Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 05. Feb. 2014 - 10 ZB 13.1645

published on 05/02/2014 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 05. Feb. 2014 - 10 ZB 13.1645
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Gericht

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Tenor

I.

Die Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 27. Juni 2013 wird zugelassen, soweit damit die Klage gegen die Anordnung der Beklagten in Nr. 2. des Bescheids vom 6. September 2011 abgewiesen wurde.

Im Übrigen wird der Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt.

II.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird vorläufig auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die Berufung ist nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, soweit das Verwaltungsgericht die Klage gegen die Anordnung der Beklagten in Nr. 2. des Bescheids vom 6. September 2011 abgewiesen hat, weil ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils dargelegt sind und vorliegen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 und § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; 1.). Hinsichtlich der Nr. 1. des Bescheids vom 6. September 2011 (Leinenzwang) ist der Antrag auf Zulassung der Berufung dagegen als unzulässig abzulehnen, da der Kläger durch die angefochtene Entscheidung des Erstgerichts insoweit nicht beschwert ist (2.).

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen dann, wenn der Kläger einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten infrage stellt (vgl. BVerfG, B. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Dies ist bezüglich der die Anordnung der Beklagten in Nr. 2. des Bescheids vom 6. September 2011 (Verpflichtung, der Schäferhündin „Raja“ außerhalb des selbstbewohnten Grundstücks einen abstreifsicheren Maulkorb oder eine abstreifsichere Maulschlaufe anzulegen) betreffenden Klageabweisung der Fall.

Das Verwaltungsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung darauf gestützt, dass der von der Beklagten neben dem Leinenzwang angeordnete Maulkorb- bzw. Maulschlaufenzwang zur Abwehr der von der Schäferhündin des Klägers „Raja“ ausgehenden Gefahr dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Art. 8 LStVG) entspreche und von der Beklagten auch sonst ermessensfehlerfrei verfügt worden sei. Die durch die Anordnungen der Beklagten erfolgte „doppelte“ Absicherung durch eine Kombination von Leinen- und Maulkorbzwang erfordere im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (besondere) rechtfertigende Umstände. Solche Umstände lägen schon aufgrund der Intensität des den Anordnungen zugrunde liegenden Vorfalls vom 3. Juli 2011 vor, bei dem die Schäferhündin neben einem Pudel auch dessen Halterin gebissen habe. Dadurch sei das stark ausgeprägte „Trieb(Dominanz)verhalten“ des Hundes bei geringer Auslöseschwelle belegt. Der Leinenzwang (allein) sei nicht geeignet, ein „Fassen“ anderer Tiere oder die Verletzung von Personen auszuschließen. Dazu kämen das Verhalten der den Hund ausführenden Ehefrau des Klägers, die den Hund bei dem Vorfall absichtlich von der Leine gelassen habe, sowie die uneinsichtige Reaktion des Klägers auf den Vorfall, der damit zeige, dass er sich des Gefahrenpotenzials seines Hundes nicht bewusst sei.

Diese Feststellungen des Verwaltungsgerichts hat der Kläger mit seinem Zulassungsvorbringen ernsthaft infrage gestellt. So hat der Kläger vorgetragen, dass der der streitbefangenen Anordnung zugrunde liegende erstmalige Vorfall vom 3. Juli 2011 allein darauf zurückzuführen sei, dass seine Ehefrau die Schäferhündin von der Leine genommen habe, wodurch diese dem bellenden Pudel hinterher jagen und ihn fassen habe können. Wäre die Schäferhündin angeleint gewesen bzw. geblieben, wäre es zu dem Vorfall nicht gekommen. Es sei auch nicht ersichtlich, dass zu besorgen wäre, dass seine Ehefrau nach der (erstmaligen) behördlichen Anordnung eines zwangsgeldbewehrten Leinenzwangs in ähnlich gelagerten Situationen die Schäferhündin erneut von der Leine nehmen könnte, zumal der Kläger in Nr. 3. des Bescheids vom 6. September 2011, ebenfalls zwangsgeldbewehrt, sicherzustellen habe, dass nur zuverlässige Dritte mit der Führung der Schäferhündin beauftragt würden. Soweit das Verwaltungsgericht den angeordneten Leinenzwang (allein) nicht für geeignet halte, das „Fassen“ anderer Tiere oder die Verletzung von Personen auszuschließen, sei dies nicht nachvollziehbar. Dies würde letztlich dazu führen, dass stets ein Nebeneinander von Leinen- und Maulkorbzwang verhältnismäßig und damit rechtlich zulässig wäre. Damit hat der Kläger aber mit schlüssigen Gegenargumenten die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der angefochtenen Maßnahme durch das Verwaltungsgerichts infrage gestellt. Denn sowohl von der Beklagten im angefochtenen Bescheid als auch vom Verwaltungsgericht ist nicht hinreichend berücksichtigt worden, dass die Schäferhündin des Klägers vor dem Vorfall am 3. Juli 2011 offensichtlich regelmäßig an einer Leine ausgeführt wurde und sich bis zu diesem Zeitpunkt in keiner Weise auffällig verhalten hat. Auch seit diesem Vorfall gab es, soweit aus den Akten ersichtlich, keine weiteren konkreten Gefahrensituationen oder Vorfälle im Zusammenhang mit der Schäferhündin des Klägers. Vor diesem Hintergrund ist der Einwand des Klägers, wenn „Raja“ angeleint sei, gehe von ihr keine konkrete Gefahr mehr (für die in Art. 18 Abs. 1 LStVG geschützten Rechtsgüter) aus, hinreichend nachvollziehbar und schlüssig. Dem kann auch ohne entsprechende konkrete Anhaltspunkte nicht entgegengehalten werden, der Kläger oder seine Ehefrau würden sich nicht zuverlässig an den behördlich verfügten und mit einer Zwangsgeldandrohung versehenen Leinenzwang halten. Das Erstgericht hat bei seiner Bewertung, der Kläger sei sich über die von seinem Hund ausgehenden Gefahren überhaupt nicht im Klaren, im Übrigen auch unberücksichtigt gelassen, dass sich der Kläger gegen den durch die Beklagte angeordneten Leinenzwang mit seiner Klage nicht gewandt und eine dadurch abzuwehrende Gefahrenlage anerkannt hat. Soweit das Verwaltungsgericht schließlich den Leinenzwang für nicht geeignet gehalten hat, „ein Fassen anderer Tiere oder die Verletzung von Personen auszuschließen“, ist in der angefochtenen Entscheidung weder dargelegt noch hier sonst ersichtlich, aufgrund welcher Erwägungen oder Umstände eine derartige konkrete Gefahr bei der Schäferhündin des Klägers angenommen wird, auch wenn diese - wie angeordnet - durch eine Person an der Leine geführt wird, die zuverlässig und körperlich hinreichend befähigt ist, den Hund zu kontrollieren. Die vom Erstgericht festgestellte Intensität des einmaligen Beißvorfalls vom 3. Juli 2011 dürfte jedenfalls dafür allein (noch) nicht ausreichen. Auch wenn eine Kombination von Leinen- und Maulkorbzwang nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht von vornherein gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt (vgl. z. B. B. v. 28.9.2012 - 10 CS 12.1791 - juris Rn. 28), sind die vom Kläger in seinem Fall geltend gemachten Bedenken gegen die Notwendigkeit dieser Kombination und die daraus abgeleitete Unverhältnismäßigkeit der angefochtenen Anordnung nach alledem geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils zu begründen.

2. Hinsichtlich der Nr. 1. des Bescheids vom 6. September 2011 (Leinenzwang) ist der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung als Rechtsmittel nicht statthaft und damit unzulässig, weil ihm als Rechtsmittelführer insoweit die erforderliche Beschwer fehlt (vgl. Meyer-Ladewig/Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 25. Ergänzungslieferung 2013, Vorbemerkung § 124 Rn. 39 und § 124a Rn. 122). Denn das Verwaltungsgericht hat in seinem angegriffenen Urteil über die Rechtmäßigkeit der Anordnung in Nr. 1. des Bescheids vom 6. September 2011 (Leinenzwang) zu Recht nicht entschieden, weil sich das Klagebegehren des Klägers (s. § 88 VwGO) und damit der Streitgegenstand in erster Instanz (nur) auf die Anfechtung der Nr. 2. dieses Bescheids beschränkte (vgl. den in der mündlichen Verhandlung am 23.6.2013 gestellten Klageantrag aus dem Klageschriftsatz des Klägers vom 6.10.2011, Bl. 1 und 33 der VG-Akte). Daher war der Antrag auf Zulassung der Berufung im Übrigen abzulehnen.

Die Kostenentscheidung bleibt auch bezüglich des abgelehnten Antrags dem Berufungsverfahren vorbehalten.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 2 GKG. [8] Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Belehrung

Das Verfahren wird, soweit die Berufung zugelassen worden ist, als Berufungsverfahren fortgesetzt. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Wegen der Verpflichtung, sich im Berufungsverfahren vertreten zu lassen, wird auf die Rechtsmittelbelehrung der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B
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Annotations

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.