Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 07. Sept. 2018 - 12 CE 18.1899

bei uns veröffentlicht am07.09.2018

Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 3. September 2018 - B 3 E 18.1105 - wird aufgehoben.

II. Der Antragsgegner wird im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, die beantragte Eingliederungshilfe in Form einer Schulbegleitung an der Grundschule K. für die Zeit ab dem 11. September 2018 bis zum 28. September 2018 zu bewilligen bzw. soweit aus tatsächlichen Gründen ein Einsatz fremder Kräfte nicht mehr in Betracht kommt, durch eigene Kräfte zu gewähren.

III. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Eilverfahrens in beiden Rechtszügen. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.

IV. Der Vollzug von Ziffer II. ist dem Senat bis spätestens Montag, den 10. September 2018, 14.00 Uhr schriftlich anzuzeigen.

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO, durch die der Antragsgegner unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 3. September 2018 verpflichtet werden soll, dem Antragsteller für die Zeit vom 11. September 2018 bis 28. September 2018 Eingliederungshilfe gemäß § 35a SGB VIII in Form einer Schulbegleitung zu bewilligen, hat Erfolg.

2. Gemäß § 123 Abs. 1 VwGO kann der Senat auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Ferner sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist in beiden Fällen (vgl. § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO), dass einerseits ein Anspruch glaubhaft gemacht wird, dessen vorläufiger Sicherung die begehrte Anordnung dienen soll (Anordnungsanspruch), und dass andererseits die Gründe glaubhaft gemacht werden, die eine gerichtliche Eilentscheidung erforderlich machen (Anordnungsgrund).

Grundsätzlich dient die einstweilige Anordnung allein der vorläufigen Sicherung eines Anspruchs bzw. der vorläufigen Regelung eines Rechtsverhältnisses. Nimmt sie die Hauptsache jedoch bereits (ganz oder teilweise) vorweg, unterliegt ihr Erlass qualifiziert hohen Anforderungen an die Glaubhaftmachung von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch (vgl. BayVGH, B.v. 18.3.2016 - 12 CE 16.66 - juris Rn. 4). Indes liegt im vorliegenden Fall entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts aufgrund der Beschränkung der beantragten Schulbegleitung auf einen Zeitraum von ca. 3 Wochen keine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache vor. Denn der Antragsteller erstrebt ersichtlich eine vorläufige Zwischenregelung für den Zeitraum bis zur Entscheidung des Antragsgegners in der Hauptsache.

3. Nach § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO ist der Entscheidung über den Erlass einer einstweiligen Anordnung regelmäßig der vom Antragsteller glaubhaft gemachte Sachverhalt zugrunde zu legen. Führte jedoch die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes zu schweren und unzumutbaren Nachteilen des Antragstellers, die nicht oder nicht effektiv rückgängig gemacht werden können, gebietet dieser Umstand eine eingehende Prüfung auch der entscheidungserheblichen Tatsachen durch das Gericht. Ist indes die erforderliche Tatsachenermittlung aufgrund der Dringlichkeit oder Komplexität der Sache im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht möglich, erfordert es das Gebot effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG, über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Rahmen einer Folgenabwägung zu entscheiden, vorausgesetzt der Hauptsacheantrag ist nicht von vornherein als unzulässig oder offensichtlich unbegründet anzusehen (vgl. BayVGH, B.v. 23.9.2014 - 12 CE 14.1833 - juris Rn. 25; B.v. 23.1.2017 - 10 CE 16.1398 - juris Rn. 16; ferner BVerfG, Beschlüsse vom 25.7.1996 - 1 BvR 638/96 -, NVwZ 1997, 479 f.; vom 29.11.2007 - 1 BvR 2496/07 - NVwZ 2008, 880 f.; vom 25.2.2009 - 1 BvR 120/09 -, NVwZ 2009, 715 f.; Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 123 Rn. 79, 100, m.w.N.; Dombert, in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Aufl. 2011 Rn. 200; Saurenhaus, in: Wysk, VwGO, § 123 Rn. 18). Erweist sich demgegenüber der Ausgang des Hauptsacheverfahrens als offen, sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, der Antrag in der Hauptsache aber später Erfolg hätte, den Nachteilen gegenüberzustellen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag in der Hauptsache aber später erfolglos bliebe (vgl. Dombert in: Finkelnburg/Dombert/ Külpmann, a.a.O., Rn. 203 ff.). Dabei gilt es insbesondere im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass die beantragte Schulbegleitung grundsätzlich nicht rückwirkend erbracht werden kann und sie daher zeitlich nicht mehr nachholbar ist.

4. Hiervon ausgehend sind entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang erfüllt.

4.1 Das in der Hauptsache verfolgte Begehren der Bewilligung einer Schulbegleitung für das Schuljahr 2018/2019 ist weder von vornherein unzulässig noch offensichtlich unbegründet. Denn der Antragsteller rechnet unstrittig zum grundsätzlich anspruchsberechtigten Personenkreis nach § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII. Auch zählt die Bewilligung einer Schulbegleitung im Rahmen der Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung nach § 35a Abs. 3 SGB VIII i.V.m. § 54 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 SGB XII, § 12 Nr. 2 der Eingliederungshilfeverordnung - EinglHVO - zu den Leistungen der Eingliederungshilfe (Stähr in: Hauck/Noftz, SGB, Stand Mai 2015, § 35 SGB VIII). Ob der Antragsteller darüber hinaus nach § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII in seiner Teilhabe am Leben in der Gesellschaft aktuell beeinträchtigt oder eine derartige Beeinträchtigung zu erwarten ist, hat der Antragsgegner durch die sozialpädagogischen Fachkräfte des Jugendamts bislang nicht untersucht.

4.2 Das Vorliegen einer Teilhabebeeinträchtigung ist regelmäßig auf der Basis der Stellungnahmen nach § 35a Abs. 1a SGB VIII im Rahmen eines fachlichen Zusammenwirkens von ärztlichen, psychotherapeutischen und sozialpädagogischen Fachkräften unter Federführung des Jugendamtes zu beurteilen und unterliegt den Grundsätzen sozialpädagogischer Fachlichkeit (Stähr, in: Hauck, Noftz, SGB, 05/15, § 35a SGB VIII unter Hinweis auf OVG NRW, B.v. 15.10.2010 - 12 B 870/14, juris). Demgemäß müssen die Fachkräfte des Jugendamts aufgrund einer Bündelung unterschiedlichster Informationen, z.B. aus der Schule, aus dem Freizeitbereich, aus dem Elternhaus, von Ärzten, aber insbesondere auch von den Betroffenen selbst, zu einer Einschätzung der Teilhabebeeinträchtigung im Einzelfall gelangen (Wiesner u.a., SGB VIII, 4. Aufl., § 35a Rn. 25). Was den Besuch der Kindertagesstätte durch den Antragsteller anlangt, hat der Antragsgegner bereits am 6. April 2018 eine mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartende Teilhabebeeinträchtigung festgestellt. In der Folge hat er es jedoch unterlassen, trotz eines bereits im Januar 2018 gestellten Antrags auf Bewilligung eines Schulbegleiters für weitere Lebensbereiche, insbesondere den Lebensbereich Schule, unter Berücksichtigung der oben genannten Anforderungen rechtzeitig vor der Einschulung des Antragstellers eine Entscheidung über das Vorliegen einer drohenden Teilhabebeeinträchtigung zu treffen. Die Einschätzung des Antragsgegners wie auch des Verwaltungsgerichts, erst der tatsächliche Schulbesuch eröffne aufgrund der konkreten Klassensituation die Möglichkeit, das Vorliegen einer Teilhabebeeinträchtigung zu beurteilen, geht indes fehl, zumal dann, wenn die Beeinträchtigung des Antragstellers gerade aus dem Wechsel von der Kindertagesstätte in die Schule resultiert. Der pauschale Verweis auf das übliche, standardisierte Vorgehen des Antragsgegners wird dem naturgemäß notwendigen Einzelfallbezug der Einschätzung nicht gerecht, jedenfalls dann nicht, wenn - wie in vorliegendem Fall - gerade bei der fachärztlich geschilderten verschärften Problematik zu Beginn einer neuen Lebenssituation, wie hier der Einschulung, gewichtige Argumente für eine vor der Einschulung liegende Beurteilung sprechen.

4.3 Hat der Antragsgegner die notwendige Feststellung über das Vorliegen einer mit der Einschulung zu erwartenden Teilhabebeeinträchtigung des Antragstellers nicht getroffen, muss angesichts der vorliegenden Unterlagen das Ergebnis dieser Beurteilung nach gegenwärtigem Kenntnisstand als offen angesehen werden, weshalb das Verwaltungsgericht gehalten gewesen wäre, über den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung im Rahmen einer Folgenabwägung zu entscheiden. Stellte sich nach dem Erlass der einstweiligen Anordnung heraus, dass dem Antragsteller der geltend gemachte Anspruch auf Eingliederungshilfe in Form einer Schulbegleitung endgültig nicht zusteht, wäre diese zu Unrecht und damit überflüssigerweise für einen Zeitraum von ca. 3 Wochen bewilligt worden. Demgegenüber wäre ein dem Antragsteller bei Verweigerung einer Schulbegleitung bereits ab Schuljahresbeginn entstehender Schaden ungleich größer, sollte sich im Nachhinein herausstellen, dass dem Begehren vollumfänglich hätte stattgegeben werden müssen. Die Gewährung von Eingliederungshilfe könnte, wie bereits ausgeführt, auch nicht mehr nachgeholt werden. Zugleich bestünde das Risiko, dass sich, worauf der Antragstellerbevollmächtigte hinweist, die aus dem Autismus des Antragstellers resultierende Problematik zu Beginn seiner neuen Lebenssituation verschärfen und damit gegebenenfalls ein erhöhter Hilfebedarf auftreten würde.

4.4 Angesichts dessen überwiegt das persönliche Interesse des Antragstellers am Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung die möglicherweise entgegenstehenden öffentlichen Belange. Letzteren wird durch den eng gefassten Zeitraum der Bewilligung eines Schulbegleiters angemessen Rechnung getragen. Hinzu kommt, dass der Antragsgegner den Antragsteller bereits für eine Schulbegleitung vorgesehen hatte, sodass diese bereits zu Beginn des Schuljahres hätte einsetzen können, auch wenn sich später herausstellen sollte, dass sie eventuell gar nicht oder in geringerem Umfang benötigt wird.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 1, Satz 2 Halbsatz 1 VwGO.

6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

Tenor

I.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 14. Dezember 2015 wird geändert:

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache vor dem Verwaltungsgericht Eingliederungshilfe nach § 35a Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) in Form der Kostenübernahme für die Schulbegleitung für den Besuch der Montessorischule E. im Umfang von 34,75 Wochenstunden zu monatlichen Kosten in Höhe von 2.249,39 € zu gewähren.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt und die Beschwerde zurückgewiesen.

II.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist (überwiegend) begründet.

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO, durch welche der Antragsgegner unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 14. Dezember 2015 verpflichtet werden soll, dem Antragsteller vorläufig die Kosten für die Schulbegleitung zum Besuch der Montessorischule E. für das Schuljahr 2015/2016 im Umfang von 34,75 Wochenstunden zu monatlichen Kosten in Höhe von 2.249,39 € zu gewähren, hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Eine weitergehende Verpflichtung für das gesamte Schuljahr kommt aufgrund des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache nicht in Betracht. Insoweit ist der Antrag abzulehnen.

a) Gemäß § 123 Abs. 1 VwGO kann der Senat auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Ferner sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist in beiden Fällen (vgl. § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO), dass einerseits ein Anspruch glaubhaft gemacht wird, dessen vorläufiger Sicherung die begehrte Anordnung dienen soll (Anordnungsanspruch), und dass andererseits die Gründe glaubhaft gemacht werden, die eine gerichtliche Eilentscheidung erforderlich machen (Anordnungsgrund).

Grundsätzlich dient die einstweilige Anordnung der vorläufigen Sicherung eines Anspruchs bzw. der vorläufigen Regelung eines Rechtsverhältnisses. Mit der vom Antragsteller begehrten Entscheidung wird die Hauptsache aber - zumindest in zeitlicher Hinsicht - vorweggenommen. In einem solchen Fall sind an die Prüfung von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch qualifiziert hohe Anforderungen zu stellen, d. h. der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt nur in Betracht, wenn ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache jedenfalls dem Grunde nach spricht und der Antragsteller ohne die einstweilige Anordnung unzumutbaren Nachteilen ausgesetzt wäre (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 123 Rn. 66 a bis c).

b) Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall jedenfalls bis zum Zeitpunkt des Ergehens einer Entscheidung in der Hauptsache vor dem Verwaltungsgericht München gegeben.

aa) Der Antragsteller hat einen Anspruch auf Bewilligung einer Schulbegleitung zum Besuch der Montessorischule E. nach den oben genannten Maßgaben im Beschwerdeverfahren hinreichend glaubhaft gemacht. Der Antragsteller gehört zum grundsätzlich anspruchsberechtigten Personenkreis für Eingliederungshilfe gemäß § 35a SGB VIII. Als Leistung der Eingliederungshilfe zählt grundsätzlich auch die Gewährung einer Schulbegleitung im Rahmen der Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung gemäß § 35a Abs. 3 SGB VIII i. V. m. § 54 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 SGB XII, § 12 Nr. 2 der Eingliederungshilfe-Verordnung - EinglHVO - (Stähr in: Hauck/Noftz, SGB, Stand Mai 2015, § 35 SGB VIII). Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.

bb) Der Einschätzung des Antragsgegners vom 16. April 2015 sowie des Verwaltungsgerichts München im streitbefangenen Beschluss, dass die begehrte Hilfemaßnahme zur Deckung des Hilfebedarfs nicht erforderlich und geeignet sei, kann indes nicht gefolgt werden. Zu Recht rügt der Antragstellerbevollmächtigte, dass der Antragsteller vorliegend nicht die Kostenübernahme des Schulgeldes, sondern die Bewilligung einer Schulbegleitung bzw. die Kostenübernahme für eine solche Schulbegleitung begehrt, die grundsätzlich auch bei Besuch einer Regelschule anfallen können und es sich somit nicht um Kosten handelt, die im Zusammenhang mit der Beschulung in einer Privatschule entstehen. Der Antragsteller muss nicht glaubhaft machen, dass eine Beschulung im öffentlichen Schulsystem für ihn ausscheidet und er nur auf einer Privatschule beschulbar wäre. Anders als bei der Entscheidung über die notwendige und geeignete Hilfeart, hinsichtlich derer dem Jugendamt ein weiter Beurteilungsspielraum zusteht, wovon insoweit zutreffend auch das Verwaltungsgericht München im streitbefangenen Beschluss ausgeht, entscheidet nicht der Träger der Jugendhilfe, ob der Besuch einer allgemeinen Schule dem behinderten Kind eine angemessene Schulbildung vermittelt, sondern richtet sich dies allein nach dem Schulrecht (vgl. BayVGH, B.v. 4.6.2007 - Az. 12 B 06.2784 - unter Hinweis auf VGH Baden-Württemberg vom 14.1.2003, FESV 54, 2018 zur insoweit vergleichbaren Eingliederungshilfe gemäß §§ 39 Abs. 1 Satz 1, 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BSHG).

Der Antragsteller ist nach schulrechtlichen Vorschriften nicht verpflichtet, die Förderschule zu besuchen, sondern berechtigt, seine Schulpflicht durch den Besuch einer allgemeinen Schule zu erfüllen (BayVGH v. 4.6.2007 a. a. O.). Eine Entscheidung der Schulbehörde, dass der Antragsteller am gemeinsamen Unterricht in der allgemeinen Schule nicht aktiv teilnehmen könnte und ein sonderpädagogischer Förderbedarf an dieser Schule auch mit Unterstützung durch mobile sonderpädagogische Dienste nicht hinreichend erfüllt werden könnte (Art. 41 Abs. 1 Satz 1, Abs. 7 Satz 1 BayEUG), liegt nicht vor. Es ist auch nicht Sache der Antragstellerseite, sich um ein solches Gutachten zu bemühen. Dass es sich bei der allgemeinen Schule vorliegend um eine Privatschule handelt, ist unbeachtlich. Denn die hierfür entstehenden Kosten werden nicht beansprucht. Zutreffend weist der Antragstellerbevollmächtigte darauf hin, dass die angeführte Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. September 2015 für den vorliegenden Fall nicht einschlägig ist und als Entscheidungsgrundlage nicht herangezogen werden kann. Denn diese Entscheidung betrifft die Kostenübernahme für das anfallende Schulgeld für den Besuch der privaten Regelschule. Die Kosten, die im Zusammenhang mit der Beschulung in der Privatschule entstehen, können nur gefordert werden, wenn der Hilfebedarf nicht im Rahmen des öffentlichen Schulsystems gedeckt werden kann. Der Antragsgegner geht im Bescheid vom 16. April 2015 selbst davon aus, dass die Beschulung von L. im Rahmen des öffentlichen Schulsystems einen gegebenenfalls vom Antragsgegner zu finanzierenden Schulbegleiter zur Deckung des Hilfebedarfs erforderlich machte.

Ob möglicherweise eine andere Beurteilung für den Fall, dass bei Besuch der Förderschule ein Schulbegleiter definitiv entbehrlich wäre, in Betracht käme, bedarf hier keiner Entscheidung. Jedenfalls hat der Antragsgegner die Behauptung, es sei prima facie davon auszugehen, dass in den von ihm aufgezeigten staatlichen Schulen der Hilfebedarf ohne zusätzliche Unterstützung zu decken sei, durch nichts belegt. Hiergegen sprechen nicht zuletzt alle fachärztlichen bzw. pädagogischen Stellungnahmen. So wird der Bedarf an Schulbegleitung bestätigt durch die ärztliche Stellungnahme von Dr. med. K. Sch. vom 8. September 2013, durch die schulpsychologische Stellungnahme von Frau E. S.-K., staatliche Schulpsychologin am Schulamt im Landkreis R., vom 9. Dezember 2013 sowie durch die pädagogische Stellungnahme der Montessorischule vom 23. September 2015. In der zuletzt genannten Stellungnahme wird insbesondere darauf hingewiesen, dass vor allem die Zusammenarbeit und der Kontakt zu Mitschülern der Unterstützung bedürfe.

Nach der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung spricht nach alledem derzeit alles dafür, dass dem Antragsteller in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang ein Anspruch auf Schulbegleitung zum Besuch der Montessorischule E. zusteht. Soweit der Antragsgegner nunmehr im letzten Schriftsatz vom 5. Februar 2016 den Umfang der begehrten Schulbegleitung erstmals in Frage stellt, fehlt es schon an der erforderlichen Substantiierung. Der Antragsgegner kann insoweit im Übrigen auf das Hauptsacheverfahren vor dem Verwaltungsgericht München verwiesen werden bzw. auf die Möglichkeit, dort einen Abänderungsantrag zu stellen, falls sich für den streitgegenständlichen Zeitraum im Hinblick auf Umfang und Höhe der Kostenübernahme nachweislich Änderungen ergeben sollten.

c) Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsgrund, d. h. eine besondere Eilbedürftigkeit gerichtlichen Rechtsschutzes, glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 Satz 2 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO). Die Eilbedürftigkeit der begehrten einstweiligen Anordnung ist gegeben. Laut der pädagogischen Stellungnahme der Montessori-Fördergemeinschaft E. e.V. vom 31. Juli 2013, bestätigt am 23. September 2015, kann eine Beschulung des Antragstellers ohne die Unterstützung eines Schulbegleiters durch die Montessorischule nicht fortgesetzt werden. Da der Antragsteller bzw. die Antragstellervertreter bereits seit Beginn des Schuljahres 2015/2016 in Höhe von monatlich ca. 2.250,00 € in Vorleistung getreten sind, ist eine weitere Vorleistung für den notwendigen Schulbegleiter nicht weiter zumutbar.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO. Die Beschränkung der einstweiligen Anordnung auf den Zeitraum bis zum Ergehen einer Hauptsacheentscheidung vor dem Verwaltungsgericht - statt für das gesamte Schuljahr, wie vom Antragsteller beantragt - fällt kostenrechtlich nicht ins Gewicht (§ 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

I.

Unter Abänderung von Nr. I. des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 4. Juli 2016 wird die Antragsgegnerin verpflichtet, bis zur Entscheidung in der Hauptsache von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abzusehen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

II.

Unter Abänderung von Nr. II. des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 4. Juli 2016 tragen die Antragstellerin und die Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen jeweils zur Hälfte.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit der Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren in erster Instanz erfolglosen Antrag weiter, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung (§ 123 Abs. 1 VwGO) zu verpflichten, bis zur Entscheidung im Klageverfahren (M 9 K 16.2366) die Antragstellerin so zu behandeln, als sei ihre Niederlassungserlaubnis nicht erloschen, hilfsweise bis dahin keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen einzuleiten.

1. Die Beschwerde ist zulässig (§ 146 Abs. 1 VwGO), insbesondere ist sie rechtzeitig begründet worden (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO). Die Bevollmächtigte der Antragstellerin hat bereits in dem Schriftsatz vom 13. Juli 2016, mit dem die Beschwerde eingelegt wurde, eingehend dargelegt, dass nach ihrer Meinung die vorhandenen Beweise bzw. Mittel der Glaubhaftmachung unter Beachtung der Beweislastverteilung die Schlussfolgerung nicht begründen könnten, dass die Antragstellerin ihren Lebensmittelpunkt nach Norwegen verlagert habe. In dem Schriftsatz vom 22. August 2016 wird dieser Vortrag weiter vertieft, so dass eine Einbeziehung nicht durch § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO ausgeschlossen ist; einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wie mit Schriftsatz vom 22. August 2016 vorsorglich beantragt, bedarf es insoweit nicht.

2. Die Beschwerde ist teilweise begründet.

Zwischen den Beteiligten streitig und Gegenstand der noch beim Verwaltungsgericht anhängigen Feststellungsklage ist, ob die der Antragstellerin erteilte Niederlassungserlaubnis nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 oder Nr. 7 AufenthG erloschen ist.

a) Nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG erlischt ein Aufenthaltstitel, wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grund ausreist. Unschädlich im Hinblick auf diese Vorschrift sind lediglich Auslandsaufenthalte, die nach ihrem Zweck typischerweise zeitlich begrenzt sind und die keine wesentliche Änderung der gewöhnlichen Lebensumstände in Deutschland mit sich bringen. Fehlt es an einem dieser Erfordernisse, liegt ein seiner Natur nach nicht vorübergehender Grund vor. Neben der Dauer und dem Zweck des Auslandsaufenthalts sind alle objektiven Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, während es auf den inneren Willen des Ausländers - insbesondere auf seine Planung der späteren Rückkehr nach Deutschland - nicht allein ankommen kann; die subjektive Absicht des Ausländers muss vielmehr in nachprüfbaren Indizien zum Ausdruck kommen. Eine feste Zeitspanne, bei deren Überschreitung stets von einem nicht mehr vorübergehenden Grund auszugehen wäre, lässt sich nicht abstrakt benennen. Je weiter sich die Aufenthaltsdauer im Ausland über die Zeiten hinaus ausdehnt, die mit begrenzten Aufenthaltszwecken typischerweise verbunden sind, desto eher liegt die Annahme eines nicht nur vorübergehenden Grundes nahe. Als Anhaltspunkt kann dabei die Sechs-Monats-Grenze des § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG herangezogen werden. Jedenfalls erlischt der Aufenthaltstitel nach dieser Vorschrift, wenn sich aus den Gesamtumständen ergibt, dass der Betreffende seinen Lebensmittelpunkt ins Ausland verlagert hat. Nur kurzfristige Zwischenaufenthalte in Deutschland können sonstige Indizien für eine Verlagerung des Lebensmittelpunktes nicht entkräften (BVerwG, U. v. 11.12.2012 - 1 C 15.11 - juris Rn. 16; Graßhof in Kluth/Heusch, Beck’scher Online-Kommentar Ausländerrecht, Stand: 1.11.2016, § 51 Rn. 5 ff.; Bauer in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Auflage 2016, § 51 Rn. 13 ff.).

Nach § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG erlischt ein Aufenthaltstitel ferner, wenn der Ausländer ausgereist und nicht innerhalb von sechs Monaten oder einer von der Ausländerbehörde bestimmten längeren Frist wieder eingereist ist.

Die Ausnahmefälle gemäß § 51 Abs. 2, Abs. 3, Abs. 4, Abs. 7 AufenthG, in denen der Aufenthaltstitel nicht erlischt, sind im vorliegenden Fall nicht einschlägig.

Die Umstände, die zum Erlöschen des Aufenthaltstitels führen, müssen zur Überzeugung des Gerichts (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) feststehen; die Beweislast trägt insoweit die Ausländerbehörde (Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Aug. 2016, A1, § 51 Rn. 22; Funke-Kaiser in GK-AufenthG, Stand: Dez. 2015, § 51 Rn. 53). Den Ausländer trifft dabei allerdings eine Mitwirkungspflicht nach § 82 Abs. 1 AufenthG sowie § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO, weshalb er die Umstände des Auslandsaufenthalts substantiiert darzulegen und eventuelle Beweismittel vorzulegen hat.

Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO hat der Ausländer glaubhaft zu machen, dass die Umstände des Einzelfalls nicht die Schlussfolgerung des Erlöschens seines Aufenthaltstitels tragen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO).

b) Vor diesem Hintergrund kann derzeit der Ausgang der beim Verwaltungsgericht anhängigen Feststellungsklage nicht hinreichend prognostiziert werden, die Erfolgsaussichten sind als offen anzusehen.

Die Antragsgegnerin wie auch das Verwaltungsgericht stützen sich maßgeblich auf die Erkenntnisse der norwegischen Polizeibehörden, wie sie in den Schreiben des Bundeskriminalamts vom 17. Dezember 2015 und vom 8. Juni 2016 mitgeteilt werden und in dem an die Antragstellerin gerichteten Anhörungsschreiben („Vorankündigung hinsichtlich der Ausweisung …“) der norwegischen Polizei vom 17. Oktober 2013 wiedergegeben sind. Diese enthalten allerdings gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin in dem fraglichen Zeitraum (Mai 2011 bis Oktober 2013) einen Lebensmittelpunkt in Norwegen begründet hatte. Hierauf deuten vor allem die abgeschlossenen Arbeitsverträge und die Angaben des Arbeitgebers über die tatsächliche Beschäftigung hin. Die Angaben der Antragstellerin, sie habe lediglich eine Arbeitsaufnahme in Norwegen in Erwägung gezogen, aber entsprechende Überlegungen wieder aufgegeben, weil sie keine Arbeitserlaubnis erhalten habe, sind damit nicht zu vereinbaren.

Auf der anderen Seite werden die Erkenntnisse der norwegischen Behörden nur indirekt wiedergegeben. Konkrete Ermittlungsergebnisse ebenso wie die in Bezug genommenen Unterlagen liegen nicht vor; auch die Ausweisungsentscheidung, die offenbar (erst) am 26. August 2015 ergangen ist, findet sich nicht in den Akten.

Die Antragstellerin ihrerseits hat eine Reihe von Aufenthalten in Deutschland vorgetragen und teilweise belegt, die ihre Behauptung, sie habe ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland beibehalten, nicht von vornherein unglaubhaft erscheinen lassen, jedenfalls aber auf eine rege Reisetätigkeit zwischen Deutschland und Norwegen im fraglichen Zeitraum hindeuten.

Weiter wurden einige naheliegende Sachverhaltsermittlungen bisher nicht vorgenommen, was im Klageverfahren nachzuholen sein wird. Da die Antragstellerin einen melderechtlichen Wohnsitz in München beibehalten hatte, wird die Wohnungsgeberin - die im Klageverfahren bereits als Zeugin benannt wurde - zum Umfang der Wohnung und zum tatsächlichen Aufenthalt der Antragstellerin zu vernehmen sein. Ferner hat die Antragstellerin in der Klagebegründung angegeben, als „Escort-Begleitung“ gearbeitet zu haben; hier wäre zu prüfen, ob sich diese Erwerbstätigkeit etwa durch eine Gewerbeanmeldung oder steuerlich (Einkommens-, Umsatz-, Gewerbesteuer) niedergeschlagen hat. Schließlich müssten Schritte unternommen werden, um konkrete Ermittlungsergebnisse und Unterlagen der norwegischen Behörden zu erhalten, sei es über das Bundeskriminalamt oder über ein Amts-/Rechtshilfeersuchen oder auf diplomatischem Weg. Die Antragstellerin hat nach ihren Möglichkeiten an den Ermittlungen mitzuwirken und auch, falls die norwegischen Behörden sich auf Datenschutzgründe berufen, insoweit eine entsprechende Verzichtserklärung abzugeben (§ 82 Abs. 1 AufenthG, § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO).

c) Der Senat kommt vor diesem Hintergrund im Wege der Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass der Antragstellerin bis zur Entscheidung in der Hauptsache einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren ist.

Zwar ist die im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens gebotene summarische Prüfung auf den glaubhaft gemachten bzw. ermittelten Sachverhalt beschränkt, während rechtliche Fragen nicht anhand eines Wahrscheinlichkeitsmaßstabs entschieden werden; grundsätzlich ist der gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemachte Sachverhalt einer rechtlichen Würdigung zugrunde zu legen. Wenn aber die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes zu schweren und unzumutbaren Nachteilen führen würde, die nicht oder nicht effektiv rückgängig gemacht werden könnten, erfordert dies eine eingehende Prüfung auch der Sachlage; ist eine solche Tatsachenermittlung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht möglich oder untunlich, erfordert es das Gebot des effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG, über den Antrag auf einstweilige Anordnung im Rahmen einer Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, B. v. 6.2.2013 - 1 BvR 2366/12 - juris Rn. 3; BVerfG, B. v. 31.3.2004 - 1 BvR 356/04 - juris Rn. 21; BVerfG, B. v. 25.7.1996 - 1 BvR 638/96 - juris Rn. 16; BayVGH, B. v. 26.1.2016 - 10 CE 15.2640 - juris Rn. 23; SächsOVG, B. v. 12.8.2014 - 3 B 498/13 - juris Rn. 5; OVG NW, B. v. 11.6.2013 - 6 B 566/13 - juris Rn. 3 ff.; OVG Saarl, B. v. 16.10.2008 - 3 B 370/08 - juris Rn. 22; Kuhla in Posser/Wolff, Beck’scher Online-Kommentar VwGO, Stand: April 2016, § 123 Rn. 84).

Im vorliegenden Fall sind - wie dargelegt - wegen noch zu klärender Sachverhaltsfragen die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, die Nachholung der Sachverhaltsaufklärung durch das Gericht im Rahmen des Verfahrens auf einstweiligen Rechtsschutz ist jedoch unzweckmäßig. Denn sie erfordert längerdauernde Ermittlungen, deren Vornahme dem Wesen eines Verfahrens nach § 123 VwGO, das die Rechtsschutzmöglichkeiten in der Hauptsache offenhalten soll (Kuhla in Posser/Wolff, Beck’scher Online-Kommentar VwGO, Stand: April 2016, § 123 Rn. 76), nicht entspricht. Würde aber der Antragstellerin einstweiliger Rechtsschutz versagt werden, müsste sie auf längere Zeit ausreisen und könnte letztlich von ihrem Heimatland aus auch die ihr obliegende Mitwirkung an den beschriebenen Sachverhaltsaufklärungen nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten erbringen.

d) Der Senat gewährt einstweiligen Rechtsschutz durch die Verpflichtung der Antragsgegnerin, bis zur erstinstanzlichen Entscheidung in der Hauptsache von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abzusehen (und der Antragstellerin eine Duldung zu erteilen, § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG).

Nach § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 938 Abs. 1 ZPO bestimmt das Gericht beim Erlass einer einstweiligen Anordnung nach freiem Ermessen, welche Anordnungen zur Erreichung des Zieles erforderlich sind (zu den Einzelheiten vgl. Kuhla in Posser/Wolff, Beck’scher Online-Kommentar VwGO, Stand: April 2016, § 123 Rn. 138 ff.).

Im vorliegenden Fall hält es der Senat für geboten, der Antragstellerin vorläufig die weitere Anwesenheit im Bundesgebiet zu ermöglichen, auch um ihre effektive Mitwirkung an der weiteren Aufklärung des Sachverhalts zu gewährleisten. Angesichts des Umstandes, dass keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Nicht-Erlöschen anzunehmen, sondern der Ausgang des Hauptsacheverfahrens „nur“ als offen anzusehen ist, ist es nach Auffassung des Senats nicht gerechtfertigt, sie in vollem Umfang vorläufig weiter so zu behandeln, als ob ihre Niederlassungserlaubnis fortbestünde. Das gilt insbesondere für die Gestattung der Erwerbstätigkeit. Obwohl es der Antragstellerin gemäß ihrem anfänglichen Antrag offenbar auf die Ermöglichung der Erwerbstätigkeit ankam, hat sie keinerlei Angaben dazu gemacht, dass sie hierauf in besonderer Weise angewiesen wäre. Vielmehr stehen ihr offensichtlich ausreichende Einnahmequellen zur Verfügung.

Insoweit war daher die Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 4. Juli 2016 abzuändern. Da somit dem Beschwerdeantrag nur im Umfang des Hilfsantrags stattzugeben war, war die Beschwerde im Übrigen zurückzuweisen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Da sich die einstweilige Anordnung nur auf die Unterlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen erstreckt, weitergehende Anordnungen, insbesondere eine Gestattung der Erwerbstätigkeit, aber abgelehnt wurden, sieht der Senat eine hälftige Kostenteilung als angemessen an.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1, § 45 Abs. 1 Satz 3, § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG i. V. m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung soll Jugendlichen gewährt werden, die einer intensiven Unterstützung zur sozialen Integration und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung bedürfen. Die Hilfe ist in der Regel auf längere Zeit angelegt und soll den individuellen Bedürfnissen des Jugendlichen Rechnung tragen.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird teilweise geändert.

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in dem unter dem Aktenzeichen 11 K 1327/14 beim Verwal-tungsgericht Arnsberg anhängigen Hauptsacheverfahren Eingliederungshilfe gemäß § 35a SGB VIII in Form einer ABA-Therapie in dem aus dem Antrag der Mutter des Antragstellers vom 24. Oktober 2013 hervorgehenden Umfang zu gewähren.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens beider Rechtszüge tragen die Beteiligten jeweils zur Hälfte.


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(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.