Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 03. Juli 2015 - 13 A 15.845
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Gericht
Tenor
Die Anhörungsrüge wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in dem Ausgangsverfahren 13 A 13.1852 über den Wert des Abfindungsflurstücks 2331 Beweis erhoben durch Entnahme von Bodenproben aus den darin aufgegangenen Einlageflurstücken 1396, 1397 und 1398. Hierbei trug der Kläger u. a. vor, dass es sich in einem Teilbereich um Dauergrünland handle, das nach den Grundsätzen der Wertermittlung mit dem halben Wert eines entsprechenden Ackers zu bewerten sei. Der Vorsitzende wies darauf hin, dass es sich nach Auffassung des Senats in dem untersuchten Bereich nicht um Dauergrünland handele und damit Buchstabe K der Wertermittlungsgrundsätze nicht zur Anwendung kommen dürfte (s. Niederschrift vom 6.5.2014 S. 6). In dem nachfolgenden Verfahren 13 A 14.1395 hat der Senat an den gleichen Stellen erneut Bodenproben entnommen (s. Niederschrift vom 20.10.2014 S. 4). Nach der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 22. Oktober 2014 wies das Gericht darauf hin, dass bei den Einlageflurstücken 1396, 1397 und 1398 die mit Wertzahl 26 bewertete Fläche nur mit Wertzahl 24 zu bewerten sein dürfte. Der Kläger stellte den Antrag, die Feststellung der Ergebnisse der Wertermittlung insoweit zu ändern, als das Gericht eine Änderung für geboten halte. Gemäß der Urteilsformel des am 22. Oktober 2014 verkündeten Urteils ist die Feststellung der Ergebnisse der Wertermittlung bezüglich der genannten Einlageflurstücke entsprechend geändert worden.
Am 19. Februar 2015 beantragte der Kläger, den Tatbestand des Urteils vom 22. Oktober 2014 zu berichtigen und das Urteil zu ergänzen. Sein Vorbringen, dass dort Dauergrünland vorliege, sei im Tatbestand nicht erwähnt. Auf seinen prozessualen Anspruch, dass die genannten Flurstücke nach dem Grünland- oder auch Dauerwiesen-Schlüssel zu bewerten seien, sei im Urteil nicht eingegangen worden.
Der Berichtigungs- und Ergänzungsantrag wurde durch Beschluss vom 26. März 2015 abgelehnt. Der Tatbestand enthalte keine Unrichtigkeit oder Unklarheit (§ 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG i. V. m. § 119 Abs. 1 VwGO). Der Antrag auf Urteilsergänzung nach § 120 Abs. 1 VwGO sei unzulässig und könne deshalb durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung verworfen werden.
Am 16. April 2015 hat der Kläger Anhörungsrüge gegen den Beschluss vom 26. März 2015 erhoben. Grundsätzlich sei der Inhalt der Niederschrift im Protokoll weder vorgelesen noch genehmigt worden. Das Flurbereinigungsgericht habe zu dem Gesichtspunkt des Grünlands gemäß dem Wertermittlungsrahmen keine Ausführungen gemacht.
II.
Nach § 152a Abs. 1 Satz 1 VwGO ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn
1. ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2. das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Die Rüge ist statthaft, weil der angegriffene Beschluss nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar ist. Sie ist aber unbegründet, weil dem Kläger das rechtliche Gehör nicht versagt war.
Das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) ist ein prozessuales Grundrecht und außerdem ein rechtsstaatlich konstitutives Verfahrensprinzip, das mit der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG in funktionalem Zusammenhang steht. Es sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigen bestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere, dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden (BVerfG vom 30.4.2003 BVerfGE 107, 395/409). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wonach vor Gericht jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör hat, kann allerdings nur dann festgestellt werden, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte von ihnen entgegengenommenes Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Deshalb müssen, damit ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG festgestellt werden kann, im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass wesentliches tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (BVerfG vom 25.2.1994 NJW 1994, 2279; vom 19.5.1992 BVerfGE 86, 133/146).
Gemessen an diesen höchstrichterlichen Kriterien war die Anhörungsrüge zurückzuweisen.
Der Senat hat sich in dem angegriffenen Beschluss mit den im Berichtigungs- und Ergänzungsantrag geltend gemachten Bedenken auseinandergesetzt. Der Streitpunkt Dauergrünland war nach dem Klageantrag nicht mehr entscheidungserheblich. Der (neue) Einwand des Klägers bezüglich der Niederschriften über die Beweisaufnahme und die mündliche Verhandlung war in dem Berichtigungs- und Ergänzungsantrag nicht enthalten und bedurfte folglich nicht der Erörterung.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO).
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Annotations
(1) In jedem Land ist bei dem obersten Verwaltungsgericht ein Senat für Flurbereinigung (Flurbereinigungsgericht) einzurichten. Für die Gerichtsverfassung und das Verfahren gelten die Vorschriften über die Verwaltungsgerichtsbarkeit, soweit in den §§ 139 bis 148 nichts Abweichendes bestimmt ist.
(2) Mehrere Länder können durch Staatsvertrag ein gemeinschaftliches Flurbereinigungsgericht einrichten. In den Ländern Bremen und Hamburg können die Aufgaben des Flurbereinigungsgerichts auf ein anderes Gericht übertragen werden.
(1) Enthält der Tatbestand des Urteils andere Unrichtigkeiten oder Unklarheiten, so kann die Berichtigung binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beantragt werden.
(2) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme durch Beschluß. Der Beschluß ist unanfechtbar. Bei der Entscheidung wirken nur die Richter mit, die beim Urteil mitgewirkt haben. Ist ein Richter verhindert, so entscheidet bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden. Der Berichtigungsbeschluß wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Ist das Urteil elektronisch abgefasst, ist auch der Beschluss elektronisch abzufassen und mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(1) Wenn ein nach dem Tatbestand von einem Beteiligten gestellter Antrag oder die Kostenfolge bei der Entscheidung ganz oder zum Teil übergangen ist, so ist auf Antrag das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen.
(2) Die Entscheidung muß binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beantragt werden.
(3) Die mündliche Verhandlung hat nur den nicht erledigten Teil des Rechtsstreits zum Gegenstand. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung kann abgesehen werden, wenn mit der Ergänzung des Urteils nur über einen Nebenanspruch oder über die Kosten entschieden werden soll und wenn die Bedeutung der Sache keine mündliche Verhandlung erfordert.
(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn
- 1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und - 2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Ist die Rüge nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können. Für den Ausspruch des Gerichts ist § 343 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.
(6) § 149 Abs. 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn
- 1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und - 2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Ist die Rüge nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können. Für den Ausspruch des Gerichts ist § 343 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.
(6) § 149 Abs. 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.