vorgehend
Verwaltungsgericht Würzburg, W 6 K 17.1078, 23.05.2018

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Aberkennung des Rechts, von seiner polnischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen.

Dem Kläger, der in der Vergangenheit mehrfach ein Fahrzeug unter Alkoholeinfluss geführt hatte, war zuletzt im Jahr 1996 die Fahrerlaubnis wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr strafgerichtlich entzogen worden. Nachdem die Fahrerlaubnisbehörde des Landratsamts M1. mehrere Anträge auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis abgelehnt hatte, nahm der Kläger seinen letzten Erteilungsantrag vom 31. August 2013 am 2. März 2015 aus finanziellen Gründen zurück.

Am 26. Februar 2015 wurde ihm in Polen eine Fahrerlaubnis der Klasse B erteilt. Im Führerschein ist als Wohnsitz die Anschrift „70-362 Sz., …“ angegeben.

Dies wurde dem Landratsamt nach einer Verkehrskontrolle am 19. Oktober 2015 bekannt. Im Zuge der Ermittlungen ging im Oktober 2016 ein Schreiben der Stadt Sz. vom 25. April 2016 ein, wonach der Kläger vom 13. Oktober bis 17. November 2014 an einem Führerscheinkurs teilgenommen und am 22. Dezember 2014 mit Erfolg die Prüfung abgelegt habe. Sein Aufenthalt sei vom 2. Februar bis 15. August 2015 unter der Anschrift … registriert gewesen. Er sei im Kalenderjahr 2015 also 195 Tage gemeldet gewesen. Bei der Wohnung handle es sich nicht um ein Hotel, sondern um eine kommunale Mietwohnung, für die im Jahr 2015 einschließlich des Klägers fünf Ausländer gemeldet gewesen seien. Der Kläger habe bei der Beantragung der Fahrerlaubnis den Entzug des deutschen Führerscheins nicht angegeben. Beigefügt war eine Anmeldebestätigung vom 2. Februar 2015 über einen vorübergehenden Aufenthalt, in der als Anschrift des vorübergehenden Aufenthalts („Adres miejsca pobytu czasowego: …“) und als dauernder Aufenthalt Deutschland („Adres miejsca pobytu stalego: …“) eingetragen war.

Nach einem Auszug aus dem Melderegister vom 24. November 2016 war der Kläger mit Wohnsitz bis dahin durchgehend im Inland gemeldet. Seit 1. März 2014 ist in G. ein Gewerbe (Trockenbau) unter seinem Namen angemeldet. Am 9. Dezember 2016 machte seine ehemalige Lebensgefährtin bei der Polizei eine Zeugenaussage, in der sie schilderte, wie es zum Erwerb der polnischen Fahrerlaubnis gekommen ist und dass sie bis August 2016 zwölf Jahre mit dem Kläger zusammengelebt habe.

Mit Bescheid vom 27. Dezember 2016 erkannte das Landratsamt unter Bezugnahme auf die Ermittlungsergebnisse dem Kläger das Recht ab, von seiner polnischen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen, und forderte ihn unter Androhung der Einziehung auf, seinen polnischen Führerschein unverzüglich, spätestens innerhalb von fünf Tagen nach Zustellung des Bescheids zur Eintragung eines Sperrvermerks vorzulegen. Weiter ordnete es die sofortige Vollziehung dieser Verfügungen an.

Gegen den Bescheid ließ der Kläger am 4. Januar 2017 Widerspruch einlegen. Zur Begründung wurde vorgetragen, er habe schon seit Mai 2014 in Polen gelebt. Dort habe er zunächst als Bauarbeiter gearbeitet und dann im November 2014 ein Gewerbe im Bauhandwerk angemeldet. In dieser Zeit habe er in Apartments gewohnt. Die Miete sei bar bezahlt worden, so dass keine Mietverträge vorhanden seien. Die Wohnung in Deutschland sei nicht abgemeldet worden, weil der Kläger auch in Deutschland noch ein Gewerbe angemeldet habe. Die berufliche Tätigkeit habe aber seit Mai 2014 überwiegend in Polen gelegen. Am 3. Januar 2017 habe sich der Kläger aus Deutschland abgemeldet und lebe nur noch in Polen. Mit Bescheid vom 14. August 2017 wies die Regierung von Unterfranken den Widerspruch zurück.

Am 18. September 2017 ließ der Kläger Anfechtungsklage erheben, die das Verwaltungsgericht Würzburg mit Urteil vom 23. Mai 2018 abwies. Der Kläger sei nicht berechtigt, von seiner polnischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, weil er bei deren Erwerb keinen ordentlichen Wohnsitz in Polen gehabt habe. Es lägen vom Ausstellerstaat herrührende unbestreitbare Informationen vor, die Zweifel an der Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes geweckt hätten, so dass die deutsche Fahrerlaubnisbehörde eigene Ermittlungen habe anstellen und deren Ergebnisse habe heranziehen dürfen. Diese sonstigen Umstände des Falles und das letztlich im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu bewertende Erklärungsverhalten des Klägers hätten die Zweifel bestätigt. Aus den polnischen Dokumenten ergebe sich, dass in Sz. von vornherein nur ein vorübergehender Aufenthalt angemeldet worden sei, während als Adresse des dauerhaften Aufenthalts ausdrücklich Deutschland angegeben worden sei. Die Aufenthaltsanmeldung vom 2. Februar 2015 führe eine beabsichtigte Aufenthaltsdauer bis 15. August 2015 an, besage aber nichts über einen tatsächlichen Aufenthalt. Es handle sich um originäre Auskünfte polnischer Behörden, aus denen sich nicht nur die Möglichkeit, sondern ernstliche Zweifel an der Einhaltung des Wohnsitzerfordernisses ergäben. Gegen die Verlagerung des Wohnsitzes nach Polen sprächen, dass der Kläger bis 3. Januar 2017 durchgehend in Deutschland gemeldet gewesen sei und seit März 2014 im Landkreis M1. ein Trockenbaugewerbe angemeldet habe. Auch wenn die Beteiligten über die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage der ehemaligen Lebensgefährtin des Klägers uneinig seien, so sei deren Aussage jedenfalls insoweit unbestritten, als sie mit dem Kläger bis August 2016 eine zwölfjährige Beziehung hatte und mit ihm zusammengelebt habe, was gegen bestehende persönliche Bindungen des Klägers nach Polen im relevanten Zeitraum spreche. Hinzu komme, dass der Kläger im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren nicht nachvollziehbar und substantiiert Umstände dargelegt habe, die die Behauptung einer persönlichen oder beruflichen Bindung nach Polen tragen könnten. Die Vorlage einer Gewerbeanmeldung, wonach er seit 3. November 2014 ein Gewerbe in Polen betreibe, belege bei gleichzeitiger Gewerbeanmeldung in Deutschland nicht die Verlagerung des Lebensmittelpunktes nach Polen. Zudem falle auf, dass der Kläger im August 2013 die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis beantragt habe, dieses Verfahren jedoch mit der Begründung, er nehme an einem Abstinenzprogramm teil, nicht betrieben habe. Dies passe nicht mit den Ausführungen im Widerspruchs- bzw. Klageverfahren zusammen. Es sei nicht erklärt worden, weshalb er in Deutschland die Erteilung einer Fahrerlaubnis verfolge, wenn er zwischenzeitlich - nach einer Mitteilung der Stadtverwaltung Sczcecin seit Oktober 2014 - auf die Erteilung einer polnischen Fahrerlaubnis hingearbeitet habe.

Gegen das Urteil beantragt der Kläger die Zulassung der Berufung und macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geltend. Polnische Führerscheine seien nach § 28 Abs. 1 FeV grundsätzlich im Inland gültig. Es gebe keinerlei unbestreitbare Informationen über eine Wohnsitzverletzung im Sinne von § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV, da es keine einzige Äußerung einer polnischen Behörde dahin gebe, dass der Kläger nicht in Stettin gewohnt habe. Die Stadtverwaltung habe vielmehr bekundet, dass sie Kenntnis von einer Aufenthaltsdauer mindestens vom 2. Februar bis 15. August 2015 gehabt habe. Daraus könne nicht geschlossen werden, dass es nicht weitere Aufenthaltszeiten gebe, die nicht gemeldet gewesen seien. Aus dieser positiven Auskunft auch nur die Möglichkeit, geschweige denn eine große Wahrscheinlichkeit dafür abzuleiten, dass damit über einen angeblichen Wohnsitzverstoß informiert werden solle, lasse sich nach deutschem Sprachverständnis wohl kaum konstruieren. Eine derartige Umdeutung aus rein rechtspolitischen Überlegungen werde von der Notwendigkeit einer zulässigen Auslegung nicht gedeckt. Für die Überprüfung der Erteilungsvoraussetzungen sei ausschließlich der Erteilungsstaat zuständig. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs seien Erklärungen und Informationen aus dem Aufnahmemitgliedstaat gerade keine zulässigen Erkenntnisquellen. Auch bei einer Mitteilung, dass der Wohnsitz eines Führerscheininhabers für den relevanten Zeitraum unbekannt sei, handle es sich nach dem Rechtsverständnis eines Normalbürgers nicht um ein Negativattest, wie von § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV vorausgesetzt.

Der Beklagte tritt dem Zulassungsantrag entgegen und führt dazu aus, insbesondere die polnische Anmeldebestätigung für einen vorübergehenden Aufenthalt enthalte keine positive Aussage über einen tatsächlichen Wohnsitz. Vielmehr spreche der in dieser Bestätigung genannte ständige Wohnsitz „Deutschland“ in Verbindung mit der Tatsache, dass dem Kläger bereits am 26. Februar 2015, also nur wenige Wochen nach der behaupteten Wohnsitznahme, die polnische Fahrerlaubnis erteilt worden sei, deutlich für einen bloßen Scheinwohnsitz.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Der geltend gemachte Zulassungsgrund, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO), ist nicht hinreichend dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) bzw. liegt nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Aus dem Vorbringen des Klägers ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), da er weder einen tragenden Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung noch eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat (vgl. BVerfG, B.v. 21.12.2009 - 1 BvR 812/09 - NJW 2010, 1062/1063; B.v. 16.7.2013 - 1 BvR 3057/11 - BVerfGE 134, 106/118).

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger bei der Erteilung seiner polnischen Fahrerlaubnis das Wohnsitzerfordernis nicht eingehalten hat und die Fahrerlaubnisbehörde daher gemäß § 28 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 2 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV) vom 13. Dezember 2010 (BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 11. März 2019 (BGBl I S. 218), feststellen durfte, dass er nicht berechtigt ist, von seiner polnischen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen.

Nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV, den die Fahrerlaubnisbehörde und das Verwaltungsgericht als Rechtsgrundlage für ihre Entscheidung herangezogen haben, gilt die Berechtigung nach § 28 Abs. 1 FeV nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Abs. 2 FeV die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben. Ein ordentlicher Wohnsitz im Inland wird nach § 7 Abs. 1 Satz 2 FeV angenommen, wenn der Betroffene wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder - bei fehlenden beruflichen Bindungen - wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen ihm und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, d.h. während mindestens 185 Tagen im Jahr, im Inland wohnt. Eine Person, deren persönliche Bindungen im Inland liegen, die sich aber aus beruflichen Gründen in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten der EU (oder EWR) aufhält, hat ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland, sofern sie regelmäßig dorthin zurückkehrt (§ 7 Abs. 1 Satz 3 FeV). Die Voraussetzung entfällt, wenn sie sich zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer in einem solchen Staat aufhält (§ 7 Abs. 1 Satz 4 FeV).

Diese Bestimmungen stehen mit Art. 2 Abs. 1, Art. 7 und Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (Neufassung, ABl EG Nr. L 403 S.18) in Einklang (vgl. BayVGH, B.v. 13.6.2017 - 11 CS 17.1022 - juris Rn. 14). Voraussetzung für die Anerkennung einer EU-Fahrerlaubnis, die ein Mitgliedstaat ausgestellt hat, ist gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2006/126/EG ein Wohnsitz im Ausstellungsmitgliedstaat im Sinne des Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG. Die Verpflichtung zur gegenseitigen Anerkennung von durch EU-Mitgliedstaaten erteilten Fahrerlaubnissen gemäß Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG gilt nicht, wenn entweder Angaben im zugehörigen Führerschein oder andere vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen vorliegen, nach denen das Wohnsitzerfordernis nicht eingehalten wurde (vgl. EuGH, U.v. 1.3.2012 - C-467/10, Akyüz - NJW 2012, 1341 Rn. 62).

Hieraus folgt, dass es dem Beklagten nicht verwehrt war, der Frage nachzugehen, ob der Kläger bei der Erteilung der EU-Fahrerlaubnis tatsächlich seinen ordentlichen Wohnsitz in Polen hatte (vgl. EuGH, U.v. 26.4.2012 - C-419/10, Hofmann - juris Rn. 90). Durch den Eintrag eines im Gebiet des Ausstellungsmitgliedstaats liegenden Wohnorts im Führerschein wird das tatsächliche Innehaben eines Wohnsitzes an diesem Ort nicht positiv und in einer Weise bewiesen, dass die Behörden und Gerichte anderer EU-Mitgliedstaaten dies als nicht zu hinterfragende Tatsache hinzunehmen hätten (vgl. BayVGH, U.v. 25.9.2012 - 11 B 10.2427 - NZV 2013, 259). Die Verpflichtung zu gegenseitiger Amtshilfe nach Art. 15 Satz 1 der Richtlinie 2006/126/ EG vermittelt dem Aufnahmemitgliedstaat vielmehr das Recht, sich bei den Behörden des Ausstellungsmitgliedstaats über das tatsächliche Bestehen eines ordentlichen Wohnsitzes zu erkundigen; dem steht die Verpflichtung dieses Staats gegenüber, einschlägige Informationen zur Verfügung zu stellen (vgl. BayVGH, U.v. 7.5.2015 - 11 B 14.654 - juris Rn. 33). Dass ggf. auch widersprüchliche behördliche Informationen aus dem Ausstellungsstaat von der Fahrerlaubnisbehörde des Aufnahmemitgliedstaats als Hinweis auf einen Scheinwohnsitz gewertet werden dürfen (stRspr, vgl. BayVGH, U.v. 20.3.2018 - 11 B 17.2236 - juris; B.v. 22.5.2017 - 11 CE 17.718 - juris Rn. 16), ergibt sich schon daraus, dass Angaben im Führerschein wie auch andere vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührende Informationen gleichrangig („oder“) als Erkenntnisquellen genutzt werden dürfen (vgl. EuGH, B.v. 9.7.2009 - C-445/08 - EuZW 2009, 735 Rn. 51).

Ferner lassen sich der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (U.v. 1.3.2012 - C-467/10 - a.a.O. Rn. 67 ff.) keine mit dem Begriff „unbestreitbar“ verknüpften Mindestanforderungen an die qualitative Beweis- bzw. Aussagekraft entnehmen. Vielmehr wird insoweit zunächst vorausgesetzt, dass die Informationen von einer Behörde des Ausstellungsmitgliedstaats stammen, selbst wenn sie nur indirekt in Form einer Mitteilung Dritter übermittelt worden sind (vgl. EuGH, a.a.O. Rn. 67, 71 f.). Die entsprechende Prüfung obliegt den Behörden und Gerichten des Aufnahmemitgliedstaats (vgl. EuGH, a.a.O. Rn. 73). Weiter setzt die Heranziehung der Informationen nicht voraus, dass sich aus ihnen ein Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis zweifelsfrei ergibt bzw. dass sie insoweit als abschließender Beweis angesehen werden können (vgl. BayVGH, B.v. 29.3.2018 - 11 CS 17.1817 - juris Rn. 13). Es genügt, wenn sie darauf „hinweisen“, dass der Inhaber des Führerscheins im Gebiet des Ausstellungsmitgliedstaats einen rein fiktiven Wohnsitz allein zu dem Zweck begründet hat, der Anwendung der strengeren Bedingungen für die Ausstellung eines Führerscheins im Mitgliedstaat seines tatsächlichen Wohnsitzes zu entgehen (vgl. EuGH, a.a.O. Rn. 74 f.; BVerwG, U.v. 30.5.2013 - 3 C 18.12 - BVerwGE 146, 377 = juris Rn. 21). Auch insofern obliegt die Bewertung den Behörden und Gerichten des Aufnahmemitgliedstaats (vgl. EuGH, a.a.O. Rn. 74). Eine behördliche Aussage des Ausstellungsmitgliedstaats, dass der Führerscheininhaber im fraglichen Zeitraum keinen Wohnsitz im Ausstellungsmitgliedstaat gehabt habe, ist entgegen der Auffassung des Klägers danach nicht erforderlich.

Liegen unbestreitbare Informationen des Ausstellungsmitgliedstaats, wie insbesondere eine kurze Aufenthaltsdauer, vor, aus denen sich die Möglichkeit ergibt bzw. die darauf hinweisen, dass das Wohnsitzerfordernis nicht eingehalten war, sind bei der Beurteilung dieser Frage alle Umstände des anhängigen Verfahrens zu berücksichtigen, also auch die „inländischen Umstände“ (EuGH, U.v. 1.3.2012 - C-467/10 - a.a.O. Rn. 75; stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 12.1.2018 - 11 CS 17.1257 - juris Rn. 10; B.v. 23.1.2017 - 11 ZB 16.2458 - juris Rn. 12 m.w.N.; OVG NW, B.v. 9.1.2018 - 16 B 534/17 - juris Rn. 14 ff.).

Im Fall des Klägers sind als unbestreitbare Informationen des Ausstellungsmitgliedstaats die Anmeldebestätigung vom 2. Februar 2015, das Schreiben der Stadt Sz. vom 25. April 2016 und der Führerschein selbst zu werten. Aus der Anmeldebestätigung ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht, dass die polnischen Behörden Kenntnis von einer Aufenthaltsdauer vom 2. Februar bis 15. August 2015 hatten, sondern, dass der Kläger am Anmeldetag, dem 2. Februar 2015, die Absicht bekundet hat, sich bis 15. August 2015, d.h. nur wenig länger als 185 Tage, in Polen aufzuhalten, allerdings ohne seinen dauernden Aufenthalt und damit seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland aufzugeben (vgl. NdsOVG, B.v. 29.3.2016 - 12 ME 32/16 - juris Rn. 10). Dies weist darauf hin, dass seine persönlichen Bindungen im Sinne von § 7 Abs. 1 FeV bzw. Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG weiterhin in Deutschland lagen und er damit gerade keinen ordentlichen Wohnsitz in Polen begründen wollte. Hinzu kommt, dass ihm ausweislich des Führerscheins dieser bereits 25 Tage nach Anmeldung des vorübergehenden Aufenthalts ausgestellt worden ist und dass nach dem städtischen Schreiben vom 25. April 2016 sein Aufenthalt in einer kommunalen Mietwohnung gemeldet war, in der nach den Meldedaten im Jahr 2015 weitere vier Ausländer gewohnt haben sollen. In der Zusammenschau deuten diese Umstände darauf hin, dass der Kläger in Polen einen Scheinwohnsitz begründet hat, um die strengeren Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis in Deutschland zu umgehen (vgl. BayVGH, U.v. 20.3.2018 - 11 B 17.2236 - NJW 2018, 2343 = juris Rn. 28). Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die vom Kläger vorgelegte Gewerbeanmeldung in Polen vom 3. November 2014 die Indizwirkung der übrigen Informationen nicht entkräftet.

Damit durfte auch berücksichtigt werden, dass der Kläger während des angeblichen Auslandsaufenthalts durchgehend mit Wohnsitz im Inland gemeldet und unter seinem Namen in Deutschland ein Gewerbe angemeldet war, dass er offenbar parallel in Deutschland und Polen ein Verwaltungsverfahren zur Erteilung einer Fahrerlaubnis betrieben und zu seinem Aufenthalt in Polen im Jahr 2015 keine nachprüfbaren Angaben gemacht hat. Wenn wie hier aus dem Ausstellermitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen darauf hinweisen, dass die im Führerschein eingetragene Angabe zum Wohnsitz unzutreffend ist, obliegt es dem Fahrerlaubnisinhaber, hierzu substantiierte und verifizierbare Angaben zu machen, wenn er daran festhält, dass er das Wohnsitzerfordernis erfüllt (BVerwG, B.v. 28.1.2015 - 3 B 48.14 - juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 3.6.2013 - 11 CE 13.738 - juris Rn. 8 ff., B.v. 22.5.2017 - 11 CE 17.718 - juris Rn. 20 jeweils m.w.N.). Auf die Aussage seiner ehemaligen Lebensgefährtin kommt es nach allem nicht mehr an, auch wenn nach Aktenlage nichts dafür ersichtlich ist, dass jene unglaubhaft sein könnte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1, 2 GKG i.V.m. der Empfehlung in Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


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(1) Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Absatz 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben, dürfen – vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 – im Umfang ihrer Be

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(1) Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Absatz 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben, dürfen – vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 – im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Auflagen zur ausländischen Fahrerlaubnis sind auch im Inland zu beachten. Auf die Fahrerlaubnisse finden die Vorschriften dieser Verordnung Anwendung, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Umfang der Berechtigung der jeweiligen Fahrerlaubnisklassen ergibt sich aus dem Beschluss (EU) 2016/1945 der Kommission vom 14. Oktober 2016 über Äquivalenzen zwischen Führerscheinklassen (ABl. L 302 vom 9.11.2016, S. 62). Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Fahrerlaubnisklassen, für die die Entscheidung der Kommission keine entsprechenden Klassen ausweist. Für die Berechtigung zum Führen von Fahrzeugen der Klassen L und T gilt § 6 Absatz 3 entsprechend.

(3) Die Vorschriften über die Geltungsdauer von Fahrerlaubnissen der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE und D1E in § 23 Absatz 1 gelten auch für die entsprechenden EU- und EWR-Fahrerlaubnisse. Grundlage für die Berechnung der Geltungsdauer ist das Datum der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis. Wäre danach eine solche Fahrerlaubnis ab dem Zeitpunkt der Verlegung des ordentlichen Wohnsitzes in die Bundesrepublik Deutschland nicht mehr gültig, weil seit der Erteilung mehr als fünf Jahre verstrichen sind, besteht die Berechtigung nach Absatz 1 Satz 1 noch sechs Monate, gerechnet von der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes im Inland an. Für die Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis ist § 30 in Verbindung mit § 24 Absatz 1 entsprechend anzuwenden.

(4) Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis,

1.
die lediglich im Besitz eines Lernführerscheins oder eines anderen vorläufig ausgestellten Führerscheins sind,
2.
die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben,
3.
denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, denen die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder denen die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben,
4.
denen auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf,
5.
solange sie im Inland, in dem Staat, der die Fahrerlaubnis erteilt hatte, oder in dem Staat, in dem sie ihren ordentlichen Wohnsitz haben, einem Fahrverbot unterliegen oder der Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung beschlagnahmt, sichergestellt oder in Verwahrung genommen ist,
6.
die zum Zeitpunkt des Erwerbs der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis Inhaber einer deutschen Fahrerlaubnis waren,
7.
deren Fahrerlaubnis aufgrund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, der nicht in der Anlage 11 aufgeführt ist, prüfungsfrei umgetauscht worden ist, oder deren Fahrerlaubnis aufgrund eines gefälschten Führerscheins eines Drittstaates erteilt wurde,
8.
die zum Zeitpunkt der Erteilung einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, die in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis umgetauscht worden ist, oder zum Zeitpunkt der Erteilung der EU- oder EWR-Fahrerlaubnis auf Grund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates ihren Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie die ausländische Erlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeuges als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts umgetauscht haben, oder
9.
die den Vorbesitz einer anderen Klasse voraussetzt, wenn die Fahrerlaubnis dieser Klasse nach den Nummern 1 bis 8 im Inland nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtigt.
In den Fällen des Satzes 1 kann die Behörde einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen. Satz 1 Nummer 3 und 4 ist nur anzuwenden, wenn die dort genannten Maßnahmen im Fahreignungsregister eingetragen und nicht nach § 29 des Straßenverkehrsgesetzes getilgt sind. Satz 1 Nummer 9 gilt auch, wenn sich das Fehlen der Berechtigung nicht unmittelbar aus dem Führerschein ergibt.

(5) Das Recht, von einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nach einer der in Absatz 4 Nummer 3 und 4 genannten Entscheidungen im Inland Gebrauch zu machen, wird auf Antrag erteilt, wenn die Gründe für die Entziehung oder die Sperre nicht mehr bestehen. Absatz 4 Satz 3 sowie § 20 Absatz 1 und 3 gelten entsprechend.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 8. November 2011 - 13 LA 81/11 - verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

Das Land Niedersachsen hat den Beschwerdeführern ihre notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 30.000 € (in Worten: dreißigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde beanstanden die Beschwerdeführer insbesondere, dass das Oberverwaltungsgericht ihren Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein verwaltungsgerichtliches Urteil über ihre Klage gegen einen deichrechtlichen Planfeststellungsbeschluss abgelehnt hat.

A.

I.

2

1. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der an der Alten Aller gelegenen Flurstücke X, Y und Z, von denen eines mit einem Wohnhaus und Nebengebäuden bebaut ist.

3

2. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz stellte mit Beschluss vom 11. Dezember 2008 auf Antrag eines Deichverbands einen Plan für die Verbesserung der Deichsicherheit auf einem Streckenabschnitt von ungefähr 4 km fest. Der festgestellte Plan übernimmt auch einen Änderungsantrag des Deichverbands vom 7. Juli 2008. In diesem wird ausgeführt, für den Bereich der Flurstücke X, Y und Z habe der Antrag bisher die Herstellung einer neuen Hochwasserschutzmauer sowie die Anlage eines Deichverteidigungswegs zwischen der neuen Hochwassermauer und dem Wohngebäude der Beschwerdeführer auf dem Flurstück X vorgesehen. Aufgrund der doch nicht unerheblichen Vorteile eines grünen Deiches gegenüber einer Hochwasserschutzwand im Hinblick auf Sicherheit und Unterhaltungskosten habe die ursprüngliche Planung aus heutiger Sicht, nicht zuletzt auch aufgrund neuerer Vorgaben zur Finanzierung, einer neuen Bewertung bedurft. Im Ergebnis sei danach, soweit möglich, auch hier der grüne Deich zu realisieren. Der Bau des Deiches solle auf dem Flurstück Y erfolgen. Der dauerhaft in Anspruch genommene Flächenanteil dieses Flurstücks betrage 3.100 qm.

4

3. Das Verwaltungsgericht wies die Klage der Beschwerdeführer gegen den Planfeststellungsbeschluss weitgehend ab.

5

Eine Verletzung des Abwägungsgebotes könnten die Beschwerdeführer nicht mit Erfolg geltend machen. Der beklagte Landesbetrieb (im Folgenden: Beklagter) habe bei seiner Abwägungsentscheidung die Belange der Beschwerdeführer berücksichtigt. Das in ihrem Eigentum stehende Flurstück Z werde im Umfang von 830 qm für den Neubau des Deichkörpers in Anspruch genommen. Eine Flächeninanspruchnahme sei bei der Entscheidung zugunsten des grünen Deiches in diesem Umfang geboten. Eine wesentliche Beeinträchtigung ihres verbleibenden Grundbesitzes ergebe sich daraus nicht, zumal auch bei einer Erhöhung der vorhandenen Flutschutzmauer, wie dies die Beschwerdeführer wünschten, Beeinträchtigungen ihres Grundbesitzes zu erwarten wären. Die Flächeninanspruchnahme sei dann allerdings geringer. Auch die Belange des Naturschutzes würden gewahrt. Denn der vorhandene Teich, der als Biotop einzustufen sei, werde an anderer Stelle neu hergestellt. Eine erhebliche Beeinträchtigung des vorhandenen Fauna-Flora-Habitat-Gebiets (FFH-Gebiet) sei zudem durch die geplante Trassierung nicht zu erwarten. Dies wäre allenfalls bei einer Verlegung des Deiches in östlicher Richtung, also auf das Flurstück Y, der Fall. Dieses Flurstück werde aber durch die Maßnahme nicht auf Dauer beeinträchtigt, hiervon werde lediglich während der Bauzeit ein Arbeitsstreifen in Anspruch genommen.

6

4. Das Oberverwaltungsgericht lehnte den Antrag der Beschwerdeführer auf Zulassung der Berufung gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil ab.

7

Der von den Beschwerdeführern geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sei nicht hinreichend dargetan und liege zudem nicht vor. Die Beschwerdeführer hätten die Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht hinreichend in Frage gestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss dem Abwägungsgebot entspreche.

8

Die Beschwerdeführer seien durch die Deicherneuerungsmaßnahme unmittelbar in ihrem Eigentumsrecht betroffen. Sie hätten deshalb einen Anspruch auf eine umfassende gerichtliche Abwägungskontrolle.

9

Das Abwägungsgebot habe in der Rechtsprechung zu der gerichtlichen Überprüfung von Planungsalternativen in Bezug auf abweichende Standorte beziehungsweise Trassen eine nähere Ausformung erfahren, die sich auch auf die Bestimmung einer Deichlinienführung für einen der Planfeststellung unterliegenden Deichbau übertragen ließe: Ernsthaft in Betracht kommende Alternativlösungen müssten bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials berücksichtigt werden und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingehen. Die eigentliche planerische Auswahlentscheidung zwischen verschiedenen Alternativen unterliege nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Eine Planfeststellungsbehörde handele nicht schon dann fehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls aus guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Trassenwahl seien erst dann überschritten, wenn sich eine andere als die gewählte Trassenführung unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen, oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen sei.

10

Einen derartigen Fehler hätten die Beschwerdeführer in ihrer Zulassungsbegründung nicht darzulegen vermocht.

11

So sei die dauerhafte Inanspruchnahme des im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden Flurstücks Y durch die Erstellung eines grünen Deichs anstelle der Verstärkung und Erhöhung der alten Hochwasserschutzmauer Gegenstand der Abwägung des Planfeststellungsbeschlusses gewesen. Der Änderungsantrag des Beigeladenen vom 7. Juli 2008 weise eindeutig darauf hin, dass alle beschriebenen Maßnahmen (Errichtung eines grünen Deiches anstelle einer Hochwasserschutzmauer) auf dem Flurstück Y zu realisieren seien. Der Änderungsantrag sei ebenso wie der zugehörige Lageplan Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses und damit Gegenstand der Abwägung geworden. Dass dieser Belang auch tatsächlich inhaltlich abgewogen worden sei, ergebe sich aus den Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses. Danach seien die Eigentumsbelange der Beschwerdeführer, die aufgrund der Vorgabe, dass ein grüner Deich errichtet werden müsse, betroffen würden, in die Abwägung eingestellt worden, hätten aber hinter die Belange des Hochwasserschutzes zurücktreten müssen. Einzig denkbare Alternative zur Verwirklichung des Hochwasserschutzes im Bereich des Wohnhauses der Beschwerdeführer sei die Herstellung eines grünen Deiches auf der Trasse des jetzigen Deiches. Dies hätte aber den Abriss dieses Wohnhauses zur Folge, was ungleich schwerer wiege als die Inanspruchnahme von Weideland.

12

Allerdings sei das Verwaltungsgericht offensichtlich irrig davon ausgegangen, das Flurstück Y werde nur für die Dauer der Bauzeit im Umfang eines Arbeitsstreifens in Anspruch genommen. Dies sei jedoch für die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils ohne Bedeutung, da die dauerhafte teilweise Inanspruchnahme dieses Grundstücks - wie dargelegt - durch den Beklagten ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt worden sei, mithin kein Abwägungsfehler vorliege, der der Abweisung der Klage durch das Verwaltungsgericht entgegenstünde.

13

Zu Recht habe das Verwaltungsgericht auch die Errichtung eines grünen Deiches vor dem Wohnhaus der Beschwerdeführer anstelle der ursprünglich geplanten Verstärkung und Erhöhung der vorhandenen Hochwasserschutzmauer als abwägungsfehlerfrei angesehen. Insoweit habe es zutreffend auf die Schwachstellen im Übergangsbereich einer Hochwasserschutzmauer zu dem sich anschließenden grünen Deich hingewiesen. Zu Recht habe es dabei auch darauf abgestellt, dass eine notfallmäßige Erhöhung durch Sandsäcke bei einem grünen Deich einfacher und sicherer zu bewerkstelligen sei, als dies bei einer Hochwasserschutzmauer der Fall wäre. Dies ergebe sich schon aufgrund der breiteren zur Verfügung stehenden Grundfläche und bedürfe keiner weiteren Erläuterung.

II.

14

1. Die Beschwerdeführer wenden sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen den Planfeststellungsbeschluss, das Urteil des Verwaltungsgerichts und die Nichtzulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht. Sie rügen eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 und Art. 14 Abs. 1 GG und machen unter anderem geltend, der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletze ihr Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz, weil er die Anforderungen an die Darlegung der verschiedenen Zulassungsgründe überspanne.

15

Hinsichtlich des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hätten sie aufgezeigt, dass sich eine erhebliche Tatsachenfeststellung des erstinstanzlichen Urteils schlüssig in Frage stellen lasse. Das Verwaltungsgericht gehe in seinem Urteil davon aus, dass das in ihrem Eigentum stehende Flurstück Y nicht auf Dauer, sondern lediglich für die Bauzeit in geringem Umfang beeinträchtigt werde. Mit der Feststellung dieser Tatsache gehe das Verwaltungsgericht außerdem davon aus, dass eine erhebliche Beeinträchtigung des sich dort befindenden FFH-Gebiets nicht zu erwarten sei. Sie hätten dargelegt, dass entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts 3.100 qm des Flurstücks Y dauerhaft in Anspruch genommen werden sollten. Insoweit stimmten die Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht mit dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss überein.

16

Diese Fehleinschätzung sei für das Urteil des Verwaltungsgerichts auch erheblich, denn sie betreffe die Art und Weise sowie den Umfang der Inanspruchnahme ihres Grundeigentums, darüber hinaus aber auch die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren von ihnen rügefähige Frage der Vereinbarkeit des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses mit (europäischem) Naturschutzrecht. Erheblich sei sie auch insofern, als das Verwaltungsgericht auf die Feststellung seine Überprüfung der dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Abwägung stütze und hiernach in dem Urteil zu dem Schluss komme, die Beklagte habe ihre Belange hinreichend berücksichtigt.

17

Die Zweifel an der Richtigkeit der Feststellung des Verwaltungsgerichts habe das Oberverwaltungsgericht im Grunde zwar auch erkannt, die "irrige" Annahme des Verwaltungsgerichts zu der Inanspruchnahme des Flurstücks Y jedoch als für die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils unbedeutend angesehen. Die angebliche Ergebnisrichtigkeit des Urteils begründe das Oberverwaltungsgericht damit, dass die Planfeststellungsbehörde die Inanspruchnahme des Flurstücks Y ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt habe. Mit dieser Würdigung greife das Oberverwaltungsgericht aber dem eigentlichen Berufungsverfahren vor. Unabhängig davon seien erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts dargetan, wenn sich aus dem Vorbringen ergebe, dass das Urteil auf der fehlerhaften Annahme von in Anspruch genommenen Flächen fuße, denn es sei Aufgabe des Verwaltungsgerichts zu prüfen, ob die Belange tatsächlich ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt worden seien.

18

2. Die Niedersächsische Landesregierung sowie der Beklagte und der im Ausgangsverfahren beigeladene Deichverband hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Akten der Ausgangsverfahren sind beigezogen.

B.

19

Die Verfassungsbeschwerde hat hinsichtlich des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts Erfolg.

I.

20

Soweit die Verfassungsbeschwerde sich gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts richtet, ist sie zulässig (1.) und begründet (2.). Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Er ist aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).

21

1. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht nicht entgegen, dass die Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts keine Anhörungsrüge nach § 152a VwGO erhoben haben. Dies war weder zur Erschöpfung des Rechtswegs (a) noch wegen der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (b) geboten.

22

a) aa) Wird mit der Verfassungsbeschwerde eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) geltend gemacht, so gehört eine Anhörungsrüge an das Fachgericht zu dem Rechtsweg, von dessen Erschöpfung die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG im Regelfall abhängig ist (vgl. BVerfGE 122, 190 <198>; 126, 1 <17>). Erheben Beschwerdeführer in einem solchen Fall keine Anhörungsrüge, obwohl sie statthaft und nicht offensichtlich aussichtslos wäre, hat das zur Folge, dass die Verfassungsbeschwerde insgesamt unzulässig ist, sofern die damit gerügten Grundrechtsverletzungen denselben Streitgegenstand betreffen wie der geltend gemachte Gehörsverstoß(vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10).

23

Wird die Rüge einer Gehörsverletzung hingegen weder ausdrücklich noch der Sache nach zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde gemacht oder wird die zunächst wirksam im Verfassungsbeschwerdeverfahren erhobene Rüge einer Gehörsverletzung wieder zurückgenommen (vgl. BVerfGE 126, 1 <17>), hängt die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt des Gebots der Rechtswegerschöpfung nicht von der vorherigen Durchführung eines fachgerichtlichen Anhörungsrügeverfahrens ab. Wurde ein Anhörungsrügeverfahren vor dem letztinstanzlichen Fachgericht durchgeführt, mit der Verfassungsbeschwerde aber kein Gehörsverstoß gerügt - etwa weil sich die Beschwerdeführer insoweit von den Gründen des die Anhörungsrüge zurückweisenden Beschlusses haben überzeugen lassen -, zählt dieses Anhörungsrügeverfahren, wenn es nicht offensichtlich aussichtslos war, gleichwohl zum Rechtsweg und wirkt damit fristbestimmend für die Verfassungsbeschwerde.

24

bb) Die Beschwerdeführer machen mit ihrer Verfassungsbeschwerde weder ausdrücklich noch der Sache nach eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs geltend.

25

Die Begründung der Verfassungsbeschwerde enthält allerdings Ausführungen, die - isoliert betrachtet - als Rügen einer Gehörsverletzung gedeutet werden könnten. So beanstanden die Beschwerdeführer unter anderem, dass das Oberverwaltungsgericht auf die von ihnen gerügte Beeinträchtigung eines FFH-Gebiets gar nicht eingegangen sei und auch den Einwand unberücksichtigt gelassen habe, dass nach langem Vorlauf im Planungsverfahren unvermittelt eine Planänderung stattgefunden habe. Dieses Vorbringen kann bei sachdienlicher Auslegung nicht als Rüge einer Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG verstanden werden. Es dient im Zusammenhang der Verfassungsbeschwerde eindeutig dem Ziel zu begründen, dass das Oberverwaltungsgericht unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG den Berufungszulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils sowie den der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache verkannt habe. Dass die Beschwerdeführer ungeachtet dessen mit diesen Ausführungen gleichwohl der Sache nach einen Gehörsverstoß rügen wollen, kann nach dem Grundsatz wohlwollender Auslegung prozessualer Anträge im Sinne des erkennbaren Rechtsschutzanliegens auch deshalb nicht angenommen werden, weil ihrem Vorbringen ansonsten ein Verständnis unterlegt würde, das mangels Erhebung einer Anhörungsrüge zur Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde führen würde.

26

b) Die Erhebung der Anhörungsrüge nach § 152a VwGO war hier auch nicht mit Rücksicht auf den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde geboten.

27

aa) Dieser in § 90 Abs. 2 BVerfGG zum Ausdruck kommende Grundsatz verlangt, dass Beschwerdeführer alle nach Lage der Dinge zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung schon im fachgerichtlichen Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. BVerfGE 107, 395 <414>; 112, 50 <60>). Das kann auch bedeuten, dass Beschwerdeführer zur Wahrung des Subsidiaritätsgebots gehalten sind, im fachgerichtlichen Verfahren eine Gehörsverletzung mit den gegebenen Rechtsbehelfen, insbesondere mit einer Anhörungsrüge, selbst dann anzugreifen, wenn sie im Rahmen der ihnen insoweit zustehenden Dispositionsfreiheit mit der Verfassungsbeschwerde zwar keinen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG rügen wollen (vgl. BVerfGE 126, 1 <17>), durch den fachgerichtlichen Rechtsbehelf aber die Möglichkeit wahren, dass bei Erfolg der Gehörsverletzungsrüge in den vor den Fachgerichten gegebenenfalls erneut durchzuführenden Verfahrensschritten auch andere Grundrechtsverletzungen, durch die sie sich beschwert fühlen, beseitigt werden (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10). Denn die Dispositionsfreiheit der Beschwerdeführer enthebt sie nicht ohne Weiteres der Beachtung des Subsidiaritätsgebotes; als Voraussetzung der Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde ist dieses der Verfügungsmacht der Beschwerdeführer entzogen.

28

Die Verweisung auf die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde steht allerdings unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit einer anderweitigen prozessualen Möglichkeit zur Abhilfe (stRspr, vgl. nur BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 11. Juli 2012 - 1 BvR 3142/07,1 BvR 1569/08 -, NJW 2012, S. 3081 <3082 [Tz. 45]>). Zur Vermeidung der Unzulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde, bei der sie sich nicht auf eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG berufen, müssen Beschwerdeführer daher aus Gründen der Subsidiarität eine Anhörungsrüge oder den sonst gegen eine Gehörsverletzung gegebenen Rechtsbehelf nur dann ergreifen, wenn den Umständen nach ein Gehörsverstoß durch die Fachgerichte nahe liegt und zu erwarten wäre, dass vernünftige Verfahrensbeteiligte mit Rücksicht auf die geltend gemachte Beschwer bereits im gerichtlichen Verfahren einen entsprechenden Rechtsbehelf ergreifen würden.

29

Das Subsidiaritätsgebot greift danach in den hier in Rede stehenden Fällen insbesondere dann, wenn auf der Hand liegt, dass mit dem Beschwerdevorbringen der Sache nach ein Gehörsverstoß gerügt wird, die Beschwerdeführer aber ersichtlich mit Rücksicht darauf, dass kein Anhörungsrügeverfahren durchgeführt wurde, ausschließlich die Verletzung eines anderen Grundrechts oder grundrechtsgleichen Rechts geltend machen, das durch ein solches Vorgehen des Gerichts gleichfalls verletzt sein kann (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 14. Juli 2011 - 1 BvR 1468/11 -, juris).

30

Die Möglichkeit, über eine erfolgreiche Anhörungsrüge die Beseitigung anderweitiger Grundrechtsverletzungen zu erreichen, besteht im Übrigen von vornherein nur in dem Umfang, als diese denselben Streitgegenstand betreffen wie die geltend gemachte Gehörsverletzung (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10). Nur insoweit kann aus dem Subsidiaritätsgrundsatz die Obliegenheit der Erhebung einer Anhörungsrüge auch für den Fall abgeleitet werden, dass mit der Verfassungsbeschwerde kein Gehörsverstoß gerügt wird.

31

bb) Gemessen hieran verletzt es nicht den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde, dass die Beschwerdeführer es unterlassen haben, eine Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts über die Ablehnung der Zulassung der Berufung zu erheben.

32

Soweit die Beschwerdeführer beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht auf die von ihnen gerügte Beeinträchtigung des FFH-Gebiets gar nicht eingegangen sei und auch den Einwand unberücksichtigt gelassen habe, dass nach langem Vorlauf im Planungsverfahren unvermittelt eine Planänderung stattgefunden habe, ist schon zweifelhaft, ob dieser Vortrag, selbst wenn er in der Sache zuträfe, überhaupt geeignet ist, eine Gehörsverletzung zu begründen. Wird bestimmter Vortrag in einer gerichtlichen Entscheidung nicht erwähnt, lässt dies nämlich nur unter besonderen Umständen den Rückschluss auf die Nichtberücksichtigung entscheidungserheblichen Vorbringens zu (vgl. BVerfGE 96, 205 <216 f.>). Das hier in Frage stehende, für die Geltendmachung einer Gehörsverletzung eher unspezifische Vorbringen der Beschwerdeführer ist zudem eindeutig und sinnvoll in die Rüge einer Verletzung von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG eingebunden, die sich gegen die Verneinung des Berufungszulassungsgrunds der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils sowie der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache richtet. Es gibt insbesondere keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführer damit lediglich eine Versäumung der Anhörungsrüge umgehen wollten. Sie müssen sich daher nicht entgegenhalten lassen, dass die Erhebung einer Anhörungsrüge nahe gelegen hätte und zu erwarten gewesen wäre, dass ein vernünftiger Verfahrensbeteiligter eine Anhörungsrüge erhoben hätte.

33

2. Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht wird der verfassungsrechtlichen Verbürgung effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht.

34

a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet keinen Anspruch auf die Errichtung eines bestimmten Instanzenzuges (vgl. BVerfGE 104, 220 <231>; 125, 104 <136>; stRspr). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 104, 220 <232>; 125, 104 <137>; stRspr). Das Gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier die §§ 124, 124a VwGO - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Aus diesem Grunde dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können und die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leerläuft. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO selbst (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar ist eine Auslegung und Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO danach dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen ist, sich damit als objektiv willkürlich erweist und den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar erschwert (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. September 2009 - 1 BvR 814/09 -, NJW 2009, S. 3642).

35

b) Das Oberverwaltungsgericht hat durch seine Handhabung des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO den Zugang zur Berufungsinstanz in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verengt und dadurch das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt.

36

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind immer schon dann begründet, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfGE 125, 104 <140>). Dies ist den Beschwerdeführern gelungen. Sie haben aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht in einem für ihr Grundeigentum und damit für die Entscheidung wesentlichen Punkt von falschen Annahmen über die Festsetzungen im Planfeststellungsbeschluss ausgegangen ist. Das Oberverwaltungsgericht hat mit einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Begründung gleichwohl die Berufung nicht zugelassen.

37

Das Urteil des Verwaltungsgerichts geht von der Annahme aus, das im Eigentum der Beschwerdeführer stehende Flurstück Y werde durch die mit dem Planfeststellungsbeschluss zugelassene Maßnahme nicht auf Dauer beeinträchtigt; vielmehr werde lediglich während der Bauzeit ein Streifen dieses Flurstücks in Anspruch genommen.

38

Die Beschwerdeführer haben in der Begründung ihres Zulassungsantrags geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass bereits im Änderungsantrag vom 7. Juli 2008 ausdrücklich von der Notwendigkeit der dauerhaften Inanspruchnahme von 3.100 qm des Flurstücks Y die Rede sei. Dementsprechend sei auch die Festsetzung im Planfeststellungsbeschluss erfolgt. Der Planfeststellungsbeschluss enthalte keine gerechte Abwägung ihrer Belange.

39

Das Oberverwaltungsgericht hat erkannt, dass das Verwaltungsgericht "offensichtlich irrig" von einer nur vorübergehenden Inanspruchnahme des Flurstücks Y nur für die Dauer der Bauzeit im Umfang eines Arbeitsstreifens ausgegangen ist. Dennoch hat es sich nicht dazu veranlasst gesehen, die Berufung aufgrund einer unzutreffenden Annahme der tatsächlichen Betroffenheit der Beschwerdeführer zuzulassen. Es hat vielmehr im Berufungszulassungsverfahren eine eigene Prüfung der fachplanerischen Abwägungsentscheidung vorgenommen und dabei das Urteil des Verwaltungsgerichts im Ergebnis für richtig befunden. Damit hat es in verfassungswidriger Weise Teile der dem Berufungsverfahren vorbehaltenen Sachprüfung in das Berufungszulassungsverfahren vorverlagert.

40

Zwar begegnet es keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils auf ernstliche Zweifel an seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte abstellt als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils und wenn es - soweit rechtliches Gehör gewährt ist - die Zulassung der Berufung deshalb ablehnt, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist. Es widerspricht jedoch sowohl dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens als auch der Systematik der in § 124 Abs. 2 VwGO geregelten Zulassungsgründe und kann den Zugang zur Berufung in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken, wenn das Berufungsgericht auf andere entscheidungstragende Gründe abstellt als das Verwaltungsgericht, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen und deren Heranziehung deshalb über den mit Blick auf den eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens von ihm vernünftigerweise zu leistenden Prüfungsumfang hinausgeht (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 542 <543>).

41

Das Oberverwaltungsgericht hat die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Kontrolle der fachplanerischen Abwägungsentscheidung in einem für die Beschwerdeführer entscheidenden Punkt durch eine eigene Kontrolle ersetzt. Ob das Deichbauvorhaben die Eigentumsrechte der Beschwerdeführer gemessen an den damit verfolgten Zielen und den in Frage kommenden Vorhabenalternativen - hier insbesondere der von den Beschwerdeführern statt des Deichneubaus verlangten Ertüchtigung der Hochwasserschutzwand - unverhältnismäßig beeinträchtigt, hängt unter anderem maßgeblich von der mit den festgestellten Maßnahmen einhergehenden Eigentumsbelastung für die Beschwerdeführer ab. Dass es insofern für die Abwägungsentscheidung von erheblichem Gewicht ist, ob das Flurstück Y nur vorübergehend während der Bauzeit als Arbeitsstreifen oder dauerhaft in dem doch beträchtlichen Umfang von 3.100 qm in Anspruch genommen wird, liegt auf der Hand. Es war dem Oberverwaltungsgericht bei Beachtung des Gebots effektiven Rechtsschutzes verwehrt, im Berufungszulassungsverfahren, das insbesondere mangels eines förmlichen Beweisaufnahmeverfahrens den Beteiligten von vornherein weniger Einwirkungsmöglichkeiten auf die Tatsachenfeststellung einräumt als das Hauptsacheverfahren, diese Frage der Abgewogenheit des Planfeststellungsbeschlusses abweichend vom Verwaltungsgericht in der Sache zu entscheiden.

42

Da das Oberverwaltungsgericht die Zulassung der Berufung nicht ohne Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ablehnen konnte, beruht die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts auf diesem Verfassungsverstoß. Ob die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts darüber hinaus auch Art. 14 Abs. 1 GG verletzt, kann dahinstehen.

II.

43

Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts und den Planfeststellungsbeschluss des beklagten Landesbetriebs wendet, bedarf es keiner Entscheidung. Durch die Aufhebung der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ist der Rechtsweg vor den Fachgerichten wieder eröffnet und dadurch eine erneute fachgerichtliche Aufarbeitung des Ausgangsfalls möglich (vgl. BVerfGE 129, 1 <37>).

C.

44

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

45

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

(1) Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Absatz 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben, dürfen – vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 – im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Auflagen zur ausländischen Fahrerlaubnis sind auch im Inland zu beachten. Auf die Fahrerlaubnisse finden die Vorschriften dieser Verordnung Anwendung, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Umfang der Berechtigung der jeweiligen Fahrerlaubnisklassen ergibt sich aus dem Beschluss (EU) 2016/1945 der Kommission vom 14. Oktober 2016 über Äquivalenzen zwischen Führerscheinklassen (ABl. L 302 vom 9.11.2016, S. 62). Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Fahrerlaubnisklassen, für die die Entscheidung der Kommission keine entsprechenden Klassen ausweist. Für die Berechtigung zum Führen von Fahrzeugen der Klassen L und T gilt § 6 Absatz 3 entsprechend.

(3) Die Vorschriften über die Geltungsdauer von Fahrerlaubnissen der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE und D1E in § 23 Absatz 1 gelten auch für die entsprechenden EU- und EWR-Fahrerlaubnisse. Grundlage für die Berechnung der Geltungsdauer ist das Datum der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis. Wäre danach eine solche Fahrerlaubnis ab dem Zeitpunkt der Verlegung des ordentlichen Wohnsitzes in die Bundesrepublik Deutschland nicht mehr gültig, weil seit der Erteilung mehr als fünf Jahre verstrichen sind, besteht die Berechtigung nach Absatz 1 Satz 1 noch sechs Monate, gerechnet von der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes im Inland an. Für die Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis ist § 30 in Verbindung mit § 24 Absatz 1 entsprechend anzuwenden.

(4) Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis,

1.
die lediglich im Besitz eines Lernführerscheins oder eines anderen vorläufig ausgestellten Führerscheins sind,
2.
die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben,
3.
denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, denen die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder denen die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben,
4.
denen auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf,
5.
solange sie im Inland, in dem Staat, der die Fahrerlaubnis erteilt hatte, oder in dem Staat, in dem sie ihren ordentlichen Wohnsitz haben, einem Fahrverbot unterliegen oder der Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung beschlagnahmt, sichergestellt oder in Verwahrung genommen ist,
6.
die zum Zeitpunkt des Erwerbs der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis Inhaber einer deutschen Fahrerlaubnis waren,
7.
deren Fahrerlaubnis aufgrund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, der nicht in der Anlage 11 aufgeführt ist, prüfungsfrei umgetauscht worden ist, oder deren Fahrerlaubnis aufgrund eines gefälschten Führerscheins eines Drittstaates erteilt wurde,
8.
die zum Zeitpunkt der Erteilung einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, die in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis umgetauscht worden ist, oder zum Zeitpunkt der Erteilung der EU- oder EWR-Fahrerlaubnis auf Grund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates ihren Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie die ausländische Erlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeuges als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts umgetauscht haben, oder
9.
die den Vorbesitz einer anderen Klasse voraussetzt, wenn die Fahrerlaubnis dieser Klasse nach den Nummern 1 bis 8 im Inland nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtigt.
In den Fällen des Satzes 1 kann die Behörde einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen. Satz 1 Nummer 3 und 4 ist nur anzuwenden, wenn die dort genannten Maßnahmen im Fahreignungsregister eingetragen und nicht nach § 29 des Straßenverkehrsgesetzes getilgt sind. Satz 1 Nummer 9 gilt auch, wenn sich das Fehlen der Berechtigung nicht unmittelbar aus dem Führerschein ergibt.

(5) Das Recht, von einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nach einer der in Absatz 4 Nummer 3 und 4 genannten Entscheidungen im Inland Gebrauch zu machen, wird auf Antrag erteilt, wenn die Gründe für die Entziehung oder die Sperre nicht mehr bestehen. Absatz 4 Satz 3 sowie § 20 Absatz 1 und 3 gelten entsprechend.

(1) Eine Fahrerlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Bewerber seinen ordentlichen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland hat. Dies wird angenommen, wenn der Bewerber wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder – bei fehlenden beruflichen Bindungen – wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen ihm und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, das heißt während mindestens 185 Tagen im Jahr, im Inland wohnt. Ein Bewerber, dessen persönliche Bindungen im Inland liegen, der sich aber aus beruflichen Gründen in einem oder mehreren anderen Staaten aufhält, hat seinen ordentlichen Wohnsitz im Sinne dieser Vorschrift im Inland, sofern er regelmäßig hierhin zurückkehrt. Die Voraussetzung entfällt, wenn sich der Bewerber zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer in einem solchen Staat aufhält.

(2) Bewerber, die bislang ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten und die sich ausschließlich zum Zwecke des Besuchs einer Hochschule oder Schule in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum aufhalten, behalten ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland.

(3) Bewerber, die bislang ihren ordentlichen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hatten und die sich ausschließlich wegen des Besuchs einer Hochschule oder Schule im Inland aufhalten, begründen keinen ordentlichen Wohnsitz im Inland. Ihnen wird die Fahrerlaubnis erteilt, wenn die Dauer des Aufenthalts mindestens sechs Monate beträgt.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung der Inlandsungültigkeit seiner tschechischen Fahrerlaubnis der Klassen A und B.

Ihm wurde mit Strafbefehl des Amtsgerichts L. vom 27. Juli 2006, Az. 2 Cs 104 Js 4414/06, die Fahrerlaubnis der Klassen 1 und 3 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr (Blutalkoholkonzentration - BAK - von 1,73 ‰) entzogen. Zu einer Neuerteilung kam es nicht, weil der Kläger kein positives Fahreignungsgutachten vorlegen konnte.

Bei einer allgemeinen Verkehrskontrolle am 19. Januar 2010 legte er einen am 13. August 2009 in M. (Tschechische Republik) ausgestellten Führerschein der Klassen A und B vor. Während der Kontrolle sei starker Alkoholgeruch festgestellt worden. Die Blutprobe habe eine BAK von 0,87 ‰ aufgewiesen.

Mit Bescheid vom 23. Januar 2012 stellte das Landratsamt K. (im Folgenden: Landratsamt) nach vorheriger Anhörung fest, dass der Kläger nicht berechtigt sei, mit seinem tschechischen Führerschein in der Bundesrepublik Deutschland fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge zu führen (Nr. 1). Weiter verpflichtete es den Kläger, seinen tschechischen Führerschein innerhalb von sieben Tagen nach Zustellung des Bescheids zum Zwecke der Eintragung des Sperrvermerks vorzulegen (Nr. 2). Zur Begründung wurde im Wesentlichen darauf abgestellt, dass dem Kläger die Fahrerlaubnis entzogen worden sei und daher die nach dem 19. Januar 2009 erworbene tschechische Fahrerlaubnis nicht anerkannt werden müsse.

Der Kläger erhob Klage zum Verwaltungsgericht Bayreuth mit dem zuletzt gestellten Antrag,

den Bescheid vom 23. Januar 2012 aufzuheben.

Das Landratsamt übermittelte mit Schreiben vom 5. Juni 2012 eine Auskunft des Gemeinsamen Zentrums der deutsch-tschechischen Polizei- und Zollzusammenarbeit (im Folgenden: Gemeinsames Zentrum) vom 21. Mai 2012 und hielt im Hinblick darauf weiter am streitgegenständlichen Bescheid fest, da der Kläger laut Einwohnermelderegister der Tschechischen Republik nur in der Zeit vom 9. Februar 2009 bis 20. Juli 2009 in M. gemeldet gewesen sei und somit bei Erteilung der Fahrerlaubnis am 13. August 2009 gegen das Wohnsitzprinzip verstoßen worden sei.

Der Kläger legte eine Ablichtung einer Bestätigung des tschechischen „MINISTERSTVO VNITRA“ vom 30. Juli 2012 (Bl. 51 d. Gerichtsakte) vor; er habe danach im Zeitraum vom 9. Februar 2009 bis 20. November 2009 seinen Wohnsitz in Tschechien, M., gehabt.

Auf Anfrage des Verwaltungsgerichts teilte das Gemeinsame Zentrum mit Schreiben vom 23. August 2012 mit, dass eine nochmalige Überprüfung der tschechischen Einwohnermelde-/Ausländermeldedatei die im Schreiben vom 21. Mai 2012 mitgeteilten Auskünfte bestätige. Der Kläger sei vom 9. Februar 2009 bis 20. Juli 2009 in M. gemeldet gewesen. Über weitere offizielle Wohnsitznahmen in Tschechien lägen keine Dateieinträge vor. Weiterhin gehe aus den Auskunftsdateien hervor, dass der Kläger im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis für Tschechien, gültig vom 9. Februar 2009 bis 20. November 2009, gewesen sei. Laut Auskunft der tschechischen Polizei werde eine Wohnsitznahme in Tschechien von Amts wegen gelöscht, wenn festgestellt werde, dass der Wohnsitznehmer sich nicht mehr an dieser Anschrift aufhalte. Hier handle es sich um ein Verwaltungsverfahren, bei welchem im Anschluss auch die tschechische Aufenthaltserlaubnis für ungültig erklärt und zur Fahndung ausgeschrieben werde. Dadurch komme es zu einer zeitlichen Verzögerung der Wohnsitzlöschung und Ungültigkeitserklärung der tschechischen Aufenthaltserlaubnis. Hinsichtlich der in Kopie übermittelten tschechischen Bestätigung könne von einem offiziellen Dokument ausgegangen werden. Eine Prüfung der tschechischen Auskunftsdateien in Bezug auf berufliche oder gewerbliche Tätigkeit des Klägers in Tschechien sei ohne Ergebnis verlaufen.

Mit Schriftsatz vom 26. September 2012 trug der Klägerbevollmächtigte vor, auch auf der Grundlage der Mitteilung des Gemeinsamen Zentrums vom 23. August 2012 bestehe noch ergänzender Klärungsbedarf. Unbestreitbar stehe zunächst fest, dass der Kläger bei seiner Wohnsitznahme im tschechischen M. ab Februar 2009 dort gemeldet gewesen sei. Eine Abmeldung durch den Kläger selbst sei vor Ablauf der ihm erteilten Aufenthaltserlaubnis (bis 20.11.2009) nicht erfolgt. Ob ein in der Mitteilung des Gemeinsamen Zentrums erwähntes Amtslöschungsverfahren durchgeführt worden sei, sei näher aufklärungsbedürftig. Ferner sei auch eine unmittelbare Beschaffung der tschechischen Einwohnermelde-/Ausländermeldedateien geboten und möglich zur näheren Klärung, worauf eine mitgeteilte Wohnsitzmeldebeendigung per 20. Juli 2009 beruhe. Zweifel hieraus resultierten bereits daraus, dass in Tschechien bei Erteilung einer Fahrerlaubnis (vorliegend am 13.8.2009) regelmäßig auch das Bestehen eines Wohnsitzes geprüft werde. Ergänzend sei noch mitzuteilen, dass der Kläger verheiratet sei, von seiner Ehefrau jedoch bereits seit Oktober 2006 getrennt lebe und vor kurzem von ihr geschieden worden sei. Der Kläger habe keine Kinder. Er sei seit 1. Januar 1998 Geschäftsführer und Alleingesellschafter einer Firma; die Leitung deren Geschäfte sei aufgrund der modernen Kommunikationsmöglichkeiten auch vom Ausland aus möglich.

Mit weiterem Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 16. Oktober 2012 legte der Kläger eine beglaubigte Übersetzung der tschechischen Bestätigung vom 30. Juli 2012 vor und machte geltend, bei dieser handle es sich nicht um die Bestätigung einer abstrakten Aufenthaltserlaubnis, sondern um eine Wohnsitz- bzw. Aufenthaltsbestätigung für den Zeitraum vom 9. Februar 2009 bis 20. November 2009 mit Angabe der Wohnsitzadresse des Klägers in M.

Auf Beweisbeschluss des Verwaltungsgerichts hin teilte die beauftragte Übersetzerin für Tschechisch unter dem 30. Oktober 2012 mit, dass die vom Kläger vorgelegte Übersetzung unvollständig sei, da die deutsche Entsprechung des Begriffs „povolený“, der mit „erlaubt“, „genehmigt“ bzw. zusammen mit dem Wort „pobyt“ als „Aufenthaltserlaubnis“ oder „Aufenthaltsgenehmigung“ zu übersetzen sei, in den markierten Zeilen der gefertigten Übersetzung nicht enthalten sei. Gemäß der von der beauftragten Übersetzerin gefertigten Übersetzung der Bestätigung des Ministeriums des Innern der Tschechischen Republik, Bereich Asyl- und Migrationspolitik, Abteilung Aufenthalt von Ausländern C., vom 30. Juli 2012 lauten die für die vorliegende Sache entscheidungserheblichen Passagen wie folgt:

„Hatte auf dem Gebiet der Tschechischen Republik einen erlaubten Aufenthalt vorübergehend vom 09.02.2009 bis 20.11.2009; zwecks: Sonstiges; unter der Adresse: Tr. B., M.“

Der Kläger teilte mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 23. November 2012 mit, Anlass für die Wohnsitznahme in Tschechien sei die Trennung des Klägers von seiner Ehefrau und eine aufgenommene private Beziehung zu einer tschechischen Staatsbürgerin gewesen; gleichzeitig habe der Kläger auch Geschäftskontakte für etwaige Aufträge aus Tschechien für seine GmbH eruieren wollen.

Das Verwaltungsgericht wies den Kläger mit Schreiben vom 28. November 2012 darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die nationalen Gerichte den Sachverhalt unter Berücksichtigung der Gesamtumstände zu bewerten hätten, und forderte ihn auf, sein Vorbringen durch Vorlage ergänzender Unterlagen glaubhaft zu machen.

Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 29. November 2012 machte der Kläger insoweit geltend, der Rechtsprechung des EuGH könne nicht entnommen werden, dass dem Kläger die Darlegungs- und Beweislast dahingehend obliege, dass er seinen Wohnsitz in Tschechien gehabt habe.

Mit Urteil vom 11. Juni 2013 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Laut Einwohnermelderegister der Tschechischen Republik habe der Kläger nur vom 9. Februar 2009 bis 20. Juli 2009 einen Wohnsitz gehabt, also nicht bei Erteilung der Fahrerlaubnis am 13. August 2009. Auskünfte des Gemeinsamen Zentrums seien Informationen aus dem Ausstellermitgliedstaat. Die vom Kläger vorgelegte Aufenthaltserlaubnis für den Zeitraum vom 9. Februar 2009 bis zum 20. November 2009 könne den Wohnsitz für diesen Zeitraum nicht belegen, sondern nur die Erlaubnis zum Aufenthalt im genannten Zeitraum und unter der angegebenen Adresse. Der Kläger habe das Bestehen eines Wohnsitzes im maßgeblichen Zeitraum auch nicht glaubhaft gemacht, obwohl er vom Gericht ausdrücklich auf seine Mitwirkungspflicht hingewiesen worden sei. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Urteil verwiesen.

Zur Begründung der vom Senat mit Beschluss vom 20. März 2014 zugelassenen Berufung trägt der Kläger unter Bezugnahme auf die Zulassungsbegründung im Wesentlichen vor, das Verwaltungsgericht habe der Bestätigung der Ausländerbehörde C. nicht die ihr zukommende Bedeutung beigemessen. Diese weise ausdrücklich eine Meldung des Klägers mit Wohnsitz in M. vom 9. Februar 2009 bis 20. November 2009 aus, unterscheide dabei zwischen der Aufenthaltserlaubnis und der tatsächlichen Wohnsitzmeldung unter der konkret angebenden Adresse. Die Bestätigung sei auf Anforderung des Klägers am 30. Juli 2012 ausgestellt worden und beschreibe die Meldesituation des Klägers in der Vergangenheit. Der Kläger habe sich beim Einwohnermeldeamt angemeldet und sich nicht vorzeitig wieder abgemeldet; auch sei kein Amtslöschungsverfahren durchgeführt worden. Ferner habe das Verwaltungsgericht rechtliche Hinweise insbesondere auf eine dem Kläger obliegende Beweisführungspflicht unterlassen, so dass der Kläger keine Unterlagen über die Meldung vorgelegt habe. Auch wäre dann ein Beweisantrag, z. B. auf Vernehmung des Bereichsleiters der Ausländerbehörde C., gestellt worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 11. Juni 2013 und den Bescheid des Landratsamts K. vom 23. Januar 2012 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat wies den Kläger mit Schreiben vom 29. Januar 2015 auf die Bedeutung einer Meldebescheinigung des Ausstellermitgliedstaats, auf die Mitwirkungspflicht des EU-Fahrerlaubnisinhabers und den Umfang der Darlegungspflicht bei Behauptung eines Wohnsitzes ohne einwohnermelderechtliche Bestätigung nach der obergerichtlichen Rechtsprechung hin und gab ihm auf, bis spätestens 23. Februar 2015 Tatsachen anzugeben oder Beweismittel zu bezeichnen sowie Urkunden vorzulegen, dass er am Tag der Erteilung der tschechischen EU-Fahrerlaubnis am 13. August 2009 entgegen der einwohnermelderechtlichen Situation dennoch einen Wohnsitz im Sinne von Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (Neufassung, ABl. L 403 S.18) innegehabt hat.

Der Kläger wies mit Schriftsatz vom 6. März 2015 innerhalb verlängerter Frist zunächst auf die Rechtsprechung des EuGH hin, wonach die Nachprüfung des Vorliegens der Erteilungsvoraussetzungen durch den Aufnahmemitgliedstaat nur eingeschränkt zulässig sei. Hier lägen einander widersprechende Informationen des Ausstellermitgliedstaats vor. Im Übrigen habe der Kläger, nachdem sich die Trennung von seiner Ehefrau als dauerhaft herausgestellt, und er eine tschechische Staatsbürgerin kennengelernt habe, mit der er eine längere Beziehung erwartet habe, im Februar 2009 in der Tschechischen Republik eine Wohnung angemietet und sich dort auch schwerpunktmäßig aufgehalten. Der Mietvertrag sei nicht mehr auffindbar. Die Abmeldung des Wohnsitzes in Deutschland sei lediglich fahrlässigerweise unterblieben. Die Leitung seiner Firma sei auch von M. aus durch die modernen Telekommunikationsmittel möglich gewesen, so dass seine Anwesenheit in M. an zwei bis drei Tagen im Monat ausreichend gewesen sei. Ferner habe die Firma über einen angestellten Elektromeister verfügt. Für ihn sei der Aufenthalt in Tschechien auch eine Art beruflicher Auszeit gewesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

Über die zulässige Berufung konnte der Verwaltungsgerichtshof ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten mit Schriftsätzen vom 8. und 9. April 2015 mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt haben (§ 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 23. Januar 2012 zu Recht abgewiesen. Er ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Zur Begründung wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts verwiesen (§ 130b Satz 2 VwGO).

Der Kläger ist gemäß § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnisverordnung - FeV) in der hier anwendbaren, am 23. Januar 2012 geltenden Fassung vom 18. August 1998 (BGBl I S. 2214), zuletzt geändert durch Verordnung vom 17. Dezember 2010 (BGBl I S. 2279), nicht berechtigt, von seiner ihm in der Tschechischen Republik am 13. August 2009 erteilten Fahrerlaubnis im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen. In analoger Anwendung von § 3 Abs. 2 Satz 3 Straßenverkehrsgesetz - StVG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl I S. 310), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Juli 2011 (BGBl I S. 1378), und gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 und 2 FeV a. F. ist er daher, wie im streitgegenständlichen Bescheid verfügt, verpflichtet, seinen Führerschein zum Eintrag eines entsprechenden Sperrvermerks vorzulegen.

Nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV gilt das Recht, im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland zu führen, nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler i. S. d. § 7 Abs. 2 FeV die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben. Diese Bestimmungen entsprechen EU-Recht. Einen Aufenthalt als Studierender oder Schüler macht der Kläger nicht geltend.

Obwohl in dem tschechischen Führerschein des Klägers ein Wohnort in der Tschechischen Republik eingetragen ist, steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund unbestreitbarer Auskünfte des Ausstellungsmitgliedstaats und ergänzend aufgrund inländischer Umstände unter Berücksichtigung des klägerischen Vortrags fest, dass das Wohnsitzerfordernis tatsächlich nicht erfüllt war.

1. Im Führerschein des Klägers wurde zwar ein Wohnsitz in der Tschechischen Republik ausgewiesen, allerdings im Widerspruch zu den melderechtlichen Verhältnissen.

Der Europäische Gerichtshof hat in seinen bislang ergangenen führerscheinrechtlichen Entscheidungen nicht festgestellt, dass durch die Eintragung eines im Gebiet des Ausstellungsmitgliedstaats liegenden Orts im Führerschein die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (Neufassung, ABl EG L 403 S.18) positiv und in einer Weise bewiesen wird, die die Behörden und Gerichte anderer Mitgliedstaaten der Union als nicht zu hinterfragende Tatsache hinzunehmen haben. In seinem Urteil vom 26. April 2012 (Hofmann, C-419/10 - Blutalkohol 49, 256) hat der Gerichtshof sogar die Verpflichtung der Gerichte des Aufnahmemitgliedstaats herausgestellt, zu prüfen, ob der Inhaber einer im EU-Ausland erteilten Fahrerlaubnis zur Zeit des Erwerbs seines Führerscheins seinen ordentlichen Wohnsitz im Ausstellungsmitgliedstaat hatte. Sollte das nicht der Fall gewesen sein, wären die deutschen Behörden befugt, die Anerkennung der Gültigkeit dieses Führerscheins abzulehnen.

Damit der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung von durch EU-Mitgliedstaaten erteilten Fahrerlaubnissen (Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG) durchbrochen werden darf, müssen nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs allerdings entweder Angaben aus dem zugehörigen Führerschein oder andere vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührende Informationen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die im Führerschein enthaltene Wohnsitzangabe nicht zutrifft. Bereits im Beschluss vom 9. Juli 2009 (Wierer, C-445/08 - NJW 2010, 217) hat der Europäische Gerichtshof ausgesprochen, dass der Aufnahmemitgliedstaat in diesem Zusammenhang nicht auf jene Informationen beschränkt ist, die der Ausstellungsmitgliedstaat in den Führerschein aufnimmt oder sonst von sich aus zur Verfügung stellt; die Behörden und Gerichte des Aufnahmemitgliedstaats sind vielmehr berechtigt, von sich aus Informationen von einem anderen Mitgliedstaat einzuholen (ebenso EuGH, U.v. 1.3.2012, Akyüz, C-467/10, Rn. 72 - BayVBl 2012, 561). Da die Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach Art. 15 Satz 1 der Richtlinie 2006/126/EG verpflichtet sind, einander bei der Durchführung dieser Richtlinie zu unterstützen, und sie im Bedarfsfall Informationen über die von ihnen ausgestellten, umgetauschten, ersetzten, erneuerten oder entzogenen bzw. registrierten Führerscheine auszutauschen haben, korrespondiert mit dem Recht des Aufnahmemitgliedstaats, sich bei den Behörden des Ausstellungsmitgliedstaats über das tatsächliche Bestehen eines ordentlichen Wohnsitzes des Inhabers einer EU-Fahrerlaubnis im Erteilungszeitpunkt zu erkundigen, eine Verpflichtung dieses Staats, einschlägige Informationen zur Verfügung zu stellen (vgl. BayVGH, B.v. 25.9.2012 - 11 B 10.2427 - NZV 2013, 259).

Die Informationen der Behörden des Ausstellungsmitgliedstaats sind von den Gerichten des Aufnahmemitgliedstaats daraufhin zu bewerten, ob diese „unbestreitbar“ sind, und ob sie belegen, dass der Betroffene zum Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis seinen ordentlichen Wohnsitz nicht im Hoheitsgebiet des Ausstellungsmitgliedstaates hatte (vgl. zu dieser doppelten Prüfungspflicht der nationalen Gerichte EuGH, U.v. 1.3.2012 a. a. O. Rn. 74). Ergänzend zu den vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührenden Informationen dürfen die nationalen Gerichte des Aufnahmemitgliedstaates alle Umstände eines vor ihnen anhängigen Verfahrens berücksichtigen.

Aus einer im Verwaltungsverfahren oder im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vom Ausstellungsmitgliedstaat eingeholten Meldebescheinigung können sich unbestreitbare Informationen darüber ergeben, dass der Inhaber einer EU-Fahrerlaubnis dort zum Zeitpunkt der Erteilung nicht seinen ordentlichen Wohnsitz hatte (vgl. OVG NW, U.v. 17.1.2014 - 16 A 1292/10 - juris). Eine solche Meldebescheinigung liegt hier vor. Danach hat der Kläger nur vom 9. Februar 2009 bis 20. Juli 2009 einen Wohnsitz in der Tschechischen Republik innegehabt, also nicht bei Erteilung der Fahrerlaubnis am 13. August 2009. Die tschechischen Dienstkräfte des Gemeinsamen Zentrums haben unmittelbar Zugriff auf die zentrale Einwohnermeldedatei; eine andere Meldesituation als in der zentralen Einwohnermeldedatei ausgewiesen kann nicht vorliegen. Die vom Kläger verlangte weitere Aufklärung durch eine Anfrage bei der Stadt M. und die Vorlage von etwaigen Meldeunterlagen kann nichts anderes ergeben.

Die Bestätigung der Ausländerbehörde C. vom 30. Juli 2012 ist nicht geeignet, die einwohnermelderechtliche Information des Gemeinsamen Zentrums in Frage zu stellen.

Hierzu hat das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt, dass die vom Gemeinsamen Zentrum erlangte Information, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Ausstellung seines tschechischen Führerscheins am 13. August 2009 nicht mehr in Tschechien gemeldet gewesen sei, durch die vom Kläger vorgelegte Bestätigung der Ausländerbehörde C. vom 30. Juli 2012 deshalb nicht in Frage gestellt werde, weil die vorgelegte Bestätigung lediglich bescheinige, dass der vorübergehende Aufenthalt des Klägers unter der angegebenen Anschrift für den Zeitraum vom 9. Februar 2009 bis 20. November 2009 erlaubt gewesen sei, nicht aber, dass der Kläger sich in dem genannten Zeitraum auch in M. aufgehalten habe. Für die Dauer des gemeldeten Aufenthalts des Klägers maßgebend seien vielmehr die vom Gemeinsamen Zentrum eingeholten Auskünfte aus dem Einwohnermelderegister der Tschechischen Republik.

Der Senat hat bereits in dem vom Verwaltungsgericht zitierten Urteil (v. 15.10.2012 - 11 B 12.1178 - juris Rn. 31) zur unterschiedlichen Bedeutung von ausländerrechtlicher Bestätigung und melderechtlicher Auskunft ausgeführt, dass, wenn im tschechischen Fremdenregister zur Person des Klägers ein vorübergehender Aufenthalts als „EU-Angehöriger“ eingetragen ist, dieser Zeitraum der ausländerbehördlichen Erfassung nicht mit der einwohnermelderechtlichen Erfassung gleichgesetzt werden kann. Aus der Dauer der ausländerbehördlichen Erfassung ergebe sich nicht, dass der Kläger während dieses gesamten Zeitraums seinen ordentlichen Wohnsitz in dem Land gehabt habe.

In Fällen, in denen die erteilte Aufenthaltserlaubnis einen anderen Zeitraum ausweist als die einwohnermelderechtliche Erfassung liegen keine sich widersprechenden unbestreitbaren Informationen des Ausstellungsmitgliedstaats vor. Die Aufenthaltserlaubnis hat einen anderen Zweck als die Meldung eines Wohnsitzes bei der Einwohnermeldebehörde. Bei ersterer kommt es nicht darauf an, wo der Ausländer während seines erlaubten Aufenthalts wohnt; schließlich muss er sich trotz Erlaubnis nicht im Land aufhalten. Die in der Aufenthaltserlaubnis genannte Adresse hat allenfalls den Zweck, den Ausländer unter einer bestimmten Anschrift zu erreichen, oder z. B. um zu überprüfen, ob sich der Ausländer nach Ablauf der Erlaubnis noch im Land aufhält. Die Angabe der Adresse beim Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis hat nicht den Zweck, nachzuweisen, dass der Betreffende eine Wohnung im Sinne des Art. 12 der EU-Richtlinie 2006/126/EG innehat. Anders verhält es sich bei der Meldung beim Einwohnermeldeamt. Diese Meldung ist zunächst eine vom Betroffenen gegenüber den zuständigen Behörden in der Regel in Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht abgegebene Erklärung, einen Wohnsitz unter einer angegebenen Adresse innezuhaben. Eine solche Erklärung einer Person kann in der Regel nur von der Meldebehörde geprüft werden, sei es weil sie die Meldedaten aller Personen unter der angegebenen Adresse kennt und/oder weil sie über die örtlichen Gegebenheiten Bescheid weiß.

Es kann offen bleiben, in welcher Weise es zur Abmeldung des Klägers zum 20. Juli 2009 kam; denn es kommt nicht darauf an, ob er sich selbst abgemeldet hat oder vom Amts wegen abgemeldet wurde. In beiden Fällen bestand kein gemeldeter Wohnsitz mehr. Eine Zeugenvernehmung des Bereichsleiters der Ausländerbehörde C. kann insoweit keine neuen Erkenntnisse bringen, als die bekannten, nämlich, dass der Kläger bei der Ausländerbehörde für den Zeitraum vom 9. Februar 2009 bis 20. November 2009 unter der Adresse „gemeldet“ war. Die rechtliche Beurteilung dieser Meldung im Hinblick auf die Einhaltung der Wohnsitzvoraussetzung ist von den Gerichten des Aufnahmemitgliedstaats vorzunehmen. Der Kläger hat auch keine Anmelde- oder Abmeldebestätigungen vorgelegt, die etwas anderes auswiesen.

Es steht daher nach unbestreitbaren Informationen aus dem Ausstellungsmitgliedstaat fest, dass der Kläger bei Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis am 13. August 2009 keinen gemeldeten Wohnsitz in der Tschechischen Republik hatte.

2. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. z. B. U.v. 25.3.2013 - 11 B 12.1068 - juris Rn. 28) ist von der Nichteinhaltung der Wohnsitzvoraussetzung auszugehen, wenn die EU-Fahrerlaubnis zu einem Zeitpunkt erworben wurde, zu dem der Fahrerlaubnisinhaber ausweislich einer behördlichen Mitteilung des Ausstellungsmitgliedstaats dort nicht mehr einwohnermelderechtlich gemeldet war und ein substantiierter Gegenvortrag des Betroffenen nicht vorliegt.

Aus dem Fehlen eines gemeldeten Wohnsitzes ergibt sich noch nicht ohne weiteres, dass die Wohnsitzvoraussetzung nicht eingehalten ist. Die Meldedaten sagen nichts Unwiderlegbares darüber aus, ob jemand tatsächlich einen Wohnsitz unter der gemeldeten Adresse unterhält. So ist es möglich, dass eine Person unter einer bestimmten Adresse mit Wohnsitz gemeldet ist, dort aber tatsächlich nicht wohnt, und es ist ebenso möglich, dass jemand eine Wohnung im Sinne des Art. 12 der EU-Richtlinie 2006/126/EG innehat, dort aber nicht gemeldet ist.

Legt der Inhaber einer EU-Fahrerlaubnis dar, dass entgegen der vom Ausstellungsmitgliedstaat erteilten Informationen über melderechtliche Gegebenheiten die Wohnsitzvoraussetzung des Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG bei Erteilung der EU-Fahrerlaubnis im Ausstellungsmitgliedsstaat erfüllt war, ist hierüber nach allgemeinen Beweisregeln zu befinden. Dabei obliegt es dem Fahrerlaubnisinhaber‚ substantiierte und verifizierbare Angaben zu Beginn und Ende seines Aufenthalts im Ausstellungsmitgliedstaat im Zusammenhang mit der Fahrerlaubniserteilung sowie zu den beruflichen und persönlichen Bindungen zu machen, die im maßgeblichen Zeitraum zu dem im Führerschein angegebenen Wohnort bestanden (BVerwG, B. v. 22.10.2014 - 3 B 21.14 - juris Rn. 3; U.v. 30.5.2013 - 3 C 18.12 - BVerwGE 146, 377 Rn. 30). Soweit es ein Beteiligter unterlässt, zur Klärung der ihn betreffenden, insbesondere der für ihn günstigen Tatsachen beizutragen, gebietet es auch der Amtsermittlungsgrundsatz des § 86 Abs. 1 VwGO nicht, allen nur denkbaren Möglichkeiten nachzugehen.

Das Verwaltungsverfahren kennt zwar ebenso wie der Verwaltungsprozess grundsätzlich keine Behauptungslast und Beweisführungspflicht, da Behörden und Verwaltungsgerichte den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln haben (vgl. Art. 24 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG bzw. § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 VwGO)‚ jedoch sollen die Beteiligten bei der Sachaufklärung gemäß Art. 26 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BayVwVfG mitwirken bzw. sind sie hierzu nach § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO heranzuziehen. Unterlässt es ein Beteiligter aber ohne zureichenden Grund, seinen Teil zur Sachaufklärung beizutragen, obwohl ihm das ohne weiteres möglich und zumutbar ist und er sich der Erheblichkeit der in Rede stehenden Umstände bewusst sein muss, kann dieses Verhalten je nach den Gegebenheiten des Falles bei der Beweiswürdigung zu seinen Lasten berücksichtigt werden (vgl. zum Verwaltungsverfahren Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 26 Rn. 40 f. und 43 f., § 24 Rn. 12a ff. und 50; zum Verwaltungsprozess s. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 86 Rn. 11 f., § 108 Rn. 17). Denn die gerichtliche Aufklärungsverpflichtung findet ihre Grenze in der Mitwirkungspflicht der Beteiligten (vgl. BayVGH, U.v. 25.3.2013 a. a. O. Rn. 31). Grundsätzlich hat jeder Prozessbeteiligte den Prozessstoff umfassend vorzutragen, also auch bei der Sachverhaltsaufklärung mitzuwirken; das gilt insbesondere für die „in seine Sphäre fallenden Ereignisse“ (Kopp/Schenke a. a. O. § 86 Rn. 11 m. w. N.). Denn gerade dann, wenn ein Beteiligter sich nicht klar und eindeutig zu Gegebenheiten äußert, die seine eigene Lebenssphäre betreffen und über die er deshalb besser als der Verfahrensgegner Bescheid wissen muss, darf ein Gericht im Rahmen der sich aus § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO ergebenden Befugnis zur freien Beweiswürdigung das prozessuale Erklärungsverhalten eines Beteiligten berücksichtigen (vgl. BayVGH, B.v. 5.4.2006 - 11 CS 05.2853 - Rn. 31).

Als ordentlicher Wohnsitz gilt gemäß Art. 12 der EU-Richtlinie 2006/126/EG der Ort, an dem ein Führerscheininhaber wegen persönlicher oder beruflicher Bindungen oder - im Falle eines Führerscheininhabers ohne berufliche Bindungen - wegen persönlicher Bindungen, die eine enge Beziehung zwischen Führerscheininhaber und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, d. h. während mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr wohnt. Als ordentlicher Wohnsitz eines Führerscheininhabers, dessen berufliche Bindungen an einem anderen Ort als dem seiner persönlichen Bindungen liegen und der sich abwechselnd an verschiedenen Orten in zwei oder mehr Mitgliedsstaaten aufhalten muss, gilt jedoch der Ort seiner persönlichen Bindungen, sofern er regelmäßig dorthin zurückkehrt.

Ein ordentlicher Wohnsitz ist dadurch gekennzeichnet, dass eine Person im Laufe eines Jahres zeitlich überwiegend dort wohnt, und dass das aufgrund persönlicher sowie ggf. beruflicher Bindungen geschieht (vgl. BayVGH, U.v. 14.3.2013 - 11 B 12.1314 - juris Rn. 28).

Der Senat hat im Beschluss vom 3. Juni 2013 (11 CE 13.738 - juris Rn. 12 ff.) zu einem solchen Wohnsitznachweis ausgeführt:

„Der Betroffene muss somit je nach den Umständen des Einzelfalls darlegen, an welchem Ort, unter welcher Adresse und in welchen Zeiträumen er den Wohnsitz innegehabt haben will, warum er dort dennoch nicht gemeldet war, in welchem Umfang er sich dort tatsächlich aufgehalten hat, um welche Art von Unterkunft es sich bei der angegebenen Adresse handelt (Pension, Hotel, Mietwohnung oder Ähnliches), zu welchem Zweck sich er dort aufgehalten hat und ob er im fraglichen Zeitraum einer beruflichen Tätigkeit im Inland oder im Ausstellermitgliedstaat nachgegangen ist, und hierzu etwaige Dokumente (Mietverträge, Nachweise über den Zahlungsverkehr und über geschäftliche Tätigkeiten, Arbeitsverträge etc.) vorlegen bzw. erläutern, warum solche nicht vorliegen.

Ist der Betroffene im Inland mit einem (weiteren) Wohnsitz gemeldet oder hatte er einen tatsächlichen Wohnsitz im Inland inne, ist insbesondere darzulegen, dass es sich bei dem Wohnsitz im EU-Ausstellermitgliedstaat um einen Wohnsitz im Sinne von Art. 12 der EU-Richtlinie 2006/126/EG gehandelt hat. Die Glaubhaftigkeit der Angaben hierzu setzt auch voraus, dass der Betreffende erklärt, warum er gleichzeitig im Bundesgebiet eine Wohnung innehatte, warum er dort etwaig mit Hauptwohnsitz gemeldet war, wo sich der berufliche und private Schwerpunkt befand und z. B. im Falle einer bestehenden Ehe, ob er getrennt lebte, und dass er, soweit vorhanden, Unterlagen hierzu vorlegt (Steuererklärungen, Nachweise über ausgeübte Tätigkeiten etc.)“.

Der Kläger hat nichts dargelegt, was auf einen Wohnsitz in M. in diesem Sinne hindeuten würde. Es reicht nicht aus, lediglich vorzutragen, er habe im maßgeblichen Zeitraum eine Freundin in der Tschechischen Republik gehabt und sich auch um Kontakte für die Firma in Deutschland bemüht, zumal der Kläger in der Berufung die Suche nach geschäftlichen Kontakten in der Tschechischen Republik nicht mehr erwähnt, sondern vielmehr eine „Art beruflicher Auszeit“ geltend macht. Gleichzeitig führt er aus, er habe seine Firma über moderne Kommunikationsmittel von der Tschechischen Republik aus geleitet. Das zeigt, dass seine „beruflichen Bindungen“ nach wie vor und ausschließlich in Deutschland lagen. Auch sein Aufenthaltszweck für die Tschechische Republik laut Aufenthaltserlaubnis war „Sonstiges“. Eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit hat er dort nicht angemeldet (Auskunft des Gemeinsamen Zentrums vom 23.8.2012).

Zu seinen persönlichen Bindungen in der Tschechischen Republik lässt sich der Kläger nicht näher aus. Darüber hinaus trägt er nur vor, der Mietvertrag über die Wohnung in der Tschechischen Republik liege ihm nicht mehr vor, schildert aber entgegen den Anforderungen des Senatsschreibens vom 29. Januar 2015 nicht einmal die Art der Wohnung und nennt auch nicht den Namen des Vermieters.

Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Kläger, hätte er sich tatsächlich in dem Zeitraum vom 9. Februar 2009 bis 20. November 2009 überwiegend in der Tschechischen Republik aufgehalten und dort eine Wohnung im Sinne von Art. 12 der EU-Richtlinie 2006/126/EG innegehabt, dies neben näherer Angaben zur Wohnung durch eine breitere Schilderung seiner Aktivitäten in der Tschechischen Republik und durch sonstige Aufenthaltsbelege, die „enge Beziehungen zwischen ihm und dem Wohnort erkennen lassen“, vgl. Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG, ausreichend hätte darlegen können. Stattdessen stellt er - zu Unrecht - vor allem darauf ab, dass die Fahrerlaubnisbehörde ihm nicht nachgewiesen habe, dass er zum Zeitpunkt der Ausstellung der Tschechischen EU-Fahrerlaubnis am 13. August 2009 keinen Wohnsitz in der Tschechischen Republik gehabt habe.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

4. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

5. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der im Jahr 1994 geborene Kläger, der noch nie Inhaber einer deutschen Fahrerlaubnis war, wendet sich gegen die Feststellung, dass seine polnische Fahrerlaubnis ihn nicht berechtige, Kraftfahrzeuge auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu führen.

Am 16. Mai 2012 verwarnte ihn das Amtsgericht Landsberg am Lech nach § 14 Jugendgerichtsgesetz (JGG), erteilte ihm Weisungen (§ 10 JGG) und ordnete verschiedene Auflagen (§ 15 JGG) sowie ein Fahrverbot von zwei Monaten an. Dem lag zu Grunde, dass der Kläger ohne die hierfür erforderliche Fahrerlaubnis und unter Cannabiseinfluss mit einem „frisierten“ Mofa gefahren und im Besitz von fünf Gramm Marihuana gewesen war.

Mit Bescheid vom 7. November 2013, unanfechtbar seit 12. Dezember 2013, lehnte das Landratsamt Landsberg am Lech (im Folgenden: Landratsamt) seinen Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis ab, da er das angeordnete medizinisch-psychologische Gutachten nicht vorlegte.

Die zuständige Behörde in Stettin (Szczecin), Polen, erteilte ihm am 24. Juli 2015 eine Fahrerlaubnis der Klasse B und stellte ihm eine Führerscheinkarte aus, auf der unter Nr. 8 ein Wohnsitz in Polen eingetragen ist.

Am 22. April 2016 zeigte der Kläger bei einer Verkehrskontrolle in Landsberg a. Lech den polnischen Führerschein vor und gab an, er habe die polnische Fahrerlaubnis erworben, während er für seinen Arbeitgeber in Polen auf Montage gewesen sei. Ermittlungen der Polizeiinspektion Landsberg ergaben, dass der Kläger seit dem Jahr 2009 durchgängig in Landsberg am Lech gemeldet ist. In einem an den Arbeitgeber des Klägers gerichteten Zeugenanhörungsbogen gab der dortige Personalleiter an, der Kläger sei seit 1. September 2011 dort beschäftigt und dabei noch nie in das europäische Ausland entsandt worden.

Auf Nachfrage des Kraftfahrt-Bundesamts teilte die Stadt Stettin mit, der polnische Führerschein sei gültig. Der Kläger habe vom 1. Juni bis 15. Dezember 2015 über einen gemeldeten Wohnsitz in Polen verfügt. Beigefügt war eine auf den 1. Juni 2015 datierte Bestätigung der Anmeldung eines bis 15. Dezember 2015 dauernden vorübergehenden Aufenthalts eines Ausländers.

Weitere Ermittlungen des Landratsamts ergaben, dass der Kläger am 14. September 2015 in Landsberg am Lech ein Kraftfahrzeug auf seinen Namen zugelassen hat.

Nach Anhörung stellte das Landratsamt mit Bescheid vom 28. September 2016 fest, der Kläger sei nicht berechtigt, mit seinem polnischen Führerschein fahrerlaubnispflichtige Fahrzeuge auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu führen. Das Landratsamt forderte ihn unter Androhung eines Zwangsgelds zur Vorlage des polnischen Führerscheins auf und ordnete die sofortige Vollziehung an (Nummern 2, 3 und 4 des Bescheids). Zur Begründung ist ausgeführt, der polnische Führerschein müsse nicht anerkannt werden, da er unter Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis erworben worden sei. Am 6. Oktober 2016 legte der Kläger seinen polnischen Führerschein zur Eintragung eines Sperrvermerks vor.

Den gegen den Bescheid erhobenen Widerspruch wies die Regierung von Oberbayern mit Widerspruchsbescheid vom 1. März 2017 zurück. Der Widerspruch sei unzulässig. Da die Rechtsbehelfsbelehrung:im Bescheid vom 28. September 2016 fehlerhaft gewesen sei, könne innerhalb eines Jahres Klage erhoben werden.

Die gegen den Bescheid vom 28. September 2016 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht München abgewiesen. Die aus Polen stammenden Informationen wiesen auf die Nichterfüllung der Wohnsitzvoraussetzungen bei Erteilung der Fahrerlaubnis hin. Zwar setze die Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes nicht zwangsläufig voraus, dass die 185-Tage-Frist bei Ausstellung des Führerscheins bereits verstrichen sei. Der Umstand, dass der Betreffende erst kurz vor der Ausstellung des Führerscheins seine Wohnung im Ausstellungsmitgliedstaat genommen habe, sei aber ein gewichtiges Indiz dafür, dass er sich nur zum Zweck des Erwerbs einer Fahrerlaubnis dort angemeldet habe, ohne einen ordentlichen Wohnsitz zu begründen. Hier habe der Kläger sich vor dem Erwerb der Fahrerlaubnis lediglich 54 Tage in Polen aufgehalten und von vornherein nur einen vorübergehenden Aufenthalt von 198 Tagen beabsichtigt.

Mit seiner vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung macht der Kläger geltend, bei den aus Polen stammenden Erkenntnissen handele es sich nicht um unbestreitbare Informationen i.S.d. § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV, die die Möglichkeit zur Berücksichtigung der vorliegenden inländischen Erkenntnisse eröffnen würden. Allein die Begründung eines vorübergehenden Aufenthalts und der kurz darauf erfolgte Erwerb der Fahrerlaubnis reichten als Anknüpfungstatsachen nicht aus, um die Inlandstatsachen heranziehen zu können.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 10. Juli 2017 und den Bescheid des Landratsamts Landsberg am Lech vom 28. September 2016 mit der Maßgabe, dass sich die Anfechtung nicht auf die Nummern drei und vier des Bescheids bezieht, sowie den Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 1. März 2017 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Ein Wohnsitzverstoß liege schon deshalb vor, da der Kläger zum Zeitpunkt der Erteilung der polnischen Fahrerlaubnis noch keine 185 Tage in Polen gewohnt habe. Selbst wenn man annähme, die 185-Tage-Frist müsse im Zeitpunkt der Fahrerlaubniserteilung nicht zwingend verstrichen sein, würden unbestreitbare Informationen aus dem Ausstellungsmitgliedstaat vorliegen, die auf einen Wohnsitzverstoß schließen ließen. Mit der Anmeldebestätigung vom 1. Juni 2015 werde nur bestätigt, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt beabsichtigt habe, sich bis 15. Dezember 2015 in Polen aufzuhalten. Wie lange er sich tatsächlich in Polen aufgehalten habe, lasse sich der Bescheinigung nicht entnehmen. Diese Umstände seien ein deutlicher Hinweis darauf, dass der Kläger sich nur zum Zweck des Erwerbs einer Fahrerlaubnis in Polen angemeldet habe. Die inländischen Umstände sprächen für sich.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg, da das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat. Der Bescheid des Beklagten vom 28. September 2016 und der Widerspruchsbescheid vom 1. März 2017 sind im Umfang der Anfechtung rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Er ist nicht berechtigt, mit seinem polnischen Führerschein Kraftfahrzeuge auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu führen, da dieser Führerschein unter Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis ausgestellt worden ist.

1. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-VerordnungFeV) vom 13. Dezember 2010 (BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 2. Januar 2018 (BGBl I S. 2), dürfen Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Abs. 1 oder 2 FeV in der Bundesrepublik Deutschland haben – vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 – im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV gilt die Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland jedoch nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten. Die Behörde kann einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen (§ 28 Abs. 4 Satz 2 FeV).

Ein ordentlicher Wohnsitz im Inland wird nach § 7 Abs. 1 Satz 2 FeV angenommen, wenn der Betroffene wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder – bei fehlenden beruflichen Bindungen – wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen ihm und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, d.h. während mindestens 185 Tagen im Jahr, im Inland wohnt. Ein Bewerber, dessen persönliche Bindungen im Inland liegen, der sich aber aus beruflichen Gründen in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten der EU (oder EWR) aufhält, hat seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland, sofern er regelmäßig dorthin zurückkehrt (§ 7 Abs. 1 Satz 3 FeV). Die Voraussetzung entfällt, wenn sich der Bewerber zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer in einem solchen Staat aufhält (§ 7 Abs. 1 Satz 4 FeV).

Diese Bestimmungen stehen mit Art. 2 Abs. 1, Art. 7 und Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (Neufassung, ABl EG Nr. L 403 S.18 – RL 2006/126/EG) in Einklang. Nach Art. 2 Abs. 1 RL 2006/126/EG werden die von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine gegenseitig anerkannt (und damit auch die zugrundeliegenden Fahrerlaubnisse, vgl. EuGH, U.v. 26.10.2017 – C-195/16 – ABl EU 2017, Nr. C 437, S. 8 – juris Rn. 48 f.). Allerdings darf ein Führerschein nur an Bewerber ausgestellt werden, die im Hoheitsgebiet des den Führerschein ausstellenden Mitgliedstaats ihren ordentlichen Wohnsitz haben oder nachweisen können, dass sie während eines Mindestzeitraums von sechs Monaten dort studiert haben (Art. 7 Abs. 1 Buchst. e RL 2006/126/EG). Nach Art. 7 Abs. 5 Unterabsatz 2 RL 2006/126/EG achten die Mitgliedstaaten bei der Erteilung einer Fahrerlaubnis sorgfältig darauf, dass eine Person die Anforderungen des Absatzes 1 – und somit auch die Wohnsitzvoraussetzung – erfüllt.

2. Die Prüfung, ob Informationen über den Wohnsitz des Fahrerlaubnisinhabers zum Zeitpunkt der Erteilung des Führerscheins als vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührend und unbestreitbar eingestuft werden können, obliegt den Behörden und Gerichten des Aufnahmemitgliedstaats (vgl. EuGH, U.v. 1.3.2012 – Akyüz, C-467/10 – NJW 2012, 1341 Rn. 73 und 74). Dabei muss die Begründung eines Scheinwohnsitzes aufgrund der vom Ausstellungsmitgliedstaat stammenden Informationen nicht bereits abschließend erwiesen sein (vgl. BayVGH, B.v. 12.1.2018 – 11 CS 17.1257 – juris Rn. 10; B.v. 23.1.2017 – 11 ZB 16.2458 – juris Rn. 12; OVG NW, B.v. 9.1.2018 –16 B 534/17 – juris Rn. 14 ff. m.w.N). Vielmehr reicht es aus, wenn diese Informationen darauf „hinweisen“, dass der Inhaber des Führerscheins im Gebiet des Ausstellungsmitgliedstaats einen rein fiktiven Wohnsitz allein zu dem Zweck begründet hat, der Anwendung der strengeren Bedingungen für die Ausstellung eines Führerscheins im Mitgliedstaat seines tatsächlichen Wohnsitzes zu entgehen (vgl. EuGH, U.v. 1.3.2012 a.a.O. Rn. 75). Dann können die Behörden und Gerichte des Aufnahmemitgliedstaats auch inländische Umstände zur Beurteilung der Frage, ob die Wohnsitzvoraussetzung eingehalten ist, heranziehen (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 12.1.2018 a.a.O. Rn. 10; B.v. 23.1.2017 a.a.O. Rn. 12; OVG NW, B.v. 9.1.2018 a.a.O. Rn. 14 ff.).

Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben hat das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt, dass die aus dem Ausstellungsmitgliedstaat Polen stammenden Informationen auf die Nichterfüllung der Wohnsitzvoraussetzung bei der Ausstellung des Führerscheins hinweisen und in Zusammenschau mit den übrigen bekannten Umständen auf einen Wohnsitzverstoß schließen lassen.

a) Die Fahrerlaubnisbehörde ist durch den Eintrag eines polnischen Wohnsitzes im Führerschein des Klägers nicht gehindert, die über das Kraftfahrt-Bundesamt beigebrachten Erkenntnisse der polnischen Behörden zu berücksichtigen. Vielmehr dürfen Angaben im Führerschein selbst und andere vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen als Erkenntnisquellen gleichrangig herangezogen werden (vgl. EuGH, B.v. 9.7.2009 – C-445/08, Wierer – NJW 2010, 217 Rn. 51). Solche Informationen können insbesondere Angaben einer Einwohnermeldebehörde des Ausstellungsmitgliedstaats sein (EuGH, B.v. 9.7.2009 a.a.O. Rn. 61).

Zwar setzt nach der Rechtsprechung des Senats das Wohnsitzerfordernis nicht zwangsläufig voraus, dass die 185-Tage-Frist im Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis bzw. der Ausstellung des Führerscheins bereits verstrichen ist (BayVGH, B.v. 22.5.2017 – 11 CE 17.718 – juris Rn. 17; B.v. 19.3.2013 – 11 CS 13.407 – juris Rn. 41; B.v. 22.2.2010 – 11 CS 09.1934 – juris Rn. 29-36; offen gelassen in BVerwG, U.v. 30.5.2013 – 3 C 18.12 – BVerwGE 146, 377 Rn. 23). Lässt sich eine Person an einem Ort, an dem sie über persönliche (sowie ggf. zusätzlich über berufliche) Bindungen verfügt, in einer Weise nieder, die es als gesichert erscheinen lässt, dass sie dort während des Kalenderjahres an 185 Tagen wohnen wird, spricht viel für die Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes ab dem Beginn des Aufenthalts. Dies kommt beispielsweise dann in Betracht, wenn der Betreffende über keine weitere Wohnung verfügt oder wenn die Art und die Einrichtung dieser Wohnung bzw. die Art und Intensität der bestehenden persönlichen oder beruflichen Bindung eine Beendigung des Aufenthalts bereits vor dem Ablauf eines halben Jahres als praktisch ausgeschlossen erscheinen lassen. Gegenteiliges lässt sich auch dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Oktober 2014 (3 B 21.14 – ZfSch 2015, 58 = juris Rn. 6) nicht entnehmen. Dieser Entscheidung lag eine Fallgestaltung zugrunde, bei der weder vor Ausstellung des Führerscheins noch unter Berücksichtigung des nach Ausstellung des Führerscheins kurzzeitig weiter bestehenden Aufenthalts eine Aufenthaltsdauer von 185 Tagen im Ausstellungsmitgliedstaat im Kalenderjahr erreicht wurde. Auf die Frage, ob die 185-Tage-Frist im Zeitpunkt der Ausstellung des Führerscheins bereits verstrichen sein muss, kam es dort daher nicht entscheidungserheblich an. Grundsätzlich bildet jedoch der Umstand, dass sich der Betreffende – wie hier – erst kurz vor der Ausstellung des Führerscheins unter der angegebenen Adresse im Ausstellungsmitgliedstaat angemeldet hat, ein gewichtiges Indiz dafür, dass er sich nur zum Zweck des Erwerbs einer Fahrerlaubnis dort angemeldet hat, ohne einen ordentlichen Wohnsitz zu begründen (vgl. BayVGH, B.v. 22.2.2010 a.a.O. Rn. 29).

Ein weiterer Hinweis auf einen Wohnsitzverstoß ergibt sich aus den vom Kraftfahrt-Bundesamt übermittelten Unterlagen der polnischen Behörden. Die Erklärung der Stadt Stettin – Amt für Bürgerangelegenheiten – (Urzad Miasta Szczecin) vom 23. August 2016 teilt eine Anmeldung des Klägers in Polen im Zeitraum 1. Juni 2015 bis 15. Dezember 2015 mit. Die beigefügte Bestätigung bescheinigt eine am 1. Juni 2015 vorgenommene Registrierung eines Ausländers für einen vorübergehenden Aufenthalt („Potwiedzenie zameldowania cudzoziemca na pobyt czasowy“) mit einer beabsichtigten Dauer des Aufenthalts („zamierzony czas trwania popytu od“) vom 1. Juni bis 15. Dezember 2015 unter einer Adresse in Stettin. Auch hierbei handelt es sich um eine unbestreitbare Information einer Behörde des Ausstellungsmitgliedstaats, die darauf hindeutet, dass ein Wohnsitzverstoß vorliegt, denn bei einer tatsächlichen Verlegung des Wohnsitzes steht in der Regel nicht schon von vornherein fest, wie lange der Aufenthalt an dem neuen Wohnort genau andauern wird.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Entscheidung des Senats vom 22. Mai 2017 (11 CE 17.718 – juris) auch nicht zu entnehmen, dass ein Hinweis auf einen Wohnsitzverstoß nur bei Bestätigung der Beibehaltung eines gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland durch die Meldebehörde des Ausstellungsmitgliedstaats angenommen werden könnte. Hierbei handelte es sich in der genannten Entscheidung nur um einen weiteren, nicht aber um einen notwendigen Hinweis auf einen Wohnsitzverstoß (vgl. BayVGH, B.v. 22.5.2017 a.a.O. Rn. 18).

Die Zusammenschau der Informationen der polnischen Behörden ergibt hier, dass erhebliche Zweifel daran bestehen, ob der Wohnsitz des Klägers im Ausstellungsmitgliedstaat die Voraussetzungen des Art. 12 RL 2006/126/EG erfüllt hat, denn der Kläger hat sich von vornherein nur für einen knapp über 185 Tage andauernden Aufenthalt angemeldet und dann nach sehr kurzer Zeit einen Führerschein erworben. Angesichts der Notwendigkeit einer entsprechenden Fahrausbildung und -prüfung, ggf. in einer fremden Sprache, und der Tatsache, dass es für den Kläger möglich gewesen wäre, vor oder nach dem kurzen Meldezeitraum in Polen in Deutschland eine Fahrerlaubnis zu erwerben, deuten diese Umstände darauf hin, dass der Kläger die strengeren Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis in Deutschland umgehen wollte.

b) Unter Heranziehung der Informationen aus dem Ausstellungsmitgliedstaat und Berücksichtigung der inländischen Umstände steht im vorliegenden Fall zur Überzeugung des Senats ein Wohnsitzverstoß bei Erteilung der Fahrerlaubnis und Ausstellung des polnischen Führerscheins fest. Soweit unbestreitbare Informationen des Ausstellungsmitgliedstaats vorliegen, aus denen sich die Möglichkeit ergibt oder die darauf hinweisen, dass die Wohnsitzvoraussetzung nicht gegeben war, sind zur endgültigen Beurteilung dieser Frage die Umstände des gesamten Falles heranzuziehen, also ergänzend auch die „inländischen Umstände“ (stRspr, vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 12.1.2018 – 11 CS 17.1257 – Rn. 10). Hier spricht als gewichtiger inländischer Umstand für einen Scheinwohnsitz des Klägers in Polen lediglich zur Erlangung einer Fahrerlaubnis die Tatsache, dass er dauerhaft, also auch im Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis, mit Hauptwohnsitz in Deutschland gemeldet war. Des Weiteren hat er während seines behaupteten Aufenthalts in Polen in Deutschland ein Kraftfahrzeug auf seinen Namen zugelassen und eine Arbeitsstelle innegehabt. Der Personalleiter seines Arbeitgebers hat den vom Kläger behaupteten Einsatz in Polen auf Nachfrage ausdrücklich verneint. Damit steht fest, dass sich sein Lebensmittelpunkt in Deutschland und nicht in Polen befunden hat.

c) Aufgrund dieser durchgreifenden Zweifel an der Erfüllung der Wohnsitzvoraussetzung bei Erteilung der polnischen Fahrerlaubnis hätte es dem Kläger oblegen, die Angaben zu seinem Aufenthalt in Polen weiter zu substantiieren. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass der Fahrerlaubnisinhaber substantiierte und verifizierbare Angaben zu Beginn und Ende seines Aufenthalts im Ausstellungsmitgliedstaat im Zusammenhang mit der Fahrerlaubniserteilung sowie zu den persönlichen und beruflichen Bindungen, die im maßgeblichen Zeitraum zu dem im Führerschein angegebenen Wohnort bestanden, machen muss, wenn er trotz der das Gegenteil ausweisenden Informationen aus dem Ausstellungsmitgliedstaat und der inländischen Umstände darauf beharrt, das Wohnsitzerfordernis eingehalten zu haben (vgl. BVerwG, B.v. 28.1.2015 – 3 B 48.14 – juris Rn. 6; B.v. 22.10.2014 – 3 B 21.14 – DAR 2015, 30 Rn. 3; U.v. 30.5.2013 – 3 C 18.12 – BVerwGE 146, 377 Rn. 30; BayVGH, B.v. 22.8.2016 - 11 CS 16.1230 – juris Rn. 20; B.v. 20.5.2015 – 11 CS 15.685 – juris Rn. 15; OVG NW, U.v. 16.5.2014 – 16 A 2255/10 – juris Rn. 30). Solche Angaben hat der Kläger jedoch auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht gemacht.

3. Die Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

4. Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich der Feststellung, dass ihn seine polnische Fahrerlaubnis der Klasse B nicht berechtige, Kraftfahrzeuge auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu führen, und hinsichtlich der Verpflichtung, seinen polnischen Führerschein der Fahrerlaubnisbehörde zur Anbringung eines Sperrvermerks vorzulegen.

Der in Deutschland geborene und wohnhafte Antragsteller war zu keinem Zeitpunkt Inhaber einer deutschen Fahrerlaubnis. Mit Strafbefehl vom 1. März 2004, rechtskräftig seit 17. April 2004, sprach ihn das Amtsgericht Gemünden der fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis schuldig, verhängte eine Geldstrafe und ordnete eine isolierte Sperrfrist (§ 69a Abs. 1 Satz 3 StGB) von 12 Monaten für die Fahrerlaubniserteilung an. Dem lag zugrunde, dass der Antragsteller am 30. November 2003 nach Alkoholkonsum (BAK: 1,66 ‰) mit einem Kraftfahrzeug auf öffentlichen Straßen gefahren war. Zwei Anträge des Antragstellers auf Erteilung der Fahrerlaubnis hat das Landratsamt Main-Spessart (Fahrerlaubnisbehörde) mit Bescheiden vom 26. Oktober 2006 und vom 29. Januar 2013 abgelehnt, da der Antragsteller die von ihm geforderten Fahreignungsgutachten jeweils nicht beigebracht hatte.

Bei einer polizeilichen Verkehrskontrolle am 26. September 2016 legte der Antragsteller einen am 13. November 2013 ausgestellten polnischen Führerschein der Klasse B vor. Ermittlungen der Fahrerlaubnisbehörde ergaben, dass der Antragsteller durchgehend mit Hauptwohnsitz in Deutschland gemeldet war. Das Kraftfahrt-Bundesamt übermittelte der Fahrerlaubnisbehörde auf Anfrage über das polnische Ministerium für Infrastruktur - Abteilung Transport und Straßenverkehr - eine Auskunft der Stadt Szczecin (Stettin) vom 10. Januar 2017, wonach die erteilte polnische Fahrerlaubnis gültig sei. Fragen nach dem Aufenthalt des Antragstellers oder enger Familienangehöriger zum Zeitpunkt der Fahrerlaubniserteilung, der Existenz der Unterkunft, einer beruflichen Tätigkeit, etwaigem Eigentum und etwaigen Kontakten zu öffentlichen Behörden und Sozialleistungsträgern wurden jeweils mit „unknown“ beantwortet. Der Auskunft beigefügt war eine Bescheinigung der Stadt Stettin in polnischer Sprache über die Anmeldung eines vorübergehenden Aufenthalts vom 30. Oktober 2013 bis 31. Juli 2014 unter der Adresse W … 60/1 in Stettin bei gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland.

Nach Anhörung stellte die Fahrerlaubnisbehörde mit Bescheid vom 6. Februar 2017 fest, dass die polnische Fahrerlaubnis den Antragsteller nicht berechtige, fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu führen (Nr. 1), verpflichtete ihn zur Vorlage des Führerscheins zum Eintrag eines Vermerks über die Ungültigkeit in Deutschland (Nr. 2), drohte für den Fall der nicht fristgerechten Vorlage ein Zwangsgeld in Höhe von 500,- Euro an (Nr. 3) und ordnete hinsichtlich der Feststellung der Inlandsungültigkeit und der Verpflichtung zur Vorlage des Führerscheins die sofortige Vollziehung an (Nr. 4).

Am 20. Februar 2017 legte der Antragsteller den Führerschein vor, der ihm nach Anbringung des Sperrvermerks wieder ausgehändigt wurde.

Über die gegen den Bescheid erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Würzburg noch nicht entschieden. Den gleichzeitig eingereichten Antrag, dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung die Anbringung eines Aberkennungsvermerks auf dem Führerschein zu untersagen und ihn zu verpflichten, den bereits aufgebrachten Vermerk zu entfernen, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 10. März 2017 abgelehnt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, der der Antragsgegner entgegentritt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Aus den im Beschwerde-verfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig wäre.

1. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung aufgrund des für sofort vollziehbar erklärten Verwaltungsakts nicht in Betracht kommt, da der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz im Wege eines Antrags auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage begehren kann (§ 123 Abs. 5 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO). Ebenfalls zu Recht hat es den zu Gunsten des Antragstellers so ausgelegten Antrag hinsichtlich der gemäß Art. 21a VwZVG sofort vollziehbaren Zwangsgeldandrohung angesichts des bereits angebrachten Sperrvermerks als unzulässig angesehen, weil sich dieser behördliche Ausspruch schon vor Klageerhebung durch die Vorlage des Führerscheins erledigt hatte und der Antragsteller deshalb insoweit von Anfang an kein Rechtsschutzbedürfnis besaß (vgl. BayVGH, B.v. 22.2.2010 - 11 CS 09.1934 - juris Rn. 21-23). Für den Sperrvermerk wäre im Erfolgsfall die Anordnung der Aufhebung der Vollziehung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO in Betracht gekommen.

2. Soweit der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zulässig ist, hat ihn das Verwaltungsgericht auch unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zutreffend als unbegründet abgelehnt, weil die Klage nach summarischer Prüfung voraussichtlich erfolglos bleiben wird und auch die Interessenabwägung gegen die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage spricht.

a) Nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV) vom 18. Dezember 2010 (BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 21. Dezember 2016 (BGBl I S. 3083), gilt die Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten. Die Behörde kann einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen (§ 28 Abs. 4 Satz 2 FeV). Das Landratsamt Main-Spessart hat sowohl hinsichtlich der Feststellung der Inlandsungültigkeit als auch hinsichtlich der Verpflichtung zur Vorlage des Führerscheins (§ 47 Abs. 2 FeV) den Sofortvollzug angeordnet (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 9.3.2017 - 11 CS 17.315 - juris Rn. 14 ff.).

b) Ein ordentlicher Wohnsitz im Inland wird nach § 7 Abs. 1 Satz 2 FeV angenommen, wenn der Betroffene wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder - bei fehlenden beruflichen Bindungen - wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen ihm und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, d.h. während mindestens 185 Tagen im Jahr, im Inland wohnt. Ein Bewerber, dessen persönliche Bindungen im Inland liegen, der sich aber aus beruflichen Gründen in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten der EU (oder EWR) aufhält, hat seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland, sofern er regelmäßig dorthin zurückkehrt (§ 7 Abs. 1 Satz 3 FeV). Die Voraussetzung entfällt, wenn sich der Bewerber zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer in einem solchen Staat aufhält (§ 7 Abs. 1 Satz 4 FeV).

Diese Bestimmungen stehen mit Art. 2 Abs. 1, Art. 7 und Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (Neufassung, ABl EG Nr. L 403 S.18) in Einklang. Nach Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie werden die von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine gegenseitig anerkannt. Allerdings darf ein Führerschein nur an Bewerber ausgestellt werden, die im Hoheitsgebiet des den Führerschein ausstellenden Mitgliedstaats ihren ordentlichen Wohnsitz haben oder nachweisen können, dass sie während eines Mindestzeitraums von sechs Monaten dort studiert haben (Art. 7 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie). Als ordentlicher Wohnsitz gilt gemäß Art. 12 der Richtlinie der Ort, an dem ein Führerscheininhaber wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder - im Fall eines Führerscheininhabers ohne berufliche Bindungen - wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen ihm und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, d.h. während mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr wohnt. Als ordentlicher Wohnsitz eines Führerscheininhabers, dessen berufliche Bindungen an einem anderen Ort als dem seiner persönlichen Bindungen liegen und der sich daher abwechselnd an verschiedenen Orten in zwei oder mehr Mitgliedstaaten aufhalten muss, gilt jedoch der Ort seiner persönlichen Bindungen, sofern er regelmäßig dorthin zurückkehrt. Diese Voraussetzung muss nicht erfüllt sein, wenn sich der Führerscheininhaber in einem Mitgliedstaat zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer aufhält. Nach Art. 7 Abs. 5 Unterabsatz 2 der Richtlinie achten die Mitgliedstaaten bei der Erteilung einer Fahrerlaubnis sorgfältig darauf, dass eine Person die Anforderungen des Absatzes 1 - und somit auch die Wohnsitzvoraussetzung - erfüllt.

c) Die Prüfung, ob Informationen über den Wohnsitz des Fahrerlaubnisinhabers zum Zeitpunkt der Erteilung als vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührend und unbestreitbar eingestuft werden können, obliegt den Behörden und Gerichten des Aufnahmemitgliedstaats (vgl. EuGH, U.v. 1.3.2012 - Akyüz, C-467/10 - NJW 2012, 1341 Rn. 73 und 74). Dabei muss die Begründung eines Scheinwohnsitzes aufgrund der vom Ausstellungsmitgliedstaat stammenden Informationen nicht bereits abschließend erwiesen sein. Vielmehr reicht es aus, wenn diese Informationen darauf „hinweisen“, dass der Inhaber des Führerscheins im Gebiet des Ausstellungsmitgliedstaats einen rein fiktiven Wohnsitz allein zu dem Zweck begründet hat, der Anwendung der strengeren Bedingungen für die Ausstellung eines Führerscheins im Mitgliedstaat seines tatsächlichen Wohnsitzes zu entgehen (vgl. EuGH, U.v. 1.3.2012 a.a.O. Rn. 75).

d) Zutreffend hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die aus dem Ausstellungsmitgliedstaat Polen stammenden Informationen auf die Nichterfüllung der Wohnsitzvoraussetzung bei der Erteilung der Fahrerlaubnis hinweisen und die Zusammenschau mit den übrigen bekannten Umständen, insbesondere der durchgehenden Meldung des Antragstellers in Deutschland, auf einen Wohnsitzverstoß schließen lässt.

aa) Die Fahrerlaubnisbehörde ist entgegen der Ansicht des Antragstellers durch den Eintrag eines polnischen Wohnsitzes im Führerschein nicht gehindert, die über das Kraftfahrt-Bundesamt beigebrachten Erkenntnisse der polnischen Behörden zu berücksichtigen. Allein die Eintragung eines Wohnsitzes im Ausstellungsmitgliedstaat im Führerschein steht dem nicht entgegen. Vielmehr dürfen Angaben im Führerschein selbst und andere vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen als Erkenntnisquellen gleichrangig herangezogen werden (vgl. EuGH, B.v. 9.7.2009 - C-445/08, Wierer - NJW 2010, 217 Rn. 51). Solche Informationen können insbesondere Angaben einer Einwohnermeldebehörde des Ausstellungsmitgliedstaats sein (EuGH, B.v. 9.7.2009 a.a.O. Rn. 61).

Zwar setzt nach der Rechtsprechung des Senats die Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes nicht zwangsläufig voraus, dass die 185-Tage-Frist bereits verstrichen ist (BayVGH, B.v. 19.3.2013 - 11 CS 13.407 - juris Rn. 41; B.v. 22.2.2010 - 11 CS 09.1934 - juris Rn. 29-36; offen BVerwG, U.v. 30.5.2013 - 3 C 18.12 - BVerwGE 146, 377 Rn. 23). Lässt sich eine Person an einem Ort, an dem sie über persönliche (sowie ggf. zusätzlich über berufliche) Bindungen verfügt, in einer Weise nieder, die es als gesichert erscheinen lässt, dass sie dort während des Kalenderjahres an 185 Tagen wohnen wird, spricht viel für die Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes ab dem Beginn des Aufenthalts. Dies kommt beispielsweise dann in Betracht, wenn der Betreffende über keine weitere Wohnung verfügt oder wenn die Art und die Einrichtung dieser Wohnung bzw. die Art und Intensität der bestehenden persönlichen oder beruflichen Bindung eine Beendigung des Aufenthalts bereits vor dem Ablauf eines halben Jahres als praktisch ausgeschlossen erscheinen lassen. Ansonsten bildet jedoch der Umstand, dass der Betreffende erst kurz vor der Ausstellung des Führerscheins unter der angegebenen Adresse Wohnung im Ausstellungsmitgliedstaat genommen hat, ein sehr gewichtiges Indiz dafür, dass er sich nur zum Zweck des Erwerbs einer Fahrerlaubnis dort angemeldet hat, ohne einen ordentlichen Wohnsitz zu begründen (BayVGH, B.v. 22.2.2010 a.a.O. Rn. 29). So liegt es auch im Fall des Antragstellers, der seinen gemeldeten Wohnsitz in Deutschland beibehalten hat. Es sind keine Umstände ersichtlich, die die Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes in Polen bereits im Zeitpunkt der Anmeldung oder der Erteilung der Fahrerlaubnis als gesichert erscheinen ließen.

Ein weiterer Hinweis auf einen Wohnsitzverstoß ergibt sich aus den vom Kraftfahrt-Bundesamt übermittelten Unterlagen der polnischen Behörden. Zwar beweist die Erklärung einer Behörde des Ausstellungsmitgliedstaats, die Wohnsitzvoraussetzung nicht geprüft zu haben, für sich betrachtet nicht unbedingt, dass der Inhaber seinen Wohnsitz nicht gleichwohl im Ausstellungsmitgliedstaat hatte (EuGH, B.v. 9.7.2009 a.a.O. Rn. 55). Allein die Beantwortung der Fragen zu den näheren persönlichen Umständen des Antragstellers im Zeitpunkt der Fahrerlaubniserteilung durch die polnische Behörde mit „unknown“ lässt daher nicht zwangsläufig auf einen Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis schließen. Allerdings beschränken sich die von der Fahrerlaubnisbehörde über das Kraftfahrt-Bundesamt eingeholten Auskünfte nicht auf die Angabe „unknown“. Vielmehr lag der Auskunft eine Bescheinigung des Amts der Stadt Stettin - Bürgerangelegenheiten - (Urzad Miasta Szczecin) vom 30. Oktober 2013 in polnischer Sprache über die Anmeldung eines vorübergehenden Aufenthalts (Potwierdzenie zameldowania na pobyt czasowy) bei, in der die Adresse des vorübergehenden Aufenthalts des Antragstellers (Adres miejsca pobytu czasowego) vom 30. Oktober 2013 bis 31. Juli 2014 mit ‚Szczecin W … 60/1‘ bei gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland (Adres miejsca pobytu stalego: Niemcy) angegeben war. Auch hierbei handelt es sich um eine unbestreitbare Information einer Behörde des Ausstellungsmitgliedstaats, die im Zusammenhang mit den weiteren eingeholten Auskünften gesehen werden muss. Wenn in einer Meldebestätigung des Ausstellungsmitgliedstaats zwar ein nach eigenen Angaben des Antragstellers längerer Aufenthalt von mehr als 185 Tagen im Ausstellungsmitgliedstaat, aber zugleich ein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland bescheinigt und der Aufenthalt in Polen demgegenüber als vorübergehend bezeichnet wird, ergeben sich daraus erhebliche Zweifel daran, dass der Wohnsitz im Ausstellungsmitgliedstaat die Voraussetzungen des Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG erfüllt (vgl. BayVGH, B.v. 23.1.2017 - 11 ZB 16.2458 - juris Rn. 14, B.v. 7.2.2017 - 11 CS 16.2562 - juris Rn. 15; OVG RhPf, B.v. 15.1.2016 - 10 B 11099/15 - NJW 2016, 2052 Rn. 6; NdsOVG, B.v. 29.3.2016 - 12 ME 32/16 - NJW 2016, 2132 Rn. 9).

bb) Soweit unbestreitbare Informationen des Ausstellungsmitgliedstaats vorliegen, aus denen sich die Möglichkeit ergibt oder die darauf hinweisen, dass die Wohnsitzvoraussetzung nicht gegeben war, sind zur endgültigen Beurteilung dieser Frage die Umstände des gesamten Falles heranzuziehen, also ergänzend auch die „inländischen Umstände“ (stRspr, vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 7.2.2017 a.a.O. Rn. 16 m.w.N.). Insoweit spricht als gewichtiger inländischer Umstand für einen Scheinwohnsitz des Antragstellers in Polen lediglich zur Erlangung einer Fahrerlaubnis die Tatsache, dass er dauerhaft, also auch im Zeitpunkt der Erteilung, mit Hauptwohnsitz in Deutschland gemeldet war. Des Weiteren hat er zur Begründung seiner Klage eine Teilnahmebescheinigung über einen Alkohol-Abstinenzcheck der TÜV SÜD L. Service GmbH, Service-Center Würzburg, für den Zeitraum vom 7. August 2013 bis 7. Februar 2014 vorlegen lassen, wonach bei ihm aufgrund kurzfristiger und für ihn unvorhersehbarer Einbestellungen unter anderem am 5. November 2013, 4. Dezember 2013 und 23. Januar 2014 Urinscreenings durchgeführt wurden. Diese Daten fallen genau in die Zeit, in der der Antragsteller vorgibt, sich in Polen aufgehalten zu haben.

cc) Aufgrund dieser gravierenden Zweifel an der Erfüllung der Wohnsitzvoraussetzung bei Erteilung der polnischen Fahrerlaubnis hätte es dem Antragsteller oblegen, die Angaben zu seinem Aufenthalt in Polen weiter zu substantiieren. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass der Fahrerlaubnisinhaber substantiierte und verifizierbare Angaben zu Beginn und Ende seines Aufenthalts im Ausstellungsmitgliedstaat im Zusammenhang mit der Fahrerlaubniserteilung sowie zu den persönlichen und beruflichen Bindungen, die im maßgeblichen Zeitraum zu dem im Führerschein angegebenen Wohnort bestanden, machen muss, wenn er trotz der das Gegenteil ausweisenden Informationen aus dem Ausstellungsmitgliedstaat und der inländischen Umstände darauf beharrt, das Wohnsitzerfordernis eingehalten zu haben (vgl. BVerwG, B.v. 28.1.2015 - 3 B 48.14 - juris Rn. 6; B.v. 22.10.2014 - 3 B 21.14 - DAR 2015, 30 Rn. 3; U.v. 30.5.2013 - 3 C 18.12 - BVerwGE 146, 377 Rn. 30; BayVGH, B.v. 22.8.2016 - 11 CS 16.1230 - juris Rn. 20; B.v. 20.5.2015 - 11 CS 15.685 - juris Rn. 15; OVG NW, U.v. 16.5.2014 - 16 A 2255/10 - juris Rn. 30). Solche Angaben hat der Antragsteller jedoch bisher nicht gemacht. Seine Klage wird daher voraussichtlich erfolglos bleiben.

e) Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht unabhängig von den Erfolgsaussichten der Klage eine Interessenabwägung vorgenommen mit dem Ergebnis, dass aufgrund der noch nicht getilgten Straftat vom 30. November 2003 (§ 65 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 StVG i.V.m. § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, Abs. 4 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1 StVG in der bis 30.4.2014 geltenden Fassung) auch unter Berücksichtigung der seither verstrichenen Zeit und der beruflichen Interessen des Antragstellers die Belange der Verkehrssicherheit überwiegen. Dem schließt sich der Senat angesichts der noch nicht nachgewiesenen Wiedererlangung der Fahreignung des Antragstellers an. Dem Antragsteller bleibt es unbenommen, diesen Nachweis durch Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (§ 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV) zu erbringen.

3. Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Auflage 2016, Anh. § 164 Rn. 14).

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die im Bescheid des Landratsamts Miltenberg vom 26. Januar 2017 getroffene Feststellung, dass ihn die am 29. März 2013 erteilte polnische Fahrerlaubnis nicht berechtige, von dieser in Deutschland Gebrauch zu machen, sowie die unter Androhung unmittelbaren Zwangs verfügte Verpflichtung, seinen polnischen Führerschein zur Eintragung eines Sperrvermerks vorzulegen.

Der Antragsteller ist bis März 2016 mehrmals im Zusammenhang mit dem Konsum von Betäubungsmitteln in Erscheinung getreten. Im Jahr 2002 hatte er deshalb auf seine deutsche Fahrerlaubnis der Klasse M verzichtet. Von einer im Jahr 2006 erteilten tschechischen Fahrerlaubnis durfte er wegen eines darin eingetragenen deutschen Wohnsitzes im Bundesgebiet keinen Gebrauch machen. Eine im Jahr 2009 erteilte tschechische Fahrerlaubnis wurde ihm entzogen. Im November 2015 wurde der Fahrerlaubnisbehörde bekannt, dass er im Besitz eines am 29. März 2013 ausgestellten polnischen Führerscheins der Klassen A und B war, in dem als Wohnanschrift „… … … … … *“ angegeben ist. Nach einem vom Kraftfahrt-Bundesamt übermittelten Schreiben des polnischen Landratsamts S* … vom 23. Dezember 2015 wurde dem Antragsteller (wohnhaft: … … …*) die polnische Fahrerlaubnis aufgrund einer ärztlichen Untersuchung, eines Fahrschulbesuchs, der Ablegung der theoretischen und praktischen Prüfung, der Wohnsitznahme in S* … und der eidesstattlichen Versicherung seines Aufenthalts in der Republik Polen für mehr als 185 Tage/Jahr, der Bescheinigung, ein EU-Bürger zu sein, der Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes, nicht im Besitz einer gültigen deutschen Fahrerlaubnis zu sein, und einer Abmeldung aus Deutschland erteilt. Beigefügt waren Bescheinigungen der Stadtverwaltung S* … vom 28. Mai 2012, 11. Oktober 2012 und 1. Februar 2013 über einen jeweils befristeten und vorübergehenden Aufenthalt des Antragstellers bis zu drei Monaten unter verschiedenen Adressen in S* … für die Zeiten vom 28. Mai bis 27. August 2012 (ul. … …*), vom 11. Oktober 2012 bis 27. Januar 2013 (* … … …*) und vom 1. Februar bis 31. Mai 2013 (* … …*), wobei als ständiger Aufenthalt („… … … …“) jeweils Deutschland („…“) angegeben war.

Im Inland war der Antragsteller seit 1. Dezember 2001 durchgehend mit Wohnsitz im Landkreis Miltenberg gemeldet. Am 31. Januar 2013 meldete er sich nach Polen ab und am 8. April 2013 wieder unter seiner vormaligen Anschrift an.

Gegen den Feststellungsbescheid des Landratsamts Miltenberg vom 26. Januar 2017 über die Inlandsungültigkeit der polnischen Fahrerlaubnis ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten Widerspruch einlegen, den die Regierung von Unterfranken mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 2017 zurückwies. Aus den polnischen Unterlagen ergebe sich, dass der Antragsteller nur befristete Aufenthalte von drei Monaten unter verschiedenen polnischen Anschriften angemeldet habe, seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Polen jedoch nur vom 31. Januar bis 8. April 2013. Er habe sich aus Miltenberg nur abgemeldet, um dem polnischen Verkehrsamt eine Abmeldung vorlegen zu können. Daraufhin habe er sich gezielt am bisherigen deutschen Hauptwohnsitz rückgemeldet. Die vom Ausstellerstaat herrührenden Informationen wiesen darauf hin, dass der Antragsteller in Polen einen fiktiven Wohnsitz begründet habe, um der Anwendung der strengeren Bedingungen zum Erwerb des deutschen Führerscheins zu entgehen. Somit dürften das Erklärungsverhalten des Antragstellers und inländische Erkenntnisse berücksichtigt werden, darunter, dass die im Führerschein verzeichnete Wohnanschrift bereits in anderen Führerscheinangelegenheiten als dauerhafter Wohnsitz angegeben worden sei und mehrere Fahrschulen aus S* …, sogar in unmittelbarer Nähe dieser Anschrift, den schnellen und unkomplizierten Erwerb der polnischen Fahrerlaubnis im Internet bewürben.

Am 25. Juli 2017 ließ der Antragsteller Klage (W 6 K 17.770) erheben, über die das Verwaltungsgericht Würzburg noch nicht entschieden hat. Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage lehnte das Verwaltungsgericht Würzburg mit Beschluss vom 18. August 2017 unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid ab. Ergänzend wurde ausgeführt, der kurze Aufenthalt in Polen vor Ausstellung des polnischen Führerscheins von nur 88 Tagen sei ein Indiz für eine fehlende Wohnsitznahme. Die Wohnsitzbescheinigungen der Stadt S* …, die einen ständigen Aufenthalt in Deutschland angäben, stünden in Widerspruch zu der Abmeldung aus dem Inland von 66 Tagen. Der gemeldete vorübergehende Aufenthalt spreche gegen die Begründung eines Lebensmittelpunktes. Zudem habe sich die polnische Behörde den erforderlichen Aufenthalt eidesstattlich versichern lassen. Hierzu in Widerspruch stünden die Angaben des Antragstellers, dass sein Vermieter der Behörde unter Vorlage des Mietvertrages die Erfüllung der Wohnsitzvoraussetzungen bestätigt habe. Unabhängig davon spreche auch eine Interessenabwägung gegen eine Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage. Dabei fielen die aktenkundige fahrerlaubnisrechtliche Vorgeschichte, die Zweifel an der Fahreignung wecke, und die Auffälligkeiten im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln bis in jüngste Zeit, die auf eine Verstrickung ins Drogenmilieu hinwiesen, gravierend ins Gewicht.

Hiergegen richtet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, der der Antragsgegner entgegentritt, und macht geltend, es sei Sache der polnischen Behörde, die Wohnsitzvoraussetzungen zu prüfen, was durch Befragung des Vermieters und Prüfung des Mietvertrages auch geschehen sei. Auch ein auf Dauer angelegter Aufenthalt werde zu Anfang nur befristet ausgewiesen, so dass hieraus keine negativen Schlüsse gezogen werden könnten. Der angegriffene Bescheid beruhe auf Mutmaßungen, was gegen das Anerkennungsprinzip verstoße. Außerdem verstoße der Gerichtsbeschluss gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Seit Ausstellung des polnischen Führerscheins im Januar 2013 fahre der Antragsteller völlig beanstandungsfrei. Nach der Rechtsprechung anderer Verwaltungsgerichte reiche ein bloßer Hinweis auf einen Wohnsitzverstoß nicht aus. Auch die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Akyüz, wonach Ansatzpunkte als Information ausreichen sollten, sei nicht geeignet, den Anerkennungsgrundsatz auszuhebeln. Insbesondere widersprüchliche unbestreitbare Informationen könnten nicht den Anfangsverdacht eines Wohnsitzverstoßes begründen. Die vorliegenden Informationen seien qualitativ nicht beweisbzw. aussagekräftig und damit auch nicht unbestreitbar. Die melderechtlichen Erkenntnisse und persönlichen Verhältnisse (z.B. Kinder lebten beim Antragsteller) seien nicht zu berücksichtigen, da es sich hierbei nicht um Erkenntnisse des Ausstellungsmitgliedstaates handele. Bei Bestehen von zwei Wohnsitzen und bei Vorliegen einer Erklärung der Behörde, sie habe das Bestehen eines tatsächlichen Wohnsitzes nicht geprüft, dürften die Zweifel an der Einhaltung des Wohnsitzprinzips nicht zu Lasten des Wohnsitzinhabers gehen, der auf die Richtigkeit der Erteilung der Fahrerlaubnis vertrauen dürfe. Widersprächen sich der Wohnsitzeindruck und die Wohnsitzangaben, dürfe eine deutsche Behörde an Stelle der zuständigen ausländischen Führerscheinbehörde keine verbindliche Entscheidung treffen. Es seien keine besonderen Umstände im Sinne der EuGH-Rechtsprechung erkennbar, die der deutschen Behörde eine Befugnis zum Eingriff in die ausländische Kompetenz zur Ausstellung und zum Entzug des Führerscheins vermittelten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 1 bis 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig ist.

Die Fahrerlaubnisbehörde durfte gemäß § 28 Abs. 4 Satz 2 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-VerordnungFeV) vom 13. Dezember 2010 (BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 2. Januar 2018 (BGBl I S. 2), feststellen, dass der am 29. März 2013 ausgestellte polnische Führerschein den Antragsteller nicht berechtigt, von diesem in Deutschland Gebrauch zu machen. Nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV gilt die Berechtigung nach § 28 Abs. 1 FeV nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Abs. 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben.

Ein ordentlicher Wohnsitz im Inland wird nach § 7 Abs. 1 Satz 2 FeV angenommen, wenn der Betroffene wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder – bei fehlenden beruflichen Bindungen – wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen ihm und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, d.h. während mindestens 185 Tagen im Jahr, im Inland wohnt. Eine Person, deren persönliche Bindungen im Inland liegen, die sich aber aus beruflichen Gründen in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten der EU (oder EWR) aufhält, hat ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland, sofern sie regelmäßig dorthin zurückkehrt (§ 7 Abs. 1 Satz 3 FeV). Die Voraussetzung entfällt, wenn sie sich zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer in einem solchen Staat aufhält (§ 7 Abs. 1 Satz 4 FeV).

Diese Bestimmungen stehen mit Art. 2 Abs. 1, Art. 7 und Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (Neufassung, ABl EG Nr. L 403 S.18) in Einklang (vgl. BayVGH, B.v. 13.6.2017 – 11 CS 17.1022 – juris Rn. 14). Voraussetzung für die Anerkennung einer EU-Fahrerlaubnis, die ein Mitgliedstaat ausgestellt hat, ist gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2006/126/EG ein Wohnsitz im Ausstellungsmitgliedstaat im Sinne des Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG. Die Verpflichtung zur gegenseitigen Anerkennung von durch EU-Mitgliedstaaten erteilten Fahrerlaubnissen gemäß Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG gilt nicht, wenn entweder Angaben im zugehörigen Führerschein oder andere vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen vorliegen, nach denen das Wohnsitzerfordernis nicht eingehalten wurde (vgl. EuGH, U.v. 1.3.2012 – C-467/10, Akyüz – NJW 2012, 1341 Rn. 62).

Hieraus folgt, dass es dem Antragsgegner nicht verwehrt war, der Frage nachzugehen, ob der Antragsteller bei der Erteilung der EU-Fahrerlaubnis tatsächlich seinen ordentlichen Wohnsitz in Polen hatte (vgl. EuGH, U.v. 26.4.2012 – C-419/10, Hofmann – juris Rn. 90). Durch den Eintrag eines im Gebiet des Ausstellungsmitgliedstaats liegenden Wohnorts im Führerschein wird das tatsächliche Innehaben eines Wohnsitzes an diesem Ort nicht positiv und in einer Weise bewiesen, dass die Behörden und Gerichte anderer EU-Mitgliedstaaten dies als nicht zu hinterfragende Tatsache hinzunehmen hätten (vgl. BayVGH, U.v. 25.9.2012 – 11 B 10.2427 – NZV 2013, 259). Die Verpflichtung zu gegenseitiger Amtshilfe nach Art. 15 Satz 1 der Richtlinie 2006/126/EG vermittelt dem Aufnahmemitgliedstaat vielmehr das Recht, sich bei den Behörden des Ausstellungsmitgliedstaats über das tatsächliche Bestehen eines ordentlichen Wohnsitzes zu erkundigen; dem steht die Verpflichtung dieses Staats gegenüber, einschlägige Informationen zur Verfügung zu stellen (vgl. BayVGH, U.v. 7.5.2015 – 11 B 14.654 – juris Rn. 33). Dass ggf. auch widersprüchliche behördliche Informationen aus dem Ausstellungsstaat von der Fahrerlaubnisbehörde des Aufnahmemitgliedstaats als Hinweis auf einen Scheinwohnsitz gewertet werden dürfen (stRspr, vgl. BayVGH, U.v. 20.3.2018 – 11 B 17.2236 – juris; B.v. 22.5.2017 – 11 CE 17.718 – juris Rn. 16), ergibt sich schon daraus, dass Angaben im Führerschein wie auch andere vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührende Informationen gleichrangig („oder“) als Erkenntnisquellen genutzt werden dürfen (vgl. EuGH, B.v. 9.7.2009 – C-445/08 – EuZW 2009, 735 Rn. 51).

Ferner lassen sich der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (U.v. 1.3.2012 – C-467/10 – NJW 2012, 1341 Rn. 67 ff.) keine mit dem Begriff „unbestreitbar“ verknüpften Mindestanforderungen an die qualitative Beweisbzw. Aussagekraft entnehmen. Vielmehr wird insoweit zunächst vorausgesetzt, dass die Informationen von einer Behörde des Ausstellungsmitgliedstaats stammen, selbst wenn sie nur indirekt in Form einer Mitteilung Dritter übermittelt worden sind (vgl. EuGH, a.a.O. Rn. 67, 71 f.). Die entsprechende Prüfung obliegt den Behörden und Gerichten des Aufnahmemitgliedstaats (vgl. EuGH, a.a.O. Rn. 73). Weiter setzt die Heranziehung der Informationen gerade nicht voraus, dass sich aus ihnen ein Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis zweifelsfrei ergibt bzw. dass sie insoweit als abschließender Beweis angesehen werden können. Es genügt, wenn sie darauf „hinweisen“, dass der Inhaber des Führerscheins im Gebiet des Ausstellungsmitgliedstaats einen rein fiktiven Wohnsitz allein zu dem Zweck begründet hat, der Anwendung der strengeren Bedingungen für die Ausstellung eines Führerscheins im Mitgliedstaat seines tatsächlichen Wohnsitzes zu entgehen (vgl. EuGH, a.a.O. Rn. 74 f.; BVerwG, U.v. 30.5.2013 – 3 C 18/12 – BVerwGE 146, 377 = juris Rn. 21). Auch insofern obliegt die Bewertung den Behörden und Gerichten des Aufnahmemitgliedstaats (vgl. EuGH, a.a.O. Rn. 74).

Liegen unbestreitbare Informationen des Ausstellungsmitgliedstaats, wie insbesondere eine kurze Aufenthaltsdauer, vor, aus denen sich die Möglichkeit ergibt bzw. die darauf hinweisen, dass das Wohnsitzerfordernis nicht eingehalten war, sind bei der Beurteilung dieser Frage alle Umstände des anhängigen Verfahrens zu berücksichtigen, also auch die „inländischen Umstände“ (EuGH, U.v. 1.3.2012 – C-467/10 – NJW 2012, 1341 Rn. 75; stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 12.1.2018 – 11 CS 17.1257 –juris Rn. 10; B.v. 23.1.2017 – 11 ZB 16.2458 – juris Rn. 12 m.w.N.; OVG NW, B.v. 9.1.2018 – 16 B 534/17 – juris Rn. 14 ff.). Mit dieser Auslegung der Richtlinie 2006/126/EG und der sie umsetzenden nationalen Vorschriften wird nicht der Anerkennungsgrundsatz „ausgehebelt“, sondern werden diesem zur Vermeidung seiner rechtsmissbräuchlichen Ausnutzung legitime Grenzen gezogen.

Nach diesen Maßgaben ist das Verwaltungsgericht zum einen zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei den melderechtlichen Informationen der polnischen Stadtverwaltung um Informationen des Ausstellungsmitgliedstaats handelt, zum andern, dass diese auf einen fehlenden ordentlichen Wohnsitz in Polen zur Zeit der Ausstellung des streitgegenständlichen Führerscheins hinweisen. Aus den drei Meldebescheinigungen der Stadtverwaltung vom 28. Mai 2012, 11. Oktober 2012 und 1. Februar 2013 ergibt sich, dass der Antragsteller seinen ständigen Aufenthalt in Deutschland während der drei unzusammenhängenden Aufenthaltszeiten in Polen in den Jahren 2012 und 2013 beibehalten hat, dort also keinen ordentlichen Wohnsitz oder in Deutschland und Polen gleichzeitig einen Wohnsitz unterhielt, dass er während des sehr begrenzten Aufenthalts in Polen dreimal umzog, bei Erteilung der polnischen Fahrerlaubnis am 29. März 2013 noch keinen Aufenthalt von 185 Tage im Kalenderjahr (dazu BVerwG, B.v. 22.10.2014 – 3 B 21/114 – DAR 2015, 30 = juris Rn. 6) vorweisen konnte und zwei Tage nach Erteilung der Fahrerlaubnis seinen Aufenthalt in Polen beendet hat. Diese Umstände weisen jedenfalls in der Zusammenschau auf einen Wohnsitzverstoß hin, was es dem Antragsgegner erlaubte, die ihm vorliegenden Informationen aus dem Inland zu nutzen, nämlich die durchgehende Meldung mit Wohnsitz im Inland seit 1. Dezember 2001, die kurzzeitige Abmeldung nach Polen vom 31. Januar bis 8. April 2013 und anschließende Wiederaufnahme des bisherigen Wohnsitzes, sowie die behördlichen Erkenntnisse, dass weitere deutsche Staatsangehörige die polnische Anschrift vor einem Führerscheinerwerb in Polen genutzt haben. Hierbei handelt es sich um gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller in der fraglichen Zeit tatsächlich nicht in S* … wohnte. Die Abmeldung nach Polen lässt zudem darauf schließen, dass er entweder gegenüber den polnischen Meldebehörden unzutreffende Angaben gemacht hat, oder darauf, dass die Abmeldung aus Deutschland nur zum Schein erfolgte, was beides gegen die inhaltliche Richtigkeit der polnischen Bescheinigungen spricht. Hinzu kommt, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angeführt hat, dass der Antragsteller an der Aufklärung der Dauer seines Aufenthalts im Ausstellungsmitgliedstaat und seiner persönlichen und beruflichen Bindungen, die im maßgeblichen Zeitraum zu dem im Führerschein angegebenen Wohnort bestanden haben sollen, nur unzureichend mitgewirkt hat. Insoweit trifft ihn bei Vorliegen entsprechender Hinweise aus dem Ausstellungsmitgliedstaat, dass das Wohnsitzerfordernis nicht erfüllt ist, jedoch eine Obliegenheit, hierzu substantiierte und verifizierbare Angaben zu machen (BVerwG, B.v. 28.1.2015 – 3 B 48/14 – juris Rn. 6; B.v. 22.10.2014, a.a.O. Rn. 3; U.v. 30.5.2013 – 3 C 18.12 – BVerwGE 146, 377 Rn. 30; BayVGH, B.v. 22.5.2017 – 11 CE 17.718 – juris Rn. 20; B.v. 22.8.2016 – 11 CS 16.1230 – juris Rn. 20; B.v. 20.5.201 – 11 CS 15.685 – juris Rn. 15; OVG NW, U.v. 16.5.2014 – 16 A 2255/10 – juris Rn. 30).

Nachdem sich die Aberkennung des Rechts, von der polnischen Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen, voraussichtlich als rechtmäßig erweist, ist die angegriffene Entscheidung auch nicht unverhältnismäßig. Dass der Antragsteller, der noch im März 2016 als Beifahrer in einem Kraftfahrzeug mit einer nicht unerheblichen Menge an Betäubungsmitteln angetroffen worden ist, seit Januar 2013 im Straßenverkehr nicht mehr aufgefallen ist, bedeutet in Anbetracht des nicht sehr hohen Entdeckungsrisikos nicht, dass er seither beanstandungsfrei gefahren ist oder von ihm keine Gefahr mehr ausgeht.

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1, 2 GKG und den Empfehlungen in Nr. 1.5 Satz 1, Nr. 46.2 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31. Mai/1. Juni 2012 und am 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die im Bescheid der Antragsgegnerin vom 15. März 2017 getroffene Feststellung, dass die ihm für die Klasse B erteilte tschechische Fahrerlaubnis ihn nicht berechtige, hiervon in der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen, und die unter Androhung unmittelbaren Zwangs verfügte Verpflichtung, seinen tschechischen Führerschein zur Eintragung eines Sperrvermerks vorzulegen. Dieser wurde am 30. März 2017 angebracht.

Der Antragsteller, der seit seiner Geburt im Jahr 1986 mit Wohnsitz durchgehend in Nürnberg gemeldet ist, steuerlich im Inland erfasst ist und auch sein Kraftfahrzeug im Inland angemeldet hatte, hatte am 26. Februar 2007 auf die ihm im Jahr 2003 und 2004 erteilte Fahrerlaubnis der Klassen A1, B, M und L verzichtet, um eine kostenpflichtige Entziehung wegen einer Fahrt unter Drogen (Cannabis, Amphetamin) zu vermeiden. Bei einer polizeilichen Verkehrskontrolle am 1. Februar 2015 wies er einen am 23. Oktober 2014 in Bilina/Tschechien ausgestellten Führerschein vor, in den ein Wohnsitz in Bilina eingetragen ist.

Mit Schreiben vom 26. Januar 2016 teilte die Polizeiinspektion Marktredwitz der Fahrerlaubnisbehörde der Antragsgegnerin mit, durch umfangreiche Ermittlungen vom 6. August 2015 in einer anderen Führerscheinsache habe festgestellt werden können, dass unter der in dem tschechischen Führerschein angegebenen Meldeadresse „...“ neun deutsche Staatsangehörige mit vorübergehendem Aufenthalt als EU-Bürger gemeldet seien. Diese seien beim „Tschechischen Statistikamt“ öffentlich im Internet recherchierbar gewesen und hätten ein Unternehmen (Groß- und Einzelhandel) mit Sitz an der genannten Adresse gegründet. Dabei sei als Gründungsdatum bei einer Person der 10. Dezember 2013, bei allen anderen der 23. Januar 2014 und als Rechtsform „ausländische natürliche Person“ angegeben. Die Anzahl der Angestellten sei jeweils mit „unbekannt“ vermerkt. Mit Schreiben vom 30. Oktober 2015 habe das Gemeinsame Zentrum der deutsch-tschechischen Polizei- und Zollzusammenarbeit in Schwandorf eine aktuelle Auskunft aus dem tschechischen Ausländerregister zu dieser Adresse übermittelt, wonach 36 weitere deutsche Staatsangehörige mit Wohnsitz dort aktuell gemeldet seien. Es stehe zweifelsfrei fest, dass es sich nur um einen Scheinwohnsitz zur Umgehung des Wohnortprinzips handle. Beigefügt war ein Schreiben der Distriktabteilung der Polizei in Bilina vom 3. Dezember 2015, wonach es sich bei der Meldeadresse um ein Reihenhaus handele, das zu einer Pension umgewandelt worden sei, ohne dass es tatsächliche Hinweise auf das Vorhandensein einer Pension gebe (abgeschalteter Telefonanschluss, kein Schild und Briefkasten, keine Türglocke und Kontaktdaten des Betreibers). Gegen den Besitzer des Objekts werde polizeilich wegen einer unerlaubten unternehmerischen Tätigkeit ermittelt. Er sei telefonisch nicht zu erreichen. Möglicherweise verstecke er sich wegen der polizeilichen Ermittlungen. Die örtliche Polizei habe im Zeitraum vom 15. November bis 13. Dezember 2015 eine Überprüfung durchgeführt, bei ihrer Streifentätigkeit jedoch bei keiner der Überprüfungen jemanden antreffen können. Ergänzend teilte die Polizeiinspektion Marktredwitz mit, dass gegen 41 der 44 unter der Anschrift gemeldeten Personen fahrerlaubnisrechtliche Einschränkungen bestünden bzw. in der Vergangenheit bestanden hätten. Mit Schreiben vom 27. August 2016 übermittelte sie eine Liste vom 20. Januar 2016 mit Personen, die des Führerscheintourismus verdächtigt wurden. Diese wies neun Personen aus, die unter der Anschrift ... ein Einzelunternehmen angemeldet hatten, und 36 Personen, darunter der Antragsteller, die dort nach einer aktuellen Auskunft des Gemeinsamen Zentrums der deutsch-tschechischen Polizei- und Zollzusammenarbeit ihren Wohnsitz angemeldet hatten. Nach einem vom tschechischen Verkehrsministerium am 22. September 2016 beantworteten Formularfragebogen hatte der Antragsteller einen Wohnsitz unter der Anschrift ... inne. Er habe sich dort für mindestens 185 Tage aufgehalten. Die Unterkunft existiere und sei der Ort, wo ein Geschäftsbetrieb geführt werde. Ob sich dort auch engere Familienangehörige aufhielten, ob Vermögensinteressen oder Verwaltungskontakte zu Behörden und sozialen Einrichtungen (Zahlung von Steuern, Bezug von Sozialleistungen, Kfz-Anmeldung) bestünden, sei unbekannt.

Gegen den Bescheid vom 15. März 2017 erhob der Antragsteller Klage (AN 10 K 17.00657), über die noch nicht entschieden ist. Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage lehnte das Verwaltungsgericht Ansbach mit Beschluss vom 9. Mai 2017 mit der Begründung ab, dass er wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses zum Teil unzulässig und im Übrigen unbegründet sei. Es lägen vom Ausstellerstaat herrührende unbestreitbare Informationen, nämlich Mitteilungen des gemeinsamen Zentrums der deutsch-tschechischen Polizei- und Zollzusammenarbeit, der zuständigen Polizeiinspektion und des tschechischen Verkehrsministeriums, vor, die darauf hinwiesen, dass der Antragsteller zum Zeitpunkt der Erteilung des Führerscheins seinen Wohnsitz im Inland gehabt habe. Die gemeldeten Personen hätten nach den tatsächlichen Verhältnissen in dem Anwesen nicht alle ihren ordentlichen und realen Wohnsitz haben können. Es habe im Jahr 2015 bei der polizeilichen Überprüfung einen unbewohnten Eindruck gemacht. Nach den Erkenntnissen der Polizei Marktredwitz hätten schon vor Erteilung des Führerscheins neun deutsche Staatsangehörige ihren Wohnsitz dort gehabt, so dass nicht auch noch der Antragsteller dort habe Aufnahme finden können. Mit den bekannten tatsächlichen Verhältnissen seien die Informationen des tschechischen Verkehrsministeriums nicht in Einklang zu bringen. Diese Informationen wiesen zudem aus, dass über persönliche Bindungen nichts bekannt sei, was jedoch Voraussetzung für die Annahme eines Wohnsitzes sei. Unter Berücksichtigung des beibehaltenen Inlandswohnsitzes und der Umstände, die zum Verlust der Fahrerlaubnis geführt hätten, stehe fest, dass das Wohnsitzerfordernis nicht eingehalten worden sei.

Hiergegen richtet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, der die Antragsgegnerin entgegentritt. Er trägt vor, die gerichtlichen Ausführungen seien nicht geeignet, einen Wohnsitzverstoß nachhaltig zu belegen. Nicht jede Information aus dem Ausstellerstaat könne als geeignet bezeichnet werden, die Umstände des Ausgangsverfahrens zur Frage eines Wohnsitzverstoßes heranzuziehen. Das tschechische Verkehrsministerium habe mit Schreiben vom 20. September 2016 bestätigt, dass der Antragsteller seinen Wohnsitz in Tschechien genommen habe. Unerheblich sei das Fehlen von detaillierten Informationen zu seinen persönlichen Verhältnissen, was auf der Grundlage der gestellten Fragen nicht möglich sei. Es sei davon auszugehen, dass ausländische Behörden aufgrund einer Anfrage aus Deutschland keine umfassenden eigenen Ermittlungen anstellten, sondern lediglich Informationen zur Verfügung stellten, auf die sie ohne größere Zwischenschritte zugreifen könnten. Die Frage nach persönlichen Verhältnissen an eine fachfremde Behörde scheine allein den Zweck zu verfolgen, die Heranziehung der Umstände des Ausgangsverfahrens zu ermöglichen und damit in rechtswidriger Weise den Anerkennungsgrundsatz zu unterlaufen. Die vorliegenden Informationen, die sich auf Dezember 2015 bezögen, könnten keine Auskunft über die Verhältnisse im Jahr 2014 geben. Die Heranziehung derartig wahlloser und unzusammenhängender Informationen habe eine exzessive Ausdehnung der Möglichkeiten zur Wohnsitzüberprüfung zur Folge, die nicht mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in Einklang zu bringen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 1 bis 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig wäre.

Die Fahrerlaubnisbehörde durfte gemäß § 28 Abs. 4 Satz 2 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-VerordnungFeV) vom 13. Dezember 2010 (BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 6. Oktober 2017 (BGBl I S. 3549/3553), feststellen, dass der am 23. Oktober 2014 ausgestellte tschechische Führerschein den Antragsteller nicht berechtigt, Fahrzeuge auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu führen. Nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV gilt die Berechtigung nach § 28 Abs. 1 FeV nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Abs. 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben.

Ein ordentlicher Wohnsitz im Inland wird nach § 7 Abs. 1 Satz 2 FeV angenommen, wenn der Betroffene wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder – bei fehlenden beruflichen Bindungen – wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen ihm und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, d.h. während mindestens 185 Tagen im Jahr, im Inland wohnt. Eine Person, deren persönliche Bindungen im Inland liegen, die sich aber aus beruflichen Gründen in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten der EU (oder EWR) aufhält, hat ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland, sofern sie regelmäßig dorthin zurückkehrt (§ 7 Abs. 1 Satz 3 FeV). Die Voraussetzung entfällt, wenn sie sich zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer in einem solchen Staat aufhält (§ 7 Abs. 1 Satz 4 FeV).

Diese Bestimmungen stehen mit Art. 2 Abs. 1, Art. 7 und Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (Neufassung, ABl EG Nr. L 403 S.18) in Einklang (vgl. BayVGH, B.v. 13.6.2017 – 11 CS 17.1022 – juris Rn. 14). Voraussetzung für die Anerkennung einer EU-Fahrerlaubnis, die ein Mitgliedstaat ausgestellt hat, ist gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2006/126/EG ein Wohnsitz im Ausstellungsmitgliedstaat im Sinne des Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG. Die Verpflichtung zur gegenseitigen Anerkennung von durch EU-Mitgliedstaaten erteilten Fahrerlaubnissen gemäß Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG gilt nicht, wenn entweder Angaben im zugehörigen Führerschein oder andere vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen vorliegen, nach denen das Wohnsitzerfordernis nicht eingehalten wurde. Die Prüfung, ob solche Informationen als vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührend und als unbestreitbar eingestuft werden können, obliegt den Behörden und Gerichten des Aufnahmemitgliedstaats (vgl. EuGH, U.v. 1.3.2012 – C-467/10 – Akyüz – NJW 2012, 1341, Rn. 73 f.). Dabei muss die Begründung eines Scheinwohnsitzes aufgrund der vom Ausstellungsmitgliedstaat stammenden Informationen nicht bereits abschließend erwiesen sein. Vielmehr reicht es aus, wenn diese Informationen darauf „hinweisen“, dass der Inhaber des Führerscheins im Gebiet des Ausstellungsmitgliedstaats einen rein fiktiven Wohnsitz allein zu dem Zweck begründet hat, der Anwendung der strengeren Bedingungen für die Ausstellung eines Führerscheins im Mitgliedstaat seines tatsächlichen Wohnsitzes zu entgehen (vgl. EuGH, a.a.O. Rn. 75). Soweit unbestreitbare Informationen des Ausstellungsmitgliedstaats vorliegen, aus denen sich die Möglichkeit ergibt oder die darauf hinweisen, dass die Wohnsitzvoraussetzung nicht gegeben war, sind zur endgültigen Beurteilung dieser Frage die Umstände des gesamten Falles heranzuziehen, also ergänzend auch die „inländischen Umstände“ (EuGH, a.a.O. Rn. 75; stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 23.1.2017 – 11 ZB 16.2458 – juris Rn. 12 m.w.N.).

Nach diesen Maßgaben ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass solche unbestreitbaren Informationen des Ausstellungsmitgliedstaats hier vorliegen. Aus dem Schreiben der örtlichen Polizei vom 3. Dezember 2015 ergibt sich, dass sich an der Meldeadresse ein formal in eine Pension umgewandeltes Reihenhaus ohne genehmigten Geschäftsbetrieb und ohne irgendwelche Hinweise auf einen tatsächlichen Pensionsbetrieb befand. Aus der Beantwortung des Fragebogens durch das tschechische Verkehrsministerium am 22. September 2016 geht hervor, dass der Antragsteller dort für mehr als 185 Tage einen Wohnsitz angemeldet hatte, wobei es sich auch um den Sitz eines Geschäftsbetriebs handelte. Allerdings belegt eine behördliche Auskunft, dass der Betreffende unter der gemeldeten Anschrift mehr als 185 Tage seinen Wohnsitz hatte, noch nicht das Vorhandensein eines tatsächlichen Wohnsitzes. Denn sie beruht regelmäßig auf einer entsprechenden Erklärung des Betreffenden und ist ebenso wie eine Zulassung zum vorübergehenden Aufenthalt (ausländerbehördliche Erfassung) kein unwiderlegbares Indiz (vgl. BayVGH, B.v. 3.6.2013 – 11 CE 13.738 – juris Rn. 5; U.v. 7.5.2014 – 11 B 14.654 – juris Rn. 38 f.). Trotz angeblichen Geschäftsbetriebs lagen dem tschechischen Verkehrsministerium – was in diesem Fall insbesondere zu erwarten gewesen wäre – keine steuerlichen Informationen zum Antragsteller vor. Ebenso waren persönliche Bindungen unbekannt. Lautet die Antwort auf eine derartige Frage „unknown“, kann nicht ohne besonderen Anhalt unterstellt werden, dass die ausländische Behörde, die hier offenkundig Daten zu den Meldeverhältnissen und zum Gewerbe des Antragstellers ermittelt hat, die sonstigen gestellten Fragen ohne hinreichende Ermittlungen beantwortet hat. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Prüfung der Fragen, namentlich der Meldeverhältnisse enger Familienangehöriger, des Vorhandenseins von Vermögen und von behördlichen Kontakten (Zahlung von Steuern, Bezug von Sozialleistungen, Kfz-Anmeldung), „umfassende“ oder schwierige Ermittlungen oder „größere Zwischenschritte“ erfordern würde und sich nicht durch eine Abfrage der einschlägigen Datenbanken oder eine Anfrage bei der zuständigen Behörde erledigen ließe. Nachdem ein ordentlicher Wohnsitz neben dem Vorhandensein einer Unterkunft persönliche und berufliche Bindungen voraussetzt, sind entsprechende Negativauskünfte geeignet, Zweifel am Vorhandensein eines tatsächlichen Wohnsitzes zu wecken (vgl. BayVGH, B.v. 23.1.2017 – 11 ZB 16.2458 – juris Rn. 14). Ferner ist nach im Internet veröffentlichten Informationen des tschechischen Statistikamts die größtenteils gleichzeitige Gründung von neun Einzelunternehmen in demselben Reihenhaus und jeweils in derselben Rechtsform bereits für Dezember 2013/Januar 2014 erfasst. Nach einer Mitteilung des Gemeinsamen Zentrums der deutsch-tschechischen Polizei- und Zollzusammenarbeit vom Oktober 2015 waren nach einer aktuellen Auskunft aus dem tschechischen Ausländerregister 36 weitere deutsche Staatsangehörige mit Wohnsitz unter der streitgegenständlichen Adresse gemeldet, darunter der Antragsteller. Dies und die von der örtlichen Polizei Ende 2015 ermittelten Informationen stehen in einem hinreichenden zeitlichen Zusammenhang mit der Erkenntnis, dass dieselbe Adresse bereits mehr als 185 Tage vor der Ausstellung des Führerscheins an den Antragsteller für die gleichzeitige und gleichförmige Gründung von acht Einzelunternehmen durch verschiedene deutsche Staatsangehörige genutzt worden ist. Selbst wenn das ministerielle Antwortschreiben vom 22. September 2016 nicht berücksichtigt würde, würden die aus dem Ausstellungsmitgliedstaat herrührenden Informationen in der Gesamtschau als Hinweis auf die Einrichtung einer rechtsmissbräuchlich genutzten Scheinanschrift und damit die Möglichkeit eines nur fiktiven Wohnsitzes genügen.

Nicht berechtigt ist der Vorwurf, die zum Teil aus anderen Ermittlungsverfahren gewonnenen Informationen, die indes alle die melderechtlichen Verhältnisse an der gleichen Wohnsitzadresse betreffen, seien „wahllos“ und „unzusammenhängend“. Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 1. März 2012 (C-467/10 – Akyüz – NJW 2012, 1341, Rn. 67 ff.) zwar Ausführungen zur Übermittlung sowie Bewertung und Beurteilung solcher Informationen gemacht, dabei die Art der vom Ausstellerstaat erlangten Information jedoch nicht näher eingegrenzt.

Nach den oben dargestellten Grundsätzen können somit auch die sonstigen Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden, darunter die von den deutschen Behörden ermittelten Informationen, dass der Antragsteller durchgehend mit Hauptwohnsitz in Deutschland gemeldet war und dass bei der Vielzahl weiterer deutscher Staatsangehöriger, die unter der tschechischen Anschrift gemeldet waren, fast ausnahmslos fahrerlaubnisrechtliche Einschränkungen bekannt sind. Hinzu kommt, dass der Antragsteller in keiner Weise an der Aufklärung der Dauer seines Aufenthalts im Ausstellungsmitgliedstaat sowie den persönlichen und beruflichen Bindungen, die im maßgeblichen Zeitraum zu dem im Führerschein angegebenen Wohnort bestanden, mitgewirkt hat. Auch wenn nur sonstige aus dem Ausstellermitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die im Führerschein eingetragene Angabe zum Wohnsitz unzutreffend ist, obliegt es dem Fahrerlaubnisinhaber, hierzu substantiierte und verifizierbare Angaben zu machen (BVerwG, B.v. 28.1.2015 – 3 B 48/14 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 22.5.2017 – 11 CE 17.718 – juris Rn. 20 jeweils m.w.N.).

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1, 2 GKG und den Empfehlungen in Nr. 1.5 Satz 1 und Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31. Mai/1. Juni 2012 und am 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Berufungszulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I. Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung, dass er von seiner polnischen Fahrerlaubnis der Klasse B in der Bundesrepublik Deutschland keinen Gebrauch machen darf.

Bei einer allgemeinen Verkehrskontrolle am 6. September 2014 zeigte der Kläger die Kopie eines am 12. November 2013 von der Gemeinde B-. ausgestellten polnischen Führerscheindokuments. Unter Nr. 8 war als Adresse …-… K., … eingetragen. Auf der Kopie war darüber hinaus eine Bescheinigung des Bezirks Niederschlesien über die Registrierung des Aufenthalts eines EU-Bürgers zum 12. Juni 2013, ausgestellt am 24. Juli 2013 abgedruckt. Des Weiteren befand sich auf der Kopie eine Bestätigung der Gaststätte …, …-… B-. …, …, vom 10. Juni 2013 über einen befristeten Aufenthalt des Klägers in der Gaststätte vom 10. Juni bis 9. August 2013 unter Beibehaltung seines ständigen Aufenthalts in Deutschland.

Das Landratsamt Ansbach (im Folgenden: Landratsamt) stellte daraufhin mit Bescheid vom 3. Dezember 2014 fest, der Kläger sei als Inhaber der polnischen Fahrerlaubnis Nr. 01245/13/0201 aufgrund eines offensichtlichen Verstoßes gegen das Wohnsitzprinzip nicht berechtigt, ein Kraftfahrzeug auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu führen und verpflichtete ihn, den polnischen Führerschein unverzüglich zur Eintragung der Aberkennung vorzulegen. Durch den Auszug aus dem polnischen Melderegister sei bekannt geworden, dass der Kläger nur vom 10. Juni bis 9. August 2013 in Polen gemeldet gewesen sei. Zum Zeitpunkt der Ausstellung des Führerscheins am 12. November 2013 sei er dort nicht wohnhaft gewesen, sondern er sei weiterhin unter seiner deutschen Anschrift gemeldet gewesen.

Den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung des gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruchs wieder herzustellen, hat das Verwaltungsgericht Ansbach mit Beschluss vom 12. März 2015 abgelehnt. Die dagegen erhobene Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 20. Mai 2015 zurück (11 CS 15.685).

Nach Hinweis der Widerspruchsbehörde, dass es sich bei der Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung nach § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV nicht um eine personenbezogene Prüfungsentscheidung im Sinne von Art. 15 Abs. 1 Nr. 6 AGVwGO handele, erhob der Kläger am 1. Dezember 2015 Klage gegen den Bescheid vom 3. Dezember 2014. Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 17. Oktober 2016 ab. Die polnische Fahrerlaubnis sei unter Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis erteilt worden und müsse daher nicht anerkannt werden. Unabhängig von der nicht eindeutigen Auskunft des polnischen Ministeriums für Infrastruktur und Entwicklung vom 15. Januar 2015 könne den Meldebestätigungen der Gemeinde B-. vom 19. August 2013 und 3. Februar 2014 entnommen werden, dass der Kläger nur vorübergehend vom 16. August bis 31. Dezember 2013 (d. h. für 137 Tage) und vom 3. Februar bis 10. August 2014 in B. gemeldet gewesen sei, seinen ständigen Wohnsitz aber in Deutschland beibehalten habe. Es liege daher ein Scheinwohnsitz in Polen vor.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem der Beklagte entgegentritt. Der Kläger macht geltend, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils und die Rechtssache weise besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten auf. Das Verwaltungsgericht habe die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union in den Sachen Wierer (U. v. 9.7.2009 - C 445/08 - Slg. 2009, I-119); Akyüz (U. v. 1.3.2012 - C-467/10 - NJW 2012, 1341) und Hofmann (U. v. 26.4.2012 - C-417/10 - NJW 2012, 1935) nicht beachtet. Es würden keine unbestreitbaren Informationen des Ausstellungsmitgliedstaats vorliegen, aus denen sich ein Wohnsitzverstoß ergebe. Der Auskunft des polnischen Ministeriums könne entnommen werden, dass das Wohnsitzerfordernis erfüllt sei, da explizit die Voraussetzungen der Führerscheinerteilung an den Kläger als gegeben angesehen worden seien. Im Zweifel sei die Rechtssache dem Gerichtshof der Europäischen Union vorzulegen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen im Hauptsache- und Eilverfahren sowie die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus der Antragsbegrün-dung, auf die sich gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO die Prüfung im Zulassungs-verfahren beschränkt (BayVerfGH, E. v. 14.2.2006 - Vf. 133-VI-04 - VerfGH 59, 47/52; E. v. 23.9.2015 - Vf. 38-VI-14 - BayVBl 2016, 49 Rn. 52; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 124a Rn. 54), ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

1. Nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV) vom 18. Dezember 2010 (BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 21. Dezember 2016 (BGBl I S. 3083), gilt die Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten. Die Behörde kann einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen (§ 28 Abs. 4 Satz 2 FeV).

Ein ordentlicher Wohnsitz im Inland wird nach § 7 Abs. 1 Satz 2 FeV angenommen, wenn der Betroffene wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder - bei fehlenden beruflichen Bindungen - wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen ihm und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, d. h. während mindestens 185 Tagen im Jahr, im Inland wohnt. Ein Bewerber, dessen persönliche Bindungen im Inland liegen, der sich aber aus beruflichen Gründen in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten der EU (oder EWR) aufhält, hat seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland, sofern er regelmäßig dorthin zurückkehrt (§ 7 Abs. 1 Satz 3 FeV). Die Voraussetzung entfällt, wenn sich der Bewerber zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer in einem solchen Staat aufhält (§ 7 Abs. 1 Satz 4 FeV). Diese Bestimmungen entsprechen Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (Neufassung, ABl EG Nr. L 403 S.18).

Voraussetzung für die Anerkennung einer EU-Fahrerlaubnis, die ein Mitgliedstaat ausgestellt hat, ist gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2006/126/EG ein Wohnsitz im Ausstellungsmitgliedstaat im Sinne des Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG. Die Verpflichtung zur gegenseitigen Anerkennung von durch EU-Mitgliedstaaten erteilten Fahrerlaubnissen gemäß Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG gilt jedoch nicht, wenn entweder Angaben im zugehörigen Führerschein oder andere vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen vorliegen, nach denen das Wohnsitzerfordernis nicht eingehalten wurde.

Die Prüfung, ob solche Informationen als vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührend und als unbestreitbar eingestuft werden können, obliegt den Behörden und Gerichten des Aufnahmemitgliedstaats (vgl. EuGH, U. v. 1.3.2012 - C-467/10 - Akyüz - NJW 2012, 1341 Rn. 73 und 74). Dabei muss die Begründung eines Scheinwohnsitzes aufgrund der vom Ausstellungsmitgliedstaat stammenden Informationen nicht bereits abschließend erwiesen sein. Vielmehr reicht es aus, wenn diese Informationen darauf „hinweisen“, dass der Inhaber des Führerscheins im Gebiet des Ausstellungsmitgliedstaats einen rein fiktiven Wohnsitz allein zu dem Zweck begründet hat, der Anwendung der strengeren Bedingungen für die Ausstellung eines Führerscheins im Mitgliedstaat seines tatsächlichen Wohnsitzes zu entgehen (vgl. EuGH, U. v. 1.3.2012 a. a. O. Rn. 75). Soweit unbestreitbare Informationen des Ausstellungsmitgliedstaats vorliegen, aus denen sich die Möglichkeit ergibt oder die darauf hinweisen, dass die Wohnsitzvoraussetzung nicht gegeben war, sind zur endgültigen Beurteilung dieser Frage die Umstände des gesamten Falles heranzuziehen, also ergänzend auch die „inländischen Umstände“ (st. Rspr., vgl. zuletzt BayVGH, B. v. 11.07.2016 - 11 CS 16.1084 - juris; B. v. 11.5.2016 - 11 CS 16.658 - juris Rn. 12 m. w. N.). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt, dass die Zusammenschau der aus dem Ausstellungsmitgliedstaat stammenden Informationen sowie der übrigen bekannten Umstände, insbesondere der deutschen Meldeverhältnisse des Klägers und seiner Ehefrau sowie der Hoteladresse als Meldeadresse, dass der Kläger seinen Wohnsitz in Deutschland hatte.

Soweit der Kläger geltend macht, diese Auffassung verstoße gegen Europarecht und die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, kann dem nicht gefolgt werden. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat insbesondere in seinem Urteil vom 1. März 2012 (C-467/10 - Akyüz Rn. 73 bis 75) ausgeführt, dass bei der dem nationalen Gericht obliegenden Prüfung, ob es sich um unbestreitbare Informationen aus dem Ausstellungsmitgliedstaat handelt, die belegen, dass der Inhaber des Führerscheins zum dem Zeitpunkt der Erteilung seinen ordentlichen Wohnsitz nicht im Hoheitsgebiet des Ausstellungsmitgliedstaats hatte, alle Umstände des anhängigen Verfahrens berücksichtigt werden können. Damit ist zum Ausdruck gebracht, dass nicht die Informationen aus dem Ausstellungsmitgliedstaat alleine den Beweis für den Wohnsitzverstoß erbringen müssen, sondern dass es ausreichend ist, wenn diese Informationen auf einen Scheinwohnsitz hinweisen und erst unter Berücksichtigung der übrigen bekannten Umstände den Wohnsitzverstoß belegen. Es kommt daher darauf an, ob in der Gesamtschau der bekannten Umstände ein Wohnsitzverstoß festgestellt werden kann.

Aus der Auskunft des polnischen Ministeriums für Infrastruktur und Entwicklung vom 15. Januar 2015 ergibt sich auch nicht, dass der Kläger seinen Wohnsitz für mindestens 185 Tage im Jahr in Polen hatte. Die über das Kraftfahrt-Bundesamt eingeholte Auskunft des zuständigen polnischen Ministeriums besagt, der Kläger habe nach den vorliegenden Informationen seinen normalen Wohnsitz in Polen gehabt, da ein Ort bekannt sei, an dem er gewöhnlich während mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr wohne und die erteilte Fahrerlaubnis sei gültig. Aus dieser Information ergeben sich aber gleichwohl Zweifel, ob der Kläger zum Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis im November 2013 in Polen tatsächlich einen Wohnsitz i. S. d. § 7 Abs. 1 Satz 2 FeV, Art. 12 RL 2006/126/EG hatte, denn es wird ausdrücklich angegeben, dass zum Vorhandensein einer Unterkunft, zu persönlichen oder beruflichen Bindungen, Behördenkontakten sowie Eigentumsinteressen nichts bekannt sei. Ein ordentlicher Wohnsitz setzt aber eine Unterkunft sowie persönliche oder berufliche Bindungen voraus. In der Zusammenschau mit den Meldebestätigungen der Gemeinde B-. kann der Auskunft des Ministeriums nicht entnommen werden, dass der Kläger tatsächlich das Wohnsitzerfordernis erfüllt hat.

2. Der Rechtsstreit hängt auch nicht von einer Frage der Auslegung europäischer Vorschriften ab, die dem Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union vom 9. Mai 2008 (EU-Arbeitsweisevertrag - AEUV, ABl Nr. C 115 S. 47), konsolidierte Fassung vom 7. Juni 2016 (ABl Nr. C 202 S. 1), vorzulegen wäre. Eine Vorlagepflicht besteht nur dann, wenn die Vorlagefrage für die Sachentscheidung des nationalen Gerichts erheblich (Rennert in Eyermann, VwGO 14. Aufl. 2014, § 94 Rn. 17) und auch erforderlich ist, das vorlegende Gericht also Auslegungs- oder Gültigkeitszweifel hegt (Rennert a. a. O. § 94 Rn. 18). Die vom Kläger formulierte Frage, ob ein Aufnahmestaat, dem im Rahmen der richtlinienkonformen zwischenstaatlichen Abstimmung der Ausstellungsmitgliedstaat ausdrücklich die Einhaltung der Erteilungsvoraussetzungen für eine Fahrerlaubnis bestätigt hat, überhaupt noch eine eigene Überprüfung aufgrund welcher Umstände auch immer durchführen darf bezüglich der Gültigkeit dieser Fahrerlaubnis oder nicht vielmehr in einem solchen Fall zur unbedingten und unbeschränkten Anerkennung der Fahrerlaubnis sogar verpflichtet ist, stellt sich so nicht. Das Verwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit dem Beschluss des Senats vom 20. Mai 2015 (11 CS 15.685) davon ausgegangen, dass aus der Auskunft des polnischen Ministeriums gerade nicht zweifelsfrei hervorgehe, dass die Erteilungsvoraussetzungen erfüllt waren, sondern dass sich daraus die Möglichkeit für einen Scheinwohnsitz ergibt. Die im vorliegenden Fall relevante Frage, ob die im konkreten Fall vorliegenden Informationen aus dem Ausstellungsmitgliedstaat einen Wohnsitzverstoß belegen, muss nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union das nationale Gericht beurteilen.

3. Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 2 und 1 GKG i. V. m. der Empfehlung in Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Anh. § 164 Rn. 14).

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO.

(1) Eine Fahrerlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Bewerber seinen ordentlichen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland hat. Dies wird angenommen, wenn der Bewerber wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder – bei fehlenden beruflichen Bindungen – wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen ihm und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, das heißt während mindestens 185 Tagen im Jahr, im Inland wohnt. Ein Bewerber, dessen persönliche Bindungen im Inland liegen, der sich aber aus beruflichen Gründen in einem oder mehreren anderen Staaten aufhält, hat seinen ordentlichen Wohnsitz im Sinne dieser Vorschrift im Inland, sofern er regelmäßig hierhin zurückkehrt. Die Voraussetzung entfällt, wenn sich der Bewerber zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer in einem solchen Staat aufhält.

(2) Bewerber, die bislang ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten und die sich ausschließlich zum Zwecke des Besuchs einer Hochschule oder Schule in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum aufhalten, behalten ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland.

(3) Bewerber, die bislang ihren ordentlichen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hatten und die sich ausschließlich wegen des Besuchs einer Hochschule oder Schule im Inland aufhalten, begründen keinen ordentlichen Wohnsitz im Inland. Ihnen wird die Fahrerlaubnis erteilt, wenn die Dauer des Aufenthalts mindestens sechs Monate beträgt.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich der Feststellung, dass ihn seine polnische Fahrerlaubnis der Klasse B nicht berechtige, Kraftfahrzeuge auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu führen, und hinsichtlich der Verpflichtung, seinen polnischen Führerschein der Fahrerlaubnisbehörde zur Anbringung eines Sperrvermerks vorzulegen.

Der in Deutschland geborene und wohnhafte Antragsteller war zu keinem Zeitpunkt Inhaber einer deutschen Fahrerlaubnis. Mit Strafbefehl vom 1. März 2004, rechtskräftig seit 17. April 2004, sprach ihn das Amtsgericht Gemünden der fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis schuldig, verhängte eine Geldstrafe und ordnete eine isolierte Sperrfrist (§ 69a Abs. 1 Satz 3 StGB) von 12 Monaten für die Fahrerlaubniserteilung an. Dem lag zugrunde, dass der Antragsteller am 30. November 2003 nach Alkoholkonsum (BAK: 1,66 ‰) mit einem Kraftfahrzeug auf öffentlichen Straßen gefahren war. Zwei Anträge des Antragstellers auf Erteilung der Fahrerlaubnis hat das Landratsamt Main-Spessart (Fahrerlaubnisbehörde) mit Bescheiden vom 26. Oktober 2006 und vom 29. Januar 2013 abgelehnt, da der Antragsteller die von ihm geforderten Fahreignungsgutachten jeweils nicht beigebracht hatte.

Bei einer polizeilichen Verkehrskontrolle am 26. September 2016 legte der Antragsteller einen am 13. November 2013 ausgestellten polnischen Führerschein der Klasse B vor. Ermittlungen der Fahrerlaubnisbehörde ergaben, dass der Antragsteller durchgehend mit Hauptwohnsitz in Deutschland gemeldet war. Das Kraftfahrt-Bundesamt übermittelte der Fahrerlaubnisbehörde auf Anfrage über das polnische Ministerium für Infrastruktur - Abteilung Transport und Straßenverkehr - eine Auskunft der Stadt Szczecin (Stettin) vom 10. Januar 2017, wonach die erteilte polnische Fahrerlaubnis gültig sei. Fragen nach dem Aufenthalt des Antragstellers oder enger Familienangehöriger zum Zeitpunkt der Fahrerlaubniserteilung, der Existenz der Unterkunft, einer beruflichen Tätigkeit, etwaigem Eigentum und etwaigen Kontakten zu öffentlichen Behörden und Sozialleistungsträgern wurden jeweils mit „unknown“ beantwortet. Der Auskunft beigefügt war eine Bescheinigung der Stadt Stettin in polnischer Sprache über die Anmeldung eines vorübergehenden Aufenthalts vom 30. Oktober 2013 bis 31. Juli 2014 unter der Adresse W … 60/1 in Stettin bei gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland.

Nach Anhörung stellte die Fahrerlaubnisbehörde mit Bescheid vom 6. Februar 2017 fest, dass die polnische Fahrerlaubnis den Antragsteller nicht berechtige, fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu führen (Nr. 1), verpflichtete ihn zur Vorlage des Führerscheins zum Eintrag eines Vermerks über die Ungültigkeit in Deutschland (Nr. 2), drohte für den Fall der nicht fristgerechten Vorlage ein Zwangsgeld in Höhe von 500,- Euro an (Nr. 3) und ordnete hinsichtlich der Feststellung der Inlandsungültigkeit und der Verpflichtung zur Vorlage des Führerscheins die sofortige Vollziehung an (Nr. 4).

Am 20. Februar 2017 legte der Antragsteller den Führerschein vor, der ihm nach Anbringung des Sperrvermerks wieder ausgehändigt wurde.

Über die gegen den Bescheid erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Würzburg noch nicht entschieden. Den gleichzeitig eingereichten Antrag, dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung die Anbringung eines Aberkennungsvermerks auf dem Führerschein zu untersagen und ihn zu verpflichten, den bereits aufgebrachten Vermerk zu entfernen, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 10. März 2017 abgelehnt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, der der Antragsgegner entgegentritt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Aus den im Beschwerde-verfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig wäre.

1. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung aufgrund des für sofort vollziehbar erklärten Verwaltungsakts nicht in Betracht kommt, da der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz im Wege eines Antrags auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage begehren kann (§ 123 Abs. 5 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO). Ebenfalls zu Recht hat es den zu Gunsten des Antragstellers so ausgelegten Antrag hinsichtlich der gemäß Art. 21a VwZVG sofort vollziehbaren Zwangsgeldandrohung angesichts des bereits angebrachten Sperrvermerks als unzulässig angesehen, weil sich dieser behördliche Ausspruch schon vor Klageerhebung durch die Vorlage des Führerscheins erledigt hatte und der Antragsteller deshalb insoweit von Anfang an kein Rechtsschutzbedürfnis besaß (vgl. BayVGH, B.v. 22.2.2010 - 11 CS 09.1934 - juris Rn. 21-23). Für den Sperrvermerk wäre im Erfolgsfall die Anordnung der Aufhebung der Vollziehung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO in Betracht gekommen.

2. Soweit der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zulässig ist, hat ihn das Verwaltungsgericht auch unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zutreffend als unbegründet abgelehnt, weil die Klage nach summarischer Prüfung voraussichtlich erfolglos bleiben wird und auch die Interessenabwägung gegen die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage spricht.

a) Nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV) vom 18. Dezember 2010 (BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 21. Dezember 2016 (BGBl I S. 3083), gilt die Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten. Die Behörde kann einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen (§ 28 Abs. 4 Satz 2 FeV). Das Landratsamt Main-Spessart hat sowohl hinsichtlich der Feststellung der Inlandsungültigkeit als auch hinsichtlich der Verpflichtung zur Vorlage des Führerscheins (§ 47 Abs. 2 FeV) den Sofortvollzug angeordnet (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 9.3.2017 - 11 CS 17.315 - juris Rn. 14 ff.).

b) Ein ordentlicher Wohnsitz im Inland wird nach § 7 Abs. 1 Satz 2 FeV angenommen, wenn der Betroffene wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder - bei fehlenden beruflichen Bindungen - wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen ihm und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, d.h. während mindestens 185 Tagen im Jahr, im Inland wohnt. Ein Bewerber, dessen persönliche Bindungen im Inland liegen, der sich aber aus beruflichen Gründen in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten der EU (oder EWR) aufhält, hat seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland, sofern er regelmäßig dorthin zurückkehrt (§ 7 Abs. 1 Satz 3 FeV). Die Voraussetzung entfällt, wenn sich der Bewerber zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer in einem solchen Staat aufhält (§ 7 Abs. 1 Satz 4 FeV).

Diese Bestimmungen stehen mit Art. 2 Abs. 1, Art. 7 und Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (Neufassung, ABl EG Nr. L 403 S.18) in Einklang. Nach Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie werden die von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine gegenseitig anerkannt. Allerdings darf ein Führerschein nur an Bewerber ausgestellt werden, die im Hoheitsgebiet des den Führerschein ausstellenden Mitgliedstaats ihren ordentlichen Wohnsitz haben oder nachweisen können, dass sie während eines Mindestzeitraums von sechs Monaten dort studiert haben (Art. 7 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie). Als ordentlicher Wohnsitz gilt gemäß Art. 12 der Richtlinie der Ort, an dem ein Führerscheininhaber wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder - im Fall eines Führerscheininhabers ohne berufliche Bindungen - wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen ihm und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, d.h. während mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr wohnt. Als ordentlicher Wohnsitz eines Führerscheininhabers, dessen berufliche Bindungen an einem anderen Ort als dem seiner persönlichen Bindungen liegen und der sich daher abwechselnd an verschiedenen Orten in zwei oder mehr Mitgliedstaaten aufhalten muss, gilt jedoch der Ort seiner persönlichen Bindungen, sofern er regelmäßig dorthin zurückkehrt. Diese Voraussetzung muss nicht erfüllt sein, wenn sich der Führerscheininhaber in einem Mitgliedstaat zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer aufhält. Nach Art. 7 Abs. 5 Unterabsatz 2 der Richtlinie achten die Mitgliedstaaten bei der Erteilung einer Fahrerlaubnis sorgfältig darauf, dass eine Person die Anforderungen des Absatzes 1 - und somit auch die Wohnsitzvoraussetzung - erfüllt.

c) Die Prüfung, ob Informationen über den Wohnsitz des Fahrerlaubnisinhabers zum Zeitpunkt der Erteilung als vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührend und unbestreitbar eingestuft werden können, obliegt den Behörden und Gerichten des Aufnahmemitgliedstaats (vgl. EuGH, U.v. 1.3.2012 - Akyüz, C-467/10 - NJW 2012, 1341 Rn. 73 und 74). Dabei muss die Begründung eines Scheinwohnsitzes aufgrund der vom Ausstellungsmitgliedstaat stammenden Informationen nicht bereits abschließend erwiesen sein. Vielmehr reicht es aus, wenn diese Informationen darauf „hinweisen“, dass der Inhaber des Führerscheins im Gebiet des Ausstellungsmitgliedstaats einen rein fiktiven Wohnsitz allein zu dem Zweck begründet hat, der Anwendung der strengeren Bedingungen für die Ausstellung eines Führerscheins im Mitgliedstaat seines tatsächlichen Wohnsitzes zu entgehen (vgl. EuGH, U.v. 1.3.2012 a.a.O. Rn. 75).

d) Zutreffend hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die aus dem Ausstellungsmitgliedstaat Polen stammenden Informationen auf die Nichterfüllung der Wohnsitzvoraussetzung bei der Erteilung der Fahrerlaubnis hinweisen und die Zusammenschau mit den übrigen bekannten Umständen, insbesondere der durchgehenden Meldung des Antragstellers in Deutschland, auf einen Wohnsitzverstoß schließen lässt.

aa) Die Fahrerlaubnisbehörde ist entgegen der Ansicht des Antragstellers durch den Eintrag eines polnischen Wohnsitzes im Führerschein nicht gehindert, die über das Kraftfahrt-Bundesamt beigebrachten Erkenntnisse der polnischen Behörden zu berücksichtigen. Allein die Eintragung eines Wohnsitzes im Ausstellungsmitgliedstaat im Führerschein steht dem nicht entgegen. Vielmehr dürfen Angaben im Führerschein selbst und andere vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen als Erkenntnisquellen gleichrangig herangezogen werden (vgl. EuGH, B.v. 9.7.2009 - C-445/08, Wierer - NJW 2010, 217 Rn. 51). Solche Informationen können insbesondere Angaben einer Einwohnermeldebehörde des Ausstellungsmitgliedstaats sein (EuGH, B.v. 9.7.2009 a.a.O. Rn. 61).

Zwar setzt nach der Rechtsprechung des Senats die Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes nicht zwangsläufig voraus, dass die 185-Tage-Frist bereits verstrichen ist (BayVGH, B.v. 19.3.2013 - 11 CS 13.407 - juris Rn. 41; B.v. 22.2.2010 - 11 CS 09.1934 - juris Rn. 29-36; offen BVerwG, U.v. 30.5.2013 - 3 C 18.12 - BVerwGE 146, 377 Rn. 23). Lässt sich eine Person an einem Ort, an dem sie über persönliche (sowie ggf. zusätzlich über berufliche) Bindungen verfügt, in einer Weise nieder, die es als gesichert erscheinen lässt, dass sie dort während des Kalenderjahres an 185 Tagen wohnen wird, spricht viel für die Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes ab dem Beginn des Aufenthalts. Dies kommt beispielsweise dann in Betracht, wenn der Betreffende über keine weitere Wohnung verfügt oder wenn die Art und die Einrichtung dieser Wohnung bzw. die Art und Intensität der bestehenden persönlichen oder beruflichen Bindung eine Beendigung des Aufenthalts bereits vor dem Ablauf eines halben Jahres als praktisch ausgeschlossen erscheinen lassen. Ansonsten bildet jedoch der Umstand, dass der Betreffende erst kurz vor der Ausstellung des Führerscheins unter der angegebenen Adresse Wohnung im Ausstellungsmitgliedstaat genommen hat, ein sehr gewichtiges Indiz dafür, dass er sich nur zum Zweck des Erwerbs einer Fahrerlaubnis dort angemeldet hat, ohne einen ordentlichen Wohnsitz zu begründen (BayVGH, B.v. 22.2.2010 a.a.O. Rn. 29). So liegt es auch im Fall des Antragstellers, der seinen gemeldeten Wohnsitz in Deutschland beibehalten hat. Es sind keine Umstände ersichtlich, die die Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes in Polen bereits im Zeitpunkt der Anmeldung oder der Erteilung der Fahrerlaubnis als gesichert erscheinen ließen.

Ein weiterer Hinweis auf einen Wohnsitzverstoß ergibt sich aus den vom Kraftfahrt-Bundesamt übermittelten Unterlagen der polnischen Behörden. Zwar beweist die Erklärung einer Behörde des Ausstellungsmitgliedstaats, die Wohnsitzvoraussetzung nicht geprüft zu haben, für sich betrachtet nicht unbedingt, dass der Inhaber seinen Wohnsitz nicht gleichwohl im Ausstellungsmitgliedstaat hatte (EuGH, B.v. 9.7.2009 a.a.O. Rn. 55). Allein die Beantwortung der Fragen zu den näheren persönlichen Umständen des Antragstellers im Zeitpunkt der Fahrerlaubniserteilung durch die polnische Behörde mit „unknown“ lässt daher nicht zwangsläufig auf einen Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis schließen. Allerdings beschränken sich die von der Fahrerlaubnisbehörde über das Kraftfahrt-Bundesamt eingeholten Auskünfte nicht auf die Angabe „unknown“. Vielmehr lag der Auskunft eine Bescheinigung des Amts der Stadt Stettin - Bürgerangelegenheiten - (Urzad Miasta Szczecin) vom 30. Oktober 2013 in polnischer Sprache über die Anmeldung eines vorübergehenden Aufenthalts (Potwierdzenie zameldowania na pobyt czasowy) bei, in der die Adresse des vorübergehenden Aufenthalts des Antragstellers (Adres miejsca pobytu czasowego) vom 30. Oktober 2013 bis 31. Juli 2014 mit ‚Szczecin W … 60/1‘ bei gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland (Adres miejsca pobytu stalego: Niemcy) angegeben war. Auch hierbei handelt es sich um eine unbestreitbare Information einer Behörde des Ausstellungsmitgliedstaats, die im Zusammenhang mit den weiteren eingeholten Auskünften gesehen werden muss. Wenn in einer Meldebestätigung des Ausstellungsmitgliedstaats zwar ein nach eigenen Angaben des Antragstellers längerer Aufenthalt von mehr als 185 Tagen im Ausstellungsmitgliedstaat, aber zugleich ein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland bescheinigt und der Aufenthalt in Polen demgegenüber als vorübergehend bezeichnet wird, ergeben sich daraus erhebliche Zweifel daran, dass der Wohnsitz im Ausstellungsmitgliedstaat die Voraussetzungen des Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG erfüllt (vgl. BayVGH, B.v. 23.1.2017 - 11 ZB 16.2458 - juris Rn. 14, B.v. 7.2.2017 - 11 CS 16.2562 - juris Rn. 15; OVG RhPf, B.v. 15.1.2016 - 10 B 11099/15 - NJW 2016, 2052 Rn. 6; NdsOVG, B.v. 29.3.2016 - 12 ME 32/16 - NJW 2016, 2132 Rn. 9).

bb) Soweit unbestreitbare Informationen des Ausstellungsmitgliedstaats vorliegen, aus denen sich die Möglichkeit ergibt oder die darauf hinweisen, dass die Wohnsitzvoraussetzung nicht gegeben war, sind zur endgültigen Beurteilung dieser Frage die Umstände des gesamten Falles heranzuziehen, also ergänzend auch die „inländischen Umstände“ (stRspr, vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 7.2.2017 a.a.O. Rn. 16 m.w.N.). Insoweit spricht als gewichtiger inländischer Umstand für einen Scheinwohnsitz des Antragstellers in Polen lediglich zur Erlangung einer Fahrerlaubnis die Tatsache, dass er dauerhaft, also auch im Zeitpunkt der Erteilung, mit Hauptwohnsitz in Deutschland gemeldet war. Des Weiteren hat er zur Begründung seiner Klage eine Teilnahmebescheinigung über einen Alkohol-Abstinenzcheck der TÜV SÜD L. Service GmbH, Service-Center Würzburg, für den Zeitraum vom 7. August 2013 bis 7. Februar 2014 vorlegen lassen, wonach bei ihm aufgrund kurzfristiger und für ihn unvorhersehbarer Einbestellungen unter anderem am 5. November 2013, 4. Dezember 2013 und 23. Januar 2014 Urinscreenings durchgeführt wurden. Diese Daten fallen genau in die Zeit, in der der Antragsteller vorgibt, sich in Polen aufgehalten zu haben.

cc) Aufgrund dieser gravierenden Zweifel an der Erfüllung der Wohnsitzvoraussetzung bei Erteilung der polnischen Fahrerlaubnis hätte es dem Antragsteller oblegen, die Angaben zu seinem Aufenthalt in Polen weiter zu substantiieren. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass der Fahrerlaubnisinhaber substantiierte und verifizierbare Angaben zu Beginn und Ende seines Aufenthalts im Ausstellungsmitgliedstaat im Zusammenhang mit der Fahrerlaubniserteilung sowie zu den persönlichen und beruflichen Bindungen, die im maßgeblichen Zeitraum zu dem im Führerschein angegebenen Wohnort bestanden, machen muss, wenn er trotz der das Gegenteil ausweisenden Informationen aus dem Ausstellungsmitgliedstaat und der inländischen Umstände darauf beharrt, das Wohnsitzerfordernis eingehalten zu haben (vgl. BVerwG, B.v. 28.1.2015 - 3 B 48.14 - juris Rn. 6; B.v. 22.10.2014 - 3 B 21.14 - DAR 2015, 30 Rn. 3; U.v. 30.5.2013 - 3 C 18.12 - BVerwGE 146, 377 Rn. 30; BayVGH, B.v. 22.8.2016 - 11 CS 16.1230 - juris Rn. 20; B.v. 20.5.2015 - 11 CS 15.685 - juris Rn. 15; OVG NW, U.v. 16.5.2014 - 16 A 2255/10 - juris Rn. 30). Solche Angaben hat der Antragsteller jedoch bisher nicht gemacht. Seine Klage wird daher voraussichtlich erfolglos bleiben.

e) Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht unabhängig von den Erfolgsaussichten der Klage eine Interessenabwägung vorgenommen mit dem Ergebnis, dass aufgrund der noch nicht getilgten Straftat vom 30. November 2003 (§ 65 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 StVG i.V.m. § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, Abs. 4 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1 StVG in der bis 30.4.2014 geltenden Fassung) auch unter Berücksichtigung der seither verstrichenen Zeit und der beruflichen Interessen des Antragstellers die Belange der Verkehrssicherheit überwiegen. Dem schließt sich der Senat angesichts der noch nicht nachgewiesenen Wiedererlangung der Fahreignung des Antragstellers an. Dem Antragsteller bleibt es unbenommen, diesen Nachweis durch Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (§ 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV) zu erbringen.

3. Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Auflage 2016, Anh. § 164 Rn. 14).

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.