Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 25. März 2019 - 6 ZB 18.1416

bei uns veröffentlicht am25.03.2019
vorgehend
Verwaltungsgericht Bayreuth, B 4 K 16.659, 21.02.2018

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 21. Februar 2018 - B 4 K 16.659 - (berichtigt durch Beschluss vom 6.6.2018) wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 57.352,78 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg.

1. Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu Erschließungsbeiträgen für die erstmalige endgültige Herstellung des J.-P.-Wegs (erste und zweite Verlängerung). Diese insgesamt etwa 455 m lange Straße wurde von der beklagten Gemeinde in drei Etappen gebaut: Bereits 1985 wurde der nördliche, etwa 274 m lange Teil fertiggestellt und nach Erschließungsbeitragsrecht abgerechnet. Das zweite, in südlicher Richtung anschließende, etwa 74 m lange Teilstück (erste Verlängerung) wurde 1994 bis 1996 gebaut, wobei der Gehweg eine bituminöse Tragschicht, aber noch keine Deckschicht erhielt. Das dritte nach Süden fortgeführte Teilstück (zweite Verlängerung) von etwa 94 m Länge stellte die Beklagte in den Jahren 2010 und 2011 her. Im Zuge dieser Baumaßnahme ließ sie zudem die Asphaltdeckschicht auf dem Gehweg der ersten Verlängerung aufbringen. Die letzte Rechnung ging bei ihr am 30. Oktober 2015 ein.

Die Beklagte zog den Kläger auf der Grundlage von Art. 5a Abs. 1 KAG (in der bis 31.3.2016 geltenden Fassung - KAG a.F.) in Verbindung mit §§ 127 ff. BauGB und ihrer Erschließungsbeitragssatzung (EBS) vom 18. Dezember 1990 für die - an der ersten Verlängerung gelegenen - Grundstücke FlNr. 191 (Teilflächen) und FlNr. 192 mit drei Bescheiden vom 24. März 2016 zu Erschließungsbeiträgen für die erstmalige endgültige Herstellung des J.-P.-Wegs (erste und zweite Verlängerung) in Höhe von insgesamt 57.352,78 Euro heran (17.957,80 Euro für FlNr. 192; 30.183,17 Euro für eine 1.323 m2 große Teilfläche der FlNr. 191 und 9.211,81 Euro für eine 1.938 m2 große Teilfläche der FlNr. 191).

Das Verwaltungsgericht hat die Klagen für unbegründet erachtet und mit dem angegriffenen Urteil abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Erschließungsbeitragsforderungen seien nicht (festsetzungs-)verjährt. Die maßgebliche Erschließungsanlage werde durch die beiden Verlängerungsstrecken des J.-P.-Wegs gebildet (ab km 0,274 bis zum Ausbauende bei km 0,455). Da der Gemeinderat der Beklagten am 11. April 1994 beschlossen habe, die (erste) Verlängerung nicht endgültig herzustellen, sondern erst nach dessen Fortführung nach Süden insgesamt fertig zu stellen, sei die erste Verlängerung noch nicht die gewollte Anlage gewesen. Die sachlichen Beitragspflichten für diese Anlage seien mit ihrer endgültigen Herstellung entsprechend der Merkmalsregelung in § 8 EBS und dem Eingang der letzten Rechnung am 30. Oktober 2015 entstanden. Entgegen der Ansicht des Klägers sei es vor den letzten Bauarbeiten sichtbar gewesen, dass der Gehweg an der ersten Teilstrecke noch nicht entsprechend § 8 Abs. 2 EBS endgültig hergestellt gewesen sei. Darauf komme es aber letztlich nicht an. Da die beiden Verlängerungsstrecken „die Erschließungsanlage“ bilden würden, sei maßgeblich auf die Erfüllung aller Herstellungsmerkmale auch auf der zweiten Verlängerung abzustellen. Dies sei in technischer Hinsicht nicht vor Oktober/November 2010 der Fall gewesen. Das Verhalten der Beklagten, den Gehweg an der ersten Verlängerungsstrecke zunächst nicht fertigzustellen, sei auch nicht treuwidrig.

2. Die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2, 4 und 5 VwGO, die der Kläger innerhalb der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gegen das erstinstanzliche Urteil geltend gemacht hat, liegen nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

a) An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Dieser Zulassungsgrund läge vor, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B.v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163/1164; B.v. 26.3.2007 - 1 BvR 2228/02 - BayVBl 2007, 624). Die Zweifel müssen sich auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - NVwZ-RR 2004, 542 f.; BayVGH, B.v. 15.2.2018 - 6 ZB 17.2521 - juris Rn. 3). Das ist nicht der Fall.

(1) Das Verwaltungsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass der J.-P.-Weg als die für die klägerischen Grundstücke maßgebliche Erschließungsanlage (Anbaustraße i.S.v. ursprünglich Art. 5a Abs. 1 KAG in der bis 31.3.2016 geltenden Fassung und § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB; nunmehr Art. 5a Abs. 2 Nr. 1 KAG) sowohl die erste als auch die zweite Verlängerung umfasst.

(a) Wie weit eine Straße als einzelne Erschließungsanlage reicht und wo eine andere Verkehrsanlage beginnt, bestimmt sich grundsätzlich nach dem Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln. Zu fragen ist dabei, inwieweit sich die zu beurteilende Straße als augenfällig eigenständiges Element des örtlichen Straßennetzes darstellt. Deshalb hat sich der ausschlaggebende Gesamteindruck nicht an Straßennamen, Grundstücksgrenzen oder dem zeitlichen Ablauf von Planung und Bauausführung auszurichten, sondern, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise, an der Straßenführung, der Straßenlänge, der Straßenbreite und der Straßenausstattung (ständige Rechtsprechung; etwa BayVGH, U.v. 30.11.2016 - 6 B 15.1835 - juris Rn. 23; B.v. 2.3.2017 - 6 ZB 16.1888 - juris Rn. 9). Maßgebend ist das Erscheinungsbild, d.h. die tatsächlichen Verhältnisse, wie sie sich im Zeitpunkt des Entstehens sachlicher Beitragspflichten, also nach Durchführung der Herstellungsmaßnahme, einem unbefangenen Beobachter bei natürlicher Betrachtungsweise darstellen (BayVGH, B.v. 3.6.2013 - 6 CS 13.641 - juris Rn. 9; B.v. 24.7.2013 - 6 BV 11.1818 - juris Rn. 13).

Abweichend vom Grundsatz der natürlichen Betrachtungsweise kann aus Rechtsgründen ein einheitlich erscheinender Straßenzug in zwei jeweils selbständig zu betrachtende Erschließungsanlagen zerfallen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn eine schon endgültig hergestellte Anbaustraße nachträglich verlängert oder fortgeführt wird. Dann stellt das nachträglich angelegte Teilstück eine selbstständige Erschließungsanlage dar, auch wenn zu diesem späteren Zeitpunkt eine - grundsätzlich gebotene - natürliche Betrachtungsweise einen einheitlichen Straßenverlauf des vorhandenen und des neu hergestellten Straßenteilstücks ergibt. Diese Ausnahme betrifft allerdings nur solche Fälle, in denen eine endgültig hergestellte Anbaustraße nachträglich um eine zuvor nicht angelegte Teilstrecke verlängert wird (BayVGH, B.v. 19.10.2017 - 6 B 17.189 - BayVBl 2018, 487 Rn. 19); war der gesamte Straßenzug hingegen bereits angelegt und zur verkehrsmäßigen Erschließung der Anliegergrundstücke benutzbar, aber nur auf einer Teilstrecke fertiggestellt, scheidet eine rechtliche Verselbständigung aus (vgl. BayVGH, U.v. 6.4.2017 - 6 B 16.2125 - juris Rn. 20).

(b) Gemessen an diesen Vorgaben zerfallen die 1994/1996 angelegte erste und die 2010/2011 gebaute zweite Verlängerung des bei natürlicher Betrachtungsweise einheitlichen J.-P.-Wegs entgegen der Ansicht des Klägers nicht aus Rechtsgründen in zwei jeweils eigenständige Erschließungsanlagen. Das ergibt sich allerdings nicht, wie das Verwaltungsgericht meint, aus dem Beschluss des Gemeinderats der Beklagten vom 11. April 1994, wonach die erste Verlängerung noch nicht gleich, sondern erst zusammen mit der (geplanten) Fortführung in Richtung Süden endgültig fertiggestellt werden sollte, um beide dann einheitlich abzurechnen. Für die Frage nach der Ausdehnung einer Erschließungsanlage kommt es nicht auf die Planung „auf dem Papier“ an, sondern darauf, was „in der Natur“ vorhanden ist (natürliche Betrachtungsweise). Auch die Frage, ob die in der Natur vorhandene Anlage endgültig hergestellt ist (Art. 5a KAG i.V.m. § 133 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz1 BauGB), richtet sich nicht nach gemeindlichen Willenserklärungen, sondern danach, ob die Anlage objektiv dem satzungsmäßigen Teileinrichtungsprogramm (für Beleuchtung und Entwässerung), dem auch formlos möglichen konkreten Bauprogramm (für die flächenmäßigen Teileinrichtungen) und schließlich in bautechnischer Hinsicht dem satzungsmäßigen Ausbauprogramm (den Herstellungsmerkmalen) entspricht. Für beide Fragen gibt der Gemeinderatsbeschluss weder unmittelbar noch mittelbar etwas her. Insbesondere zielt er nicht auf die Änderung eines der genannten (Bau-)Programme, die den Maßstab für die endgültige Herstellung bilden.

Die erste Verlängerung kann jedoch deshalb keine eigenständige Erschließungsanlage darstellen, weil sie, wie das Verwaltungsgericht in anderem Zusammenhang zutreffend festgestellt hat, bei ihrer Anlegung in den Jahren 1994 bis 1996 - objektiv - noch nicht endgültig hergestellt worden war, sondern die endgültige Herstellung erst zusammen mit dem Bau der zweiten Verlängerung in den Jahren 2010/2011 abgeschlossen wurde und es deshalb beim Grundsatz der natürlichen Betrachtungsweise bleibt. Denn der Gehweg entsprach nicht dem satzungsmäßigen Ausbauprogramm der Beklagten, sondern war bis zum abschließenden Ausbau nur provisorisch angelegt.

Nach § 8 Abs. 2 EBS sind Bürgersteige endgültig hergestellt, wenn sie - unter anderem - eine Befestigung mit Platten, Pflaster, Asphaltbelag oder eine ähnliche Decke neuzeitlicher Bauweise aufweisen. Diese Merkmalsregelung beruht auf der Ermächtigung des Art. 5a KAG in Verbindung mit § 132 Nr. 4 BauGB und ist inhaltlich nicht zu beanstanden (vgl. Schmitz, Erschließungsbeiträge, 2018, § 5 Rn. 23). Die Gehwegdecke aus einem dieser Materialien muss vollständig sein, um die endgültige Herstellung zu bewirken. Dazu gehört bei der hier in Rede stehenden Asphaltdecke auch ihr Abschluss durch die Deckschicht. An dieser abschließenden Schicht fehlte es zunächst, wie das Verwaltungsgericht vom Kläger insoweit unbestritten festgestellt hat. Sie wurde erst im Zuge der Bauarbeiten an der zweiten Verlängerung auf die Tragschicht aufgebracht. Ob die beitragserhebende Gemeinde oder die beitragspflichtigen Anlieger - subjektiv - den ursprünglichen Ausbauzustand mit der bloßen Tragschicht als endgültig angesehen haben, ist unerheblich. Entscheidend ist allein, dass er es, gemessen an den satzungsmäßigen Herstellungsmerkmalen, objektiv nicht war. Es handelte sich erschließungsbeitragsrechtlich um ein Provisorium, für das damals keine Beiträge hätten erhoben werden dürfen.

Aus der vom Kläger angeführten Rechtsprechung zum Bestimmtheitserfordernis und den daraus folgenden Grenzen für die Auslegung der in Rede stehenden satzungsmäßigen Merkmalsregelung (BVerwG, U.v. 15.5.2013 - 9 C 3.12 - NVwZ 2013, 346; so auch BayVGH, B.v. 18.8.2017 - 6 ZB 17.840 - juris Rn. 7) ergibt sich keine andere Beurteilung. Es steht nicht in Rede, unbestimmte technische Ausbaustandards über das - allein auf „ähnliche Decken“ zu beziehende - Merkmal der „neuzeitlichen Bauweise“ in die Satzung mit der Folge hineinzulesen, dass die Merkmalsregelung für die Beitragspflichtigen intransparent wird und zu einer unangemessenen Risikoverlagerung zu ihren Lasten führt. Vielmehr wird die erforderliche Bauweise durch den hier maßgeblichen Begriff „Asphaltbelag“ abschließend bezeichnet. Dieser Belag muss allerdings vollständig aufgebracht sein, also mit der Deckschicht. Dass diese fehlte, war im Übrigen aufgrund einer verbliebenen Kante am Gehsteig zu erkennen.

(c) Der Beitragserhebung kann auch nicht entgegengehalten werden, die Beklagte habe durch den Gemeinderatsbeschluss vom 11. April 1994 die endgültige Herstellung verzögert. Das Erschließungsbeitragsrecht macht der erhebungsberechtigten Gemeinde grundsätzlich keine zeitlichen Vorgaben, innerhalb welcher Zeitspanne sie die regelmäßig in ihrer Verantwortung liegenden Voraussetzungen für das Entstehen der sachlichen Erschließungsbeitragspflichten herbeizuführen hat, um den Beitrag anschließend festsetzen zu können (BayVGH, U.v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - BayVBl 2014, 241 Rn. 21; B.v. 24.11.2015 - 6 ZB 15.1402 - juris Rn. 10). Eine Ausnahme bildet die nunmehr in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b bb Spiegelstrich 1 KAG geregelte Ausschlussfrist, die mit Eintritt der Vorteilslage zu laufen beginnt, also mit der technischen Fertigstellung (BayVGH, U.v. 16.11.2018 - 6 BV 18.445 - juris Rn. 23 m.w.N.), und deshalb aus den vom Verwaltungsgericht genannten Gründen nicht abgelaufen sein kann. Eine weitere Ausnahme enthält Art. 5a Abs. 7 Satz 2 KAG, wonach kein Erschließungsbeitrag mehr erhoben werden kann, soweit seit dem Beginn der technischen Herstellung der Erschließungsanlage mindestens 25 Jahre vergangen sind; diese Bestimmung wird allerdings erst am 1. April 2021 in Kraft treten (§ 2 Abs. 2 Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 8.3.2016, GVBl. S. 36) und würde im Übrigen dem Kläger nicht zugute kommen, weil auch dieser Zeitraum bei Bescheidserlass noch nicht vergangen war.

b) Der Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegt ebenfalls nicht vor. Die mit dem Zulassungsantrag angesprochenen Gesichtspunkte lassen sich aus den genannten Gründen ohne weiteres aufgrund des Gesetzes und der vorliegenden Rechtsprechung beantworten und bedürfen nicht der Klärung in einem Berufungsverfahren.

c) Die Berufung ist auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO wegen der vom Kläger geltend gemachten Abweichung zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Mai 2013 - 9 C 3.12 - zuzulassen.

Eine beachtliche Divergenz kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil sich die Entscheidungen nicht auf dieselbe Rechtsnorm beziehen. Während das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts das bundesrechtliche Erschließungsbeitragsrecht im Allgemeinen und § 132 Nr. 4 BauGB im Besonderen betrifft, hatte das Verwaltungsgericht Landesrecht anzuwenden. Dieses verweist zwar (ursprünglich in Art. 5a Abs. 1 KAG a.F., nunmehr in Art. 5a Abs. 9 KAG) unter anderem auf § 132 BauGB. Dadurch hat der bayerische Gesetzgeber die in Bezug genommenen Vorschriften des Baugesetzbuchs allerdings in bayerisches Landesrecht überführt (vgl. BayVGH, B.v. 26.4.2002 - 6 B 99.44 - BayVBl 2003, 21; BVerwG, B.v. 9.8.2013 - 9 B 31.13 - juris Rn. 2). Abgesehen davon liegt die behauptete Abweichung in der Sache aus den oben genannten Gründen nicht vor.

d) Es liegt schließlich kein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Dem Verwaltungsgericht musste sich eine Beweiserhebung über die Beschaffenheit der Gehwegoberfläche vor und nach Durchführung der Straßenbauarbeiten im Jahr 2010 und der daraus für einen objektiven Betrachter zu ziehenden Schlussfolgerungen in Bezug auf die Frage der endgültigen Herstellung nicht aufdrängen.

Ein Gericht verletzt seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die eine anwaltlich vertretene Partei nicht ausdrücklich beantragt hat (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BVerwG, B.v. 16.4.2012 - 4 B 29.11 - BayVBl 2012, 640; BayVGH, B.v. 9.3.2016 - 6 ZB 15.622 - juris Rn. 15). Die anwaltlich vertretenen Kläger hätten in der mündlichen Verhandlung einen Beweisantrag (§ 86 Abs. 2 VwGO) zu Protokoll stellen können (vgl. § 105 VwGO i.V.m. § 160 Abs. 3 Nr. 2 ZPO); das ist jedoch ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 20. Februar 2018 nicht geschehen. Die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten zu kompensieren.

Die Tatsache‚ dass ein Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung nicht gestellt wurde‚ wäre nur dann unerheblich‚ wenn sich dem Gericht auf der Grundlage seiner materiell-rechtlichen Auffassung auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag eine weitere Sachverhaltsermittlung hätte aufdrängen müssen. Die Aufklärungsrüge ist jedoch nur dann erfolgreich‚ wenn sie schlüssig aufzeigt‚ dass das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zur weiteren Aufklärung hätte sehen müssen. Es muss ferner dargelegt werden‚ welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der unterbliebenen Aufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer dem Beteiligten günstigeren Entscheidung hätte führen können (BVerwG‚ B.v. 14.9.2007 - 4 B 37.07 - juris Rn. 2 f. m.w.N.; B.v. 10.2.2015 - 5 B 60.14 - juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 13.6.2016 - 6 ZB 14.2404 - juris Rn. 23). Diese Anforderungen erfüllt die Zulassungsbegründung nicht. Sie zeigt nicht schlüssig auf, warum sich dem Verwaltungsgericht eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen. Der Streit betraf weniger den Ausbauzustand, sondern dessen erschließungsbeitragsrechtliche Bewertung.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 12. Oktober 2017 – Au 2 K 16.1729 – wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 2.300‚43 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Denn der innerhalb der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO sinngemäß geltend gemachte Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO‚ auf dessen Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO)‚ liegt nicht vor.

Der Kläger wurde von der beklagten Stadt für die Verbesserung der Orts Straße „Im O.“ durch die Erneuerung der Oberflächenentwässerung und der Straßenbeleuchtung zu einem Straßenausbaubeitrag in Höhe von 2.300,43 € herangezogen. Das Verwaltungsgericht hat seine hiergegen gerichtete Klage – nach Einnahme eines Augenscheins durch den Berichterstatter – abgewiesen. Zwar sei das klägerische Grundstück nicht als Anliegergrundstück einzuordnen, da es durch den im Eigentum der Beklagten stehenden Grünstreifen FlNr. 1891/95 von der abzurechnenden Straße getrennt werde. Es sei jedoch nach den Grundsätzen für nicht gefangene Hinterliegergrundstücke beitragspflichtig. Denn durch die Verlegung von Steinplatten auf dem Grünstreifen habe der Kläger zu erkennen gegeben, dass er diesen regelmäßig überquere, um sein mittels einer Treppe begehbares Anwesen entweder in Richtung der ausgebauten Straße zu verlassen oder von dort aus zu betreten.

Soweit der Kläger mit seinem Vortrag, das Verwaltungsgericht habe ohne entsprechende (weitere) Beweisaufnahme lediglich aufgrund des Vorhandenseins der auf dem klägerischen Grundstück angelegten und zur abgerechneten Orts Straße führenden Treppe eine – regelmäßige – Nutzung dieser „Nottreppe“ unterstellt‚ einen Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO rügen will und damit sinngemäß den Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO geltend macht, kann er damit nicht durchdringen. Eine solche Rüge bleibt schon deshalb ohne Erfolg‚ weil ein Aufklärungsmangel grundsätzlich dann nicht geltend gemacht werden kann‚ wenn ein anwaltlich vertretener Beteiligter – wie hier der Kläger – es in der mündlichen Verhandlung unterlassen hat‚ einen entsprechenden Beweisantrag zu stellen. Denn die Rüge unzureichender Sachaufklärung ist kein Mittel‚ um insbesondere das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen in der mündlichen Verhandlung zu kompensieren (vgl. BVerwG‚ B.v. 16.3.2012 – 4 B 29.11 – juris Rn. 5; BayVGH‚ B.v. 4.9.2017 – 6 ZB 17.1325 – juris Rn. 6).

Die Rüge begründet auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Dieser Zulassungsgrund wäre gegeben, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B.v. 23.3.2007 – 1 BvR 2228/02 – BayVBl 2007, 624). Die Richtigkeitszweifel müssen sich auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – NVwZ-RR 2004, 542 f.). Das ist nicht der Fall.

Der Einwand des Klägers‚ die Treppe stelle lediglich eine „Nottreppe“ dar‚ die keinerlei Mehrwert für sein Grundstück bringe‚ sondern ausschließlich dazu diene‚ im Bedarfsfall über einen zweiten Weg das Grundstück verlassen zu können oder um im Brandfall an den am Treppenende befindlichen Hydranten zu gelangen‚ vermag keine ergebnisbezogenen ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils zu begründen, denen in einem Berufungsverfahren weiter nachzugehen wäre. Denn es kommt nicht darauf an, welche Funktion der Kläger der Treppe zugedacht hat oder in welchem Umfang sie tatsächlich benutzt wird. Entscheidend ist allein das Vorhandensein dieses Zugangs zur abgerechneten Straße und dessen Funktionsfähigkeit, die das Verwaltungsgericht aufgrund des Augenscheins ohne weiteres annehmen durfte.

Bei dem Grundstück des Klägers handelt es sich, wovon das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen ist, um ein sog. „nicht gefangenes Hinterliegergrundstück“. Es grenzt mit seiner Nordseite an die „G. Q. Straße“ an und wird von dieser erschlossen; von der ausgebauten und abgerechneten Orts Straße „Im O.“ ist es durch einen im Eigentum der Beklagten stehenden Grünstreifen (FlNr. 1891/47) getrennt‚ der nach den überzeugenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht als Bestandteil der abgerechneten Straße betrachtet werden kann.

Ein solches nicht gefangenes Hinterliegergrundstück unterliegt nach ständiger Rechtsprechung des Senats nur unter bestimmten Voraussetzungen der Beitragspflicht. Zunächst müssen (irgendwelche) objektiven Anhaltspunkte vorhanden sein‚ die den Schluss erlauben‚ die abzurechnende Straße werde über das Anliegergrundstück vom Hinterliegergrundstück aus ungeachtet dessen direkter Anbindung an seine „eigene“ Straße in nennenswertem Umfang in Anspruch genommen werden (vgl. BayVGH‚ B.v. 3.7.2017 – 6 ZB 16.2272 – juris Rn. 23 m.w.N.). Denn anders als bei Anliegergrundstücken reicht die reine Inanspruchnahmemöglichkeit der ausgebauten Straße bei nicht gefangenen Hinterliegergrundstücken allein nicht aus‚ um die Beitragspflicht zu begründen. Als ein solcher – objektiver – Anhaltspunkt für den Schluss auf eine nennenswerte Inanspruchnahme genügt aber grundsätzlich eine tatsächlich angelegte Zufahrt oder ein tatsächlich angelegter Zugang vom nicht gefangenen Hinterliegergrundstück über das Anliegergrundstück (vgl. BayVGH‚ U.v. 25.10.2012 6 B 10.132 – juris Rn. 40; B.v. 13.7.2015 – 6 ZB 15.585 – juris Rn. 6). In solchen Fällen begründen die tatsächlichen Verhältnisse den Schluss auf eine (wahrscheinliche) Inanspruchnahme der abzurechnenden Straße und damit die sachliche Beitragspflicht des Hinterliegergrundstücks unabhängig davon, wie intensiv die Zufahrt oder der Zugang im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten tatsächlich genutzt wird.

Von diesen Grundsätzen ausgehend hat das Verwaltungsgericht mit überzeugenden Erwägungen eine Beitragspflicht für das klägerische Grundstück bejaht. Nach seinen – insoweit unbestrittenen – Feststellungen hat der Kläger in Fortführung der auf seinem Grundstück beginnenden Treppe auf dem trennenden städtischen Grünstreifen Steinplatten verlegt, die ein sicheres Überqueren der Grünfläche von seinem Grundstück aus auf die abgerechnete Straße „Im O.“ erlauben. Damit hat der Kläger es in der Hand, ob und wann der Zugang genutzt wird. Dafür, dass der tatsächlich vorhandene Zugang etwa lediglich eine theoretische oder besonders umständliche Erreichbarkeit vermitteln würde (vgl. dazu BayVGH‚ B.v. 3.7.2017 – 6 ZB 16.2272 – juris Rn. 26) oder nicht rechtlich verlässlich benutzbar wäre (vgl. dazu BayVGH, B.v. 10.9.2010 – 6 ZB 09.2998 – juris Rn. 6; U.v. 25.10.2012 – 6 B 10.133 – juris Rn. 43; U.v. 27.7.2017 – 6 B 17.519 – juris Rn. 24 jeweils m.w.N.), trägt der Kläger in seiner Zulassungsbegründung nichts Stichhaltiges vor. Der Treppenzugang ist ausweislich der beim gerichtlichen Augenschein gefertigten Lichtbilder nicht in einem solchen Ausmaß zugewachsen, dass er beitragsrechtlich zu ignorieren wäre.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Der Streitwert beruht auf § 47‚ § 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgericht rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften.

(2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind

1.
die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze;
2.
die öffentlichen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbaren Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z. B. Fußwege, Wohnwege);
3.
Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete; Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind;
4.
Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen, soweit sie Bestandteil der in den Nummern 1 bis 3 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind;
5.
Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, auch wenn sie nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind.

(3) Der Erschließungsbeitrag kann für den Grunderwerb, die Freilegung und für Teile der Erschließungsanlagen selbständig erhoben werden (Kostenspaltung).

(4) Das Recht, Abgaben für Anlagen zu erheben, die nicht Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind, bleibt unberührt. Dies gilt insbesondere für Anlagen zur Ableitung von Abwasser sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser.

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 8. Juli 2014 - M 2 K 14.123 - wird geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden‚ wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erhebung einer Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag für die erstmalige Herstellung der Rehbergstraße.

Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks FlNr. 1615/4‚ welches nicht an der Rehbergstraße, sondern an der als Eigentümerweg gewidmeten Straße „Am Rain“ anliegt. Dieser Eigentümerweg weist insgesamt eine Länge von ca. 86 m auf‚ wobei er nach ca. 60 m Verlauf in Nord-Süd-Richtung am Südende der FlNr. 1615/3 auf einer Länge von ca. 26 m rechtwinklig in West-Ost-Richtung abknickt und ohne Weiterfahrmöglichkeit endet.

Der Beklagte erhob mit Bescheid vom 27. September 2012 vom Kläger eine Vorausleistung für die erstmalige Herstellung der Erschließungsanlage „Rehbergstraße“ für das Grundstück FlNr. 1615/4 in Höhe von 4.334‚22 Euro. Über den gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch wurde bisher noch nicht entschieden.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 8. Juli 2014 der Klage stattgegeben und antragsgemäß den Vorausleistungsbescheid des Beklagten vom 27. September 2012 aufgehoben. Das klägerische Grundstück werde durch die abgerechnete Erschließungsanlage „Rehbergstraße“ nicht erschlossen im Sinne von § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB‚ da der Eigentümerweg eine selbstständige Erschließungsanlage im Sinne von § 123 Abs. 2 BauGB darstelle. Dieser habe zwar nur eine Ausdehnung von unter 100 m; da er jedoch nach einem Verlauf von ca. 60 m rechtwinklig abknicke‚ könne er nicht mehr als eine „typische Zufahrt“ angesehen werden. Zwar sei bei dem Eigentümerweg als Stichstraße grundsätzlich von einer hohen Abhängigkeit von der nächsten Erschließungsanlage auszugehen; vorliegend sei indes unstreitig‚ dass Kraftfahrzeuge von der Straße Am Rain aus nach einer lediglich auf wenige Meter im Einmündungsbereich beschränkten Nutzung der Rehbergstraße nur über die sog. Isarbrücke (Dammkarstraße) einen Anschluss an das weiterführende Straßennetz des Beklagten hätten‚ weil es sich bei der Rehbergstraße nicht um eine Durchgangsstraße handele.

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung macht der Beklagte im wesentlichen geltend‚ bei dem Eigentümerweg „Am Rain“ handle es sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht um eine selbstständige Verkehrsanlage. Der Sichtbarkeit des Endes einer Stichstraße komme nicht die Bedeutung zu, die ihr das Verwaltungsgericht beigemessen habe. Mit einer Gesamtlänge von nur ca. 86 m liege der Eigentümerweg unterhalb der 100 m-Grenze, ab welcher im Regelfall von einer selbstständigen Erschließungsanlage ausgegangen werden könne. Zudem würden durch ihn nur zwei Grundstücke erschlossen. Auch nach dem optischen Eindruck komme dem Weg lediglich eine bloße Zufahrtsfunktion zu der auf dem klägerischen Grundstück stehenden Doppelgarage zu. Dass die Anlieger des Eigentümerwegs die Rehbergstraße in aller Regel in nördlicher Richtung nicht benutzten und sich deren Nutzung bei einer Abfahrt über die Isarbrücke auf wenige Meter beschränke‚ sei erschließungsbeitragsrechtlich nicht relevant.

Der Beklagte beantragt‚

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 8. Juli 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt‚

die Berufung zurückzuweisen.

Bei der Straße „Am Rain“ handele es sich um eine selbstständige Erschließungsanlage. Sie entspreche im Wesentlichen den gesetzlichen Anforderungen‚ die für öffentliche Erschließungsanlagen gälten. Der Eigentümerweg sei die alleinige Verbindung zu dem über die gesamte Länge des Grundstücks FlNr. 1615/2 führenden Fußweg. Dieser Fußweg trage die Bezeichnung „Zum Rain“ und sei als beschränkt öffentlicher Weg gewidmet. Die Grundstücke FlNr. 1615/2 und 1615/3 seien zudem in ihrer ganzen Länge für den Freistaat Bayern‚ vertreten durch das Wasserwirtschaftsamt Weilheim, mit einer Dienstbarkeit belastet.

Der Senat hat am 29. September 2016 die örtlichen Verhältnisse im Bereich der abgerechneten Erschließungsanlage, des Eigentümerwegs und des klägerischen Grundstücks in Augenschein genommen. Insoweit wird auf die Niederschrift über den Augenschein verwiesen. Die Bevollmächtigten der Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 24. Oktober und 7. November 2016 abschließend Stellung genommen; beide Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung des Beklagten‚ über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheidet‚ ist zulässig und begründet.

Der angefochtene Vorausleistungsbescheid des Beklagten vom 27. September 2012 findet seine Rechtsgrundlage in Art. 5a Abs. 1‚ Abs. 9 KAG i. V. m. §§ 128 ff. BauGB und der Erschließungsbeitragssatzung des Beklagten vom 1. November 2010. Er ist dem Grunde wie der Höhe nach rechtmäßig und kann den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Das im Eigentum des Klägers stehende Grundstück FlNr. 1615/4 unterliegt entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts der Erschließungsbeitrags- und damit zugleich der Vorausleistungspflicht für die erstmalige Herstellung der Rehbergstraße, auch wenn es ausschließlich an dem Eigentümerweg „Am Rain“ liegt. Bei der Rehbergstraße handelt es sich um eine nach Art. 5a Abs. 2 Nr. 1 KAG beitragsfähige Anbaustraße‚ deren erstmalige Herstellung zwischen den Beteiligten zwischenzeitlich nicht mehr streitig ist. Das klägerische Grundstück wird - als Hinterliegergrundstück im weiteren Sinn - von der Rehbergstraße erschlossen im Sinn von § 131 Abs. 1 Satz 1 und § 133 Abs. 1 BauGB‚ weil der Eigentümerweg „Am Rain“ lediglich eine unselbstständige Zuwegung darstellt (1.)‚ welche die an ihr gelegenen Grundstücke an die Erschließungsanlage „Rehbergstraße“ anbindet (2.).

1. Bei dem Eigentümerweg „Am Rain“, einer von den Grundstückseigentümern dem öffentlichen Verkehr zur Verfügung gestellten und von dem beklagten Markt gewidmeten öffentlichen befahrbaren Straße (vgl. Art. 53 Nr. 3 BayStrWG), handelt es sich entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht um eine selbstständige Erschließungsanlage, sondern lediglich um eine unselbstständige Zuwegung ohne Verbindungsfunktion.

Ob eine Stichstraße (Sackgasse) schon eine selbstständige Anbaustraße im Sinn von Art. 5a Abs. 2 Nr. 1 KAG bildet oder noch ein lediglich unselbstständiges Anhängsel und damit einen Bestandteil der (Haupt-)Straße, von der sie abzweigt, bestimmt sich nach dem Gesamteindruck, den die tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter von der zu beurteilenden Anlage vermitteln. Unselbstständige Zufahrten werden in der Regel angelegt‚ um die Bebauung von nicht unmittelbar an eine selbstständige Erschließungsstraße angrenzenden Grundstücken zu ermöglichen; gleichwohl ist Erschließungsanlage für solche Grundstücke nicht die unselbstständige Zufahrt‚ sondern die Anbaustraße‚ in die diese Zufahrt einmündet. Besondere Bedeutung für die Unterscheidung zwischen (schon) selbstständigen Erschließungsanlagen und (nur) unselbstständigen Zuwegungen kommt dabei der Ausdehnung der Anlage zu‚ ihrer Beschaffenheit‚ der Zahl der durch sie erschlossenen Grundstücke und auch dem Maß der Abhängigkeit zwischen ihr und der Straße‚ in die sie einmündet. Das Maß der Abhängigkeit ist deshalb von besonderem Gewicht‚ weil eine Verkehrsanlage ohne Verbindungsfunktion ausschließlich auf die Straße angewiesen ist‚ von der sie abzweigt‚ sie darin einer unselbstständigen Zufahrt ähnelt und deshalb der Eindruck der Unselbstständigkeit häufig auch noch bei einer Ausdehnung erhalten bleibt‚ bei der eine Anlage mit Verbindungsfunktion schon den Eindruck der Selbstständigkeit erweckt (vgl. BVerwG‚ U. v. 23.6.1995 - 8 C 30.93 - juris Rn. 12 m. w. N.; BayVGH, B. v. 19.8.2009 - 6 ZB 08.1042 - juris Rn. 4). Vor diesem Hintergrund sind grundsätzlich - vorbehaltlich der besonderen Umstände des Einzelfalles - alle abzweigenden Straßen als unselbstständig zu qualifizieren, die nach den tatsächlichen Verhältnissen den Eindruck einer Zufahrt vermitteln, d. h. (ungefähr) wie eine Zufahrt aussehen. Das ist typischerweise dann der Fall, wenn die Stichstraße bis zu 100 m lang und nicht abgeknickt ist oder sich verzweigt (vgl. BVerwG‚ U. v. 16.9.1998 - 8 C 8.97 - DVBl 1999‚ 395; U. v. 23.6.1995 - a. a. O. Rn. 13; BayVGH, B. v. 20.4.2012 - 6 ZB 09.1855 - juris Rn. 8 m. w. N.).

Eine Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt nach der Inaugenscheinnahme der Örtlichkeit durch den Senat‚ dass es sich bei dem Eigentümerweg „Am Rain“ lediglich um eine unselbstständige Zuwegung handelt.

Für diese Annahme spricht entscheidend der Umstand, dass der Eigentümerweg keine Verbindungsfunktion hat und seine (Gesamt-)Länge lediglich ca. 86 m beträgt, also doch erheblich unter der Regellänge von 100 m liegt. Zu berücksichtigen ist ferner‚ dass er lediglich zwei Baugrundstücke (FlNrn. 1615/4 und 1615/2) erschließt und auf keinem dieser Baugrundstücke eine besonders massive Bebauung vorhanden ist. Ein erheblicher Ziel- und Quellverkehr‚ der ein Argument für die Selbstständigkeit einer Stichstraße trotz ihrer geringen Länge wäre‚ kann deshalb entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts ausgeschlossen werden. Die Straße „Am Rain“ bietet keine Weiterfahrmöglichkeit und ist als Stichstraße ausschließlich von der Hauptstraße abhängig, von der sie abzweigt. Ihre Funktion besteht allein darin‚ die beiden Baugrundstücke an die nächste öffentliche Verkehrsanlage anzubinden.

Entgegen der Ansicht des Klägers kann nicht ausschlaggebend darauf abgestellt werden‚ dass die Straße „Am Rain“ zunächst ca. 60 m in Nord-Süd-Richtung verläuft (wo sich die Tiefgaragenzufahrt auf dem Grundstück FlNr. 1615/2 anschließt) und dann rechtwinklig in West-Ost-Richtung abknickt, so dass das Ende des Stichweges von der Einmündung in die Rehbergstraße aus nicht zu sehen ist. Bei der oben dargelegten 100-m-Regel zur Abgrenzung zwischen erschließungsbeitragsrechtlich selbstständigen und unselbstständigen Verkehrsanlagen handelt es sich nicht um eine starre Längenvorgabe. Auch das Bundesverwaltungsgericht fordert jeweils eine Gesamtwürdigung der tatsächlichen Verhältnisse und sieht den Verlauf eines Stichwegs zwar als wesentliches Beurteilungskriterium‚ aber nicht als das allein entscheidende an (vgl. BVerwG‚ B. v. 29.8.2000 - 11 B 48.00 - NVwZ-RR 2001‚ 180/181; VGH BW‚ U. v. 22.5.2003 - 2 S 446/02 - juris Rn. 62; OVG NW‚ B. v. 1.9.2000 - 15 A 1104/09 - juris Rn. 6 f.). Mit Blick auf die Straße „Am Rain“ wird der Gesamteindruck des im Einmündungsbereich stehenden Betrachters maßgeblich durch den Umstand mitgeprägt‚ dass die östlich unmittelbar im Anschluss an die anliegenden Grundstücke aufragende steile und bewaldete Bergwand eine Fortführung der in diese Richtung abknickenden Stichstraße verhindert. Für den objektiven Betrachter ist aufgrund dieser von der öffentlichen Straße aus sichtbaren Verhältnisse klar erkennbar‚ dass nicht nur der von der Rehbergstraße aus sichtbare Teil des Eigentümerwegs bereits nach kurzem Verlauf endet, sondern auch der abknickende Teil keine wesentliche Länge aufweisen kann. Das gilt umso mehr, als das in Nord-Süd-Richtung verlaufende Teilstück aus einer etwa 4,20 m breiten, asphaltierten Fahrbahn besteht, während das rechtwinklig abknickende und auf das klägerische Grundstück führende Teilstück nur 3,5 m breit ist und auf der weit überwiegenden Länge zur Hälfte aus Rasengittersteinen besteht, was den Zufahrtscharakter optisch verstärkt.

Bei einer Gesamtschau aller Umstände ist der Senat nach Inaugenscheinnahme der Örtlichkeit davon überzeugt‚ dass der Eigentümerweg „Am Rain“ lediglich eine unselbstständige Zuwegung darstellt, weil einem unbefangenen Beobachter nicht der Eindruck einer eigenständigen Anlage‚ sondern lediglich eines „Anhängsels“ vermittelt wird.

2. Die unselbstständige Straße „Am Rain“ führt entgegen der Ansicht des Klägers auf die Rehbergstraße, nicht etwa auf die Dammkarstraße; auch das hat die Ortsbesichtigung zur Überzeugung des Senats ergeben. Das klägerische Grundstück ist deshalb für die Herstellung der Rehbergstraße als der nächst erreichbaren - selbstständigen- Erschließungsanlage beitrags- und vorausleistungspflichtig.

Wie weit eine einzelne Anbaustraße reicht und wo eine andere Verkehrsanlage beginnt, bestimmt sich nach dem Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln. Zu fragen ist dabei, inwieweit sich die zu beurteilende Straße als augenfällig eigenständiges Element des örtlichen Straßennetzes darstellt. Deshalb hat sich der ausschlaggebende Gesamteindruck nicht an Straßennamen, Grundstücksgrenzen oder dem zeitlichen Ablauf von Planung und Bauausführung auszurichten, sondern, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise, an der Straßenführung, der Straßenlänge, der Straßenbreite und der Straßenausstattung (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa BayVGH, U. v. 30.6.2011 - 6 B 08.369 - juris Rn. 18; B. v. 25.8.2016 - 6 ZB 16.410 - juris Rn. 5 m. w. N.). Bei der - hier in Streit stehenden - Erhebung einer Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag (Art. 5a KAG i. V. m. § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB), die begrifflich immer vor dem Entstehen der sachlichen Beitragspflichten erfolgt, ist prognostisch nach der Erkenntnislage im Zeitpunkt der (letzten) Behördenentscheidung zu bewerten, wie die Erschließungsanlage sich nach vollständiger Umsetzung des gemeindlichen Bauprogramms darstellen wird (BayVGH, B. v. 24.7.2013 - 6 BV 11.1813 - juris Rn. 13).

Gemessen an diesem Maßstab gehört der Straßenbereich vor der Dammkarbrücke, wo sich die von Westen her über die Brücke kommende Dammkarstraße, die Rehbergstraße und die Straße „Am Rain“ treffen, noch zur Rehbergstraße. Die in Nord-Süd-Richtung entlang der Isar verlaufende Rehbergstraße setzt sich fast gradlinig in den - ebenfalls entlang der Isar verlaufenden - Eigentümerweg „Am Rain“ fort. Das ist deutlich zu erkennen‚ wenn man auf der Rehbergstraße stehend in Richtung Isarbrücke (Dammkarstraße) blickt‚ wobei der Eigentümerweg optisch wie die Verlängerung der Rehbergstraße wirkt.

Die Dammkarstraße hingegen endet nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung unmittelbar am östlichen Ende der Isarbrücke‚ also noch vor der Einmündung des Eigentümerwegs „Am Rain“ in das öffentliche Verkehrsnetz. Dieser Eindruck drängt sich auf, weil die Isarbrücke von allen Seiten aus betrachtet als augenfällige Zäsur das Ende der nach Osten verlaufenden Dammkarstraße an der Stelle markiert, an der sie auf den entlang der Isar in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Straßenzug von Rehbergstraße und Eigentümerweg „Am Rain“ trifft. Diese Einschätzung wird durch den Umstand bestärkt‚ dass die die Dammkarstraße begleitenden Gehwege ebenfalls an dieser Stelle enden. Der Weg „Am Rain“ mündet mithin in die Rehbergstraße. Dass diese unmittelbar danach auf die Dammkarbrücke schwenkt, die Anlieger der Straße „Am Rain“ also die Rehbergstraße (die nach Norden ohne Weiterfahrmöglichkeit endet) nur auf der kurzen Verschwenkung nach Westen in die Dammkarstraße benutzen, ist für die Frage der Beitragspflicht unerheblich. Erschlossen werden Grundstücke (nur) durch die nächsterreichbare Anbaustraße (Rehbergstraße), nicht aber durch die übernächste (Dammkarstraße).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO‚ der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung aus § 167 VwGO‚ § 708 Nr. 10‚ § 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen‚ weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungs-gerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 4.334‚22 Euro festgesetzt.

Tenor

I. Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 9. August 2016 - RN 4 K 15.422 - wird abgelehnt.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 144.771‚38 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg‚ weil die innerhalb der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils, der besonderen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 3 VwGO) nicht vorliegen.

1. An der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel. Die Beklagte hat weder einen einzelnen tragenden Rechtssatz noch eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt (vgl. dazu BVerfG‚ B.v. 21.1.2009 - 1 BvR 2524/06 - JZ 2009‚ 850/851).

a) Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid der Beklagten vom 28. November 2008‚ mit dem die Klägerin zu einer Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag für die bevorstehende erstmalige Herstellung der „Erschließungsanlage Thermalbad Griesbach - westliche Erschließungsanlage“ in Höhe von 178.353‚60 Euro herangezogen worden war‚ insoweit aufgehoben‚ als die festgesetzte Vorausleistung einen Betrag in Höhe von 33.582‚22 Euro übersteigt.

Es ist dabei entscheidungstragend davon ausgegangen‚ dass die der Abrechnung zugrunde liegende Annahme einer einzelnen Erschließungsanlage bestehend aus den im Bescheid genannten Verkehrseinrichtungen bzw. Straßenzügen (Kreisverkehr der Zufahrt‚ Verbindung zwischen Kurallee und Kur Platz‚ Kur Platz, ‚ Ludwigpromenade‚ Bürgermeister-H. Platz und Wendehammer am Ende des Maximiliantunnels) einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalte. Nach der für die Abgrenzung des Ermittlungsraumes grundsätzlich maßgeblichen natürlichen Betrachtungsweise stelle vorliegend die Ludwigpromenade mit der FlNr. 602/39 beginnend im Norden bei der Einmündung in den Bürgermeister-H. Platz (FlNr. 810) bis zum Beginn des Wendehammers im Süden eine eigenständige Erschließungsanlage dar. Wo eine Erschließungsanlage beginne und wo sie ende, bestimme sich nach ständiger Rechtsprechung nach dem Gesamteindruck, den die jeweiligen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermittelten. Dieser Gesamteindruck habe sich auszurichten an der Straßenführung‚ Straßenlage‚ Straßenbreite und Straßenausstattung. Zu beantworten sei damit die Frage‚ auf welcher Trasse der Verkehrsteilnehmer den Eindruck habe‚ auf derselben Straße zu bleiben‚ und auf welcher er den Eindruck gewinne abzubiegen. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei es nicht entscheidungserheblich‚ dass verschiedenartig gestaltete Elemente der Erschließung den Nutzern gleichermaßen zur Verfügung stünden und es sich vorliegend um ein einheitlich genutztes Gebiet‚ ein Thermal-Kurgebiet‚ handle. Die von der Beklagten hervorgehobenen Kriterien wie die unterirdische Erschließung, einheitliche Regelung des oberirdischen Verkehrs mit E-Gas sowie einheitliche Zeiten für Lieferverkehr und An- und Abreise, seien nicht geeignet‚ die im Stadtratsbeschluss zum Ausdruck gebrachte Annahme der Beklagten zu rechtfertigen, die genannten verschiedenen Bestandteile bildeten eine einzelne Erschließungsanlage.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts sind auch die Voraussetzungen des § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB für die Zusammenfassung der Ludwigpromenade mit den weiteren Verkehrsanlagen zu einer Erschließungseinheit nicht gegeben. Die Klägerin könne daher lediglich zu Beiträgen für die erstmalige Herstellung der Ludwigpromenade (FlNr. 602/39) herangezogen werden‚ an der das klägerische Grundstück anliege.

b) Die von der Beklagten hiergegen vorgebrachten Einwände sind nicht stichhaltig und zeigen keine Gesichtspunkte auf‚ die ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils begründen und weiterer Prüfung in einem Berufungsverfahren bedürfen. Der Senat teilt vielmehr die Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass die Klägerin nach Art. 5a KAG i.V.m. § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB nur zu Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag für die Herstellung der Ludwigpromenade als der für sie maßgeblichen Erschließungsanlage herangezogen werden kann.

Der beitragsfähige Erschließungsaufwand ist gemäß § 130 Abs. 2 BauGB für „die einzelne Erschließungsanlage“ zu ermitteln (und auf die erschlossenen Grundstücke zu verteilen), es sei denn, die Gemeinde bildet wirksam Abschnitte einer Erschließungsanlage (Satz 1 Halbs. 2, Satz 2) oder entscheidet sich wirksam dafür, den Erschließungsaufwand „für mehrere Anlagen, die für die Erschließung der Grundstücke eine Einheit bilden“, insgesamt zu ermitteln. Mit dieser zwingenden gesetzlichen Vorgabe ist die von der Beklagten vorgenommene Abrechnung der „Thermalbad G. - westliche Erschließungsanlage“ unvereinbar, ohne dass das weiterer Klärung in einem Berufungsverfahren bedürfte. Sie zielt auf eine gesetzwidrige Zusammenfassung mehrerer einzelner Anlagen, die keine Erschließungseinheit bilden.

(1) Einzelne und für das klägerische Grundstück maßgebende Erschließungsanlage ist die Ludwigpromenade, die entgegen der Ansicht der Beklagten - ohne Zweifel -nicht als lediglich unselbstständiger Teil einer umfassenderen Verkehrsanlage angesehen werden kann.

Wie weit eine einzelne Anbau Straße (früher § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB, nunmehr Art. 5a Abs. 2 Nr. 1 KAG) reicht und wo eine andere Verkehrsanlage beginnt, bestimmt sich nach dem Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln. Zu fragen ist dabei, inwieweit sich die zu beurteilende Straße als augenfällig eigenständiges Element des örtlichen Straßennetzes darstellt. Deshalb hat sich der ausschlaggebende Gesamteindruck nicht an Straßennamen, Grundstücksgrenzen oder dem zeitlichen Ablauf von Planung und Bauausführung auszurichten, sondern, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise, an der Straßenführung, der Straßenlänge, der Straßenbreite und der Straßenausstattung (ständige Rechtsprechung; etwa BayVGH, U.v. 30.11.2016 - 6 B 15.1835 - juris Rn. 23; B.v. 25.8.2016 - 6 ZB 16.410 - juris Rn. 5 m.w.N.)

Nach diesem Maßstab hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen‚ dass der von der Beklagten gebildete Ermittlungsraum aus mehreren selbständigen Verkehrsanlagen besteht. So stellt die Kreisverkehrsanlage im Norden des Plangebietes schon allein wegen ihrer Größe ein eigenständiges Element des Verkehrsnetzes dar. Das Vorhandensein der optisch abgegrenzten Mittelinsel, deren Größe die Fahrbahnbreiten der einmündenden Straßen deutlich übersteigt und damit eine deutliche Zäsur bewirkt, verstärkt diesen Eindruck (vgl. dazu BayVGH, B.v. 25.8.2016 - 6 ZB 16.410 - juris Rn. 6; VGH BW, U.v. 10.7.2014 - 2 S 2228/13 - juris Rn. 67). Dass auch der Bürgermeister-H. Platz und der Kur Platz augenfällig eigenständige Elemente des Verkehrsnetzes darstellen, ergibt sich bereits aus ihrem äußeren Erscheinungsbild, das sich sowohl im Hinblick auf die Ausstattung und gärtnerische Gestaltung als auch auf die flächenmäßige Ausdehnung deutlich von der nach Süden führenden Ludwigpromenade unterscheidet.

Mit dem Verwaltungsgericht ist die Ludwigpromenade, an der das klägerische Grundstück anliegt, als selbstständige Erschließungsanlage anzusehen, die im Süden im Anschluss an den Wendehammer beginnt und im Norden bei der Einmündung in den Bürgermeister-H. Platz endet. Sie stellt in dieser Ausdehnung mit einer Länge von etwa 380 m ein eigenständiges Element des örtlichen Straßennetzes der Beklagten dar und nicht etwa lediglich ein bloßes „Anhängsel“ der genannten Plätze. Anhaltspunkte, die einen anderen Anfangs- oder Endpunkt der Ludwigpromenade nahelegen würden, hat die Beklagte in ihrer Zulassungsbegründung nicht vorgetragen.

Die Beklagte geht im Übrigen selbst davon aus‚ dass der Kreisverkehr, der Kur Platz und der Bürgermeister-H. Platz, die sie als Bestandteile einer einheitlichen „Erschließungsanlage Thermalbad G. - westliche Erschließungsanlage“ betrachtet, unterschiedliche Funktionen erfüllen und auch kein einheitliches Bild abgeben. Ihre Ansicht‚ eine Aufspaltung in jeweils einzeln abzurechnende Erschließungsanlagen erscheine aufgrund der Besonderheiten künstlich und führe zu unterschiedlich hohen Beitragsbelastungen, obwohl allen im westlichen Plangebiet befindlichen Kurbetrieben identische Vorteile geboten würden, verfehlt indes den gesetzlich vorgegeben Anlagenbegriff. Auf den subjektiven planerischen und städtebaulichen Willen auf Seiten der Beklagten, dass es sich um eine Verkehrsanlage mit einer einheitlichen Bedeutung für das Kurgebiet handeln soll, kann es in diesem Zusammenhang nicht ankommen. Auch der Stadtratsbeschluss vom 27. November 2008 vermag an der Maßgeblichkeit der natürlichen Betrachtungsweise nichts zu ändern (vgl. BayVGH, B.v. 15.4.2015 - 6 ZB 14.2843 - juris Rn. 8; U.v. 1.6.2011 - 6 BV 10.2467 - BayVBl 2012, 206/208).

(2) Dem Verwaltungsgericht ist weiter in der Annahme zu folgen, dass die Ludwigpromenade nicht zusammen mit den übrigen Verkehrsanlagen des westlichen Teils des Plangebietes nach § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB insgesamt abgerechnet werden darf.

Der Erschließungsaufwand kann nach § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB nur dann für mehrere Anlagen insgesamt ermittelt (und verteilt) werden, wenn diese Anlagen „für die Erschließung der Grundstücke eine Einheit bilden“. Die Gemeinde darf also nicht etwa beliebig eine Erschließungseinheit bilden. Sie kann nach ihrem Ermessen vielmehr (nur) entscheiden, dass sie eine tatsächlich vorhandene Erschließungseinheit in Ausnahme von der allgemeinen Regel einer Einzelabrechnung insgesamt abrechnen will. Zur Annahme einer solchen Erschließungseinheit reicht es nicht aus, dass mehrere selbstständige Anlagen miteinander verbunden sind und ein siedlungsmäßig oder sonst sichtbar abgrenzbares System etwa innerhalb eines Baugebiets darstellen. Erforderlich ist nach dem Gesetzeszweck vielmehr ein besonderer funktionaler Zusammenhang. Den tragenden Grund für die Erschließungseinheit bildet nämlich das gemeinsame Angewiesensein aller Anlieger auf die Benutzung der Hauptstraße. Er bewirkt, dass die durch die Hauptstraße erschlossenen Grundstücke keinen höheren Sondervorteil genießen als die durch die Neben Straße erschlossenen Grundstücke. Diese durch die Hauptstraße vermittelte Vorteilsgemeinschaft rechtfertigt eine gemeinsame Ermittlung und Verteilung des Erschließungsaufwands mit dem Ziel, die Beitragsbelastung zugunsten der Anlieger der regelmäßig aufwändigeren Hauptstraße zu nivellieren. Ein solcher besonderer funktionaler Zusammenhang liegt nur vor, wenn mehrere Anbaustraßen derart in Beziehung zueinanderstehen, dass eine abhängige (Neben-)Straße ihre Funktion lediglich im Zusammenwirken mit einer bestimmten anderen (Haupt-)Straße in vollem Umfang zu erfüllen geeignet ist, wenn also ausschließlich die letztere der ersteren die Anbindung an das übrige Straßennetz der Gemeinde vermittelt (vgl. BVerwG, U.v. 10.6.2009 - 9 C 2.08 - BVerwGE 134, 139 Rn. 24; U.v. 12.5.2016 - 9 C 11.15 - juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 25.7.2012 - 6 ZB 10.1412 - juris Rn. 8).

Eine solche Fallkonstellation liegt offenkundig nicht vor. Sowohl die Ludwigpromenade als auch die übrigen von der Beklagten zur Erschließungseinheit „Thermalbad Griesbach - westliche Erschließungsanlage“ zusammengefassten Verkehrsanlagen weisen zumindest jeweils zwei Anbindungen an das übrige Straßennetz auf‚ so dass es an dem besonderen Abhängigkeitsverhältnis zwischen Haupt- und Neben Straße und damit an der eine gemeinsame Abrechnung rechtfertigenden Vorteilsgemeinschaft fehlt. Dass die Verkehrsanlagen ein mehr oder weniger abgegrenztes Verkehrssystem in einem Kurgebiet mit homogener Nutzung darstellen‚ kann den erforderlichen besonderen funktionalen Zusammenhang nicht ersetzen. Die Zusammenfassung durch den Stadtratsbeschluss vom 17. Oktober 1984 war daher rechtswidrig und bereits deshalb für die Beitragserhebung unbeachtlich; welche Auswirkungen der Beschluss vom 27. November 2008 auf ihn hatte, kann mithin dahinstehen.

2. Der Berufungszulassungsgrund der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegt ebenfalls nicht vor.

Die mit dem Zulassungsantrag angesprochenen Gesichtspunkte lassen sich aus den oben genannten Gründen ohne weiteres aufgrund des Gesetzes und der Rechtsprechung beantworten und bedürfen nicht der Klärung in einem Berufungsverfahren. Die seitens der Beklagten herausgestellte Besonderheit‚ dass vorliegend ein Kurgebiet durch eine (oder mehrere) Verkehrsanlage(n) von besonderer Qualität und Funktion erschlossen werde‚ kann eine gemeinsame Abrechnung als Erschließungseinheit aus den dargelegten Gründen nicht rechtfertigen.

3. Die Berufung ist schließlich nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Die von der Beklagten formulierten Fragen gehen, soweit sie überhaupt über den konkreten Fall hinaus einer allgemeinen Klärung zugänglich sein sollten, von einem unzutreffenden Verständnis der erschließungsbeitragsrechtlichen Begriffe „einzelne Anlage“ und „Erschließungseinheit“ aus. Sie können sich deshalb in einem Berufungsverfahren nicht entscheidungserheblich stellen. Das gilt insbesondere für die unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Januar 2013 - 9 C 1.12 - formulierte Frage, „ob verschiedene Anlagen, die völlig unterschiedliche Kosten verursachen, jeweils unterschiedliche sehr spezielle Zwecke aufweisen … als Erschließungseinheit zusammengefasst werden können bzw. … müssen“. Denn das Bundesverwaltungsgericht hat in der genannten Entscheidung - freilich nur für das bundesrechtliche, nicht das bayerische Erschließungsbeitragsrecht - daran festgehalten, dass es als Tatbestandsvoraussetzung für eine Zusammenfassungsentscheidung der funktionalen Abhängigkeit zwischen der Hauptstraße und einer von ihr abzweigenden Neben Straße bedarf; es hat in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung (lediglich) entschieden, dass im Verhältnis mehrerer von derselben Hauptstraße abzweigenden Nebenstraßen untereinander keine funktionale Abhängigkeit bestehen braucht. Mit Blick auf die nach Ansicht der Beklagten zusammenzufassenden Verkehrsanlagen fehlt es jedoch an jeglicher funktionalen Abhängigkeit; es gibt unter den in Frage kommenden Verkehrsanlagen keine Hauptstraße und keine allein von dieser funktional abhängigen Neben Straße(n).

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47‚ § 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 14. Juli 2016 – W 3 K 15.28 – abgeändert.

Der Erschließungsbeitragsbescheid der Beklagten vom 8. November 2013 in der Gestalt des geänderten Erschließungsbeitragsbescheids vom 8. Dezember 2014 wird aufgehoben.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden‚ sofern nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu einem Erschließungsbeitrag für Straßenbaumaßnahmen am A. Weg, welche die beklagte Gemeinde in den Jahren 2003/2004 durchgeführt hat.

Der A. Weg, der mit einer Länge von 128 m als Orts Straße gewidmet ist, zweigt von der G. Straße ab und führt nach Nordwesten durch unbeplanten Innenbereich in den Außenbereich. Die Bebauung endet auf der westlichen Straßenseite nach etwa 75 m, auf der östlichen Straßenseite nach etwa 115 m (Wohnhaus Nr. 10). Die Gemeinde hatte den A. Weg 1977/1978 von der G. Straße aus auf einer Länge von 75 m mit einer bituminösen Decke, einer Straßenentwässerung und einer Beleuchtung versehen; hierfür hatte sie 1983 Beiträge „zum Straßenausbau“ und 1988 „für die Erweiterung der Straßenbeleuchtung“ erhoben. Im weiteren Verlauf des A.wegs bestand und besteht die Straßendecke aus ungebundenem Material (Schotter Weg).

In den Jahren 2003 und 2004 führte die Gemeinde am A. Weg beginnend an der Abzweigung von der G. Straße auf einer Länge von etwa 45 m Bauarbeiten durch (bis zur nordöstlichen Hauswand des Anwesens Nr. 1). Dabei wurde festgestellt, dass der bisherige Unterbau als Frostschutz ungeeignet war und die alte Bitumendecke nur eine Stärke von 8 bis 10 cm aufwies. Der A. Weg wurde daraufhin auf der genannten Länge vollständig erneuert. Die Gemeinde erhob für die Baumaßnahme im Jahr 2009 zunächst Straßenausbaubeiträge, nahm die entsprechenden Beitragsbescheide jedoch wieder zurück, nachdem das Verwaltungsgericht der Klage eines Straßenanliegers mit der Begründung stattgegeben hatte, die Beitragserhebung beurteile sich nach dem Erschließungsbeitragsrecht und sei mangels planungsrechtlicher Rechtmäßigkeit der hergestellten Straße derzeit rechtswidrig. Die Beklagte nahm daraufhin mit Beschluss des Gemeinderats vom 17. Juli 2013 eine Abwägung gemäß § 125 Abs. 2 BauGB für die neu ausgebaute Teilstrecke des A.wegs vor.

Mit Bescheid vom 8. November 2013 forderte die Beklagte vom Kläger als Eigentümer des Grundstücks FlNr. … einen Erschließungsbeitrag in Höhe von 4.871,58 € für die erstmalige Herstellung des A.wegs. Hiergegen erhob der Kläger zunächst Widerspruch, über den nicht entschieden wurde. Nachdem das Verwaltungsgericht in einem Eilverfahren (eines anderen Anliegers) die Auffassung vertreten hatte, die Erschließungsanlage beschränke sich auf die 2003/2004 ausgebaute ca. 45 m lange Teilstrecke, erließ die Beklagte nach entsprechender Neuberechnung gegenüber dem Kläger unter dem 8. Dezember 2014 einen Änderungsbescheid, mit dem sie den Erschließungsbeitrag für dessen an diese Teilstrecke angrenzendes Grundstück nunmehr auf 9.013,89 € festsetzte.

Die gegen den Ausgangs- und Änderungsbescheid erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 14. Juli 2016 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass maßgebliche Erschließungsanlage nicht etwa der gesamte Straßenzug des A.wegs sei, sondern nur das 2003/2004 ausgebaute, etwa 45 m lange Teilstück, das an der G. Straße beginne und auf der Höhe der nordöstlichen Hauswand des Anwesens Nr. 1 ende. Die grundsätzlich gebotene natürliche Betrachtungsweise könne nicht zur Anwendung kommen. Wenn nämlich eine tatsächlich vorhandene, aber noch nicht erstmalig hergestellte Straße lediglich auf einer Teilstrecke erstmalig hergestellt werde, bilde nur diese erstmalig hergestellte Anlage die Erschließungsanlage. Das Bauprogramm der Gemeinde bezüglich dieser Länge sei abgeschlossen, weil keine Absicht zur Verlängerung bestehe. Der A. Weg sei nicht bereits früher erstmals endgültig hergestellt worden. Der Ausbau vor 2003/2004 habe nicht dem damals maßgebenden technischen Ausbaustandard hinsichtlich des Herstellungsmerkmals „technisch notwendiger Unterbau“ entsprochen. Im Übrigen sei die planungsrechtliche Rechtmäßigkeit erst mit der Abwägungsentscheidung der Beklagten vom 17. Juli 2013 gegeben gewesen. Bezüglich der demnach maßgeblichen Anlage lägen nunmehr alle Voraussetzungen für das Entstehen der Erschließungsbeitragspflichten vor. Der umlagefähige Aufwand sei von der Gemeinde zutreffend ermittelt und ohne Rechtsfehler auf die erschlossenen Grundstücke verteilt worden. Die Festsetzungsfrist sei noch nicht abgelaufen.

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung macht der Kläger geltend, dass der A. Weg in den 1970er/80er Jahren bereits erstmals hergestellt worden sei. Die Straßenbaumaßnahme 2003 sei nur deshalb erfolgt, weil die Beklagte eine vermeintliche alte Wasserleitung im A. Weg habe erneuern wollen.

Der Kläger beantragt,

das verwaltungsgerichtliche Urteil und den Erschließungsbeitragsbescheid vom 8. November 2013 in Form des geänderten Erschließungsbeitragsbescheids vom 8. Dezember 2014 aufzuheben.

Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 19. Oktober 2017 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet.

Der Erschließungsbeitragsbeitragsbescheid der Beklagten vom 8. November 2013 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 8. Dezember 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beklagte darf für die Baumaßnahmen am A. Weg derzeit keine Erschließungsbeiträge nach Maßgabe von Art. 5a KAG in Verbindung mit §§ 128 ff. BauGB erheben. Diese Straße reicht als Erschließungsanlage (Anbau Straße) weiter, als das Verwaltungsgericht angenommen hat, nämlich bis auf die Höhe des Anliegergrundstücks FlNr. 32/2 (1.). Für diese Anlage sind die sachlichen Erschließungsbeitragspflichten – noch – nicht entstanden, weil sie bislang weder auf ihrer gesamten Länge von etwa 110 m endgültig hergestellt noch planungsrechtlich rechtmäßig ist (2.). Die streitigen Bescheide sind deshalb unter Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils aufzuheben.

1. Der Au Weg reicht als Erschließungsanlage (Anbau Straße i.S.v. ursprünglich § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB, nunmehr Art. 5a Abs. 2 Nr. 1 KAG) bis auf die Höhe des Anliegergrundstücks FlNr. 32/2 (Hausnr. 10).

a) Wie weit eine einzelne Anbau Straße reicht und wo eine andere Verkehrsanlage beginnt, bestimmt sich, wovon das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen ist, grundsätzlich nach dem Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln. Zu fragen ist dabei, inwieweit sich die zu beurteilende Straße als augenfällig eigenständiges Element des örtlichen Straßennetzes darstellt. Deshalb hat sich der ausschlaggebende Gesamteindruck nicht an Straßennamen, Grundstücksgrenzen oder dem zeitlichen Ablauf von Planung und Bauausführung auszurichten, sondern, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise, an der Straßenführung, der Straßenlänge, der Straßenbreite und der Straßenausstattung (ständige Rechtsprechung; etwa BayVGH, U.v. 30.11.2016 – 6 B 15.1835 – juris Rn. 23; B.v. 2.3.2017 – 6 ZB 16.1888 – juris Rn. 9). Maßgebend ist das Erscheinungsbild, d.h. die tatsächlichen Verhältnisse, wie sie sich im Zeitpunkt des Entstehens sachlicher Beitragspflichten, also nach Durchführung der Herstellungsmaßnahme, einem unbefangenen Beobachter bei natürlicher Betrachtungsweise darstellen (BayVGH, B.v. 3.6.2013 – 6 CS 13.641 – juris Rn. 9; B.v. 24.7.2013 – 6 BV 11.1818 – juris Rn. 13).

b) Gemessen an diesem Maßstab stellt der A. Weg eine (einzige) selbstständige Erschließungsanlage dar, die an der Abzweigung von der G. Straße beginnt und bis auf Höhe des Anliegergrundstücks FlNr. 32/2 reicht, wo sie ihre Anbaubestimmung und damit ihre Erschließungsfunktion verliert.

(1) Auf dieser etwa 110 m langen Strecke bildet der A. Weg bei natürlicher Betrachtungsweise einen einheitlichen durchgehenden Straßenzug, der – zumal mit Blick auf seine eher geringe Länge – nicht augenfällig unterbrochen wird. Das ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit aus den bei den Akten befindlichen Lageplänen, Fotos und Luftbildern. Für die Anlagenbestimmung bleiben die tatsächlichen Verhältnisse vor 2013 ohne Bedeutung. Denn vor 2013 konnten die sachlichen Erschließungsbeitragspflichten nicht entstehen. Entstehensvoraussetzung ist neben der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage im Sinn von § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB insbesondere die planungsrechtliche Rechtmäßigkeit der Herstellung nach Maßgabe von § 125 BauGB (vgl. BayVGH, U.v. 4.5.2017 – 6 B 17.141 – juris Rn. 15 ff. m.w.N.). Da die Beklagte für den fraglichen Bereich keinen Bebauungsplan aufgestellt und die höhere Verwaltungsbehörde auch keine Zustimmung zur Herstellung des A.wegs (nach der bis 31.12.1997 geltenden Fassung des § 125 Abs. 2 BBauG/BauGB) erteilt hatte, konnte die Rechtmäßigkeit frühestens durch die bebauungsplanersetzende Abwägungsentscheidung nach § 125 Abs. 2 BauGB begründet worden sein, die vom Gemeinderat der Beklagten erst am 17. Juli 2013 – beschränkt allerdings auf die 2003/2004 ausgebaute, ca. 45 m lange Teilstrecke und damit unzureichend (unten 2 b) – beschlossen worden war.

(2) Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts beschränkt sich die Eigenschaft als Anbau Straße nicht – in Abweichung von der natürlichen Betrachtungsweise – auf den 2003/2004 ausgebauten ca. 45 m langen Teil des A.wegs, der an der G. Straße beginnt und auf Höhe der nordöstlichen Hauswand des Anwesens Nr. 1 endet. Die Annahme, der übrige Straßenteil stehe nur „auf dem Papier“ und sei mithin „aus erschließungsbeitragsrechtlicher Sicht (noch) nicht existent“, weil er mangels ausreichender Frostschutzschicht nicht entsprechend der satzungsrechtlichen Merkmalsregelung endgültig hergestellt sei, kann – unabhängig von der Frage der endgültigen Herstellung (dazu 2 a) – nicht überzeugen.

Die vom Verwaltungsgericht herangezogene Ausnahme von der natürlichen Betrachtungsweise betrifft nur solche Fälle, in denen eine endgültig hergestellte Anbau Straße nachträglich um eine zuvor nicht angelegte Teilstrecke verlängert wird. In einem solchen Fall handelt es sich bei der Verlängerungsstrecke um eine neue selbstständige Erschließungsanlage, auch wenn sie bei natürlicher Betrachtungsweise mit der alten, schon zuvor hergestellten Anlage eine Einheit bildet (vgl. etwa BVerwG, U.v. 18.5.1990 – 8 C 80.88 – NVwZ 1991, 77 ff. zu einer nachträglich konzipierten und angelegten Stich Straße; U.v. 25.2.1994 – 8 C 14.92 – BVerwGE 95, 176/185 zu einer 20 m langen, im Bebauungsplan zwar vorgesehenen, dann aber lange Jahre nicht verwirklichten und erst nachträglich angelegten Verlängerungsstrecke). Eine solche Fallgestaltung steht hier indes nicht in Rede. Denn der A. Weg war „schon immer“ auf voller Länge seiner Erschließungsfunktion angelegt, nicht etwa nur auf der 45 m langen Teilstrecke an der G. Straße. Dass er seit Jahrzehnten einen unterschiedlichen Ausbauzustand aufweist (die Ausbaustrecke 1977/1978 mit einer Länge von etwa 75 m, wovon an 45 m in den Jahren 2003/2004 erneut Baumaßnahmen durchgeführt wurden, und die provisorische Schotterstrecke mit einer Länge von ca. 35 m), ist in diesem Zusammenhang unerheblich (vgl. BayVGH, U.v. 6.4.2017 – 6 B 2125 – juris Rn. 24) und hat nur Bedeutung für die Frage, ob die maßgebliche Erschließungsanlage schon auf ihrer gesamten Länge endgültig hergestellt ist. Eine getrennte Abrechnung der einzelnen Teilstrecken könnte nur im Wege der Abschnittsbildung nach (§ 130 Abs. 2 Satz 1, 2 BauGB) erfolgen. Diesen Weg hat die Beklagte jedoch nicht beschritten. Er wäre im Übrigen für den insgesamt nur etwa 110 m langen Au Weg schon deshalb versperrt, weil etwaige Abrechnungsabschnitte so kurz wären, dass es ihnen an der für eine Abschnittsbildung erforderlichen eigenständigen Bedeutung fehlen würde (vgl. BayVGH, U.v. 13.4.2017 – 6 B 14.2720 – juris Rn. 32).

(3) Der A. Weg verliert seine Anbaubestimmung – aufgrund der seit 2013 bis heute unveränderten tatsächlichen Verhältnisse – auch nicht nach etwa 75 m an dem Ende der 1977/1978 durchgeführten Straßenbaumaßnahme, wo auf der südwestlichen Straßenseite der Außenbereich beginnt. Er hat vielmehr entgegen der Ansicht der Beklagten auf seiner Nordostseite darüber hinaus auf einer weiteren etwa 35 m langen, bislang nur geschotterten Strecke bis auf Höhe des Anliegergrundstücks FlNr. 32/2 (Hausnr. 10) Erschließungsfunktion und verliert erst dort seine Eigenschaft als Anbau Straße.

Eine selbstständige öffentliche Verkehrsanlage ist „zum Anbau bestimmt“ (i.S. von § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB, nunmehr Art. 5a Abs. 2 Nr. 1 KAG), wenn und soweit sie die anliegenden Grundstücke nach Maßgabe der §§ 30 ff. BauGB bebaubar oder in sonstiger nach § 133 Abs. 1 BauGB beachtlicher Weise nutzbar macht (vgl. BVerwG, Urteil v.6.12.1996 – 8 C 32.95 – BVerwGE 102, 294/298; U.v. 3.3.2004 – 9 C 6.03 – NVwZ 2004, 1118/1119). Das ist auch für die geschotterte Teilstrecke der Fall. Diese kann zum einen den angrenzenden Grundstücken ohne weiteres die für eine Bebauung erforderliche verkehrsmäßige Erschließung vermitteln, weil sie tatsächlich mit Kraftfahrzeugen befahren werden kann und rechtlich im Rahmen der Widmung des (gesamten) A.wegs als Orts Straße befahren werden darf. Zum anderen gehören die an der Nordostseite dieser Teilstrecke angrenzenden, in Ortsrandlage gelegenen Flächen noch zum unbeplanten Innenbereich und sind nach Maßgabe des § 34 BauGB bebaubar. Entlang dieses Straßenteils befinden sich in relativ dichter Abfolge drei (Haupt-) Gebäude: zunächst auf dem Grundstück FlNr. 34 – etwa in Höhe des Beginns der geschotterten Strecke um ca. 25 m zurückversetzt – das alte Wohnhaus (Hausnr. 6), dann mit einem Abstand von ca. 5 m in Richtung Nordwesten auf demselben Grundstück, etwa 13 m vom A. Weg abgesetzt, das neue Wohnhaus (Hausnr. 8) und schließlich nach etwa 14 m ein weiteres Wohngebäude (Hausnr. 10), das auf dem (aus dem Anliegergrundstück FlNr. 32/2 herausgemessenen) Grundstück FlNr. 32/3 in einer Entfernung von ca. 8 m zum A. Weg errichtet ist und den Bebauungszusammenhang abschließt. Dass dieses letzte Wohngebäude nach den Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung seit etwa 10 Jahren leer steht und stark sanierungsbedürftig ist, ändert an der Zugehörigkeit zum Bebauungszusammenhang nichts. Denn es übt mit seinem ehemaligen Nutzungszweck gleichwohl nicht zuletzt mit Blick auf das äußerliche Erscheinungsbild des Gebäudes (Beiakt Bl. 9 Foto Nr. 7) noch eine seine Umgebung prägende maßstabsbildende Kraft aus. Aufgrund des geringen Abstands zwischen den Gebäuden und dem A. Weg gehören auch die dazwischen liegenden, kleineren und derzeit gärtnerisch genutzten Grundstücke FlNrn. 32/5, 32/6 und 32/7 zum Bebauungszusammenhang.

2. Für diese Anbau Straße (in ihrer erschließungsbeitragsrechtlich maßgeblichen Ausdehnung) sind die sachlichen Erschließungsbeitragspflichten noch nicht entstanden, weil sie bislang auf ihrer gesamten Länge von etwa 110 m weder endgültig hergestellt noch planungsrechtlich rechtmäßig ist.

a) Der A. Weg ist schon deshalb nicht in vollem Umfang endgültig hergestellt im Sinn von § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB, weil auf der bislang nur provisorisch geschotterten Teilstrecke die in § 8 der Erschließungsbeitragssatzung geregelten Herstellungsmerkmale ersichtlich noch nicht erfüllt sind.

Auch wenn es hierauf nicht entscheidungserheblich ankommt, sei darauf hingewiesen, dass mit dem 1977/1978 durchgeführten Teilstreckenausbau die technischen Herstellungsmerkmale insoweit (d.h. auf einer Länge von ca. 75 m) erfüllt worden sein dürften. Dem steht nicht entgegen, dass die Fahrbahndecke damals nur mit einer Bitumenstärke von 8 bis 10 cm angelegt und der Unterbau nicht frostsicher ausgeführt wurde. Gleichwohl war das in § 8 Abs. 1 Nr. 1 (früher in § 7 Abs. 1 Nr. 1) der Erschließungsbeitragssatzung enthaltene Herstellungsmerkmal („eine Pflasterung, eine Asphalt-, Teer-, Beton- oder ähnliche Decke neuzeitlicher Bauweise mit dem technisch notwendigen Unterbau“) erfüllt. Das Merkmal „technisch notwendiger Unterbau“ ist nicht in dem Sinn zu verstehen, dass es um die Beachtung technischer Regelwerke ginge. Entscheidend kann allenfalls sein, dass irgendein künstlich hergestellter Unterbau unterhalb der Oberflächenbefestigung vorhanden ist (vgl. BayVGH, B.v. 13.6.2016 – 6 ZB 14.2404 – juris Rn. 7 f. m.w.N. zum Unterbau; B.v. 29.6.2016 – 6 ZB 15.2786 – juris Rn. 7 zur Beleuchtung). Eine etwa mängelbehaftete Ausführung der technischen Baumaßnahme berührt nur Gewährleistungsansprüche der Gemeinde gegenüber dem Bauunternehmer und damit unter Umständen die Höhe des beitragsfähigen Erschließungsaufwands, nicht aber die Frage, ob die satzungsmäßigen Herstellungsmerkmale erfüllt sind. Die endgültige Herstellung wäre nur dann zu verneinen, wenn die Mängel die Gebrauchstauglichkeit der Erschließungsanlage ausschlössen, also zur Funktionsunfähigkeit führten. Den damit bezeichneten Mindestanforderungen hatten sowohl die Fahrbahndecke als auch der Unterbau auf der 1977/1978 ausgebauten Teilstrecke des A.wegs offenkundig genügt.

b) Ferner fehlt es an der planungsrechtlichen Rechtmäßigkeit der Herstellung auf der gesamten Länge der Anbau Straße nach Maßgabe des § 125 BauGB, wie sie für das Entstehen der sachlichen Erschließungsbeitragspflichten erforderlich ist (vgl. BayVGH, U.v. 4.5.2017 – 6 B 17.141 – juris Rn. 15 m.w.N.). Zwar hat der Gemeinderat der Beklagten mit Beschluss vom 17. Juli 2013 eine bebauungsplanersetzende Abwägungsentscheidung nach § 125 Abs. 2 BauGB getroffen. Diese beschränkt sich allerdings ihrem eindeutigen Wortlaut nach auf die etwa 45 m lange Teilstrecke, die 2003/2004 ausgebaut wurde, und erfasst nicht die Anbau Straße in ihrem weiteren Verlauf. Für die Reststrecke gibt es auch keine bauplanerischen Festsetzungen oder eine Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde zur Herstellung der Straße (nach der bis 31.12.1997 geltenden Fassung des § 125 Abs. 2 BBauG/BauGB).

c) Ist die Erschließungsanlage Au Weg demnach bislang nicht auf voller Länge endgültig hergestellt, fallen sämtliche Straßenbaumaßnahmen noch in den Anwendungsbereich des spezielleren Erschließungsbeitragsrechts (Art. 5a KAG) und können nicht als Erneuerung oder Verbesserung nach Maßgabe des nachrangigen Straßenausbaubeitragsrechts (Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG) abgerechnet werden. Eine Aufrechterhaltung der zu Unrecht auf das Erschließungsbeitragsrecht gestützten Heranziehungsbescheide auf anderer Rechtsgrundlage (vgl. BayVGH, B.v. 29.11.2016 – 6 CS 16.1932 – juris Rn. 10) kommt daher nicht in Betracht.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig erklärt. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 2. September 2014 - RO 4 K 13.1923 - abgeändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 21. Oktober 2013 wird insoweit aufgehoben, als eine Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag von mehr als 11.116,63 € festgesetzt und eine Zahlung von mehr als 10.291,51 € verlangt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen haben die Klägerin und die Beklagte jeweils die Hälfte zu tragen.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erhebung einer Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag für die erstmalige Herstellung eines Teilstücks der P.-L. Straße (Abschnitt Anwesen F. bis Einmündung NEW 5 mit Anbindung K.-straße, sog. Wohnstraße A).

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Gemeinde P., hatte in den 1960er Jahren beabsichtigt, ein neues Siedlungsgebiet „K.“ unter Einbeziehung bereits vorhandener Bebauung zu schaffen. Während der Bauleitplanung, die nicht zum Abschluss gebracht wurde, erwarb die Gemeinde den für den Bau der im Bebauungsplanentwurf vorgesehenen P.-L.-Straße erforderlichen Grund und begann mit den Bauarbeiten an der nördlichen Teilstrecke (sog. Wohnstraße B). Mit Beitragsbescheiden vom 29. Juli 1967 legte die Gemeinde P. die Kosten des für die Wohnstraße A erforderlichen Grunderwerbs auf die (beiden) Eigentümer der bebauten Grundstücke in diesem Bereich, mit Bescheiden vom 2. Dezember 1968 die Kosten des Grunderwerbs auf die Anlieger an der Wohnstraße B um. Vom Rechtsvorgänger der Klägerin forderte die Gemeinde P. insgesamt 1.613,80 DM (entspricht 825,12 €).

Mit Schreiben vom 7. März 1968 bestätigte die Gemeinde P. aufgrund eines Beschlusses des Gemeinderats vom 18. Dezember 1967 dem Rechtsvorgänger der Klägerin, dass bei einer Bebauung der unbebauten Grundstücke die jeweiligen Eigentümer anteilig für den Grunderwerb der Siedlungsstraße A herangezogen würden und der Differenzbetrag den beiden betroffenen Anliegern zurückerstattet werde.

Mit Beschluss vom 4. November 1968 stellte der Gemeinderat fest, dass ab 1. Dezember 1968 die Wohnstraße im Baugebiet B als endgültig hergestellt gelte. Die Erschließungsbeiträge würden nach der entsprechenden Satzung erhoben. Im Baugebiet A werde vorerst keine weitere Maßnahme durchgeführt, da hierzu keine Notwendigkeit bestehe. Die Erschließungsbeiträge für das Baugebiet A seien nach der Satzung erhoben und restlos bezahlt worden. Die Wohnstraße A blieb in der Folgezeit im unausgebauten Zustand (Schotterweg).

Der Gemeinderat der Beklagten stellte mit Beschluss vom 20. September 1983 fest, dass die frühere Abrechnung rechtswidrig gewesen sei, weil die Gemeinde bebaubare Grundstücke nur deswegen nicht zum Erschließungsbeitrag herangezogen habe, weil diese tatsächlich noch nicht baulich genutzt worden seien. Das Landratsamt halte es für rechtens und notwendig, dass die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der ehemaligen Gemeinde P. die am 7. März 1968 gegenüber den Betroffenen schriftlich abgegebene Zusage einhalte und die Betroffenen damit so stelle, wie dies bei einer von Anfang rechtmäßigen Abrechnung gewesen wäre. Der Gemeinderat sprach sich für die Gleichstellung aller Anlieger aus und fasste den Beschluss, die von den Anliegern für den Grunderwerb geleisteten Beträge beim Ausbau oder bei der Abrechnung der Erschließungsmaßnahme als Vorausleistungen anzurechnen.

Unter dem 12. März 2013 fasste die Beklagte einen Abwägungsbeschluss gemäß § 125 Abs. 2 BauGB betreffend die Wohn Straße A und ließ diese ausbauen.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 579/5, das mit seiner Südseite an die Wohn Straße A angrenzt. Mit Bescheid vom 21. Oktober 2013 setzte die Beklagte ihr gegenüber unter Berücksichtigung von 70% des voraussichtlichen Erschließungsbeitrags eine Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag i.H.v. 21.068,- € fest. Darauf wurde die von ihrem Rechtsvorgänger geleistete Zahlung i.H.v. 825,12 € angerechnet, so dass ein Betrag von 20.242,88 € gefordert wurde. Die Klägerin erhob gegen diesen Bescheid Klage.

Mit Urteil vom 2. September 2014 hob das Verwaltungsgericht den Bescheid der Beklagten auf, „soweit die zu entrichtende Zahlung den Betrag von 19.966,56 € übersteigt“, und wies die Klage im Übrigen ab. Die Beklagte habe fehlerhaft die Verbindungs Straße von der P.-L.-Straße zur K. Straße in die Beitragserhebung einbezogen. Die Verbindungs Straße stelle eine gesondert abzurechnende Erschließungsanlage dar. Die rechtliche Verselbständigung der Wohnstraßen A und B in Form der Abschnittsbildung sei demgegenüber nicht zu beanstanden. Die Abschnittsbildung sei rechtmäßig mit Beschluss des Gemeinderats P. am 4. November 1968 erfolgt. Die Anrechnung der vom Rechtsvorgänger der Klägerin geleisteten Zahlung für den Grunderwerb stütze sich auf den Beschluss des Gemeinderats P. vom 18. Dezember 1967 und den Beschluss der Beklagten vom 20. September 1983. Für eine Indexierung der Zahlung gebe es keine Rechtsgrundlage. Auch der Gemeinderatsbeschluss vom 20. September 1983 enthalte keine entsprechende Zusicherung.

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Berufung macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass die frühere Gemeinde P. eine Abschnittsbildung nicht beabsichtigt habe. Ein wesentliches Indiz dafür sei der Umstand, dass hinsichtlich des Grunderwerbs alle 18 Anlieger entlang der späteren P.-L.-Straße herangezogen worden seien. Es handle sich auch nicht um einen endgültig hergestellten Abschnitt einer Straße, der nachträglich verlängert worden sei. Die im Jahr 2013 ausgebaute Strecke sei schon vorhanden gewesen, bevor der nördliche Teil der Straße ausgebaut worden sei. Bei dem Beschluss vom 4. November 1968 sei vollkommen unklar geblieben, zu welchem Zeitpunkt die weitere Erschließung stattfinden sollte. Die fehlende Begründung für die angeblich nicht vorhandene Notwendigkeit des Weiterbaus erscheine willkürlich. Die Klägerin und ihre Nachbarin hätten den Ausbau immer wieder gefordert. Die Zahlung auf die Grunderwerbskosten sei wie eine Vorauszahlung nach § 133 Absatz 3 Satz 4 BauGB zu behandeln und zu verzinsen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 2. September 2014 den Bescheid der Beklagten vom 21. Oktober 2013 aufzuheben.

Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Eine Abschnittsbildung sei 1968 nach § 130 Absatz 2 BBauG möglich gewesen und wirksam beschlossen worden. Eine entsprechende Aufgliederung in Abschnitte habe der Bebauungsplan bereits vorgesehen, so dass dies auch Grundlage einer Abschnittsbildung habe sein dürfen. Dieser Betrachtung stehe nicht entgegen, dass der Grunderwerb im Wege der Kostenspaltung bereits damals abgewickelt worden sei. Auch der Umstand, dass eine Straße eine Lebensdauer von typisiert 20 bis 25 Jahren habe, bedeute nicht, dass mit diesem Zeitablauf zwingend der Zeithorizont bei einer Abschnittsbildung abgelaufen wäre. Ein Ausbaubedarf sei technisch nicht gegeben. Einzuräumen sei, dass im Gemeinderatsbeschluss vom 4. November 1968 das Wort „Abschnitt“ oder „Abschnittsbildung“ nicht ausdrücklich vorkomme. Der ausdrücklichen Erwähnung bedürfe es aber nicht, wenn sich aus dem objektiven Gehalt dieser Wille erkennen lasse. Das sei der Fall. Es sei von einem Baugebiet B und einem Baugebiet A im Siedlungsgebiet „Kurbersdorf“ ausdrücklich die Rede. Das beschreibe Abschnitte. Schließlich bleibe die Frage, ob es sich nicht um eine in den 1960er Jahren hergestellte Erschließungsanlage handle, die erst nach der Jahrtausendwende verlängert worden sei und damit eine neue, eigenständige Anlage darstelle. Im Hinblick auf die von der Klägerin geforderte Verzinsung oder Indexierung fehle es an einer Rechtsgrundlage.

Die Beklagte hat entsprechend den Vorgaben des Senats eine Vergleichsberechnung erstellt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, die vorgelegten Behördenakten und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 6. April 2017 Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und teilweise begründet.

Der Vorausleistungsbescheid der Beklagten vom 21. Oktober 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit er für ihr Grundstück FlNr. 579/5 eine höhere Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag als 11.116,63 € festsetzt und eine Zahlung von mehr als 10.291,51 € verlangt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Im Übrigen bleiben die Klage und die Berufung ohne Erfolg.

Die Vorausleistungsforderung der Beklagten ist auf der Grundlage von Art. 5a KAG i.V.m. § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB nur in Höhe von 11.116,63 € (statt 20.242,88 €) rechtmäßig. Gegenstand der Beitrags- und damit Vorausleistungserhebung ist die Herstellung der P.-L.-Straße in ihrer gesamten Ausdehnung als der maßgeblichen Erschließungsanlage, allerdings ohne das Verbindungsstück zur K. Straße (1.). Die Beklagte und ihre Rechtsvorgängerin haben keinen wirksamen Abschnitt zwischen den sog. Wohnstraßen A und B gebildet (2.). Bezogen auf die gesamte P.-L.-Straße ist der Vorausleistungsbescheid in Höhe von 11.116,63 € aufrechtzuerhalten (3.). Eine Verzinsung oder Indexierung der 1967 geleisteten Zahlungen des Rechtsvorgängers der Klägerin ist ausgeschlossen (4.).

1. Maßgebliche Erschließungsanlage (i.S.v. § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB, nunmehr Art. 5a Abs. 2 Nr. 1 KAG) ist die P.-L.-Straße in ihrer gesamten Länge von ca. 465 m.

a) Wie weit eine einzelne Erschließungsanlage reicht und wo eine andere Verkehrsanlage beginnt, bestimmt sich nach dem Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln. Zu fragen ist dabei, inwieweit sich die zu beurteilende Straße als augenfällig eigenständiges Element des örtlichen Straßennetzes darstellt. Deshalb hat sich der ausschlaggebende Gesamteindruck nicht an Straßennamen, Grundstücksgrenzen oder dem zeitlichen Ablauf von Planung und Bauausführung auszurichten, sondern, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise, an der Straßenführung, der Straßenlänge, der Straßenbreite und Straßenausstattung (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa BayVGH, U.v. 30.6.2011 - 6 B 08.369 - juris Rn. 18; B.v. 25.8.2016 - 6 ZB 16.410 - juris Rn. 5 m.w.N.). Bei der - hier in Streit stehenden - Erhebung einer Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag (Art. 5a KAG i.V.m. § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB), die begrifflich immer vor dem Entstehen der sachlichen Beitragspflichten erfolgt, ist prognostisch nach der Kenntnislage im Zeitpunkt der (letzten) Behördenentscheidung zu bewerten, wie die Erschließungsanlage sich nach vollständiger Umsetzung des gemeindlichen Bauprogramms darstellen wird (BayVGH, U.v. 13.4.2017 - 6 B 14.2720 - juris Rn. 20).

Gemessen an diesem Maßstab beginnt die P.-L.-Straße im Norden an der Einmündung in die west-östlich verlaufende Straße (in etwa an der Grenze zwischen den Grundstücken FlNrn. 561/2 und 586/2) und endet im Süden an ihrer Einmündung in die Hauptstraße (NEW 5). Der geschwungen verlaufende Straßenzug stellt sich bei natürlicher Betrachtungsweise ausweislich der vorliegenden Pläne und Luftbilder als eine einzige Erschließungsanlage dar. Auffällige, markante Zäsuren, die zu einer Aufspaltung in zwei Anlagen führen könnten, sind nicht zu erkennen.

Die Anbindung zur K. Straße ist, wie das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden hat, bei natürlicher Betrachtungsweise nicht Teil der Erschließungsanlage P.-L.-Straße. Es handelt sich nicht um eine unselbständige Stich Straße (der P.-L.-Straße), sondern um ein Straßenstück mit Verbindungsfunktion. Nach ihrer Verkehrsfunktion ermöglicht sie insbesondere den Anliegern der südwestlich der P.-L.-Straße liegenden Grundstücke eine kürzere Verbindung zur Hauptstraße (NEW 5). Von Verkehrsführung und Ausgestaltung ihres Anschlusses an die P.-L.-Straße ist sie nicht als deren Teil anzusehen, sondern allenfalls als Teil der K. Straße zu bewerten.

b) Die P.-L.-Straße zerfällt auch nicht aus Rechtsgründen in zwei jeweils selbstständig zu betrachtende Erschließungsanlagen.

Bei der Wohn Straße A handelt es sich nicht um die - zwangsläufig selbstständige - Verlängerungsstrecke einer bereits endgültig hergestellten Erschließungsanlage Wohnstraße B. Die Erschließungsanlage P.-L.- Straße endete 1968 nicht mit dem Ausbauende des fertiggestellten Teilstücks, sondern setzte sich mit - einseitiger - Anbaufunktion, wenn auch nur provisorisch hergestellt, bis zur Einmündung in die Hauptstraße (NEW 5) fort. Der gesamte Straßenzug war mithin bereits damals angelegt und zur verkehrsmäßigen Erschließung der Anliegergrundstücke benutzbar, aber nur teilweise fertiggestellt. Eine rechtliche Verselbständigung scheidet damit aus, weil Teilstrecken einer Erschließungsanlage nur durch eine Abschnittsbildung gemäß § 130 Abs. 2 Satz 1 BBauG bzw. § 130 Abs. 2 Satz 1 und 2 BauGB getrennt abgerechnet werden konnten und können (vgl. BVerwG, U.v.27.9.1982 - 8 C 145.81 - juris Rn. 17).

Eine Aufspaltung in zwei Erschließungsanlagen ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Straßenzug an der Einmündung in die Hauptstraße (NEW 5) auf etwa 117 m Länge nur einseitig zum Anbau bestimmt ist, weil die südlich angrenzenden Grundstücke dem Außenbereich zuzuordnen sind. Sie käme als Folge einer Anwendung des Halbteilungsgrundsatzes nur dann in Betracht, wenn der Ausbau der Straße auf dem einseitig anbaubaren Teilstück den Umfang übersteigen würde, der für die hinreichende Erschließung der Grundstücke an der zum Anbau bestimmten nördlichen Seite unerlässlich oder schlechthin unentbehrlich ist (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.1992 - 8 C 31.90 - juris Rn. 14). Davon kann jedoch mit Blick auf die Gesamtausbaubreite von 5 m und die „schlichte“ Ausstattung ohne Gehwege keine Rede sein.

2. Weder die frühere Gemeinde P. noch die Beklagte haben die P.-L.-Straße gemäß § 130 Abs. 2 Satz 1 BBauG oder § 130 Abs. 2 Satz 1 und 2 BauGB wirksam in Abrechnungsabschnitte (Wohnstraßen A und B) geteilt. Deshalb stellt der gesamte Straßenzug den für die Vorausleistungs- und Beitragserhebung maßgeblichen Ermittlungsraum dar.

Eine Abschnittsbildung scheidet allerdings nicht von vornherein aus. Sie darf mit der Erhebung von Vorausleistungen kombiniert werden, auch wenn beide Instrumente der Vorfinanzierung dienen. Denn mit dem Begriff Erschließungsanlage als Gegenstand der Vorausleistungserhebung meint § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB - wie § 133 Abs. 2 BauGB für den Beitrag selbst - auch einen Abschnitt oder eine Erschließungseinheit, wenn die Gemeinde sich wirksam für einen solchen Ermittlungsraum entschieden hat (vgl. BVerwG, U.v. 22.2.1985 - 8 C 114.83 - juris Rn. 25 a.E.; BayVGH, U.v. 7.5.2015 - 6 B 13.2519 - juris Rn. 25 ff.).

Als Entscheidung über eine Abschnittsbildung kommt nur der Beschluss des Gemeinderats der Gemeinde P. vom 4. November 1968 in Betracht. Der Beschluss des Gemeinderats der Beklagten vom 12. März 2013 diente einzig der bebauungsplanersetzenden Abwägung gemäß § 125 Abs. 2 BauGB für den Bereich der Wohnstraße A und hatte keine Abschnittsbildung zum Gegenstand.

Die Rechtmäßigkeit des Beschlusses vom 4. November 1968 richtet sich nach § 130 Abs. 2 Satz 1 BBauG (vom 23.6.1960, BGBl I S. 341; entspricht § 130 Abs. 2 Satz 1 BauGB). Danach konnte der Erschließungsaufwand für die einzelne Erschließungsanlage oder für bestimmte Abschnitte einer Erschließungsanlage ermittelt werden. Die Abschnittsbildung durfte sich bereits damals nicht nach der - mehr oder weniger - zufälligen Ausbaulänge einer Straße richten; Abschnitte i.S.v. § 130 Abs. 2 Satz 1 BBauG waren vielmehr nur solche Straßen-Teillängen, die durch erkennbare Markierungen - etwa einmündende Straßen - begrenzt waren (BVerwG, U.v. 15.9.1978 - IV C 50.76 - juris Rn. 17). Diese Rechtsprechung wurde mit der Einfügung des § 130 Abs. 2 Satz 2 BauGB mit Wirkung vom 1. Juli 1987 (durch Gesetz vom 8.12.1986, BGBl I S. 2191) insoweit bekräftigt und um die Zulässigkeit einer Abschnittsbildung auch nach rechtlichen Gesichtspunkten, etwa an den Grenzen von Bebauungsplangebieten, erweitert. Die Entscheidung der Gemeinde, den Erschließungsaufwand abweichend von der gesetzlichen Regelung unter den jeweiligen Voraussetzungen auf der Grundlage eines Abschnitts oder für mehrere Anlagen insgesamt zu ermitteln und zu verteilen, erfolgt im Einzelfall durch einen innerdienstlichen Ermessensakt, der deutlich und unmissverständlich bekundet (BayVGH, B.v. 13.2.2015 - 6 B 14.2372 - juris Rn. 15) und hinreichend bestimmt sein muss (BayVGH, U.v. 1.12.2011 - 6 B 09.2873 - juris Rn. 28).

Nach diesen Anforderungen ist es bereits zweifelhaft, ob der Gemeinderat mit Beschluss vom 4. November 1968 überhaupt einen (Abrechnungs-)Abschnitt für die damals fertiggestellte sog. Wohn Straße B beschließen wollte oder von der rechtlich unzutreffenden Vorstellung ausging, dass die Gemeinde mit diesem Beschluss die Erschließungsanlage ohne Abschnittsbildung auf die Wohn Straße B begrenzen könne. Denn der Beschluss enthält den Begriff „Abschnitt“ oder „Abschnittsbildung“ nicht. Jedenfalls ist der Beschluss aber - offenkundig - zu unbestimmt, um eine wirksame Abschnittsbildung annehmen zu können. Er spricht von Wohnstraßen A und B, ohne sie selbst unmittelbar oder wenigstens durch Bezugnahme auf Pläne oder sonstige Unterlagen in irgendeiner Weise näher zu bestimmen. Alle in den Akten der Beklagten befindlichen Pläne aus der Zeit um 1968 definieren die Grenze zwischen den Wohnstraßen A und B entweder gar nicht oder unterschiedlich. Es mag naheliegen, eine etwaige Begrenzung auf das damalige Ausbauende zu beziehen, was aber aus Rechtsgründen für sich betrachtet nicht ausgereicht hätte. Selbst wenn man zugunsten der Beklagten davon ausgehen würde, dass der in den Bebauungsplanentwürfen vorgesehene Fußweg (heute FlNr. 581/18) als Grenze zwischen den Wohnstraßen A und B gemeint gewesen sein sollte und dem tatsächlichen Ausbauende entsprochen hätte, läge keine wirksame Abschnittsbildung vor. Denn auch eine solche Grenzziehung hätte nicht den Anforderungen des § 130 Abs. 2 Satz 1 BBauG genügt. Der Fußweg war damals und ist bis heute ein unbefestigter Pfad, nicht aber ein eindeutig räumlich erkennbares Merkmal, wie eine Straßeneinmündung, Kreuzung oder Brücke. Auch das Ende des Bebauungszusammenhangs kommt als örtlich erkennbares Merkmal (BayVGH, B.v.15.7.2008 - 6 CS 08.950 - juris Rn. 4) nicht in Betracht. Aus den Plänen folgt (bestätigt durch die von der Beklagten vorgelegte Bauzeitenaufstellung der Gebäude auf den anliegenden Grundstücken und den Lageplan von 1968), dass bereits 1968 auch im Bereich der Wohn Straße A angrenzende Grundstücke bebaut waren.

3. Der Bescheid der Beklagten vom 21. Oktober 2013 ist gleichwohl insoweit aufrechtzuerhalten, als eine Vorausleistung in Höhe von 11.116,63 € festgesetzt wird. Denn in diesem Umfang entspricht er, bezogen auf den gesamten Straßenzug der P.-L.-Straße, der Rechtslage (vgl. BVerwG, U.v. 30.1.2013 - 9 C 1.12 - juris Rn. 25 m.w.N.).

Für die Erhebung von Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag war - und ist weiterhin - Raum, weil die sachlichen Beitragspflichten bis heute nicht entstanden sind. Denn für das 1968 hergestellte Teilstück (Wohnstraße B) fehlt es nach wie vor an der nach § 125 BBauG/BauGB erforderlichen planungsrechtlichen Rechtmäßigkeit. Weder besteht ein Bebauungsplan für den fraglichen Bereich, noch hatte die höhere Verwaltungsbehörde nach früherer Rechtslage zugestimmt, noch hat die Beklagte nach geltender Rechtslage eine bebauungsplanersetzende Abwägungsentscheidung gemäß § 125 Abs. 2 BauGB getroffen. Der Abwägungsbeschluss des Gemeinderates vom 12. März 2013 erfasst nur den neu hergestellten Teil der P.-L.-Straße (Wohnstraße A).

Das Vorausleistungsverlangen ist in Höhe von 11.116,63 € gerechtfertigt. Das ergibt sich aus der vom Senat angeforderten Vergleichsberechnung unter Einbeziehung des gesamten Herstellungsaufwands und bei Berücksichtigung sämtlicher durch die P.-L.-Straße erschlossenen Grundstücke. Die Einzelheiten dieser Berechnung sind mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung eingehend erörtert worden.

a) Die bereits 1967/1968 auf die damals bebauten Grundstücke - rechtswidrig - umgelegten Grunderwerbskosten sind gleichwohl als beitragsfähiger Aufwand anzusetzen. Soweit damals von den Anliegern Leistungen erbracht wurden, sind diese nunmehr bei der Heranziehung zu berücksichtigen und für die betroffenen Grundstücke von Rechts wegen als eine Art Vorausleistung zu verrechnen (vgl. BayVGH, U.v. 18.7.2002 - 6 B 97.2065 - juris Rn. 27).

b) Die Regelung des § 6 Abs. 3 Nr. 2 EBS 1998 über eine Tiefenbegrenzung ist unwirksam und deshalb bei der Aufwandsverteilung auf die erschlossenen Grundstücke nicht zu beachten.

Eine satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung muss zur Einhaltung des Vorteilsprinzips und zur Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes an Kriterien für eine möglichst realitätsnahe Abgrenzung der bevorteilten von den nicht mehr bevorteilten Flächen ausgerichtet werden und auf einer sorgfältigen Ermittlung der örtlichen Bebauungsverhältnisse durch den Satzungsgeber beruhen. Dieser muss prüfen, ob er eine für alle Grundstücke im Gemeindegebiet gleichermaßen geltende Tiefenbegrenzung festlegen kann. Die gewählte Tiefenbegrenzung muss die typischen örtlichen Verhältnisse tatsächlich widerspiegeln und sich an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientieren (BayVGH, U.v. 23.4.2015 - 6 BV 14.1621 - juris Rn. 31 m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt § 6 Abs. 3 Nr. 2 EBS nicht. Wie die mündliche Verhandlung ergeben hat, fehlt es an den erforderlichen Ermittlungen. Die Beklagte hat keine Feststellungen zu den typischen örtlichen Bebauungsverhältnissen im Gemeindegebiet getroffen, die die Festlegung einer für alle Grundstücke in den 18 Ortsteilen der Beklagten gleichermaßen geltenden Tiefenbegrenzung von 35 m rechtfertigen könnten. Die satzungsmäßige Tiefenbegrenzung ist daher nichtig, ohne dass dies die Unwirksamkeit der Satzung im Übrigen zur Folge hat.

Es sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass einzelne Grundstücke im Abrechnungsgebiet in den Außenbereich (§ 35 BauGB) ragen und deshalb gemäß § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB nur mit der im Innenbereich gelegenen Teilfläche als erschlossen an der Aufwandsverteilung zu beteiligen sein könnten.

c) Die nebeneinander liegenden, unbebauten und insgesamt ca. 7.500 m² großen Grundstücke FlNrn. 579 und 579/8 sind entgegen der Ansicht der Klägerin nicht bei der Aufwandsverteilung zu berücksichtigen. Sie liegen nicht mehr innerhalb des im Zusammenhang bebauten Ortsteils (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB), sondern sind bereits dem Außenbereich (§ 35 BauGB) zuzuordnen, der sich nach Südosten anschließt. Mangels Bebaubarkeit unterfallen sie nicht der Erschließungsbeitragspflicht (§ 133 Abs. 1 BauGB).

d) Das Gebäude auf dem Grundstück FlNr. 579/7 weist nach den Bauplänen nur zwei Vollgeschosse auf und ist deshalb in der Vergleichsberechnung zu Recht mit einem Nutzungsfaktor von 1,3 angesetzt worden.

e) Auf das klägerische Grundstück FlNr. 579/5 entfällt demnach ein voraussichtlicher Erschließungsbeitrag von 15.880,91 €. In Ansehung der gemeindlichen Ermessensentscheidung, eine Vorausleistung nach § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB in Höhe von 70% des voraussichtlichen Erschließungsbeitrags zu erheben, errechnet sich ein Vorausleistungsbetrag von 11.116,63 €.

4. Es ist schließlich rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die vom Rechtsvorgänger der Klägerin im Jahr 1967 auf den Teilbeitragsbescheid für den Grunderwerb geleistete Zahlung von 1.613,80 DM (entspricht 825,12 €) nur zum Nennwert angerechnet hat.

Eine Pflicht zur Verzinsung oder Indexierung bedarf im Abgabenrecht einer gesetzlichen Rechtsgrundlage (vgl. BVerwG, U.v.16.8.1985 - 8 C 120.83 u.a. - juris Rn. 30). Eine solche gibt es für die Anrechnung bereits gezahlter Beiträge in der vorliegenden Fallgestaltung nicht. Für eine analoge Anwendung bestehender Verzinsungsvorschriften ist im Abgabenrecht kein Raum. Im Übrigen ist die rein nominelle Anrechnung Folge der Bestandskraft des damaligen Bescheids. Dieser hat - trotz seiner Rechtswidrigkeit - wirksam eine Geldleistungspflicht begründet und bildet den Rechtsgrund dafür, dass die Beklagte die geleisteten Zahlungen behalten darf. Besteht aber kein Rückerstattungsanspruch der Klägerin, ist für eine Verzinsung kein Raum. Aus den Beschlüssen der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin ergibt sich auch nicht der Wille, eine Verzinsung oder Indexierung mittels Zusage zu gewähren. Die Vorschrift des § 133 Abs. 3 Satz 3 BauGB zur Verzinsung einer Vorausleistung wurde erst nach den entsprechenden Beschlüssen der Gemeinde P. und später der Gemeinde T. mit Wirkung ab 1. Juli 1987 eingeführt. Es kann schon deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass eine Verzinsung der „Vorausleistung“ gewollt war.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1. Der Ausspruch über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Die Gemeinden regeln durch Satzung

1.
die Art und den Umfang der Erschließungsanlagen im Sinne des § 129,
2.
die Art der Ermittlung und der Verteilung des Aufwands sowie die Höhe des Einheitssatzes,
3.
die Kostenspaltung (§ 127 Absatz 3) und
4.
die Merkmale der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage.

Tenor

I. Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 23. Februar 2017 – Au 2 K 16.296 und Au 2 K 17.119 – wird abgelehnt.

II. Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 24.543,76 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Kläger‚ die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen‚ hat keinen Erfolg.

Die Kläger wurden von der beklagten Gemeinde mit Bescheiden vom 12. August 2015 und 6. Dezember 2016 für das in ihrem gemeinsamen Eigentum stehende Grundstück FlNr. 409/3 zu Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag für die erstmalige endgültige Herstellung der B. Straße in Höhe von 13.700,00 € und 10.843,76 € herangezogen. Das Verwaltungsgericht hat mit dem angegriffenen Urteil die Klagen gegen beide Bescheide für unbegründet erachtet und abgewiesen.

Die Zulassungsgründe, die von den Klägern innerhalb der Zwei-Monats-Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil geltend worden sind und auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO), liegen nicht vor.

1. An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Dieser Zulassungsgrund läge vor, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B.v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 – NVwZ 2000, 1163/1164; B.v. 23.3.2007 – 1 BvR 2228/02 – BayVBl 2007, 624). Das ist nicht der Fall.

a) Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die den Vorausleistungsbescheiden zugrunde liegende Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten vom 16. Oktober 2012 (EBS 2012) wirksam ist. Die Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 1 EBS 2012, wonach Anbaustraßen endgültig hergestellt sind, wenn sie (unter anderem) „eine Pflasterung, eine Asphalt-, Teer, Beton- oder ähnliche Decke neuzeitlicher Bauweise mit dem technisch notwendigen Unterbau“ aufweisen, ist entgegen der Ansicht der Kläger hinreichend bestimmt.

Mit dieser Vorschrift ist die Beklagte dem Auftrag des Art. 5a BauGB i.V. mit § 132 Nr. 4 BauGB nachgekommen, die Merkmale der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage durch Satzung zu regeln. Herstellungsmerkmale sollen es nach dem Gesetzeszweck den Beitragspflichtigen ermöglichen, durch einen Vergleich des satzungsmäßig festgelegten Bauprogramms mit dem tatsächlichen Zustand, in dem sich die gebaute Anlage befindet, ein Bild darüber zu verschaffen, ob die Anlage endgültig hergestellt ist oder nicht. Mit dem damit angesprochenen Bestimmtheitserfordernis ist § 8 Abs. 1 Nr. 1 EBS 2012 vereinbar. Der Zusatz „neuzeitliche Bauweise“ bezeichnet nicht etwa eine zusätzliche Anforderung an sämtliche aufgeführten Belagsarten, was in der Tat Bedenken begegnen würde. Er bezieht sich allein auf eine „ähnliche Decke“ und ist dahin zu verstehen, dass die Decke neben Asphalt, Teer, Beton oder Pflaster auch aus einem ähnlichen Material neuzeitlicher Bauweise bestehen darf. Mit diesem Inhalt ist die Merkmalsregelung hinreichend bestimmt und unbedenklich (vgl. BVerwG, U.v. 15.5.2013 – 9 C 3.12 – NVwZ 2013, 1293 Rn. 16 f.).

Ebenfalls keinen Bedenken begegnet der – alle Belagsarten erfassende – Zusatz „mit dem technisch notwendigen Unterbau“. Er darf allerdings bei gesetzeskonformer Auslegung nicht so verstanden werden, dass es um die Beachtung technischer Regelwerke gehen würde. Soweit ihm überhaupt eigenständige Bedeutung zukommen sollte (verneinend BayVGH, B.v. 23.2.2015 – 6 ZB 13.978 – juris Rn. 18 m.w.N.), kann allenfalls entscheidend sein, dass irgendein künstlich hergestellter Unterbau unterhalb der Oberflächenbefestigung vorhanden ist (vgl. BayVGH, B.v. 13.6.2016 – 6 ZB 14.2404 – juris Rn. 7 m.w.N.). Von diesem Verständnis ist auch das Verwaltungsgericht ausgegangen und hat im Rahmen der Anwendung keine weitergehenden Anforderungen etwa im Sinn eines bestimmten technischen Mindeststandards gestellt.

b) Der Heranziehungsbescheid über die erste Vorausleistung ist entgegen der Ansicht der Kläger nicht deshalb rechtswidrig, weil ihm die Ausübung von Ermessen nicht zu entnehmen ist.

Ob, wann, wie oft und in welcher Höhe eine Gemeinde innerhalb des von Art. 5a KAG in Verbindung mit § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB vorgegebenen Rahmens Vorausleistungen auf den künftigen Erschließungsbeitrag verlangt, liegt in ihrem Ermessen. Das Gesetz schreibt allerdings nicht vor, dass die Gemeinde im Einzelfall bei der Heranziehung zu einer Vorausleistung eine Ermessensentscheidung zu treffen hat. Vielmehr drückt der Begriff „können“ in diesem Zusammenhang aus, dass den Gemeinden eine entsprechende Befugnis zur Erhebung von Vorausleistungen eingeräumt wird (VGH Kassel, B.v. 12.9.2014 – 5 B 1124/14 – juris Rn. 3). Insofern ist auf Seiten der Gemeinde – ähnlich wie bei einer Abschnittsbildung nach § 130 Abs. 2 Satz 1, 2 BauGB (dazu BayVGH, U.v. 13.4.2017 – 6 B 14.2720 – juris Rn. 27) – ein sog. innerdienstlicher Ermessensakt zur Erhebung von Vorausleistungen erforderlich, aber auch ausreichend. Dieser muss eindeutig zumindest in irgendwelchen Vermerken, Niederschriften, Abrechnungsunterlagen usw. zum Ausdruck kommen und insofern nachweisbar sein (vgl. BVerwG, U.v. 9.12.2015 – 9 C 27.14 – BVerwGE 153, 306 Rn. 26 m.w.N.). Das ist bei der in Streit stehenden Vorausleistungserhebung nach den insoweit unbestrittenen Ausführungen des Verwaltungsgerichts in hinreichender Weise geschehen. Durch die entsprechenden Heranziehungsbescheide wird die innerdienstliche Ermessensentscheidung (nur) nach außen kundbar gemacht; Ausführungen zu den Ermessenserwägungen müssen sie nicht enthalten. Der von den Klägern angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, B .v. 12.12.1995 – 8 B 171.95 –) lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen.

c) Ebenfalls keinen Zweifeln begegnet die Annahme des Verwaltungsgericht, die endgültigen Beitragspflichten seien noch nicht entstanden, weil der nach § 8 Abs. 4 EBS 2012 zu den Herstellungsmerkmalen zählende Eigentumserwerb an den für die Erschließungsanlage erforderlichen Grundstücken noch nicht abgeschlossen ist. Der – nicht weiter erläuterte – Einwand der Kläger, „der Überbau (sei) nicht plangemäß“ erfolgt und deshalb nicht erforderlich, steht dem nicht entgegen. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Straße (oder Teileinrichtung) überhaupt und ob sie nach Art und Umfang oder den dafür aufgewandten Kosten erforderlich ist, steht der Gemeinde ein weiter, gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Entscheidungsspielraum zu (vgl. BayVGH, B.v. 27.2.2012 – 6 ZB 09.1573 – juris Rn. 9; B.v. 29.6.2016 – 6 ZB 15.2786 – juris Rn. 13 m.w.N.). Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte diesen Spielraum überschritten haben könnte. Selbst wenn sie von den Festsetzungen des einschlägigen Bebauungsplans abgewichen sein und diese Abweichung nach Maßgabe von § 125 BauGB beachtlich sein sollte, würde das nicht zur Rechtswidrigkeit der in Streit stehenden Vorausleistungsbescheide führen. Denn für die Rechtmäßigkeit der Erhebung von Vorausleistungen kommt es – anders als für die Erhebung des endgültigen Erschließungsbeitrags – nicht darauf an, dass die Erschließungsanlage nach § 125 BauGB rechtmäßig hergestellt ist (vgl. BayVGH, U.v. 7.5.2015 – 6 B 13.2519 – juris Rn. 29; BVerwG, U.v. 21.10.1994 – 8 C 2.93 – DVBl 1995, 63; U.v. 12.5.2016 – 9 C 11.15 – BVerwGE 155, 171 Rn. 28 m.w.N.).

d) Das Verwaltungsgericht hat mit überzeugenden Erwägungen angenommen, dass es sich bei der B. Straße nicht um eine bereits bei Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes am 30. Juni 1961 vorhandene Erschließungsanlage handelt, die dem Anwendungsbereich des Erschließungsbeitragsrechts (Art. 5a KAG i.V.m. §§ 127 ff. BauGB) entzogen wäre und dem Straßenausbaubeitragsrecht (Art. 5 Abs. 1 Sätze 1 und 3 KAG) unterfallen würde.

Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine vorhandene (historische) Straße im Sinn des § 242 Abs. 1 BauGB (nunmehr Art. 5a Abs. 7 Satz 1 KAG) vor‚ wenn sie zu irgendeinem Zeitpunkt vor Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes am 30. Juni 1961 Erschließungsfunktion besessen hat und für diesen Zweck – nach den damaligen rechtlichen Anforderungen – endgültig hergestellt war (vgl. BayVGH‚ B.v. 21.11.2013 – 6 ZB 11.2973 – juris Rn. 7; B.v. 19.1.2015 – 6 ZB 13.1548 – juris Rn. 6; B.v. 3.7.2017 – 6 ZB 16.2272 – juris Rn. 15 m.w.N.).

In Anwendung dieses rechtlichen Maßstabs hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass es an beiden Voraussetzungen fehlt. Zum einen habe die etwa 270 m lange B. Straße damals noch keine Erschließungsfunktion gehabt. Zum anderen habe sie nicht den damals dafür erforderlichen Ausbaustandard erfüllt, weil kein frostsicherer Unterbau vorhanden gewesen sei. Beiden, jeweils für sich tragenden Erwägungen hält der Zulassungsantrag lediglich die eigene gegenteilige Wertung der Kläger entgegen, ohne damit beachtliche Zweifel an der gerichtlichen Begründung zu wecken.

Die Feststellung, die B. Straße habe vor dem maßgeblichen Stichtag keine Erschließungsfunktion besessen, sondern sei als Gemeindeverbindungs Straße durch den Außenbereich verlaufen, hat das Verwaltungsgericht auf zwei Luftbilder aus den Jahren 1985 und 1997 sowie auf einen Lageplan mit Beiblatt gestützt, der die Bebauungshistorie an der Straße anhand der Jahreszahlen der Baumaßnahmen darstellt. Diese Unterlagen stellen keine bloßen Momentaufnahmen dar, sondern lassen in ihrer Gesamtschau – ohne weiteres – Rückschlüsse auf die bauliche Entwicklung entlang der B. Straße über Jahrzehnte hinweg zu und tragen – offenkundig – die von den Klägern bezweifelte Feststellung zur fehlenden Erschließungsfunktion vor dem 30. Juni 1961. Dafür spricht im Übrigen auch der Bebauungsplan „B. Straße“ aus dem Jahr 2004, in dessen Begründung ausgeführt wird, das „das Bauland … momentan als Grünland, teilweise bereits als Hofstelle … landwirtschaftlich genutzt“ wird. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach ständiger Rechtsprechung in unbeplanten Gebieten – wie hier vor 2004 – eine Straße die Funktion einer Erschließungsanlage nicht schon dadurch erhält, dass vereinzelt Grundstücke an ihr bebaut sind. Sie ändert ihre rechtliche Qualität vielmehr erst dann, wenn an ihr eine gehäufte Bebauung einsetzt, das heißt – zumindest für eine Straßenseite – bauplanungsrechtlich Innenbereichslage im Sinn von § 34 Abs. 1 BBauG/ BauGB zu bejahen ist. Das verlangt, dass die maßgeblichen Grundstücke in einem Bebauungszusammenhang liegen, der einem Ortsteil angehört (BayVGH, B. v. 21.11.2013 – 6 ZB 11.2973 – juris Rn. 7 m.w.N.; B.v. 9.8.2016 – 6 CS 16.1032 – juris Rn. 9). Anhaltspunkte dafür, dass das entlang der B. Straße vor 1961 der Fall gewesen sein könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Wann die B. Straße nach dem genannten Stichtag Erschließungsfunktion erlang hat, ist insoweit unbeachtlich.

Auch wenn es darauf nicht mehr entscheidungserheblich ankommt, würde die B. Straße, wie das Verwaltungsgericht ebenfalls überzeugend ausgeführt hat, auch deshalb keine vorhandene Erschließungs Straße darstellen, weil sie für den (unterstellten) Zweck der Erschließung nicht nach den damaligen Anforderungen endgültig hergestellt war. Seit 1936 war nach ständiger Rechtsprechung für die Fahrbahn ein kunstgerechter Unterbau erforderlich, der auch in ländlichen Gemeinden frostsicher ausgebaut sein musste (BayVGH, B.v. 24.6.2003 – 6 ZB 00.2159 – juris Rn. 9). Daran fehlte es nach den erstinstanzlichen Feststellungen. Der Einwand der Kläger, die Straße habe nach der gutachtlichen Stellungnahme vom 4. November 2013 über einen frostsicheren Gesamtaufbau verfügt, kann keine beachtlichen Zweifel begründen. Denn dort wird zwar ausgeführt, dass an der Untersuchungsstelle RKS 3 ein frostsicherer Gesamtaufbau habe nachgewiesen werden können; zugleich wird aber angefügt, dass dies an der weiterem im der B. Straße gelegenen Untersuchungsstelle RKS 1 nicht der Fall gewesen sei (S. 17).

e) Dem Verwaltungsgericht ist weiter in der Annahme beizupflichten, dass die B. Straße unter Geltung des Erschließungsbeitragsrechts erst durch die streitige Straßenbaumaßnahme endgültig hergestellt wird, weil es zuvor sowohl an einer nach der Erschließungsbeitragssatzung erforderlichen funktionsfähigen Straßenbeleuchtung als auch einer Straßenentwässerung gefehlt hat.

Eine funktionsfähige, der Ausdehnung der Erschließungsanlage und den örtlichen Verhältnissen angepasste Beleuchtung (zum Maßstab BayVGH, B.v. 29.6.2016 – 6 ZB 15.2786 – juris Rn. 7) war nicht vorhanden. Nach den unbestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts verfügte die B. Straße nur über zwei Straßenleuchten, eine auf Höhe des Grundstücks FlNr. 409/5, die zweite bei dem Grundstück FlNr. 409/1. Es steht außer Frage, dass diese beiden Leuchten nicht ausreichten, um die ca. 270 m lange und leicht gekrümmte B. Straße in ihrer gesamten Länge ausreichend für eine durchgehende Erschließungsfunktion zu beleuchten.

Der weiteren Annahme des Verwaltungsgerichts, die Straßenentwässerung sei ebenfalls – für Erschließungszwecke – nicht funktionsfähig gewesen, weil keine ausreichende Zahl von Straßeneinläufen vorhanden gewesen sei, hält der Zulassungsantrag nur die gegenteilige Behauptung entgegen. Das begründet schon deshalb keine ernstlichen Zweifel, weil das Verwaltungsgericht als Bestätigung seiner Ansicht auf den eigenen Vortrag der Klägerseite verweist, wonach es bei stärkeren Regenereignissen immer wieder zu Problemen gekommen sei.

f) Der Einwand der Kläger, das vom Verwaltungsgericht als wirksam angesehene Bauprogramm der Beklagten für die flächenmäßige Teileinrichtungen der B. Straße sei in seiner kommunalrechtlichen Wirksamkeit zweifelhaft und weiche vom Bebauungsplan ab, geht fehl.

Welche flächenmäßigen Teileinrichtungen in welchem Umfang die Gesamtfläche der jeweiligen Straße in Anspruch nehmen sollen, kann in der Erschließungsbeitragssatzung festgelegt werden, muss es aber nicht und wird es in der Regel – so auch im vorliegenden Fall – nicht, weil die Flächenaufteilung von den Umständen des Einzelfalls abhängt. Es genügt, dass die Gemeinde das in einem formlosen, auf die konkrete Einzelanlage bezogenen Bauprogramm bestimmt. Eine ausdrückliche Entscheidung empfiehlt sich, ist aber nicht zwingend notwendig. Das Bauprogramm kann sich auch (mittelbar) aus Beschlüssen des Gemeinderats oder seiner Ausschüsse sowie den solchen Beschlüssen zugrundeliegenden Unterlagen und selbst aus der Auftragsvergabe ergeben (vgl. BayVGH, U.v. 24.2.2017 – 6 BV 15.1000 – BayVBl 2017, 522 Rn. 31, 35 m.w.N.). Gemessen an diesem Maßstab gehen die Einwände der Kläger ins Leere. Der Gemeinderat der Beklagten hat das Bauprogramm nicht etwa in dem einschlägigen Bebauungsplan festgelegt; denn dieser setzt nur die Straßenflächen insgesamt fest, ist aber, wie die Kläger selbst ausführen, hinsichtlich der Unterteilung zu konkreten Zwecken (Fahrbahn, Gehweg, Seitenstreifen usw.) unbestimmt. Das flächenmäßige Bauprogramm hat er aber mit dem vom Verwaltungsgericht festgestellten Inhalt jedenfalls konkludent spätestens mit der Auftragsvergabe gebilligt. Ob es den Festsetzungen des Bebauungsplans entspricht, ist unerheblich. Denn die Erhebung einer Vorausleistung hängt, wie oben bereits ausgeführt (1. c), nicht davon ab, ob die – bauprogrammgemäße – Herstellung der Erschließungsanlage nach Maßgabe des § 125 BauGB rechtmäßig ist.

g) Soweit die Kläger sich gegen die Höhe der Vorausleistungen wenden und meinen, der Gehweg und das Trennsystem seien nicht erforderlich gewesen und die „eklatante Kostensteigerung“ bei der Auftragsvergabe sei vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt worden, werden keine beachtlichen Zweifel aufgeworfen, die der Klärung in einem Berufungsverfahren bedürften.

Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Straße (oder Teileinrichtung) überhaupt und ob sie nach Art und Umfang oder den dafür aufgewandten Kosten erforderlich ist, steht der Gemeinde, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ein weiter Entscheidungsspielraum zu (vgl. BayVGH, B.v. 29.6.2016 – 6 ZB 15.2786 – juris Rn. 14; B.v. 27.2.2012 – 6 ZB 09.1573 – juris Rn. 9). Durch das Merkmal der Erforderlichkeit wird lediglich eine äußerste Grenze markiert, die erst überschritten ist, wenn die von der Gemeinde im Einzelfall gewählte Lösung sachlich schlechthin unvertretbar ist (BVerwG, U. v. 3.3.1995 – 8 C 25.93 – NVwZ 1995, 1208/1209; BayVGH, B.v. 6.12.2012 – 6 ZB 12.187 – juris Rn. 9; U.v. 11.12.2015 – 6 N 14.1743 – juris Rn. 34). Für ein Überschreiten dieser Grenze ist kein greifbarer Anhaltspunkt vorgetragen oder ersichtlich.

2. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der (Rechtssatz-)Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) liegt nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat bei Auslegung und Anwendung des in § 8 Abs. 1 Nr. 1 EBS 2012 geregelten Herstellungsmerkmals („eine Pflasterung, eine Asphalt-, Teer, Beton- oder ähnliche Decke neuzeitlicher Bauweise mit dem technisch notwendigen Unterbau“) keinen Rechtssatz aufgestellt, der von einem Rechtssatz in den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 15.2.2013 – 9 C 3.12 – NVwZ 2013, 1293 ff.) oder des Senats (BayVGH, B.v. 13.6.2016 – 6 ZB 14.2404 – juris) abweicht, sondern hat im Gegenteil diese Rechtsprechung ausdrücklich und – wie oben (1. a) ausgeführt – zutreffend berücksichtigt.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 21. Mai 2015 - Au 2 K 14.1828 - wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.585,03 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Denn die innerhalb der Begründungsfrist des §124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 4 VwGO liegen nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Dieser Zulassungsgrund wäre begründet, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B.v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163/1164; B.v. 23.3.2007 - 1 BvR 2228/02 - BayVBl 2007, 624). Das ist nicht der Fall.

Die beklagte Stadt hat den Kläger für das Grundstück FlNr. 1011/27 auf der Grundlage von Art. 5a Abs. 1 KAG in Verbindung mit § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB und der Erschließungsbeitragssatzung (EBS) vom 17. April 2013 zu einer weiteren Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag für die erstmalige endgültige Herstellung der Leharstraße in Höhe von 7.585,03 € herangezogen. Diese Erschließungsanlage wurde 1985 bautechnisch fertig gestellt. Ihre Grundflächen stehen allerdings nicht vollständig im Eigentum der Beklagten; der Erwerb einer ca. 5 m² großen (mit dem Gehweg überbauten) Teilfläche steht noch aus. Nach § 8 Abs. 6 EBS gehören zu den Merkmalen der endgültigen Herstellung alle Maßnahmen, die durchgeführt werden müssen, damit die Stadt das Eigentum oder eine Dienstbarkeit an den für die Erschließungsanlage erforderlichen Grundstücken erlangt.

Das Verwaltungsgericht hat die - nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene - Klage gegen den Vorausleistungsbescheid für unbegründet erachtet und abgewiesen. Die Einwände, die der Kläger den entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts entgegenhält, begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils, denen in einem Berufungsverfahren weiter nachzugehen wäre.

a) Das Verwaltungsgericht ist zu Recht und in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Senats davon ausgegangen, dass die Merkmalsregelung des § 8 Abs. 6 EBS hinreichend bestimmt und bislang mangels vollständigen Eigentumserwerbs sämtlicher Grundflächen der Leharstraße noch nicht erfüllt ist.

Der Grunderwerb für die Fläche der Erschließungsanlage kann als Merkmal der endgültigen Herstellung im Sinn des § 132 Nr. 4 BauGB festgelegt werden, muss es aber nicht. Die Beklagte hat von dieser Möglichkeit mit § 8 Abs. 6 EBS Gebrauch gemacht. Diese Merkmalsregelung entspricht wörtlich dem Satzungsmuster des Bayerischen Gemeindetags (abgedruckt bei Hesse, Erschließungsbeitrag, Teil III Anhang I Nr. 1 § 8 Abs. 4) und wird vom Senat in ständiger Spruchpraxis als wirksam angesehen. Sie genügt den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen ebenso wie dem gesetzgeberischen Ziel des § 132 Nr. 4 BauGB, den betroffenen Grundstückseigentümern die endgültige Herstellung der ihre Grundstücke erschließenden Anlage möglichst eindeutig erkennbar zu machen (vgl. BayVGH, U.v. 13.11.2012 - 6 BV 09.1555 - juris Rn. 24 m. w. N.). Die Merkmalsregelung stellt unmissverständlich auf den vollständigen Abschluss des privatrechtlichen Erwerbs des Eigentums oder einer Dienstbarkeit nach § 873 Abs. 1 BGB einschließlich der Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch oder des öffentlich-rechtlichen Erwerbs durch Enteignung ab, der sich auf die gesamte Grundfläche der Erschließungsanlage beziehen muss. Mit diesem Regelungsinhalt lässt sich die endgültige Herstellung der Erschließungsanlage anhand objektiver, eindeutig erkennbarer Kriterien feststellen (vgl. BayVGH, U.v. 13.11.2012 - 6 BV 09.1555 - juris Rn. 25; B.v. 4.3.2013 - 6 B 12.2097 - juris Rn. 13 und nachfolgend BVerwG, B.v. 9.8.2013 - 9 B 31.13 - juris Rn. 3; BayVGH, U.v. 2.7.2015 - 6 B 13.1386 - juris Rn. 21), und zwar im Fall des privatrechtlichen Erwerbs anhand der Eintragung im Grundbuch, im Fall der Enteignung anhand des bestandskräftigen Enteignungsbeschlusses und der Ausführungsanordnung. Dass die Beitragspflichtigen vom Stand etwaiger Kaufverhandlungen oder Enteignungsverfahren keine Kenntnis erlangen können, ist unerheblich; maßgeblich ist allein die Feststellbarkeit des Ergebnisses.

Dieses Herstellungsmerkmal ist, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bislang nicht erfüllt. Die Beklagte hat das Eigentum an einer für die Erschließungsanlage Leharstraße erforderlichen, nämlich mit dem Gehweg überbauten, Teilfläche von 5 m² bislang noch nicht erlangt. Das kann schon nach dem Wortlaut, wie auch nach Sinn und Zweck des § 8 Abs. 6 EBS nicht als geringfügig oder unerheblich außer Acht gelassen werden (vgl. BayVGH, B.v. 4.3.2013 - 6 B 12.2097 - juris Rn. 14 und U.v. 17.12.2004 - 6 B 01.2684 zu einer fehlenden Fläche von 0,37 m2). Infolge dessen sind die sachlichen Beitragspflichten noch nicht entstanden, so dass im Grundsatz Raum für die Erhebung von Vorausleistungen nach Maßgabe von § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB bleibt.

b) Das Verwaltungsgericht ist weiter davon ausgegangen, die Erhebung der streitigen Vorausleistung scheitere nicht an dem Umstand, dass die Erschließungsanlage Leharstraße bereits im Verlauf des Jahres 1985 technisch fertig gestellt worden ist. Es hat angenommen, die gesetzliche Ausschlussfrist, nach deren Ablauf die Beitragsfestsetzung ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld nicht mehr zulässig ist, betrage gemäß Art 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 2 KAG 30 Jahre. Die Frist habe mit Ablauf des Jahres 1985, in dem die Vorteilslage eingetreten sei, begonnen und ende dementsprechend erst mit Ablauf des Jahres 2015. Auch hierzu zeigt der Kläger keine ernstlichen Zweifel auf, denen in einem Berufungsverfahren nachzugehen wäre.

Zur gesetzlichen Ausschlussfrist verhält sich der Zulassungsantrag nicht. Der Einwand, die Festsetzung sei gleichwohl - auch vor Ablauf der Ausschlussfrist - rechtswidrig, weil die Beklagte den ausstehenden Grunderwerb jahrelang bewusst nicht weiterverfolgt habe, geht fehl. Das Gesetz macht der erhebungsberechtigten Gemeinde - abgesehen von den genannten Ausschlussfristen - keine zeitlichen Vorgaben, innerhalb welcher Zeitspanne sie die regelmäßig in ihrer Verantwortung liegenden Entstehensvoraussetzungen herbeizuführen hat, um den Beitrag anschließend festsetzen zu können (BayVGH, U.v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - BayVBl 2014, 241 Rn. 21). Allein aus dem Zeitablauf kann auch eine Verwirkung des Rechts aus § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB, Vorausleistungen auf den bislang nicht entstandenen Erschließungsbeitrag zu erheben, nicht eintreten (vgl. BayVGH, U.v. 1.6.2011 - 6 BV 10.2467 - BayVBl 2012, 206 Rn. 49). Besondere Umstände, die ein schutzwürdiges Vertrauen darauf begründen könnten, dass die Beklagte keine Vorausleistungen mehr erhebt oder gar den Erschließungsbeitrag - entgegen der Rechtslage - nicht in voller Höhe ausschöpfen wird, sind auch unter Berücksichtigung der im Zulassungsantrag beschriebenen „jahrelangen Untätigkeit“ nicht ersichtlich.

2. Die Rechtssache weist aus den unter 1. genannten Gründen keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

3. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die mit dem Zulassungsantrag aufgeworfene Frage, „ob auch (erst) die Durchführung eines jahrelang nicht eingeleiteten Enteignungsverfahrens das Merkmal des vollständigen Grunderwerbs durch die Gemeinde erfüllen kann,“ lässt sich, soweit sie überhaupt einer verallgemeinernden Beantwortung zugänglich ist, auf der Grundlage der oben genannten ständigen Rechtsprechung ohne weiteres bejahen.

4. Die Berufung ist schließlich nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO wegen der vom Kläger behaupteten Abweichung des erstinstanzlichen Urteils von der näher bezeichneten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu den Wirksamkeitsanforderungen an eine satzungsrechtliche Merkmalsregelung zuzulassen. Es fehlt bereits an der nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gebotenen Darlegung dieses Zulassungsgrundes durch Gegenüberstellen der angeblich divergierenden Rechts- oder Tatsachensätze. Die behauptete Abweichung liegt aber auch nicht vor; die entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts zur Merkmalsregelung des § 8 Abs. 6 EBS stehen vielmehr, wie ausgeführt, in Übereinstimmung mit der ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 7. Dezember 2017 - Au 2 K 16.1823, 1861-1864 - abgeändert.

Die Vorausleistungsbescheide der Beklagten vom 27. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Augsburg vom 23. November 2016 werden aufgehoben.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für die Vorverfahren war notwendig.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag für die Erschließungsanlage „S.straße Süd“.

Diese etwa 500 m lange A1.straße, die von der Einmündung der D.straße im Westen bis zum Verkehrskreisel an der A2. Straße im Osten reicht, wurde von der beklagten Stadt im Jahr 1986 technisch endgültig fertiggestellt. Dabei wurde eine 3 m2 große Fläche eines Anliegergrundstücks überbaut, das im Eigentum einer Wohnungseigentümergemeinschaft stand. Die Beklagte bemühte sich lange Zeit vergeblich um den Erwerb dieser Fläche; sie wurde erst Anfang 2018 - im Verlauf des Berufungsverfahrens - als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen. Der vollständige Eigentumserwerb gehört nach § 8 Abs. 6 ihrer Erschließungsbeitragssatzung zu den Merkmalen der endgültigen Herstellung.

Mit fünf Bescheiden vom 27. März 2014 zog die Beklagte die Klägerin als Eigentümerin der Grundstücke FlNrn. 394/4, 726/47, 726/7, 394/3, 394/7 und 394/12 jeweils zu einer Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag für die endgültige Herstellung der Erschließungsanlage „S.straße Süd“ in Höhe von insgesamt 150.776,38 Euro heran, und zwar 35.496,42 Euro für FlNr. 394/4, 9.731,00 Euro für FlNr. 726/47, 13.317,57 Euro für FlNr. 726/7, 78.794,76 Euro für FlNr. 394/3 und 13.436,63 Euro für FlNrn. 394/7 und 394/12.

Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid des Landratsamts Augsburg vom 23. November 2016) erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 7. Dezember 2017 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Vorausleistungsbescheide seien bei Erlass des Widerspruchsbescheids rechtmäßig gewesen. Insbesondere sei die Erschließungsanlage noch nicht endgültig hergestellt gewesen, so dass die sachlichen Beitragspflichten noch nicht hätten entstehen können. Denn es habe am satzungsmäßigen Herstellungsmerkmal des vollständigen Grunderwerbs gefehlt. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten oder eine Verwirkung des Rechts zur Erhebung von Vorausleistungen liege nicht vor. Ferner sei mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage innerhalb von vier Jahren zu rechnen gewesen. Die zeitliche Höchstgrenze für die Erhebung eines Beitrags, die durch Änderungsgesetz vom 11. März 2014 in das Kommunalabgabengesetz eingefügt worden sei, werde eingehalten. Maßgeblich sei nach der Übergangsvorschrift des Art. 19 Abs. 2 KAG, die auch auf die Erhebung einer Vorausleistung Anwendung finde, eine Frist von 30 Jahren. Diese habe mit Eintritt der Vorteilslage im Jahr 1986 begonnen und sei demnach bei Erlass des Widerspruchsbescheids im Dezember 2016 noch nicht abgelaufen gewesen.

Die Vorausleistungsbescheide seien entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht deshalb aufzuheben und die vereinnahmten Beträge zu erstatten, weil die endgültigen Beitragsbescheide wegen des inzwischen erfolgten Ablaufs der Ausschlussfrist nicht mehr ergehen dürften. Zum einen stelle der Erlass der Vorausleistungsbescheide angesichts der nachweislich unternommenen Grunderwerbsbemühungen kein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Beklagten dar. Zum anderen dürften durch den Ablauf der gesetzlichen Ausschlussfrist auch keine Rückzahlungsansprüche der Klägerin entstanden sein, weil die Beklagte die vereinnahmten Vorausleistungen trotz des Umstandes, dass eine Festsetzung des endgültigen Erschließungsbeitrags nicht mehr zulässig sei, aus Rechtsgründen behalten dürfe. Zwar sei die Gemeinde grundsätzlich verpflichtet, den endgültigen Erschließungsbeitrag selbst dann durch einen Beitragsbescheid festzusetzen, wenn er bereits durch Verrechnung mit der gezahlten Vorausleistung getilgt worden sei. Art. 19 Abs. 2 KAG regele aber für die vorliegende Fallkonstellation zugunsten der Beitragspflichtigen nur, dass die Gemeinde infolge des Ablaufs der Ausschlussfrist keinen Beitrag mehr festsetzen und (nach) erheben dürfe. Damit werde jedoch nicht ausgeschlossen, dass bei dem auch noch nach Ablauf der Ausschlussfrist möglichen und hier auch alsbald zu erwartenden Entstehen der sachlichen Beitragspflicht die gesetzlich erfolgende Tilgungswirkung in Bezug auf die erhobenen Vorausleistungen eintrete. Die Fallgestaltung, dass ein endgültiger Erschließungsbeitrag nicht mehr entstehen könne, weil die Gemeinde etwa die hierfür erforderlichen Aktivitäten endgültig aufgegeben habe, liege nicht vor. Hier sei vielmehr mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass die sachlichen Beitragspflichten mit dem vollständigen Eigentumserwerb noch entstehen werden. Dürfe ein endgültiger Beitragsbescheid nicht mehr ergehen, sei die Gemeinde zu seinem Erlass auch nicht mehr verpflichtet. Die Klärung der Frage, in welcher Höhe ein endgültiger Erschließungsbeitrag entstanden und in welchem Umfang er durch die Vorausleistung getilgt sei, habe dann auf anderem Weg, etwa durch ein informelles Abrechnungsschreiben, zu erfolgen.

Das Verwaltungsgericht hat die Berufung in seinem Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Die Klägerin hat Berufung eingelegt und rügt: Zum einen sei die regelmäßige 20-jährige Ausschlussfrist gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG anzuwenden, so dass die Vorausleistungsbescheide schon im Zeitpunkt ihres Erlasses rechtswidrig gewesen seien. Der Ausnahmefall der 30-jährigen Frist nach Art. 19 Abs. 2 KAG liege entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht vor. Zum anderen wäre es widersinnig, durch die Einführung einer Ausschlussfrist den Erlass eines Beitragsbescheides ab einem bestimmten Zeitpunkt zu verbieten, aber daran keinerlei Rechtsfolgen zu knüpfen. Der Vorausleistungsbescheid könne einen Beitrag nicht endgültig festsetzen. Die Gemeinde sei aber gesetzlich verpflichtet, den Erschließungsbeitrag durch endgültigen Beitragsbescheid festzusetzen, auch wenn eine Tilgung durch Verrechnung mit der gezahlten Vorausleistung erfolgt sei. Das sei vorliegend nicht mehr möglich. Der Ablauf der Ausschlussfrist führe zu einem Erlöschen der Beitragsschuld, eine Tilgungswirkung könne nicht mehr eintreten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 7. Dezember 2017 und die Vorausleistungsbescheide vom 27. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. November 2016 aufzuheben.

Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, dass der restliche Grunderwerb für die Erschließungsanlage Anfang 2018 abgeschlossen worden sei. Damit seien die endgültigen Beitragspflichten nunmehr unabhängig von der inzwischen abgelaufenen Ausschlussfrist entstanden. Der Fristablauf führe nur zu einem Ausschluss eines endgültigen Beitragsbescheids. Er ändere aber nichts daran, dass die gesetzliche Tilgungswirkung mittlerweile eingetreten sei und sie damit die aufgrund der Vorausleistungsbescheide vereinnahmten Beträge in Höhe der endgültigen entstandenen Beitragspflichten behalten dürfe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.

Die Vorausleistungsbescheide der Beklagten vom 27. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. November 2016 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Sie sind deshalb unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die streitigen Bescheide waren zwar im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung rechtmäßig (1.). Die Voraussetzungen für die Erhebung von Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag für die klägerischen Grundstücke lagen vor (a). Die Bescheide haben auch die gesetzliche Ausschlussfrist gewahrt (b). Sie sind jedoch nachträglich rechtswidrig geworden (2.). Denn die sachlichen Erschließungsbeitragspflichten sind bis zum Ablauf der gesetzlichen Ausschlussfrist nicht mehr entstanden und können danach nicht mehr entstehen (a); die Vorausleistungsbescheide können deshalb keinen Rechtsgrund mehr für das Behaltendürfen der vereinnahmten Vorausleistungen bilden und sind aufzuheben (b).

1. Die Vorausleistungsbescheide vom 27. März 2014 waren im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, also bei Erlass des Widerspruchsbescheids vom 23. November 2016, rechtmäßig (vgl. zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt BayVGH, U.v. 2.7.2015 - 6 B 13.1386 - juris Rn. 19; U.v. 13.4.2017 - 6 B 14.2720 - KommJur 2017, 230 ff.).

a) Die Voraussetzungen des Art. 5a Abs. 9 KAG in Verbindung mit § 133 Abs. 3 BauGB und der Erschließungsbeitragssatzung (EBS) der Beklagten vom 17. April 2013 für die Erhebung von Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag für die erstmalige endgültige Herstellung der „S.straße Süd“ lagen vor.

Nach § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB können für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrags verlangt werden, wenn ein Bauvorhaben auf dem Grundstück genehmigt wird oder wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlagen begonnen worden ist und die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist. Diese Anforderungen waren, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bei Erlass des Widerspruchsbescheids erfüllt.

Bei der „S.straße (Süd)“ handelt es sich um eine zum Anbau bestimmte Straße (früher § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB; nunmehr Art. 5a Abs. 2 Nr. 1 KAG), die in ihrem Umfang von der Beklagten zutreffend bestimmt wurde. Diese Erschließungsanlage war zwar bereits seit 1986 bautechnisch fertiggestellt und benutzbar. Gleichwohl waren die endgültigen sachlichen Beitragspflichten bis zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung am 23. November 2016 noch nicht entstanden. Denn § 8 Abs. 6 EBS sieht als Merkmal der endgültigen Herstellung im Sinn von § 132 Nr. 4 BauGB neben dem technischen Ausbau auch den vollständigen Abschluss des Eigentumserwerbs der gesamten Grundfläche der Erschließungsanlage vor (zu einer solchen Satzungsregelung etwa BayVGH, U.v. 4.3.2013 - 6 B 12.2097 - juris Rn. 13; B.v. 24.11.2015 - 6 ZB 15.1402 - juris Rn. 7). An diesem Herstellungsmerkmal fehlte es im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung noch, weil die Beklagte das Eigentum an einer 3 m2 großen Straßenfläche noch nicht erworben hatte; das kann nicht als geringfügig oder unerheblich außer Acht gelassen werden (vgl. BayVGH, B.v. 24.11.2015 - 6 ZB 15.1402 - juris Rn. 8 m.w.N.). Aus den vom Verwaltungsgericht angeführten Gründen war allerdings im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt mit dem vollständigen Abschluss des Erwerbs dieser Restfläche innerhalb von vier Jahren zu rechnen (§ 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Diese Prognose wird durch den tatsächlichen Vollzug des vollständigen Eigentumserwerbs Anfang 2018 nachträglich bestätigt. Die veranlagten (Anlieger- und Hinterlieger-)Grundstücke der Klägerin werden schließlich durch die A1.straße erschlossen im Sinn von § 131 Abs. 1 und § 133 Abs. 1 BauGB und gehören damit zum Kreis der beitragspflichtigen, mithin auch vorausleistungspflichtigen Grundstücke.

b) Die streitigen Vorausleistungsbescheide vom 27. März 2014 haben die gesetzliche Ausschlussfrist gewahrt, die zur Umsetzung des Regelungsauftrags im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - (BVerfGE 133, 143 ff.) in das Kommunalabgabengesetz aufgenommen worden ist.

Nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG in der ab dem 1. April 2014 geltenden Fassung des Änderungsgesetzes vom 11. März 2014 (GVBl S. 70) ist die Festsetzung eines Beitrags ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat, nicht mehr zulässig; liegt ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht nach Art. 5 Abs. 2a KAG vor und kann der Beitrag deswegen nicht festgesetzt werden, beträgt die Frist 25 Jahre. Nach der Übergangsvorschrift des Art. 19 Abs. 2 KAG gilt diese Regelung für Beiträge, die vor dem 1. April 2014 durch nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt sind, mit der Maßgabe, dass die Frist einheitlich 30 Jahre beträgt. Die Bemessung der Ausschlussfrist mit 20 bzw. 25 Jahren begegnet ebenso wenig verfassungsrechtlichen Bedenken wie die für Übergangsfälle einheitlich auf 30 Jahre festgelegte Zeitspanne (vgl. BayVGH, U.v. 24.2.2017 - 6 BV 15.1000 - BayVBl 2017, 522 Rn. 29; U.v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - BayVBl 2014, 241 Rn. 22; U.v. 12.3.2015 - 20 B 14.1441 - juris Rn. 25).

Zu Recht gehen die Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass die fristauslösende Vorteilslage mit der technischen Fertigstellung der Anlage „S.straße Süd“ bereits im Jahr 1986 eingetreten ist. Denn der Begriff „Eintritt der Vorteilslage“ knüpft an rein tatsächliche, für den möglichen Beitragsschuldner erkennbare Gegebenheiten an und lässt rechtliche Entstehungsvoraussetzungen für die Beitragsschuld, wie insbesondere den vollständigen Grunderwerb als Merkmal der endgültigen Herstellung, außen vor (BayVGH, U.v. 24.2.2017 - 6 BV 15.1000 - BayVBl 2017, 522 Rn. 30). Die Vorteilslage tritt bei einer A1.straße, wie der Senat wiederholt entschieden hat, dann (und erst dann) ein, wenn sie endgültig technisch fertiggestellt ist, das heißt dem gemeindlichen Bauprogramm für die flächenmäßigen und sonstigen Teileinrichtungen sowie dem technischen Ausbauprogramm vollständig entspricht (vgl. BayVGH, U.v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - BayVBl 2014, 241 Rn. 22; B.v. 30.3.2016 - 6 ZB 15.2426 - juris Rn. 9; B.v. 29.6.2016 - 6 ZB 15.2786 - juris Rn. 15). Das war bei der Erschließungsanlage „S.straße Süd“ - unstreitig - bereits 1986 der Fall.

Die Vorausleistungsbescheide vom 27. März 2014 haben die gesetzliche Ausschlussfrist - noch - gewahrt. Anwendung findet entgegen der Sichtweise der Klägerin nämlich nicht die 20-jährige Ausschlussfrist des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG. Maßgeblich ist vielmehr, wie das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden hat, die 30-jährige Ausschlussfrist nach der Übergangsvorschrift des Art. 19 Abs. 2 KAG, die erst mit Ablauf des Jahres 2016 abgelaufen ist.

Zwar spricht der Wortlaut dieser Bestimmung von „Beiträgen“, die vor dem Stichtag 1. April 2014 durch nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt sind. Das beschränkt sich indes nach Sinn und Zweck der Regelung nicht auf endgültige Beiträge, sondern umfasst jedenfalls für das Erschließungs- und Straßenausbaubeitragsrecht auch Vorausleistungen nach § 133 Abs. 3 BauGB (und Vorauszahlungen nach Art. 5 Abs. 5 KAG). Denn durch die Übergangsvorschrift soll für alle bei Inkrafttreten des Änderungsgesetzes am 1. April 2014 bereits „anhängigen Fälle“, in denen der Festsetzungsbescheid den Bereich der Gemeinde bereits verlassen hat, die alte Rechtslage mit der Ausschlussfrist von 30 Jahren (vgl. BayVGH, U.v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - BayVBl 2014, 241 Rn. 22) fortgelten, um diesen Gelegenheit zu geben, sich auf die neue Rechtslage mit deutlich kürzeren Ausschlussfristen einzustellen (vgl. LT-Drs. 17/370 S. 17 ff.). Diese Erwägung, es für „alte“ Bescheide im Interesse der Rechtsbeständigkeit bei der „alten“ Ausschlussfrist von 30 Jahren zu belassen, gilt für die Festsetzung von endgültigen Beiträgen und Vorausleistungen in gleicher Weise. Denn bei letzteren handelt es sich nach der gesetzlichen Ausgestaltung um eine wegen § 133 Abs. 3 Satz 2 BauGB auf die endgültige Beitragspflicht ausgerichtete, zeitlich vorgezogene „Beitragsleistung“, die - wie der endgültige Beitrag selbst - auf Geld gerichtet ist, die als öffentliche Last auf dem Grundstück ruht (Art. 5a Abs. 9 KAG i.V.m. § 134 Abs. 2 BauGB) und auf die auch im Übrigen die allgemeinen Vorschriften über den Erschließungsbeitrag gelten (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.1998 - 8 C 20.97 - NVwZ 1999, 543 f.; BayVGH, B.v. 29.4.2016 - 6 CS 16.58 - juris Rn. 7).

2. Die Vorausleistungsbescheide sind jedoch nachträglich rechtswidrig geworden und aufzuheben, weil die sachlichen Erschließungsbeitragspflichten innerhalb der Ausschlussfrist nicht mehr entstanden sind und danach kraft Gesetzes nicht mehr entstehen können.

a) Die sachlichen Erschließungsbeitragspflichten sind bis zum Ende der Ausschlussfrist mit Ablauf des Jahres 2016 nicht mehr entstanden; denn die Beklagte konnte den vollständigen Grunderwerb, der zur Erfüllung der satzungsmäßigen Herstellungsmerkmale erforderlich ist, erst 2018 abschließen. Nach dem Ablauf der Ausschlussfrist ist das Entstehen der Beitragspflichten entgegen der Sichtweise des Verwaltungsgerichts kraft Gesetzes zwingend ausgeschlossen.

Welche Rechtsfolgen der Fristablauf auslöst, regelt Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG unter Rückgriff auf die Vorschrift des § 169 AO über die Festsetzungs(verjährungs) frist: Er ordnet die Geltung dieser Vorschrift mit der Maßgabe dass, dass über deren Abs. 1 Satz 1 hinaus nach Fristablauf „die Festsetzung eines Beitrags ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld … nicht mehr zulässig ist“. Die inhaltliche wie sprachliche Anknüpfung an § 169 AO bedeutet indes nicht, dass es sich um eine Verjährungshöchstfrist handelt, bei deren Ablauf Festsetzungsverjährung unter anderem mit der Folge eintritt, dass Ansprüche aus dem Abgabeschuldverhältnis erlöschen (§ 47 AO); denn Verjährung setzt begriffsnotwendig voraus, dass der in Rede stehende Anspruch aus dem Abgabeschuldverhältnis zuvor entstanden war (vgl. § 170 Abs. 1 AO). Es handelt sich vielmehr nach der gesetzlichen Ausgestaltung um eine Ausschlussfrist, die allein mit Eintritt der Vorteilslage „ohne Rücksicht auf“, also unabhängig vom Entstehen einer Abgabenpflicht zu laufen beginnt und nach deren Ablauf eine Abgabenerhebung schlechthin ausgeschlossen ist (vgl. LT-Drs. 17/370 S. 12, s. auch Driehaus in ders. , Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 223d). Wenn Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG nach Fristablauf die „Festsetzung eines Beitrags“ verbietet, so meint er damit erst recht - als zwingendes Rechtmäßigkeitserfordernis für eine Beitragsfestsetzung - das Entstehen der sachlichen Beitragspflichten.

Ein anderes Verständnis liefe den verfassungsrechtlichen Vorgaben zuwider, deren Umsetzung die Ausschlussfrist dient. Das Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausprägung als der Rechtssicherheit dienendes Gebot der Belastungsgleichheit und -vorhersehbarkeit verlangt, wie das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, gesetzliche Regelungen, die sicherstellen, dass Abgaben zum Vorteilsausgleich - wie der Erschließungsbeitrag - nicht zeitlich unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können. Dem Gesetzgeber obliegt es, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an Beiträgen für solche Vorteile einerseits und dem Interesse des Beitragsschuldners andererseits, irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang er zu einem Beitrag herangezogen werden kann. Verfassungsrechtlich geboten ist eine „abschließende Zeitgrenze, bis zu der Beiträge geltend gemacht werden können“ (BVerfG, B.v. 5.3.2013 - 1 BvR 2457/08 - BVerfGE 133, 143 Rn. 42). Eine solche zeitliche Obergrenze würde aber fehlen, wenn Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG so zu verstehen wäre, dass auch nach Fristablauf noch Beitragspflichten entstehen könnten. Denn das hätte zur Folge, dass etwa ein innerhalb der Frist erlassener, aber rechtswidriger („verfrühter“) Beitragsbescheid in einem anschließenden Rechtsbehelfsverfahren auch noch nach Fristablauf geheilt werden könnte oder dass ein Vorausleistungsbescheid, wie hier, die Ausschlussfrist auf unabsehbare Dauer „öffnen“ würde. Ein solches Verständnis würde dem ausdrücklichen gesetzgeberischen Ziel zuwiderlaufen, eine „absolute“ Frist einzuführen, die im Gegensatz zur Festsetzungsverjährung nicht einer Hemmung zugänglich und nicht verlängerbar ist (LT-Drs. 17/370 S. 16). Bei einer Ausschlussfrist im Sinn einer absoluten zeitlichen Obergrenze bleiben die Interessen der beitragserhebenden Gemeinde ausreichend gewahrt. Zum einen besteht bei der in Rede stehenden Zeitspanne (von 20 oder 30 Jahren) nach Eintritt der Vorteilslage, also nach technischer Fertigstellung der Anlage, im Regelfall genügend Zeit, um die rechtlichen Voraussetzungen für das Entstehen der sachlichen Beitragspflichten herbeizuführen. Zum anderen hält das Erschließungsbeitragsrecht Institute bereit, um bei längeren Verzögerungen, wie etwa Schwierigkeiten beim Grunderwerb, zumindest eine teilweise Beitragserhebung vor Ablauf der Ausschlussfrist zu realisieren, etwa im Wege der Kostenspaltung (Art. 5a Abs. 5 i.V.m. Art. 5 Abs. 1 Satz 6 KAG) oder durch Satzungsänderung zur Modifikation der Herstellungsmerkmale.

b) Scheidet mithin das Entstehen der sachlichen Erschließungsbeitragspflichten nach Ablauf der Ausschlussfrist aus, können die streitigen Vorausleistungsbescheide nach Fristablauf keinen Rechtsgrund mehr für das Behaltendürfen der vereinnahmten Leistungen bilden und sind aufzuheben.

Die Vorausleistung ist nach Art. 5a Abs. 9 KAG in Verbindung mit § 133 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 BauGB mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen, das heißt sie ist dazu bestimmt, die spätere endgültige Beitragsforderung in Höhe des gezahlten Betrags zu tilgen. Die Tilgungswirkung tritt von selbst („ipso facto“), ohne dass es hierzu eines Verwaltungsakts bedarf, in dem Zeitpunkt ein, in dem die endgültige sachliche Beitragspflicht für das betreffende Grundstück entsteht (ständige Rechtsprechung, etwa BVerwG, U.v. 5.9.1975 - IV CB 75.73 - juris Rn. 20 f.; U.v. 9.3.2009 - 9 C 10.08 - juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 19.7.2013 - 6 ZB 12.1183 - juris Rn. 9 m.w.N.).

Mit Blick auf diese gesetzliche Zweckbestimmung einer Vorausleistung entfällt ihr Rechtfertigungsgrund, wenn eine Beitragspflicht endgültig nicht mehr entstehen kann (BVerwG, U.v. 4.4.1975 - IV C 1.73 - BVerwGE 48, 117/121). Denn die Abhängigkeit der Vorausleistung von der späteren Beitragspflicht bewirkt, dass für den Erlass des Vorausleistungsbescheids zwar die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 BauGB gegeben sein müssen, dass die Vorausleistung aber im Übrigen das rechtliche Schicksal des endgültigen Erschließungsbeitrags insofern teilt, als auch ihre Rechtsgrundlage entfällt, sobald feststeht, dass eine Beitragspflicht endgültig nicht entstehen kann (BVerwG, U.v. 5.9.1975 - IV CB 75.73 - DÖV, 1976, 96; vgl. auch BayVGH, U.v. 23.3.2006 - 6 B 02.1975 - juris Rn. 40). Das war mit Ablauf der Ausschlussfrist der Fall. In diesem Zeitpunkt (mit Ablauf des Jahres 2016) sind die Vorausleistungsbescheide rechtswidrig geworden und haben ihre Eigenschaft als Rechtsgrundlage für das weitere Behaltendürfen der von der Klägerin erbrachten Leistungen verloren. Sie sind deshalb aufzuheben.

Wären die sachlichen Beitragspflichten noch vor Ablauf der Ausschlussfrist entstanden, das sei zur Klarstellung hervorgehoben, dann wären die Beitragsschulden im Zeitpunkt ihres Entstehens in Höhe der gezahlten Vorausleistungen kraft Gesetzes getilgt worden. Das hätte zugunsten der Gemeinde einen ausreichenden Rechtsgrund für das Behaltendürfen der vereinnahmten und nun auch materiellrechtlich endgültig gedeckten Vorausleistungen dargestellt, auch wenn der endgültige Erschließungsbeitrag nach Ablauf der Ausschlussfrist nicht mehr hätte festgesetzt werden dürfen. Die noch nicht bestandskräftigen Vorausleistungsbescheide hätten dann die Rechtsnatur der endgültigen Beitragsbescheide angenommen und wären als solche Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung geworden (vgl. Schmitz, Erschließungsbeiträge, 2018 § 18 Rn. 45).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Die Gemeinden regeln durch Satzung

1.
die Art und den Umfang der Erschließungsanlagen im Sinne des § 129,
2.
die Art der Ermittlung und der Verteilung des Aufwands sowie die Höhe des Einheitssatzes,
3.
die Kostenspaltung (§ 127 Absatz 3) und
4.
die Merkmale der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

Tenor

I.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 3. Februar 2015 - W 1 K 14.621 - wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 42.238‚20 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Die innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO sinngemäß geltend gemachten Zulassungsgründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist, liegen nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Dieser Zulassungsgrund wäre begründet, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163/1164; B. v. 23.3.2007 - 1 BvR 2228/02 - BayVBl 2007, 624). Das ist nicht der Fall.

Der Kläger, zuletzt als Amtsrat (Besoldungsgruppe A 12) im Dienst der Beklagten, wendet sich gegen seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf eigenes Verlangen. Am 24. April 2012 reichte der Kläger persönlich bei der Beklagten einen Entlassungsantrag zum 31. Mai 2012 ein. Am 29. Mai 2012 händigte ihm die Beklagte den Entlassungsbescheid vom 23. Mai 2012 und die Entlassungsurkunde aus. Am 16. Juni 2012 legte der Kläger gegen den Entlassungsbescheid Widerspruch ein und nahm seinen Antrag auf Entlassung aus dem Beamtenverhältnis zurück. Bei Abgabe der Erklärung vom 24. April 2012 habe er sich in einer psychischen Ausnahmesituation befunden und die Sach- und Rechtslage nicht richtig einschätzen können. Widerspruch und Klage gegen den Entlassungsbescheid blieben erfolglos. In dem angegriffenen Urteil führt das Verwaltungsgericht aus‚ die Entlassungsverfügung sei formell und materiell rechtmäßig. Aufgrund des Sachverständigengutachtens vom 4. Juni 2013 sei das Gericht davon überzeugt‚ dass der Entlassungsantrag wirksam und nicht entsprechend § 105 Abs. 2‚ § 104 Nr. 2 BGB nichtig sei. Die Beklagte habe auch nicht ihre Fürsorgepflicht durch die Annahme des Entlassungsantrags verletzt‚ weil der Kläger sich bei Abgabe des Entlassungsantrags nicht erkennbar in einem Zustand heftiger seelischer Erregung befunden habe.

Der Zulassungsantrag des Klägers zeigt keine Gesichtspunkte auf‚ die ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils begründen und weiterer Prüfung in einem Berufungsverfahren bedürften.

a) Der Kläger rügt‚ dass entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts die Beklagte die Gleichstellungsbeauftragte hätte beteiligen müssen (§ 19 Abs. 1 Satz 3 BGleiG). Eine Mitwirkung sei auch gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 BGleiG geboten gewesen. Der Kläger habe seine Entscheidung, aus dem Beamtenverhältnis auszuscheiden, mit privaten Gründen‚ nämlich dem Wegzug zu seiner Lebensgefährtin in die Schweiz‚ begründet. Damit sei ein Bezug zum Bundesgleichstellungsgesetz hergestellt. Die Nichtberücksichtigung der Gleichstellungsbeauftragten mache die Entlassungsverfügung unwirksam.

Dieser Einwand vermag keine ernstlichen Zweifel an der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu begründen.

Die Befugnisse der Gleichstellungsbeauftragten sind nach dem Gesetz unterschiedlich ausgestaltet (vgl. BVerwG‚ U. v. 8.4.2010 - 6 C 3.09 - juris Rn. 20 f.; U. v. 28.2.2013 - 2 C 62.11 - juris Rn. 15 ff.; s. auch BT-Drs 18/3784‚ S. 101‚ 104.). Zum einen bestimmt § 19 Abs. 1 Satz 2 BGleiG in der im Zeitpunkt der Entlassung des Klägers maßgeblichen Fassung vom 14. August 2006 (BGBl I S. 1897 - BGleiG a. F.)‚ dass die Gleichstellungsbeauftragte bei allen personellen‚ organisatorischen und sozialen Maßnahmen ihrer Dienststelle mitwirkt‚ die die Gleichstellung von Frauen und Männern‚ die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit sowie den Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz betreffen. Die Mitwirkung setzt eine Maßnahme voraus, die den Rechtsstand des Bediensteten berührt, und bezieht sich auf eine beim Leiter der Dienststelle bereits abgeschlossene Willensbildung. Zum anderen hat die Gleichstellungsbeauftragte das Recht zur aktiven Teilnahme an allen Entscheidungsprozessen zu personellen, organisatorischen und sozialen Angelegenheiten (§ 20 Abs. 1 Satz 3 BGleiG a. F.). Diese Befugnis knüpft systematisch an das Recht der Gleichstellungsbeauftragten auf frühzeitige Beteiligung bei - aufgrund ihrer vielgestaltigen Aufgaben nahezu - allen personellen, organisatorischen und sozialen Angelegenheiten der Dienststelle (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 3 BGleiG a. F.) sowie auf unverzügliche und umfassende Unterrichtung (§ 20 Abs. 1 Satz 1 BGleiG a. F.) an. Sie verlagert ihre Einflussnahme im Verhältnis zur Mitwirkung zeitlich und sachlich vor.

Auf die Rechtmäßigkeit einer Entlassungsverfügung auf der Grundlage des § 33 BBG kann sich als Verfahrensfehler, wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausführt, nur der Verstoß gegen das Mitwirkungsrecht aus § 19 Abs. 1 Satz 2 BGleiG a. F., nicht aber ein solcher gegen das Recht auf frühzeitige Beteiligung auswirken (vgl. BVerwG‚ U. v. 28.2.2013 - 2 C 62.11 - juris Rn. 19 zum Disziplinarverfahren). Eine solche Verletzung des Mitwirkungsrechts aus § 19 Abs. 1 Satz 2 BGleiG a. F. legt der Kläger nicht dar. Die Mitwirkung der Gleichstellungsbeauftragten an der Entlassung auf Verlangen wäre nach dem Gesetzeswortlaut nur geboten gewesen, wenn die Maßnahme der Dienststelle die Gleichstellung von Frauen und Männern, die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit sowie den Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz betroffen, also einen konkreten Bezug zu den gesetzlichen Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten aufgewiesen hätte. Dafür ist, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nichts ersichtlich. Weder der Antrag des Klägers auf Entlassung noch sein Hinweis auf die neue Anschrift in der Schweiz noch der Widerspruch gegen die Entlassungsverfügung unter Verweis auf eine psychische Ausnahmesituation haben einen hinreichenden Anhaltspunkt darauf enthalten, dass die Entlassung auf Verlangen die Aufgaben der Beauftragten nach § 19 Abs. 1 Satz 2 BGleiG a. F. berührt.

Im Übrigen wäre, selbst wenn ein Verstoß gegen das Mitwirkungsrecht vorliegen sollte, ein solcher Verfahrensmangel nach dem Rechtsgedanken des § 46 VwVfG unbeachtlich (vgl. BVerwG‚ B. v. 20.12.2010 - 2 B 39.10 - juris Rn. 6; OVG Münster, U. v. 18.4.2013 - 1 A 1707/11 - juris Rn. 80 ff). Bei der Entlassung eines Beamten auf Verlangen gemäß § 33 BBG handelt es sich um eine gebundene Entscheidung. Dem - wirksam gestellten - Entlassungsantrag muss der Dienstherr zwingend stattgeben; ein Ermessen steht ihm bei seiner Entscheidung nicht zu (vgl. BVerwG‚ U. v. 27.8.2009 - 2 C 26.08 - juris Rn. 15).

b) Der Kläger macht weiter geltend‚ die Beklagte habe entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ihre Fürsorgepflicht verletzt. Er sei zu keiner Zeit von der Beklagten auf die Bedenkzeit von zwei Wochen nach Abgabe des Entlassungsantrags gemäß § 33 Abs. 1 Satz 2 BBG hingewiesen worden. Dieser Einwand vermag ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils zu begründen.

Aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn ist keine allgemeine Pflicht zur Belehrung über alle für den Beamten einschlägigen Vorschriften abzuleiten. Das gilt vor allem dann‚ wenn es sich um rechtliche Kenntnisse handelt‚ die zumutbar bei jedem Beamten vorausgesetzt werden können oder die sich der Beamte unschwer selbst verschaffen kann (BVerwG‚ B. v. 21.12.2011 - 2 B 94.11 - juris Rn. 15). Auch bei einem Entlassungsantrag besteht keine Pflicht des Dienstherrn‚ den Beamten über für ihn bedeutsame Rechtsfragen zu belehren (vgl. BVerwG‚ U. v. 6.11.1969 - II C 110.67 - juris Rn. 31). Eine Pflicht zur Belehrung über die Möglichkeit einer Rücknahme seines Entlassungsantrags gemäß § 33 Abs. 1 Satz 2 BBG bis zum Zugang der Entlassungsverfügung des Dienstherrn oder binnen zwei Wochen bestand daher nicht.

2. Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge des Klägers‚ das Verwaltungsgericht habe seinen Beweisantrag im Schriftsatz vom 8. Dezember 2014 auf Ladung der ihn im maßgeblichen Zeitraum untersuchenden Ärzte zur mündlichen Verhandlung als (sachverständige) Zeugen nicht berücksichtigt. Deren persönlicher Eindruck von ihm wäre für die - gerichtlich bestellten - Gutachter und die Entscheidung des Verwaltungsgerichts erheblich gewesen.

Dieses Vorbringen kann weder einen Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) noch ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils begründen.

Ein Gericht verletzt seine Aufklärungspflicht grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die eine anwaltlich vertretene Partei nicht ausdrücklich beantragt hat (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BVerwG, B. v. 16.4.2012 - 4 B 29.11 - BayVBl 2012, 640; BayVGH, B. v. 24.9.2015 - 6 ZB 14.291 - juris Rn. 39). Der durch einen Rechtsanwalt vertretene Kläger hätte in der mündlichen Verhandlung einen Beweisantrag (§ 86 Abs. 2 VwGO) zu Protokoll stellen können (vgl. § 105 VwGO i. V. m. § 160 Abs. 3 Nr. 2 ZPO); das ist jedoch ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 3. Februar 2015 nicht geschehen. Die Antragstellung im Schriftsatz vom 8. Dezember 2014 kann einen solchen Beweisantrag nicht ersetzen. Die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten zu kompensieren.

Die Tatsache‚ dass ein Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung nicht gestellt wurde‚ wäre nur dann unerheblich‚ wenn sich dem Gericht auf der Grundlage seiner materiell-rechtlichen Auffassung auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag eine weitere Sachverhaltsermittlung hätte aufdrängen müssen. Die Aufklärungsrüge ist jedoch nur dann erfolgreich‚ wenn sie schlüssig aufzeigt‚ dass das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zur weiteren Aufklärung hätte sehen müssen. Es muss ferner dargelegt werden‚ welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der unterbliebenen Aufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer dem Kläger günstigeren Entscheidung hätte führen können (BVerwG‚ B. v. 14.9.2007 - 4 B 37.07 - juris Rn. 2 f. m. w. N.; B. v. 10.2.2015 - 5 B 60.14 - juris Rn. 3). Diese Anforderungen erfüllt das Vorbringen des Klägers nicht. Er legt nicht dar, welche Aussagen die benannten Zeugen gemacht hätten und inwiefern diese zu einer dem Kläger günstigeren Entscheidung hätten führen können.

Auch im Übrigen bestand kein Anlass für das Verwaltungsgericht‚ das von ihm eingeholte und in der mündlichen Verhandlung erläuterte Gutachten vom 4. Juli 2013 in Zweifel zu ziehen. Dies wäre dann der Fall‚ wenn das Gutachten nicht geeignet wäre, dem Gericht die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen zu vermitteln. Eine Nichteignung liegt etwa dann vor, wenn das Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht‚ unlösbare inhaltliche Widersprüche enthält oder Anlass gibt‚ an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters zu zweifeln (BVerwG‚ B. v. 6.1.2014 - 2 B 97.13 - juris Rn. 22 m. w. N.). Einen solchen Mangel des Gutachtens hat der Kläger ebenfalls nicht dargelegt. Zu den Ausführungen der Gutachter insbesondere zu den Feststellungen der untersuchenden Ärzte legt der Kläger nichts dar. Das Verwaltungsgericht konnte daher auf der Grundlage des nach seiner - zutreffenden - Ansicht nachvollziehbaren und schlüssigen Gutachtens entscheiden. Es bestehen deshalb auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47‚ § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1‚ Satz 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

Für das Protokoll gelten die §§ 159 bis 165 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(1) Das Protokoll enthält

1.
den Ort und den Tag der Verhandlung;
2.
die Namen der Richter, des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle und des etwa zugezogenen Dolmetschers;
3.
die Bezeichnung des Rechtsstreits;
4.
die Namen der erschienenen Parteien, Nebenintervenienten, Vertreter, Bevollmächtigten, Beistände, Zeugen und Sachverständigen und im Falle des § 128a den Ort, von dem aus sie an der Verhandlung teilnehmen;
5.
die Angabe, dass öffentlich verhandelt oder die Öffentlichkeit ausgeschlossen worden ist.

(2) Die wesentlichen Vorgänge der Verhandlung sind aufzunehmen.

(3) Im Protokoll sind festzustellen

1.
Anerkenntnis, Anspruchsverzicht und Vergleich;
2.
die Anträge;
3.
Geständnis und Erklärung über einen Antrag auf Parteivernehmung sowie sonstige Erklärungen, wenn ihre Feststellung vorgeschrieben ist;
4.
die Aussagen der Zeugen, Sachverständigen und vernommenen Parteien; bei einer wiederholten Vernehmung braucht die Aussage nur insoweit in das Protokoll aufgenommen zu werden, als sie von der früheren abweicht;
5.
das Ergebnis eines Augenscheins;
6.
die Entscheidungen (Urteile, Beschlüsse und Verfügungen) des Gerichts;
7.
die Verkündung der Entscheidungen;
8.
die Zurücknahme der Klage oder eines Rechtsmittels;
9.
der Verzicht auf Rechtsmittel;
10.
das Ergebnis der Güteverhandlung.

(4) Die Beteiligten können beantragen, dass bestimmte Vorgänge oder Äußerungen in das Protokoll aufgenommen werden. Das Gericht kann von der Aufnahme absehen, wenn es auf die Feststellung des Vorgangs oder der Äußerung nicht ankommt. Dieser Beschluss ist unanfechtbar; er ist in das Protokoll aufzunehmen.

(5) Der Aufnahme in das Protokoll steht die Aufnahme in eine Schrift gleich, die dem Protokoll als Anlage beigefügt und in ihm als solche bezeichnet ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.