Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 21. Mai 2019 - 17 P 18.2505

bei uns veröffentlicht am21.05.2019
vorgehend
Verwaltungsgericht Ansbach, AN 8 P 18.1371, 06.11.2018

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 6. November 2018 wird die Beteiligte verpflichtet, den Antragsteller von seiner Verbindlichkeit in Höhe von 925,23 € aus der Rechnung des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 17. April 2018 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.

Gründe

I.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist das Begehren des Antragstellers, des Personalrats bei der Stadt Regensburg, Amt für Abfallentsorgung, Straßenreinigung und Fuhrpark, gegenüber der Beteiligten, der Leiterin dieses Amts, ihn von den Rechtsanwaltskosten freizustellen, die ihm durch die Hinzuziehung seines Bevollmächtigten im Verfahren AN 8 P 17.533 entstanden sind.

Tatsächlicher Ausgangspunkt dieses Verfahrens war, dass die Müllabfuhr der Stadt Regensburg am Dienstag, den 31. Januar 2017 wegen Glatteises nicht im Einsatz war. Deswegen entschied die Beteiligte am 31. Januar 2017, durch den Einsatz von zwei Zusatzfahrzeugen den ausgefallenen Einsatz der Müllabfuhr bis Freitag, den 3. Februar 2017 bzw. Samstag, den 4. Februar 2017 nachzuholen. Zu deren diesbezüglicher E-Mail vom 31. Januar 2017 äußerte der Vorsitzende des Antragstellers per E-Mail vom 1. Februar 2017 die Ansicht, Überstunden seien mitbestimmungspflichtig, wies auf Art. 75 Abs. 4 BayPVG hin und hielt für den Einsatz der Müllabfuhr am Samstag einen diesbezüglichen schriftlichen Antrag ihm gegenüber für erforderlich. Dieser Erwiderung trat die Beteiligte per E-Mail vom selben Tag insbesondere unter Hinweis auf die Abfallwirtschaftssatzung der Stadt Regensburg entgegen, nach deren § 9 Abs. 1 unterbliebene Abholungen des Abfalls so bald wie möglich nachzuholen sind. Tatsächlich wurde der am 31. Januar 2017 ausgefallene Einsatz der Müllabfuhr am Freitag, den 3. Februar 2017 durch 18 Müllwerker und fünf Kraftfahrer in Überschreitung ihrer regelmäßigen Arbeitszeit nachgeholt, da diese Beschäftigten an diesem Freitag nicht nur - wie regulär - bis 12:15 Uhr, sondern in zwei Fällen längstens bis 14:37 Uhr arbeiteten.

Da er sich nicht dazu in der Lage sah, diese personalvertretungsrechtliche Situation selbst einzuschätzen, beschloss der Antragsteller am 15. Februar 2017, seinen Bevollmächtigten mit der gerichtlichen Durchsetzung seiner Rechte zu beauftragen. Per E-Mail vom 2. März 2017 äußerte der Vorsitzende des Antragstellers gegenüber dessen Bevollmächtigtem, es würden vom Amt auch Winterdienstaufgaben erledigt. Die Amtsleitung verfüge über einen sehr ausführlichen Winterdienstwetterbericht. Für diesen Tag sei schon fünf Tage im Voraus für den Rest des Amts Winterdienstrufbereitschaft angesetzt gewesen.

Im Verfahren AN 8 P 17.533 ließ der Antragsteller durch Schriftsatz vom 21. März 2017 beantragen festzustellen, dass die Beteiligte sein Mitbestimmungsrecht nach Art. 75 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BayPVG verletzt hat, indem sie am 3. Februar 2017 18 Müllwerker und fünf Kraftfahrer außerhalb ihrer regelmäßigen Arbeitszeit zur Müllabfuhr eingesetzt hat. Der Antragsteller wies auf die bestehende Wiederholungsgefahr hin. Streitig war zwischen Antragsteller und Beteiligter dieses Verfahrens insbesondere, ob die Beteiligte - wie vom Antragsteller damals behauptet - aufgrund ihr vorliegender Winterdienstwetterberichte frühzeitig wusste, dass die Müllentleerung am 31. Januar 2017 nicht planmäßig würde durchgeführt werden können. Dagegen vertrat die Beteiligte den Standpunkt, die ungewöhnlich starke Glatteisbildung sei für sie auch aufgrund der ihr damals verfügbaren Wetterberichte nicht vorhersehbar gewesen. Die Verhältnisse am 31. Januar 2017 seien bislang nur mit Witterungs- und Straßenverhältnissen in Regensburg am 7. Januar 2011 vergleichbar gewesen. Umstritten war auch, ob am 3. Februar 2017 von den Beschäftigten freiwillig länger gearbeitet wurde.

Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag im Verfahren AN 8 P 17.533 durch Beschluss vom 17. April 2018 ab. Er sei zulässig, aber offensichtlich unbegründet. Der herangezogene Mitbestimmungstatbestand des Art. 75 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BayPVG greife ersichtlich nicht. Das Verfahren sei in jeder Hinsicht haltlos und mutwillig. Das Mitbestimmungsrecht beziehe sich nicht auf Einzelfallregelungen, mit denen aufgrund außergewöhnlicher und äußerst selten vorkommender Witterungsverhältnisse im Einzelfall die Nachholung einer Tätigkeit von der Dienststelle verlangt werde, auch wenn insoweit an einem Tag in einer überschaubaren Anzahl von Fällen Überstunden geleistet werden müssten. Um eine solche nicht vorhersehbare, außergewöhnliche Situation handele es sich hier, weil seit dem Januar 2011 bis zum streitgegenständlichen Ereignis am 31. Januar 2017 keine vergleichbare Verkehrssituation eingetreten sei, die eine generelle Regelung verlange. Da lediglich an einem einzigen Tag gegenüber einzelnen Beschäftigten aufgrund besonderer Umstände die individuelle Bereitschaft zu Überstunden abverlangt worden sei, handele es sich um eine im Sinne des Art. 75 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BayPVG nicht mitbestimmungspflichtige Maßnahme.

Gegenüber dem Amt für Abfallentsorgung, Straßenreinigung und Fuhrpark der Stadt Regensburg stellte der Bevollmächtigte des Antragstellers mit Schreiben vom 17. April 2018 für seine Tätigkeit im Verfahren AN 8 P 17.533 Kosten in Höhe von insgesamt 925,23 € in Rechnung, deren Begleichung die Beteiligte mit Schreiben vom 14. Mai 2018 ablehnte.

Den daraufhin beim Verwaltungsgericht gestellten Antrag des Antragstellers, die Beteiligte zu verpflichten, ihn von seiner Verbindlichkeit aus der Rechnung seines Bevollmächtigten vom 17. April 2018 in Höhe von 925,23 € nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen, lehnte das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 6. November 2018 ab. Der Antrag sei unbegründet, weil der geltend gemachte Anspruch auf Aufwendungsersatz dem Antragsteller nach Art. 44 Abs. 1 Satz 1 BayPVG ersichtlich nicht zustehe. Wie bereits im Beschluss vom 17. April 2018 angedeutet, sei die damalige Rechtsverfolgung sowohl mutwillig als auch haltlos gewesen. Haltlosigkeit sei gegeben, weil die Behauptung der Verletzung des Mitbestimmungsrechts schon vom Wortlaut der Vorschrift nicht gedeckt sei. Für den vorliegenden Fall bestimme Art. 75 Abs. 4 Satz 2 BayPVG, dass der einmalige Einsatz wegen der nicht vorhersehbaren Glatteisbildung nicht der Mitbestimmungsregelung des Art. 75 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BayPVG unterlegen habe. Auch sei Mutwilligkeit gegeben. Bei der vorliegenden Sachlage hätte ein sachgerecht handelnder Beteiligter, der für die Kosten der Prozessführung selbst einstehen müsse, bei vernünftiger, eingehender Würdigung aller Umstände des Einzelfalls die Beauftragung eines Rechtsanwalts nicht für geboten gehalten. Die Beteiligte habe den Sachverhalt vor Einleitung des Beschlussverfahrens überzeugend erklärt und auch das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände nachvollziehbar dargestellt.

Der Antragsteller hat Beschwerde erhoben. Er beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 6. November 2018 die Beteiligte zu verpflichten, den Antragsteller von seiner Verbindlichkeit in Höhe von 925,23 € aus der Rechnung des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 17. April 2018 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.

Es bestehe ein Anspruch auf Kostenfreistellung, weil der Antragsteller wegen aus seiner Sicht gegebener Verletzung des Mitbestimmungsrechts nach Art. 75 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BayPVG die Einleitung eines Beschlussverfahrens für erforderlich habe halten dürfen. Dieses Mitbestimmungsrecht sei auch nicht gemäß Art. 75 Abs. 4 Satz 2 BayPVG eingeschränkt gewesen, weil die Voraussetzungen dieser Norm nicht erfüllt gewesen seien. Die Beteiligte habe aufgrund ihres sehr ausführlichen Wetterdienstberichts bereits frühzeitig gewusst, dass die Müllentleerung nicht wie geplant am 31. Januar 2017 durchgeführt werden könne. Insofern sei schon fünf Tage vorher, also am 26. Januar 2017, eine Winterdienstrufbereitschaft für das ganze Amt angeordnet worden. Daher hätte die Beteiligte den Antragsteller bei den Überstunden rechtzeitig beteiligen können.

Die Beteiligte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass dem Antragsteller der geltend gemachte Anspruch auf Aufwendungsersatz nach Art. 44 Abs. 1 Satz 1 BayPVG nicht zustehe, weil die Rechtsverfolgung sowohl mutwillig als auch haltlos gewesen sei. Die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, das Mitbestimmungsrecht sei gemäß Art. 75 Abs. 4 Satz 2 BayPVG wegen eines einmaligen Einsatzes aufgrund nicht vorhersehbarer Glatteisbildung ausgeschlossen gewesen, habe der Antragsteller in seiner Beschwerdebegründung nicht widerlegen können. Richtigerweise habe das Verwaltungsgericht ausgeführt, es habe sich um eine nicht vorhersehbare und nicht beeinflussbare außergewöhnliche Situation gehandelt, weil seit dem Januar 2011 keine vergleichbare Verkehrssituation eingetreten sei, die eine generelle Regelung verlange. Da lediglich an einem einzigen Tag gegenüber einzelnen Beschäftigten aufgrund besonderer Umstände die individuelle Bereitschaft zu Überstunden abverlangt worden sei, handele es sich um eine im Sinne des Art. 75 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BayPVG nicht mitbestimmungspflichtige Maßnahme. Dem habe der Antragsteller keine neuen Tatsachen entgegen zu setzen. Entgegen seiner Behauptung habe die Dienststelle nicht bereits frühzeitig aufgrund ihres Winterdienstwetterberichts gewusst, dass die Müllentleerung nicht wie geplant am 31. Januar 2017 habe durchgeführt werden können. Insbesondere die E-Mail-Korrespondenz zwischen dem Antragsteller und seinem Bevollmächtigten am 1. und 2. März 2017 belege nicht, dass der Antragsteller bei rückblickender Betrachtung von einem objektiven Standpunkt aus die Einholung anwaltlicher Hilfe und die Einleitung eines personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens für erforderlich habe halten dürfen. Aus der Anordnung von Winterdienstrufbereitschaft ließen sich keine Rückschlüsse darauf ziehen, dass der Dienststelle frühzeitig die konkreten Wetterverhältnisse am Tag der Rufbereitschaft bekannt gewesen seien bzw. dass sie diese habe erkennen müssen. Auch auf der Grundlage der ihr vorliegenden Wetterberichte habe die Dienststelle das extreme Glatteis im gesamten Stadtgebiet weder am Freitag, den 27. Januar 2017 noch am Montag, den 30. Januar 2017 vorhergesehen oder vorhersehen können. Zwischen der Anordnung der Rufbereitschaft mit Einteilung des Personals und der sodann tatsächlich abzuleistenden Rufbereitschaft müssten mindestens 24 Stunden liegen. Deswegen sei bereits am Freitag, den 27. Januar 2017 anhand des Wetterberichts die Einteilung auch für Montag und Dienstag der nächsten Woche vorgenommen worden. Nach der spezifischen Glättevorhersage für Regensburg vom 27. Januar 2017, 7:01 Uhr sei für die Nacht zum 30. Januar 2017 vereinzelt bis stellenweise Reif bzw. Reifglätte zum Morgen hin angekündigt gewesen. Die mittelfristige allgemeine Glättevorhersage für Regensburg, ausgegeben am 27. Januar 2017 um 11:00 Uhr, habe für Bayern Süd in der Nacht zum Dienstag zunächst Auflockerungen, später gelegentlich Schneeregen oder Schnee mit Glättegefahr bei Tiefstwerten von +2 bis -3°, im Verlauf Milderung vorausgesagt. Für Dienstag sei nach letztem Regen wolkig mit Aufheiterungen und trocken, maximal 4 bis 10°, prognostiziert worden. Aufgrund dieser beiden Glättevorhersagen sei für Dienstag, den 31. Januar 2017 für einen Winterdienstvolleinsatz von 3:00 Uhr bis Dienstbeginn Rufbereitschaft angeordnet worden. Auch die spezifische Glättevorhersage für Regensburg vom 30. Januar 2017, 7:01 Uhr habe für die Nacht zum Dienstag bzw. für Dienstag tagsüber kein verbreitetes Glatteis bzw. verbreitetes Gefrieren von Nässe vorausgesagt, sondern lediglich streckenweise Eisregen bzw. gefrierende Nässe und stellenweise bis besonders nach Osten hin oft auch noch streckenweisen Eisansatz aufgrund kalter Böden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie auf die Gerichtsakte im Verfahren AN 8 P 17.533 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts war abzuändern, weil der Antragsteller gegenüber der Beteiligten einen Anspruch auf Freistellung von seiner Verbindlichkeit in Höhe von 925,23 € aus der Rechnung des Bevollmächtigten vom 17. April 2018 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit hat.

1. Der geltend gemachte Anspruch auf Freistellung von der Verbindlichkeit gegenüber dem Bevollmächtigten steht vom Antragsteller sowohl dem Grunde nach (a) als auch der der Höhe nach (b) gemäß Art. 44 Abs. 1 Satz 1 BayPVG zu.

a) Der geltend gemachte Anspruch auf Freistellung von der Verbindlichkeit gegenüber dem Bevollmächtigten steht dem Antragsteller dem Grunde nach gemäß Art. 44 Abs. 1 Satz 1 BayPVG zu.

aa) Art. 44 Abs. 1 Satz 1 BayPVG bestimmt, dass die Dienststelle die durch die Tätigkeit des Personalrats entstehenden Kosten trägt. Solange eine durch die Tätigkeit des Personalrats entstandene Verbindlichkeit seinerseits noch nicht erfüllt worden ist, ist dieser Rückerstattungsanspruch ein Freistellungsanspruch, der auch die Freistellung von Rechtsanwaltskosten umfassen kann, die durch die gerichtliche Wahrnehmung der Rechte des Personalrats entstanden sind (vgl. BayVGH, B.v. 23.7.2003 - 17 P 03.18 - PersV 2004, 144/145). In einem gerichtlichen Verfahren aus Anlass der Durchsetzung, Klärung oder Wahrung der dem Personalrat zustehenden personalvertretungsrechtlichen Befugnisse und Rechte ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts grundsätzlich geboten und hat die Dienststelle daher ebenso grundsätzlich die entstandenen Kosten des Rechtsanwalts zu tragen, es sei denn, das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren wurde mutwillig oder aus haltlosen Gründen in Gang gesetzt. Diese beiden Einschränkungen ergeben sich aus der Verpflichtung des Personalrats, bei kostenverursachenden Tätigkeiten das Gebot der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten, wie auch aus dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit (vgl. BVerwG, B.v. 9.3.1992 - 6 P 11.90 - BVerwGE 90, 76/83 f. m.w.N.). Sind diese Einschränkungen nicht erfüllt, so greift die Erstattungspflicht der Dienststelle selbst dann ein, wenn der Personalrat im Beschlussverfahren unterliegt (vgl. BVerwG, B.v. 29.4.2011 - 6 PB 21.10 - PersV 2011, 397).

bb) In verfahrensrechtlicher Hinsicht muss der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch den Personalrat für einen Rückerstattungsanspruch nach Art. 44 Abs. 1 Satz 1 BayPVG regelmäßig ein ernsthafter Einigungsversuch seinerseits mit dem Leiter der Dienststelle (Art. 67 Abs. 3 BayPVG) und in jedem Fall ein Beschluss des Personalrats vorhergehen, weil die zur Hinzuziehung eines Rechtsanwalts eingeräumte Beurteilungsspielraum nur dem Personalrat in seiner Gesamtheit zusteht. Dessen sachgerechter Gebrauch setzt eine Würdigung und Abwägung aller wesentlichen Umstände durch dieses Gremium voraus (vgl. BVerwG, B.v. 9.3.1992 - 6 P 11.90 - BVerwGE 90, 76/84 m.w.N.), wobei jedoch zugunsten der für den Personalrat handelnden Personen von der Perspektive eines Laien auszugehen ist (BayVGH, B.v. 17.10.2011 - 17 P 11.1430 - juris Rn. 25 m.w.N.).

cc) In materieller Hinsicht sind im Rahmen des Art. 44 Abs. 1 Satz 1 BayPVG unter dem Gesichtspunkt der Erfolgsaussichten eines vom Personalrat angestrengten Gerichtsverfahrens die Grenzen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums erst bei der Haltlosigkeit des Unterfangens erreicht. Von einer Haltlosigkeit ist auszugehen, wenn die Rechtsverfolgung von vornherein offensichtlich aussichtslos war (vgl. BVerwG, B.v. 9.3.1992 - 6 P 11.90 - BVerwGE 90, 76/85 m.w.N.) Die Grenze der mutwilligen Rechtsverfolgung, die auch Fälle des Rechtsmissbrauchs einschließt, ist überschritten, wenn ein verständiger, sachgerecht handelnder Beteiligter, der für die Kosten der Prozessführung selbst einstehen muss, in einem gleich gelagerten Fall die Rechtsverfolgung in der gewählten Form unterlassen hätte (vgl. Ballerstedt/Schleicher/Faber, BayPVG, Stand März 2019, Art. 44 Rn. 33 b). Bei zwei gleichwertigen prozessualen Wegen darf etwa nicht der kostspieligere beschritten werden (vgl. BVerwG, B.v. 9.3.1992 - 6 P 11.90 - BVerwGE 90, 76/85 m.w.N.).

dd) Gemessen an diesen Grundsätzen steht dem Antragsteller der von ihm geltend gemachte Anspruch auf Freistellung von seiner Verbindlichkeit gegenüber dem Bevollmächtigten dem Grunde nach gemäß Art. 44 Abs. 1 Satz 1 BayPVG zu.

aaa) In verfahrensrechtlicher Hinsicht sind die Voraussetzungen für einen Freistellungsanspruch nach dieser Vorschrift erfüllt. Der Antragsteller hat seinen Bevollmächtigten durch Beschluss vom 15. Februar 2017 mit der gerichtlichen Durchsetzung seiner Rechte beauftragt, nachdem er sich laut diesem Beschluss nicht dazu in der Lage gesehen hat, die Situation personalvertretungsrechtlich einzuschätzen, die zum Verfahren AN 8 P 17.533 geführt hat. Ein ernsthafter Einigungsversuch zwischen Antragsteller und Beteiligter (Art. 67 Abs. 3 BayPVG) liegt auch vor, weil sich diese Beteiligten vor Einleitung des Verfahrens AN 8 P 17.533 am 31. Januar 2017 (nur Dienststelle) bzw. am 1. Februar 2017 (je Personalvertretung und Dienststelle) per E-Mail über ihre gegensätzlichen Standpunkte zum vom Antragsteller in Anspruch genommenen Mitbestimmungsrecht ausgetauscht haben.

bbb) Die Voraussetzungen des Art. 44 Abs. 1 Satz 1 BayPVG sind auch in materieller Hinsicht erfüllt. Das Verfahren AN 8 P 17.533 hatte die Klärung eines Mitbestimmungsrechts des Antragstellers nach Art. 75 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BayPVG zum Gegenstand. Dieses personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren hatte der Antragsteller entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts weder aus haltlosen Gründen (1) noch mutwillig (2) in Gang gesetzt.

(1) Die Rechtsverfolgung des Antragstellers war jedenfalls nicht von vornherein offensichtlich aussichtslos, weil die Beantwortung der rechtlichen Kernfrage des Verfahrens AN 8 P 17.533, ob eine Mitbestimmung des Antragstellers nach Art. 75 Abs. 4 Satz 2 BayPVG bei einer derartigen Konstellation eingeschränkt bzw. ganz ausgeschlossen ist, nicht von vornherein auf der Hand liegt. Dabei kann nach ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. BVerwG, B.v. 15.12.2016 - 5 P 9.15 - BVerwGE 157, 117/119 m.w.N.) auch ein einmaliges erledigtes Ereignis zum Anlass genommen werden, diese Frage abstrakt zu klären, soweit eine Wiederholungsgefahr besteht, was vorliegend auch geltend gemacht wurde; auf die Stellung eines diesbezüglichen abstrakten Feststellungsantrags ist gegebenenfalls gemäß § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO hinzuweisen.

Die Einschränkung der Mitbestimmung nach Art. 75 Abs. 4 Satz 2 BayPVG setzt das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 75 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BayPVG voraus (vgl. BayVGH, B.v. 8.2.2010 - 17 P 09.144 - juris Rn. 62; Ballerstedt/Schleicher/Faber, BayPVG, Art. 75 Rn. 413 m.w.N.). Die umstrittene Maßnahme ist entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nach Art. 75 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BayPVG im Grundsatz mitbestimmungspflichtig. Der Umkehrschluss aus Art. 75 Abs. 4 Satz 2 BayPVG zeigt, dass der Personalrat im Zusammenhang mit der Verteilung und Festlegung der Arbeitszeit grundsätzlich im Einzelfall darüber mitzubestimmen hat, ob und in welchem Umfang Mehrarbeit und Überstunden angeordnet werden (vgl. BVerwG, B.v. 30.6.2005 - 6 P 9.04 - BVerwGE 124, 34/38 f. zum im Ausgangspunkt inhaltsgleichen § 75 Abs. 4 BPersVG). Der nötige kollektive Bezug ist gegeben, da eine bestimmte größere Gruppe betroffen ist (vgl. BVerwG, B.v. 12.9.2005 - 6 P 1.05 - NVwZ 2006, 466/468). Auch ist unschädlich, dass die umstrittene Maßnahme eine Regelung nur für einen einzelnen Tag zum Gegenstand hat (vgl. BVerwG, B.v. 2.6.1992 - 6 P 14.90 - juris Leitsatz 1). Selbst wenn sich die Beschäftigten mit der Ableistung von Überstunden oder Mehrarbeit einverstanden erklärt hätten, entfiele allein deshalb der kollektive Charakter der Anordnung nicht, weil die Beschäftigten über die Mitbestimmung des Personalrats grundsätzlich nicht disponieren können (vgl. BVerwG, B.v. 12.9.2005 - 6 P 1.05 - NVwZ 2006, 466/468).

In der vorliegenden Fallkonstellation ist es auch nicht von vornherein offensichtlich, dass eine Mitbestimmung des Antragstellers nach Art. 75 Abs. 4 Satz 2 BayPVG eingeschränkt bzw. ganz ausgeschlossen ist.

Muss für Gruppen von Beschäftigten die tägliche Arbeitszeit (Art. 75 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BayPVG) nach Erfordernissen, die die Dienststelle nicht voraussehen kann, unregelmäßig und kurzfristig festgesetzt werden, so beschränkt sich die Mitbestimmung nach Art. 75 Abs. 4 Satz 2 BayPVG auf die Grundsätze für die Aufstellung der Dienstpläne. Bestehen - wie hier - keine Grundsätze über die Anordnung von Mehrarbeit oder Überstunden, entfällt bei derartigen nicht voraussehbaren Erfordernissen ein Mitbestimmungsrecht nach Art. 75 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BayPVG selbst dann, wenn seine Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. BVerwG, B.v. 9.10.1991 - 6 P 12.90 - juris Rn. 22).

Für den Antragsteller war es jedenfalls nicht von vornherein offensichtlich, dass die Wetterverhältnisse, die zur Anordnung der Nachholung der Mülltonnenleerung am 3. Februar 2017 geführt haben, von der Dienststelle im Sinne des Art. 75 Abs. 4 Satz 2 BayPVG nicht vorausgesehen werden konnten. Es mag zwar sein, dass die der Dienststelle damals verfügbaren Wetterberichte objektiv durchaus für eine solche Unvorhersehbarkeit sprachen. Für den Antragsteller, der diese speziellen Wetterberichte nicht kannte, war es aber ausgehend von seiner Kenntnis der Anordnung von Rufbereitschaft für einen Winterdienstvolleinsatz am 31. Januar 2017 und ausgehend von seiner eigenen Einschätzung zur Prognostizierbarkeit der Wetterlage an diesem Tag jedenfalls aus damaliger Sicht, auf die hier abzustellen ist, vertretbar, ein seinerseitiges Mitbestimmungsrecht nach Art. 75 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BayPVG im Verfahren AN 8 P 17.533 klären zu lassen.

(2) Unter Berücksichtigung der Darlegungen unter (1) ist im Gegensatz zur Ansicht des Verwaltungsgerichts schon deshalb keine Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung des Antragstellers anzunehmen, weil das Anliegen des Antragstellers, sein Mitbestimmungsrecht nach Art. 75 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BayPVG im Verfahren AN 8 P 17.533 klären zu lassen, vertretbar war.

b) Der geltend gemachte Anspruch auf Freistellung von der Verbindlichkeit gegenüber dem Bevollmächtigten steht dem Antragsteller entsprechend der Rechnung vom 17. April 2018 auch der Höhe nach gemäß Art. 44 Abs. 1 Satz 1 BayPVG zu.

aa) Der Höhe nach sind dem Personalrat seitens der Dienststelle nach Art. 44 Abs. 1 Satz 1 BayPVG wegen des Gebots der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel nur die Gebührensätze nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (im Folgenden: RVG) zu erstatten (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 29.4.2011 - 6 PB 21.10 - PersV 2011, 397 m.w.N.; BayVGH, B.v. 23.7.2003 - 17 P 03.18 - PersV 2004, 144/146). Diese liegen der Berechnung des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 17. April 2018 zugrunde.

bb) Voraussetzung für die Pflicht der Dienststelle zur Erstattung von Rechtsanwaltskosten des Personalrats ist nach Art. 44 Abs. 1 Satz 1 BayPVG nicht, dass dem Personalrat gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 RVG eine an ihn als Auftraggeber adressierte Berechnung mitgeteilt worden ist (a.A. OVG Hamburg, B.v. 26.11.2001 - 8 Bf 372/00.PVL - juris Rn. 27 m.w.N.; B.v. 11.6.2001 - 8 Bf 370/00.PVL - juris Rn. 34, jeweils zu § 46 Abs. 1 HmbPersVG a.F. und zu § 18 BRAGO; Ballerstedt/Schleicher/Faber, BayPVG, Art. 44 Rn. 34 m.w.N.). Denn § 10 RVG betrifft nicht das Außenverhältnis zwischen Mandant und erstattungspflichtigem Dritten, sondern nur das Innenverhältnis zwischen Mandant und Rechtsanwalt (vgl. BSG, U.v. 2.12.2014 - B 14 AS 60/13 R - juris Rn. 17 f.; BGH, U.v. 22.3.2011 - VI ZR 63/10 - NJW 2011, 2509/2511 Rn. 18). Der im Außenverhältnis bestehende Erstattungsanspruch des Personalrats gegen die Dienststelle ist zudem ausschließlich personalvertretungsrechtlicher und nicht - wie das Innenverhältnis zwischen Mandant und Rechtsanwalt - zivilrechtlicher Natur (vgl. BVerwG, B.v. 19.12.1996 - 6 P 10.94 - NVwZ 1998, 79/80).

Demnach steht dem Antragsteller der geltend gemachte Anspruch auf Freistellung von seiner Verbindlichkeit in Höhe von 925,23 € aus der Rechnung seiner Bevollmächtigten vom 17. April 2018 gemäß Art. 44 Abs. 1 Satz 1 BayPVG zu, weil es unschädlich ist, dass diese Rechnung nicht an ihn als Auftraggeber, sondern an die Dienststelle adressiert worden ist.

2. Der vom Antragsteller geltend gemachte Anspruch auf Verzinsung ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB (vgl. BayVGH, B.v. 23.7.2003 - 17 P 03.18 - PersV 2004, 144/146), da die Verbindlichkeit des Antragstellers mit Beendigung des Rechtszugs im Verfahren AN 8 P 17.533 fällig geworden ist (§ 8 Abs. 1 Satz 2 Var. 2 RVG). Rechtshängig geworden ist der Antrag gemäß § 261 Abs. 1 ZPO mit der Zustellung an die Dienststelle.

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht erforderlich (Art. 82 Abs. 2 Satz 1 BayPVG i.V.m. § 2 Abs. 2 GKG).

Diese Entscheidung ist endgültig (Art. 82 Abs. 2 Satz 2 BayPVG).

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Tenor Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.

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(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Der Beschluss der Einigungsstelle bindet die Beteiligten mit Ausnahme der in den Absätzen 2 und 3 geregelten Fälle.

(2) Die oberste Dienstbehörde kann einen Beschluss der Einigungsstelle in Angelegenheiten, die im Einzelfall wegen ihrer Auswirkungen auf das Gemeinwesen wesentlicher Bestandteil der Regierungsgewalt sind, innerhalb von vier Wochen nach dessen Zustellung ganz oder teilweise aufheben und in der Angelegenheit endgültig entscheiden. Die Aufhebung und deren Gründe sind der Vorsitzenden oder dem Vorsitzenden der Einigungsstelle sowie den beteiligten Dienststellen und Personalvertretungen unverzüglich schriftlich oder elektronisch mitzuteilen.

(3) In den Fällen des § 78 Absatz 1 und des § 80 Absatz 1 Nummer 10 bis 13 und 19 bis 21 beschließt die Einigungsstelle, wenn sie sich nicht der Auffassung der obersten Dienstbehörde anschließt, eine Empfehlung an diese. Die oberste Dienstbehörde entscheidet sodann endgültig.

(1) Der Rechtsanwalt kann die Vergütung nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern. Der Lauf der Verjährungsfrist ist von der Mitteilung der Berechnung nicht abhängig.

(2) In der Berechnung sind die Beträge der einzelnen Gebühren und Auslagen, Vorschüsse, eine kurze Bezeichnung des jeweiligen Gebührentatbestands, die Bezeichnung der Auslagen sowie die angewandten Nummern des Vergütungsverzeichnisses und bei Gebühren, die nach dem Gegenstandswert berechnet sind, auch dieser anzugeben. Bei Entgelten für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen genügt die Angabe des Gesamtbetrags.

(3) Hat der Auftraggeber die Vergütung gezahlt, ohne die Berechnung erhalten zu haben, kann er die Mitteilung der Berechnung noch fordern, solange der Rechtsanwalt zur Aufbewahrung der Handakten verpflichtet ist.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über Kosten eines Widerspruchsverfahrens.

2

Der im Juni 1980 geborene Kläger, der von dem beklagten Jobcenter laufend Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) bezieht, machte die Übernahme von Energieschulden bei dem Beklagten geltend und schaltete zur Interessenwahrnehmung einen Rechtsanwalt ein. Die Bevollmächtigung umfasste auch die Geltendmachung von Folgeverfahren, insbesondere die Kostenfestsetzung. Im Ergebnis obsiegte der Kläger vollständig, nachdem seinem Antrag zunächst teilweise stattgegeben und mit Bescheid vom 23.8.2010 dem Widerspruch des Klägers abgeholfen wurde.

3

Der Klägerbevollmächtigte mahnte mit Schreiben vom 8.9.2010 unter Bezugnahme auf die Abhilfe des Widerspruchs eine Kostenentscheidung an und übersandte zugleich eine an den Beklagten adressierte Gebührenrechnung, in der unter Nennung der genauen Angelegenheit und der Aufschlüsselung der Gebühren nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) eine Gesamtsumme von 309,40 Euro in Rechnung gestellt wurde. Mit Rundschreiben vom 19.10.2010 forderte der Beklagte die Verfahrensbevollmächtigten seiner Kunden, ua auch den hiesigen Klägerbevollmächtigten, auf, die Gebührenrechnungen an die Auftraggeber zu richten und zu adressieren und ihm jeweils eine Abschrift dieser Rechnungen zur Prüfung des Erstattungsanspruchs vorzulegen. Mit Schreiben vom 3.11.2010 ergänzte der Beklagte den Widerspruchsabhilfebescheid vom 23.8.2010 dahingehend, dass er die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig erklärte. Dem Grunde nach bestehe ein Kostenerstattungsanspruch, die Kostenrechnung vom 8.9.2010 begegne jedoch Bedenken, da sie nicht an den Kläger adressiert sei.

4

Nach weiterer Korrespondenz setzte der Beklagte mit Bescheid vom 3.1.2011 unter Hinweis auf die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit der Kosten des Widerspruchsverfahrens die zu erstattenden Kosten auf 0,00 Euro fest und führte zur Begründung aus, es sei nicht nachgewiesen, dass erstattungsfähige Kosten für die Einschaltung eines Rechtsanwalts entstanden seien, da keine Kostenrechnung des Rechtsanwalts an den Kläger vorliege. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 25.7.2011).

5

In dem daraufhin vom Kläger angestrengten Klageverfahren hat der Beklagte vor dem Sozialgericht (SG) zu Protokoll erklärt, dass er die Hinzuziehung des Bevollmächtigten als notwendig anerkenne und auch die Höhe der Kostenrechnung von 309,40 Euro nicht angegriffen werde. Mit Urteil vom 10.5.2012 hat das SG den Beklagten unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, den Kläger von dem Vergütungsanspruch seines Bevollmächtigten in Höhe von 309,40 Euro freizustellen.

6

Die Berufung des Beklagten ist nach deren Zulassung durch das Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen worden (Urteil vom 17.10.2013). Die Klage sei als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage, gerichtet auf die Freistellung des Klägers von dem Vergütungsanspruch seines Bevollmächtigten, zulässig. Da der Kläger den Gebührenanspruch seines Rechtsanwalts bisher nicht beglichen habe, sei das SG zutreffend von einem Freistellungsanspruch anstelle eines Leistungsanspruchs ausgegangen. Die Klage sei auch nicht wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, denn im vorliegenden Fall bestehe zumindest die Möglichkeit, dass der Kläger als Adressat eines belastenden Verwaltungsakts (Bescheid vom 3.1.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.7.2011) in seinen Rechten verletzt sei. Der geltend gemachte Erstattungsanspruch sei auch nach § 63 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) begründet. Streitig sei allein die Frage, ob dem Kläger wegen des Fehlens der formalen Voraussetzungen nach § 10 RVG Kosten nicht entstanden seien. Zur Entscheidung dieser Frage sei eine rechtliche Differenzierung zwischen verfahrensrechtlichem Kostenerstattungsanspruch und materiell-rechtlichem Kostenerstattungsanspruch nicht notwendig. Der Schutzzweck des § 10 RVG betreffe nur das Innenverhältnis zwischen Mandant und Rechtsanwalt.

7

Der Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt und begründet diese mit einem Verstoß gegen § 10 RVG. Der Berechtigte iS des § 63 SGB X sei bei einem erfolgreichen Widerspruch der Widerspruchsführer. Dieser könne die Honorarforderung seines Bevollmächtigten als notwendige Aufwendung aber nur geltend machen, wenn sie ihm gegenüber tatsächlich in Rechnung gestellt werde, was gemäß § 10 RVG nur aufgrund einer vom Rechtsanwalt unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung geschehen könne.

8

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17. Oktober 2013 und des Sozialgerichts Köln vom 10. Mai 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und auch im Übrigen zulässig, denn es geht vorliegend um einen Streit über die Kosten eines isolierten Vorverfahrens und nicht um Kosten des Rechtsstreits, bei denen Berufung und Revision nicht statthaft sind (stRspr vgl BSG Urteil vom 21.12.2009 - B 14 AS 83/08 R - SozR 4-1300 § 63 Nr 11).

12

Die Revision ist jedoch unbegründet. Das LSG hat die Berufung des Beklagten zu Recht zurückgewiesen und damit zutreffend die Entscheidung des SG bestätigt, dem Kläger stehe ein Freistellungsanspruch in Höhe von 309,40 Euro gegen den Beklagten zu.

13

1. Streitgegenstand ist nur dieser Anspruch des Klägers auf Erstattung von Kosten des Widerspruchsverfahrens in Höhe von insgesamt 309,40 Euro, die der Beklagte als der Höhe nach angemessen anerkannt hat und bezüglich derer die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig erklärt wurde (vgl § 63 Abs 2 SGB X), sowie neben den Urteilen des LSG und des SG der Bescheid des Beklagten vom 3.1.2011, mit dem er unter Hinweis auf die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit der Kosten des Widerspruchsverfahrens die zu erstattenden Kosten auf 0,00 Euro festgesetzt hat, in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.7.2011.

14

Der Kläger verfolgt sein Anliegen zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 Sozialgerichtsgesetz), gerichtet auf die Freistellung von dem Vergütungsanspruch seines Bevollmächtigten (vgl BSG Urteil vom 21.12.2009 - B 14 AS 83/08 R - SozR 4-1300 § 63 Nr 11 RdNr 12, 13; für das Zivilrecht auch Bundesgerichtshof Urteil vom 22.3.2011 - VI ZR 63/10 - juris RdNr 18). Der Kläger ist bereits dadurch beschwert, dass die zu erstattenden Kosten auf 0,00 Euro statt auf 309,40 Euro festgesetzt worden sind, ohne dass es darauf ankommt, ob der Beklagte bei Vorlage einer an den Kläger gerichteten Gebührenrechnung die Kosten in der beantragten Höhe erstattet hätte. Eine Trennung einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage in einen Anfechtungs- und einen Leistungsteil sieht das Gesetz insoweit nicht vor. Das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers folgt daraus, dass er zu Recht die Klärung des umstrittenen Anspruchs begehrt.

15

2. Der Kläger hat den geltend gemachten Anspruch hinsichtlich seiner Aufwendungen im Vorverfahren nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X. Danach hat, soweit der Widerspruch erfolgreich ist, der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten.

16

Die Voraussetzungen für den Kostenerstattungsanspruch liegen vor. Der Widerspruch des Klägers war im Ergebnis in vollem Umfang erfolgreich; mit Bescheid vom 23.8.2010 wurde eine Nachzahlung aufgrund von Nebenkostenabrechnungen in Höhe von insgesamt 1739,64 Euro als berechtigt anerkannt und zur Überweisung auf das Konto des Klägers angewiesen. Zu den zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zählen gemäß § 63 Abs 2 SGB X regelmäßig die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts, soweit die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war, was der Beklagte anerkannt hat. Gebühren und Auslagen iS des § 63 Abs 2 SGB X sind die gesetzlichen Gebühren(BSGE 78, 159 = SozR 3-1300 § 63 Nr 7 S 25 f), also auch die Gebühren und Auslagen, die ein Rechtsanwalt nach den Vorschriften des RVG in Rechnung stellt (BSG Urteil vom 21.12.2009 - B 14 AS 83/08 R - SozR 4-1300 § 63 Nr 11). Hier ist eine ordnungsgemäße Abrechnung, die den Anforderungen des § 10 Abs 2 RVG entspricht, durch das Schreiben des Bevollmächtigten vom 8.9.2010 erfolgt, wie sich aus den Feststellungen des LSG ergibt.

17

3. Außer den genannten Voraussetzungen für die Erstattung der Kosten des Widerspruchsverfahrens sind keine weitergehenden Anforderungen an einen Kostenerstattungsanspruch zu erkennen. Insbesondere steht dem Kostenerstattungsanspruch nach § 63 Abs 1 SGB X nicht entgegen, dass der Rechtsanwalt des Klägers bislang an diesen persönlich keine Abrechnung übersandt hat, die den Anforderungen des § 10 RVG genügt. Insofern schließt sich der Senat der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 22.3.2011 - VI ZR 63/10 - juris RdNr 9 und 18) an, der bei der Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang der einem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch die Erstattung von Rechtsanwaltskosten umfasst, ausgeführt hat, es sei zwischen dem Innenverhältnis des Geschädigten zu dem für ihn tätigen Rechtsanwalt und dem Außenverhältnis des Geschädigten zum Schädiger zu unterscheiden. Die Vorschrift des § 10 Abs 1 Satz 1 RVG, wonach der Rechtsanwalt die Vergütung grundsätzlich nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern könne, betreffe lediglich die Frage, wann eine entstandene und nach § 8 Abs 1 Satz 1 RVG mit Erledigung des Auftrags oder Beendigung der Angelegenheit fällige Gebühr von dem Mandanten einforderbar sei. Somit wird von § 10 Abs 1 RVG allein das Innenverhältnis zwischen Mandant und Rechtsanwalt geregelt, nicht aber das Außenverhältnis zu einem erstattungspflichtigen Dritten.

18

Weiterhin wird vom BGH ausgeführt, dass für den Fall, dass dem Gegner keine den Anforderungen des § 10 RVG entsprechende Berechnung vorgelegt worden sei, der Anspruch nicht an der Bestimmbarkeit der Höhe des Gebührenanspruchs scheitere, da der Rechtsanwalt - im dortigen Fall mit der von ihm selbst verfassten Klageschrift betreffend diese Geltendmachung des Gebührenanspruchs für seinen Mandanten - von seinem Bestimmungsrecht iS des § 14 RVG hinreichend Gebrauch gemacht habe(BGH aaO, RdNr 18). Die herausgearbeiteten Grundsätze sind auf den vorliegenden Fall übertragbar, denn auch im dortigen Fall ist eine Rechnungsstellung der Rechtsanwaltsgebühren an den Kläger nicht erfolgt und direkt Zahlungsklage erhoben worden. Die den Anforderungen des § 10 Abs 2 RVG entsprechende Berechnung der Höhe der Kosten ist vorliegend nicht durch Klageerhebung, sondern aufgrund der Abrechnung gegenüber dem Beklagten vom 8.9.2010 erfolgt. Außerdem ist es möglich, dass die Berechnung des Rechtsanwalts nicht dem Auftraggeber, sondern einem Dritten (etwa der Rechtsschutzversicherung) mitgeteilt wird (vgl Burhoff in Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl 2013, § 10 RVG RdNr 8). Dass eine Berechnung nach § 10 RVG keine Voraussetzung für einen Kostenerstattungsanspruch ist und der Anwendungsbereich der Vorschrift nicht über das Innenverhältnis zwischen Mandant und Rechtsanwalt hinaus auch auf das Außenverhältnis zu einem erstattungspflichtigen Dritten auszudehnen ist, zeigt im Übrigen auch die Möglichkeit, dass ein Auftraggeber auf die Einhaltung der Erfordernisse des § 10 RVG ganz oder teilweise verzichten kann, was auch stillschweigend erfolgen kann(Peter Hartmann, Kostengesetze, 40. Aufl 2010, § 10 RVG RdNr 9).

19

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

18
1. Entgegen der Auffassung der Revision der Beklagten hat das Berufungsgericht mit Recht einen Freistellungsanspruch des Klägers bejaht. Zwar weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass nach § 10 Abs. 1 Satz 1 RVG der Rechtsanwalt die Vergütung grundsätzlich nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern kann. Diese Bestimmung betrifft jedoch lediglich die Frage, wann eine entstandene und nach § 8 Abs. 1 Satz 1 RVG mit Erledigung des Auftrags oder Beendigung der Angelegenheit fällige Gebühr von dem Mandanten einforderbar ist (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juli 1984 - III ZR 136/83, AnwBl. 1985, 257 f. Fraunholz in Riedel/Sußbauer, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 9. Aufl., § 10 Rn. 3; Hartung/Schons/Enders, RVG § 10 Rn. 1). Hiervon zu unterscheiden ist der im Streitfall geltend gemachte materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch. Der Gegner kann hier nicht einwenden, dass er nicht zur Zahlung verpflichtet sei, weil ihm keine Berechnung vorgelegt worden sei, die den Anforderungen der §§ 10 RVG, 14 UStG entspreche (vgl. etwa Hartung/Schons/Enders aaO § 10 Rn. 49). Dies betrifft lediglich das Innenverhältnis zum Mandanten. Dem Gebührenanspruch fehlt insoweit auch nicht - wie die Revision der Beklagten weiter meint - die Bestimmbarkeit der Höhe des Gebührenanspruchs. Denn jedenfalls unter den Umständen des Streitfalls, in welchem der mit der zugrunde liegenden Angelegenheit beauftragte Rechtsanwalt den materiell-rechtlichen Gebührenanspruch für seinen Mandanten einklagt, hat er in der von ihm selbst verfassten Klageschrift von seinem Bestimmungsrecht im Sinne des § 14 RVG hinreichend Gebrauch gemacht.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

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(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet.

(2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechender Schriftsatz zugestellt wird.

(3) Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkungen:

1.
während der Dauer der Rechtshängigkeit kann die Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden;
2.
die Zuständigkeit des Prozessgerichts wird durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt.

(1) In Verfahren vor den ordentlichen Gerichten und den Gerichten der Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit sind von der Zahlung der Kosten befreit der Bund und die Länder sowie die nach Haushaltsplänen des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlichen Anstalten und Kassen. In Verfahren der Zwangsvollstreckung wegen öffentlich-rechtlicher Geldforderungen ist maßgebend, wer ohne Berücksichtigung des § 252 der Abgabenordnung oder entsprechender Vorschriften Gläubiger der Forderung ist.

(2) Für Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen nach § 2a Absatz 1, § 103 Absatz 3, § 108 Absatz 3 und § 109 des Arbeitsgerichtsgesetzes sowie nach den §§ 122 und 126 der Insolvenzordnung werden Kosten nicht erhoben.

(3) Sonstige bundesrechtliche Vorschriften, durch die für Verfahren vor den ordentlichen Gerichten und den Gerichten der Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit eine sachliche oder persönliche Befreiung von Kosten gewährt ist, bleiben unberührt. Landesrechtliche Vorschriften, die für diese Verfahren in weiteren Fällen eine sachliche oder persönliche Befreiung von Kosten gewähren, bleiben unberührt.

(4) Vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit und den Gerichten für Arbeitssachen finden bundesrechtliche oder landesrechtliche Vorschriften über persönliche Kostenfreiheit keine Anwendung. Vorschriften über sachliche Kostenfreiheit bleiben unberührt.

(5) Soweit jemandem, der von Kosten befreit ist, Kosten des Verfahrens auferlegt werden, sind Kosten nicht zu erheben; bereits erhobene Kosten sind zurückzuzahlen. Das Gleiche gilt, soweit eine von der Zahlung der Kosten befreite Partei Kosten des Verfahrens übernimmt.