Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 16. Mai 2018 - 20 ZB 18.50011

bei uns veröffentlicht am16.05.2018
vorgehend
Verwaltungsgericht Bayreuth, B 3 K 17.50944, 11.12.2017

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 11. Dezember 2017, Az. B 3 K 17.50944, ist wirkungslos geworden.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1. Aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist damit wirkungslos geworden (§ 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. § 173 Satz 1 VwGO).

2. Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so hat das Gericht gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO – außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO – nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden; der bisherige Sach- und Streitstand ist hierbei zu berücksichtigen. Billigem Ermessen entspricht es hier, die Verfahrenskosten der Beklagten aufzuerlegen. Denn die Beklagte hat mit der Aufhebung ihres Bescheides vom 11. August 2017, mit dem der Asylantrag des Klägers wegen der Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung des Klägers nach Italien angeordnet worden war, die Erledigung herbeigeführt. Die Gründe für die Aufhebung dieses Bescheides liegen auch in der Sphäre der Beklagten, weil die Überstellungsfrist im sogenannten Dublin-Verfahren gemäß Art. 29 Abs. 1 der Dublin-III-VO abgelaufen ist, ohne dass der Kläger nach Italien überstellt wurde. Damit ist gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 der Dublin-III-VO die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens auf die Beklagte übergegangen (vgl. dazu EuGH, U.v. 25.10.2017 – C-201/16, Shiri – juris Rn. 34). Der Umstand, dass sich der Kläger seit dem 11. November 2017 im sog. offenen Kirchenasyl befindet, spricht nicht dagegen, der Beklagten die Kostenlast aufzubürden. Insbesondere führt dieser Umstand nicht zu einer Verlängerung der Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 2 der Dublin-III-VO. Denn die Anschrift, unter der sich der Kläger im Kirchenasyl befindet, wurde durch seinen Bevollmächtigten im Asylprozess mitgeteilt und ist der Beklagten damit bekannt. Unter diesen Umständen geht die ganz überwiegende Meinung der Rechtsprechung, der für die hier nur noch zu treffende Kostenentscheidung gefolgt wird, davon aus, dass keine Fristverlängerung in analoger Anwendung des Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin-III-VO eintritt. Denn es kann unter den vorliegenden Umständen weder davon ausgegangen werden, dass der Kläger „flüchtig“ im Sinne der genannten Vorschrift wäre, noch liegt ein faktisches oder gar ein rechtliches Vollzugshindernis vor (vgl. OVG Schleswig-Holstein, B.v. 23.3.2018 – 1 LA 17/18 – juris; VG Würzburg, U.v. 29.1.2018 – W 1 K 17.50166 – juris; VG München, B.v. 6.6.2017 – M 9 S 17.50290 – juris Rn. 25; U.v. 6.2.2017 – M 9 K 16.50076 – juris Rn. 11; U.v. 23.12.2016 – M 1 K 15.50681 – juris Rn. 18 f.; VG Würzburg, U.v. 31.8.2015 – W 3 K 14.50040 – juris; anderer Ansicht VG Bayreuth, U.v. 13.11.2017 – B 3 K 17.50037 – juris; B.v. 7.3.2016 – B 3 K 15.50293 – juris).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 173


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 80 Ausschluss der Beschwerde


Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 92


(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 161


(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden. (2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 1

Zivilprozessordnung - ZPO | § 269 Klagerücknahme


(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden. (2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, a

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(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 21. März 2017 wird aufgehoben.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der Kläger wurde eigenen Angaben zufolge am … … … geboren. Er sei afghanischer Staatsangehöriger und auf dem Landweg vom Iran kommend über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Ungarn und Österreich am 22. Februar 2016 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist, wo er am 9. März 2017 einen Asylantrag stellte. Auf Befragen gab der Kläger weiter an, dass er bereits in Schweden einen Asylantrag gestellt habe und dieser dreimal abgelehnt worden sei. In Ungarn seien ihm Fingerabdrücke genommen worden, einen Asylantrag habe er dort nicht gestellt.

Ausweislich der Behördenakte ist der Kläger am 22. Februar 2017 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Anhand von Eurodac-Treffern vom 2. März 2017 wurde festgestellt, dass der Kläger bereits am 17. August 2015 in Schweden und am 25. August 2015 in Ungarn einen Asylantrag gestellt hat. Am 10. März 2017 stellte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) ein Wiederaufnahmegesuch aufgrund von Art. 18 Abs. 1b) der Verordnung (EU) Nummer 604/2013 – Dublin III-Verordnung. Die schwedische Dublin-Unit teilte hieraufhin mit Schreiben vom 20. März 2017 mit, dass Schweden der Wiederaufnahme in Übereinstimmung mit Art. 18 Abs. 1 d) Dublin III-VO zustimme.

Mit Bescheid vom 21. März 2017 lehnte das Bundesamt den Asylantrag nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG als unzulässig ab (Ziffer 1 des Bescheides), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 2), ordnete die Abschiebung nach Schweden an (Ziffer 3) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG auf 3 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 4). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die schwedischen Behörden auf ein Übernahmeersuchen hin am 20. März 2017 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages gemäß Art. 18 Abs. 1 d) Dublin III-VO erklärt hätten. Der Asylantrag sei daher nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG unzulässig; die Abschiebung nach Schweden sei gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG anzuordnen gewesen. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG lägen nicht vor, da die derzeitigen humanitären Bedingungen in Schweden nicht zu der Annahme führten, dass bei der Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK drohe. Die hierfür vom EGMR geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt, ebenso verhalte es sich mit einer Verletzung des Art. 4 der EU-Grundrechte-Charta. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich.

Gegen den am 27. März 2017 zugestellten Bescheid hat der Kläger zur Niederschrift des Urkundsbeamten beim Bayerischen Verwaltungsrecht Würzburg am 29. März 2017 Klage erhoben und beantragt,

  • 1.Der Bescheid des Bundesamtes vom 21. März 2017 wird aufgehoben.

  • 2.Die Bundesrepublik Deutschland wird hilfsweise verpflichtet, festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG bezüglich Schweden vorliegen.

  • 3.Die Bundesrepublik Deutschland wird hilfsweise verpflichtet, die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbot zu verkürzen.

Zur Begründung hat der Kläger beim Bundesamt angegeben, dass er nicht nach Schweden überstellt werden wolle, da er von dort nach Afghanistan zurückgeschickt würde. Er habe sein gesamtes Leben im Iran verbracht. Dort habe er Probleme gehabt, unter anderem sei er belästigt und diskriminiert worden und habe zum Kämpfen nach Syrien geschickt werden sollen. Nach Afghanistan könne er nicht zurück, da dort Krieg herrsche und Menschen aufgrund ihrer Religion getötet würden; vor allem treffe dies die Volksgruppe Hazara, der auch er angehöre. Mit Schreiben vom 7. Juli 2017 hat der Kläger der Beklagten unter Angabe seiner neuen Adresse mitgeteilt, dass er sich seit dem 7. Juli 2017 im Kirchenasyl befinde. Der Kläger vertritt diesbezüglich die Auffassung, dass die Dublin-Überstellungsfrist durch sein Untertauchen unterbrochen und mit dem Wiederauftauchen im Kirchenasyl eine neue 6-Monatsfrist zu laufen begonnen habe. Unter Berücksichtigung der Meldung des Kirchenasyls gegenüber der Beklagten am 10. Juli 2017 laufe die Überstellungsfrist am 10. Januar 2018 ab.

Mit Schreiben vom 30. März 2017 hat die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wies die Beklagte darauf hin, dass der Kläger seit dem 21. Mai 2017 untergetaucht gewesen sei, worüber die schwedische Dublin-Unit mit Schreiben vom 20. Juni 2017 informiert und dieser gegenüber erklärt worden sei, dass die Überstellungsfrist nunmehr wegen des Flüchtigseins des Klägers am 3. Oktober 2018 ablaufe.

Unter dem 29. März 2017 hat der Kläger beantragt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage anzuordnen. Daraufhin hat das Gericht mit Beschluss vom 3. April 2017 den Antrag abgelehnt; auf die Gründe des Beschlusses wird Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 24. Januar 2018 wurde der Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen.

Mit Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 22. Januar 2018 sowie allgemeiner Prozesserklärung der Beklagten vom 27. Juni 2017 haben die Prozessbeteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der vorgelegten Behördenakte sowie auf die Akte im Verfahren W 1 S. 17.50167 verwiesen.

Gründe

Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, nachdem die Beteiligten hierzu beiderseitig ihr Einverständnis erteilt haben, § 101 Abs. 2 VwGO. Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid des Bundesamtes vom 21. März 2017 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), so dass er aufzuheben war.

Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtswidrig, da im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts, § 77 Abs. 1 Satz 1 2. Hs. AsylG, Schweden nicht mehr nach Art. 3 Abs. 2 UAbs. 1 Dublin-III-Verordnung für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers zuständig ist. Mit dem Wiederauftauchen des Klägers im Kirchenasyl und der Bekanntgabe seines Aufenthaltsortes gegenüber der Beklagten am 10. Juli 2017 wird eine neue 6-Monatsfrist in Lauf gesetzt. Dadurch ist die Zuständigkeit mit Ablauf des 10. Januar 2018 auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen, da die Frist nach Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-Verordnung verstrichen ist, ohne dass der Kläger nach Schweden überstellt wurde. Mit Ablauf der Überstellungsfrist geht die Zuständigkeit ohne weitere Voraussetzungen auf die Beklagte über, und zwar ohne dass hierfür erforderlich wäre, dass der zuständige Mitgliedstaat (im vorliegenden Fall Schweden) die Verpflichtung zur Wiederaufnahme der betreffenden Person nunmehr ausdrücklich ablehnt. Dies ergibt sich bereits hinreichend deutlich aus dem Wortlaut der Dublin-III-Verordnung und steht zudem mit dem Ziel der Verordnung, der zügigen Bearbeitung der Anträge auf internationalen Schutz, in Einklang. Überdies verletzt die objektive Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheides den Kläger auch in seinen Rechten. Bei der Einhaltung der genannten Frist handelt es sich nämlich um ein subjektives Recht des Klägers, auf das dieser sich berufen kann (vgl. EuGH, U.v. 25.10.2017 – C-201/16 – juris). Mit Ablauf der (rechtlich korrekten) Überstellungsfrist am 10. Januar 2018 ist der Bescheid des Bundesamtes vom 21. März 2017 gegenstandslos geworden (vgl. BayVGH, B.v. 16.7.2015 – 21 ZB 15.50137 – juris).

Gemäß Art. 29 Abs. 1 UAbs. 1 Dublin-III-Verordnung begann die Überstellungsfrist zunächst mit der Annahme des Wiederaufnahmegesuchs durch Schweden am 20. März 2017. Durch die rechtzeitige Erhebung eines Antrags auf aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 21. März 2017 wurde die in Lauf gesetzte 6-Monatsfrist unterbrochen (vgl. BVerwG, U.v. 27.4.2016 – 1 C 24.15 – juris) und mit der Bekanntgabe der endgültigen Entscheidung über diesen Rechtsbehelf, dem gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin-III-Verordnung, § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylG aufschiebende Wirkung zukommt, neu in Lauf gesetzt. Der das Verfahren abschließende Beschluss des Gerichts vom 3. April 2017 wurde der Beklagten am 6. April 2017 zugestellt, sodass eine neue 6-Monatsfrist mit dem 7. April 2017 in Lauf gesetzt wurde.

Nachdem der Kläger – wie sich aus den durch die Beklagte vorgelegten Unterlagen zur Überzeugung des Gerichts ergibt – ab dem 21. Mai 2017 untergetaucht war, war es der Beklagten möglich, die Frist (zunächst) gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin-III-Verordnung aufgrund des „Flüchtig-Seins“ des Klägers zu verlängern. Überwiegend wird in der Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass unter „flüchtig“ ein planvolles und vorsätzliches unentschuldigtes Vorgehen zu verstehen ist, wenn auch ein Untertauchen im engeren Sinne nicht erforderlich ist (vgl. Funke-Kaiser, GK-AsylG, Stand April 2017, § 29 Rn. 251 m.w.N.). Die letztlich nicht abschließend geklärte Frage, ob ein „Flüchtig-Sein“ erfordert, dass der Betreffende sich gezielt und bewusst dem Zugriff für die Durchführung der Überstellung entzieht oder es genügt, wenn er sich über einen längeren Zeitraum nicht mehr in der zugewiesenen Wohnung aufhält und die Behörde nicht über seinen Verbleib informiert (vgl. insoweit VGH Baden-Württemberg, Vorlagebeschluss vom 15.3.2017, A 11 S 2151/16 – juris), kann jedoch vorliegend dahinstehen, da der Kläger im Schriftsatz vom 9. November 2017 selbst konzediert hat, dass er untergetaucht gewesen sei und sein „Flüchtig-Sein“ auch nicht in Abrede gestellt hat. Ein Untertauchen beinhaltet nach Überzeugung des Gerichts stets ein unentschuldigtes und mindestens bedingt vorsätzliches Entziehen einer Überstellung.

Die Beklagte hat daraufhin mit Schreiben vom 20. Juni 2017 die schwedische Dublin-Unit über das „Flüchtig-Sein“ des Klägers informiert und darauf hingewiesen, dass eine Überstellung nunmehr bis spätestens 3. Oktober 2018 erfolgen werde. Dieses Vorgehen genügt den formalen Anforderungen des Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin-III-Verordnung. Insoweit ist umstritten, ob es einer einvernehmlichen Regelung des überstellenden und des aufnehmenden Mitgliedstaats hinsichtlich einer Fristverlängerung bedarf oder ob hierfür die rechtzeitige Information des anderen Mitgliedstaats unter Nennung einer konkreten neuen Frist ausreichend ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Vorlagebeschluss vom 15.3.2017 – A 11 S 2151/16 – juris; FunkeKaiser, GK-AsylG, Stand April 2017, § 29 Rn. 251 m.w.N.). Das Gericht schließt sich der Auffassung an, dass die Information des aufnehmenden Mitgliedstaates über die Flucht des Klägers und die Benennung der neuen Frist formal ausreichend ist, um eine Fristverlängerung herbeizuführen. Diese Voraussetzungen wurden vorliegend mit dem oben genannten Schreiben eingehalten; Einwände haben die schwedischen Behörden überdies nicht erhoben. Für die hier vertretene Rechtsauffassung, die mit dem Wortlaut der Vorschrift in Einklang steht, spricht insbesondere, dass die engere Auffassung unpraktikabel wäre und vorhersehbar zur Folge hätte, dass die Norm in vielen Fällen leerliefe, weil sich der ersuchte Mitgliedstaat vielfach weigern würde, an einer einvernehmlichen Vereinbarung mitzuwirken. Hierfür spricht auch Art. 9 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1560/2003, wonach der zuständige Mitgliedstaat bei Überstellungen, die nicht innerhalb der regulären Frist vorgenommen werden können, verpflichtet ist, den Aufnahmestaat darüber vor Ablauf der Frist zu unterrichten (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, a.a.O.).

Allerdings ist die vorgenommene Verlängerung der Überstellungsfrist hinsichtlich ihrer konkret festgesetzten Dauer bis zum 3. Oktober 2018 (und damit praktisch bis zur Maximalfrist von 18 Monaten) rechtsfehlerhaft, nachdem der Aufenthaltsort des Klägers im Kirchenasyl der Beklagten seit dem 10. Juli 2017 bekanntgeworden war. Es hätte unter diesen Umständen ab diesem Zeitpunkt lediglich eine Verlängerung um weitere sechs Monate erfolgen dürfen; eine darüberhinausgehende Verlängerung ist unwirksam. Denn Art. 29 Abs. 2 der Dublin-III-Verordnung regelt nicht, wie in den Fällen zu verfahren ist, in denen der Asylbewerber flüchtig war, aber innerhalb des 18-Monatszeitraums seinen Aufenthaltsort bekannt gibt. Marx (Kommentar zum AsylVfG, 8. Aufl., § 27a Rn. 97 f.) vertritt hierzu die Auffassung, dass die Frist nicht um „weitere“ 18 Monate, sondern auf maximal 18 Monate verlängert wird. Wenn der Betroffene nach Ablauf der Maximalfrist von 18 Monaten auftauche, sei eine Überstellung nicht mehr zulässig. Wenn sich der Betroffene vorher bei den zuständigen Behörden melde, sei er nicht mehr flüchtig und dies berechtige zu einer Fristverlängerung auf zunächst sechs Monate, berechnet vom Zeitpunkt des Wiederauftauchens an. Die Maximalfrist von 18 Monaten deute darauf hin, dass im Fall des Untertauchen eine erste Fristverlängerung auf bis sechs Monate zulässig sei. Dieses Ergebnis erscheint sachgerecht, weshalb das erkennende Gerichts sich dieser Rechtserfassung anschließt (vgl. auch VG Würzburg, U.v. 8.2.2016 – W 7 K 15.5022, vgl. nachgehend BayVGH, B.v. 29.4.2016 - 11 ZB 16.50024 – juris; VG Würzburg, U.v. 31.8.2015 – W 3 K 14.50040 – juris). Dieser Auffassung ist auch deshalb zu folgen, weil dem überstellenden Mitgliedstaat im Rahmen des Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-Verordnung und der darin geregelten Überstellungsfrist stets ein zusammenhängender Zeitraum von sechs Monaten zur Vorbereitung und Durchführung der Überstellung zur Verfügung stehen soll, um die Überstellung des Ausländers zu bewerkstelligen, wie sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt (vgl. BVerwG, B.v. 27.4.2016 - 1 C 22/15 – juris). Es handelt sich demgegenüber bei der Verlängerungsmöglichkeit nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin-III-Verordnung nicht um eine „Strafvorschrift“ dahingehend, den Ausländer für seine vorangegangene Flucht durch die Verlängerung der Überstellungsfrist auf deren maximale Dauer zu sanktionieren. Es geht einzig und allein darum, den Kläger in den für sein Asylverfahren zuständigen Mitgliedstaat zu überstellen, wofür nach dem Regelungsgefüge des Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-Verordnung in den Fällen, in denen der Aufenthaltsort des Ausländers bekannt ist, dem überstellenden Staat eine Frist von sechs Monaten zur Verfügung stehen soll. Nach dem Wiederauftauchen des Klägers war die zuvor verfügte Verlängerung der Überstellungsfrist bis zum 3. Oktober 2018 rechtlich nicht mehr haltbar; anerkennenswerte Grunde für eine Verlängerung über einen erneuten zusammenhängenden 6-Monatszeitraum hinaus sind nicht ersichtlich.

Daher ist davon auszugehen, dass die erneute Überstellungsfrist von sechs Monaten mit dem Auftauchen des Klägers im Kirchenasyl und der Bekanntgabe der neuen Adresse an die Beklagte zu laufen begann und mit Ablauf des 10. Januar 2018 geendet hat. Die Überstellung des Klägers ist innerhalb dieser Frist nicht durchgeführt worden. Deshalb ist die Zuständigkeit gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin-III-Verordnung auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen und der zuvor zuständige Mitgliedstaat Schweden nicht mehr zur Wiederaufnahme des Klägers verpflichtet. Folglich kommt auch eine Anordnung der Abschiebung nach Schweden nach § 34a AsylG nicht mehr in Betracht.

Darüber hinaus erfüllt auch der Aufenthalt des Klägers im Kirchenasyl nicht die Voraussetzungen für eine Fristverlängerung auf 18 Monate, da der Kläger hierbei nicht flüchtig i.S.d. Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-Verordnung ist, worauf sich im Übrigen auch die Beklagte selbst nicht beruft. Zwar wird das Kirchenasyl in der Regel und so auch hier gewählt, um sich einer Abschiebung zu entziehen. Dies ändert jedoch nichts daran, dass dem Bundesamt der Aufenthaltsort des Klägers bekannt ist und dass er deshalb nicht im oben dargestellten Sinne flüchtig ist. Die Möglichkeit der Fristverlängerung nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-Verordnung soll als Ausnahme von dem den Fristen des Dublin-Systems zugrunde liegenden Beschleunigungsgrundsatz ein längeres Zuwarten bei der Rücküberstellung ermöglichen, weil ein tatsächliches oder rechtliches Hindernis die Einhaltung der Frist vereitelt. Ein solches Hindernis, das einen vergleichbaren Ausnahmefall rechtfertigen könnte, besteht beim Kirchenasyl gerade nicht. Der Staat ist weder rechtlich noch tatsächlich daran gehindert, die Überstellung durchzuführen. Er verzichtet vielmehr bewusst darauf, das Recht durchzusetzen. Es existiert kein Sonderrecht der Kirchen, aufgrund dessen die Behörden bei Aufnahme einer Person in das Kirchenasyl gehindert wären, eine Überstellung durchzuführen und hierzu gegebenenfalls unmittelbaren Zwang anzuwenden. Der Umstand, dass die für die Aufenthaltsbeendigung zuständigen Behörden davor zurückschrecken, die ihnen zur Verfügung stehenden rechtlichen Möglichkeiten bei Personen im Kirchenasyl auszuschöpfen, also insbesondere auch unmittelbaren Zwang in kirchlichen Räumen anzuwenden, macht die Überstellung nicht unmöglich. Eine in der Sphäre des Klägers liegendes Hindernis für den Vollzug der Rücküberstellung, wie insbesondere im Fall der Flucht, ist nicht gegeben (vgl. auch VG München, B.v. 6.6.2017 – M 9 S. 17.50290 – juris; VG Würzburg, U.v. 31.8.2015 – W 3 K 14.50040 – juris).

Nach alledem war der Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage (Az.: M 9 K 17.50289) des Antragstellers gegen Nr. 4 (Anordnung der Abschiebung nach Spanien) des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 24. Januar 2017 wird angeordnet.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die bevorstehende Überstellung nach Spanien im Rahmen des sog. Dublin-Verfahrens.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird zunächst auf die zu diesem Verfahren beigezogenen Gerichtsakten der Verfahren Aktenzeichen M 9 S. 16.50446, M 9 K 16.50445 und M 9 S7 16.50539 einschließlich der in diesen Verfahren vorgelegten Behördenakten und auf die zwischen denselben Beteiligten wie hier ergangenen Beschlüsse vom 7. Juli 2016 (Ablehnung des ursprünglichen Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage Az. M 9 K 16.50445), vom 28. Juli 2016 (Ablehnung des Antrags nach § 80 Abs. 7 VwGO) und vom 6. März 2017 (Einstellung des Klageverfahrens Az. M 9 K 16.50445 auf Grund übereinstimmender Erledigterklärungen nach Aufhebung des damals streitgegenständlichen Bescheids vom 21. Juni 2016 durch die Antragsgegnerin) Bezug genommen.

Aus den zu diesem Verfahren (und zum dazugehörigen Klageverfahren Az. M 9 K 17.50289) vorgelegten Bundesamtsakten ergibt sich (Bl. 81), dass der Bevollmächtigte des Antragstellers mit Schreiben an das Bundesamt - Außenstelle München vom 4. November 2016, versendet per Telefax am 5. November 2016, mitteilte, dass sich der Antragsteller „nunmehr im Kirchenasyl ..., M. Platz ..., R. befindet“.

Mit Schreiben vom 11. November 2016, beim Bundesamt – Zentrale in Nürnberg eingegangen am 16. November 2016, in der Außenstelle München am 22. November 2016 (jeweils laut den angebrachten Eingangsstempeln), wandte sich die Regierung von Oberbayern Zentrale Ausländerbehörde Oberbayern (= ZAB Oberbayern) / Zentrale Passbeschaffung Bayern an das Bundesamt und teilte mit, dass der Antragsteller seit dem 4. August 2016 untergetaucht sei; es werde um Verlängerung der Überstellungsfrist nach Spanien „Fristende: 07.01.2016“ [sic! gemeint ist wohl 2017] gebeten. Diesem Schreiben beigefügt ist ein Bildschirmausdruck aus dem iMVS (integriertes Migrantenverwaltungssystem), aus dem hervorgeht, dass für den Antragsteller als Auszugsdatum aus der Unterkunft KVB (= Kreisverwaltungsbehörde) München, H. Straße ... in M. der 4. August 2016 eingetragen ist und als Auszugsgrund untergetaucht (ubk. = unbekannt).

Auf weitere Erinnerung mit Schreiben der Regierung von Oberbayern vom 9. Dezember 2016 (Bl. 80 des vom Gericht beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Regierung von Oberbayern, d.h. der Ausländerakte der ZAB) teilte das Bundesamt ebenfalls unter dem 9. Dezember 2016 (Bl. 160 der Bundesamtsakte) der ZAB Oberbayern mit, dass die Überstellungsfrist im Dublin-Verfahren des Antragstellers gemäß Art. 29 Dublin III-VO verlängert worden sei. Das neue Fristende sei der 7. Januar 2018.

Im Folgenden enthält die „neue“, d.h. die zum streitgegenständlichen Antrags- und Klageverfahren vorgelegte Bundesamtsakte die Aufnahme eines undatierten (vermutlich 20. Januar 2017) Asylantrags des Antragstellers sowie anschließend Niederschriften über Dublin – Erst- und Zweitbefragung sowie eine Anhörung gemäß § 25 AsylG usw. Der Antragsteller hat, nach dem Akteninhalt zu urteilen wohl kurz vor dem 20. Januar 2017 (wohl am 10. Januar 2017, an dem Tag meldete sich der Antragsteller bei der Regierungsaufnahmestelle RAST, vgl. Bl. 141 der Bundesamtsakten), das Kirchenasyl verlassen und sich erneut (vgl. die zu den früheren Gerichtsverfahren vorgelegten Bundesamtsakten) beim Bundesamt gemeldet.

Mit hier streitgegenständlichem Bescheid vom 24. Januar 2017 wurde der Bescheid des Bundesamtes vom 21. Juni 2016 aufgehoben (Nr. 1), der Antrag als unzulässig abgelehnt (Nr. 2), festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 3) und die Abschiebung nach Spanien angeordnet (Nr. 4). Die Nr. 5 des Bescheids enthält die Befristungsentscheidung hinsichtlich des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG. Zur Begründung der Entscheidung in Nr. 1 des Bescheids wird auf S. 2 des neuen Bescheids (Bl. 128 der Bundesamtsakten) ausgeführt, dass der Bescheid vom 21. Juni 2016 gemäß § 48 VwVfG aufzuheben gewesen sei. Außerdem ist in der Begründung des Bescheids auf dessen Seite 5 (Bl. 131 der Bundesamtsakten), fünfter Absatz von unten, ausgeführt, dass die zuständige Ausländerbehörde mitgeteilt habe, dass der Antragsteller seit dem 4. August 2016 als untergetaucht gelte, weswegen die Überstellung auf den 7. Januar 2018 verlängert worden sei. Auf den Bescheid und seine Begründung im Übrigen wird Bezug genommen.

Mit Begleitschreiben vom 25. Januar 2017 wurde eine Kopie des Bescheids an den Bevollmächtigten des Antragstellers versandt. Mit Schreiben vom selben Tag wurde der Bescheid an den Antragsteller versendet. Laut zurückgelaufener Empfangsbestätigung (Bl. 176f. der Bundesamtsakten) wurde der Bescheid dem Antragsteller am 3. Februar 2017 ausgehändigt.

Mit Schreiben seines Bevollmächtigten ebenfalls vom 3. Februar 2017, beim Verwaltungsgericht München eingegangen per Telefax am selben Tag, ließ der Antragsteller Klage erheben (Az. M 9 K 17.50289) und beantragen, den Bescheid vom 24. Januar 2017 aufzuheben. Außerdem ließ er beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage – Anordnung der Abschiebung nach Spanien – anzuordnen.

Hinsichtlich der Begründung von Klage und Eilantrag wird auf den Schriftsatz Bezug genommen, außerdem auf den weiteren Schriftsatz vom 18. März 2017, in dem der zwischenzeitlich eingetretene Ablauf der Überstellungsfrist geltend gemacht und darauf verwiesen wird, dass eine Verlängerung wegen Untertauchens nicht möglich gewesen sei, da der Antragsteller im Kirchenasyl gewesen sei.

Die Antragsgegnerin legte die Behördenakten vor, äußerte sich in der Sache aber nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten in diesem und im dazugehörigen Klageverfahren, der vorgelegten Behördenakten sowie der oben bereits angeführten weiteren beigezogenen Gerichts- und Behördenakten einschließlich der Ausländerakte der ZAB Oberbayern Bezug genommen.

II.

Der Antrag hat Erfolg.

Für das Gericht ist hinsichtlich der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblich (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AsylG). Insbesondere kommen das AsylG und das AufenthG in den durch das Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11. März 2016 (BGBl I, S. 390), das Gesetz zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern sowie zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern vom 11. März 2016 (BGBl I, S. 394) und das Integrationsgesetz vom 31. Juli 2016 (BGBl I, S. 1939) geänderten Fassungen zur Anwendung.

Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist er fristgerecht gestellt, § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

Der Antrag ist auch begründet, denn die Klage in der Hauptsache hat in Bezug auf die für den vorläufigen Rechtsschutz allein relevante Abschiebungsanordnung Aussicht auf Erfolg, weil wegen des eingetretenen Ablaufs der sog. Überstellungsfrist die Zuständigkeit auf die Antragsgegnerin übergegangen ist. Das private Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung überwiegt daher das öffentliche Interesse an der kraft Gesetzes bestehenden sofortigen Vollziehbarkeit.

Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamtes ist rechtswidrig und verletzt den Antragsteller in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). In dem gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt dieser Entscheidung ist die Überstellungsfrist bereits abgelaufen.

Die Antragsgegnerin ist inzwischen durch Zeitablauf für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Nach Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO geht die Zuständigkeit auf den ersuchenden Mitgliedstaat über, wenn die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten (Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO) durchgeführt wird. Dieser Übergang der Zuständigkeit nach Ablauf der Sechsmonatsfrist stellt keinen fingierten Selbsteintritt, sondern, wie bereits ohne weiteres aus dem Wortlaut von Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO folgt, eine besondere Zuständigkeitsnorm dar, die letztlich lediglich vom Ablauf der Frist abhängig ist. Die Regelung stützt sich auf die Überlegung, dass der Mitgliedstaat, der die Überstellung in den eigentlich zuständigen Mitgliedstaat nicht zeitgemäß durchführt, die Folgen tragen muss (BayVGH, B.v.11.05.2015 – 13a ZB 15.50006 –, juris Rn. 4f.).

Im vorliegenden Fall ist die Überstellung des Antragstellers nach Spanien nicht in diesem Sinne fristgemäß erfolgt. Die sechsmonatige Frist beginnt nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO grundsätzlich mit der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat. Vor Ablauf der Überstellungsfrist hat der Antragsteller aber Klage erhoben und gleichzeitig einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt. Den Antrag (Az. M 9 S. 16.50446) hat das Gericht mit Beschluss vom 7. Juli 2016 abgelehnt und diesen Beschluss dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers und dem Bundesamt mit Empfangsbekenntnis zugestellt und zwar dem Prozessbevollmächtigten am 11. Juli 2016 und dem Bundesamt am 12. Juli 2016. Dies hatte den neuen Beginn der Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO zur Folge, denn die Überstellungsfrist wird nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts durch den vor ihrem Ablauf gestellten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung unterbrochen und mit einer ablehnenden Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes neu in Lauf gesetzt (vgl. BVerwG, U.v.27.04.2016 - 1 C 24.15 -, juris Rn. 18; Vorlagebeschluss v. 27.04.2016 - 1 C 22.15 -, juris Rn. 18ff; vgl. auch SächsOVG, B.v.05.10.2015 - 5 B 259/15.A -, juris Rn. 8ff.; OVG NRW, U.v.07.07.2016 - 13 A 2302/15.A –, juris Rn. 22 – 24). Damit endete die Überstellungsfrist hier spätestens mit Ablauf des 12. Januar 2017, ohne dass aber die Überstellung durchgeführt wurde. Auf den Ablauf der Überstellungsfrist nach diesem Datum wurde die Antragsgegnerin mit Schreiben des Gerichts vom 11. Januar 2017 auch hingewiesen.

Die von der Antragsgegnerin verfügte Verlängerung der Frist gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO (vgl. das Schreiben des Bundesamts vom 9. Dezember 2016, Bl. 160 der Bundesamtsakte) ändert am Ergebnis nichts, da diese Fristverlängerung unwirksam ist, weil die Voraussetzungen für eine Fristverlängerung nicht vorlagen.

Nach dieser Vorschrift kann die sechsmonatige Frist höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf achtzehn Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist.

Hier kommt mangels Inhaftierung des Antragstellers nur die zweite Variante, das Flüchtig-Sein, in Betracht; hierauf wurde die Verlängerungsentscheidung der Antragsgegnerin auch gestützt. Diese Verlängerungsentscheidung ist jedoch rechtswidrig, da der Antragsteller tatsächlich nicht im Sinne der Vorschrift des § 29 Abs. 2 Satz 2 Var. 2 Dublin III-VO flüchtig gewesen ist.

Der Antragsteller befand sich spätestens seit dem 4. November 2016 im sog. Kirchenasyl; das ergibt sich aus den vorgelegten Akten, außerdem wird von der Antragsgegnerin auch nicht bestritten, dass sich der Antragsteller im sog. Kirchenasyl befand. Dieser Umstand war der Antragsgegnerin auch bekannt seit Zugang der entsprechenden Mitteilung des Bevollmächtigten am 5. November 2016 (vgl. Bl. 81 der Bundesamtsakten). In diesem Schreiben des Bevollmächtigten wird auch die Adresse des Antragstellers, unter der er sich im „Kirchenasyl“ aufhielt, mitgeteilt. Zum Zeitpunkt der Verlängerungsentscheidung, am 9. Dezember 2016, war der Antragsgegnerin mithin seit über einem Monat bekannt, dass sich der Antragsteller im sog. Kirchenasyl aufhält und unter welcher Adresse er zu erreichen ist.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein Aufenthalt im sog. Kirchenasyl die Voraussetzungen für eine Fristverlängerung gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Var. 2 Dublin III-Verordnung nicht erfüllt (vgl. nur VG München, U.v. 6.2.2017 - M 9 K 16.50076 - juris Rn. 11; U.v. 23.12.2016 M 1 K 16.50681 juris Rn. 18f. m.w.N.). Denn in diesem Fall fehlt es an der für die in Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-Verordnung geregelten Fristverlängerungstatbestände vorausgesetzten Unmöglichkeit der Überstellung durch entweder die Inhaftierung oder das Flüchtig-Sein: Ist eine Person inhaftiert oder flüchtig, so ist eine Überstellung unmöglich; die Möglichkeit der Fristverlängerung nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO soll als Ausnahme von dem den Fristen des Dublin-Systems zugrunde liegenden Beschleunigungsgrundsatz ein längeres Zuwarten bei der Rücküberstellung ermöglichen, weil ein tatsächliches oder rechtliches Hindernis die Einhaltung der Frist vereitelt. Ein solches Hindernis, das einen vergleichbaren Ausnahmefall rechtfertigen könnte, besteht beim sogenannten Kirchenasyl gerade nicht. Der Staat ist weder rechtlich noch tatsächlich daran gehindert, die Überstellung durchzuführen. Er verzichtet vielmehr bewusst darauf, das Recht durchzusetzen. Es existiert kein Sonderrecht der Kirchen, aufgrund dessen die Behörden bei Aufnahme einer Person in das sog. Kirchenasyl gehindert wären, eine Überstellung durchzuführen und hierzu gegebenenfalls unmittelbaren Zwang anzuwenden. Der Umstand, dass die für die Aufenthaltsbeendigung zuständigen Behörden offenbar davor zurückschrecken, die ihnen zur Verfügung stehenden rechtlichen Möglichkeiten bei Personen im sog. Kirchenasyl auszuschöpfen, also insbesondere auch unmittelbaren Zwang in kirchlichen Räumen anzuwenden, macht die Überstellung nicht unmöglich. Der freiwillige Verzicht auf eine Rücküberstellung im Fall des sog. Kirchenasyls ist nicht anders zu bewerten, als die Fälle, in denen eine Rücküberstellung mangels entsprechender Vollzugskapazitäten oder anderer in der Sphäre des Staates liegender Umstände nicht möglich ist. Eine in der Sphäre des Antragstellers liegendes Hindernis für den Vollzug der Rücküberstellung, wie insbesondere im Fall der Flucht, ist nicht gegeben.

Die Antragsgegnerin hätte nicht, wie geschehen, die Mitteilung des Bevollmächtigten einfach ignorieren dürfen. Vielmehr hat sie sich, obwohl ihr zum Zeitpunkt der Fristverlängerungsentscheidung aktenkundig bekannt war, wo sich der Antragsteller aufhielt, wider besseres Wissen auf die Meldung der Regierung von Oberbayern / ZAB berufen, nach der der Antragsteller nach „unbekannt“ abgemeldet und als untergetaucht behandelt wurde, was aus Sicht der Regierung von Oberbayern / ZAB als zu diesem Zeitpunkt zuständiger Ausländerbehörde auch konsequent war, da diese, anders als die Behörde der Antragsgegnerin, nichts vom sog. Kirchenasyl und der Adresse des Antragstellers in dieser Zeit wusste. Es braucht auch nicht ermittelt werden, ob der Antragsteller tatsächlich in der fraglichen Zeitspanne im sog. Kirchenasyl unter der vom Bevollmächtigten benannten Adresse zu erreichen gewesen wäre. Denn abgesehen davon, dass jeglicher Anhaltspunkt dafür, dass das nicht zutreffend gewesen wäre, fehlt, hat die Behörde der Antragsgegnerin nicht einmal versucht, sich zu vergewissern, ob die benannte Adresse zutrifft. Vor diesem Hintergrund braucht das im Nachhinein nicht mehr näher aufgeklärt werden.

Da somit die Verlängerungsentscheidung der Antragsgegnerin rechtswidrig gewesen ist, verbleibt es bei der ursprünglichen Dauer der Überstellungsfrist bis zum Ablauf des 12. Januar 2017. Die sechsmonatige Frist ist daher im maßgeblichen Zeitpunkt dieser Entscheidung bereits längst abgelaufen. Das Verstreichen der Überstellungsfrist hat gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO zur Folge, dass der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet ist und die Zuständigkeit auf den ersuchenden Mitgliedstaat übergeht. Die Zuständigkeit für die Prüfung des Asylantrags des Antragstellers ist damit auf die Antragsgegnerin übergegangen.

Es liegt neben der soeben aufgezeigten, durch den Ablauf der Überstellungsfrist eingetretenen objektiven Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheids auch eine subjektive Rechtsverletzung des Antragstellers vor. Der Antragsteller kann sich nämlich auf die mittlerweile eingetretene Zuständigkeit der Antragsgegnerin berufen. Er hat nach materiellem Asylrecht einen Anspruch darauf, dass die nach Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO zuständige Bundesrepublik Deutschland das Asylverfahren durchführt. Dem Antragsteller kann auch nicht eine fortdauernde Aufnahmebereitschaft Spaniens entgegengehalten werden. Denn das Bundesamt hat bereits nicht vorgetragen, dass Spanien den Antragsteller trotz Ablaufs der Überstellungsfrist aufnehmen und das Asylverfahren durchführen wird noch Belege hierfür vorgelegt und auch davon abgesehen bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür (vgl. hierzu OVG NRW, B.v.11.11.2015 – 13 A 1692/15.A –, juris Rn. 6ff.).

Dem Antrag ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Das Verfahren ist nach § 83b AsylG gerichtskostenfrei.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Tenor

I. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom … Januar 2016 wird aufgehoben.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der am … Mai 1986 geborene Kläger ist nach eigenen Angaben Staatsangehöriger Nigerias. Er beantragte am 18. August 2015 Asyl in Deutschland.

Mit Bescheid vom … Januar 2016 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (i.F.: Bundesamt) den Antrag als unzulässig ab (Ziffer 1.), ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an (Ziffer 2.) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsgebot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 3.). Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen, § 77 Abs. 2 AsylG.

Der Kläger hat am 7. Februar 2016 Klage gegen den Bescheid erhoben.

Das Bundesamt stellt keinen Antrag.

Am 27. Januar 2017 hat der Bevollmächtigte des Klägers Verzicht auf mündliche Verhandlung erklärt. Der Rechtsstreit ist mit Beschluss vom 3. Februar 2017 zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen worden.

Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Gemäß § 101 Abs. 2 VwGO konnte über die Klage ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da alle Beteiligten - der Kläger durch Erklärung seines Bevollmächtigten vom 27. Januar 2017, die Beklagte durch allgemeine Prozesserklärung - auf eine mündliche Verhandlung verzichtet haben. Die Verzichtserklärungen wurden auch nicht durch die Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter verbraucht (BayVGH, B.v. 19.10.2006 - 12 ZB 06.1211 - juris).

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom … Januar 2016 ist im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Voraussetzungen für den Erlass einer Abschiebungsanordnung betreffend den zunächst zuständigen Mitgliedstaat auf der Grundlage des § 34a i. V. m. § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG liegen nicht mehr vor.

Der streitgegenständliche Bescheid ist aufgrund des Ablaufs der sog. Überstellungsfrist und des hierdurch bedingten Zuständigkeitsübergangs auf die Bundesrepublik Deutschland gem. Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO rechtswidrig geworden. Die sechsmonatige Frist des Art. 29 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO begann mit der (letzten) Zustellung der Eilentscheidung des Gerichts im Verfahren M 9 S. 16.50102 am 1. März 2016 zu laufen (vgl. BVerwG, U.v. 26.5.2016 - 1 C 15.15 - juris). Diese Frist ist mit Ende des 1. September 2016 (d.h. 24:00 Uhr) abgelaufen. Der Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO im Verfahren M 9 S7 16.50262 hat nicht die Wirkungen des § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylG (BVerwG, U.v. 27.4.2016 - 1 C 24.15 -; VG Aachen, U.v. 25.7.2016 - 9 K 1184/16.A - jeweils zitiert nach juris). Unabhängig davon wird darauf hingewiesen, dass die 6-Monats-Frist auch im Nachgang zu letzterem Beschluss abgelaufen wäre.

Nachfragen bei der zuständigen Ausländerbehörde am Landratsamt F* … vom 24. Januar 2017 und bei der Regierung von … vom 6. Februar 2017 ergaben, dass sich der Kläger seit mindestens 4. Juli 2015 durchgehend in Deutschland aufgehalten hat. Auch für eine Fristverlängerung nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO bestehen nach diesen Auskünften keine Anzeichen: Dass sich der Kläger laut Aussage der Regierung von … zwischenzeitlich - vom 15. August 2016 bis 19. Oktober 2016 - im Kirchenasyl befunden hat, ändert nichts. Die Sachlage bei einer sich im Kirchenasyl befindlichen Person ist nicht mit jener vergleichbar, die bei einer inhaftierten oder flüchtigen Person vorliegt. Ist eine Person inhaftiert oder flüchtig, so ist eine Überstellung unmöglich. Die Möglichkeit der Fristverlängerung nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO soll als Ausnahme von dem den Fristen des Dublin-Systems zugrunde liegenden Beschleunigungsgrundsatz ein längeres Zuwarten bei der Rücküberstellung ermöglichen, weil ein tatsächliches oder rechtliches Hindernis die Einhaltung der Frist vereitelt. Ein solches Hindernis, das einen vergleichbaren Ausnahmefall rechtfertigen könnte, besteht beim sogenannten Kirchenasyl nicht. Der Staat ist weder rechtlich noch tatsächlich daran gehindert, die Überstellung durchzuführen. Er verzichtet vielmehr bewusst darauf, das Recht durchzusetzen. Es existiert kein Sonderrecht der Kirchen, aufgrund dessen die Behörden bei Aufnahme einer Person in das Kirchenasyl gehindert wären, eine Überstellung durchzuführen und hierzu gegebenenfalls unmittelbaren Zwang anzuwenden. Der Umstand, dass die für die Aufenthaltsbeendigung zuständigen Behörden wohl davor zurückschrecken, die ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten bei Personen im Kirchenasyl auszuschöpfen, also insbesondere auch unmittelbaren Zwang in kirchlichen Räumen anzuwenden, macht die Überstellung nicht unmöglich. Der freiwillige Verzicht auf eine Rücküberstellung im Fall des Kirchenasyls ist nicht anders zu bewerten, als die Fälle, in denen eine Rücküberstellung mangels entsprechender Vollzugskapazitäten oder anderer in der Sphäre des Staates liegender Umstände nicht möglich ist. Eine in der Sphäre des Klägers liegendes Hindernis für den Vollzug der Rücküberstellung, wie im Fall der Flucht, ist nicht gegeben (VG München, U.v. 23.12.2016 - M 1 K 15.50681 - juris; U.v. 9.1.2017 - M 1 K 16.50375 - juris).

Der Fristablauf begründet gem. Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO den Übergang der Zuständigkeit für die Prüfung des Asylbegehrens auf die Beklagte. Der Asylantrag ist damit nicht mehr nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG wegen Unzuständigkeit der Beklagten unzulässig.

Mit dieser objektiven Rechtswidrigkeit geht auch eine subjektive Rechtsverletzung des Klägers einher, da eine Rückübernahmebereitschaft Italiens nicht ersichtlich ist (BVerwG, U.v. 9. 8. 2016 - 1 C 6/16 - juris). Der nach den Dublin-Bestimmungen infolge des Fristablaufs zuständige Mitgliedsstaat darf einen Schutzsuchenden jedenfalls dann nicht auf eine Prüfung durch einen anderen Mitgliedsstaat verweisen, wenn dessen (Wieder-) Aufnahmebereitschaft nicht positiv feststeht (BVerwG, U.v. 27.4.2016 - 1 C 24/15 - juris). Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass Italien trotz des Ablaufs der Überstellungsfrist zur Rückübernahme des Klägers bereit wäre. Hierfür bestehen auch keine Anhaltspunkte. Damit kann sich der Kläger auf den Ablauf der Überstellungsfrist berufen, da Italien jedenfalls nicht verpflichtet ist, das Asylverfahren durchzuführen und der Anspruch des Klägers auf Durchführung eines Asylverfahrens verletzt wäre. Das Bundesamt ist in der Folge kraft Gesetzes, § 31 Abs. 2 AsylG, verpflichtet, das Asylverfahren des Klägers fortzuführen und eine Sachentscheidung zu treffen (BayVGH, U.v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris).

Die Kostenfolge beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V. mit §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

I.

Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 16. Juli 2015 wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist nach eigenen Angaben Staatsangehöriger der Republik Senegal. Er beantragte hier am 8. Juni 2015 seine Anerkennung als Asylberechtigter.

Im Rahmen eines persönlichen Gesprächs bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens am 8. Juni 2015 gab er an, er habe in Italien einen Asylantrag gestellt. Laut Eurodac-Treffermeldung vom 10. Juni 2015 liegt in Italien ein Asylantrag des Klägers vor. Ein Wiederaufnahmegesuch des Bundesamts nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) an die zuständige italienische Stelle vom 18. Juni 2015 blieb unbeantwortet.

Mit Bescheid vom 16. Juli 2015 wurde der Asylantrag des Klägers für unzulässig erklärt (Nr. 1) und die Abschiebung nach Italien angeordnet (Nr. 2). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Asylantrag sei gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, da Italien aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrags gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Der Bescheid wurde dem Kläger - nebst Übersetzung des Inhalts und ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung auch in französischer Sprache - am 17. Juli 2015 mit Postzustellungsurkunde (Behördenakte Bl. 75) zugestellt.

Am ... Juli 2015 hat er Klage erhoben. Er beantragt,

den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 16. Juli 2015 aufzuheben.

Zur Begründung trug er vor, bei einer Rückkehr nach Italien drohe ihm auf unabsehbare Zeit die Obdachlosigkeit. Zudem habe er dort keinen Zugang zur Gesundheitsversorgung. Aufgrund einer psychischen Erkrankung, zu der Unterlagen noch vorgelegt würden, bedürfe er aber dringend kontinuierlicher medizinischer Versorgung.

Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gem. § 80 Abs. 5 VwGO wurde durch Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 10. August 2015 abgelehnt (Az.: M 1 S 15.50682).

Mit Telefax vom 22.Dezember 2015 teilte das Landratsamt … dem Bundesamt mit, dass eine Abschiebung des Klägers am 21.Dezember 2015 gescheitert sei. Es wurde anschließend ein Schreiben des Evang.-Luth Pfarramt … vom ... Dezember 2015 übersandt, in dem ausgeführt wurde, dass sich der Kläger im Kirchenasyl befinde. Das Schreiben nannte ausdrücklich eine ladungsfähige Anschrift des Klägers.

Mit Schreiben vom 14. Januar 2016 teilte das Bundesamt den italienischen Behörden mit, dass der Kläger flüchtig sei und eine Überstellung gem. Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO bis spätestens 10. Februar 2017 erfolge.

Das Bundesamt legte die Behördenakte vor, stellte aber keinen Antrag.

Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Gem. § 101 Abs. 2 VwGO konnte über die Klage ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da beide Parteien auf eine mündliche Verhandlung verzichtet haben.

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 16. Juli 2015 ist im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Voraussetzungen für den Erlass einer Abschiebungsanordnung betreffend den zunächst zuständigen Mitgliedstaat auf der Grundlage des § 34a i. V. m. § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG liegen nicht mehr vor.

Der streitgegenständliche Bescheid ist aufgrund des Ablaufs der sog. Überstellungsfrist und des hierdurch bedingten Zuständigkeitsübergangs auf die Bundesrepublik Deutschland gem. Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO rechtswidrig geworden.

Die sechsmonatige Frist des Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO begann mit Zustellung des Beschlusses des Gerichts im Verfahren gem. § 80 Abs. 5 VwGO (BVerwG, U. v. 26.5.2016 - 1 C 15.15 - juris) am 21. August 2015 zu laufen. Diese Frist ist mit Ende des 21. Februar 2016 (d. h. 24:00 Uhr) abgelaufen.

Diese sechsmonatige Überstellungsfrist ist auch nicht nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO verlängert worden. Die Überstellungsfrist kann nach dieser Vorschrift höchstens auf achtzehn Monate verlängert werden, wenn die betreffende Person flüchtig ist. Der Kläger war jedoch nicht flüchtig im Sinne dieser Vorschrift. Flüchtig ist eine Person dann, wenn sie über einen erheblichen Zeitraum hinweg aus von ihr zu vertretenden Gründen nicht auffindbar ist (VG München, Urt. v. 29.10.2015 - M 2 K 15.50211 - juris Rn. 25; VGH Baden-Württemberg, B. v. 6.8.2013 - 12 S 675/13 - juris). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben, da sich der Kläger lediglich im sogenannten Kirchenasyl befand und sein Aufenthaltsort den Behörden durchgehend bekannt war (VG München, U. v. 2.3.2016 - M 7 K 15.50392 - juris Rn. 21; VG München U. v. 11.11.2015 - M 16 K 15.50306 - juris Rn. 21; VG Würzburg, U. v. 31.8.2015 - W 3 K 14.50040 - juris Rn. 25). Bereits mit Email vom 14. Januar 2016 hat die Ausländerbehörde beim Landratsamt … dem Bundesamt die Mitteilung des Evang.-Luth. Pfarramts … übersandt, wonach der Kläger sich dort im Kirchenasyl befindet. Auf telefonische Nachfrage des Berichterstatters beim Bundesamt am 13. Oktober 2016 hat dieses bestätigt, es gehe weiter davon aus, dass der Kläger im Kirchenasyl sei.

Die Sachlage bei einer sich im Kirchenasyl befindlichen Person ist nicht mit jener vergleichbar, die bei einer inhaftierten oder flüchtigen Person vorliegt. Ist eine Person inhaftiert oder flüchtig, so ist eine Überstellung unmöglich. Die Möglichkeit der Fristverlängerung nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO soll als Ausnahme von dem den Fristen des Dublin-Systems zugrunde liegenden Beschleunigungsgrundsatz ein längeres Zuwarten bei der Rücküberstellung ermöglichen, weil ein tatsächliches oder rechtliches Hindernis die Einhaltung der Frist vereitelt. Ein solches Hindernis, das einen vergleichbaren Ausnahmefall rechtfertigen könnte, besteht beim sogenannten Kirchenasyl nicht (diese Auffassung hat offenbar auch das Bundesamt in der Vergangenheit vertreten: vgl. Antwort der Bundesregierung auf eine Bundestags-Anfrage vom 25.6.2013: BT-Drs. 17/13724, S.11). Der Staat ist weder rechtlich noch tatsächlich daran gehindert, die Überstellung durchzuführen. Er verzichtet vielmehr bewusst darauf, das Recht durchzusetzen. Es existiert kein Sonderrecht der Kirchen, aufgrund dessen die Behörden bei Aufnahme einer Person in das Kirchenasyl gehindert wären, eine Überstellung durchzuführen und hierzu gegebenenfalls unmittelbaren Zwang anzuwenden. Der Umstand, dass die für die Aufenthaltsbeendigung zuständigen Behörden wohl davor zurückschrecken, die ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten bei Personen im Kirchenasyl auszuschöpfen, also insbesondere auch unmittelbaren Zwang in kirchlichen Räumen anzuwenden, macht die Überstellung nicht unmöglich. Der freiwillige Verzicht auf eine Rücküberstellung im Fall des Kirchenasyls ist nicht anders zu bewerten, als die Fälle, in denen eine Rücküberstellung mangels entsprechender Vollzugskapazitäten oder anderer in der Sphäre des Staates liegender Umstände nicht möglich ist. Eine in der Sphäre des Klägers liegendes Hindernis für den Vollzug der Rücküberstellung, wie im Fall der Flucht, ist nicht gegeben.

Der Fristablauf begründet gem. Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO den Übergang der Zuständigkeit für die Prüfung des Asylbegehrens auf die Beklagte. Der Asylantrag ist damit nicht mehr nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG wegen Unzuständigkeit der Beklagten unzulässig. Eine Umdeutung der Entscheidung in die Ablehnung eines Zweitantrages gem. § 71a AsylG ist nicht möglich (BayVGH, B. v. 29.7.2015 - 13a ZB 15.50096 - juris Rn. 13; BVerwG, U. v. 27.4.2016 - 1 C 24.15 - juris Rn. 19).

Mit dieser zunächst objektiven Rechtswidrigkeit geht auch eine subjektive Rechtsverletzung der Klagepartei i. S. von § 42 Abs. 2, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO einher, da eine Rückübernahmebereitschaft Italiens nicht ersichtlich ist (BVerwG, U. v. 9. 8. 2016 - 1 C 6/16 - juris Rn. 23). Der nach den Dublin-Bestimmungen infolge des Fristablaufs zuständige Mitgliedsstaat darf einen Schutzsuchenden jedenfalls dann nicht auf eine Prüfung durch einen anderen Mitgliedsstaat verweisen, wenn dessen (Wieder-) Aufnahmebereitschaft nicht positiv feststeht (BVerwG, U. v. 27.4.2016 - 1 C 24/15 - juris Rn. 20).Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass Italien trotz des Ablaufs der Überstellungsfrist zur Rückübernahme des Klägers bereit wäre. Hierfür bestehen auch keine Anhaltspunkte. Eine Antwort Italiens auf das Schreiben des Bundesamts, mit dem die Fristverlängerung bis zum 10. Februar 2017 mitgeteilt wurde, ist nicht in den übersandten Akten. Damit kann sich der Kläger auf den Ablauf der Überstellungsfrist berufen, da Italien jedenfalls nicht verpflichtet ist, das Asylverfahren durchzuführen und der Anspruch des Klägers auf Durchführung eines Asylverfahrens verletzt wäre.

Das Bundesamt ist in der Folge kraft Gesetzes (vgl. § 31 Abs. 2 AsylG) verpflichtet, das Asylverfahren des Klägers fortzuführen und eine Sachentscheidung zu treffen (vgl. BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris Rn. 22).

Die Kostenfolge beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V. mit §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

I.

Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 27. März 2014 wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

I.

Die zur Person nicht ausgewiesene Klägerin ist nach eigenen Angaben äthiopische Staatsangehörige. Sie meldete sich am 27. Dezember 2013 in Gießen als asylsuchend. Sie gab an, sie habe nach einem Asylantrag in Griechenland bis 2010 illegal in Griechenland gelebt. Dann sei sie mit dem Zug über Frankreich in die Niederlande gefahren, wo sie am 20. Dezember 2010 angekommen sei. Am gleichen Tag habe sie dort einen Asylantrag gestellt, der im Jahre 2011 abgelehnt worden sei. Nach einer Erkrankung habe sie einen weiteren Asylantrag gestellt, der im April 2013 abgelehnt worden sei. Bis zu ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland habe sie sich illegal in den Niederlanden bei Freunden aufgehalten.

Bei einer Überprüfung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) wurde ein Eurodac-Treffer für die Niederlande festgestellt. Aufgrund des Übernahmeersuchens des Bundesamts erklärten die niederländischen Behörden mit Schreiben vom 14. März 2014 ihre Zuständigkeit gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. d) der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO).

Mit Bescheid vom 27. März 2014 stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag unzulässig ist (Ziffer 1) und ordnete die Abschiebung in die Niederlande an (Ziffer 2). Dieser Bescheid, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, wurde der Klägerin am 4. April 2014 zugestellt.

II.

Mit ihrer am 11. April 2014 erhobenen Klage ließ die Klägerin beantragen,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 27. März 2014 zu verpflichten, sich zuständig für die Durchführung des Asylverfahrens der Klägerin zu erklären.

Ein am gleichen Tag gestellter Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (Nr. W 3 S 14.50041) wurde mit Beschluss vom 7. Mai 2014, der den Parteien am 14. Mai 2014 zugestellt wurde, abgelehnt.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Am 18. Juni 2014 teilte die Klägerin dem Bundesamt und der Ausländerbehörde mit, dass sie sich seit dem 17. Juni 2014 im Kirchenasyl befindet.

Nachdem der Klägerbevollmächtigte einen Antrag auf Übernahme in das nationale Verfahren gestellt hatte (Eingang beim Bundesamt am 11.11.2014), erklärte das Bundesamt, die Überstellungsfrist sei nicht abgelaufen. Die Klägerin sei untergetaucht gewesen, bevor sie sich in das Kirchenasyl begeben habe. Eine für den 10. Juni 2014 geplante Überstellung der Klägerin in die Niederlande sei gescheitert, weil diese an dem Tag nicht in der Unterkunft angetroffen worden sei. Deshalb habe sich die Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 der Dublin III-VO bis zum 14. November 2015 verlängert. Eine entsprechende Mitteilung an das Dublin-Büro in den Niederlanden sei am 11. Juni 2014 erfolgt.

Dem trat der Klägerbevollmächtigte entgegen und bot Zeugenbeweis dafür an, dass die Klägerin nicht untergetaucht gewesen sei. Vielmehr habe sie sich bis zum 17. Juni 2014 in der Gemeinschaftsunterkunft aufgehalten. Die Klägerin sei nicht von der angekündigten Abschiebung informiert gewesen und habe sich an den Tag zu diesem Zeitpunkt zufällig nicht in ihrem Zimmer aufgehalten. Somit sei die Überstellungsfrist abgelaufen und der Bescheid der Beklagten sei aufzuheben.

Die Beklagte vertrat nach richterlichem Hinweis die Auffassung, es beginne keine neue Überstellungsfrist ab dem Bekanntwerden einer neuen Adresse zu laufen, wenn die Klägerin vorher untergetaucht gewesen sei. Vielmehr ergebe sich eine Fristverlängerung auf insgesamt 18 Monate. Diese Frist sei noch nicht abgelaufen.

Die Beteiligten erklärten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung.

Mit Beschluss vom 27. August 2015 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage, über die gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, ist begründet. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 27. März 2014 erweist sich im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylVfG) als rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Der Bescheid ist rechtswidrig (geworden), weil die Überstellungsfrist abgelaufen ist. Vorliegend ist gemäß Art. 49 Satz 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) der zuständige Mitgliedsstaat nach den Kriterien dieser Verordnung zu bestimmen. Die niederländischen Behörden haben dem Übernahmeersuchen des Bundesamts mit Schreiben vom 14. März 2014 zugestimmt. Nach Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO erfolgt die Überstellung des Antragstellers in den zuständigen Mitgliedsstaat sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedsstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO aufschiebende Wirkung hat. Wird die Überstellung nicht innerhalb von sechs Monaten durchgeführt, ist der zuständige Mitgliedsstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedsstaat über (Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO). Diese Frist kann höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte oder höchstens auf 18 Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist (Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO).

Vorliegend geht das Bundesamt offenbar davon aus, dass die Sechs-Monats-Frist des Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO für die Überstellung erst mit der Zustellung der Entscheidung im Sofortverfahren am14. Mai 2014 zu laufen beginnt. Darüber hinaus vertritt das Bundesamt die Auffassung, die Klägerin sei flüchtig, weshalb sich die Überstellungsfrist auf 18 Monate verlängere und diese Frist spätestens am 14. November 2015 ablaufen würde.

Beide Einschätzungen des Bundesamts sind jedoch nicht zutreffend.

Die Überstellungsfrist von sechs Monaten begann mit der Zustimmung der niederländischen Behörden am 14. März 2014 ab 15. März 2014 zu laufen. Die Kammer vertritt in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (U. v. 27.8.2014 - A 11 S 1285/14 - juris Rn. 58, NVwZ 2015, 92) die Rechtsauffassung, dass durch einen (erfolglosen) Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Abschiebungsanordnung ein vorübergehendes Vollstreckungshindernis vorliegt und somit eine Hemmung des Fristablaufs eintritt. Dies hat zur Folge, dass sich die Frist entsprechend verlängert (VG Würzburg, U. v. 4.8.2015 - W 3 K 14.50155 - noch n. v. -). Hierauf kommt es jedoch aus nachfolgenden Gründen nicht entscheidungserheblich an.

Vorliegend ist ein Abschiebungsversuch am 10. Juni 2014 gescheitert, weil die Klägerin angeblich untergetaucht war. Das Bundesamt ist daher davon ausgegangen, dass die Klägerin flüchtig sei und deshalb sich die Frist auf 18 Monate verlängern würde. Unter „flüchtig“ im Sinne von Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO ist jede Form des unbekannten Aufenthaltes des Asylbewerbers zu verstehen (Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand Mai 2015, § 27a Rn. 232).

Allerdings bestreitet die Klägerin, dass sie untergetaucht war. Spätestens mit Eingang der Mitteilung der Klägerin, dass sie sich im Kirchenasyl befindet (Eingang beim Bundesamt am 18.6.2014) war der Aufenthalt der Klägerin dem Bundesamt auch bekannt.

Art. 29 Abs. 2 der Dublin III-VO regelt nicht, wie in den Fällen zu verfahren ist, in denen der Asylbewerber flüchtig war, aber innerhalb des 18-Monats-Zeitraums seinen Aufenthalt bekannt gibt. Marx (Kommentar zum AsylVfG, 8. Aufl. § 27a Rn. 97) vertritt hierzu die Auffassung, dass die Frist nicht um „weitere“ 18 Monate, sondern auf maximal 18 Monate verlängert wird. Wenn der Betroffene nach Ablauf der Maximalfrist von 18 Monaten auftauche, sei eine Überstellung nicht mehr zulässig. Wenn sich der Betroffene vorher bei den zuständigen Behörden melde, sei er nicht mehr flüchtig und dies berechtige zu einer Fristverlängerung auf zunächst sechs Monate, berechnet vom Zeitpunkt des Wiederauftauchens. Die Maximalfrist von 18 Monaten deute darauf hin, dass im Fall des Untertauchens eine erste Fristverlängerung auf bis sechs Monaten zulässig sei. Dieses Ergebnis erscheint sachgerecht, weshalb das erkennende Gericht sich dieser Rechtsauffassung anschließt.

Das Bundesamt erhielt am 18. Juni 2014 Kenntnis vom Aufenthaltsort der Klägerin im Kirchenasyl. Wenn man davon ausgeht, dass mit dem 19. Juni 2014 eine neue Sechs-Monats-Frist zu laufen begann, endete diese am 18. Dezember 2014. Diese Überstellungsfrist ist abgelaufen. Somit braucht die umstrittene Frage, ob die Klägerin am Tag der Abschiebung tatsächlich flüchtig war, nicht aufgeklärt zu werden.

Zur Überzeugung des Gerichts kann auch nicht angenommen werden, die Klägerin sei „flüchtig“, weil sie sich im Kirchenasyl befunden habe und sich somit der Abschiebung entzogen habe (so aber: VG Saarlouis, U. v. 6.3.2015 - 3 K 832/14 - juris Rn. 45; OVG Lüneburg, U. v. 25.6.2015 - 11 LB 248/14 - juris; VG Ansbach, B. v. 21.7.2015 - AN 3 S 15.30959 - juris; VG Regensburg, U. v. 20.2.2015 - RN 3 K 14.50264 - juris Rn. 56).

Zwar wird im Regelfall das Kirchenasyl gewählt, um sich einer Abschiebung zu entziehen. Dies ändert aber nichts daran, dass dem Bundesamt der Aufenthaltsort des Asylbewerbers bekannt ist und er deshalb nicht im oben dargestellten Sinn „flüchtig“ ist.

Wenn das Bundesamt das Kirchenasyl akzeptiert, ist dies eine politische Entscheidung. Es liegt jedoch kein Fall vor, dass eine Abschiebung deshalb nicht möglich ist, weil der Asylbewerber flüchtig ist. Im Übrigen ist gerichtsbekannt, dass das Bundesamt sich in Fällen des Kirchenasyls nicht darauf beruft, dass sich deshalb die Überstellungsfrist verlängern würde. Vielmehr hat das Bundesamt regelmäßig angenommen, dass die sechsmonatige Überstellungsfrist gilt und nach Ablauf der Überstellungsfrist in vielen dem Gericht bekannten Fällen die Abschiebungsanordnung aufgehoben. Auch im vorliegenden Fall hat das Bundesamt sich nicht auf eine Verlängerung der Überstellungsfrist wegen des Kirchenasyls berufen.

Folglich ist davon auszugehen, dass die Überstellungsfrist von sechs Monaten mit dem „Auftauchen“ der Klägerin neu zu laufen begann, aber am 18. Dezember 2014 geendet hat. Die Überstellung der Klägerin ist nicht innerhalb dieser erneuten Frist von sechs Monaten durchgeführt worden. Deshalb ist die Zuständigkeit gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen und der (zuvor) zuständige Mitgliedsstaat Niederlande ist nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet. Somit ist der Asylantrag nicht mehr nach § 27a AsylVfG wegen Unzuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland unzulässig; unabhängig davon ob möglicherweise die niederländischen Behörden noch zu einer Rücknahme der Klägerin bereit wäre. Folglich kommt auch eine Anordnung der Abschiebung in die Niederlande nach § 34a AsylVfG nicht mehr in Betracht.

Die objektive Rechtswidrigkeit des Bescheides verletzt die Klägerin auch in ihren Rechten. Die Klägerin hat gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO bzw. Art. 16a Abs. 1 GG ein subjektiv-öffentliches Recht auf die Durchführung des Asylverfahrens. Dieses Recht ist verletzt, wenn sich die Beklagte auch nach Ablauf der Überstellungsfrist weiter auf die zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses bestehende Zuständigkeit des ersuchten Mitgliedsstaates beruft. Mit dem Ablauf der Überstellungsfrist nach Art. 29 Dublin III-VO ist der Bescheid des Bundesamts vom 27. März 2014 gegenstandslos geworden (vgl. BayVGH, B. v. 6.3.2015 - 13a ZB 15.50000; B. v. 30.3.2015 - 21 ZB 15.50025 und v. 16.7.2015 - 21 ZB 15.50137 - jeweils juris).

Die Klägerin erlangt durch die Aufhebung des Bescheides einen rechtlichen Vorteil, weil nach Aufhebung des Bescheides die Beklagte verpflichtet ist, das Verwaltungsverfahren wieder aufzunehmen.

Aus diesem Grund ist auch kein Ausspruch der Verpflichtung der Beklagten erforderlich, das Asylverfahren der Klägerin fortzuführen.

Vorliegend ist das Gericht auch nicht verpflichtet, die Sache spruchreif zu machen. Dieser auch im Asylverfahren geltende Grundsatz findet auf behördliche Entscheidungen, die auf der Grundlage von § 27a AsylVfG ergangen sind, nach Ansicht der Kammer keine Anwendung (vgl. auch BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295; VGH BW, U. v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - beide: juris).

Somit war der streitgegenständliche Bescheid mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG aufzuheben. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger, syrischer Staatsangehöriger, reiste am 08.09.2016 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 21.10.2016 einen Asylantrag.

Bei der Befragung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am 21.10.2016 in Bamberg erklärte der Kläger, er sei am 04.06.2013 von Syrien aus in die Türkei und von dort aus weiter mit dem Flugzeug nach Ägypten. In Ägypten sei er drei Jahre geblieben. Danach sei er mit einem Boot nach Italien gefahren. In Italien habe er sich zwei bis drei Tage in einem Flüchtlingscamp in aufgehalten. Anschließend sei er über Österreich nach Deutschland eingereist.

Die EURODAC-Abfrage ergab einen Treffer der „Kategorie 2“ () aufgrund einer erkennungsdienstlichen Behandlung des Klägers am 31.08.2016 in Italien.

Am 25.11.2016 richtete die Beklagte ein Übernahmeersuchen nach der Dublin III-VO an Italien, auf das innerhalb der festgesetzten Frist (zwei Monate nach Erhalt des Gesuchs bei einem EURODAC-Treffer der Kategorie 2) keine Antwort einging.

Mit Bescheid des Bundesamts vom 10.02.2017 lehnte die Beklagten den Antrag als unzulässig ab (Ziff. 1) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 2). Es wurde die Abschiebung nach Italien angeordnet (Ziff. 3) und das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG auf 6 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziff. 4).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Unzulässigkeit des Antrags ergebe sich aus § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG, da Italien aufgrund des illegalen Aufenthalts gem. § 13 Abs. 1 Dublin III-VO für die Behandlung des Asylantrages zuständig sei. Im Übrigen wird auf die Begründung des Bescheids, die sich vor allem mit dem Nichtvorliegen systemischer Mängel in Italien auseinandersetzt, verwiesen.

Am 15.02.2017 erhob der Kläger zur Niederschrift des Verwaltungsgerichts Bayreuth Klage und beantragte,

  • 1.Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 10.02.2017, Az.: , wird aufgehoben.

  • 2.Die Beklagte wird verpflichtet, mich als asylberechtigt anzuerkennen bzw. die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise subsidiären Schutz zu gewähren oder festzustellen, dass Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen.

Zur Begründung führte er im Wesentlichen an, er habe sich lediglich drei Tage in Italien aufgehalten. In dieser Zeit habe er sich polizeirechtlich erfassen lassen müssen und Fingerabdrücke abgeben müssen. Einen Asylantrag habe er in Italien nicht gestellt. Er beantrage daher die Durchführung des Asylverfahrens in Deutschland.

Die Beklagte beantragte mit Schreiben vom 23.02.2017,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezog sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung.

Mit Beschluss vom 27.02.2017 lehnte das Verwaltungsgericht Bayreuth unter dem Aktenzeichen B 3 S 17.50036 den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ab.

Mit Schriftsatz vom 04.07.2017 zeigte die Bevollmächtigte die anwaltliche Vertretung des Klägers an. Ferner teilte sie mit Schriftsatz vom 24.07.2017 mit, dass sich der Kläger nunmehr im Kirchenasyl bei der evangelisch-lutherischen Pfarrgemeinde in H befinde.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 25.07.2017 wurde der Kläger zur beabsichtigten Entscheidung mittels Gerichtsbescheid gehört. Am 14.08.2017 wurde die Klage durch Gerichtsbescheid abgewiesen.

Mit Schriftsatz vom 21.08.2017 hat die Beklagte der zuständigen Behörde in Italien mitgeteilt, dass der Kläger „flüchtig“ sei und die Überstellung nunmehr gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO bis spätestens 27.08.2018 erfolge.

Die Klägerbevollmächtigte beantrage mit Schriftsatz vom 24.08.2017 die Durchführung der mündlichen Verhandlung. Zur Begründung wurde mit Schriftsätzen vom 24.08.2017 und 17.10.2017 im Wesentlichen ausgeführt, eine Verlängerung der Überstellungsfrist wegen des Aufenthalts im Kirchenasyl sei nicht möglich, da nach anerkannter Rechtsprechung die Voraussetzungen für eine Fristverlängerung gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO nicht erfüllt seien. Der Beklagten sei der Aufenthalt des Klägers immer bekannt gewesen. Diese habe aber offensichtlich bewusst darauf verzichtet, eine Rückführung durchzuführen, obwohl sie dazu weder rechtlich noch tatsächlich gehindert gewesen wäre. Dieser freiwillige Verzicht auf eine Rückführung sei nicht anders zu bewerten, als die Fälle, in denen eine Rücküberstellung mangels entsprechender Vollzugskapazitäten oder anderer in der Sphäre des Staates liegender Umstände nicht möglich sei. Die Überstellungsfrist habe somit am 27.08.2017 geendet.

Mit Schriftsätzen vom 23.10.2017 bzw. 24.10.2017 wurde dem Gericht mitgeteilt, dass sich der Kläger nunmehr in der Abtei im Kirchenasyl befinde.

Mit Schriftsatz vom 27.10.2017 wies die Klägerbevollmächtigte – unter Bezugnahme auf ein Schreiben des italienischen Innenministeriums vom 12.10.2017 an die Beklagte – darauf hin, dass die Republik Italien den Aufenthalt im Kirchenasyl ebenfalls als rechtmäßig erachte.

Mit Beschluss der Kammer vom 12.10.2017 wurde der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung am 06.11.2017 wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die vorgelegte Behördenakte, die Gerichtsakte des Eilverfahrens (B 3 S 17.50036) sowie auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

I.

Das Gericht konnte über die Klage verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung am 06.11.2017 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten bei der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 VwGO).

II.

Die Klage ist bereits unzulässig, soweit der - zwischenzeitlich anwaltlich vertretene - Kläger „Verpflichtungsanträge“ auf Anerkennung als Asylberechtigter bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus bzw. auf Feststellung von Abschiebungsverboten im Hinblick auf das Herkunftsland (Syrien), gestellt bzw. in der mündlichen Verhandlung am 06.11.2017 die Anträge vom 15.02.2017 weiterhin aufrechterhalten hat. Geht es - wie vorliegend - um das Begehren auf Aufhebung einer Entscheidung über die Unzuständigkeit Deutschlands für die Prüfung eines Asylantrags nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG, ist die Anfechtungsklage die allein statthafte Klageart gegen den Bescheid des Bundesamts vom 10.02.2017 (BVerwG, U.v. 27.10.2015 – 1 C 32.14 – juris; BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 1 C 4/16 – juris; BayVGH, U.v. 23.3.2017 – 13a B 17.50003 – juris). Ist die Anfechtungsklage gegen die Unzulässigkeitsentscheidung erfolgreich, wird das Verwaltungsverfahren in den Stand zurückversetzt, in dem es sich vor Erlass der streitgegenständlichen Regelungen befunden hat. Das Bundesamt ist in diesem Fall gemäß §§ 24, 31 AsylG gesetzlich verpflichtet, das Asylverfahren weiterzuführen. Die Aufhebung der Unzulässigkeitsentscheidung führt somit zur weiteren Prüfung der Anträge des Klägers durch die Beklagte und damit zu dem erstrebten Rechtsschutzziel.

Weiterhin hat der Kläger jedoch die Anfechtungsklage gegen den Unzulässigkeitsbescheid mit einem hilfsweisen Verpflichtungsbegehren auf Feststellung nationalen Abschiebungsschutzes zu verbinden, wenn er die Nichtfeststellung von Abschiebungsverboten für fehlerhaft erachtet und in Bezug auf den Abschiebezielstaat (Italien) Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG sieht (BVerwG, B.v. 3.4.2017 – 1 C 9/16 – juris; Berlit, Anmerkung zum B.v. 3.4.2017 – 1 C 9/16 vom 10.7.2017, jurisPR-BVerwG, 114/2017, Anm. 1 – juris). Für eine unbedingt beantragte klageweise Verpflichtung der Beklagten auf Feststellung von Abschiebungsverboten fehlt dem Kläger hingegen das Rechtsschutzbedürfnis. Zwar ist wegen der Regelung des § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG das Bundesamt auch in den Fällen zur Entscheidung über das Bestehen von Abschiebungsverboten verpflichtet, in welchen es den Asylantrag (hier nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) für unzulässig erachtet. Aufgrund der gesetzlichen Systematik des § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG kann die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines Abschiebungsverbots aber nur für den Fall begehrt werden, dass der Bescheid in Ziffer 1 aufrechterhalten bleibt, also als Hilfsantrag. Denn im Falle der Aufhebung der Unzulässigkeitsentscheidung wird auch eine Feststellung, wonach Abschiebungsverbote nicht vorliegen, kassiert (BVerwG, B.v. 3.4.2017 – 1 C 9/16 – juris; BVerwG, U.v. 1.6.2017 – 1 C 9/17 – juris; vgl. auch VG Ansbach U.v. 6.9.2017 – AN 3 K 17.51126 – juris). Vorliegend wurde aber Verpflichtung der Beklagten auf Feststellung von Abschiebungsverboten nicht für den Fall der erfolglosen Anfechtung der Unzulässigkeitsentscheidung (Ziffer 1 des Bescheides) beantragt, sondern als (weiterer) Hilfsantrag für das – schon unzulässige – Verpflichtungsbegehren in Ziffer 2 des Klageantrags (Verpflichtung auf Anerkennung als Asylberechtigter bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft).

III.

Soweit die Klage zulässig ist, bleibt sie ebenfalls ohne Erfolg. Der Bescheid vom 10.02.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Der Asylantrag ist gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1a AsylG in Deutschland unzulässig.

Nach § 29 Abs. 1 Nr. 1a AsylG ist ein Asylantrag in Deutschland unzulässig, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Dublin III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

a) Vorliegend ist der Kläger von Ägypten aus nach Italien eingereist und wurde am 31.08.2016 in Italien erkennungsdienstlich behandelt. Dies ergibt sich aus dem EURODAC-Treffer der „Kategorie 2“. Damit ist Italien nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO für die Durchführung seines Asylverfahrens zuständig.

Da Italien das am 25.11.2016 gestellte Übernahmeersuchen innerhalb der festgesetzten Frist (zwei Monate nach Erhalt des Gesuchs bei einem EURODAC-Treffer der „Kategorie 2“) nicht beantwortet hat, gilt das Übernahmeersuchen gem. Art. 22 Abs. 7 i.V.m. Abs. 1 Dublin III-VO als angenommen und akzeptiert, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person aufzunehmen.

b) Die Zuständigkeit Italiens ist auch nicht durch Ablauf der Überstellungsfrist wieder entfallen.

aa) Die Überstellungsfrist beträgt nach Art. 29 Abs. 1 und 2 Dublin III-VO sechs Monate ab dem Tag der Annahme des Auf- oder Wiederaufnahmegesuchs durch den anderen Mitgliedsstaat oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen eine Abschiebungsanordnung (§ 34a Abs. 1 AsylG) unterbricht den Lauf der Frist für eine Überstellung nach den Regelungen der Dublin III-Verordnung. Mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts über einen solchen Antrag wird die Frist auch dann neu in Lauf gesetzt, wenn – wie hier mit Beschluss vom 27.02.2017 – der Antrag abgelehnt wurde (BVerwG, U.v. 26.5.2016 – 1 C 15/15 – juris; BayVGH, U.v. 29.3.2017 – 15 B 16.50080 – juris).

bb) Zwar ist die Sechs-Monats-Frist am 27.08.2017 um 24 Uhr abgelaufen, die Beklagte hat jedoch mit Schreiben vom 21.08.2017 die Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO in zulässigerweise auf 18 Monate, also bis zum 27.08.2018, verlängert.

Gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 Dublin III-VO kann die Überstellungsfrist auf höchstens 18 Monate verlängert werden, wenn die betreffende Person flüchtig ist. Die Beklagte hat Italien am 21.08.2017 über die „Flüchtigkeit“ des Klägers und die daraus folgende Unmöglichkeit der Überstellung informiert. Darin liegt auch eine - jedenfalls konkludent getroffene - nach dem Wortlaut von Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO („Die Frist […] kann verlängert werden […]“) erforderliche Entscheidung der Beklagten über die Fristverlängerung (vgl. VG Dresden, U.v. 12.6.2015 – 7 K 2951/14.A – juris sowie VG Ansbach, B.v. 29.8.2017 – AN 14 E 17.50998 – juris und VG Ansbach, B.v. 26.9.2017 – AN 14 E 17.51000 – juris).

Der Kläger ist seit dem 24.07.2017, an dem der illegale Aufenthalt im Kirchenasyl begonnen hat, „flüchtig“ i.S.d. Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 Dublin III-VO, so dass die Verlängerung der Überstellungsfrist rechtmäßig erfolgte. Im Lichte von Sinn und Zweck der Vorschrift des Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 Dublin III-VO konnte in der vorliegenden Konstellation die Verlängerung der Überstellungfrist erfolgen, weil dadurch vermieden wird (und werden soll), dass sich der Zuständigkeitsübergang durch pflichtwidriges Tun oder Unterlassen des Klägers vollzieht.

Ein Asylbewerber ist bereits dann „flüchtig“, wenn er sich seiner sonst möglichen Überstellung durch sein Nichtdasein bewusst entzieht. Erforderlich ist nicht, dass er seine Wohnung (dauerhaft) verlässt, den Ort wechselt bzw. untertaucht und sich dadurch den Zugriff der Behörden entzieht. Die Formulierung „flüchtig ist“ knüpft nämlich an die Überstellung an. In einem solchen Fall hat nicht der Mitgliedstaat, sondern der Asylbewerber den Ablauf der Frist zu vertreten (vgl. VG Regensburg, U.v. 20.2.2015 – RN 3 K 14.50264 – juris; VG Magdeburg, B.v. 11.12.2014 – 1 B 1196/14 – juris; VG Ansbach, B.v. 29.8.2017 – AN 14 E 17.50998 – juris; VG Ansbach, B.v. 26.9.2017 – AN 14 E 17.51000 – juris).

Aus Sicht des Gerichts ist - zumindest im vorliegenden Einzelfall - der Eintritt ins Kirchenasyl einem „Untertauchen“ in aufenthaltsrechtlicher Hinsicht gleichzusetzen, weil sich der Kläger insoweit der staatlichen Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union nicht unterordnet, sondern sich dieser bewusst und gerade solange entzieht, bis die Überstellungsfrist nach der Dublin III-VO abgelaufen ist. Dabei ist unerheblich, dass den Behörden der Aufenthalt des Klägers jederzeit bekannt war. Dem Kläger ist nämlich geläufig, dass die bayerischen Ausländerbehörden aufgrund entsprechender Abreden mit den Kirchen und der bereits jahrelangen Praxis gegen vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer im Kirchenasyl nicht vorgehen. Aufgrund der politischen Entscheidung zur Respektierung des Kirchenasyls, besteht jedenfalls ein faktisches Vollzugshindernis für die Ausländerbehörden (BayLSG, B.v. 11.11.2016 – L 8 AY 28/16 B ER – juris). Obwohl die Ausländerbehörden rechtlich nicht gehindert sind auch aus dem Kirchenasyl abzuschieben, hat der Kläger de facto die (nahezu) hundertprozentige Sicherheit, dass er während des illegalen Kirchenasyls nicht überstellt wird. Sein Status gegenüber Ausländerbehörde ist damit kein anderer, als der eines „unbekannt“ Untergetauchten, da sich der Kläger ebenfalls vorsätzlich dem Zugriff der Ausländerbehörde entzieht (vgl. auch VG Ansbach, B.v. 7.12.2016 – AN 14 S 16.50339 – juris; VG Bayreuth, GB.v. 7.6.2017– B 3 K 17.50070 –; VG Regensburg, U.v. 20.2.2015 – RN 3 K 14.50364 – juris; VG Augsburg, B.v. 8.10.2014 – Au 7 K 14.30121 – juris; VG Ansbach, U.v. 21.12.2015 – An 3 K 15.50498 – juris; VG Saarland, U.v. 6.3.2015 – 3 K 832/14 – juris; VG Bayreuth, U.v. 7.3.2016 – B 3 K 15.50293 – juris; a.A. beispielsweise VG München, B.v. 6.6.17– M 9 S 17.50290 – juris und VG Hannover, U.v. 31.5.2017 – 10 A 6796/16 – juris).

Dahinstehen kann, ob der „Gang ins Kirchenasyl“ generell die Verlängerung der Überstellungsfrist rechtfertigt. Im vorliegenden Fall kommt jedoch hinzu, dass beim Kläger keinerlei humanitäre Gründe ersichtlich sind, die das Kirchenasyl als „ultima ratio“ rechtfertigen würden. Der Kläger ist jung, gesund und erwerbsfähig. Er ist ledig und kinderlos. Ihm ist in Italien nichts zugestoßen. Die Aufnahme des Klägers in das Kirchenasyl erfüllt daher schon im Ansatz nicht die Kriterien, die Kirchen zur Gewährung des „übergesetzlichen Schutzes“ vorgesehen und mit dem Bundesamt vereinbart haben (vgl. nur http://www.kirchenasyl.de/erstinformation/). Der hiesige Kläger stellt sich vielmehr bewusst und grundlos gegen die deutsche Rechtsordnung. Er hat während des Verfahrens bereits wiederholt versucht, eine Sonderbehandlung zu erreichen (vgl. Bl. 33 ff. der Gerichtsakte). Nachdem diese Versuche gescheitert sind, unterwandert er die Rechtsordnung nunmehr mit dem offensichtlich illegalen Aufenthalt im Kirchenasyl.

Zumindest im vorliegenden Fall hat die Beklage - unter Anwendung des Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 Dublin III-VO - die Überstellungsfrist rechtmäßig bis zum 27.08.2018 verlängert. Im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ist daher kein Zuständigkeitsübergang auf die Beklagte gegeben.

cc) Letztlich wird noch darauf hingewiesen, dass es für die Rechtmäßigkeit der Verlängerung der Überstellungsfrist völlig unerheblich ist, ob Italien den Eintritt in das Kirchenasyl ebenfalls als Verlängerungsgrund i.S.d. Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 Dublin III-VO erachtet. Das Erfordernis der Information des Zielstaates vor Ablauf der Überstellungsfrist folgt aus Art. 9 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 in der Fassung von Art. 1 Nr. 5 Durchführungsverordnung (EU) Nr. 118/2014 der Kommission vom 30. Januar 2014 i.V.m. Art. 29 Abs. 4 Dublin III-VO. Dem hat die Beklagte mit ihrem Schreiben an die italienischen Behörden genügt. Weitere Voraussetzungen, insbesondere die Zustimmung oder das Einverständnis des Zielstaats, sind gesetzlich nicht vorgesehen.

dd) Die Meldung der Beklagten an Italien vom 21.06.2017 bzgl. der Verlängerung der Überstellungsfrist bis zum 27.08.2018 wegen Nichtanwesenheit des Kläger vom 09.06.2017 bis 20.06.2017 in der zugewiesenen Unterkunft, stellt hingegen keine ordnungsgemäße Verlängerung der Überstellungsfirst dar, da der Kläger im obigen Zeitraum nicht „flüchtig“, sondern - zumindest zeitweise - erlaubt zu einer Familienfeier abwesend war. Dies ist vorliegend aber unerheblich, da die Beklagte jedenfalls aufgrund des Kirchenasyls die Überstellungsfrist am 21.08.2017 rechtzeitig und rechtmäßig bis zum 27.08.2018 verlängert hat.

c) Es liegen auch keine außergewöhnlichen Umstände vor, die die Zuständigkeit der Beklagten nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO begründen oder möglicherweise für ein Selbsteintrittsrecht bzw. eine Selbsteintrittspflicht der Beklagten nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO sprechen.

aa) Systemische Mängel des italienischen Asylverfahrens liegen nach Auffassung des Gerichts nicht vor.

Nach dem vom Bundesverfassungsgericht zur Drittstaatenregelung entwickelten „Konzept der normativen Vergewisserung“ ist davon auszugehen, dass in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Anwendung der Grundrechtecharta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten – EMRK – sichergestellt ist (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 – juris). Dieses vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Konzept steht im Einklang mit dem der Schaffung eines gemeinsamen europäischen Asylsystems zugrundeliegenden Prinzips des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 – Rs. C-411/10 und C-493/10 – juris). Unter diesen Bedingungen muss die nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung gelten, dass die Behandlung eines Asylbewerbers bzw. als schutzberechtigt anerkannten Ausländers in jedem einzelnen dieser Staaten im Einklang mit den genannten Rechten steht.

Hiervon kann nur dann nicht ausgegangen werden, wenn sich auf Grund bestimmter Tatsachen aufdrängt, der Ausländer sei von einem Sonderfall betroffen, der von dem Konzept der normativen Vergewisserung bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens nicht aufgefangen wird (vgl. EuGH, U.v. 10.12.2013 – Rs. C-394/12 – juris, BVerfG, U.v. 14.5.1996 a.a.O.). Den nationalen Gerichten obliegt im Einzelfall die Prüfung, ob ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesem Mitgliedstaat überstellten Personen implizieren (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 a.a.O.). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen aufgrund größerer Funktionsstörungen in dem zuständigen Mitgliedstaat regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 EUGrdRCh bzw. Art. 3 EMRK droht (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014 – 10 B 6.14 – juris, m.w.N., B.v. 6.6.2014 – 10 B 35/14 – juris). Bei einer zusammenfassenden, qualifizierten – nicht rein quantitativen - Würdigung aller Umstände, die für das Vorliegen solcher Mängel sprechen, muss diesen ein größeres Gewicht als den dagegensprechenden Tatsachen zukommen, d.h. es müssen hinreichend gesicherte Erkenntnisse dazu vorliegen, dass es immer wieder zu den genannten Grundrechtsverletzungen kommt (vgl. VGH BW, U.v. 16.4.2014 – A 11 S 1721/13 – juris).

Gemessen hieran ist in Bezug auf Italien nach dem aktuellen Stand der Erkenntnisse nicht davon auszugehen, dass dem Kläger bei einer Überstellung eine menschenunwürdige Behandlung im vorgenannten Sinne droht (so auch VG Augsburg, B.v. 6.10.2017 – Au 3 S 17.50239 – juris; VG München, B.v. 6.7.2017 – M 9 S 16.51285 – juris; VG Würzburg, B.v. 26.6.2017 – W 8 K 17.50340 – juris; VG München, B.v. 11.1.2017 – M 8 S 16.51193 – juris; VG Düsseldorf, B.v. 18.1.2017 – 12 L 3754/16.A – juris; VG Hamburg, B.v. 8.2.2017 – 9 AE 5887/16 – juris). Es ist nicht ersichtlich, dass in Italien systemische Mängel des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen vorliegen. Das Gericht schließt sich insoweit der Bewertung des umfangreichen aktuellen Erkenntnismaterials durch verschiedene Obergerichte und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte an (s. hierzu statt vieler aktuell OVG NW, U.v. 18.7.2016 – 13 A 1859/14.A – juris, m.w.N., U.v. 7.7.2016 – 13 A 2302/15.A – juris). Es mag zwar immer wieder vorkommen, dass Asylsuchende während der Bearbeitung ihres Asylantrags in Italien auf sich alleine gestellt und zum Teil auch obdachlos sind. Dies und auch die zum Teil lange Dauer der Asylverfahren sind darauf zurückzuführen, dass das italienische Asylsystem aufgrund der momentan hohen Asylbewerberzahlen stark ausgelastet und an der Kapazitätsgrenze ist. Die im Bereich der Unterbringung und Versorgung der Asylbewerber weiterhin feststellbaren Mängel und Defizite sind aber weder für sich genommen noch insgesamt als so gravierend zu bewerten, dass ein grundlegendes systemisches Versagen des Mitgliedstaates vorläge, welches für einen „Dublin-Rückkehrer“ nach dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit Rechtsverletzungen im Schutzbereich von Art. 4 EUGrdRCh bzw. Art. 3 EMRK mit dem dafür notwendigen Schweregrad nahelegt. (vgl. OVG NRW, U.v. 18.7.2016 a.a.O). Es ist im Grundsatz davon auszugehen, dass Italien über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes, völker- und unionsrechtskonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren verfügt, das trotz einzelner Mängel nicht nur abstrakt, sondern gerade auch unter Würdigung der vor Ort tatsächlich anzutreffenden Rahmenbedingungen prinzipiell funktionsfähig ist und dabei insbesondere sicherstellt, dass der rücküberstellte Asylbewerber im Normalfall nicht mit schwerwiegenden Verstößen und Rechtsbeeinträchtigungen rechnen muss. In Italien bestehen ausdifferenzierte Strukturen zur Aufnahme von Asylbewerbern, auch speziell für „Dublin-Rückkehrer“. Diese befinden sich in staatlicher, in kommunaler, kirchlicher oder privater Trägerschaft und werden zum Teil zentral koordiniert (vgl. VG Ansbach, U.v. 11.12.2015 – AN 14 K 15.50316 – juris, m.w.N.). Das italienische Recht gewährt den Asylsuchenden ab dem Zeitpunkt des Asylantrags Zugang zu Unterbringungsmöglichkeiten. In der Praxis wird zwar der Zugang zu den Aufnahmezentren häufig erst von der formellen Registrierung des Asylantrags abhängig gemacht, so dass hierdurch eine Zeitspanne ohne Unterbringung entstehen kann. Die Behörden sind jedoch darum bemüht, diese zu verringern (vgl. VG Ansbach, U.v. 11.12.2015 a.a.O.). Auch „Dublin-Rückkehrer“ haben bei ihrer Ankunft in Italien nach Kapazität sofort Zugang zu bestimmten Unterkünften. Es ist auch gewährleistet, dass sie nach ihrer Rückkehr ihr ursprüngliches Asylverfahren weiterbetreiben bzw. - wenn sie das noch nicht getan haben - einen Asylantrag oder - falls das Asylverfahren in Italien mit negativem Ergebnis bereits abgeschlossen sein sollte - einen Folgeantrag stellen können (s. OVG NRW, U.v. 19.5.2016 – 13A 516/14.A – juris)

bb) Individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO notwendig machen könnten, sind nicht ersichtlich.

Der EGMR hat in seiner „Tarakhel“-Entscheidung zwar ausgeführt, dass insbesondere minderjährige Asylbewerber eines besonderen Schutzes bedürften, weil sie besondere Bedürfnisse hätten und extrem verwundbar seien. Das gelte auch, wenn die Kinder von ihren Eltern begleitet würden. Eine Überstellung nach Italien in solchen Fällen verstoße deshalb nur dann nicht gegen Art. 3 EMRK, wenn die italienischen Behörden eine individuelle Garantieerklärung abgeben, wonach die Betroffenen eine Unterkunft erhalten und ihre elementaren Bedürfnisse abgedeckt sind (vgl. EGMR, U.v. 4.11.2014, Nr. 29217/12, Tarakhel ./. Schweiz, juris). Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Nichtannahmebeschluss vom 17.09.2014 (2 BvR 732/14) festgestellt, dass auf Grund der Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 6 Abs. 1 GG im Dublin-System zur Vermeidung erheblicher konkreter Gesundheitsgefahren für neugeborene und Kleinstkinder bis drei Jahren eine ausreichende Versorgung im Zielstaat sicherzustellen ist. Hierzu sei es notwendig, sich mit den Behörden des Zielstaates abzustimmen. Der Kläger fällt aber ersichtlich nicht unter diesen besonders schutzbedürftigen Personenkreis. Eine Ausweitung der „Tarakhel“- Rechtsprechung erscheint auch unter Berücksichtigung der deutschen Grundrechte nicht geboten. Insoweit sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, weshalb sich die Lage in Italien soweit verändert haben sollte, dass die Rechtsprechung des BVerfG auszuweiten wäre. Dies widerspräche letztendlich dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens, das aus der uneingeschränkten und umfassenden Anwendung der Europäischen Grundrechtecharta und der Genfer Flüchtlingskonvention resultiert (vgl. VG Lüneburg, U.v. 13.12.2016 – 8 A 175/16 – juris; VG Bayreuth, U.v. 2.2.2017 – B 3 K 16.30085).

Der Kläger ist jung und gesund. Es ist nicht annährend ersichtlich, warum er das Asylverfahren nicht in Italien betreiben könnte.

2. Selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass das Begehren auf Verpflichtung der Beklagten, Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG im Hinblick auf Italien festzustellen, in prozessual zulässigerweise zum Klagegegenstand gemacht wurde (s.o.), hat der Kläger jedenfalls keinen Anspruch auf Feststellung zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG.

Insbesondere droht dem Kläger keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Zum einen beruft sich der Kläger weder im Klageverfahren noch im Eilverfahren auf gesundheitliche Einschränkungen. Andererseits ergibt sich auch aus dem in der Behördenakte befindlichen Arztbrief des Klinikums C vom 18.12.2016 kein Krankheitsbild, das einer Überstellung nach Italien entgegenstehen würde. Dem Arztbrief vom 18.12.2016 ist zwar zu entnehmen, dass am 17.12.2016 der Verdacht eines epileptischen Anfalls bestand; im Nachhinein war wohl ein deutlicher Schlaf- und Ernährungsmangel sowie der plötzliche Kontakt mit drei Hunden für das Zusammensacken des Klägers am 17.12.2016 ursächlich. Nachdem der Kläger die Klinik gegen ärztlichen Rat verlassen hat und daher keine weiteren Untersuchungen möglich waren, wird im Arztbrief von einer konvulsiven Synkope, am ehesten vaso-vagaler Genese, im Rahmen einer Angstreaktion ausgegangen. Weitere, über diesen einmaligen Zusammenbruch hinausgehende, Vorfälle sind nicht ersichtlich bzw. attestiert. Für das Gericht ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass – sollte es überhaupt nochmal zu einem solchen Vorfall kommen – dieser in Italien nicht ausreichend behandelt werden könnte. Der Kläger leidet daher nicht an einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Krankheit, die sich bei einer Abschiebung wesentlich verschlimmern würde (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG). Bei einer Abschiebung nach Italien kann daher nicht von einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib oder Leben des Antragstellers im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausgegangen werden.

Anhaltspunkte für innerstaatliche Abschiebungsverbote sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.

3. Die Abschiebungsanordnung in Ziffer 3 des Bescheides ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Nach § 34a Abs. 1 AsylG wird die Abschiebung ohne das Erfordernis einer vorherigen Androhung und Fristsetzung insbesondere dann angeordnet, wenn der Ausländer in einem für die Durchführung des Asylverfahrens gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG zuständigen Staat abgeschoben werden soll, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Dies ist dann der Fall, wenn die Zuständigkeit des anderen Staates gegeben ist und feststeht, dass die Abschiebung in den zuständigen Staat nicht aus anderen Gründen rechtlich unzulässig oder tatsächlich unmöglich ist.

Diese Voraussetzungen liegen hier – wie vorstehend sowie im angefochtenen Bescheid ausgeführt – im Hinblick auf die Abschiebung nach Italien vor.

4. Die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbot (§ 11 Abs. 1 AufenthG) beruht auf § 11 Abs. 2 i.V.m. § 75 Nr. 12 AufenthG und begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger, irakischer Staatsangehöriger, reiste nach seinen Angaben am 25.03.2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 20.05.2015 einen Asylantrag.

Der Akte des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) ist ein sogenannter EURODAC-Treffer der Kategorie 1 für Ungarn zu entnehmen. Aufgrund dessen richtete das Bundesamt am 15.07.2015 ein Übernahmeersuchen nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) an Ungarn. Die ungarischen Behörden haben hierauf keine Antwort erteilt.

Mit Bescheid vom 28.10.2015, der laut Postzustellungsurkunde am 30.10.2015 zugestellt wurde, lehnte das Bundesamt den Antrag als unzulässig ab (Ziffer 1) und ordnete die Abschiebung nach Ungarn an (Ziffer 2). Außerdem befristete es das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG auf 0 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 3).

Zur Begründung führt das Bundesamt aus, dass der Asylantrag gemäß § 27a AsylG unzulässig sei, da Ungarn aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrages gem. Art. 18 Abs. 1 b Dublin III-VO für die Behandlung des Asylantrages zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Beklagte veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Insbesondere lägen in Ungarn keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen im Sinne der Rechtsprechung des EuGH vor. Diese Beurteilung werde von verschiedenen deutschen Verwaltungsgerichten und Oberverwaltungsgerichten und zuletzt auch durch die Entscheidung des EGMR vom 03.07.2014 bestätigt. Daher würde der Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland nicht materiell geprüft.

Mit Schreiben vom 02.11.2015, eingegangen bei Gericht am selben Tag, ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Klage erheben und beantragten,

Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 28.10.2015 wird in den Ziffern 1. und 2. aufgehoben.

Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass eine Rücküberstellung nach Ungarn unzulässig sei, da das Asylsystem und die Aufnahmebedingungen dieses Landes systemische Mängel aufwiesen. Außerdem bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides, denn im Hinblick auf die jüngste Entscheidung der Bundesregierung im September 2015, Flüchtlinge - die sich in Ungarn aufhielten - ungehindert nach Deutschland einreisen zu lassen, könnte die Beklagte, durch die hier mangelnde Ausübung des Selbsteintrittsrechtes, willkürlich gehandelt haben. Dies gelte auch hinsichtlich der Tatsache, dass für Flüchtlinge aus Syrien das Dublin-Verfahren ausgesetzt worden sei, während es für den Kläger weiter angewandt würde.

Die Beklagte beantragte mit Schreiben vom 09.11.2015,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 18.11.2015 hat das Gericht den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt (Az.: B 3 S. 15.50292).

Die Beklagte übersandte mit Schreiben vom 15.12.2015 eine Mitteilung der Abtei in vom 10.12.2015, wonach diese dem Kläger seit dem 10.12.2015 Kirchenasyl gewähre, weil ihm die Abschiebung nach Ungarn drohe.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 18.12.2015 wurde der Klägerbevollmächtigte zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.

Die Beklagte erklärte - auf Anfrage des Gerichts - im Schreiben vom 25.02.2016, dass die sogenannte Überstellungsfrist nicht abgelaufen sei, denn durch den gestellten Eilantrag sei der Fristlauf gehemmt worden und habe mit dem Erlass des negativen Eilbeschlusses neu zu laufen begonnen. Es sei ein neues Fristende „18.05.2016“ notiert worden.

Mit Beschluss der Kammer vom 29.02.2016 wurde der Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, die vorgelegte Behördenakte und die Gerichtsakte des Verfahrens Az.: B 3 S. 15.50292 verwiesen.

Gründe

Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, der als Urteil wirkt, entschieden werden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO). Der Klägervertreter wurde gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört. Die Beklagte erklärte ihr Einverständnis im Schreiben vom 09.11.2015.

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Bescheid der Beklagten vom 28.10.2015 ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Der Asylantrag des Klägers ist gemäß § 27a AsylG unzulässig. Die Beklagte geht zutreffend davon aus, dass Ungarn gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO für die Bearbeitung des Asylantrages und die Wiederaufnahme des Klägers zuständig ist. Denn die ungarischen Behörden haben auf das am 15.07.2015 vom Bundesamt gestellte Wiederaufnahmegesuch - dem ein EURODAC - Treffer der Kategorie 1 zugrunde lag - nicht geantwortet. Die Abschiebungsanordnung rechtfertigt sich aus § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Die Beklagte ist nicht zur Ausübung ihres Selbsteintrittsrechtes verpflichtet. Das Gericht verweist insgesamt auf die Gründe des Eilbeschlusses vom 18.11.2015 (Az.: B 3 S. 15.50292), in denen dargelegt wurde, dass weder eine Ungleichbehandlung oder willkürliche Verfahrensweise bei der Anwendung der Dublin III - Vorschriften durch die Beklagte gesehen wird, noch von systemischen Mängeln bei der Asylpraxis in Ungarn auszugehen ist.

Die Überstellungsfrist (Art. 29 Abs. 1 und 2 Dublin III-VO) ist nicht abgelaufen.

Es kann hier dahinstehen, ob durch die Erhebung des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO eine „Verlängerung“ der sogenannten Überstellungsfrist eingetreten ist, sodass sich der von der Beklagten ursprünglich vermerkte Fristablauf zum 30.01.2016 auf den 18.05.2016 verschoben hat oder ob das vorläufige Rechtsschutzverfahren keine Auswirkungen auf den Lauf der Überstellungsfrist hat. Im vorliegenden Fall gilt nämlich für den Kläger aufgrund des Umstandes, dass er sich seit dem 10.12.2015 im Kirchenasyl befindet, nicht die Überstellungsfrist von sechs Monaten, sondern die für „flüchtige“ Personen vorgesehene Frist von 18 Monaten nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO. Der Kläger hat mit dem Zugang in das Kirchenasyl seine Abschiebung nach Ungarn verhindern wollen und sich damit bewusst der Ordnung des Staates entzogen. Er ist insoweit als „flüchtig“ im Sinne der o.g. Vorschrift anzusehen. Er ist nicht besser zu stellen als ein sich den Regeln des Gesetzgebers entsprechend verhaltender Ausländer (vgl. VG Saarland, U.v. 06.03.2015 - 3 K 902/14 -; VG Ansbach, U.v. 21.12.2015 - AN 3 K 15.50498 - beide in juris).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gemäß § 83b AsylG werden Gerichtskosten nicht erhoben.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.