Bayerischer Verfassungsgerichtshof Entscheidung, 22. Sept. 2015 - Vf. 112-VI/14 a

published on 22/09/2015 00:00
Bayerischer Verfassungsgerichtshof Entscheidung, 22. Sept. 2015 - Vf. 112-VI/14 a
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Gründe

Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs

Aktenzeichen: Vf. 112-VI-14

vom 22. September 2015

Stichworte:

1. Mangels hinreichender Substanziierung unzulässige Verfassungsbeschwerde gegen einen strafgerichtlichen Beschluss, soweit durch diesen ein Ablehnungsgesuch als unzulässig zurückgewiesen wurde.

2. Überprüfung dieses strafgerichtlichen Beschlusses, soweit ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 172 Abs. 2 StPO als unzulässig verworfen wurde, am Maßstab insbesondere des Grundrechts auf rechtliches Gehör und des Willkürverbots.

Der Antrag auf Ablehnung des der zuständigen Spruchgruppe angehörenden Richters des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs Dr. Hahnzog, der bei der Entscheidung vom 9. Januar 2015 Vf. 1-VI-14 mitgewirkt hat, wird als unzulässig verworfen.

über die Verfassungsbeschwerde

des Herrn A. W. in M.

gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 3. Dezember 2014 Az. 2 Ws 1104/14 Kl

Gründe:

I.

Gegenstand des Verfahrens ist eine Verfassungsbeschwerde gegen einen Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 3. Dezember 2014 Az. 2 Ws 1104/14 Kl in einem Klageerzwingungsverfahren. Bereits am 9. Januar 2015 hatte der Verfassungsgerichtshof im Verfahren Vf. 1-VI-14 eine weitere Verfassungsbeschwerde u. a. des Beschwerdeführers gegen einen Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 11. Dezember 2013 abgewiesen, durch den Anträge des Beschwerdeführers auf gerichtliche Entscheidung im Klageerzwingungsverfahren als unzulässig verworfen worden waren.

Der Beschwerdeführer hat mit Schriftsatz vom 15. Januar 2015 „die Ablehnung der Richter Dr. Huber, Kersten, Dr. Heßler, Koch, Prof. Dr. Buchner, Schaudig, Dr. Weiß M., Dr. Hahnzog und Brey wegen Besorgnis der Befangenheit“ erklärt. Er erhebt gegen die abgelehnten Richter den Vorwurf der gemeinschaftlichen Rechtsbeugung durch die Entscheidung vom 9. Januar 2015 im Verfahren Vf. 1-VI-14. Seine Begründung erschöpft sich in der wörtlichen Wiedergabe von Passagen aus einem Kommentar zum Strafgesetzbuch sowie dem Hinweis, die Möglichkeit der dissenting opinion in vielen internationalen Verfahrensordnungen zeige, dass das Beratungsgeheimnis keine „heilige Kuh“ sei.

Mit mehreren weiteren Schreiben hat der Beschwerdeführer die Begründung seines Ablehnungsgesuchs ergänzt. Er führt u. a. aus, die abgelehnten Richter hätten seiner Verfassungsbeschwerde im Verfahren Vf. 1-VI-14 wegen Gehörsverletzung und wegen objektiv willkürlicher Missachtung der Aufklärungs- und Erörterungspflicht analog § 86 Abs. 3 VwGO zwingend stattgeben müssen. Ferner nimmt der Beschwerdeführer Bezug auf den Nichtannahmebeschluss vom 6. Oktober 2014 Az. 2 BvR 1568/12, in dem das Bundesverfassungsgericht ausführt, dem Grundgesetz lasse sich grundsätzlich kein Anspruch auf Strafverfolgung Dritter entnehmen; etwas anderes könne aber u. a. bei Delikten von Amtsträgern gelten. Die abgelehnten Richter hätten bei ihrer Entscheidung vom 9. Januar 2015 Kenntnis von diesem Beschluss haben müssen, was belege, „dass die Beschuldigten Recht und Gesetz mit direktem Vorsatz gebrochen“ hätten.

II.

Das Ablehnungsgesuch ist offensichtlich unzulässig.

Nach Art. 9 VfGHG sind auf die Ausschließung und die Ablehnung eines Mitglieds des Verfassungsgerichtshofs die Vorschriften der §§ 22 bis 30 StPO entsprechend anzuwenden. Die anstehende Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde ist vom Verfassungsgerichtshof in der Besetzung nach Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VfGHG zu treffen. Deshalb entscheidet der Verfassungsgerichtshof in dieser Besetzung auch über das Ablehnungsgesuch. Darauf, dass der zuständigen Spruchgruppe VIII (vgl. B. III. sowie Anlage 2 des Geschäftsverteilungsplans des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs für das Jahr 2015) als Vertreter (für die verhinderten Mitglieder Pauckstadt-Maihold und Weitzel) auch der Richter Dr. Hahnzog angehört, der bei der Entscheidung vom 9. Januar 2015 mitgewirkt hat und vom Beschwerdeführer abgelehnt worden ist, kommt es nicht an. Er scheidet bei der Entscheidung nicht aus, weil das Ablehnungsgesuch nach Art. 9 VfGHG i. V. m. § 26 a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 StPO als unzulässig zu verwerfen ist. Dem Fehlen der Begründung im Sinn der genannten Bestimmungen steht es gleich, dass die Begründung aus zwingenden rechtlichen Gründen zur Rechtfertigung eines Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet ist. Wegen der offensichtlichen Unzulässigkeit ist über das Ablehnungsgesuch in einem solchen Fall ohne dienstliche Äußerung des abgelehnten Richters zu entscheiden (VerfGH vom 27.5.1971 VerfGHE 24, 96/97; vom 31.1.2000 VerfGHE 53, 20/21 f.; vom 30.10.2008 - Vf. 1-VII-08 -amtl. Umdruck S. 4; vom 9.12.2009 - Vf. 49-III-09 - juris Rn. 6; vom 10.10.2014 -Vf. 25-III-14 - juris Rn. 5; vgl. auch BVerfG vom 2.11.1960 BVerfGE 11, 343/348).

Die geltend gemachten Gründe sind zur Rechtfertigung des Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet. Konkrete Anhaltspunkte, die auf eine Voreingenommenheit des abgelehnten Richters hindeuten könnten, hat der Beschwerdeführer nicht in nachvollziehbarer Weise aufgezeigt. Die Beteiligung eines Verfassungsrichters an einem vorangegangenen verfassungsgerichtlichen Verfahren, das vergleichbare oder ähnliche Rechtsfragen zum Gegenstand hatte, kann als solche nicht die Besorgnis der Befangenheit begründen. Die Richterablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit ist grundsätzlich kein geeignetes Mittel, sich gegen für unrichtig gehaltene Rechtsauffassungen eines Richters zu wehren (VerfGH vom 9.12.2009 -Vf. 49-III-09 - juris Rn. 7; vom 10.10.2014 - Vf. 25-III-14 - juris Rn. 6 m. w. N.).

Zusätzliche besondere Umstände, aus denen geschlossen werden könnte, die vom Beschwerdeführer angeführte Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 9. Januar 2015 beruhe auf einer unsachlichen Einstellung des abgelehnten Richters oder auf Willkür, sind nicht ansatzweise erkennbar (vgl. VerfGH vom 10.10.2014 - Vf. 25-III-14 - juris Rn. 7). Der Beschwerdeführer setzt sich mit dem Inhalt dieser Entscheidung nicht näher auseinander und legt deshalb auch nicht nachvollziehbar dar, weshalb der an ihr beteiligte Richter des Verfassungsgerichtshofs Dr. Hahnzog anzuwendendes Verfassungsrecht oder Verfassungsprozessrecht gebeugt haben soll. Der Beschwerdeführer beschränkt sich vielmehr darauf, in umfangreichen Ausführungen vorzutragen, warum er den Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 11. Dezember 2013 für einfachrechtlich fehlerhaft und verfassungswidrig hält. Der Umstand, dass der Verfassungsgerichtshof dazu in seiner Entscheidung vom 9. Januar 2015 eine andere Auffassung vertreten hat, belegt nicht ansatzweise den vom Beschwerdeführer erhobenen Vorwurf der Rechtsbeugung. Aus dem genannten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Oktober 2014 lässt sich diesbezüglich bereits deshalb nichts herleiten, weil der Klageerzwingungsantrag im dortigen Ausgangsverfahren für zulässig erachtet worden war, eine sachliche Prüfung durch das Oberlandesgericht Schleswig also eröffnet war. Gegenstand der verfassungsrechtlichen Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht war also eine Sachentscheidung, während die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 9. Januar 2015 eine Prozessentscheidung betraf.

ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

5 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

(1) Ist der Antragsteller zugleich der Verletzte, so steht ihm gegen den Bescheid nach § 171 binnen zwei Wochen nach der Bekanntmachung die Beschwerde an den vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft zu. Durch die Einlegung der Beschwerde bei der S
1 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 06/10/2014 00:00

Tenor 1. Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Gründe I.
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Annotations

(1) Ist der Antragsteller zugleich der Verletzte, so steht ihm gegen den Bescheid nach § 171 binnen zwei Wochen nach der Bekanntmachung die Beschwerde an den vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft zu. Durch die Einlegung der Beschwerde bei der Staatsanwaltschaft wird die Frist gewahrt. Sie läuft nicht, wenn die Belehrung nach § 171 Satz 2 unterblieben ist.

(2) Gegen den ablehnenden Bescheid des vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft kann der Antragsteller binnen einem Monat nach der Bekanntmachung gerichtliche Entscheidung beantragen. Hierüber und über die dafür vorgesehene Form ist er zu belehren; die Frist läuft nicht, wenn die Belehrung unterblieben ist. Der Antrag ist nicht zulässig, wenn das Verfahren ausschließlich eine Straftat zum Gegenstand hat, die vom Verletzten im Wege der Privatklage verfolgt werden kann, oder wenn die Staatsanwaltschaft nach § 153 Abs. 1, § 153a Abs. 1 Satz 1, 7 oder § 153b Abs. 1 von der Verfolgung der Tat abgesehen hat; dasselbe gilt in den Fällen der §§ 153c bis 154 Abs. 1 sowie der §§ 154b und 154c.

(3) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung muß die Tatsachen, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen, und die Beweismittel angeben. Er muß von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein; für die Prozeßkostenhilfe gelten dieselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten. Der Antrag ist bei dem für die Entscheidung zuständigen Gericht einzureichen.

(4) Zur Entscheidung über den Antrag ist das Oberlandesgericht zuständig. Die §§ 120 und 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes sind sinngemäß anzuwenden.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.