Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 19. Aug. 2015 - 11 ZB 15.30161

bei uns veröffentlicht am19.08.2015
vorgehend
Verwaltungsgericht Ansbach, AN 10 K 14.30561, 10.03.2015

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Kläger sind weißrussische Staatsangehörige. Nach eigenen Angaben reisten sie am 20. April 2012 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten Asylanträge. Bei ihrer Anhörung am 18. Juli 2012 gaben sie an, sie seien am 11. April 2012 in Minsk verhaftet worden, weil sie der angeblichen Täter eines Attentats gedacht hätten, die verurteilt und hingerichtet worden seien. Sie seien drei Tage festgehalten worden. Nach ihrer Freilassung seien sie untergetaucht und ausgereist.

Mit Bescheid vom 15. Mai 2014 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) die Asylanträge ab (Nr. 2 des Bescheids), verneinte das Vorliegen der Flüchtlingseigenschaft und der Voraussetzungen für subsidiären Schutz (Nr. 1 und 3) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Zugleich drohte das Bundesamt die Abschiebung nach Weißrussland an (Nr. 5). Das persönliche Verfolgungsschicksal sei nicht glaubhaft, da die Kläger in der Anhörung widersprüchliche Angaben gemacht hätten. Abschiebungsverbote seien nicht ersichtlich.

Die Kläger haben gegen Nr. 1 und 3 bis 5 des Bescheids Klage erhoben. Zur Begründung trugen sie unter Vorlage von ärztlichen Attesten vor, sie seien beide an einer chronischen HIV-Infektion erkrankt und hätten bereits Hepatitis-Erkrankungen durchgestanden. Sie könnten in ihrem Heimatland nicht adäquat behandelt werden.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 9. März 2015 legten sie weitere ärztliche Atteste vom 5. März 2015 vor. Daraus geht hervor, dass nunmehr auch bei der Klägerin zu 2 im Juni 2014 die antiretrovirale Kombinationstherapie begonnen worden sei und beim Kläger zu 1 fortgesetzt werde. Eine Nichtfortführung der Therapie sei sehr bedenklich und mit einem hohen Risiko für den weiteren Krankheitsverlauf verbunden. Es sei mit einer verkürzten Lebenserwartung zu rechnen. Der Kläger zu 1 erklärte, er habe in Weißrussland zwar Medikamente erhalten, aber erst nachdem sein Grenzwert auf 190 Einheiten gesunken sei. Die in Deutschland verabreichten Medikamente seien wirkungsvoller. Der Klägervertreter regte an, eine Auskunft sachkundiger Stellen in Bezug auf die Behandelbarkeit von HIV in Weißrussland einzuholen.

Das Verwaltungsgericht Ansbach hat die Klage mit Urteil vom 10. März 2015 abgewiesen. Bei den Klägern sei keine Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfG festzustellen. Der Vortrag weise in zentralen Punkten Widersprüchlichkeiten auf. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz nach § 4 AsylVfG seien nicht gegeben. Auch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG sei nicht ersichtlich. Nach den zugrunde gelegten Erkenntnisquellen sei HIV in Weißrussland behandelbar. Der Kläger zu 1 habe in der mündlichen Verhandlung auch bestätigt, dass er in Weißrussland Zugang zu antiviralen Medikamenten gehabt habe.

Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung. Die Berufung sei zuzulassen, da das rechtliche Gehör der Kläger i. V. m. dem Amtsermittlungsgrundsatz verletzt worden sei (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO). Die Kläger hätten zwar keinen Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens hinsichtlich der Frage gestellt, ob ihre Abschiebung nach Weißrussland aus gesundheitlichen Gründen untragbar sei. Die Ermittlungen seien aber aufgrund des klägerischen Vortrags im Rahmen der Amtsermittlung anzustellen gewesen. Das Verwaltungsgericht habe sich nur oberflächlich mit den zentralen Fragen befasst, ob eine adäquate medizinische Versorgung im Heimatland gewährleistet sei. Hätte das Verwaltungsgericht dem Beweisantrag stattgegeben, wären Tatsachen ermittelt worden, die die Unzumutbarkeit der Ausreise nach Weißrussland belegen würden. Die Kläger legten weitere ärztliche Atteste vom 24. Juni 2015, einen Bericht der Weltgesundheitsorganisation vom 1. Dezember 2003 sowie einen Beitrag aus dem „Deutschen AIDS-Hilfe-Magazin“ vom 4. Januar 2014 vor.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil ein Verfahrensmangel nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO nicht in ausreichender Weise dargelegt ist (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG).

Bei einer behaupteten Verletzung des rechtlichen Gehörs nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i. V. m. Art. 103 Abs. 1 GG, § 138 Nr. 3 VwGO müsste dargelegt werden, was im Fall ordnungsgemäßer Gewährung rechtlichen Gehörs Entscheidungserhebliches vorgetragen worden wäre (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 74). Dies ist hier nicht der Fall. Die Kläger machen nur geltend, es sei gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen worden, weil das Erstgericht keine weitere Sachverhaltsaufklärung, z. B. durch Einholung eines Sachverständigengutachtens betrieben habe. Bei einem (hier ohnehin nicht ersichtlichen) Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz handelt es sich schon nicht um einen absoluten Revisionsgrund nach § 138 VwGO, der von § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG erfasst wäre (vgl. BayVGH, B.v. 18.5.2015 - 11 ZB 15.30091 - juris Rn. 2; B.v. 13.04.2015 - 13a ZB 14.30047 - juris Rn. 4; OVG NRW, B.v. 25.3.2015 - 13 A 493/15.A - juris).

Im Übrigen haben die bereits erstinstanzlich anwaltlich vertretenen Kläger in der mündlichen Verhandlung keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt, sondern nur angeregt, eine Auskunft sachkundiger Stellen in Bezug auf die Behandelbarkeit von HIV in Weißrussland einzuholen. Die Gehörsrüge stellt jedoch kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren.

Darüber hinaus hat der Kläger zu 1 selbst angegeben, in Weißrussland Zugang zu antiretroviralen Medikamenten gehabt zu haben. Dass in der Bundesrepublik Deutschland ggf. bessere Medikamente zur Verfügung stehen, führt nicht zu einem Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.

Dieser Beschluss, mit dem das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG), ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 138


Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn1.das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,2.bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes aus

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Tenor I. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt. II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

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Tenor Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 16. Januar  2015 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. 1G r ü n d e : 2Der Antrag hat keinen Erfolg. 3Der Kläger macht im Wesentlich
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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 15. Feb. 2016 - 11 ZB 16.30012

bei uns veröffentlicht am 15.02.2016

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. Der am ... 1989 gebor

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 29. Mai 2017 - 11 ZB 17.30510

bei uns veröffentlicht am 29.05.2017

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. Die Kläger sind u

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

Tenor

I. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, da der Zulassungsantrag keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 31. Oktober 2013 ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO nicht vorliegen.

Der Kläger macht eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend. Das Verwaltungsgericht habe die beiden in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge abgelehnt. Die Begründung, der erste Beweisantrag sei ein unzulässiger Ausforschungsantrag und der zweite sei verspätet gestellt worden, sei unzutreffend. Der Sachverhalt hätte weiter aufgeklärt werden müssen. Das Urteil beruhe auf der fehlenden Aufklärung.

Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor. Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG) sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden (BVerfG, B.v. 30.4.2003 – 1 PBvU 1/02 – BVerfGE 107, 395/409 = NJW 2003, 1924). Die Ablehnung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (BVerfG, B.v. 30.1.1985 – 1 BvR 393/84 – BVerfGE 69, 141/144 = NJW 1986, 833; BVerfG, B.v. 18.6.1993 – 2 BvR 1815/92 – NVwZ 1994, 60 = BayVBl 1993, 562; BayVerfGH, E.v. 26.4.2005 – Vf. 97-VI-04 – VerfGH 58, 108 = BayVBl 2005, 721). Voraussetzung einer begründeten Rüge der Versagung rechtlichen Gehörs ist in jedem Fall die (erfolglose) vorherige Ausschöpfung sämtlicher verfahrensrechtlich eröffneter und nach Lage der Dinge tauglicher Möglichkeiten, sich rechtliches Gehör zu verschaffen (BVerfG, B.v. 10.2.1987 – 2 BvR 314/86 – BVerfGE 74, 220/225 = NJW 1987, 1191). Falls ein Beweisantrag abgelehnt wurde, weil das Gericht die Umstände„verkannt“ hat, müsste der Rechtsanwalt einen weiteren klarstellenden Beweisantrag gestellt haben (BVerwG, B.v. 30.7.2008 – 5 B 59.08 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO Nr. 50). Die ungenügende Sachverhaltsaufklärung (Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes nach § 86 Abs. 1 VwGO) gehört nicht zu den in § 138 VwGO genannten Verfahrensmängeln (BayVerfGH, E.v. 29.1.2014 – Vf. 18-VI-12 – BayVBl 2014, 448).

Gemessen an diesen höchstrichterlichen Grundsätzen war dem Kläger das rechtliche Gehör nicht versagt.

Gemäß dem ersten Beweisantrag sollte ein Gutachten darüber eingeholt werden, dass aufgrund der in dem HNO-ärztlichen Attest des Dr. med. R. vom 26. Juli 2012 festgestellten gesundheitlichen Beschädigungen die Erinnerungsfähigkeit des Klägers beeinträchtigt sei. Jener durfte abgelehnt werden, weil er keine konkreten tatsächlichen Grundlagen für das Beweisthema enthielt. Das betreffende Attest (s. S. 81 der Bundesamtsakte) enthält folgende Diagnose: Knalltrauma rechts (mit Hochtonabfall), Tinnitus rechts. Anhaltspunkte für eine Störung des Erinnerungsvermögens ergeben sich hieraus nicht. Dem Argument in der Begründung des Zulassungsantrags, es sei nicht nur um die Erinnerungsfähigkeit, sondern auch um den Umfang der gesundheitlichen Beeinträchtigungen gegangen, ist entgegenzuhalten, dass dieses Thema im Beweisantrag nicht enthalten ist.

Gemäß dem zweiten Beweisantrag sollte der Bruder des Klägers als Zeuge dazu vernommen werden, dass dieser von den Taliban dreimal geschlagen wurde. Diesbezüglich kann der Zulassungsantrag deshalb keinen Erfolg haben, weil der Kläger nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft hat, sich rechtliches Gehör zu verschaffen. So hätte es ihm oblegen, bereits zu Beginn der mündlichen Verhandlung einen Beweisantrag zu stellen und den Bruder als präsenten Zeugen zu präsentieren, der sich nach Angaben des Klägers zu Beginn des Gerichtstermins noch im Zuschauerraum befand. Hierzu hätte Anlass bestanden, weil das Verwaltungsgericht in dem Beschluss vom 26. September 2013 über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe u.a. darauf abgestellt hat, dass die jeweiligen Angaben des Klägers bzw. des Bruders vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge widersprüchlich gewesen seien. Demnach wusste der Kläger, dass die Angaben des Bruders entscheidungserheblich gewesen wären. Außerdem hätte der Kläger nach dem ablehnenden Beschluss einen erneuten Beweisantrag unter Hinweis darauf stellen müssen, dass der Zeuge telefonisch erreichbar sei und ohne erhebliche Verzögerung der Verhandlung herbeigeholt werden könnte, wie dies in der Begründung des Zulassungsantrags dargelegt wurde. Dass der Kläger seinen Bruder bereits im Schriftsatz vom 28. Oktober 2013 als Zeugen benannte, vermag keine andere Entscheidung zu rechtfertigen, weil mit einem schriftsätzlichgestellten Beweisantrag lediglich die weitere Erforschung des Sachverhalts durch das Gericht angeregt wird (BVerwG, B.v. 20.8.2010 – 8 B 27.10 – juris; U.v. 26.6.1968 – V C 111.67 – BVerwGE 30, 57).

Das mit Schriftsatz vom 11. Februar 2015 nachgereichte fachärztliche psychiatrische Attest über PTBS vermag die Zulassung der Berufung ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Abgesehen davon, dass die einmonatige Darlegungsfrist nach § 78 Abs. 4 Sätze 1 und 4 AsylVfG überschritten ist, kommt es hier nur auf die Prozesssituation in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 16. Januar  2015 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.


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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.