/Rauscher in Simon/Busse, BayBO, Stand 01/2016, Art. 6 Rn. 49).

Entgegen der Auffassung der Beklagten im ablehnenden Bescheid vom 2. Februar 2016 treten die Abstandsflächenvorschriften nicht hinter die Festsetzungen bezüglich der überbaubaren Grundstücksfläche in einem Bebauungsplan zurück (vgl. VGH BW, B. v. 10.4.1995 - 3 S 608/95 - juris Rn. 5). Da die Baugrenze lediglich eine äußerste Grenze bestimmt, die nicht überschritten werden darf, ein Zurücktreten hinter diese aber erlaubt (vgl. § 23 Abs. 3 Satz 1 BauNVO), werden dadurch die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften nicht berührt und sind weiter zu beachten (vgl. VGH BW, B. v. 10.4.1995, a. a. O.).

Eine abweichende planungsrechtliche Vorschrift ergibt sich auch nicht aus der im Bebauungsplan festgesetzten offenen Bauweise als Hausgruppe gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO. Die Festsetzung der offenen Bauweise betrifft allein die Anordnung der Gebäude auf dem Baugrundstück im Verhältnis zu den seitlichen Grenzen der Nachbargrundstücke. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist ein Doppelhaus im Sinne von § 22 Abs. 2

BauNVO eine bauliche Anlage, die dadurch entsteht, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer baulichen Einheit zusammengefügt werden (vgl. BVerwG, U. v. 24.2.2000 - 4 C 12.98 -

BVerwGE 110, 355; U. v. 19.3.2015 - 4 C 12.14 - BayVBl. 2015, 642; B. v. 14.9.2015 - 4 B 16.15 - juris). Dabei ist das Erfordernis der baulichen Einheit nur erfüllt, wenn die beiden Gebäude in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinander gebaut werden. Die Frage, ob sich ein Anbau an der gemeinsamen Grundstücksgrenze noch innerhalb der baulichen Einheit bewegt, beurteilt sich allein nach dem Merkmal des wechselseitigen Verzichts auf seitliche Grenzabstände, mit dem eine spezifisch bauplanerische Gestaltung des Orts- und Straßenbildes verfolgt wird (vgl. BayVGH, B. v. 5.1.2016 - 1 ZB 15.606 - juris Rn. 8). Zwar mag die Terrasse als Teil des Hauptbaukörpers die Doppelhausqualität nicht in Frage stellen, so dass sie nach § 22 Abs. 2 BauNVO an der Grundstücksgrenze errichtet werden darf (vgl. BayVGH, B. v. 5.1.2016, a. a. O.). Gleichwohl handelt es sich vorliegend aufgrund der seitlichen Aufbauten und der Terrassenüberdachung um eine bauliche Anlage mit gebäudeähnlicher Wirkung, die sich nicht im Rahmen des wechselseitigen Verzichts auf seitliche Abstandsflächen hält, sondern vielmehr den Eindruck eines einseitigen Grenzanbaus vermittelt. Der harmonische Gesamtkörper der Hausgruppe als bauliche Einheit wird bei einem solchen Anbau mit einer Tiefe von 4 m wohl nicht mehr gewahrt. Die streitgegenständliche Terrassenüberdachung mit ihren seitlichen Aufbauten ist somit eine abstandsflächenpflichtige Anlage gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 BayBO, da sie, wie ausgeführt, Gebäudequalität aufweist. Das Abstandsgebot an der gemeinsamen Grundstücksgrenze kann nur auf Grundlage der Gegenseitigkeit überwunden werden. Die Zulässigkeit einer Grenzbebauung setzt daher den wechselseitigen Verzicht auf seitliche Grenzabstände an der gemeinsamen Grundstücksgrenze voraus. Dieser Verzicht bindet die benachbarten Grundstückseigentümer bauplanungsrechtlich in ein Verhältnis des gegenseitigen Interessenausgleichs ein; die enge Wechselbeziehung erfordert, dass die Einzelgebäude im Wesentlichen deckungsgleich aneinander gebaut sein müssen (vgl. VG München, U. v. 19.11.2012 - M 8 K 11.5706 - juris Rn. 48).

Eine solche Deckungsgleichheit bzw. die Wahrung der baulichen Einheit der Hausgruppe ist bei dem streitgegenständlichen Anbau nicht mehr gegeben. Die ablehnende Entscheidung der Beklagten durch Bescheid vom 2. Februar 2016 erweist sich daher insoweit als rechtswidrig, als die Beklagte von einer bauplanungsrechtlichen Dispensierung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften ausgegangen ist.

Die von der Klägerin angegriffene bauliche Anlage der Beigeladenen stellt sich somit sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht als baurechtswidrig dar. Die Klägerin hat daher einen Anspruch auf erneute ermessensgerechte Entscheidung nach Art. 76 Satz 1 BayBO.

2.

Darüber hinaus sind die klägerischen Nachbarrechte durch den fehlenden Grenzabstand nicht so gravierend beeinträchtigt, dass nur eine Beseitigung in Form eines Rückbaus in Betracht kommen kann.

Eine Ermessensreduzierung auf Null hinsichtlich des bauaufsichtlichen Einschreitens in Form einer Rückbauverpflichtung ist nur dann anzunehmen, wenn eine besondere Intensität der Störung oder der Gefährdung nachbargeschützter Rechtsgüter gegeben ist, wenn eine unzumutbare, auf andere Weise nicht zu beseitigende Gefahr für hochwertige Rechtsgüter wie Leben oder Gesundheit droht oder sonst unzumutbare Belästigungen abzuwehren sind (vgl. BayVGH, B. v. 18.6.2008 - 9 ZB 07.497 - juris). Ein Fall der Ermessensreduzierung auf Null ist insbesondere dann nicht gegeben, wenn durch die Gewährung von Ausnahmen oder Befreiungen bzw. Abweichungen auf andere Art und Weise als durch eine Beseitigungsanordnung rechtmäßige Zustände hergestellt werden können (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2001 - 1 ZB 00.3206 - juris). Von einer Ermessensreduzierung auf Null ist dann auszugehen, wenn von der rechtswidrigen Nutzung Beeinträchtigungen ausgehen, die einen erheblichen Grad erreichen, und wenn die Abwägung der Beeinträchtigung des Nachbarn mit dem Schaden des Bauherrn ein deutliches Übergewicht der Interessen des Nachbarn ergibt. Darüber hinaus bedeutet eine Verpflichtung zum Einschreiten hinsichtlich des Entschließungsermessens nicht zwangsläufig, dass die Verletzung der Nachbarrechte allein durch eine Vollbeseitigung der inmitten stehenden Anlage ausgeräumt werden könnte; vielmehr stehen der Behörde im Rahmen des Auswahlermessens durchaus Handlungsalternativen, wie beispielsweise die Aufforderung zur Stellung eines Bauantrags und gegebenenfalls einer Abweichung von den bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften offen (vgl. BayVGH, B. v. 14.8.2006 - 22 ZB 05.2608 - juris). Dies gilt umso mehr, als ein Anspruch auf bauaufsichtsrechtliches Einschreiten immer nur soweit gehen kann, wie die Rechtsverletzung wirkt.

Hinsichtlich der Gravität der Beeinträchtigungen ist vorliegend trotz der langen Untätigkeit der Beklagten zu berücksichtigen, dass die bisher auf dem Grundstück der Klägerin bestehende Trennwand zwischen den Terrassen sowie die darüber liegenden Balkone bereits bislang eine Verschattungswirkung für die Klägerin ergeben haben. Unmittelbar neben dem grenzständischen Anbau befindet sich der Kellerabgang auf dem Grundstück der Klägerin, auf den sich im Wesentlichen die Verschattungswirkung erstreckt. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass durch den streitgegenständlichen Anbau keine reine Südseite verschattet wird. Darüber hinaus könnte sich möglicherweise eine Genehmigungsfähigkeit im Wege der Abweichung insoweit ergeben, als eine zu fordernde Atypik gegebenenfalls dann angenommen werden könnte, wenn sich in der Reihenhauszeile bzw. im Plangebiet bereits entsprechende Terrassenüberdachungen bzw. -anbauten finden würden (vgl. VG Ansbach, U. v. 7.9.2015 - AN 9 K 15.00573 - juris Rn. 57).

Nachdem die Behörde vorliegend kein Ermessen ausgeübt hat, da sie von materieller Baurechtmäßigkeit der baulichen Anlage ausging, und die Beeinträchtigung nachbarlicher Rechte keine solche Gravität aufweist, dass nur im Wege der Beseitigung rechtmäßige Zustände hergestellt werden könnten, hat die Klägerin vorliegend keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten auf Erlass eines Rückbaubescheids, sondern lediglich einen Anspruch auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Im Übrigen war die Klage abzuweisen.

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 709 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift:

Ludwigstraße 23, 80539 München;

Postfachanschrift:

Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in

in Ansbach:

Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Antragsschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 7.500,00 EUR festgesetzt.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.

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(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden. (2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der i

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt.

II.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 2 und 3 als Gesamtschuldner und die Klägerin zu 1 je zur Hälfte. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 15.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Kläger begehren vom Landratsamt F. bauaufsichtliches Einschreiten in Form einer Nutzungsuntersagung betreffend den Betrieb einer „Eventhalle“ durch den Beigeladenen.

Der Beigeladene ist Eigentümer des Grundstücks Fl. Nr. 568/6 Gemarkung L., das im Geltungsbereich des Bebauungsplans „GE ...“ der Stadt L. liegt und für das ein eingeschränktes Gewerbegebiet festgesetzt ist. Das Grundstück ist mit einer 40 m langen Industriehalle bebaut.

Die Kläger zu 2 und 3 sind Eigentümer der nordwestlich gelegenen, nicht unmittelbar an das Grundstück des Beigeladenen angrenzenden Grundstücke Fl. Nr. .../25, .../31, .../26 und .../32 jeweils Gemarkung L., die mit einem Wohnhaus und einer Garage bebaut sind. Die Klägerin zu 1 ist eine Immobilienfirma, deren einziger Gesellschafter der Kläger zu 3 ist. Sie ist Eigentümerin des mit einer Garage bebauten Grundstücks Fl. Nr. .../16 Gemarkung L. Dieses Grundstück liegt westlich des Grundstücks des Beigeladenen und wird von diesem durch ein ca. 5 m breites Grundstück (Fl. Nr. 564 Gemarkung L.) getrennt. Sämtliche Grundstücke der Kläger liegen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der ein allgemeines Wohngebiet festsetzt.

Der Beigeladene betreibt auf dem Grundstück Fl. Nr. 568/6 Gemarkung L. im westlichen Teil der Industriehalle (Halle B) eine Eventhalle für Hochzeiten, Geburtstage, Kommunion/Konfirmation, Weihnachtsfeiern, Firmenveranstaltungen, Jubiläumsfeiern, Trauerfeiern sowie sonstige Vorträge und Veranstaltungen (auch Sonderverkaufsveranstaltungen), die mit Bescheid des Landratsamts F. vom 2. September 2010, geändert mit Bescheid vom 15. September 2010, genehmigt wurde. Die Klage der Kläger zu 2 und 3 vom 19. August 2011 hiergegen wurde mit rechtskräftigem Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 11. April 2013 (AN 3 K 11.01612) wegen Verwirkung des Klagerechts abgewiesen.

Mit Bescheid vom 20. Januar 2012 wurde dem Beigeladenen eine Tekturgenehmigung mit zahlreichen immissionsschutzrechtlichen Nebenbestimmungen erteilt. So sind u. a. Fenster und Türen der Gebäudehülle bei immissionsrelevanten Geräuschen ab 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr geschlossen zu halten, Veranstaltungen innerhalb des Gebäudes und nicht im Außenbereich durchzuführen, Festivitäten, die erhöhte Lärmemissionen verursachen können oder eine discothekenähnliche Geräuschentwicklung aufweisen, unzulässig und elektronisch verstärkte Musikdarbietungen ausschließlich über die hauseigene, eingepegelte Anlage abzuspielen. Hiergegen erhoben die Kläger Klage und legten eine schallimmissionsschutztechnische Untersuchung und Beurteilung der Parkgeräuschimmissionen der Firma W. ... vom 16. März 2012 vor. Danach werden die im Bescheid vom 20. Januar 2012 festgesetzten Immissionswerte sowie das Spitzenpegelkriterium der TA Lärm während des Nachtzeitraums am Immissionsort einer möglichen Wohnbebauung auf dem Grundstück FlNr. .../16 Gemarkung L. überschritten. Seit September 2010 liegen zudem zahlreiche Beschwerden der Kläger über unzumutbare Lärmimmissionen und die Nichteinhaltung von Auflagen vor.

Mit Bescheid vom 17. Juli 2012 forderte das Landratsamt den Beigeladenen auf, ein schalltechnisches Gutachten, welches Art und Ausmaß der von der Eventhalle und den zugehörigen Parkplätzen ausgehenden Lärmemissionen im Einwirkungsbereich der Anlage betrachtet, vorzulegen. Zudem wurde mit Bescheid vom 10. August 2012 vom Beigeladenen gefordert, einen Nachweis (Messbericht) über das Einpegeln der Musikanlage vorzulegen. In der Folgezeit legte der Beigeladene ein schalltechnisches Gutachten des T. vom 23. Oktober 2012 vor. Danach können die für die Veranstaltungshalle geltenden Immissionswerte zur Tagzeit eingehalten und Überschreitungen aufgrund von Spitzenpegeln zur Tagzeit ausgeschlossen werden. Zur Nachtzeit sind jedoch an allen betrachteten Immissionsorten beträchtliche Überschreitungen der geltenden Immissionswerte zu erwarten, wobei maßgeblich ursächlich hierfür das aufgrund des Fahr- und Parkverkehrs im Nachtzeitraum auf dem Betriebsgelände hervorgerufene Geräuschaufkommen ist. Das Einpegeln der Beschallungsanlage wurde mit Messbericht des T. vom 30. April 2013 bestätigt.

Mit Bescheid vom 12. April 2013 untersagte das Landratsamt dem Beigeladenen, das Grundstück Fl. Nr. 568/6 Gemarkung L. in der Zeit von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr mit motorisierten Fahrzeugen zu befahren oder befahren zu lassen. Zudem drohte das Landratsamt dem Beigeladenen mit Bescheid vom 28. Mai 2013 für den Fall, dass die festgesetzte Verpflichtung, die Fenster und Türen der Gebäudehülle bei emissionsrelevanten Geräuschen ab 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr geschlossen zu halten, nicht beachtet wird, ein Zwangsgeld in Höhe von 500,- Euro an.

Mit Schriftsätzen vom 14. Juni 2013 und 11. Juli 2013 änderten die Kläger ihre Klageanträge dahingehend, den Beklagten zu verpflichten, den von dem Beigeladenen ausgeübten Betrieb einer Eventhalle zu untersagen, hilfsweise: den Betrieb der Eventhalle zur Nachtzeit zu untersagen und weiter hilfsweise: den Antrag der Kläger auf bauaufsichtliches oder immissionsschutzrechtliches Einschreiten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden. Die Klagen wurden mit Urteil des Verwaltungsgerichts vom 25. Juli 2013 abgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, dass der Betrieb der Eventhalle auf dem Grundstück des Beigeladenen bei Einhaltung der Auflagen weder zur Tag- noch zur Nachtzeit gegen das Nachbarschutz entfaltende Gebot der Rücksichtnahme verstoße. Vorhandene Beeinträchtigungen seien nicht derart gravierend, dass sie für die Kläger unzumutbar wären. Mit ihren Anträgen auf Zulassung der Berufung verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung (§ 124, 124a Abs. 4 VwGO) haben keinen Erfolg.

An der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestehen keine ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) oder wegen eines Verfahrensfehlers (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen.

1. Die Kläger berufen sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Kläger innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) haben darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

Jeweils mit ihrem Haupt- und erstem Hilfsantrag begehren die Kläger eine Nutzungsuntersagung des Betriebs der Eventhalle, hilfsweise zur Nachtzeit. Grundvoraussetzung für einen Anspruch auf aufsichtliches Einschreiten ist allerdings, dass die Kläger durch die Anlage in ihren Rechten verletzt werden, was einen Verstoß der Anlage gegen nachbarschützende Vorschriften erfordert und infolgedessen die Behörde zum Einschreiten gegen die Anlage berechtigt, weil der Tatbestand der Befugnisnorm erfüllt ist und die Eingriffsschranken erfüllt sind (vgl. BayVGH, U. v. 4.12.2014 - 15 ZB 12.1450 - juris Rn. 22; Decker in Simon/Busse, a. a. O., Art. 76 Rn. 487; Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand 15.1.2015, § 24 BImSchG Rn. 37 und § 25 BImSchG Rn. 38). Soweit die Kläger hierbei die Nichteinhaltung der in der Tektur vom 20. Januar 2012 festgesetzten Nebenbestimmungen geltend machen, ist allerdings zu berücksichtigen, dass grundsätzlich nur eine Untersagung „dieser“ genehmigungswidrigen Nutzung in Betracht kommt, nicht jedoch eine vollständige Nutzungsuntersagung. Im Zulassungsvorbringen wiederholen die Kläger im Wesentlichen ihre bereits in erster Instanz vorgetragenen Einwendungen gegen den Betrieb der Eventhalle und berufen sich darauf, dass von dem Vorhaben des Beigeladenen für die Kläger unzumutbare Lärmimmissionen hervorgerufen werden. Dies führt jedoch nicht zum Erfolg der Zulassungsanträge.

Im Ergebnis zutreffend ist hier das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass bei bestimmungsgemäßer Nutzung der Anlage keine Verletzung drittschützender Normen oder des Gebots der Rücksichtnahme vorliegt, die ein Anspruch auf aufsichtliches Tätigwerden voraussetzt. Das Verwaltungsgericht stützt seine Ausführungen auf das schalltechnische Gutachten des T. vom 23. Oktober 2012. Danach ergeben sich bei Beachtung der im Bescheid vom 20. Januar 2012 festgesetzten Nebenbestimmungen und bei Unterlassung jeglichen Fahr- und Parkverkehrs auf dem Betriebsgelände im Zeitraum zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr, was das Landratsamt mit Bescheid vom 12. April 2013 angeordnet hat, keine unzumutbaren Lärmimmissionen für die Kläger.

Soweit hiergegen eingewandt wird, das Gutachten setze den Halleninnenpegel mit 80 dB(A) zu niedrig an, da zusätzlich Kommunikationsgeräusche zu berücksichtigen seien, ergibt sich bereits aus dem Gutachten selbst, dass dieser mittlere Halleninnenpegel Kommunikationsgeräusche mit berücksichtigt, da ohne Publikum mittlere Halleninnenpegel von 75-78 dB(A) ermittelt wurden (...-Gutachten v. 23.10.2012, S. 8). Ferner ist die Impulshaltigkeit berücksichtigt (...-Gutachten v. 23.10.2012, S. 8). Die Notwendigkeit eines weiteren Zuschlags für Ton- und Informationshaltigkeit ist angesichts der Entfernung, der Situierung der Halle, der teilweisen baulichen Abschirmung durch andere bauliche Anlagen, der Zugangssituation auf der von den Klägern abgewandten Seite und unter Berücksichtigung der zulässigen Veranstaltungen (vgl. Nebenbestimmung A.13 im Bescheid vom 20.1.2012) nicht ausreichend dargelegt. Aus dem letzten Messbericht des T. ergibt sich schließlich, dass den Schallpegelmessungen vom 26. April 2013 eine Worst-Case-Betrachtung zugrunde liegt und der beim Einpegeln der Beschallungsanlage zum Ansatz gebrachte mittlere Halleninnenpegel in Summe durch den Betrieb der Beschallungsanlage sowie die Kommunikationsgeräusche der Veranstaltungsgäste hervorgerufen wird (...-Messbericht vom 30.4.2013). Dem tritt das Zulassungsvorbringen nicht entgegen.

Auch soweit in dem ...-Gutachten vom 23. Oktober 2012 nur die hauseigene Beschallungsanlage berücksichtigt ist, führt dies nicht zum Erfolg, da entsprechend der Nebenbestimmung A.15 im Bescheid vom 20. Januar 2012 elektronisch verstärkte Musikdarbietungen ausschließlich über die hauseigene Anlage abzuspielen sind. Live-Musik ist entsprechend der Nebenbestimmung A.17 im Bescheid vom 20. Januar 2012 auf zwei Musikinstrumente begrenzt; der Einsatz einer mobilen Beschallungsanlage ist dabei entsprechend der oben genannten Nebenbestimmung A.15 gerade ausgeschlossen.

Entgegen dem Vorbringen im Zulassungsantrag werden im ...-Gutachten vom 23. Oktober 2012 auch die baulichen Besonderheiten der Eventhalle berücksichtigt. Der pauschale Einwand hiergegen in der schalltechnischen Untersuchung der Firma W. ... vom 7. März 2013, dass „insbesondere ‚leichte‘ Außenbauteilkonstruktionen in der Regel eine geringere Schalldämmung aufweisen“, ist nicht geeignet, die im ...-Gutachten vom 23. Oktober 2012 (S. 9) angesetzten unterschiedlichen Schalldämm-Maße für die Bauteile, unter anderem für eine Trapezblech-Wand mit innenliegender Gipskartonverschalung, in Frage zu stellen.

Soweit im Zulassungsvorbringen bemängelt wird, das Verwaltungsgericht habe sich bei der Frage der Zumutbarkeit der Lärmimmissionen auf nicht aussagekräftige, subjektive Feststellungen der Polizei anlässlich verschiedener Kontrollen gestützt, würde dies in gleicher Weise für die subjektiven Feststellungen des Klägers zu 3 gelten. Das zeigt sich beispielhaft in den Beobachtungen und unterschiedlichen Bewertungen anlässlich einer Veranstaltung vom 11./12. Mai 2013 (vgl. Bl. 770 und 774 der Behördenakte). Abgesehen davon hat das Verwaltungsgericht die Feststellungen anlässlich der Polizeikontrollen lediglich für eine Plausibilitätskontrolle des Ergebnisses herangezogen.

Im Übrigen ergeben sich aus dem Zulassungsvorbringen keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Ermessensreduzierung auf Null hinsichtlich des von den Klägern begehrten aufsichtlichen Einschreitens. Die Kläger übersehen, dass nicht jede Verletzung drittschützender Normen ohne Weiteres zu einem Anspruch des Nachbarn auf Einschreiten der Aufsichtsbehörde führt (vgl. Decker in Simon/Busse, a. a. O., Art. 76 Rn. 490 m. w. N. und Hansmann in Landmann/Rohmer, a. a. O., § 24 BImSchG Rn. 37 und § 25 BImSchG Rn. 38; vgl. auch BVerwG, U. v. 4.6.1996 - 4 C 15/96 - juris Rn. 17). Soweit vorgetragen wird, der Beigeladene halte die festgesetzten Auflagen nicht ein, kommt hinzu, dass das Landratsamt im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung vor einer eventuellen Nutzungsuntersagung - unabhängig von deren Umfang - zunächst Maßnahmen zur Durchsetzung der festgesetzten Nebenbestimmungen und zur Einhaltung des bestimmungsgemäßen Betriebs, beispielsweise in Form von Zwangsmittelandrohungen und deren Vollstreckung, zu treffen haben wird (vgl. Anordnungen vom 28. Mai 2013, Bl. 783 der Behördenakte und Anhörung zu Verstößen vom 12.6.2013, Bl. 818 der Behördenakte). Dass derartige Maßnahmen nicht erfolgversprechend oder nicht geeignet sind, wird im Zulassungsantrag nicht dargelegt.

Was den zweiten Hilfsantrag angeht, ist nicht ersichtlich, dass das Landratsamt bisher nicht auf Beschwerden seitens der Kläger und Verstöße seitens des Beigeladenen reagiert hat oder nicht gewillt ist, festgesetzte Nebenbestimmungen zu kontrollieren oder durchzusetzen. Sowohl die Auflagen in der Tekturgenehmigung vom 20. Januar 2012 (Bl. 307 der Behördenakte) als auch die nachfolgenden Bescheide vom 17. Juli 2012 (Bl. 535 der Behördenakte - Anforderung eines schalltechnischen Gutachtens), vom 10. August 2012 (Bl. 579 der Behördenakte - Anforderung eines Nachweises über das Einpegeln der Musikanlage), vom 12. April 2013 (Bl. 724 der Behördenakte - Untersagung der Befahrung des Grundstücks zur Nachtzeit) und vom 28. Mai 2013 (Bl. 783 der Behördenakte - Zwangsgeldandrohung bei Verstoß gegen die Auflage zum Geschlossenhalten der Fenster und Türen der Gebäudehülle) stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit Beschwerden der Kläger, Erkenntnissen aus den vorgelegten schalltechnischen Untersuchungen und Feststellungen anlässlich von Hinweisen und Kontrollen. Aus den zuletzt vorliegenden Behördenakten ergibt sich ferner, dass das Landratsamt den Beigeladenen auch aufgrund eigener Feststellungen zur Stellungnahme betreffend verschiedener Verstöße gegen das Nachtfahrverbot und das Geschlossenhalten von Fenstern während Veranstaltungen zur Nachtzeit angehört hat (Bl. 783 der Behördenakte). Darüber hinaus ist ein gestuftes Vorgehen des Landratsamts gegenüber dem Beigeladenen schon aus Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten grundsätzlich nicht zu beanstanden. Anhaltspunkte dafür, dass die Möglichkeiten des Landratsamts, durch geeignete Maßnahmen auf die Einhaltung der Nebenbestimmungen zu drängen, erschöpft oder nicht erfolgversprechend sind, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Dem Landratsamt stehen neben (weiteren) Vollstreckungsmaßnahmen auch noch weitere Anordnungen, wie sie sich z. B. aus der Stellungnahme des Technischen Immissionsschutzes vom 16. Januar 2013 (Bl. 605 der Behördenakte) ergeben, zur Verfügung, so dass sich ein Anspruch der Kläger auf Neubescheidung ihrer Anträge wegen bisher fehlerhafter Sachbehandlung gegenüber den Klägern hieraus zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt nicht ergibt.

2. Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

Die im Zulassungsantrag aufgeworfenen Fragen lassen sich, soweit sie überhaupt entscheidungserheblich sind, nach den obigen Ausführungen ohne weiteres und mit zweifelsfreien Ergebnissen klären. Von einem Berufungsverfahren ist daher kein weiterer Ertrag zu erwarten (vgl. BayVGH, B. v. 11.6.2015 - 9 ZB 13.128 - juris Rn. 14). Dass das Verwaltungsgericht nach Ansicht der Kläger bestimmten Fragen und Argumenten nicht hinreichend bzw. unzutreffend nachgegangen ist, macht die Rechtssache weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht besonders schwierig.

3. Es liegt auch kein Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

Die Rüge, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt und damit den in § 86 Abs. 1 VwGO enthaltenen Untersuchungsgrundsatz verletzt, wonach von Amts wegen der Sachverhalt zu ermitteln ist und die erforderlichen Beweise zu erheben sind, greift nicht durch. Eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht kann grundsätzlich dann nicht geltend gemacht werden, wenn ein anwaltlich vertretener Beteiligter - wie hier die Kläger - es in der mündlichen Verhandlung unterlassen hat, einen Beweisantrag zu stellen (BayVGH, B. v. 30.6.2014 - 9 ZB 13.911 - juris Rn. 2; BVerwG, B. v. 20.12.2012 - 4 B 20/12 - juris Rn. 6). Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vom 25. Juli 2013 wurde ein Beweisantrag vom Bevollmächtigen der Kläger nicht ausdrücklich gestellt. Nur schriftsätzlich angekündigte Beweisanträge genügen nicht (BVerwG, B. v. 18.12.2006 - 4 BN 30/06 - juris Rn. 4). Der Klägerbevollmächtigte hat die schriftsätzlich angekündigten Beweisanträge auch nicht hilfsweise, für den Fall, dass es auf das Beweisthema ankommt oder vorsorglich (vgl. BVerwG, U. v. 16.61968 - V C 111.67 - BVerwGE 30, 67 = juris Rn. 10; BVerwG, U. v. 13.1.1971 - V C 93.70 - juris Rn. 7) gestellt, sondern lediglich zur Begründung seines Klageantrags darauf verwiesen. Beweise sind auch nur insoweit zu erheben, wie es für die Rechtsansicht des Gerichts darauf ankommt (BVerwG, B. v. 18.12.2006 - 4 BN 30/06 - juris Rn. 2). Im Übrigen hat sich das Verwaltungsgericht in den Urteilsgründen mit den Beweisangeboten auseinandergesetzt.

Aus den Zulassungsanträgen ergibt sich nicht, weshalb sich dem Gericht eine weitere Sachverhaltsaufklärung hätte aufdrängen müssen (BayVGH, B. v. 4.12.2014 - 9 ZB 11.1744 - juris Rn. 12; BayVGH, B. v. 25.3.2014 - 15 ZB 12.2014 - juris Rn. 11). Das Verwaltungsgericht hat zur Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmimmissionen unter Würdigung der schalltechnischen Untersuchungen der ... auf das schalltechnische Gutachten vom 23. Oktober 2012 und den Messbericht vom 30. April 2013 jeweils des T. gestellt. Soweit hiergegen lediglich pauschal eingewandt wird, die Leichtbauweise der Industriehalle und deren äußerst schlechte Schalldämmwirkung sei nicht ausreichend berücksichtigt worden, vermag dies die Aufklärungsrüge nicht zu begründen. Im Gutachten des T. vom 23. Oktober 2012 ist das Schalldämm-Maß abgestellt auf eine Trapezblech-Wand mit innenliegender Gipskartonverschalung mit 30 dB angesetzt worden, während beispielsweise die geschlossenen Zweischeibenverbundglas-Fenster mit einem Schalldämm-Maß von 36 dB angesetzt wurden. Weder aus den schalltechnischen Untersuchungen der ... noch aus dem Zulassungsvorbringen lassen sich Hinweise dafür entnehmen, dass dieser Wert für die vorhandene Bausubstanz zu hoch angesetzt ist. Da entsprechend den vom Verwaltungsgericht als nachvollziehbar und auch von der ... als im Wesentlichen plausibel und nachvollziehbar bewerteten ...-Gutachten vom 23. Oktober 2012 sowie dem Messbericht vom 30. April 2013 unter den genannten Bedingungen von der Einhaltung der im Bescheid vom 20. Januar 2012 festgesetzten Immissionswerte auszugehen ist, ist nicht ersichtlich, welche Relevanz der weiteren Aufklärung der örtlichen Situation zukommen könnte.

Die geltend gemachten Zweifel an der Objektivität des Verwaltungsgerichts führen ebenfalls nicht zum Erfolg der Anträge. Da sich die beanstandeten Ausführungen des Verwaltungsgerichts erst aus den Urteilsgründen ergeben, scheidet eine Verletzung des § 54 VwGO i. V. m. § 42 ZPO von vornherein aus, da die Frage einer möglichen Befangenheit nicht als Verfahrensmangel geltend gemacht werden kann (vgl. BVerwG, B. v. 8.1.2009 - 8 B 59/08 - juris Rn. 4). Im vorliegenden Fall kann die Befangenheitsrüge aber auch nicht unmittelbar auf einen Verstoß gegen den Grundsatz des gesetzlichen Richters gestützt werden, da dieser nicht schon immer dann gegeben ist, wenn ein Befangenheitsgrund erkennbar wird, der im Sinne des § 42 Abs. 2 ZPO geeignet gewesen wäre, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG kommt vielmehr nur in Betracht, wenn die erstinstanzlichen Richter unter eindeutiger Missachtung der Verfahrensvorschriften tätig geworden wären oder wenn sie so eindeutig die gebotene Distanz und Neutralität hätten vermissen lassen, dass jede andere Würdigung als die Bejahung einer Besorgnis der Befangenheit willkürlich erschiene (vgl. BVerwG, U. v. 21.3.2012 - 6 C 19/11 - juris Rn. 18). Willkür in diesem Sinne setzt voraus, dass die Entscheidung des Gerichts bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken schlechterdings nicht mehr verständlich erscheint und offenbar unhaltbar wäre (BVerwG, B. v. 8.1.2009 - 8 B 59/08 - juris Rn. 5). Dafür lässt sich dem Zulassungsvorbringen der Kläger nichts entnehmen. Abgesehen davon, dass die gerügte Passage im verwaltungsgerichtlichen Urteil nur den Kläger zu 3 betrifft, sind die Ausführungen auch nicht entscheidungserheblich, da das Gericht einen Anspruch der Kläger bereits wegen fehlender Unzumutbarkeit der Lärmimmissionen verneint hat. Die „besondere Sensibilisierung“, die das Gericht im Hinblick auf den Kläger zu 3 anführt, spricht die Frage personenbezogener Aspekte wie beispielsweise besondere Empfindlichkeiten oder den Gesundheitszustand an, die bei der Bewertung von Immissionen keine Rolle spielen (vgl. BVerwG, U. v. 23.9.1999 - 4 C 6/98 - BVerwGE 109, 314 = juris Rn. 29).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 VwGO. Da der Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt hat, entspricht es der Billigkeit, dass er seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3, § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG (je 7.500,- Euro für die Klage der Klägerin zu 1 sowie die Klage der Kläger zu 2 und 3).

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Auf die Berufung des Beigeladenen wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 8. Juli 2010 geändert:

Nr. 1 des Bescheids der Beklagten vom 24. August 2009 (Az.: 63.1/01134/2009-01) wird insoweit aufgehoben, als die Beklagte den Antrag des Klägers auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die an der Nordseite der Dachterrasse errichtete Profilholzverkleidung abgelehnt hat; die Kostenentscheidung in Nr. 3 des Bescheids der Beklagten vom 24. August 2009 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, insoweit über den Antrag des Klägers vom 3. August 2009 auf bauaufsichtliches Einschreiten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III.

Der Kläger trägt die Hälfte der Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. Die Beklagte und der Beigeladene tragen jeweils ein Viertel der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

IV.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostengläubiger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostenschuldner vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zum bauaufsichtlichen Einschreiten gegen die vom Beigeladenen auf seiner Dachterrasse errichteten Anlagen und Ausstattungsgegenstände sowie auf Untersagung der Terrassennutzung.

Die mehrgeschossigen Wohn- und Geschäftshäuser des Klägers und des Beigeladenen stehen im Zentrum der Altstadt von Regensburg westlich des Doms. Sie sind, wie die Gebäude in der näheren Umgebung, ohne seitlichen und rückwärtigen Grenzabstand aneinandergebaut.

Mit Bescheid vom 15. Februar 1999 genehmigte die Beklagte dem Beigeladenen u. a. die Errichtung einer zur Wohnung Nr. 7 gehörenden Dachterrasse über dem 3. Obergeschoss seines Gebäudes. Nach den Planvorlagen wird die Terrasse bis unmittelbar an die südliche Außenwand des klägerischen Gebäudes geführt, in die im Bereich der Terrasse seit etwa 1966 ein Fenster eingebaut ist, das der Belichtung und Belüftung eines dahinterliegenden Aufenthaltsraums dient. In den Baugenehmigungsbescheid vom 15. Februar 1999 wurde die Nebenbestimmung 002 aufgenommen, wonach die Dachterrasse so zu begrenzen sei, dass sie allseitig einen Abstand von mindestens 1 m zum Fenster des Klägers einhalte (vgl. hierzu auch die Rotrevision auf dem Eingabeplan „Grundriss Dachgeschoss“ vom 16.12.1998). Nach Durchführung von Widerspruchsverfahren (des Klägers und des Beigeladenen) hob das Verwaltungsgericht Regensburg die Baugenehmigung in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 21. März 2000 mit Urteil vom 15. November 2000 insoweit auf, als darin eine Dachterrasse für die Wohnung Nr. 7 genehmigt wurde (Az. RO 14 K 00.880). Der Verwaltungsgerichtshof ließ die Berufung auf Antrag des Beigeladenen zu (Az. 20 B 00.3588).

Auf Antrag des Klägers ließ die Beklagte mit Bescheid vom 18. März 2002 eine von Art. 31 Abs. 10 BayBO (i. d. F. d. Bek. v. 4.8.1997, GVBl S. 433) abweichende brandschutztechnische Ausführung für das im 4. Obergeschoss des klägerischen Anwesens in der Südfassade (Brandwand) befindliche Fenster unter den Bedingungen zu, dass es auf ein lichtes Maß der Maueröffnung von 1 m² zurückzubauen, der Fensterrahmen in Hartholz auszuführen und mindestens mit einer F-30-Verglasung zu versehen sei. Außerdem sei eine selbstständige rauch- und wärmeansprechende Schließeinrichtung einzubauen. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren wies das Verwaltungsgericht Regensburg die Klage des Beigeladenen gegen die Abweichungsentscheidung mit Urteil vom 25. November 2002 ab (Az. RO 2 K 02.1244). Der Verwaltungsgerichtshof ließ die Berufung auf Antrag des Beigeladenen zu (Az. 20 B 03.49).

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Verfahren 20 B 00.3588 und 20 B 03.49 zur gemeinsamen Verhandlung verbunden. In der mündlichen Verhandlung vom 18. November 2003 schlossen die Verfahrensbeteiligten einen Prozessvergleich. Danach hat es u. a. hinsichtlich der Terrasse des Beigeladenen mit dem Baugenehmigungsbescheid (vom 15.2.1999) mit der Maßgabe sein Bewenden, dass die Terrasse entgegen der Rotrevision und der Auflage 002 bis an die Wand des Nachbaranwesens (des Klägers) herangebaut werden darf. Die Verfahrensbeteiligten erklärten im Übrigen ihr Einverständnis mit der von der Beklagten erteilten Abweichung für das Fenster in der Grenzwand des klägerischen Anwesens. Hinsichtlich der weiteren wechselseitigen Duldungspflichten und sonstigen Vergleichsregelungen wird auf den Inhalt des Prozessvergleichs vom 18. November 2003 verwiesen.

Nachdem der Kläger bereits zuvor die Errichtung von Anlagen beanstandet hatte, beantragte er bei der Beklagten am 3. August 2009 den Erlass bauaufsichtlicher Maßnahmen wegen baulicher Veränderungen der Terrasse, namentlich die Beseitigung der in seinem Schreiben vom 15. Juni 2009 genannten baulichen Anlagen, hilfsweise die Untersagung der Nutzung der Dachterrasse. Der Beigeladene hatte entlang der Nord- und Ostseite seiner Terrasse ein Aluminiumgerüst errichtet und dieses mit Holzlatten verkleidet, wobei die Glasfläche des Fensters im Anwesen des Klägers ausgespart wurde. Hinter der Holzverkleidung wurden elektrische Leitungen verlegt und eine bestehende Wasserleitung verlängert. Weiterhin wurden eine Lichtleiste, ein Duschkopf, ein Heizstrahler, ein Pflanzsteg sowie eine Markise angebracht und Terrassenmöbel aufgestellt. Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 24. August 2009 ab. Weder die Beleuchtungselemente noch der Brausekopf oder die elektrischen Leitungen seien bauliche Anlagen im Sinne der Bayerischen Bauordnung. Die Holzverkleidung und die Markise könnten entgegen der Ansicht des Klägers verfahrensfrei errichtet werden. Ungeachtet dessen stünden die Holzverkleidung und die Markise nicht im Widerspruch zu materiell-rechtlichen nachbarschützenden Vorschriften. Für den Erlass einer Nutzungsuntersagung werde keine ausreichende Rechtsgrundlage gesehen. Am 10. September 2009 ließ der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Regensburg erheben.

Das Verwaltungsgericht Regensburg hat den Bescheid der Beklagten vom 24. August 2009 mit Urteil vom 8. Juli 2010 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf bauaufsichtliches Einschreiten erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts unterlägen die über den Inhalt des Prozessvergleichs hinausgehenden, zusätzlichen baulichen Maßnahmen zur Erweiterung und Intensivierung der Dachterrassennutzung einer gesonderten baurechtlichen Beurteilung, für die der Vergleichsinhalt den Ausgangspunkt bilde. Die Änderung des baulichen Bestands sei genehmigungspflichtig. Die bauaufsichtliche Überprüfung werde für alle hinzukommenden baulichen Anlagen bzw. Teile von baulichen Anlagen auch die Würdigung der Belange des Denkmalschutzes zum Gegenstand haben. Für die Frage, ob die Stellung eines Bauantrags verlangt werde, werde mit Blick auf die Genehmigungsfähigkeit auch der Inhalt des Prozessvergleichs nicht unberücksichtigt bleiben können. Das primär gewollte Beseitigungsverlangen des Klägers könne unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit als ultima ratio bauaufsichtlichen Handelns nicht der Entscheidung der Beklagten vorgreifen.

Zur Begründung seiner durch Beschluss des Senats vom 22. Juni 2012 zugelassenen Berufung trägt der Beigeladene im Wesentlichen vor, eine (genehmigungspflichtige) Änderung der Dachterrasse in ihrem baulichen Bestand liege mangels bau- und bodenrechtlicher Relevanz nicht vor. Durch die Ausgestaltung sei keine Intensivierung der ausdrücklich erlaubten und im Vergleichswege auch seitens des Klägers zugestandenen Dachterrassennutzung gegeben. Eine messbare Beeinträchtigung des Lichteinfalls aufgrund der vom Beigeladenen errichteten Holzverkleidung liege nicht vor. Sofern überhaupt eine messbare Beeinträchtigung bestehen sollte, sei die genehmigungs- und vereinbarungswidrige Gestaltung des lichten Maßes der Mauerwerksöffnung ursächlich. Darüber hinaus wirkten sich die Stärke der Eternitwand und das ca. 6 cm vorkragende schmiedeeiserne Fenstergitter nachteilig auf die Belichtung aus. Auch befinde sich an der Oberkante ein etwa 4 cm tiefer Vorsprung, der einen etwaigen Effekt der Holzverkleidung egalisiere. Im Verhältnis seien die vom Kläger geschaffenen Einschränkungen des Lichteinfalls ungleich bedeutsamer als sie der Holzverkleidung zugeschrieben werden könnten. Die Feststellungen aus dem im selbstständigen Beweisverfahren beim Landgericht eingeholten Sachverständigengutachten (vom 5. Mai 2010) seien weder unstreitig geworden noch in der Sache zutreffend. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass das Fenster in der Brandwand im Zeitpunkt seines Einbaus illegal war und weiterhin ist. Es bestünden Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage, weil eine Rechtsbeeinträchtigung nachbarschützender Vorschriften nicht erkennbar sei, nachdem der Kläger im Prozessvergleich der Errichtung und Nutzung einer Dachterrasse zugestimmt habe.

Der Beigeladene beantragt,

die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 24. August 2009 unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 8. Juli 2010 insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Situation habe sich gegenüber derjenigen im Jahr 2003 und nach Maßgabe des Vergleichs maßgeblich verändert, die Situation sei sogar brandgefährlich. Der vom Beigeladenen neu geschaffene Wohnraum bewirke eine Verschlechterung nicht nur durch die reduzierte Belichtung und Besonnung des klägerischen Wohnraums, sondern auch in Bezug auf den „Schmutzwinkel“, den die Baumaßnahmen des Beigeladenen bedingten. Dabei stelle sich das klägerische Anwesen als denkmalgeschütztes Gebäude dar, so dass sich der Kläger, der dieses erhalten müsse, auch auf den Denkmalschutz berufen könne.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Klage sei, wie vom Beigeladenen beantragt, abzuweisen. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sei die Profilholzverkleidung genehmigungsfrei. Die Voraussetzungen für eine Beseitigungsanordnung seien daher schon in Ermangelung einer formellen Rechtswidrigkeit nicht gegeben. Davon abgesehen fehle es auch an der materiellen Rechtswidrigkeit, mit der sich das Verwaltungsgericht nicht auseinander gesetzt habe.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Bauakten der Beklagten verwiesen.

Gründe

Über die Berufung wird im Einverständnis mit den Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Berufung des Beigeladenen hat teilweise Erfolg.

1. Entgegen der Ansicht des Beigeladenen ist die Klage zulässig. Der Kläger hat sich zwar mit der Errichtung und Nutzung der Dachterrasse des Beigeladenen im Prozessvergleich vom 18. November 2003 einverstanden erklärt, er hat sich aber nicht dazu verpflichtet, jedwede nachträgliche Änderung der Dachterrasse durch den Beigeladenen zu dulden. Der Kläger kann daher geltend machen, durch die Ablehnung seines Antrags in seinen Rechten verletzt zu sein (§ 42 Abs. 2 VwGO); er hat sein Klagerecht auch nicht verwirkt.

2. Die Berufung hat Erfolg, soweit der Kläger mit seiner Klage einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Bescheidung seines Antrags auf bauaufsichtliches Einschreiten hinsichtlich aller vom Beigeladenen auf dessen Terrasse errichteten Anlagen und Ausstattungsgegenstände und hinsichtlich der Nutzung der Terrasse - mit Ausnahme der Profilholzverkleidung entlang der Nordseite der Terrasse (dazu unten Nr. 3) - geltend macht. Insoweit hätte das Verwaltungsgericht die Klage abweisen müssen.

Die im Bescheidungsurteil (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO) des Verwaltungsgerichts verbindlich zum Ausdruck gebrachte und für das verwaltungsgerichtliche Urteil maßgebliche Rechtsauffassung ergibt sich insoweit nicht aus der Urteilsformel, sondern aus den Entscheidungsgründen, die die nach dem Urteilstenor zu beachtende Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts im einzelnen darlegen (vgl. BVerwG, U. v. 27.1.1995 - 8 C 8/93 - BayVBl 1995, 605 = juris Rn. 13). Hiervon ausgehend bedarf das angefochtene Urteil auf die Berufung des Beigeladenen hin der Korrektur, weil die in den Entscheidungsgründen zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts teilweise unzutreffend ist.

Macht ein Dritter - wie hier der Kläger - gegenüber der Bauaufsichtsbehörde geltend, durch eine Anlage i. S. d. Art. 76 BayBO (s. zum Begriff der Anlage Art. 2 Abs. 2 Satz 4 BayBO) in seinen Rechten verletzt zu sein, so hat er einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein bauaufsichtliches Einschreiten der Bauaufsichtsbehörde sowie auf Art und Weise des Einschreitens. Dabei gelten für die Ermessensausübung der Bauaufsichtsbehörde die allgemeinen Grundsätze (vgl. Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand Januar 2014, Art. 76 Rn. 486 ff. m. w. N.; vgl. auch BayVGH, B. v. 8.3.2007 - 1 ZB 06.898 - juris Rn. 11, 14). Als bauaufsichtliche Maßnahmen kommen insoweit der Erlass einer Beseitigungsanordnung nach Art. 76 Satz 1 BayBO und/oder einer Nutzungsuntersagungsverfügung nach Art. 76 Satz 2 BayBO in Betracht. Anders als das Verwaltungsgericht angenommen hat, kann sich der Kläger aber nicht darauf berufen, für die betreffende Anlagen sei ein Bauantrag zu stellen (Art. 76 Satz 3 BayBO). Denn das nach Art. 76 Satz 3 BayBO im Ermessen der Bauaufsichtsbehörde stehende Verlangen, dass ein Bauantrag gestellt wird, vermittelt dem Nachbarn keinen Anspruch auf Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens (vgl. Decker, a. a. O., Art. 76 Rn. 501 m. w. N.).

Grundvoraussetzung für einen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten ist vielmehr, dass der Nachbar durch die Anlage in seinen Rechten verletzt wird, was einen Verstoß der Anlage gegen nachbarschützende Vorschriften erfordert und infolgedessen die Bauaufsichtsbehörde zum Einschreiten gegen die Anlage berechtigt, weil der Tatbestand der Befugnisnorm und die Eingriffsschranken beachtet sind (vgl. Decker, a. a. O. Art. 76 Rn. 487 m. w. N.). Daran fehlt es, soweit der Kläger ein bauaufsichtliches Tätigwerden wegen der Errichtung einer Markise, von Beleuchtungselementen und einer Duschbrause beantragt hat, die Verlegung von elektrischen Leitungen beanstandet, sich auf denkmalpflegerische Belange, Abstandsflächenvorschriften, den Brandschutz sowie auf eine Intensivierung der Dachterrassennutzung beruft. Nichts anderes gilt hinsichtlich der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erörterten Wasserleitung (zum Duschkopf), der Terrassenmöblierung und des südlich der Terrasse angebrachten „Pflanzstegs“. Ebenso wenig besteht der geltend gemachte Anspruch auf Untersagung der Nutzung der Dachterrasse. Auch der verwaltungsgerichtliche Vergleich verschafft dem Kläger keinen öffentlich-rechtlichen Anspruch gegen die Bauaufsichtsbehörde auf bauaufsichtliches Tätigwerden.

a) Die Ausstattung der Terrasse des Beigeladenen mit einer Markise ist zwar geeignet, die Belichtung des Aufenthaltsraums des Klägers zu schmälern. Eine dadurch ausgelöste Rechtsverletzung des Klägers liegt deswegen aber noch nicht vor. Das Rücksichtnahmegebot hebt auf die gegenseitige Verflechtung der baulichen Situation benachbarter Grundstücke ab; es will einen angemessenen Ausgleich schaffen, der dem einen das ermöglicht, was für ihn unabweisbar ist, und den anderen vor unzumutbaren Belästigungen oder Benachteiligungen schützt (BVerwG, U. v. 13.3.1981 - 4 C 1/78 - BauR 1981, 354 = juris Rn. 38). Insoweit ist bei der Interessenabwägung nicht allein auf die Schutzwürdigkeit des Fensters in der Grenzwand, sondern gleichermaßen auf das Interesse des Beigeladenen an einer bestimmungsgemäßen Nutzung seiner Dachterrasse abzustellen. Die Möglichkeit, sich durch das Aufstellen eines Sonnenschirms oder das Anbringen einer Markise vor Sonneneinstrahlung zu schützen, ist von der bestimmungsgemäßen Nutzung einer Dachterrasse erfasst und hier nicht etwa aufgrund der einvernehmlichen Zulassung des klägerischen Grenzfensters ausgeschlossen. Denn der Nachbar, der sich seine Bauwünsche erfüllt, hat es nicht in der Hand hat, durch die Art und Weise seiner Bauausführung unmittelbaren Einfluss auf die Bebaubarkeit anderer Grundstücke zu nehmen (vgl. BVerwG, B. v. 6.12.1996 - 4 B 215/96 - NVwZ-RR 1997, 516 = juris Rn. 9 m. w. N.); für die bestimmungsgemäße Nutzung einer baulichen Anlage gilt im Grundsatz nichts anderes. Der Kläger hat in der vorgegebenen Situation somit keinen Anspruch darauf, jedwede grundsätzlich zulässige bauliche Maßnahme an oder Nutzung der Dachterrasse abzuwenden, weil sie die Belichtungsverhältnisse im Hinblick auf sein in die Grenzwand eingebautes Fenster nachteilig verändert.

b) Nichts anderes gilt - mit Ausnahme der Profilholzverkleidung entlang der Nordseite der Terrasse des Klägers (vgl. hierzu Nr. 3 der Entscheidungsgründe) - für die sonst installierten oder aufgestellten Ausstattungselemente, soweit ihnen überhaupt eine planungsrechtliche Bedeutung zukommen sollte. Die Beleuchtungselemente ermöglichen eine Terrassennutzung auch dann, wenn das Tageslicht keine ausreichende Sicht mehr zulässt, also insbesondere in den Abend- und Nachtstunden. Hiergegen ist in baurechtlicher Beziehung nichts zu erinnern, weil die Nutzung von Außenwohnflächen nicht auf die Tagzeit beschränkt ist und deshalb das Aufstellen oder Anbringen von künstlichen Lichtquellen ebenfalls der bestimmungsgemäßen Nutzung der Terrasse des Beigeladenen dient. Das Anbringen der Duschbrause und das Verlegen von elektrischen Leitungen (s. bereits Art. 1 Abs. 2 Nr. 3 BayBO) ist aus den vorgenannten Gründen ebenso wenig geeignet, das planungsrechtliche Rücksichtnahmegebot zu verletzen, wie das Aufstellen von Terrassenmöbeln und das Anbringen eines Pflanzstegs. Die entlang der Ostseite der Terrasse des Beigeladenen errichtete Profilholzverkleidung ist nicht geeignet, nachbarschützende Rechte des Klägers zu verletzen. Insbesondere entsteht aufgrund der Holzverkleidung kein Schmutzwinkel auf Flächen des Klägers. Soweit die Reinigung der hinter der Holzverkleidung liegenden kleineren Flächen erforderlich werden sollte, kann sie vom Beigeladenen durchgeführt werden, indem er die untersten an das Gerüst geschraubten Leisten der Verkleidung kurzzeitig entfernt.

c) Auch die vonseiten des Klägers beanstandete Nutzungsintensivierung der Dachterrasse, die durch die baulichen und sonstigen Veränderungen der Dachterrasse ermöglicht wird, lässt keine Rechtsverletzung erkennen, die einen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten begründen könnte, weil es keine allgemeinen baurechtlichen Vorgaben für die Intensität einer (Außen-)Wohnnutzung gibt. Ein etwaiges individuelles Fehlverhalten ist städtebaulich nicht relevant; ihm ist mit den Mitteln des Polizei- und Ordnungsrechts zu begegnen (BVerwG, B. v. 6.12.2011 - 4 BN 20/11 - BauR 2012, 621 = juris Rn. 5).

d) Dass Belange des Denkmalschutzes hier dem Kläger einen Anspruch auf bauaufsichtliches Tätigwerden vermitteln könnten, ist auszuschließen. Dabei kann dahinstehen, ob der mit Eternitplatten verkleideten Außenwand im Bereich der Dachterrasse überhaupt ein denkmalpflegerischer Wert zukommt. Denn jedenfalls beeinträchtigt die durch den Beigeladenen vorgenommene Gestaltung seiner Dachterrasse das denkmalgeschützte Gebäude des Klägers nicht.

e) Auf Belange des Brandschutzes kann sich der Kläger vorliegend ebenfalls nicht mit Erfolg berufen. Die Bauordnung fordert keinen dritten Rettungsweg, weshalb es ohne Belang ist, ob das Gitter vor dem Grenzfenster des Klägers nach außen hin zur Terrasse des Beigeladenen geöffnet werden kann (vgl. Art. 31 BayBO). Die im Gutachten vom 5. Mai 2010 (zum selbstständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Regensburg) angenommene nicht unerhebliche Gefahr durch Brand- und Rauchentwicklung im Bereich des Fensters aufgrund der über die Fensterleibung gezogenen Profilholzverkleidung besteht nach Auffassung des Senats nicht. Das Grenzfenster des Klägers wurde auflagengemäß als Brandschutzfenster in Hartholz mit F-30-Verglasung ausgeführt sowie mit einem selbstschließenden Freilaufschieber und integriertem Rauchmelder ausgestattet (vgl. Bestätigung der Schreinerei Hegerl vom 5. Mai 2008; Beiakt Nr. 5). Tragfähige Anhaltspunkte für eine erhöhte Brandgefahr aufgrund der zwischen Holverkleidung und Brandwand verlegten Elektroleitungen bestehen ebenfalls nicht.

f) Die geltend gemachte Verletzung nachbarschützender Vorschriften des Abstandsflächenrechts liegt nicht vor. Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO ist eine Abstandsfläche nicht erforderlich vor Außenwänden, die an der Grundstücksgrenze errichtet werden, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden muss oder gebaut werden darf. So liegt es hier, die Gebäude des Klägers und des Beigeladenen sind im System der geschlossenen bzw. abweichenden Bauweise ohne seitlichen und rückwärtigen Grenzabstand aneinandergebaut (vgl. § 22 Abs. 3 und 4 BauNVO); dies entspricht der Bauweise der näheren Umgebung i. S. d. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.

g) Der Erlass einer Nutzungsuntersagungsverfügung kommt nicht in Betracht, weil eine Rechtsbeeinträchtigung des Klägers bei bestimmungsgemäßer Nutzung der Dachterrasse nicht vorliegt.

h) Soweit sich der Kläger auf den Prozessvergleich vom 18. November 2003 beruft, ist dieser zwar im Rahmen des Rücksichtnahmegebots zur Ermittlung der wechselseitigen Duldungspflichten zu berücksichtigen. Die Bauaufsichtsbehörde ist aber weder für die Vollstreckung gerichtlicher Vergleiche zuständig, noch kann der Kläger eine etwaige Vollstreckung aus dem gerichtlichen Vergleich im gegenständlichen Verfahren geltend machen.

3. Soweit es die Schmälerung des Lichteinfalls durch die vom Beigeladenen errichtete Profilholzverkleidung entlang der Nordseite seiner Dachterrasse betrifft, bleibt die Berufung des Beigeladenen ohne Erfolg.

Insoweit ist das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger einen Anspruch auf Neuverbescheidung seines Antrags vom 3. August 2009 hat, weil die Beklagte ausweislich der Begründung ihres Ablehnungsbescheids vom 24. August 2009 kein Ermessen ausgeübt hat, obwohl dafür Anlass bestand (§ 113 Abs. 5 Satz 2, § 114 VwGO, Art. 76 Satz 1 und 2 BayBO, Art. 40 BayVwVfG). Denn die Beklagte hat zu Unrecht angenommen, dass auch die Errichtung der Profilholzwand entlang der Nordseite der Dachterrasse vor dem Fenster des Klägers keine nachbarschützende Vorschriften verletze und der Kläger deshalb die zum Erlass einer Beseitigungsanordnung normierte behördliche Ermessensbetätigung nicht beanspruchen könne.

a) Ob die Profilholzverkleidung der bauaufsichtlichen Genehmigung bedarf, ist für den geltend gemachten Anspruch des Klägers auf bauaufsichtliches Einschreiten ohne Belang. Wie bereits ausgeführt wurde, kann der Kläger nicht verlangen, dass der Beigeladene einen Bauantrag stellt. Darum geht es dem Kläger auch nicht. Er will vielmehr die teilweise oder vollständige Beseitigung dieser Profilholzverkleidung erreichen, weil sie seiner Ansicht nach gegen materiell-rechtliche Vorschriften des Baurechts verstößt, die auch seinem Schutz zu dienen bestimmt sind. Die Befugnis der Bauaufsichtsbehörde zum Erlass einer Beseitigungsanordnung knüpft nicht an die Genehmigungspflichtigkeit einer Anlage an. Eine (genehmigungsbedürftige) Anlage ist zwar nur dann i. S. v. Art. 76 Satz 1 BayBO im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert, wenn sie materiell rechtswidrig und nicht im Wege einer bauaufsichtlichen Zulassungsentscheidung formell (verfahrensrechtlich) rechtmäßig geworden oder sonst bestandsgeschützt ist. Fehlt es an einer formellen Legalisierung der Anlage (etwa bei verfahrensfreien Vorhaben) und genießt die Anlage auch sonst keinen Bestandsschutz - wie hier -, so ist aber nur darauf abzustellen, ob die Anlage dem materiellen Recht widerspricht (vgl. Schwarzer/König, BayBO, 4. Auflage 2012, Art. 76 Rn. 4 ff., 9; Decker, a. a. O., Art. 76 Rn. 79 ff. jeweils m. w. N.).

b) Die entlang der Nordseite der Dachterrasse des Beigeladenen errichtete Profilholzverkleidung verletzt, so wie sie errichtet wurde, das im Begriff des Einfügens i. S. d. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgehende Gebot der Rücksichtnahme zulasten des Klägers (vgl. BVerwG, U. v. 13.3.1981 - 4 C 1/78 - BauR 1981, 354 = juris Rn. 32). Nach ständiger Rechtsprechung setzt ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme einen Verstoß gegen das objektive Recht voraus. Er kann auch vorliegen, wenn ein Vorhaben - wie hier - zwar in jeder Hinsicht den aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmen wahrt, sich aber gleichwohl in seine Umgebung nicht einfügt, weil das Vorhaben es an der gebotenen Rücksicht auf die sonstige, also vor allem auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung fehlen lässt. Drittschutz wird gewährt, wenn in qualifizierter und individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Es kommt darauf an, dass sich aus den individualisierenden Tatbestandsmerkmalen der Norm ein Personenkreis entnehmen lässt, der sich von der Allgemeinheit unterscheidet (vgl. BVerwG, U. v. 5.12.2013 - 4 C 5/12 - BVerwGE 148, 290 = juris Rn. 21 m. w. N.). So liegt es hier.

aa) Entgegen der Auffassung des Beigeladenen kommt der auf einem Aluminiumrahmen angebrachten Holzverkleidung planungsrechtliche Relevanz zu, weil sie eine bauliche Anlage im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB ist und im konkreten Fall die in § 1 Abs. 5 und 6 BauGB genannten Belange in einer Weise berührt, die geeignet ist, das Bedürfnis nach einer ihre Zulässigkeit regelnden verbindlichen Bauleitplanung hervorzurufen (vgl. zu diesem Maßstab BVerwG, U. v. 31.8.1973 - 4 C 33/71 - BVerwGE 44, 59 = juris Rn. 21). Aufgrund der durch die Holzverkleidung ausgelösten deutlichen Beschränkung des Lichteinfalls in den dahinterliegenden Aufenthaltsraum des Klägers wird u. a. der Belang der allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse in Frage gestellt. Das Berührtsein planungsrechtlicher Belange ist hier auch geeignet, das Bedürfnis nach einer die Zulässigkeit der die Belichtung eines Aufenthaltsraums regelnden verbindlichen Bauleitplanung hervorzurufen (zur städtebaulichen Bedeutung der Belichtung für die Anforderungen an Wohnverhältnisse vgl. BVerwG, U. v. 16.5.1991 - 4 C 17/90 - BVerwGE 88, 191 = juris Rn. 24; BVerwG, U. v. 6.6.2002 - 4 CN 4/01 - BVerwGE 116, 296 = juris Rn. 29) und bewältigungsbedürftige Spannungen zu begründen oder zu erhöhen (BVerwG, U. v. 25.6.1978 - 4 C 9/77 - BVerwGE 55, 369 = juris Rn. 47).

bb) Vorliegend knüpft das planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme an das nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu beachtende Einfügensmerkmal der Bauweise an. Mit Blick auf die maßstabsbildende Bebauung auf den Grundstücken des Klägers und des Beigeladenen sowie in der näheren Umgebung bleibt die im System der geschlossenen Bauweise entlang der Grenzwand zum Nachbargrundstück errichtete Holzverkleidung an der Nordseite der Terrasse des Beigeladenen zwar im Rahmen. Wegen der unmittelbaren Nachbarschaft der Terrasse des Beigeladenen zum Grenzfenster des Klägers liegt aber eine gegenseitige Verflechtung der baulichen Situation im Sinne einer für die drittschützende Wirkung zu fordernden Qualifizierung und Individualisierung vor, die es rechtfertigt, dem Beigeladenen unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse des Falls ein gewisses Maß an Rücksichtnahme bei der baulichen Ausgestaltung seiner Terrasse abzuverlangen (vgl. BVerwG, U. v. 13.3.1981 - 4 C 1/78 - BauR 1981, 354 = juris Rn. 38; BVerwG, U. v. 5.12.2013 - 4 C 5/12 - BVerwGE 148, 290 = juris Rn. 22).

cc) Bei sachgerechter Abwägung und Gewichtung der gegenläufigen Interessen des Klägers an der Belichtung des hinter dem Fenster liegenden Aufenthaltsraums und des Beigeladenen an der optischen Aufwertung seiner Terrasse, um die freie Sicht auf die seiner Ansicht nach „hässlichen Eternitplatten“ an der Außenwand des klägerischen Anwesens abzuwenden, ist es dem Beigeladenen zuzumuten, die Holzverkleidung im Bereich des klägerischen Fensters so zu gestalten, dass eine (hier: konstruktionsbedingte) Schmälerung des Lichteinfalls weitestgehend vermieden wird. Denn aufgrund des von den Verfahrensbeteiligten geschlossenen Prozessvergleichs vom 18. November 2003 steht mit bindender Wirkung auch für den Beigeladenen fest, dass mit der für das Grenzfenster erteilten Abweichung Einverständnis besteht. Da aufgrund der Feststellungswirkung der Abweichung vom 18. März 2002 im Übrigen feststeht, dass sie unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen erteilt wurde (vgl. Art. 70 Abs. 1 BayBO i. d. F. d. Bek. v. 4.8.1997, GVBl S 433), ist das Grenzfenster des Klägers auch sonst schutzwürdig. Soweit sich der Beigeladene darauf beruft, dass der Kläger die Bedingung aus dem Bescheid über die Abweichung vom 18. März 2002, die Fensteröffnung auf eine Größe von maximal 1 m² (lichtes Maß der Maueröffnung) zurückzubauen, nicht erfüllt habe, ändert die tatsächlich geringfügig größere Öffnung von ca. 1,17 m² nichts an der im Vergleich zum Ausdruck kommenden Bereitschaft, das Grenzfenster grundsätzlich zu dulden (ausweislich der Feststellungen des Verwaltungsgerichts beim Ortstermin vom 22.6.2010 ist die Fensteröffnung in Richtung der Terrasse des Beigeladenen von Mauerwerk zu Mauerwerk 0,997 m breit und vom Fensterblech bis zum Mauerwerk 1,173 m hoch; lediglich im Innern des klägerischen Anwesens ist die lichte Mauerwerksöffnung 1,16 m breit und 1,23 m hoch; das lichte Glasmaß beträgt b/h 90/91 cm, vgl. das vom Kläger im Verfahren beim Verwaltungsgericht mit Schriftsatz vom 25. Mai 2010 vorgelegte Gutachten vom 5. Mai 2010, auf das in der Niederschrift zum Ortstermin Bezug genommen wurde). Hiervon ausgehend erweist sich der lediglich 91 cm breite und 123 cm hohe Ausschnitt der in Abständen gegenüber der Außenwand von zwischen 8 cm und 33 cm vorgelagerten Profilholzverkleidung als unzureichend, weil der Lichteinfall in den Aufenthaltsraum des Klägers in erheblichem Maße beeinträchtigt ist (vgl. hierzu auch die Feststellungen des Gutachtens im selbstständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Regensburg vom 5. Mai 2010). Es mag zwar durchaus zutreffen, dass bestehende Gesimse/Vorsprünge, Gitter, Eternitverkleidungen u. s. w. den Lichteinfall bereits unter Außerachtlassung der Profilholzverkleidung des Beigeladenen im Bestand beschränken. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die zwischen 8 cm und 33 cm vor die Außenwand gesetzte Profilholzverkleidung angesichts einer Aussparung von lediglich 91 cm Breite und (inzwischen) 1,23 m Höhe den Lichteinfall im Vergleich zu den Verhältnissen vor Errichtung der Holzverkleidung deutlich schmälert.

dd) Ginge man entgegen der Rechtsauffassung des Senats davon aus, dass die Profilholzverkleidung entlang der Nordseite der Terrasse aufgrund des geringfügigen Abstands zur Außenwand nicht in geschlossener Bauweise errichtet ist, gilt im Ergebnis nichts anderes. Soweit die Profilholzverkleidung im Bereich der fensterlosen Brandwand ausgeführt wird, ist sie nicht geeignet, nachbarlich geschützte Belange des Klägers zu beeinträchtigen. Im Bereich des klägerischen Fensters gilt das zum Rücksichtnahmegebot Ausgeführte entsprechend, weil jedenfalls die Belichtung und Belüftung des Aufenthaltsraums des Klägers beeinträchtigt werden.

c) Nachdem die Beklagte verkannt hat, dass der nördliche Teil der Holzverkleidung in materiell-rechtlicher Hinsicht das Rücksichtnahmegebot zulasten des Klägers verletzt und dementsprechend Ermessenserwägungen nicht angestellt hat, waren der Ablehnungsbescheid insoweit aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über den Antrag des Klägers vom 3. August 2009 auf bauaufsichtliches Einschreiten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden. Die Beklagte hat festzustellen, auf welche Maße der Ausschnitt in der Profilholzverkleidung des Beigeladenen vor dem Fenster des Klägers zu vergrößern ist, damit die durch die Profilholzverkleidung ausgelöste tatsächliche Schmälerung des Lichteinfalls in den Aufenthaltsraum des Klägers abgewendet wird. Soweit nach den anzustellenden Berechnungen der Beklagten die vergleichswidrige Ausführung der Fensteröffnung von ca. 1,17 m² anstatt 1 m² von Relevanz ist (dies erscheint nicht zwingend, weil die Glasfläche nur ca. 0,82 m² groß ist), ist dieser Umstand schutzmindernd zu berücksichtigen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1, § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Kläger tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

1. Die Berufung ist nicht wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Die Rüge der Kläger, das Verwaltungsgericht habe im Verfahren nicht erörterte Gesichtspunkte zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht, so dass die Entscheidung auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs im Sinn von Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO beruhe, ist unbegründet.

Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verbietet, dass ein Beteiligter durch eine gerichtliche Entscheidung im Rechtssinne „überrascht“ wird. Eine Überraschungsentscheidung im Rechtssinne liegt vor, wenn das Gericht seiner Entscheidung tragend eine Rechtsauffassung zugrunde legt, die weder im Verwaltungs- noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erörtert wurde und die etwa in ihrer Spezialität zunächst als fernliegend anzusehen ist und damit dem Rechtsstreit eine Wende gibt, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten (BVerwG, U. v. 19.7.1985 - 4 C 62.82 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 170; B. v. 15.5.2008 - 2 B 77.07 - NVwZ 2008, 1025 m. w. N.). Die Hinweispflicht konkretisiert den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs und zielt mit dieser Funktion insbesondere auf die Vermeidung von Überraschungsentscheidungen (BVerwG, U. v. 11.11.1970 - 6 C 49.68 - BVerwGE 36, 264; B. v. 4.7.2007 - 7 B18.07 - juris Rn. 5). Ansonsten muss ein Gericht die Beteiligten grundsätzlich nicht vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffs hinweisen, weil sich die tatsächliche und rechtliche Würdigung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung ergibt (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG, B. v. 29.1.2010 - 5 B 21.09 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 61 Rn. 18 und B. v. 26.2.2013 - 4 B 53.12 - juris Rn. 4; B. v. 13.10.2015 - 4 B 24.15 - juris Rn. 8).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben:

Die Kläger stimmten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht sowohl der Anordnung des Ruhens des Verfahrens als auch einer eventuellen Fortsetzung des Rechtsstreits ohne weitere mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren zu. Aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht geht die Darstellung der Kläger nicht hervor, dass das Verwaltungsgericht nach Durchführung der mündlichen Verhandlung und der Ortseinsicht davon ausgegangen sei, es sei eine Abstandsflächenrelevanz der streitgegenständlichen erhöhten Terrasse des Beigeladenen zu bejahen. Insoweit handelt es sich - wie der Beigeladene vorträgt - wohl um eine subjektive und offenbar unrichtige Einschätzung des Verlaufs der mündlichen Verhandlung seitens der Kläger. Wie vom Beigeladenen letztlich unbestritten im Berufungszulassungsverfahren vorgetragen, hat das Verwaltungsgericht zu keinem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung - auch nicht nach Unterbrechung und Beratung der Kammer - erkennen lassen, dass es der Klage Erfolgsaussichten beimesse.

Das Urteil beruht auch nicht - wie von den Klägern vorgetragen - lediglich auf Vermutungen. Das Verwaltungsgericht weist aus der Sicht des Senats zutreffend darauf hin, dass auch die Kläger zum nördlichen Grundstück hin eine Stützmauer errichtet haben und sich die Terrassentüren der Kläger und der Beigeladenen jeweils im Norden auf ähnlich hohem Niveau befinden. Dies bedeute, dass die Kläger ursprünglich ebenfalls vorgehabt hätten, eine erhöhte Terrasse - vermutlich in ähnlicher Höhe wie die Beigeladenen - zu bauen. Wie sich aus den Akten ergebe, hätten sie sich jedoch im Nachhinein entschlossen, an der Grenze zum Grundstück der Beigeladenen einen Lichtschacht (richtig: Lichtgraben) für ein Fenster im Keller zu errichten (s. hierzu im Einzelnen unter 2.).

Entgegen der Auffassung der Kläger stützt das Verwaltungsgericht diese Meinung nicht lediglich auf Vermutungen. Wie es auf Seite 10/11 der Urteilsgründe darlegt, hat es sich seine Überzeugung aus den Feststellungen während des Ortstermins und den in den Gerichtsakten befindlichen Fotos (Blatt 9 und 36 der Behördenakte Nr. S 2011/5425) gebildet.

2. Es bestehen auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Soweit sich die Kläger diesbezüglich darauf berufen, dass sich das Verwaltungsgericht nicht mit der Rechtsprechung zur drittschützenden Wirkung von planerischen Festsetzungen einer Doppelhausbebauung auseinandersetze und im Übrigen schon gar „keine Doppelhausbeziehung im bauplanungsrechtlichen Sinn“ vorliege, führt auch dies nicht zur Zulassung der Berufung.

Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO werden in der offenen Bauweise die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Im System der offenen Bauweise gewinnt der Begriff des Doppelhauses seine planungsrechtliche Bedeutung dadurch, dass die bauliche Anlage auf zwei Nachbargrundstücken errichtet wird. Die Festsetzung der offenen Bauweise betrifft allein die Anordnung der Gebäude auf dem Baugrundstück im Verhältnis zu den seitlichen Grenzen der Nachbargrundstücke. Doppelhäuser, die auf verschiedenen Grundstücken errichtet werden, zeichnen sich gerade dadurch aus, dass sie gemeinsame Grundstücksgrenzen ohne seitlichen Grenzabstand überwinden. Sie erscheinen daher in der offenen Bauweise zunächst als systemwidrig. Der Verordnungsgeber hat sich in § 22 Abs. 2 BauNVO für eine „Modifikation“ der offenen Bauweise entschieden, die dem Begriff des Doppelhauses eine eigenständige, das Abstandsflächengebot an der gemeinsamen Grundstücksgrenze überwindende Bedeutung verleiht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist ein Doppelhaus im Sinn von § 22 Abs. 2 BauNVO eine bauliche Anlage, die dadurch entsteht, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengefügt werden (BVerwG, U. v. 24.2.2000 - 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355; U. v. 5.12.2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290; U. v. 19.3.2015 - 4 C 12.14 - BayVBl 2015, 642; B. v. 14.9.2015 - 4 B 16.15 - juris). Dabei ist das Erfordernis der baulichen Einheit nur erfüllt, wenn die beiden Gebäude in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinander gebaut werden. Ob zwei grenzständig errichtete Baukörper ein Doppelhaus bilden, lässt sich weder abstrakt-generell noch mathematisch-prozentual bestimmen. Es bedarf einer Würdigung des Einzelfalls unter Betrachtung quantitativer und qualitativer Gesichtspunkte (vgl. zuletzt BVerwG, U. v. 19.3.2015 - 4 C 12.14 - BayVBl 2015, 642; B. v. 14.9.2015 - 4 B 16.15 - juris). Kein Doppelhaus entsteht, wenn ein Gebäude gegen das andere so stark versetzt wird, dass es den Rahmen einer wechselseitigen Grenzbebauung überschreitet, den Eindruck eines einseitigen Grenzanbaus vermittelt und dadurch einen neuen Bodennutzungskonflikt auslöst (BVerwG, U. v. 24.2.2000, a. a. O.). Die Frage, ob zwei an der gemeinsamen Grundstücksgrenze errichtete Gebäude (noch) ein Doppelhaus bilden, beurteilt sich allein nach dem Merkmal des wechselseitigen Verzichts auf seitliche Grenzabstände, mit dem eine spezifisch bauplanerische Gestaltung des Orts- und Straßenbildes verfolgt wird.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die dem Beigeladenen genehmigte Ausführung der Terrasse nicht zu beanstanden. Da die Terrasse, die Teil des Hauptbaukörpers ist (siehe die gesonderte Erwähnung von Terrassen in § 20 Abs. 4 BauNVO), die Doppelhausqualität nicht in Frage stellt, kann sie nach § 22 Abs. 2 BauNVO an der Grundstücksgrenze errichtet werden. Der Höhenunterschied zwischen der Unterkante des Lichtgrabens vor dem Kellerfenster der Kläger und der Terrasse des Beigeladenen ändert nichts daran, dass die beiden grenzständigen Gebäude nach wie vor als Einheit wahrgenommen werden. Angesichts der Höhendifferenz von etwa 1,50 m vermag die Terrasse, die auch vom Grundstück der Kläger aus betrachtet deutlich niedriger als etwa ein eingeschossiger Anbau ist, nicht den Eindruck eines einseitigen Grenzanbaus zu vermitteln. Darüber hinaus stellt sich die Terrasse auch nicht als rücksichtslos dar. Das Verwaltungsgericht hat sich vor Ort davon überzeugt, dass - wie die Kläger selbst vortragen - die Hochterrasse an der gemeinsamen Grundstücksgrenze etwa 1,15 m höher als das Grundstück der Kläger ist und der Höhenunterschied der Terrasse zum Lichtgraben der Kläger ungefähr 1,50 m beträgt. Insoweit hat es - allerdings bezogen auf die Abstandsflächenproblematik (vgl. hierzu unten) - zu Recht darauf abgestellt, dass die benachbarten Grundstückseigentümer in ein Verhältnis des gegenseitigen Interessenausgleichs eingebunden sind und sich hieraus gegenseitige Rücksichtnahmepflichten ergeben. Wie unter 1. bereits erörtert, ist den in den Gerichtsakten befindlichen Fotos (Blatt 9 und 36 der Behördenakte - BA (BV-Nr.: S 2011/5425) zu entnehmen, dass auch die Kläger an der östlichen sowie nördlichen Grundstücksgrenze Aufschüttungen vorgenommen haben und auch sie zur Straße hin und zum nördlichen Grundstück Stützmauern errichtet haben (Bild vom 9.5.2012, Bl. 36 der Behördenakte). Wie (auch) dem vom Beigeladenen im Berufungszulassungsverfahren vorgelegten Foto (Bl. 69 der VGH-Akte) unschwer zu entnehmen ist, hatten auch die Kläger ursprünglich beabsichtigt, eine erhöhte Terrasse vermutlich in ähnlicher Höhe wie der Beigeladene zu errichten. Sie haben sich nach Aktenlage allerdings offensichtlich im Nachhinein dazu entschlossen, an der Grenze zum Grundstück des Beigeladenen statt des ursprünglich vorgesehenen, auf Erdgeschossniveau endenden Lichtschachts, wie es in dem, dem Freistellungsverfahren zugrundeliegenden Eingabeplan vorgesehen war, einen Lichtgraben für ein Fenster im Keller zu errichten. Beide Häuser waren daher so konzipiert, dass sie erhöhte Terrassen mit Türen zum nördlichen Bereich erhalten sollten. Zutreffend stellt das Verwaltungsgericht deshalb auch auf die geplante Höhe der Terrasse der Kläger ab und weist darauf hin, dass in einer Gesamtschau von keiner gebäudeartigen Wirkung der Terrasse des Beigeladenen gegenüber der Terrasse der Kläger ausgegangen werden kann, da die Terrasse des Beigeladenen allenfalls geringfügig höher gewesen wäre als die ursprünglich geplante, direkt angrenzende Terrasse der Kläger.

Nach alledem kommt es auf die vom Verwaltungsgericht behandelte Abstandsflächenproblematik nicht an, weil nach Planungsrecht (§ 22 Abs. 2 BauNVO) an die Grenze gebaut werden durfte (Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO). Dass das Verwaltungsgericht die Doppelhausproblematik nicht geprüft hat, ändert nichts an der Richtigkeit seines Urteils. Im Übrigen weist es zutreffend darauf hin, dass unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Einzelfalles nicht von einer gebäudegleichen Wirkung der Terrasse des Beigeladenen im Sinn von Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayBO ausgegangen werden kann. Schließlich führt auch die Auffassung der Kläger, die vom Beklagten geforderte Umwehrung habe vom Verwaltungsgericht hinsichtlich einer etwaigen Abstandsflächenrelevanz mitberücksichtigt werden müssen, nicht weiter, da diese nachträgliche Absturzsicherung gegenüber dem Grundstück der Kläger auf der planabweichenden Abgrabung durch die Kläger entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze beruht.

Angesichts der planungsrechtlichen Zulässigkeit der Terrasse mussten auch die Hilfsanträge der Kläger erfolglos bleiben.

Die Kläger tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Zulassungsverfahrens (§ 154 Abs. 2, § 159 VwGO i. V. m. § 100 ZPO). Sie haben billigerweise auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, der sich im Zulassungsverfahren geäußert hat, zu tragen (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 6.7.1 des Streitwertkatalogs.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach

Aktenzeichen: AN 9 K 15.00573

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 7. September 2015

9. Kammer

Sachgebiets-Nr.: 0920

Hauptpunkte:

Terrassenüberdachung

Reihenhaus

Befreiung, Abweichung

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

1. ...

2. ...

zu 1 und 2 wohnhaft: ...

- Kläger -

zu 1 und 2 bevollmächtigt: ... Rechtsanwaltskanzlei

...gegen

... vertreten durch: Landratsamt ...

- Beklagter -

beigeladen: ...

wegen Baurechts

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, 9. Kammer,

durch die Einzelrichterin Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht Kroh aufgrund mündlicher Verhandlung vom 7. September 2015 am 7. September 2015 folgendes Urteil:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Kläger sind Eigentümer des mit einem Reihenmittelhaus bebauten Grundstücks Fl.Nr. ..., Gemarkung ... Der mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 7. April 2015 zum Verfahren Beigeladene ist Eigentümer des unmittelbar westlich an das Klägergrundstück anschließenden und ebenfalls mit einem Reihenhaus bebauten Grundstücks Fl.Nr. ... Beide Grundstücke liegen im Bereich des Bebauungsplans Nr. ... der Gemeinde ..., welcher u. a. bezüglich der Dachform der Hauptgebäude die Festsetzung „Satteldach von 30 bis 40 Grad“ enthält.

Im Dezember 2014 beantragte der Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung für die Wiedererrichtung einer Terrassenüberdachung unter Erteilung einer Abweichung von den Abstandsflächen sowie einer Befreiung.

Mit Bescheid des Landratsamtes ... vom 26. Februar 2015 wurde dem Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung erteilt unter einer Abweichung wegen Nichteinhaltung der Abstandsflächen zu den Grundstücken Fl.Nr. ... und ... der Gemarkung ... und einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans „... Nr. ...“ wegen abweichender Dachform (Flachdach statt Satteldach mit einer Dachneigung von 30 bis 40 Grad).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, unzumutbare Beeinträchtigungen und damit eine Verletzung des Gebotes der Rücksichtnahme seien für die Nachbarn wegen der erteilten Befreiung vorliegend nicht gegeben. Die Befreiung führe zu keiner Verschlechterung der bauplanungsrechtlichen Situation der Nachbarschaft.

Auch die erteilte Abweichung verletze die Nachbarn nicht in ihren Rechten. Auf den Fl.Nr. ... bis ... der Gemarkung ... befinde sich eine Reihenhausanlage, bestehend aus fünf Reihenhäusern. Jedes dieser Reihenhäuser habe an der Südseite Terrassenüberdachungen, die sich über die gesamte jeweilige Grundstücksbreite erstrecken würden. Auf dem streitgegenständlichen Grundstück sei bereits mit Bescheid vom 27. Juni 2002 eine Baugenehmigung für eine Terrassenüberdachung an gleicher Stelle in den Abmessungen 4,97 m x 4,30 m erteilt worden. Die Überdachung habe sich bereits damals über die gesamte Grundstücksbreite erstreckt. Ebenso stelle sich die Situation auf den benachbarten Grundstücken dar. Auf Fl.Nr. ... und ... sei mit Bescheid vom 5. Dezember 2001 jeweils eine Baugenehmigung für die Errichtung von Terrassenüberdachungen erteilt worden. Die sich auf den nachbarlichen Grundstücken befindlichen Überdachungen hätten eine ähnliche Tiefe und Höhe wie die streitgegenständliche. Der Beigeladene habe eigenen Angaben zufolge im Oktober 2013 die genehmigte Terrassenüberdachung in Holzkonstruktion durch eine Terrassenüberdachung in Aluminium-Profilkonstruktion mit Glasdach ersetzt. Gleichzeitig sei die Tiefe der Überdachung von 4,30 m auf 4,50 m erhöht worden. Die Abweichung von den Abstandsflächen habe für den Neubau erteilt werden können, da keine Beeinträchtigung der abstandsflächenrelevanten Belange durch den Austausch der Terrassenüberdachung ersichtlich sei. Die neue Überdachung stelle keine wesentliche Verschlechterung für die nachbarliche Situation im Vergleich zur vorhergehenden Situation dar, zumal sich die Bebauungssituation links und rechts des beantragten Bauvorhabens nahezu identisch darstelle.

Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 2. April 2015 ließen die Kläger Klage erheben und Antrag nach §§ 80a, 80 Abs. 5 VwGO stellen, welcher mit Beschluss vom 3. Juni 2015 abgelehnt wurde.

Zur Begründung der Klage wird im Wesentlichen ausgeführt, das Bauvorhaben sei materiell nicht genehmigungsfähig. Die Kläger hätten Bedenken, ob die Brandschutzvorschriften eingehalten worden seien und bezweifelten, dass eine Bestätigung darüber eingeholt worden sei, dass das Vorhaben den brandschutzrechtlichen Anforderungen entspreche.

Auf der Terrasse des Beigeladenen gebe es Holzmöbel, echte Teppiche sowie Nippes und Krempel. Feuer finde dort reichlich Nahrung und könne sehr schnell auf das benachbarte Haus der Kläger übergreifen. Es dränge sich auf, dass der Bescheid seitens der Behörden nicht mit erforderlicher Sorgfalt erlassen und die Sachlage nicht hinreichend geprüft worden sei.

Ferner scheine die behördliche Genehmigung der Errichtung des Vorhabens nachzueilen. Das Terrassendach sei bereits Mitte November 2013 errichtet worden. Bereits mit Schreiben vom 28. November 2013 sei von den Klägern beim Landratsamt ... der Mangel der erforderlichen Baugenehmigung gerügt worden und insbesondere auf die Einhaltung der Brandschutzvorschriften hingewiesen worden. Die Terrasse habe nie ein Satteldach gehabt. Dies sei technisch auch überhaupt nicht ausführbar, weil sich über der Terrasse ein Balkon befinde. Als ursprünglicher Schwarzbau sei es ein Flachdach ohne erkennbare Neigung gewesen, jetzt stelle es ein Flachdach mit einer deutlichen Neigung dar.

Die Änderung der Ausführung dürfte auch genehmigungspflichtig sein, eine Genehmigung liege offensichtlich nicht vor.

Auch seien die Angaben des Beigeladenen zu den Baugrenzen, insbesondere hinsichtlich der Abstandsflächen, nicht korrekt. Das Bauwerk liege nicht innerhalb der Baugrenzen. Dem Bauherrn sei bekannt, dass bereits ein Überbau auf dem Grundstück der Kläger bestehe. Eine amtliche Grenzwiederherstellung am 10. Oktober 2014 mit Erneuerung der verschwundenen Grenzmarkierungen habe deutlich gemacht, dass ein Überbau von mindestens 8 cm auf dem Grundstück der Kläger vorliege. Eine Feinvermessung sei beauftragt, habe aber witterungsbedingt noch nicht durchgeführt werden können. Die Kläger würden durch den Überbau und durch das Terrassendach belästigt und in der Nutzung ihres Eigentums eingeschränkt. Eine Stütze des Terrassendachs des Beigeladenen dürfte sich sogar auf dem Grundstück der Kläger befinden.

Es wird beantragt,

die Baugenehmigung vom 26. Februar 2015 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich zulässig. Die erforderliche Befreiung wegen der abweichenden Dachform habe erteilt werden können, da diese städtebaulich vertretbar sei, die Grundzüge der Planung nicht berührt würden und die Abweichung unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sei.

Die Abweichung von den Anforderungen des Abstandsflächenrechts sei zuzulassen gewesen, da sie unter Berücksichtigung des Zwecks des Abstandsflächenrechts und unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen vereinbar sei.

Soweit klägerseits gerügt werde, dass das Vorhaben außerhalb der Baugrenzen liege, so sei dies nicht zutreffend.

Die Vorschriften des Brandschutzes seien im vereinfachten Genehmigungsverfahren nicht Gegenstand des Prüfprogramms der Bauaufsichtsbehörde. Es obliege dem Bauherrn sicherzustellen, dass öffentlich-rechtliche Vorschriften eingehalten würden. Die Einhaltung des Art. 28 BayBO sei vom Bauherrn und Entwurfsverfasser mit bei am Landratsamt... am 5. Februar 2015 eingegangenem Schreiben bestätigt worden.

Aus den Antragsunterlagen gehe nicht hervor, dass durch das Vorhaben ein Überbau des Nachbargrundstücks verwirklicht werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten, wegen der mündlichen Verhandlung auf deren Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Streitgegenstand vorliegender Klage ist die dem Beigeladenen durch den Beklagten mit Bescheid vom 26. Februar 2015 erteilte Baugenehmigung zur Wiedererrichtung einer Terrassenüberdachung auf dem Grundstück FlNr. ... der Gemarkung ...

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

Einen Rechtsanspruch auf Aufhebung einer Baugenehmigung haben Nachbarn nicht schon dann, wenn die Baugenehmigung objektiv rechtswidrig ist. Vielmehr setzt die Aufhebung der Baugenehmigung weiter voraus, dass der Nachbar durch sie zugleich in seinen Rechten verletzt ist, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dies ist nur dann der Fall, wenn die zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung führende Norm zumindest auch dem Schutze der Nachbarn dient, also drittschützende Wirkung hat (vgl. z. B. BVerwG vom 6.10.1989, 4 C 40.87 - juris).

Vorliegend ist festzustellen, dass eine Rechtsverletzung der Kläger durch die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung nicht gegeben ist.

Die Kläger werden durch das streitgegenständliche Vorhaben weder in ihnen Drittschutz gewährenden planungsrechtlichen Vorschriften verletzt (siehe unten 1.), noch können sie erfolgreich die Verletzung einer Nachbarschutz vermittelnden bauordnungsrechtlichen Vorschrift rügen (siehe dazu unten 2.).

1. Die Verletzung einer drittschützenden planungsrechtlichen Vorschrift durch die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung ist im vorliegenden Fall zu verneinen.

a) Entgegen der Auffassung der Kläger überschreitet das streitgegenständliche Bauvorhaben nicht die im einschlägigen Bebauungsplan festgesetzten Baugrenzen.

b) Die erteilte Befreiung von der Dachform für die streitgegenständliche Terrassenüberdachung war bereits nicht erforderlich und geht deshalb mangels Vorliegens eines einer derartigen Befreiung bedürfenden Vorhabens ins Leere.

Der hier einschlägige Bebauungsplan regelt in Ziff. 7 der textlichen Festsetzungen für Hauptgebäude als Dachform „Satteldach“ mit von der Zahl der Vollgeschosse abhängigen unterschiedlichen Dachneigungen.

Für Nebengebäude, Nebenanlagen und Garagen wird in Ziff. 8 des Bebauungsplanes als Dachform „Pultdach“ mit Dachneigungen von 6 bis 10 Grad festgesetzt.

Für eine Terrassenüberdachung, die wie im vorliegenden Fall innerhalb einer als Reihenhausbebauung festgesetzten Hausgruppe (vgl. § 22 BauNVO) realisiert werden soll, greift diese die Dachform des Hauptgebäudes betreffende Bebauungsplanfestsetzung Nr.... erkennbar nicht ein.

Im Hinblick auf Größe und Ausgestaltung der Terrassenüberdachung sowie der Terrasse selbst, ist vorliegend wohl auch nicht von einer „untergeordneten Nebenanlage“ im Sinn des § 14 Abs. 1 BauNVO auszugehen (vgl. z. B. OVG Schleswig vom 15.3.2007, 1 LB 20.06 - juris; BVerwG vom 14.2.1994, 4 B 18.94 - juris; VG München vom 14.4.2000, M 9 S 99.2674 - juris), so dass ein Befreiungs- bzw. Ausnahmeerfordernis sich weder aus Ziff. 8 noch aus Ziff. 2 des Bebauungsplanes „... Nr. ...“ ergibt.

c) Auch bei - unterstellter - Befreiungsbedürftigkeit nach Ziff. 2 und/oder 7 oder 8 des Bebauungsplanes würden die Kläger nicht in dem hier allein als Nachbarschutz vermittelnd in Betracht kommenden Gebot der Rücksichtsnahme verletzt.

Grundsätzlich ist im Hinblick auf den im Rahmen des § 31 Abs. 2 BauGB vermittelten Nachbarschutz zu unterscheiden, ob von einer drittschützenden oder einer nicht drittschützenden Bebauungsplanfestsetzung befreit wurde.

Handelt es sich um eine Befreiung von einer drittschützenden Festsetzung, so hat der Dritte einen Rechtsanspruch auf Einhaltung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB, bei Erteilung einer Befreiung von einer nicht drittschützenden Festsetzung hat der Nachbar nur ein subjektiv-öffentliches Recht auf Würdigung seiner Interessen unter Zugrundelegung der für das Rücksichtnahmegebot entwickelten Maßstäbe.

Vorliegend wurde von einer Festsetzung hinsichtlich der Dachform befreit bzw. eine Befreiung von der im Bebauungsplan hinsichtlich Nebenanlagen enthaltenen Festsetzungen nicht erteilt.

Durch derartige Festsetzungen werden die Planbetroffenen nicht in gleicher Weise zu einer „Schicksalsgemeinschaft“ verbunden, wie dies das Bundesverwaltungsgericht für die die Art der baulichen Nutzung betreffenden Festsetzungen angenommen hat (vgl. dazu BVerwG vom 23.6.1995, 4 B 52.95 - juris). Als örtliche Bauvorschrift ist die Festsetzung Nr. ... grundsätzlich nicht nachbarschützend (vgl. BayVGH vom 10.1.2000, 27 ZB 97.1931 - juris; Decker in Simon/Busse, BayBO, RdNr. 314 zu Art. 81 m. w. N.), gleiches hinsichtlich der Festsetzungen Nr. ... und ... Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass der Plangeber diesen Festsetzungen ausnahmsweise nachbarschützende Wirkung hat beimessen wollen, liegen nicht vor. Vielmehr ergibt sich nach Auffassung des Gerichts in Ansehung der Abhängigkeit der Dachneigung der für Hauptgebäude festgesetzten Dachform „Satteldach“ von der Anzahl der Vollgeschosse sehr deutlich die rein gestalterische Funktion dieser Festsetzung ohne erkennbaren Willen der Gemeinde für einen mit dieser Festsetzung verfolgten Nachbarschutz. Auch den Festsetzungen Nr. ... und ... ist keinerlei Anhaltspunkt für einen nach dem Willen der Gemeinde damit verbundenen Drittschutz zu entnehmen.

Unter welchen Voraussetzungen eine Befreiung von nicht nachbarschützenden Festsetzungen den Nachbarn verletzt, ist nach den Maßstäben des dem - bei einer inmitten stehenden örtlichen Bauvorschrift entsprechend anwendbaren (Art. 81 Abs. 2 Satz 2 BayBO) - § 31 Abs. 2 BauGB zu entnehmenden Gebots der Rücksichtsnahme zu beantworten (vgl. BVerwG vom 8.7.1998, NVwZ - RR 1999, 8).

Maßgebend sind demnach die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauherrn und das, was billigerweise beiden Seiten zumutbar oder unzumutbar ist. Bloße Lästigkeiten lösen einen Schutzanspruch nicht aus; erforderlich ist eine qualifizierte Störung (vgl. BVerwG vom 6.10.1989, 4 C 14.87 - juris).

Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs ist festzustellen, dass unzumutbare Beeinträchtigungen für die Kläger nicht gegeben sind.

Auch den durch das streitgegenständliche Bauvorhaben verwirklichten Größen- und Lageverhältnissen ist nach Auffassung des Gerichtes nichts für die Annahme einer Rücksichtslosigkeit des Beigeladenenvorhabens gegenüber dem klägerischen Grundstück zu entnehmen. Eine solche Wirkung eines Bauvorhabens kann nur dann vorliegen, wenn ein durch seine Ausmaße und Gestaltung als außerordentlich zu qualifizierender Baukörper den Bewohnern des Nachbargrundstücks den Eindruck des „Eingemauertseins“ vermittelt (vgl. z. B. BVerwG vom 13.3.1981, 4 C 1.78 - juris; BayVGH vom 17.7.2013, 14 ZB 12.1153 - juris).

Unter Zugrundelegung der genehmigten Pläne und bei Berücksichtigung des Umstandes, dass sich auf dem Klägergrundstück eine Terrassenüberdachung in etwa gleichem Umfange befindet, ist eine derartige Rücksichtslosigkeit des Beigeladenenvorhabens gegenüber dem Klägergrundstück zu verneinen.

c) Überdies könnten sich die Kläger selbst bei Annahme eines Drittschutzes der hier inmitten stehenden Bebauungsplanfestsetzungen bzw. bei - unterstellter - Rücksichtslosigkeit der streitgegenständlichen Terrassenüberdachung nicht darauf berufen.

Vergleichbar der in der Rechtsprechung geklärten Situation zum bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenrecht, wonach ein Nachbar, der seinerseits den erforderlichen Grenzabstand nicht einhält, nach dem Grundsatz von Treu und Glauben eine derartige abstandsflächenrechtliche Verletzung durch das benachbarte Bauvorhaben nicht rügen kann, wenn die jeweiligen Verletzungen in etwa gleich schwer wiegen und keine schlechthin untragbaren Verhältnisse entstehen (vgl. z. B. BayVGH vom 4.2.2011, 1 BV 08.138 - juris) ist § 242 BGB insoweit auch im Bauplanungsrecht anzuwenden (VGH Baden-Württembergvom 29.9.2010, 3 S 1752.10 - juris; BayVGH vom 4.2.2011, 1 BV 08.131 - juris).

Betroffene Nachbarn können Verstöße gegen drittschützende planungsrechtliche Vorschriften grundsätzlich dann nicht geltend machen, wenn sie selbst qualitativ und quantitativ in etwa gleichem Umfange von eben diesen Vorschriften abgewichen sind.

Nur in einem nach diesen Maßstäben über die Gleichgewichtigkeit der Rechtsverletzung hinausgehenden Umfange ist das auf gegenseitigen Ausgleich angelegte nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis gestört.

Beim Vergleich der wechselseitigen Rechtsverletzungen ist - wie dies auch im Bereich des Bauordnungsrechts anerkannt ist, vgl. BayVGH vom 4.2.2011 a. a. O. -, keine völlig deckungsgleiche Entsprechung gefordert, sondern es ist eine wertende Betrachtung in Bezug auf die mit der konkreten Rechtsverletzung einhergehenden Beeinträchtigungen vorzunehmen.

Gemessen an diesen Grundsätzen ist den Klägern die Berufung auf eine Verletzung ihrer öffentlich-rechtlich geschützten, im Bauplanungsrecht wurzelnden Rechte durch die vorliegend inmitten stehende Terrassenüberdachung verwehrt, denn auch auf ihrem Grundstück befindet sich eine die gesamte Hausbreite umfassende Terrassenüberdachung in etwa vergleichbarem Ausmaße wie die streitgegenständliche auf dem Beigeladenengrundstück.

2. Die Kläger können sich auch nicht erfolgreich auf eine Verletzung bauordnungsrechtlicher drittschützender Vorschriften berufen.

a) So kommt eine Verletzung durch die dem Beigeladenen erteilte Abweichung wegen der Nichteinhaltung der Abstandsflächen zur Grundstücksgrenze zum Klägergrundstück hin möglicherweise schon im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO nicht in Betracht.

Dies mag jedoch dahinstehen, denn die erteilte Abweichung - ihre Erforderlichkeit unterstellt - verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.

Gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von den Anforderungen der Bayerischen Bauordnung zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung des Zweckes der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen, insbesondere den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 BayBO, vereinbart sind.

Im Beschluss vom 29. Juli 2010, Az. 15 ZB 09.2856, Kommunalpraxis BY 2010, 400, hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zur Frage einer Abweichung zu den Abstandsflächen unter anderem ausgeführt:

„Dies bei Abweichungen von den Abstandsflächenvorschriften voraus, dass eine atypische, von der gesetzlichen Regel nicht zureichend erfasste oder bedachte Fallgestaltung vorliegt. Der Zweck des Abstandsflächenrechts, der in erster Linie darin besteht, eine ausreichende Belichtung und Belüftung der Gebäude zu gewährleisten und die für Nebenanlagen erforderlichen Freiflächen zu sichern, wird regelmäßig nur dann erreicht, wenn die Abstandsflächen in dem gesetzlich festgelegten Umfang eingehalten werden. Eine Abweichung wird daher (nur) zugelassen werden, wenn die für sie sprechenden Gründe so viel Gewicht haben, dass die Anforderungen des Abstandsflächenrechts auch dann ausnahmsweise noch als angemessen berücksichtigt angesehen werden können, wenn sie nur eingeschränkt zum Zuge kommen (BayVGH, Urteil vom 15.12.2008, Az. 22 B 07.143 < juris >; Urteil vom 8.5.2008, Az. 14 B 06.2813 < juris >). Eine atypische Fallgestaltung kann sich etwa aus einem besonderen Grundstückszuschnitt, einer aus dem Rahmen fallenden Bebauung auf dem Bau- oder auf dem Nachbargrundstück, einer besonderen städtebaulichen Situation oder topografischen Besonderheiten des Geländeverlaufs ergeben (BayVGH, B.v. 18.7.2007, Az. 1 CS 07.1340, NVwZ - RR 2008, 84).“

Neben dieser „Atypik“ ist weitere Voraussetzung der Rechtmäßigkeit einer Abweichung die Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen unter Würdigung der nachbarlichen Interessen. Damit verlangt das Gesetz - vergleichbar den Anforderungen beim bauplanungsrechtlichen Rücksichtsnahmegebot - eine Abwägung der für das Vorhaben sprechenden Gründe mit den nachbarlichen Belangen.

Eine die Abweichung rechtfertigende Atypik ist vorliegend in der besonderen Situation der Festsetzung einer Reihenhausbebauung zu sehen und dem Umstand, dass sich schon bisher auf dem Beigeladenengrundstück und den anderen Grundstücken dieser Reihenhauszeile über die gesamte Hausbreite angelegte Terrassen mit entsprechenden Überdachungen befunden haben/befinden.

Jedwede z. B. durch altersbedingten Verschleiß nötig werdende Ersetzung dieser Überdachungen würde quasi zwangsläufig eine Abstandsflächenüberschreitung auslösen; dieser für alle in jener Reihenhauszeile vorhandenen Terrassenüberdachungen vergleichbarer Sachverhalt gebietet es, die im Rahmen des Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO erforderliche Atypik anzunehmen (vgl. z. B. BayVGH vom 4.8.2011, 2 CS 11.997 - juris).

Auch die seitens des Beklagten vorgenommene Abwägung bei der Entscheidung über die Abweichungserteilung ist nicht zu beanstanden.

So sind keine Interessen der Kläger erkennbar, die im Rahmen der Abwägung die Erteilung einer Abweichung von vorneherein ausschließen würden.

Insbesondere berücksichtigt der Beklagte in diesem Zusammenhang zutreffenderweise auch, dass sich die Bebauungssituation auf den dem Baugrundstück benachbarten Grundstücken und damit auch auf dem Klägergrundstück nahezu identisch mit der auf dem Beigeladenengrundstück darstellt und eine Beeinträchtigung der vom Abstandsflächenrecht geschützten Belange durch den vorliegend vorgenommenen Austausch der in ähnlichem Ausmaße auf dem Beigeladenengrundstück seit langem vorhandenen Überdachung nicht ersichtlich ist.

Auch ist darauf hinzuweisen, dass angesichts der sich auf dem Klägergrundstück befindlichen, der streitgegenständlichen Überdachung unter abstandsflächenrechtlich relevanten Gesichtspunkten vergleichbaren Terrassenüberdachung eine Berufung auf einen möglichen Abstandsflächenverstoß durch das Beigeladenenvorhaben schon aus dem Grundsatz von Treu und Glauben, § 242 BGB, ausscheidet (vgl. dazu oben 1. zur planungsrechtlichen Situation).

b) Die Kläger können sich auch nicht erfolgreich auf eine Verletzung brandschutzrechtlicher Vorschriften berufen.

Im vorliegend durchgeführten vereinfachten Genehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO gehört der Brandschutz nicht zum Prüfungsumfang und wird daher nicht vom Regelungsgehalt und der Feststellungswirkung der erteilten Baugenehmigung umfasst. Eine Verletzung von Nachbarrechten der Kläger durch die angefochtene Baugenehmigung wegen angeblicher Nichteinhaltung der nicht zum Prüfprogramm im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren gehörenden Vorschriften des Brandschutzes kommt deshalb nicht in Betracht (vgl. zum Prüfungsumfang im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren z. B. BayVGH vom 23.4.2014, 9 CS 14.222 - juris).

c) Auch der klägerseits behauptete teilweise Überbau führt nicht zum Klageerfolg.

Nach § 68 Abs. 4 BayBO wird die Baugenehmigung unbeschadet privater Rechte Dritter erteilt. Der Gesetzgeber sieht es demnach nicht als Aufgabe der Baugenehmigungsbehörde an, private Rechtsbeziehungen, wie etwa die Zulässigkeit eines Grenzüberbaus, zu prüfen. Die zivilrechtliche Realisierbarkeit eines Vorhabens fällt alleine in den Risikobereich des Bauherrn mit der Folge, dass der Nachbar hieraus keine Abwehrrechte gegen die Baugenehmigung herleiten kann.

Vorliegend bewirkt die streitgegenständliche Genehmigung deshalb hinsichtlich des behaupteten Überbaus durch einen der Überdachungspfosten keine Verkürzung der privaten Abwehrrechte der Kläger gegen einen möglichen Grenzüberbau und verletzt diese daher auch nicht in ihren Eigentumsrechten (vgl. z. B. BayVGH vom 31.10.2014, 15 ZB 13.2633 - juris).

Die Klage war demnach abzuweisen.

Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift: Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift: Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München;

Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in

in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Antragsschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 7.500,00 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift: Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift: Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.