Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 11. Sept. 2018 - L 9 EG 16/16
vorgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 8. April 2016 abgeändert und der Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 11. Dezember 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. März 2015 verurteilt, den Bescheid vom 3. April 2014 abzuändern und der Klägerin für die Zeit bis einschließlich 31. Dezember 2014 höheres Elterngeld unter Berücksichtigung der im August 2014 erhaltenen Nachzahlung von Arbeitsentgelt für die Monate September bis November 2013 zu gewähren.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu vier Fünftel.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
... Oktober 2012 1.926,67 EUR
... November 2012 2.606,66 EUR
... Dezember 2012 3.400,00 EUR
... Januar 2013 3.400,00 EUR
... Februar 2013 3.400,00 EUR
... März 2013 3.400,00 EUR
... April 2013 3.400,00 EUR
... Mai 2013 3.400,00 EUR
... Juni 2013 3.400,00 EUR
... Juli 2013 3.400,00 EUR
... August 2013 3.400,00 EUR
... September 2013 2.946,67 EUR.
das Urteil des Sozialgerichts München vom 08.04.2016 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 11.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.03.2015 zu verurteilen, den Bescheid vom 03.04.2014 abzuändern und ihr höheres Elterngeld unter Berücksichtigung der im August 2014 erhaltenen Nachzahlung von Arbeitsentgelt für die Monate September bis November 2013 zu gewähren.
die Berufung zurückzuweisen.
Gründe
- Die Rechtsprechung des BSG hat einen solchen Ansatz bis dato nicht aufgegriffen. Im Gegenteil: Im Fall B 10 EG 19/09 R (Urteil vom 30.09.2010) hegte das BSG keinerlei Bedenken, dass der Bemessungszeitraum sich von Dezember 2005 bis November 2006 erstreckt hatte, die Nachzahlung aber erst im Februar 2008 geleistet worden war. Auch im Fall B 10 EG 5/11 R (Urteil vom 18.08.2011) lag der Zahlungszeitpunkt außerhalb des Bemessungszeitraums, wenn auch weniger deutlich als im Fall B 10 EG 19/09 R.
- Würde der Senat einen Rechtssatz bejahen, wonach nur solche Nachzahlungen relevant sein könnten, die innerhalb des Bemessungszeitraums oder wenigstens bis zur Entscheidung über den Elterngeldantrag zugeflossen seien, würde er eine materiell-rechtliche zeitliche Grenze konstituieren. Das aber müsste dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben. Denn es würde sich hierbei um einen wesentlichen Aspekt handeln, der angesichts des verfassungsrechtlichen Rechtsstaats- und Demokratieprinzips nicht der richterlichen Rechtsfortbildung überlassen bleiben dürfte. Das gilt umso mehr, als mit § 44 Abs. 4 SGB X beziehungsweise § 48 Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit § 44 Abs. 4 SGB X durchaus eine ausdrückliche gesetzliche Regelung zu der Frage existiert, nach welcher Zeit - nämlich nach vier Jahren - keine rückwirkenden Änderungen mehr möglich sein sollen. § 48 Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit § 44 Abs. 4 SGB X ist auch im vorliegenden Fall einschlägig und bringt unmissverständlich zum Ausdruck, dass die hier gegebene Verzögerung bei der Auszahlung noch nicht so erheblich ist, dass eine rückwirkende Änderung ausgeschlossen sein soll. Angesichts der existierenden gesetzlichen Regelung kann nicht im Wege freihändiger, an Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten orientierter richterlicher Auslegung eine materiell-rechtliche Zäsur geschaffen werden.
- Überdies legt eine Parallelbetrachtung zu § 151 SGB III dieses Ergebnis nahe. Lange Jahre hatte das BSG dort für die Ermittlung des Bemessungsentgelts eine strenge Zuflusstheorie vertreten. Mit Urteil vom 28.06.1995 - 7 RAr 102/94 gab es die strenge Zuflusstheorie zugunsten einer kombinierten Anspruchs- und Zuflusstheorie - so hat es selbst seine neue Handhabung bezeichnet - auf. Auch nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis zugeflossenes Arbeitsentgelt sei zu berücksichtigen, soweit es sich um eine nachträgliche Vertragserfüllung handle. Zwingend ist der Schluss vom Arbeitslosengeldrecht auf das Elterngeldrecht indes nicht. Denn das BSG hat seine Rechtsprechungsänderung im Jahr 1995 mit einem gebotenen Gleichlauf von beitragsrechtlicher und leistungsrechtlicher Handhabung begründet. Da es sich beim Elterngeld um eine steuerfinanzierte Sozialleistung handelt, stellt sich die Ausgangslage grundlegend anders dar. Dennoch wertet der Senat die Handhabung beim Arbeitslosengeld als Argument zu Gunsten der Klägerin.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 11. Sept. 2018 - L 9 EG 16/16
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 11. Sept. 2018 - L 9 EG 16/16
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenBayerisches Landessozialgericht Urteil, 11. Sept. 2018 - L 9 EG 16/16 zitiert oder wird zitiert von 15 Urteil(en).
(1) Der Arbeitgeber hat die Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 10 durch Unterlagen zu dokumentieren, aus denen Folgendes ersichtlich ist:
- 1.
das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung nach § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und der Bedarf an Schutzmaßnahmen nach § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, - 2.
die Festlegung der erforderlichen Schutzmaßnahmen nach § 10 Absatz 2 Satz 1 sowie das Ergebnis ihrer Überprüfung nach § 9 Absatz 1 Satz 2 und - 3.
das Angebot eines Gesprächs mit der Frau über weitere Anpassungen ihrer Arbeitsbedingungen nach § 10 Absatz 2 Satz 2 oder der Zeitpunkt eines solchen Gesprächs.
(2) Der Arbeitgeber hat alle Personen, die bei ihm beschäftigt sind, über das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung nach § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und über den Bedarf an Schutzmaßnahmen nach § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 zu informieren.
(3) Der Arbeitgeber hat eine schwangere oder stillende Frau über die Gefährdungsbeurteilung nach § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und über die damit verbundenen für sie erforderlichen Schutzmaßnahmen nach § 10 Absatz 2 Satz 1 in Verbindung mit § 13 zu informieren.
(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.
(1) Der monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Überschuss der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Geld oder Geldeswert über ein Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2e und 2f, ergibt das Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit. Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind. Die zeitliche Zuordnung von Einnahmen erfolgt nach den lohnsteuerlichen Vorgaben für das Lohnsteuerabzugsverfahren. Maßgeblich ist der Arbeitnehmer-Pauschbetrag nach § 9a Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes in der am 1. Januar des Kalenderjahres vor der Geburt des Kindes für dieses Jahr geltenden Fassung.
(2) Grundlage der Ermittlung der Einnahmen sind die Angaben in den für die maßgeblichen Kalendermonate erstellten Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers. Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben in den maßgeblichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen wird vermutet.
(3) Grundlage der Ermittlung der nach den §§ 2e und 2f erforderlichen Abzugsmerkmale für Steuern und Sozialabgaben sind die Angaben in der Lohn- und Gehaltsbescheinigung, die für den letzten Kalendermonat im Bemessungszeitraum mit Einnahmen nach Absatz 1 erstellt wurde. Soweit sich in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Bemessungszeitraums eine Angabe zu einem Abzugsmerkmal geändert hat, ist die von der Angabe nach Satz 1 abweichende Angabe maßgeblich, wenn sie in der überwiegenden Zahl der Kalendermonate des Bemessungszeitraums gegolten hat. § 2c Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
(1) Anspruch auf Elterngeld hat, wer
- 1.
einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, - 2.
mit seinem Kind in einem Haushalt lebt, - 3.
dieses Kind selbst betreut und erzieht und - 4.
keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.
(2) Anspruch auf Elterngeld hat auch, wer, ohne eine der Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 zu erfüllen,
- 1.
nach § 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliegt oder im Rahmen seines in Deutschland bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses vorübergehend ins Ausland abgeordnet, versetzt oder kommandiert ist, - 2.
Entwicklungshelfer oder Entwicklungshelferin im Sinne des § 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ist oder als Missionar oder Missionarin der Missionswerke und -gesellschaften, die Mitglieder oder Vereinbarungspartner des Evangelischen Missionswerkes Hamburg, der Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen e. V. oder der Arbeitsgemeinschaft pfingstlich-charismatischer Missionen sind, tätig ist oder - 3.
die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und nur vorübergehend bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung tätig ist, insbesondere nach den Entsenderichtlinien des Bundes beurlaubte Beamte und Beamtinnen, oder wer vorübergehend eine nach § 123a des Beamtenrechtsrahmengesetzes oder § 29 des Bundesbeamtengesetzes zugewiesene Tätigkeit im Ausland wahrnimmt.
(3) Anspruch auf Elterngeld hat abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 auch, wer
- 1.
mit einem Kind in einem Haushalt lebt, das er mit dem Ziel der Annahme als Kind aufgenommen hat, - 2.
ein Kind des Ehegatten oder der Ehegattin in seinen Haushalt aufgenommen hat oder - 3.
mit einem Kind in einem Haushalt lebt und die von ihm erklärte Anerkennung der Vaterschaft nach § 1594 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs noch nicht wirksam oder über die von ihm beantragte Vaterschaftsfeststellung nach § 1600d des Bürgerlichen Gesetzbuchs noch nicht entschieden ist.
(4) Können die Eltern wegen einer schweren Krankheit, Schwerbehinderung oder Todes der Eltern ihr Kind nicht betreuen, haben Verwandte bis zum dritten Grad und ihre Ehegatten oder Ehegattinnen Anspruch auf Elterngeld, wenn sie die übrigen Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllen und wenn von anderen Berechtigten Elterngeld nicht in Anspruch genommen wird.
(5) Der Anspruch auf Elterngeld bleibt unberührt, wenn die Betreuung und Erziehung des Kindes aus einem wichtigen Grund nicht sofort aufgenommen werden kann oder wenn sie unterbrochen werden muss.
(6) Eine Person ist nicht voll erwerbstätig, wenn ihre Arbeitszeit 32 Wochenstunden im Durchschnitt des Lebensmonats nicht übersteigt, sie eine Beschäftigung zur Berufsbildung ausübt oder sie eine geeignete Tagespflegeperson im Sinne des § 23 des Achten Buches Sozialgesetzbuch ist und nicht mehr als fünf Kinder in Tagespflege betreut.
(7) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer oder eine nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerin ist nur anspruchsberechtigt, wenn diese Person
- 1.
eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzt, - 2.
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte, eine Mobiler-ICT-Karte oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen oder berechtigt haben oder diese erlauben, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde - a)
nach § 16e des Aufenthaltsgesetzes zu Ausbildungszwecken, nach § 19c Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Beschäftigung als Au-Pair oder zum Zweck der Saisonbeschäftigung, nach § 19e des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Teilnahme an einem Europäischen Freiwilligendienst oder nach § 20 Absatz 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt, - b)
nach § 16b des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck eines Studiums, nach § 16d des Aufenthaltsgesetzes für Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen oder nach § 20 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt und er ist weder erwerbstätig noch nimmt er Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch, - c)
nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den § 23a oder § 25 Absatz 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt,
- 3.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist oder Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch nimmt, - 4.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens 15 Monaten erlaubt, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält oder - 5.
eine Beschäftigungsduldung gemäß § 60d in Verbindung mit § 60a Absatz 2 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes besitzt.
(8) Ein Anspruch entfällt, wenn die berechtigte Person im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes ein zu versteuerndes Einkommen nach § 2 Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes in Höhe von mehr als 250 000 Euro erzielt hat. Erfüllt auch eine andere Person die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder der Absätze 3 oder 4, entfällt abweichend von Satz 1 der Anspruch, wenn die Summe des zu versteuernden Einkommens beider Personen mehr als 300 000 Euro beträgt.
Tenor
-
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 24. Juni 2009 wird zurückgewiesen.
-
Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
- 1
-
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Elterngeldes der Klägerin, insbesondere über die Berücksichtigung von Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld bei der Leistungsbemessung.
- 2
-
Nach der Geburt ihres Sohnes M. am 2.8.2007 beantragte die Klägerin die Gewährung von Elterngeld, das ihr vom beklagten Freistaat mit Bescheid vom 21.8.2007 für den Zeitraum vom 2.8.2007 bis 1.8.2008 in Höhe von monatlich 354,01 Euro bewilligt wurde. Wegen der Anrechnung von Mutterschaftsgeld betrug der Auszahlungsbetrag in den ersten beiden Lebensmonaten des Kindes (2.8. bis 1.10.2007) 0,00 Euro und im dritten (2.10. bis 1.11.2007) 251,24 Euro. Bei der Leistungsbemessung wurde das von Juli 2006 bis Januar 2007 erzielte steuerpflichtige Entgelt der Klägerin aus nichtselbstständiger Arbeit berücksichtigt. Das von der Klägerin anschließend bezogene Arbeitslosengeld nach dem SGB III wurde nicht als Einkommen gewertet. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5.2.2008 zurück.
- 3
-
Die Klägerin hat beim Sozialgericht (SG) München Klage erhoben und dazu geltend gemacht: In ihrem Fall sei das von Februar bis Juni 2007 bezogene Arbeitslosengeld bzw das regelmäßig erhaltene Arbeitsentgelt aus der zuvor ausgeübten nichtselbstständigen Beschäftigung zur Vermeidung eines Verstoßes gegen Art 6 Abs 4 GG und Art 3 Abs 1 GG als Einkommen iS des § 2 Abs 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) zu berücksichtigen. Zum einen sei der Grund der Arbeitslosigkeit allein auf den Wechsel des Beschäftigungsorts ihres Ehemanns und den gemeinsamen Umzug nach München zurückzuführen. Zum anderen sei es einer erkennbar schwangeren Frau im Falle der Arbeitslosigkeit praktisch nicht möglich, eine neue Tätigkeit aufzunehmen, da sie wohl kein Arbeitgeber einstellen werde.
- 4
-
Das SG München hat die Klage durch Urteil vom 10.7.2008 abgewiesen. Die dagegen von der Klägerin eingelegte Berufung ist vom Bayerischen Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 24.6.2009 zurückgewiesen worden. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ua ausgeführt:
Arbeitslosengeld und sonstige Lohnersatzleistungen stellten kein Einkommen iS des § 2 Abs 1 und 7 BEEG dar. Denn sie seien nach § 3 Nr 2 Einkommensteuergesetz (EStG) einkommensteuerfrei und unterlägen nach § 32g Abs 1 Nr 1 Buchst b EStG lediglich dem sog Progressionsvorbehalt. Eine planwidrige Regelungslücke liege hinsichtlich der Nichtberücksichtigung von Arbeitslosengeld als Einkommen oder als sog "Hinausschiebenstatbestand" iS des § 2 Abs 7 Satz 6 Alt 2 BEEG ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien(Hinweis auf Ausschussbericht, BT-Drucks 16/2785 S 37 zu Art 1 § 2) nicht vor. Auch seien diese Regelungen mit dem allgemeinen Gleichheitssatz aus Art 3 Abs 1 GG vereinbar.
- 5
-
Vergleiche man die Klägerin mit der Gruppe derjenigen Personen, die im Bemessungszeitraum durchgehend gearbeitet und kein Arbeitslosengeld bezogen haben, weil eine Arbeitslosigkeit nicht eingetreten ist, sei eine Ungleichbehandlung gerechtfertigt. Zum einen sei Arbeitslosengeld als Lohnersatzeinkommen im Gegensatz zu Arbeitslohn von der Einkommensteuerpflicht freigestellt und zum anderen würden sich Lohneinkommen und Lohnersatzeinkommen wesentlich unterscheiden.
- 6
-
Der weite Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers erlaube es, die Berechnung der allein steuerfinanzierten Sozialleistung Elterngeld an den steuerrechtlichen Einkommensbegriff anzulehnen. Der Gesetzgeber knüpfe damit an das aufgrund von Erwerbstätigkeit "Verdiente" an und nicht an eine Versicherungsleistung, die einen Ausgleich für entgangenes Arbeitsentgelt - im Falle des Arbeitslosengeldes aufgrund des ersatzlos weggefallenen Arbeitsplatzes - bezwecke. Das Elterngeld stelle insoweit selbst eine Lohnersatzleistung dar, nicht aber eine "Lohnersatzersatzleistung". Arbeitslosengeld und steuerpflichtiger Arbeitslohn seien auch nicht wegen des durch Versicherungsbeiträge erworbenen Anspruchs auf diese Lohnersatzleistung im Rahmen der Elterngeldbemessung gleichzustellen, da Elterngeld als steuerfinanzierte Leistung gerade keinen Sozialversicherungsbezug aufweise. Dem Elterngeld liege keine Beitragszahlung zu Grunde, die eine Berücksichtigung des Äquivalenzprinzips auf der Leistungsseite erfordere.
- 7
-
Der Gesetzgeber habe sich mit dieser Ausgestaltung auch nicht in Widerspruch zu dem im BEEG manifestierten Regelungswillen oder der entwickelten Systematik der Regelungsmaterie gesetzt. Ebenso wenig sei unter Berücksichtigung des Förderzwecks des BEEG eine sachliche Differenzierung nach dem Grund der Arbeitslosigkeit geboten, etwa im Hinblick auf die soziale Wertigkeit oder auf Freiwilligkeit bzw Unfreiwilligkeit. Dies gelte im Besonderen für den Einwand der Klägerin, ihre Arbeitslosigkeit sei auf die erstrebte Familienzusammenführung zurückzuführen und eine Gleichbehandlung mit sonstigen, nicht "familienbezogenen" Anlässen des Arbeitsplatzverlustes sei sachlich nicht gerechtfertigt. Ein Ausnahmetatbestand wegen familienbezogener Gründe des Arbeitsplatzverlustes - etwa durch eine Einbeziehung des Lohnersatzeinkommens in die Bemessungsgrundlage oder durch einen besonderen "Hinausschiebenstatbestand" - sei wegen der freiwilligen Lebensentscheidung der Klägerin nicht geboten; im Übrigen seien solche Einzelsachverhalte einer generellen Regelung kaum zugänglich.
- 8
-
Schließlich sei Art 6 Abs 1 GG nicht verletzt, da der Gesetzgeber nicht verpflichtet sei, werdende Familien bei der Bemessung von Familienleistungen von Leistungsverschlechterungen aufgrund eines sich realisierenden allgemeinen Lebensrisikos auszunehmen, das alle Bürger treffen könne und keinen unmittelbaren Familien-, Erziehungs- und Schwangerschaftsbezug habe. Durch die mit dem Umzug nach M. verbundene Arbeitsaufgabe verwirkliche sich kein unmittelbares Familienrisiko, zumal der Ortwechsel des Ehemanns nicht erzwungen worden sei.
- 9
-
Mit ihrer vom LSG zugelassenen, beim Bundessozialgericht (BSG) eingelegten Revision macht die Klägerin im Wesentlichen geltend: Eine Unterscheidung von Arbeitsentgelt als "verdientes" und Arbeitslosengeld als durch Sozialversicherungsbeiträge "erdientes" Einkommen sowie ein Rückgriff auf die Definition von Einkommen aus Erwerbstätigkeit im einkommensteuerrechtlichen Sinn sei bei der Bemessung von Elterngeld in Ansehung des Art 3 Abs 1 GG nicht zulässig. Arbeitslosengeld unterscheide sich wesentlich von beitragsunabhängigen Sozialleistungen, wie zB der Sozialhilfe. Für eine entsprechende Differenzierung würden nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) hohe Anforderungen gelten. Im Hinblick auf die besonderen Umstände des vorliegenden Falls, insbesondere der Arbeitsplatzaufgabe zwecks Wahrung der Familieneinheit, sei verfassungsrechtlich (Art 3 Abs 1 GG, Art 6 GG) eine Einzelfallprüfung der Gründe des Arbeitsplatzverlustes geboten, zumal die Entscheidung ihres Ehemanns über den Arbeitsplatzwechsel dem Grundrecht der Berufsfreiheit gemäß Art 12 GG unterliege und der gemeinsame Umzug nach München vom Grundrecht der Freizügigkeit umfasst sei. Insoweit genüge die einfachgesetzliche Ausgestaltung des BEEG nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen aus Art 3, 6, 12 GG.
- 10
-
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 24. Juni 2009 und des Sozialgerichts München vom 10. Juli 2008 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 21. August 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Februar 2008 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr höheres Elterngeld unter Berücksichtigung des von Februar bis Juli 2007 erfolgten Bezuges von Arbeitslosengeld zu zahlen.
- 11
-
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
- 12
-
Er trägt ua vor: Der Einkommensbegriff iS des § 2 Abs 1 und 7 BEEG sei gemessen an dem Förderzweck des BEEG mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar. Elterngeld diene dem Ausgleich von Einkommenseinbußen, die der das Kind betreuende Elternteil durch die Unterbrechung oder Reduzierung der Erwerbstätigkeit erleide. Das Anknüpfen an das einkommensteuerpflichtige Erwerbseinkommen bei der Bemessung des Elterngeldes sei insoweit sachgerecht. Auch der Umstand, dass Arbeitslosengeld - anders als zB Sozialhilfeleistungen - eine beitragsabhängige Lohnersatzleistung sei, gebiete bei der Bemessung des Elterngelds keine Gleichbehandlung dieser Leistung mit (steuerpflichtigem) Erwerbseinkommen. Bei der Berechnung von Entgeltersatzleistungen - wie auch des Elterngeldes - würden regelmäßig gerade keine anderen Entgeltersatzleistungen berücksichtigt, vielmehr würden vom Gesetzgeber Zeiten unter bestimmten Voraussetzungen aus dem Bemessungszeitraum ausgeklammert (vgl etwa § 130 Abs 2 SGB III); besonders schutzwürdige Situationen berücksichtige insoweit § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG. Im Übrigen würden auch andere Lohnersatzleistungen - etwa das Krankengeld - nicht bei der Bemessung des Elterngelds angerechnet und insofern gleich behandelt.
- 13
-
Soweit die Klägerin auf die besonderen Umstände des Einzelfalls hinweise, sei der Gesetzgeber bei der Ordnung von Massenerscheinungen berechtigt, generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu verwenden, ohne allein wegen der damit verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Der Gesetzgeber habe sich aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität und im Hinblick auf eine zügige Feststellung der Leistung entschieden, gemäß § 2 Abs 1 und 7 BEEG auf das einkommensteuerpflichtige Erwerbseinkommen abzustellen, und den damit verbundenen Härten dadurch Rechnung getragen, dass er Zeiten mit besonders schutzwürdigen Situationen bei der Festlegung des Bemessungszeitraums ausklammere. Durch die Einbeziehung weiterer Einnahmen würde das Elterngeld hingegen den Charakter als "Erwerbsersatzeinkommen" verlieren; die Typisierung der berücksichtigungsfähigen Einnahmen diene insoweit nicht ausschließlich der Verwaltungsvereinfachung und halte sich im Rahmen des dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsspielraums.
Entscheidungsgründe
- 14
-
Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet.
- 15
-
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 SGG) verfolgte Anspruch der Klägerin auf höheres Elterngeld unter Berücksichtigung des Bezugs von Arbeitslosengeld in der Zeit von Februar bis Juli 2007. Wie die Vorinstanzen zutreffend entschieden haben, besteht ein solcher Anspruch nicht.
- 16
-
1. Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Das Kind muss nach dem 31.12.2006 geboren sein (vgl § 27 Abs 1 BEEG, Art 3 Abs 1 Gesetz zur Einführung des Elterngeldes vom 5.12.2006, BGBl I 2748; vgl hierzu auch BSG Urteil vom 23.1.2008 - B 10 EG 5/07 R - BSGE 99, 293 = SozR 4-7837 § 27 Nr 1). Ob im Fall der Klägerin sämtliche Voraussetzungen des § 1 Abs 1 BEEG erfüllt sind, vermag der Senat anhand der Tatsachenfeststellungen des SG nicht zu beurteilen. Das ist hier unschädlich, weil die Klägerin jedenfalls kein höheres Elterngeld beanspruchen kann.
- 17
-
2. Die Höhe des Elterngeldes richtet sich gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG nach dem in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Es beträgt 67 % dieses durchschnittlichen Einkommens, höchstens 1800 Euro monatlich. § 2 Abs 5 BEEG sieht ein Mindestelterngeld in Höhe von monatlich 300 Euro vor.
- 18
-
a) Der nach den gesetzlichen Vorgaben maßgebende Bemessungszeitraum von zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt (am 2.8.2007) erstreckt sich hier zunächst von August 2006 bis Juli 2007. Dazu bestimmt § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG idF vom 5.12.2006 (BGBl I 2748; die Anfügung des Satzes 7 durch Art 1 Nr 1 Buchst a Erstes Gesetz zur Änderung des BEEG vom 17.1.2009, BGBl I 61, erfolgte mit Wirkung vom 24.1.2009 und ist deshalb hier unbeachtlich):
Kalendermonate, in denen die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes ohne Berücksichtigung einer Verlängerung des Auszahlungszeitraumes nach § 6 Satz 2 Elterngeld für ein älteres Kind bezogen hat, bleiben bei der Bestimmung der zwölf für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes zu Grunde zu legenden Kalendermonate unberücksichtigt. Das Gleiche gilt für Kalendermonate, in denen die berechtigte Person Mutterschaftsgeld nach der Reichsversicherungsordnung oder dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bezogen hat oder in denen während der Schwangerschaft wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung Einkommen aus Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise weggefallen ist.
- 19
-
Da die Klägerin ab Juli 2007 wegen der bevorstehenden Geburt Mutterschaftsgeld bezogen hat, bleibt danach dieser Monat bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums unberücksichtigt, so dass in dem angefochtenen Bescheid rechtsfehlerfrei auf den Zeitraum von Juli 2006 bis Juni 2007 abgestellt worden ist. Im Übrigen sind die Ausnahmetatbestände des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG offensichtlich nicht einschlägig.
- 20
-
Die bei unklarem oder nicht eindeutigem Wortlaut zur Auslegung gesetzlicher Bestimmungen heranzuziehenden Gesichtspunkte des Bedeutungszusammenhanges, der Regelungsabsicht, des Sinnes und Zweckes des Gesetzes, der Gesetzesentwicklung oder des Gebotes einer verfassungskonformen Auslegung - letztere begehrt die Klägerin sinngemäß - sind hier nicht zu erörtern, denn der eindeutige Wortsinn einer gesetzlichen Vorschrift ist die Grenze jeder Auslegung (Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl 1995, 143 mwN, s Bundesverfassungsgericht
, BVerfGE 54, 277, 299 f; 59, 330, 334; 93, 37, 81) . Eine Auslegung gegen den klaren Wortlaut einer gesetzlichen Bestimmung ist nicht möglich.
- 21
-
Eine Erweiterung des Gesetzesinhalts auf den Fall der Klägerin lässt sich auch nicht durch richterliche Rechtsfortbildung, insbesondere mittels eines Analogieschlusses erreichen. Es fehlt an einer erkennbaren Unvollständigkeit des Gesetzes. Der Senat hat bereits zu der Nichtberücksichtigung der Elternzeit für ein älteres Kind ohne Elterngeldbezug entschieden, dass die gesetzlichen Ausnahmetatbestände aus § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG vom Wortlaut her ausdrücklich und klar geregelt sind; der Gesetzgeber wollte allein diese Sachverhalte privilegieren und bei der Bestimmung des für die Bemessung des Elterngeldes maßgebenden Zwölf-Monatszeitraums unberücksichtigt lassen (vgl Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 31-34). Das Gesetz ist auch im Hinblick auf Einkommenseinbußen wegen Arbeitslosigkeit nicht lückenhaft. Aus den Gesetzgebungsmaterialien ergibt sich vielmehr, dass der "Wegfall oder das Fehlen von Erwerbseinkommen aus anderen Gründen wie zum Beispiel der Arbeitsmarktlage oder anderen konkreten Lebensumständen" nicht zu einer Verschiebung des Bemessungszeitraums führen soll (vgl BT-Drucks 16/1889 S 20 zu § 2 Abs 1 Satz 2 und 3 BEEG-Entwurf, dessen Regelungen in der Gesetz gewordenen Fassung des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG vereinheitlicht worden sind, vgl BT-Drucks 16/2785 S 38).
- 22
-
b) Ist danach im vorliegenden Fall bei der Leistungsbemessung auf die Zeit von Juli 2006 bis Juni 2007 abzustellen, wird gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG das insoweit erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit berücksichtigt, und zwar nach § 2 Abs 1 Satz 2 BEEG die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit iS von § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG nach Maßgabe des § 2 Abs 7 bis 9 BEEG. Damit knüpft das BEEG an den einkommensteuerrechtlichen Einkommensbegriff iS des § 2 EStG an(vgl hierzu BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 20 f). Von den sieben im Grundtatbestand des § 2 Abs 1 Satz 1 EStG aufgeführten Einkunftsarten sind nur die (Erwerbs-)Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (Nr 1), Gewerbebetrieb (Nr 2), selbstständiger Arbeit (Nr 3) und nichtselbstständiger Arbeit (Nr 4) erheblich.
- 23
-
Nach den gesetzlichen Vorgaben ist das von der Klägerin bezogene Arbeitslosengeld unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 und 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG. Es fällt nach Auffassung des Senats insbesondere nicht unter den Begriff der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 EStG.
- 24
-
Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit sind nach § 19 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG insbesondere Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst. Zwar enthält auch § 19 Abs 1 EStG keine abstrakt generelle Definition des Begriffs der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, sondern nur eine beispielhafte Umschreibung der Einkünfte iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 EStG. Daraus ist indes zu erschließen, dass jedenfalls alle Leistungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer erfasst sind, die durch die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers veranlasst sind. Alle Einnahmen aus dem Arbeitsverhältnis sind daher Arbeitslohn (vgl BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4, RdNr 28 mwN; Eisgruber in Kirchhof, EStG, 9. Aufl 2010, § 19 RdNr 13, 15; Drenseck in Schmidt, EStG, 29. Aufl 2010, § 19 RdNr 16, 17). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) müssen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit iS des § 19 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG im weitesten Sinne Gegenleistungscharakter aufweisen, also "für eine Beschäftigung" gewährt werden bzw als Frucht der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber zu betrachten sein(jüngst BFH Urteil vom 20.5.2010 - VI R 41/09 - BFHE 229, 346, 348 f mwN; vgl auch BFH Urteil vom 26.5.1998 - VI R 9/96 - BFHE 186, 247, 250). Dabei ist die Frage, ob eine Zuwendung Ertrag der Arbeitsleistung ist, danach zu beurteilen, wozu die Zahlung erfolgt ist, und nicht danach, wer die Zahlung vorgenommen hat. Denn es können auch Bar- oder Sachzuwendungen Dritter Arbeitslohn darstellen, soweit sie der Arbeitnehmer vernünftigerweise als Frucht seiner Leistung für den Arbeitgeber ansehen muss (BFH Urteil vom 26.5.1998 - VI R 9/96 - BFHE 186, 247, 250; BFH Urteil vom 5.7.1996 - VI R 10/96 - BFHE 180, 441, 442).
- 25
-
Bereits das Merkmal des Gegenleistungscharakters fehlt dem Arbeitslosengeld. Rechtsgrund für die Leistungsgewährung ist das Versicherungsverhältnis und nicht die (frühere) Beschäftigung. Es entspricht zwar der ständigen Rechtsprechung des BFH, dass Arbeitnehmeranteile zur Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenversicherung zum zu versteuernden Arbeitslohn gehören und damit auch die Verschaffung eines solchen - gesetzlichen oder privaten - Versicherungsschutzes durch den Arbeitgeber grundsätzlich Arbeitslohn darstellt (BFH Beschluss vom 11.9.2007 - VI B 146/05 - juris RdNr 3; BFH Beschluss vom 29.10.2004 - XI B 170/03 - juris RdNr 3). Demgegenüber sind jedoch Leistungen aus diesem Versicherungsverhältnis, die nicht lediglich dem Arbeitgeber zustehen, sondern auf einem eigenen Anspruch des Arbeitnehmers beruhen, regelmäßig auch dann kein Arbeitslohn, wenn der Versicherungsschutz im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis gewährt wird (BFH Urteil vom 26.5.1998 - VI R 9/96 - BFHE 186, 247 - juris RdNr 14). Somit ist Arbeitslosengeld weder Arbeitslohn iS des § 19 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG(vgl auch Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftssteuergesetz, § 3 Nr 2 EStG RdNr 2 mwN) noch Bezug oder Vorteil aus früheren Dienstleistungen iS des § 19 Abs 1 Satz 1 Nr 2 EStG, da auch diese Einnahmen nach den allgemeinen Grundsätzen durch das (frühere) Dienstverhältnis veranlasst sein müssen(vgl BFH Urteil vom 14.4.2005 - VI R 134/01 - BFHE 209, 361). Mangels rechtlichen Zusammenhangs mit dem früheren Beschäftigungsverhältnis ist Arbeitslosengeld auch nicht als Entschädigung iS des § 24 Abs 1 Buchst a EStG den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit iS des § 19 Abs 1 Nr 1 EStG zuzuordnen(zur Einordnung der Einkünfte nach § 24 EStG als nicht selbstständige Einkunftsart vgl BFH Urteil vom 16.10.2002 - XI R 71/00 - BFHE 200, 544 - juris RdNr 15; BSG Urteil vom 9.10.2007 - B 5b/8 KN 1/06 KR R - SozR 4-2500 § 10 Nr 8 juris RdNr 17; BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 2/05 R - SozR 4-2500 § 10 Nr 6 juris RdNr 13).
- 26
-
Da Arbeitslosengeld bereits kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 und 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG ist, kommt es nicht darauf an, dass diese Sozialleistung gemäß § 3 Nr 2 EStG von der Steuer befreit ist. Die in § 3 EStG geregelten Tatbestände der Steuerbefreiungen sind nach den gesetzlichen Vorgaben - wie sie das LSG zu Recht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat - bereits bei der Ermittlung der Einkünfte nach dem objektiven Nettoprinzip gemäß § 2 Abs 1 und Abs 2 EStG zu prüfen(vgl hierzu bereits BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 20 ff mwN). Dies hat zur Folge, dass steuerfreie Beträge steuerrechtlich weder als steuerpflichtige Einnahmen noch als steuerpflichtige Einkünfte noch als steuerpflichtiges Einkommen behandelt werden dürfen und das Arbeitslosengeld auch aus diesem Grund der Bemessung des Elterngeldes gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG nicht zugrunde gelegt werden darf.
- 27
-
c) Unter Berücksichtigung der danach maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten hat der Beklagte die Höhe des Elterngeldes der Klägerin mit Bescheid vom 21.8.2007 rechtsfehlerfrei berechnet, indem er auf der Grundlage des von Juli 2006 bis Juni 2007 tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts der Klägerin ein durchschnittliches monatliches Nettoerwerbseinkommen in Höhe von 357,22 Euro ermittelt und daraus - unter Heranziehung der Geringverdienerregelung des § 2 Abs 2 BEEG - den monatlichen Elterngeldanspruch der Klägerin von 354,01 Euro abgeleitet hat.
- 28
-
3. Nach Auffassung des Senats verstoßen die hier einschlägigen Bestimmungen des BEEG nicht gegen das GG.
- 29
-
a) Der Senat hält daran fest, dass das BEEG im Rahmen der Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art 74 Abs 1 Nr 7 GG wirksam erlassen worden ist (vgl BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 36 ff mwN; Verfassungsbeschwerde anhängig unter 1 BvR 2712/09). Dabei versteht er den in Art 74 Abs 1 Nr 7 GG verwendeten Begriff der öffentlichen Fürsorge in einem weiten Sinne. Das Elterngeld wird davon umfasst, weil es dazu beitragen soll, die Lebensgrundlagen junger Familien zu sichern und diese vor dem Eintritt einer finanziellen Bedarfslage zu bewahren (vgl BSG aaO RdNr 39; siehe allgemein dazu auch Degenhart in Sachs, GG, 5. Aufl 2009, Art 74 RdNr 35 f mwN). Bemerkenswert ist insoweit, dass das BVerfG auch die Regelung in § 90 SGB VIII über die Staffelung von Kindergartenbeiträgen nach dem Familieneinkommen dem Art 74 Abs 1 Nr 7 GG zugeordnet hat(vgl BVerfGE 97, 332, 341 f).
- 30
-
Ebenso wenig vermag der Senat dem Art 74 Abs 1 Nr 7 GG eine mangelnde Kompetenz des Bundes zur Einführung steuerfinanzierter Einkommensersatzleistungen zu entnehmen. Entscheidend ist vielmehr, dass die Ausgestaltung der Leistung einem weit verstandenen Begriff der öffentlichen Fürsorge entspricht. Das ist beim Elterngeld der Fall. Die Orientierung an Bedarfslagen zeigt sich insbesondere an dem Basisbetrag von 300 Euro (§ 2 Abs 5 Satz 1 BEEG), der Begünstigung von Geringverdienern (§ 2 Abs 2 BEEG) und Mehrlingsgeburten (§ 2 Abs 6 BEEG), dem "Geschwisterbonus" (§ 2 Abs 4 BEEG) sowie der Festlegung eines Höchstbetrages von 1800 Euro (§ 2 Abs 1 Satz 1 BEEG).
- 31
-
In den Genuss des Höchstbetrages kommen Bezieher ab einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen von rund 2700 Euro. Selbst dieser Betrag ist kein hohes Erwerbseinkommen, sondern wird von vielen Arbeitnehmern der mittleren Bildungsebene - unter Umständen mit steuerpflichtigen Mehrarbeitszuschlägen - erreicht (vgl Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch 2010, S 535 über die durchschnittlichen Bruttomonatsverdienste im Jahr 2009 ua in der Leistungsgruppe 3 - Fachkräfte -, siehe S 531). Das Elterngeld fördert damit schwerpunktmäßig Erziehende, die im Bemessungszeitraum kleinere bis mittlere Einkommen erzielt haben. Diese Einschätzung wird erhärtet durch die Zahlen über die Höhe des Elterngeldes von Personen, die in der Zeit von Januar 2007 bis Juni 2008 einen Antrag gestellt haben. Von allen Leistungsbeziehern erhielten 53,4 % ein Elterngeld von 300 bis 500 Euro, 28,4 % von 500 bis unter 1000 Euro, 11,4 % von 1000 bis unter 1500 Euro und 6,8 % von 1500 bis 1800 Euro (siehe Bericht der Bundesregierung vom 30.10.2008 über die Auswirkungen des BEEG sowie über die ggf notwendige Weiterentwicklung, BT-Drucks 16/10770 S 12 Tabelle 3).
- 32
-
Schließlich bleibt der Senat auch bei seiner Beurteilung, dass dem Gesetzgebungsrecht des Bundes Art 72 Abs 2 GG nicht entgegensteht (vgl BSG aaO RdNr 40). Für das BEEG ist die Erforderlichkeit einer bundeseinheitlichen Regelung zu bejahen.
- 33
-
b) § 2 Abs 1 und 7 BEEG verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz in Art 3 Abs 1 GG(iVm Art 6 Abs 1, Art 20 Abs 1 GG), soweit danach der Bezug von Arbeitslosengeld, das an die Stelle ausgefallenen Arbeitsentgelts getreten ist, bei der Elterngeldberechnung nicht berücksichtigt wird.
- 34
-
Art 3 Abs 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Dieser hat gerade auch im Bereich des Sozialrechts, wozu die Bestimmungen über das Elterngeld im ersten Abschnitt des BEEG gehören (§ 6, § 25 Abs 2 Satz 2, § 68 Nr 15a SGB I), einen weiten Gestaltungsspielraum. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist grundsätzlich erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (stRspr des BVerfG seit BVerfGE 55, 72, 88; vgl jüngst BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55; BVerfGE 117, 272, 300 f). Umgekehrt verbietet Art 3 Abs 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung als sachwidrig erscheinen lassen (vgl Jarras in Jarras/Pieroth, GG, 11. Aufl 2011, Art 3 RdNr 8 mwN).
- 35
-
Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BVerfGE 84, 348, 359 mwN; 110, 412, 436; stRspr). Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will (BVerfGE 21, 12, 26; 23, 242, 252). Allerdings muss er die Auswahl sachgerecht treffen (vgl BVerfGE 17, 319, 330; 53, 313, 329; 67, 70, 85 f; stRspr). Der normative Gehalt der Gleichheitsbindung erfährt insoweit seine Präzisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs (vgl BVerfGE 75, 108, 157). Das BVerfG legt je nach dem Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal einen unterschiedlich strengen Prüfungsmaßstab an (vgl zusammenfassend BVerfGE 88, 87, 96 f; 105, 73, 110 f = SozR 3-1100 Art 3 Nr 176 S 173). So muss der Gesetzgeber im Bereich staatlicher Maßnahmen, welche die Familie betreffen, den Schutz beachten, den er dieser nach Art 6 Abs 1 GG schuldet (vgl BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55). Darüber hinaus kann im vorliegenden Zusammenhang auch das Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) von Bedeutung sein.
- 36
-
Der Gesetzgeber war zunächst durch das Gleichbehandlungsgebot nicht gehindert, bei der Bemessung des Elterngeldes überhaupt an das zuvor erzielte Erwerbseinkommen anzuknüpfen. Für die dadurch bedingte Ungleichbehandlung von Berechtigten, die im Bemessungszeitraum durchgängig ein volles (ungeschmälertes) Arbeitsentgelt erzielt haben, und solchen, bei denen das - wie bei der Klägerin - nicht der Fall ist, gibt es hinreichende sachliche Gründe (aa). Dabei durfte der Bemessungszeitraum grundsätzlich auf 12 Kalendermonate vor der Geburt des Kindes beschränkt werden, was zu einer Benachteiligung von Personen führt, die nur für weiter zurückliegende Zeiträume einen lückenlosen Arbeitsentgeltbezug vorweisen können (bb). Speziell ist es gerechtfertigt, dass die Klägerin als Bezieherin von Arbeitslosengeld - unabhängig von den dafür maßgeblichen Gründen - ungünstiger behandelt wird als Berechtigte, die im Bemessungszeitraum durchgängig Arbeitsentgelt bezogen haben oder bei denen in den 12 Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes liegende Arbeitsentgeltausfälle gemäß § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums unberücksichtigt bleiben (cc). Entsprechendes gilt für die Gleichbehandlung der Klägerin mit Personen, die in der betreffenden Zeit Leistungen zur Existenzsicherung nach dem SGB II oder SGB XII erhalten haben (dd).
- 37
-
aa) Durch das BEEG hat der Gesetzgeber einen Systemwechsel gegenüber dem Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) vorgenommen. Während das Erziehungsgeld eine von der Bedürftigkeit der antragstellenden Person abhängige Leistung (§ 4 Abs 1 BErzGG, § 5 Abs 3 BErzGG)mit pauschaler, begrenzter Höhe (nach § 5 Abs 1 BErzGG monatlich 450 bzw 300 Euro)war, ist das Elterngeld über den Basisbetrag von 300 Euro und den Basisgeschwisterbonus von 75 Euro hinaus als Leistung ausgestaltet, die das vor der Geburt liegende Erwerbseinkommen des Berechtigten bis zum Höchstbetrag von 1800 Euro (§ 2 Abs 1 BEEG) ersetzt (vgl BSG Urteile vom 23.1.2008 - B 10 EG 5/07 R - BSGE 99, 293 = SozR 4-7837 § 27 Nr 1, RdNr 19, und vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 55; siehe allgemein auch Pauli in Hambüchen, BEEG-EStG-BKGG Komm, § 2 BEEG RdNr 2; Jung SGb 2007, 449; Fuchsloch/Scheiwe, Leitfaden Elterngeld, 2007, RdNr 31, 33). Dabei kommt den Basisbeträgen ersichtlich der Zweck einer einheitlichen Honorierung der Erziehungs- und Betreuungsleistungen zu (vgl Fuchsloch/Scheiwe, aaO RdNr 43), was durch die Erhöhung um je 300 Euro bei Mehrlingsgeburten (§ 2 Abs 6 BEEG) untermauert wird. Hinsichtlich der darüber hinaus möglichen Leistungshöhe, die sich nach dem vor der Geburt des Kindes erzielten Erwerbseinkommen richtet (§ 2 Abs 1 BEEG), ergibt sich eine Ungleichbehandlung zwischen Berechtigten je nach dem Vorhandensein und der Höhe entsprechender Einkünfte. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist diese Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt (vgl dazu bereits BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 56 ff).
- 38
-
aaa) Der Gesetzgeber verfolgt mit dem Anknüpfen an das Einkommen aus Erwerbstätigkeit bei der Bemessung des Elterngeldes gemäß § 2 Abs 1 BEEG ein legitimes Differenzierungsziel.
- 39
-
Ziel des Elterngeldes ist es vor allem, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sich die Eltern vorrangig um die Betreuung ihrer Kinder kümmern (vgl die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2). Jeder betreuende Elternteil, der seine Erwerbstätigkeit unterbricht oder reduziert, soll einen an seinem individuellen Einkommen orientierten Ausgleich für die finanziellen Einschränkungen im ersten Lebensjahr des Kindes erhalten (vgl BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2). Durch die Betreuung des Kindes sollen die Eltern keine allzu großen Einkommenseinbußen befürchten müssen (vgl Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des BEEG vom 30.10.2008, BT-Drucks 16/10770 S 5 f). Das Elterngeld soll insoweit die Wahlfreiheit zwischen Familie und Beruf stärken und richtet sich im Kern - über die Mindestförderung in Höhe von 300 Euro (§ 2 Abs 5 Satz 1 BEEG) hinaus - an Erwerbstätige, die durch die Betreuung eines Kindes einem Bruch in ihrer Erwerbsbiographie ausgesetzt sind bzw Einkommenseinbußen hinzunehmen haben (vgl BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2).
- 40
-
Gemessen an den vielfältigen Zwecken, die der Gesetzgeber mit dem Elterngeld in seiner Einkommensersatzfunktion verbindet (ua Vermeidung des Aufschiebens der Kinderphase, gleichberechtigte Kindererziehung von Vätern und Müttern, Vermeidung der Abhängigkeit von staatlichen Fürsorgeleistungen, vgl BT-Drucks 16/1889 S 1 f, 14 f), ist das Differenzierungsziel insbesondere unter Berücksichtigung einer Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (vgl hierzu etwa BVerfG Beschluss vom 10.11.1998 - 2 BvR 1057/91, 2 BvR 1226/91, 2 BvR 980/91 - BVerfGE 99, 216, 234), einer Steigerung der Geburtenrate und einer (teilweisen) Kompensation des durch die Betreuung und Erziehung des Kindes ausfallenden Erwerbseinkommens legitim. Es sollten - über die für alle gleichen Basisbeträge hinaus - besondere Anreize für solche Elternteile geschaffen werden, bei denen die Kindererziehung mit Einbußen von Einkommen aus Erwerbstätigkeit verbunden ist. Spezielle verfassungsrechtliche Verbote stehen dieser Differenzierung nicht entgegen.
- 41
-
(1) Ein Differenzierungsverbot ergibt sich nicht aus Art 3 Abs 1 GG iVm Art 6 Abs 1 GG (vgl hierzu bereits Senatsurteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 62 unter Bezugnahme auf Seiler, NVwZ 2007, 129, 132), auch nicht durch eine Ungleichbehandlung von Alleinverdienerehen gegenüber Doppelverdienerehen, bei denen die Berechtigten durch die Bemessung des Elterngeldes gemäß § 2 Abs 1 und 7 BEEG regelmäßig höhere Leistungsansprüche erzielen(vgl hierzu auch Weilert, DVBl 2010, 164, 166).
- 42
-
Art 6 Abs 1 GG schützt jede Ehe und Familie und garantiert zugleich eine Sphäre privater Lebensgestaltung, die staatlicher Einwirkung entzogen ist (vgl BVerfGE 21, 329, 353; vgl auch BVerfGE 61, 319, 346 f mwN; 99, 216, 231; 107, 27, 53). Der Gesetzgeber muss, wenn er dem Gebot des Art 6 Abs 1 GG gerecht werden will, Regelungen vermeiden, die geeignet sind, in die freie Entscheidung der Ehegatten über ihre Aufgabenverteilung in der Ehe einzugreifen (vgl BVerfGE 66, 84, 94; 87, 234, 258 f; 107, 27, 53). In diesen Bereich fällt auch die Entscheidung darüber, ob eine Ehefrau sich ausschließlich dem Haushalt widmen oder beruflich tätig sein und eigenes Einkommen erwerben will; eine Einwirkung des Gesetzgebers dahin, die Ehefrau "ins Haus zurückzuführen", wäre deshalb auch wegen eines Verstoßes gegen Art 6 Abs 1 GG verfassungswidrig (vgl BVerfGE 6, 55, 81 f; 21, 329, 353; 107, 27, 53). Gleiches gilt, wenn der Ehemann durch eine gesetzliche Regelung in seiner Entscheidungsfreiheit hinsichtlich einer eigenen Erwerbstätigkeit beeinträchtigt wird, weil oder solange seine Ehefrau erwerbstätig ist. Der besondere verfassungsrechtliche Schutz von Ehe und Familie erstreckt sich auf die "Alleinverdienerehe" ebenso wie auf die "Doppelverdienerehe" (vgl zB BVerfGE 66, 84, 94; 87, 234, 258 f; 107, 27, 53). Diese Grundsätze gelten insbesondere für die Eingriffsverwaltung, etwa im Steuerrecht (vgl BVerfGE 107, 27, 53 ff). Im Bereich familienfördernder Leistungen verfügt der Gesetzgeber zwar grundsätzlich über einen großen Gestaltungsspielraum - Art und Maß bestimmt er in politischer Verantwortung. Wegen des Freiheitsprinzips des GG hat er jedoch auf die Vielfalt der Lebensstile Rücksicht zu nehmen; traditionelle Formen des Familienlebens muss er pflegen, neue Formen ermöglichen; hierbei genießen altbewährte Formen sozialer Gemeinschaft Vorrang vor dem Neuen, das erst noch zur Bewährung ansteht (vgl Di Fabio, NJW 2003, 993, 997).
- 43
-
Nach Auffassung des Senats hat die Förderung durch das Elterngeld in seiner einkommensersetzenden Funktion nach § 2 Abs 1 und 7 BEEG nicht die Intensität, dass durch die größere Anreizwirkung für Doppelverdienerehen im Vergleich zu Alleinverdienerehen in den Schutzbereich des Art 3 Abs 1 GG iVm Art 6 Abs 1 GG eingegriffen wird(so auch Becker in Festschrift für Herbert Buchner, 2009, 67, 79; Seiler, NVwZ 2007, 129, 132; Weilert DVBl 2010, 164, 166). Die befristete Förderleistung berührt nicht in erheblicher Weise die Entscheidungsfreiheit von Eheleuten hinsichtlich ihrer innerfamiliären Aufgabenverteilung. Finanzielle Anreize - wie jede Form einer umfassenderen Förderung - können zwar stets eine überschießende Einflussnahme mit sich bringen. Das Elterngeld übt jedoch weder einen auch nur mittelbaren Zwang zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit aus noch nimmt es derart Einfluss auf die Rollenverteilung von Mann und Frau innerhalb der Ehe, dass von einer Eingriffsqualität gesprochen werden kann. Vielmehr bietet es vielen Eltern erst die Alternative, mit geringeren wirtschaftlichen Zwängen eine Unterbrechung der Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung eines Kindes zu wagen (vgl auch Becker aaO).
- 44
-
(2) Ein Differenzierungsverbot lässt sich auch nicht aus Art 3 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) herleiten. Das Sozialstaatsprinzip enthält einen Gestaltungsauftrag an den Gesetzgeber (BVerfGE 50, 57, 108), für den Ausgleich sozialer Gegensätze (vgl BVerfGE 22, 180, 204) und für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen (vgl BVerfGE 59, 231, 263; 100, 271, 284). Bei der Erfüllung dieser Pflicht kommt ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu (BVerfGE 18, 257, 273; 29, 221, 235). Das Sozialstaatsprinzip führt daher im Bereich gewährender Staatstätigkeit auch in der Zusammenschau mit dem Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) regelmäßig nicht zu Beschränkungen des Gesetzgebers. Der Staat darf grundsätzlich Leistungen nicht nur deshalb gewähren, um eine dringende soziale Notlage zu steuern oder eine - mindestens moralische - Verpflichtung der Gemeinschaft zu erfüllen (wie etwa beim Lastenausgleich), sondern auch aus freier Entschließung durch finanzielle Zuwendungen ein bestimmtes Verhalten der Bürger fördern, das ihm aus wirtschafts-, sozial- oder gesellschaftspolitischen Gründen erwünscht ist. Es ist ihm insoweit nur verwehrt, seine Leistungen nach unsachlichen Gesichtspunkten - also "willkürlich" - zu verteilen (vgl BVerfGE 17, 210, 216; BFH Beschluss vom 22.6.2010 - II R 4/09 - juris RdNr 15).
- 45
-
Mit dem Systemwechsel von der bedürftigkeitsabhängigen Förderung nach dem BErzGG zu der (erwerbs-)einkommensorientierten Unterstützungsleistung nach dem BEEG verfolgt der Gesetzgeber gewichtige familienpolitische Ziele, die zum Teil selbst das sozialstaatliche Gefüge berühren. Insbesondere würde eine Steigerung der Geburtenrate in Deutschland durch das Elterngeld in seiner Einkommensersatzfunktion maßgeblich zur Stabilisierung der sozialen Sicherungssysteme beitragen (vgl auch Weilert, DVBl 2010, 164, 171). Unter Berücksichtigung der weiteren Ziele des Gesetzgebers (ua Vereinbarkeit von Familie und Beruf, gleichberechtigte Kindererziehung von Vätern und Müttern) kann hier nicht von einer unsachlichen Verteilung staatlicher Leistungen und damit von einem Verstoß gegen ein aus dem Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) herzuleitendes Diskriminierungsverbot ausgegangen werden, selbst wenn das Elterngeld als einkommensorientierte Unterstützungsleistung durch die höhere Förderung Besserverdienender gegenüber Geringverdienern oder Berechtigten ohne Erwerbseinkommen eine bestehende soziale Ungleichheit fortschreiben oder verfestigen könnte. Auch insoweit stellt sich das Elterngeld nicht als offensichtlich "unsozial" dar, zumal einem solchen Effekt durch die Beschränkung der Anspruchshöhe und -dauer enge Grenzen gesetzt sind.
- 46
-
bbb) Der Gesetzgeber hat für die Bemessung der Elterngeldhöhe mit der Referenzgröße des Einkommens aus Erwerbstätigkeit gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 und 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG ein zulässiges Differenzierungskriterium gewählt.
- 47
-
Zur Erreichung seines Differenzierungszieles hat der Gesetzgeber das Elterngeld als progressive (durch einen Höchstbetrag) begrenzte Leistung nach Maßgabe des § 2 Abs 1 und 7 BEEG in formaler Anknüpfung an das bis zur Geburt des Kindes erzielte Erwerbseinkommen ausgestaltet(vgl BT-Drucks 16/1889 S 15). Dabei hat er im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens einem steuerrechtlichen Einkommensbegriff den Vorzug gegeben (vgl BT-Drucks 16/2454 S 8; BT-Drucks 16/2785 S 37; s dazu auch BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 3 Nr 3 RdNr 19 ff).
- 48
-
Mangels vorgegebener Referenzgröße aufgrund eines versicherungstypischen Gegenseitigkeitsverhältnisses von Beiträgen und Leistungen (vgl hierzu jüngst BVerfG Beschluss vom 7.12.2010 - 1 BvR 2628/07 - juris RdNr 36) steht es dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, bei der gesetzlichen Ausgestaltung steuerfinanzierter Sozialleistungen, die nicht auf eigenen Beiträgen des Anspruchsberechtigten beruhen, eigenständige Regelungen zu treffen (vgl zur Arbeitslosenhilfe BVerfG Beschluss vom 26.9.2005 - 1 BvR 1773/03 - SozR 4-4300 § 434c Nr 6 RdNr 18-20; zum BErzGG BSG Urteil vom 13.5.1998 - B 14 EG 3/97 R - SozR 3-7833 § 6 Nr 16 S 93) und zur Verwirklichung der Gesetzesziele den als Referenzgröße maßgeblichen Begriff frei zu wählen. Mit der Referenzgröße des Einkommens aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG knüpft er insoweit sachbezogen an das Differenzierungsziel an, gerade Erwerbstätigen die größten Anreize zur Entscheidung für ein Kind zu bieten und höhere Unterstützungsleistungen zukommen zu lassen. Um nach seiner Auffassung die Gesetzesziele am zweckmäßigsten zu erreichen, durfte er auch den Begriff des Einkommens aus Erwerbstätigkeit nach sozial- oder steuerrechtlichen Vorgaben ausrichten, wie dies im Gesetzgebungsverfahren geschehen ist (vgl dazu BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 27). Insoweit hat der Senat bereits entschieden, dass es gemessen an dem Sinn und Zweck des Elterngeldes in seiner Funktion, einen Ausgleich für die Einkommenseinbußen durch die Unterbrechung oder Reduzierung der Erwerbstätigkeit wegen der Kinderbetreuung in dem ersten Lebensjahr des Kindes zu bieten, grundsätzlich sachgerecht ist, dass der Gesetzgeber bei der Ermittlung des für das Elterngeld maßgeblichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit auf die Summe der positiven Einkünfte ua aus nicht selbstständiger Arbeit iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 EStG verweist(vgl Urteil aaO RdNr 39). Auch das BErzGG hatte bereits im Rahmen der Ermittlung der Einkommensgrenzen (§ 5 Abs 3, § 6 Abs 1 Satz 1 BErzGG) auf "die nicht um Verluste in einzelnen Einkommensarten zu vermindernde Summe der positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Abs 1 und 2 EStG" abgestellt.
- 49
-
ccc) Die gesetzgeberische Entscheidung, bei der Bemessung des Elterngeldes an das bisherige Erwerbseinkommen der Berechtigten anzuknüpfen, ist nicht nur frei von Willkür. Sie hält nach Auffassung des Senats auch - zunächst nur allgemein betrachtet - einer Verhältnismäßigkeitsprüfung stand.
- 50
-
Zwar kann ein Indiz für einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG in einer Systemwidrigkeit, also einer Verletzung der "vom Gesetz selbst statuierten Sachgesetzlichkeit", liegen (vgl BVerfGE 34, 103, 115 mwN; stRspr). Ein Systemwechsel, wie ihn der Gesetzgeber beim Übergang vom BErzGG zum BEEG vollzogen hat, bleibt davon jedoch grundsätzlich unberührt. Art 3 Abs 1 GG hindert den Gesetzgeber insoweit nicht, neue Wege zu beschreiten. Auch wenn das Elterngeld zu den steuerfinanzierten Sozialleistungen gehört, die sich ansonsten weitestgehend an der Bedürftigkeit der Berechtigten orientieren, ist es damit nicht Teil eines feststehenden Systems, das für eine bestimmte, durch ein gesondertes Gesetz vorgesehene Leistung keine andere Ausrichtung, hier im Sinne eines Ersatzes von entfallendem Erwerbseinkommen, zuließe.
- 51
-
Das im BEEG vorgesehene Bemessungskriterium ist zur Verwirklichung des Gesetzeszwecks geeignet (vgl dazu allgemein BVerfG Beschluss vom 10.4.1997 - 2 BvL 45/92 - BVerfGE 96, 10, 23), mit dem Elterngeld einen Ausgleich für Einkommenseinbußen zu gewähren, die mit der Entscheidung für das Kind, dessen Geburt und Betreuung einhergehen. Je höher das Erwerbseinkommen vor der Geburt des Kindes ist, desto eher wird ein Elternteil zur Unterbrechung oder Einschränkung der Berufstätigkeit zwecks Kindererziehung ermutigt, wenn sich das Elterngeld an der bisherigen Einkommenshöhe orientiert.
- 52
-
Auch die Erforderlichkeit dieses Bemessungskriteriums ist zu bejahen, da keine gleichermaßen geeigneten Alternativen ersichtlich sind, um das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel zu erreichen. Insbesondere wäre eine stärkere Förderung von Personen, die in der Zeit vor der Geburt des Kindes kein oder nur ein geringes Erwerbseinkommen erzielt haben, ohne zusätzliche finanzielle Mittel nicht möglich gewesen.
- 53
-
Schließlich ist es auch als angemessen anzusehen, dass für die Höhe des Elterngeldes - soweit es die Basisbeträge übersteigt - das zuvor erzielte Erwerbseinkommen maßgebend ist. Die sich dabei ergebenden Ungleichbehandlungen sind Folge des zulässigen Gesetzeszwecks. Sie spiegeln die unterschiedlichen Einkommensverhältnisse vor der Geburt des Kindes und damit die mit der Entscheidung für die Kindererziehung verbundenen Einbußen bei den Einkünften aus der bisherigen Erwerbstätigkeit wider.
- 54
-
bb) Gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG bemisst sich das Elterngeld nach dem monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit, das von dem Berechtigten in den 12 Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielt worden ist. Bei Einkommen aus nicht selbstständiger Arbeit wird von diesem Zeitraum - soweit es den vorliegenden Fall betrifft - nur in den engen Grenzen des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG(der mit Wirkung vom 24.1.2009 angefügte Satz 7 ist hier weder anwendbar noch seinem Inhalt nach einschlägig) abgewichen. Personen, die diese Ausnahmetatbestände nicht erfüllen, können mithin, soweit sie im Bemessungszeitraum - zeitweise wie die Klägerin - kein oder nur ein gekürztes Arbeitsentgelt bezogen haben, nicht auf weiter in der Vergangenheit zurückliegende Kalendermonate mit (höherem) Erwerbseinkommen zurückgreifen. Diese Benachteiligung ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (vgl dazu BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 53 ff).
- 55
-
aaa) Mit der grundsätzlichen Beschränkung des Bemessungszeitraums auf die 12 Kalendermonate vor der Geburt des Kindes verfolgt der Gesetzgeber ein zulässiges Differenzierungsziel. Er möchte den vorgesehenen Einkommensersatz auf die aktuellen Verhältnisse vor der Geburt ausrichten (vgl BT-Drucks 16/1889 S 20) und damit - ersichtlich - eine größtmögliche Anreizwirkung in Richtung auf eine Entscheidung für eine Einschränkung der Erwerbstätigkeit zu Gunsten des Kindes und dessen Betreuung erzielen. Dieser Ausrichtung des Elterngeldes steht insbesondere kein verfassungsrechtliches Verbot aus Art 6 Abs 1 GG entgegen.
- 56
-
Zwar mag es zutreffen, dass durch einen auf die 12 Kalendermonate vor der Geburt des Kindes begrenzten Bemessungszeitraum die Entscheidungsfreiheit der Ehegatten betreffend die Aufgabenverteilung in der Ehe mittelbar etwas stärker beeinflusst werden kann als bei einem weiter gefassten Bemessungszeitraum. Darin liegt jedoch noch kein relevanter Eingriff in den Schutzbereich des Art 6 Abs 1 GG. Das Gesetz legt nur die tatsächlichen Erwerbsverhältnisse der Ehegatten in dem Jahr vor der Geburt des Kindes zugrunde. Weiter zurückliegende Entscheidungen betreffend die Aufgabenverteilung in der Ehe muss er im Rahmen der Elterngeldbemessung ebenso wenig berücksichtigen wie zukünftige Pläne der Ehegatten hinsichtlich der jeweiligen Erwerbstätigkeit.
- 57
-
bbb) Der 12-monatige Bemessungszeitraum stellt auch ein zulässiges Differenzierungskriterium dar. Verfassungsrechtliche Verbote sind insoweit nicht ersichtlich. Die einschlägigen Regelungen des BEEG erscheinen dem erkennenden Senat in Ansehung des gesetzgeberischen Zieles auch als verhältnismäßig.
- 58
-
Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass ein grundsätzlich auf 12 Kalendermonate begrenzter Bemessungszeitraum die Einkommensverhältnisse der Berechtigten vor der Geburt des Kindes am besten abbildet (vgl BT-Drucks 16/1889 S 20). Wie bei anderen kurzfristigen Entgeltersatzleistungen (vgl § 18a Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB IV) ist Grundlage der Berechnung der Elterngeldhöhe nach § 2 Abs 1 und 7 bis 9 BEEG die sog Bezugs- und Referenzmethode(vgl hierzu auch Senatsurteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 2/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 5 juris RdNr 35; bereits BSG Urteil vom 22.6.1966 - 3 RK 105/63 - BSGE 25, 69, 70 = SozR Nr 7 zu § 13 MuSchG; BSG Urteil vom 22.2.1972 - 3 RK 85/69 - BSGE 34, 79 = SozR Nr 4 zu § 200 RVO und jüngst BSG Urteil vom 30.5.2006 - B 1 KR 19/05 R - BSGE 96, 246 = SozR 4-2500 § 47 Nr 4, RdNr 21 ff), nach der unter Bezugnahme auf den wirtschaftlichen Dauerzustand eines gerade vergangenen Zeitraums auf ein Durchschnittseinkommen geschlossen wird, das den individuellen Lebensstandard prägt. Dabei hat der Gesetzgeber - auch in Ansehung des befristeten Bezugszeitraums des Elterngeldes von bis zu 14 Monaten (vgl § 4 Abs 1 Satz 1 BEEG; zur Möglichkeit einer Verlängerung auf maximal 28 Monate durch Halbierung des Auszahlungsbetrages vgl § 6 Satz 2 BEEG) - einen geeigneten Bemessungszeitraum von 12 Kalendermonaten vor der Geburt gewählt (vgl § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG). Das Ende des Bemessungszeitraums knüpft damit an das ausgleichsberechtigende Ereignis an und trägt dem Erfordernis Rechnung, den voraussichtlichen betreuungsbedingten Einkommensausfall des Elternteils einfach und nachvollziehbar zu bestimmen (vgl auch BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 2/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 5 RdNr 35).
- 59
-
Die Ausgestaltung des Bemessungszeitraums erscheint auch als erforderliches Mittel zur Erreichung des Gesetzeszwecks. Andere Lösungen hätten entweder mehr finanzielle Mittel bzw einen größeren Verwaltungsaufwand beansprucht oder das verfolgte Ziel wäre verfehlt worden. Insbesondere hätte eine Berücksichtigung weit zurückliegender Erwerbsverhältnisse des Berechtigten die beabsichtigte Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes vernachlässigt.
- 60
-
Schließlich erachtet der Senat die einschlägige gesetzliche Regelung, soweit es den grundsätzlichen Bemessungszeitraum anbelangt, auch nicht als unangemessen. Die durch die zeitliche Begrenzung des Bemessungszeitraums verursachte Ungleichbehandlung zwischen berechtigten Personen ist sachlich gerechtfertigt. Die voneinander abweichenden Einkommensverhältnisse der Betroffenen im Zeitraum unmittelbar vor der Geburt des Kindes legen in Ansehung der Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes eine entsprechend differenzierte Behandlung nahe.
- 61
-
cc) Da das Arbeitslosengeld gemäß § 2 Abs 1 und 7 Satz 1 bis 4 BEEG iVm dem Einkommenssteuerrecht nicht als Arbeitsentgelt anzusehen ist, wird die Klägerin bei der Bemessung des Elterngeldes ungünstiger behandelt als Berechtigte, die während des Bemessungszeitraums kein Arbeitslosengeld, sondern ungekürztes Arbeitsentgelt bezogen haben. Darüber hinaus bleiben die Kalendermonate mit Arbeitslosengeldbezug bei der Bestimmung der für die Bemessung des Elterngeldes maßgebenden 12 Kalendermonate auch nicht unberücksichtigt, so dass bei der Klägerin, anders als bei Berechtigten, die die Voraussetzungen des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG erfüllen, nicht auf weiter zurückliegende Kalendermonate zurückgegriffen werden kann, in denen sie wahrscheinlich ein Arbeitsentgelt vorweisen kann. Die darin liegende Benachteiligung verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.
- 62
-
aaa) Der Gesetzgeber war im Rahmen seiner zulässigen Zielsetzung, einen Ausgleich für den durch Kinderbetreuung verursachten Ausfall von Erwerbseinkommen zu schaffen, von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, bei der Bemessung des Elterngeldes den Bezug von Arbeitslosengeld der Erzielung von Arbeitsentgelt gleichzustellen. Das Arbeitslosengeld unterscheidet sich vom Arbeitsentgelt dadurch, dass es gerade ausgefallenes Arbeitsentgelt ersetzen soll. Der Ausschluss von Arbeitslosengeld (und anderer Lohnersatzleistungen) bei der Leistungsbemessung stellt insoweit ein geeignetes Mittel zur Erreichung des Gesetzeszwecks dar. Diese gesetzliche Maßnahme ist auch als erforderlich anzusehen, weil gleichermaßen geeignete Alternativen nicht erkennbar sind. Eine Einbeziehung von Lohnersatzleistungen in die Bemessung des Elterngeldes würde einen höheren finanziellen Aufwand erfordern. Auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit ist die Nichtberücksichtigung von Arbeitslosengeld bei den für die Leistungshöhe maßgebenden Einkünften als gerechtfertigt anzusehen.
- 63
-
Das Elterngeld ist eine familienpolitische Förderleistung eigener Art, mit der - im Gegensatz zu "regulären" kurzfristigen Entgeltersatzleistungen zur Aufrechterhaltung des individuellen Lebensstandards in sozialen Notlagen - vielfältige Ziele verfolgt werden (wegen der "Vermengung" der gesetzgeberischen Zielrichtungen krit Seiler NVwZ 2007, 129, 133). Sicher soll sie auch der Stagnation der Geburtenzahlen in Deutschland entgegenwirken und deswegen Erwerbstätigen einen wirtschaftlichen Anreiz bieten, sich trotz der finanziellen Einbußen, die mit einer Einschränkung der beruflichen Arbeit zwecks Kindererziehung verbunden sind, für ein Kind zu entscheiden. Um dieses Ziel zu erreichen, stellt der Staat eine einkommensorientierte Zuwendung in Aussicht, mit der diejenigen Einbußen an Erwerbseinkommen ganz oder teilweise kompensiert werden sollen, die in einem sachlichen Zusammenhang mit dem ausgleichsberechtigenden Ereignis - der Geburt des Kindes - stehen. Realisiert sich in der Zeit vor der Geburt des Kindes bereits ein anderes Erwerbsrisiko (Wirtschafts- oder Arbeitsmarktlage, Streik, Krankheit etc), so sind die damit einhergehenden Einkommensausfälle grundsätzlich nicht vom Sinn und Zweck der Zuwendung umfasst (vgl BT-Drucks 16/1889 S 20). Trotz dieser Einschränkung stellt das Elterngeld in seiner einkommensersetzenden Funktion eine (verhaltenssteuernde) Subvention zur Förderung der Kindererziehung dar. Zugleich verfolgt der Gesetzgeber mit dem derart ausgestalteten Elterngeld weitergehende Ziele, ua die Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, der gleichberechtigten Kindererziehung von Mann und Frau, der Gewährung eines finanziellen Schonraums für junge Familien bei einer betreuungsbedingten Unterbrechung oder Reduzierung der Erwerbstätigkeit der Elternteile und eine Kompensation der Betreuungskosten für das Kind (BT-Drucks 16/1889 S 1 f, 14 f).
- 64
-
Die Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes unterscheidet sich allerdings wesentlich von kurzfristigen Entgeltersatzleistungen iS des § 18a Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB IV, die bei einem schutzwürdigen Wegfall des Arbeitsentgelts (infolge Unfalls, Krankheit, Arbeitslosigkeit etc) den individuellen Lebensstandard des Betroffenen für einen vorübergehenden Zeitraum erhalten sollen. Das den Ausgleich nach dem BEEG begründende Ereignis (Geburt eines Kindes und die erforderliche Betreuung) ist kein Schicksalsschlag, mit dem zwingend der Ausfall von Erwerbseinkommen einhergeht. Aus diesem Grund ist das Elterngeld im Bezugszeitraum auch als subsidiäre Unterstützungsleistung ausgestaltet, auf die gleichzeitig bezogene einkommensersetzende Leistungen angerechnet werden (vgl § 3 Abs 2 Satz 1 BEEG). Gleichwohl ist das Elterngeld in seiner Einkommensersatzfunktion eine Ausgleichsleistung; es verbindet die Leistungsgewährung nicht mit der Verwirklichung eines bestimmten Erwerbsrisikos, sondern mit einer typischen - aber hinsichtlich individueller Einkommenseinbußen unterschiedlich ausgeprägten - allgemeinen Bedarfslage (vgl Becker in Festschrift für Herbert Buchner, 2009, 67, 77, 78). Die als Anreiz zur Entscheidung für ein Kind gedachte Förderleistung Elterngeld knüpft in ihrer einkommensersetzenden Funktion insoweit allein an das Einkommen aus Erwerbstätigkeit an, das die vorgeburtliche Lebenssituation geprägt hat. Trotz der genannten Unterschiede folgt der Gesetzgeber damit zugleich in gewisser Weise auch der kurzfristigen Entgeltersatzleistungen im Allgemeinen zugrunde liegenden Regel, dass jeder seinen Bedarf (und evtl denjenigen seiner Angehörigen) durch eigene Erwerbstätigkeit zu decken hat und dem Berechtigten bei einem Einkommensausfall aus besonderen Gründen die Erhaltung seines individuellen Einkommensstandards ermöglicht wird (vgl Buchner/Becker, MuSchG - BEEG, 8. Aufl 2008, § 2 BEEG RdNr 8).
- 65
-
Selbst bei kurzfristigen Entgeltersatzleistungen wird von der Referenzgröße des Einkommens aus Erwerbstätigkeit (bzw des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts oder -einkommens iS der §§ 14 f SGB IV) nur in Ausnahmefällen abgewichen. So erhalten Bezieher von Arbeitslosengeld, Unterhaltsgeld oder Kurzarbeitergeld bei Krankheit unter bestimmten Voraussetzungen Krankengeld nach § 47b SGB V, Verletztengeld nach § 47 Abs 2 Satz 1 SGB VII oder Versorgungskrankengeld nach § 16b Abs 5 Buchst c Bundesversorgungsgesetz (BVG). Sinn und Zweck dieser Leistungen ist der Ersatz für eine entgehende Sozialleistung (vgl zu § 47b SGB V: BSG Urteil vom 7.12.2004 - B 1 KR 5/03 R - BSGE 94, 19 = SozR 4-2500 § 44 Nr 3, RdNr 16; BSG Urteil vom 19.9.2002 - B 1 KR 11/02 R - BSGE 90, 72, 77 = SozR 3-2500 § 44 Nr 10 S 34 f; BSG Urteil vom 2.11.2007 - B 1 KR 38/06 R - SozR 4-2500 § 44 Nr 14 RdNr 18). Diese Zielrichtung wird vom Elterngeld ersichtlich nicht verfolgt (ebenso LSG Schleswig-Holstein Urteil vom 22.2.2010 - L 1 EG 6/08 - juris RdNr 32; ähnlich LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 30.1.2009 - L 13 EG 48/08 - juris RdNr 3).
- 66
-
Nicht nur wegen der besonderen familienpolitischen Zielsetzung des Elterngeldes, sondern auch wegen des weit gefassten Kreises der Berechtigten ist es als sachgerecht anzusehen, dass der Gesetzgeber die Leistungsbemessung eng an die vorangegangene Erzielung von Erwerbseinkommen angeknüpft und dabei Entgeltersatzleistungen wie das Arbeitslosengeld unberücksichtigt gelassen hat. Anderenfalls wäre es insbesondere im Vergleich zu Berechtigten mit Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbstständiger Arbeit zu problematischen Ungleichbehandlungen gekommen. Denn diese Personenkreise haben regelmäßig keinen Zugang zu entsprechenden Ersatzleistungen.
- 67
-
bbb) Der Gesetzgeber des BEEG musste im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG auch keine Ausgleichsmöglichkeit für Berechtigte vorsehen, die in den letzten 12 Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes Arbeitsentgeltausfälle wegen Arbeitslosigkeit hatten. Insbesondere war er nicht gehalten, diesen Personenkreis mit solchen Berechtigten gleichzustellen, die iS von § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG Elterngeld für ein älteres Kind bzw Mutterschaftsgeld bezogen oder wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung Einkommenseinbußen erlitten haben.
- 68
-
Allerdings werden bei kurzfristigen Entgeltersatzleistungen iS des § 18a Abs 3 Satz 1 SGB IV zur Vermeidung unbilliger Ergebnisse Zeiten, die aus besonderen Gründen während des Bemessungszeitraums ohne repräsentatives Erwerbseinkommen sind, nicht in die Bemessung der Leistungshöhe einbezogen. Dies gilt zum einen für Entgeltersatzleistungen, die bei einem bestehenden Beschäftigungsverhältnis das entgehende Gehalt kompensieren sollen, in Fällen von "Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis" (vgl etwa § 11 Abs 1 Satz 3 BUrlG; § 11 Abs 2 Satz 2 MuSchG; § 200 Abs 2 Satz 3 RVO; § 14 Abs 1 Satz 4 MuSchG) und zum anderen unter bestimmten Voraussetzungen (vgl § 130 Abs 2 SGB III; siehe dazu BT-Drucks 15/1515 S 85) auch für das Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit (§ 117 Abs 1 Nr 1 SGB III). Diese mitunter sehr differenzierten Regelungen verwirklichen das die Sozialversicherung prägende Versicherungsprinzip (vgl hierzu BVerfGE 59, 36, 49 ff; 63, 152, 171), nach dem im Grundsatz eine Äquivalenz von Beitrag und Leistung bestehen muss.
- 69
-
Demgegenüber sieht das BEEG eine Privilegierung von Einkommensausfall nur in Ausnahmefällen für Sachverhalte vor, die - nach der hier maßgeblichen Rechtslage - in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Förderzweck des Elterngeldes stehen (vgl § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG in der hier maßgeblichen Fassung vom 5.12.2006); Einkommensminderungen oder -ausfälle aufgrund allgemeiner Erwerbsrisiken (zB Arbeitslosigkeit, Streik, Krankheit etc) werden grundsätzlich nicht bei der Bemessung der Leistungshöhe berücksichtigt. Einer solchen Ausgestaltung steht Art 3 Abs 1 GG nicht entgegen, zumal der Gesetzgeber bei der Gewährung steuerfinanzierter Leistungen nicht an das versicherungstypische Gegenseitigkeitsverhältnis von Beiträgen und Leistungen (vgl jüngst zur Abschaffung der Arbeitslosenhilfe BVerfG Beschluss vom 7.12.2010 - 1 BvR 2628/07 - juris RdNr 36) gebunden ist.
- 70
-
Durch die eng begrenzten Ausnahmefälle in § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG hat der Gesetzgeber eine verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Risikoverteilung vorgenommen. Einkommenseinbußen aus Gründen, die nicht direkt mit dem Zweck des Elterngeldes zusammenhängen, werden dem Risikobereich des Berechtigten zugeordnet. Zwar verzichtet der Gesetzgeber damit auf einen - möglicherweise wünschenswerten (vgl dazu Stellungnahme des Deutschen Juristinnenbundes eV vom 1.9.2008, Ausschuss-Drucks 16(13)371c NEU zu BT-Drucks 16/9415) - sozialen Ausgleich, er orientiert sich jedoch in noch sachgerechter Weise an dem von ihm verfolgten Ziel eines (teilweisen) Ersatzes von Erwerbseinkommen, das durch die erfolgende Kindesbetreuung entfällt. Die Behebung sozialer Notlagen hat er insoweit anderen sozialen Sicherungssystemen überlassen (vgl Buchner/Becker, MuSchG-BEEG, 8. Aufl 2008, § 2 BEEG RdNr 8). Dementsprechend brauchte der Gesetzgeber auch Fälle einer "familienbedingten" Arbeitslosigkeit, wie sie die Klägerin geltend macht, nicht in die Regelung des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG einzubeziehen.
- 71
-
ccc) Ein gewichtiger sachlicher Grund für die Ausgestaltung der Bemessungsmethode nach § 2 Abs 1 und 7 BEEG liegt auch in der Praktikabilität bei der Leistungsgewährung(vgl hierzu allg Heun in Dreier, GG, 2. Aufl 2004, Art 3 RdNr 33). So muss im Bemessungszeitraum nicht nach einem bestehenden, unterbrochenen oder beendetem Beschäftigungsverhältnis oder nach dem Grund der Einkommenseinbußen aus Erwerbstätigkeit unterschieden werden. Die hiermit sonst verbundenen Schwierigkeiten lassen sich zB an dem sehr differenziert ausgestalteten Bemessungsrecht beim Arbeitslosengeld (vgl §§ 129 ff SGB III) unschwer erkennen.
- 72
-
Bei dem grundlegenden Systemwechsel ist dem Gesetzgeber zudem zur sachgerechten Überleitung des alten in den neuen Rechtszustand ein angemessener Zeitraum zu gewähren, in dem er nach Überprüfung der erzielten Ergebnisse auf Unstimmigkeiten im Einzelfall reagieren kann (vgl BVerfG Urteil vom 13.6.1979 - 1 BvL 27/76 - BVerfGE 51, 257, 268; BVerfGE 49, 192, 210). Ob der Gesetzgeber durch die Anfügung des Satzes 7 an § 2 Abs 7 BEEG zum 24.1.2009 (vgl Art 1 Nr 1 Buchst a Erstes Gesetz zur Änderung des BEEG vom 17.1.2009, BGBl I 61) einen sachgerechten Schritt getan hat, kann hier offenbleiben.
- 73
-
dd) Die Gleichbehandlung der Klägerin mit Personen, die in dem Bemessungszeitraum an Stelle von Arbeitslosengeld Existenz sichernde Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII bezogen haben, bei der Bemessung des Elterngeldes verstößt ebenfalls nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Beide Vergleichsgruppen haben nach dem gesetzlichen Differenzierungskriterium insoweit kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 BEEG erzielt. Sie werden demnach in dieser Beziehung sachgerechterweise gleich behandelt. Da das Elterngeld keine beitragsfinanzierte Leistung der Sozialversicherung ist, brauchte der Gesetzgeber Personen, die im Bemessungszeitraum beitragsfinanzierte Entgeltersatzleistungen bezogen haben, nicht besser zu stellen als Bezieher von steuerfinanzierten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende oder der Sozialhilfe.
(1) Soweit der Arbeitgeber den Anspruch des Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt nicht erfüllt und deshalb ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, geht der Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf den Leistungsträger bis zur Höhe der erbrachten Sozialleistungen über.
(2) Der Übergang wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Anspruch nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden kann.
(3) An Stelle der Ansprüche des Arbeitnehmers auf Sachbezüge tritt im Fall des Absatzes 1 der Anspruch auf Geld; die Höhe bestimmt sich nach den nach § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Vierten Buches festgelegten Werten der Sachbezüge.
(1) Soweit die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer vor Antragstellung auf Insolvenzgeld Ansprüche auf Arbeitsentgelt einem Dritten übertragen hat, steht der Anspruch auf Insolvenzgeld diesem zu.
(2) Von einer vor dem Antrag auf Insolvenzgeld vorgenommenen Pfändung oder Verpfändung des Anspruchs auf Arbeitsentgelt wird auch der Anspruch auf Insolvenzgeld erfasst.
(3) Die an den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt bestehenden Pfandrechte erlöschen, wenn die Ansprüche auf die Bundesagentur übergegangen sind und diese Insolvenzgeld an die berechtigte Person erbracht hat.
(4) Der neue Gläubiger oder Pfandgläubiger hat keinen Anspruch auf Insolvenzgeld für Ansprüche auf Arbeitsentgelt, die ihm vor dem Insolvenzereignis ohne Zustimmung der Agentur für Arbeit zur Vorfinanzierung der Arbeitsentgelte übertragen oder verpfändet wurden. Die Agentur für Arbeit darf der Übertragung oder Verpfändung nur zustimmen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass durch die Vorfinanzierung der Arbeitsentgelte ein erheblicher Teil der Arbeitsstellen erhalten bleibt.
Tenor
-
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. Juli 2012 wird zurückgewiesen.
-
Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
- 1
-
Die Beteiligten streiten über die Höhe des dem Kläger gewährten Elterngeldes, insbesondere über die Berücksichtigung von Insolvenzgeld.
- 2
-
Der Kläger lebt mit seiner Lebensgefährtin sowie den gemeinsamen Kindern F, geboren am 4.10.2004, und M, geboren am 23.8.2007, in einem gemeinsamen Haushalt in Deutschland. In der Zeit vor der Geburt seiner Tochter M betrieb er seit 1993 einen forstwirtschaftlichen Betrieb. Zudem war er seit 1995 bei einem Werkzeughersteller abhängig beschäftigt. Im Jahr 2006 erzielte er in den Monaten Januar bis August sowie Dezember Einkommen aus nichtselbstständiger Tätigkeit (ohne Einmalzahlungen) in Höhe von 21 836,68 Euro brutto bzw 13 297,39 Euro netto. In der Zeit vom 1.9.2006 bis 30.11.2006 bezog er Insolvenzgeld in Höhe von 4935,72 Euro.
- 3
-
Am 14.9.2007 beantragte der Kläger bei der beklagten Landeskreditbank die Gewährung von Elterngeld für die ersten zwölf Lebensmonate seiner Tochter M Hierbei legte er ua den Vorauszahlungsbescheid des Finanzamtes Offenburg vom 19.10.2006 über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer vor, worin für das Jahr 2006 von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 10 258 Euro ausgegangen wird. Ferner gab er an, er werde im Elterngeldbezugszeitraum keine Einkünfte erzielen.
- 4
-
Mit Bescheid vom 22.11.2007 bewilligte die Beklagte dem Kläger Elterngeld in Höhe von monatlich 1377,13 Euro für den ersten und zweiten Lebensmonat sowie in Höhe von monatlich 1251,94 Euro für den dritten bis zwölften Lebensmonat. Die Bewilligung erfolgte unter dem Vorbehalt des Widerrufs für den Fall, dass nach der Geburt Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt werde. Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 26.6.2008). In dem Widerspruchsbescheid stellte die Beklagte auch fest: Da das Einkommen aufgrund des Einkommensteuervorauszahlungsbescheides für das Jahr 2006 ermittelt worden sei, erfolge die Bewilligung des Elterngeldes nach § 8 Abs 3 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) nur vorläufig und stehe unter dem Vorbehalt einer später endgültigen Entscheidung.
- 5
-
Nachdem der Kläger während des erstinstanzlichen Klageverfahrens den Einkommensteuer-bescheid für das Jahr 2006 (Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft: 13 957 Euro) eingereicht hatte, forderte die Beklagte ihn auf, Angaben zu etwaigen Einnahmen im Elterngeldbezugs-zeitraum zu machen. Hierauf erklärte der Kläger, er habe in der Zeit von der Geburt seiner Tochter bis zum 22.8.2008 Einkünfte aus Forstwirtschaft in Höhe von 3854,19 Euro gehabt (anteilige Steuern in Höhe von 944,14 Euro). Daraufhin setzte die Beklagte durch Änderungs-bescheid vom 24.9.2009 das Elterngeld des Klägers mit 1321,27 Euro für die ersten beiden Lebensmonate sowie 1201,15 Euro für die folgenden Monate neu fest. Den danach zu viel gezahlten Betrag von 619,62 Euro forderte sie zurück.
- 6
-
Das Sozialgericht Freiburg hat die Klage mit Urteil vom 20.4.2010 abgewiesen. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 17.7.2012). Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:
- 7
-
Die Bewilligung von Elterngeld sei rechtmäßig, insbesondere habe die Beklagte die Höhe des Elterngeldes zutreffend berechnet. Das Insolvenzgeld sei insoweit nicht zu berücksichtigen. Es sei bereits fraglich, ob es sich hierbei um Einkünfte aus Erwerbstätigkeit handele, da das Insolvenzgeld keine Leistung des Arbeitgebers für erbrachte Arbeitsleistung darstelle. Wie das Arbeitslosengeld sei das Insolvenzgeld eine Leistung der Sozialversicherung und keine Leistung aus dem Beschäftigungsverhältnis. Jedenfalls werde das Insolvenzgeld nach § 3 Nr 2 Einkommensteuergesetz (EStG) steuerfrei gewährt, weshalb es kein Einkommen iS des BEEG darstelle. Nach § 2 Abs 1 S 2 BEEG würden ausdrücklich nur Einkünfte nach § 2 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 4 EStG berücksichtigt, also nur die der Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte. Für das Insolvenzgeld gelte insofern das gleiche wie für steuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit sowie steuerfreie Beitragszahlungen des Arbeitgebers an eine Pensionskasse zum Aufbau einer betrieblichen Altersversorgung des Arbeitnehmers.
- 8
-
Die Nichtberücksichtigung von Insolvenzgeld verstoße auch nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Die im BEEG enthaltene Bezugnahme auf das EStG sei sachgerecht, da dies der Zielsetzung des Elterngeldes entsprechend eine Einkommensersatzleistung ermögliche, die sich an der Erwerbstätigkeit des Berechtigten vor der Geburt des Kindes orientiere, die aber nach dem Willen des Gesetzgebers keinen Ausgleich des allgemeinen Erwerbsrisikos, sondern lediglich des speziellen Risikos des Erwerbsausfalls durch Schwangerschaft herbeiführen solle. Im Rahmen dieser zulässigen Zielsetzung sei der Gesetzgeber nicht verpflichtet gewesen, bei der Bemessung des Elterngeldes den Bezug von Lohnersatzleistungen der Erzielung von Arbeitsentgelt gleichzustellen. Das Insolvenzgeld sei eine solche Lohnersatzleistung. Entgegen der Auffassung des Klägers sei es in diesem Zusammenhang unerheblich, dass es anders als das Arbeitslosengeld nicht nur anteilig das Arbeitsentgelt ersetze. Der Gesetzgeber halte sich vielmehr im Rahmen seines Gestaltungsspielraums, wenn er bei einer einkommensabhängigen steuerfinanzierten Leistung nur steuerpflichtige Einkommensbestandteile bei der Berechnung der Leistungshöhe berücksichtige.
- 9
-
Schließlich sei auch die Abänderung der ursprünglichen Leistungsbewilligung rechtmäßig gewesen. Die Befugnis hierzu ergebe sich nicht aus dem nach § 8 Abs 2 S 1 BEEG zulässigen Widerrufsvorbehalt im Bescheid vom 22.11.2007. Denn aus dieser Regelung folge nur die Zulässigkeit eines Widerrufsvorbehalts als Nebenbestimmung. Die Ermächtigung zur (Teil-)Aufhebung des Bewilligungsbescheides ergebe sich aus den §§ 44 ff SGB X. Die Voraussetzungen der speziellen Ermächtigungsgrundlage für den Fall eines Widerrufsvorbehalts in § 47 Abs 2 SGB X, die - wie hier erfolgt - eine Aufhebung für die Vergangenheit ermögliche, seien allerdings nicht erfüllt. Als Ermächtigungsgrundlage greife jedoch § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 und 4 SGB X. Eine nachträgliche Änderung im Sinne des § 48 Abs 1 S 1 SGB X sei insoweit eingetreten, als nach Erlass des Verwaltungsaktes Einkünfte erzielt worden seien, die zur Minderung des monatlichen Zahlbetrages geführt hätten. Die nachgeburtlichen Einkünfte des Klägers hätten in ihrer Summe im Zeitpunkt der Bewilligung noch nicht festgestanden. Eine (den Anforderungen des § 4 Abs 3 EStG entsprechende) Gewinnermittlung für 2007 habe noch nicht vorgelegen, da das Wirtschaftsjahr noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Aufgrund des Widerrufsvorbehalts habe der Kläger iS des § 48 Abs 1 S 2 Nr 4 SGB X wissen müssen, dass sich der Zahlbetrag aus dem Bewilligungsbescheid vom 22.11.2007 bei nachgeburtlichen Einkünften reduzieren würde. Auch die Voraussetzungen des § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X seien erfüllt, da das nach Erlass des Verwaltungsaktes erzielte Einkommen zur Minderung des Elterngeldanspruchs ab dem ersten Lebensmonat des Kindes geführt habe. Der Erstattungsanspruch der Beklagten folge aus § 50 Abs 1 SGB X.
- 10
-
Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 2 Abs 1 iVm Abs 7 BEEG. Hierzu führt er im Wesentlichen aus:
Das LSG habe in fehlerhafter Auslegung des § 2 Abs 1 S 2 BEEG das von ihm bezogene Insolvenzgeld nicht bei der Berechnung des Elterngeldes berücksichtigt. Das Insolvenzgeld stelle Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS der genannten Regelung dar, da es verglichen mit anderen Sozialleistungen eine Sonderstellung einnehme, mit der es sich grundlegend von diesen unterscheide. Das Insolvenzgeld werde für einen Zeitraum gezahlt, in dem der Arbeitnehmer noch in einem Beschäftigungsverhältnis stehe und sichere in erster Linie die Entgeltfortzahlung von Arbeitnehmern. Es handele sich bei dem Insolvenzgeld um eine Gegenleistung für die Beschäftigung des Arbeitnehmers. Das Insolvenzverfahren lasse das Beschäftigungsverhältnis unberührt. Im Insolvenzfall übernehme lediglich die Bundesagentur für Arbeit anstelle des Arbeitgebers für einen begrenzten Zeitraum die Zahlung der Vergütung. Dies ändere aber nichts daran, dass es sich hierbei um Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit handele. Die Mittel für die Zahlung des Insolvenzgeldes würden durch eine monatliche Umlage der Arbeitgeber aufgebracht (§ 358 SGB III). Die Arbeitgeber fungierten damit als eine Art Haftungsgemeinschaft, für die die Bundesagentur für Arbeit die "Zahlstelle" sei. Diese Merkmale unterschieden das Insolvenzgeld von anderen Sozialleistungen wie dem Kranken- oder Arbeitslosengeld.
- 11
-
Der Berücksichtigungsfähigkeit des Insolvenzgeldes stehe auch nicht entgegen, dass es sich hierbei um eine steuerfreie Leistung handele. Die zu anderen steuerfreien Leistungen ergangene Rechtsprechung könne nicht auf das Insolvenzgeld übertragen werden. Es bestünden Unterschiede zwischen dieser Leistung und anderen steuerfreien Leistungen. Das Insolvenzgeld verdränge den Bruttolohnanspruch nicht, sondern es verbleibe nach wie vor ein so genannter fiktiver Steueranteil. Trotz Zahlung des Insolvenzgeldes gehe die Steuerschuld nicht unter. Der Anspruchsübergang nach § 169 SGB III erfasse auch das Arbeitsentgelt einschließlich des Lohnsteueranteils. Zudem werde das Insolvenzgeld nach § 32b Abs 1 Buchst a EStG in den Progressionsvorbehalt einbezogen. Es handele sich bei den als Insolvenzgeld gezahlten Beträgen auch nicht um geringfügige Beträge, sondern um die komplette Gegenleistung für die in drei Monaten erbrachte Arbeitsleistung. Die Nichtberücksichtigung des Insolvenzgeldes habe daher eine gravierende Absenkung des Elterngeldes zur Folge. Ferner widerspreche dies dem Gesetzeszweck, da das Insolvenzgeld das monatliche Erwerbseinkommen aus dem Arbeitsverhältnis im Insolvenzgeldzeitraum ersetze.
- 12
-
Schließlich verstoße die Nichtberücksichtigung des Insolvenzgeldes gegen Art 3 Abs 1 GG. Sie führe zu einer Ungleichbehandlung zwischen Elterngeldbeziehern, die in den letzten zwölf Monaten vor dem Monat der Geburt erwerbstätig gewesen seien und laufend Entgelt von ihrem Arbeitgeber erhalten hätten, und denjenigen, die ebenfalls in den letzten zwölf Monaten vor dem Geburtsmonat erwerbstätig gewesen seien, aber aufgrund eines Insolvenzereignisses für drei Monate Insolvenzgeld erhalten hätten. Für diese Ungleichbehandlung im Wesentlichen gleicher Personengruppen gebe es keinen sachlichen Grund. Die unterschiedslose Anknüpfung an das Steuerrecht, die keine Rücksicht darauf nehme, dass das Insolvenzgeld eine Gegenleistung für eine erbrachte Arbeitsleistung sei, sei nicht sachgerecht.
- 13
-
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. Juli 2012 und des Sozialgerichts Freiburg vom 20. April 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Änderungsbescheides vom 24. September 2009 zu verurteilen, ihm für die ersten zwölf Lebensmonate seiner am 23. August 2007 geborenen Tochter M höheres Elterngeld unter Berücksichtigung des vom 1. September 2006 bis 30. November 2006 bezogenen Insolvenzgeldes zu gewähren.
- 14
-
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
- 15
-
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
- 16
-
Die Revision des Klägers ist zulässig. Sie ist vom LSG zugelassen worden und damit statthaft. Der Kläger hat bei der Einlegung und Begründung der Revision Formen und Fristen eingehalten. Die Revisionsbegründung erfüllt die Voraussetzungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG.
- 17
-
1. Einer Sachentscheidung entgegenstehende Verfahrenshindernisse liegen nicht vor.
- 18
-
a) Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft. Angesichts des Streitgegenstandes (höheres Elterngeld für zwölf Lebensmonate des Kindes) ergibt sich bei überschlägiger Berechnung (vgl zur Zulässigkeit einer überschlägigen Berechnung im Revisionsverfahren BSG Urteil vom 2.6.2004 - B 7 AL 38/03 R - BSGE 93, 42, 43 = SozR 4-4300 § 64 Nr 1, RdNr 6; Urteil vom 14.8.2008 - B 5 R 39/07 R - SozR 4-2600 § 210 Nr 2 RdNr 11; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 144 RdNr 15b mwN), dass der Berufungswert von 750 Euro nach § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des SGG und des ArbGG vom 26.3.2008 (BGBl I 444) erreicht ist. Der Kläger erstrebt die zusätzliche Berücksichtigung des Bezugs von Insolvenzgeld in Höhe von rund 4900 Euro beim Bemessungseinkommen, was pro Monat einem Betrag von etwa 408 Euro entspricht. Bei einem Leistungssatz von 67 % würde sich ein zusätzlicher monatlicher Zahlbetrag von etwa 273 Euro (für die ersten beiden Lebensmonate 300 Euro) errechnen, sodass sich insgesamt ein streitiger Betrag von rund 3330 Euro ergibt.
- 19
-
b) Auch die Klage ist zulässig, und zwar als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 und Abs 4 SGG). Der Kläger begehrt eine Änderung des angefochtenen Verwaltungsaktes sowie höheres Elterngeld unter Berücksichtigung des für September bis November 2006 bezogenen Insolvenzgeldes.
- 20
-
Gegenstand der Anfechtungsklage ist allein der Änderungsbescheid der Beklagten vom 24.9.2009. Zunächst hat sich die Klage gegen den Bewilligungsbescheid vom 22.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.6.2008 gerichtet. Diesen Verwaltungsakt über die Gewährung von Elterngeld hat der Änderungsbescheid vom 24.9.2009 ersetzt (vgl § 39 Abs 2 SGB X). Dieser enthält mehrere Regelungen (§ 31 SGB X): Zunächst hebt er die durch den Ausgangsbescheid vom 22.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.6.2008 erfolgte Elterngeldbewilligung (teilweise) auf, bewilligt Elterngeld in geringerer Höhe und stellt schließlich die Verpflichtung des Klägers zur Erstattung des Differenzbetrages von 619,62 Euro fest. Damit sind die Regelungen des Änderungsbescheides nach § 96 Abs 1 SGG idF des Gesetzes zur Änderung des SGG und des ArbGG vom 26.3.2008 (BGBl I 444) kraft Gesetzes Gegenstand des zum damaligen Zeitpunkt vor dem SG bereits anhängigen Klageverfahrens geworden. Die derzeit geltende Fassung des § 96 Abs 1 SGG ist anwendbar, da der Änderungsbescheid nach dem Inkrafttreten der Vorschrift am 1.4.2008 ergangen ist.
- 21
-
2. Auf der Grundlage der nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit für das Revisionsgericht bindenden Tatsachenfeststellungen des LSG (§ 163 SGG) ist die Klage unbegründet. Die Beklagte war befugt, die ursprünglich bewilligte Höhe des Elterngeldes durch den Änderungsbescheid vom 24.9.2009 herabzusetzen (hierzu unter a). Darüber hinaus hat der Kläger keinen Anspruch auf Berücksichtigung des von ihm bezogenen Insolvenzgeldes bei der Berechnung des Elterngeldes (hierzu unter b). Schließlich ist die Beklagte berechtigt, von dem Kläger die Erstattung eines Betrages in Höhe von 619,62 Euro zu fordern (hierzu unter c).
- 22
-
a) Die durch den Änderungsbescheid vom 24.9.2009 erfolgte teilweise Aufhebung der ursprünglichen Elterngeld-Bewilligung ist rechtmäßig. Dies beurteilt sich auf der Grundlage des materiellen Elterngeldrechts insbesondere nach Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensrechts.
- 23
-
aa) Der Anspruch des Klägers auf Elterngeld richtet sich nach dem BEEG idF vom 5.12.2006 (BGBl I 2748). Soweit die späteren Änderungen des BEEG (erstmals durch das Gesetz vom 19.8.2007 - BGBl I 1970) überhaupt die den streitigen Anspruch berührenden Vorschriften der §§ 1 und 2 BEEG betreffen, sind sie im vorliegenden Verfahren nicht anwendbar. Die durch das Gesetz vom 19.8.2007 erfolgte Änderung betraf den hier nicht einschlägigen Abs 7 des § 1 BEEG. Bei der ersten Änderung des § 2 BEEG durch das Gesetz vom 17.1.2009 (BGBl I 61) mit Wirkung zum 24.1.2009 war der vorliegend streitbefangene Elterngeldzahlungszeitraum bereits abgeschlossen (vgl BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 5/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 11 RdNr 27 mwN; Urteil vom 5.4.2012 - B 10 EG 10/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 14 RdNr 24), sodass die Neufassung des Gesetzes den hier zu beurteilenden Anspruch des Klägers nicht erfasst.
- 24
-
Für die hier allein streitige Höhe des Elterngeldanspruchs des Klägers ist § 2 BEEG maßgebend. Nach dessen Abs 1 S 1 wird Elterngeld in Höhe von 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit ist nach § 2 Abs 1 S 2 BEEG die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit iS von § 2 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 4 EStG nach Maßgabe der Abs 7 bis 9 zu berücksichtigen. Gemäß § 2 Abs 3 S 1 BEEG wird für Monate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt, das durchschnittlich geringer ist als das nach Abs 1 berücksichtigte durchschnittlich erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, Elterngeld in Höhe des nach Abs 1 (oder 2) maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt.
- 25
-
Gemäß § 2 Abs 4 S 1 BEEG wird das nach den Absätzen 1 bis 3 und 5 zustehende Elterngeld um 10 %, mindestens um 75 Euro, erhöht, falls die berechtigte Person mit zwei Kindern, die das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in einem Haushalt lebt. Nach S 2 sind alle Kinder zu berücksichtigen, für die die berechtigte Person die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 und 3 BEEG erfüllt und für die sich das Elterngeld nicht nach Abs 6 erhöht. Der Anspruch auf den Erhöhungsbetrag endet nach S 5 mit dem Ablauf des Monats, in dem eine der in S 1 genannten Anspruchsvoraussetzungen entfallen ist.
- 26
-
Die für die Ermittlung des Einkommens weiter maßgebenden Bestimmungen enthält bei nichtselbstständiger Arbeit im Prinzip § 2 Abs 7 BEEG, während das zu berücksichtigende Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbstständiger Arbeit nach Maßgabe der Abs 8 oder 9 (uU in Verbindung mit einzelnen Bestimmungen des Abs 7) zu ermitteln ist.
- 27
-
Nach § 2 Abs 7 S 1 BEEG ist als Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit der um die auf dieses Einkommen entfallenden Steuern und die aufgrund dieser Erwerbstätigkeit geleisteten Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung in Höhe des gesetzlichen Anteils der beschäftigten Person einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung verminderte Überschuss der Einnahmen in Geld oder Geldeswert über die mit 1/12 des Pauschbetrages nach § 9a Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst a EStG(idF des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14.8.2007
) anzusetzenden Werbungskosten zu berücksichtigen.
- 28
-
§ 2 Abs 8 S 1 BEEG stellt den Grundsatz auf, dass als Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit der (um Steuern, Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung und Beiträge zur Arbeitslosenversicherung verminderte) Gewinn zu berücksichtigen ist (sog Bemessungseinkommen). Dabei ist grundsätzlich, wie für das Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit, gemäß § 2 Abs 1 S 1 BEEG auf die zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes abzustellen (Bemessungszeitraum). Abweichend von § 2 Abs 1 S 1 und Abs 8 BEEG bestimmt § 2 Abs 9 S 1 BEEG als vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen aus Erwerbstätigkeit den durchschnittlich monatlich erzielten Gewinn, wie er sich aus dem für den letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum ergangenen Steuerbescheid ergibt, wenn die dem zu berücksichtigenden Einkommen zugrunde liegende Erwerbstätigkeit sowohl während des gesamten für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes maßgeblichen Zeitraums als auch während des gesamten letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraums ausgeübt worden ist. Diese Fiktion des Bemessungszeitraums tritt nach § 2 Abs 9 S 2 BEEG nicht ein, wenn im Veranlagungszeitraum die Voraussetzungen des § 2 Abs 7 S 5 oder 6 BEEG vorgelegen haben, also Elterngeld für ein älteres Kind oder Mutterschaftsgeld bezogen worden ist und/oder Einkommen aus Erwerbstätigkeit wegen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung ganz oder teilweise weggefallen ist.
- 29
-
Schließlich bestimmt § 2 Abs 9 S 3 Halbs 1 BEEG, dass dann, wenn in dem für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes maßgeblichen Zeitraum zusätzlich Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit erzielt worden ist, S 1 dieser Vorschrift (Zugrundelegung des letzten steuerlichen Veranlagungszeitraums) nur anzuwenden ist, wenn die Voraussetzungen der S 1 und 2 auch für die dem Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit zugrunde liegende Erwerbstätigkeit erfüllt sind. In diesen Fällen gilt als vor der Geburt durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen nach § 2 Abs 7 BEEG das in dem dem Veranlagungszeitraum nach Abs 9 S 1 zugrunde liegenden Gewinnermittlungszeitraum durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit(§ 2 Abs 9 S 3 Halbs 2 BEEG).
- 30
-
bb) Die teilweise Aufhebung der ursprünglichen Bewilligung durch den Bescheid vom 24.9.2009 ist nicht formal rechtswidrig. Vor Erlass dieses Verwaltungsaktes war eine Anhörung des Klägers nicht erforderlich, weil die Beklagte damit eine einkommensabhängige Leistung iS des § 24 Abs 2 Nr 5 SGB X den geänderten Verhältnissen angepasst hat(vgl dazu BSG Urteil vom 5.4.2012 - B 10 EG 10/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 14 RdNr 21). Zwar handelt es sich beim Elterngeld nicht um eine Leistung, bei der der Anspruch dem Grunde nach von der Frage der Einkommenserzielung abhängt (vgl § 1 Abs 1 BEEG); von § 24 Abs 2 Nr 5 SGB X werden jedoch auch Leistungen erfasst, die - wie das Elterngeld - nur der Höhe nach einkommensabhängig sind und bei Erzielung von Einkommen oberhalb bestimmter Grenzen teilweise entfallen(BSG Urteil vom 5.2.2004 - B 11 AL 39/03 R - SozR 4-4300 § 128 Nr 1 RdNr 7 mwN).
- 31
-
cc) Die Herabsetzung der Höhe des Elterngeldes durch den Änderungsbescheid vom 24.9.2009 beruht auf einer Neuberechnung, die in zweierlei Hinsicht von der ursprünglichen Bewilligung (Bescheid vom 22.11.2007) abweicht: Zum einen ist - zugunsten des Klägers - für den Bemessungszeitraum ein höheres Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit (Forstwirtschaft) und zum anderen - zu Ungunsten des Klägers - während des Bezugszeitraums (ebenfalls im forstwirtschaftlichen Betrieb) erzieltes Einkommen berücksichtigt worden.
- 32
-
aaa) Die Zugrundelegung eines höheren Einkommens im Bemessungszeitraum ist verfahrensrechtlich zulässig. Dabei kann offenbleiben, ob die zuvor ausgesprochene Bewilligung - wie sich aus der entsprechenden Feststellung des Widerspruchsbescheides vom 26.6.2008 ergeben könnte - iS von § 8 Abs 3 BEEG rechtswirksam vorläufig erfolgt ist(vgl dazu BSG Urteil vom 5.4.2012 - B 10 EG 6/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 15 RdNr 13 mwN; Urteil vom 18.6.2008 - B 14/11b AS 67/0AS 67/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 13 RdNr 18 mwN), auch wenn dies im Bewilligungsbescheid vom 22.11.2007 nicht zum Ausdruck kommt (vgl dazu BSG Urteil vom 28.6.1990 - 4 RA 57/89 - BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 12; Urteil vom 16.11.1995 - 4 RLw 4/94 - SozR 3-1300 § 31 Nr 10 S 12 f). Ebenso kann dahinstehen, ob - bei Fehlen einer vorläufigen Bewilligung - § 44 SGB X eingreift, weil das höhere Einkommen im Jahre 2006 - also vor Erlass des Bewilligungsbescheides vom 22.11.2007 - erzielt worden ist, oder ob insoweit § 48 SGB X heranzuziehen ist, weil der gemäß § 2 Abs 9 BEEG maßgebliche Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 erst am 11.6.2008 ergangen ist. Auf allen diesen Wegen kann ein höheres Bemessungseinkommen berücksichtigt werden, weil es den möglichen Elterngeldanspruch erhöht.
- 33
-
Eine vorläufige Bewilligung iS des § 8 Abs 3 BEEG wird ohne Weiteres durch die endgültige Entscheidung ersetzt(vgl dazu BSG Urteil vom 5.4.2012 - B 10 EG 10/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 14 RdNr 22). Nach § 44 Abs 1 S 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt nach § 48 Abs 1 S 1 SGB X mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Er soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB X).
- 34
-
Auf dieser rechtlichen Grundlage ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte dem Einkommensteuerbescheid für 2006 Einkünfte aus Forstwirtschaft in Höhe von 13 957 Euro entnommen hat. Abzüglich der hierauf entfallenden Steuern von 2141,29 Euro ergibt sich insoweit ein berücksichtigungsfähiges Einkommen von 11 815,71 Euro (entsprechend 984,64 Euro/Monat). Hinzu kommt der bei der ursprünglichen Bewilligung bereits zugrunde gelegte Betrag für Einkommen aus nicht selbstständiger Arbeit in Höhe von 12 607,36 Euro (1050,62 Euro/Monat). Danach beläuft sich das monatliche Bemessungseinkommen - abgesehen von der Frage einer Berücksichtigung des vom Kläger bezogenen Insolvenzgeldes - auf 2035,26 Euro.
- 35
-
bbb) Auch die Berücksichtigung des vom Kläger im Bezugszeitraum erzielten Einkommens aus Forstwirtschaft hält einer revisionsgerichtlichen Prüfung stand.
- 36
-
(1) Die Berechtigung zur rückwirkenden Änderung der ursprünglichen Bewilligung ergibt sich insoweit nicht aus dem Widerrufsvorbehalt, der im Bewilligungsbescheid vom 22.11.2007 enthalten ist.
- 37
-
Allerdings ist es nach § 8 Abs 2 BEEG (idF vom 5.12.2006) zulässig, die Bewilligung von Elterngeld mit einem Widerrufsvorbehalt als Nebenbestimmung nach § 32 Abs 1 SGB X zu versehen. Nach dieser Bestimmung wird Elterngeld in den Fällen, in denen nach den Angaben im Antrag im Bezugszeitraum voraussichtlich kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt wird, unter dem Vorbehalt des Widerrufs für den Fall gezahlt, dass entgegen den Angaben im Antrag Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt wird. Zwar hatte der Kläger in seinem Antrag angegeben, er werde im Bezugszeitraum kein Einkommen erzielen. Da er jedoch vor der Geburt des Kindes auch Einkommen aus Forstwirtschaft gehabt hatte, war hinsichtlich der Einkommenserzielung im Bezugszeitraum eine Prognose vorzunehmen. Insoweit war die Voraussetzung für die Verbindung der Bewilligung mit einem Widerrufsvorbehalt ("im Bezugszeitraum voraussichtlich kein Einkommen") erfüllt.
- 38
-
Dieser Widerrufsvorbehalt berechtigte die Beklagte jedoch nicht, die Elterngeldbewilligung für die Vergangenheit zu widerrufen. Die Rechtsgrundlage in § 47 Abs 1 Nr 1 SGB X erlaubt der Behörde nur eine Anpassung des Elterngeldes an die geänderten Verhältnisse mit Wirkung für die Zukunft. Die Voraussetzungen für den nach § 47 Abs 2 SGB X grundsätzlich möglichen Widerruf eines Verwaltungsaktes mit Wirkung für die Vergangenheit liegen nicht vor, da das Elterngeld nicht als zweckbestimmte Geld- oder Sachleistung anzusehen ist(Jaritz in Roos/Bieresborn, MuSchG, Stand 7/2012, § 8 BEEG RdNr 9 mwN). Ausreichend hierfür ist nicht die allgemeine Zweck- und Zielsetzung als Sozialleistung, sondern es muss im Verwaltungsakt selbst eine Zweckbestimmung zur Verwendung der Geld- und Sachleistungen getroffen worden sein (BSG Urteil vom 14.12.2000 - B 11 AL 63/00 R - BSGE 87, 219, 221 = SozR 3-1300 § 47 Nr 1 S 3 f). Die Regelung des § 47 Abs 2 SGB X zielt auf Verwaltungsakte, die das erkennbare Ziel haben, vom Begünstigten ein bestimmtes Verhalten einzufordern(Waschull in LPK-SGB X, 3. Aufl 2011, § 47 RdNr 17 mwN). Ein derartiger Zweck ist mit der Bewilligung von Elterngeld nicht verbunden.
- 39
-
(2) Die teilweise Aufhebung der ursprünglichen Bewilligung war im Hinblick auf das nach der Geburt des Kindes erzielte Einkommen des Klägers gemäß § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 und 4 SGB X zulässig.
- 40
-
Da der Kläger nach der Geburt seiner Tochter Einkünfte aus Forstwirtschaft erzielt hat, die beim Erlass des Bewilligungsbescheides vom 22.11.2007 noch nicht gemäß § 2 Abs 3 BEEG berücksichtigt werden konnten, ist iS des § 48 Abs 1 SGB X eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten. Zu vergleichen sind dabei die zum Zeitpunkt der Aufhebung bestehenden tatsächlichen Verhältnisse mit jenen, die zum Zeitpunkt des Erlasses der letzten Leistungsbewilligung, bei der die Anspruchsvoraussetzungen vollständig geprüft worden sind, tatsächlich vorgelegen haben (BSG Urteil vom 7.7.2005 - B 3 P 8/04 R - BSGE 95, 57, 60 RdNr 11 = SozR 4-1300 § 48 Nr 6 RdNr 12). Zwar hat das LSG nicht ausdrücklich festgestellt, dass die betreffenden Einkünfte dem Kläger erst nach dem Erlass des Bescheides vom 22.11.2007 zugeflossen sind (vgl dazu BSG Urteil vom 5.4.2012 - B 10 EG 10/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 14), der Senat berücksichtigt diesen Umstand gleichwohl aus prozessökonomischen Gründen, weil er zwischen den Beteiligten unstreitig ist (vgl dazu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 163 RdNr 5d mwN).
- 41
-
Wesentlich ist diese Änderung auch dann, wenn man den Bewilligungsbescheid vom 22.11.2007 insoweit als rechtswidrig ansieht, als er entgegen § 2 Abs 9 iVm § 8 Abs 3 BEEG die Höhe des Elterngeldes nicht nur vorläufig, sondern endgültig festgestellt hat. Denn die Änderung steht mit dieser Rechtswidrigkeit in keinem Zusammenhang (vgl dazu BSG Urteil vom 27.2.1996 - 10 RKg 27/93 - SozR 3-1300 § 48 Nr 47 S 105).
- 42
-
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 24.9.2009 ist diese Änderung bei der Feststellung der Höhe des Elterngeldes rückwirkend berücksichtigt worden. Somit ist § 48 Abs 1 S 2 SGB X einschlägig. Danach "soll" eine auf den Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse bezogene Aufhebung des Ursprungsverwaltungsakts erfolgen, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt (Nr 1), der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Nr 2), nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Nr 3), der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (Nr 4).
- 43
-
Nach den Tatsachenfeststellungen des LSG sind hier jedenfalls die Voraussetzungen der Nr 3 und der Nr 4 des § 48 Abs 1 S 2 SGB X erfüllt. Der Kläger hat nach Erlass des Bewilligungsbescheides vom 22.11.2007 iS der Nr 3 Einkommen erzielt, das nach § 2 Abs 3 BEEG zur Minderung des Anspruchs auf Elterngeld geführt haben würde. Im Sinne der Nr 4 wusste der Kläger auch oder wusste infolge grober Fahrlässigkeit nicht, dass sein Elterngeldanspruch wegen des nachgeburtlichen Einkommens teilweise weggefallen war. Denn die Beklagte hatte die Elterngeldbewilligung in Bezug auf die Erzielung nachgeburtlichen Einkommens mit einem Widerrufsvorbehalt verbunden.
- 44
-
Schließlich war nach den Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) kein atypischer Fall gegeben, der eine Ermessungsausübung erforderlich gemacht hätte (vgl dazu BSG Urteil vom 5.4.2012 - B 10 EG 10/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 14 RdNr 46; Steinwedel in KasselerKomm, Stand August 2012, § 48 SGB X RdNr 36 mwN; Schütze in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 48 RdNr 20).
- 45
-
(3) Nach Maßgabe des § 2 Abs 3 BEEG hat die Beklagte die Höhe des Elterngeldes zutreffend berechnet. Sie hat die Differenz zwischen dem von ihr ermittelten monatlichen Bemessungseinkommen (2035,26 Euro) und dem im Bezugszeitraum durchschnittlich erzielten Einkommen von 242,50 Euro/Monat gebildet (1792,76 Euro) und daraus den monatlichen Leistungssatz abgeleitet (67 % von 1792,76 Euro = 1201,15 Euro), wobei für die ersten beiden Monate nach der Geburt der Tochter gemäß § 2 Abs 4 BEEG noch eine Erhöhung um 10 % ("Geschwisterbonus") hinzukommt, was einen Zahlbetrag von 1321,27 Euro ergibt.
- 46
-
b) Ein höheres Elterngeld kann der Kläger nicht beanspruchen. Das von ihm von September bis November 2006 bezogene Insolvenzgeld ist bei der Ermittlung des Bemessungseinkommens nicht zu berücksichtigten. Dabei ist § 2 Abs 9 BEEG zugrunde zulegen, da der Kläger vor der Geburt des Kindes nicht nur Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit, sondern auch aus Forstwirtschaft erzielt hat und Tatbestände iS des § 2 Abs 7 S 5 und 6 BEEG ausscheiden(vgl § 2 Abs 9 S 2 BEEG).
- 47
-
aa) Für das Bemessungseinkommen des Klägers ist nach § 2 Abs 1 S 2 BEEG von der Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sowie aus nichtselbstständiger Arbeit iS des § 2 Abs 1 S 1 Nr 1 und 4 EStG auszugehen. Darüber hinaus sind die in § 2 Abs 7 bis 9 BEEG vorgesehenen Maßgaben zu beachten. Das streitige Insolvenzgeld hat der Kläger im Zusammenhang mit seiner abhängigen Beschäftigung bezogen. Hinsichtlich der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit hat der Senat bereits entschieden, dass durch § 2 Abs 1 S 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 S 1 Nr 4 EStG zwar zunächst grundsätzlich alle Einnahmen aus dem Arbeitsverhältnis erfasst werden; ausgenommen sind jedoch solche Einnahmen, die ausdrücklich steuerfrei gestellt sind (vgl dazu insbesondere BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 19 ff, 22 f; Urteil vom 5.4.2012 - B 10 EG 3/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 16 RdNr 16, 18). Welche Einnahmen im Einzelnen dazu gehören, ergibt sich aus den Vorschriften des EStG. Insoweit wird der Begriff der Einkünfte in § 2 Abs 1 S 2 BEEG durch weitere Regelungen des Einkommensteuerrechts geprägt.
- 48
-
aaa) Nach diesen gesetzlichen Vorgaben ist das Insolvenzgeld kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 S 1 und 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 4 EStG. Zwar mag es - obwohl es keinen Arbeitslohn iS des § 19 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG darstellt - unter den Begriff der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit iS des § 2 Abs 1 S 1 Nr 4 EStG fallen, weil es als Ersatz für entgangenen Arbeitslohn iS des § 24 Nr 1 Buchst a EStG angesehen werden kann. Es ist jedoch gemäß § 3 Nr 2 EStG von der Steuer befreit und darf aus diesem Grunde der Bemessung des Elterngeldes nicht zugrunde gelegt werden.
- 49
-
(1) Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit sind nach § 19 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG insbesondere Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst. Dabei müssen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit iS des § 19 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) abstrakt durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst und im weitesten Sinne die Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft des Arbeitnehmers sein(vgl zB BFH Urteil vom 20.5.2010 - VI R 41/09 - BFHE 229, 346, 348 f mwN). Dementsprechend sind auch im Elterngeldrecht grundsätzlich alle Einnahmen aus einem Arbeitsverhältnis berücksichtigungsfähig (vgl dazu Senatsurteile vom 17.2.2011 - B 10 EG 17/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 7 RdNr 26
, - B 10 EG 20/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 8 RdNr 25 .und - B 10 EG 21/09 R - Juris RdNr 24 ; Senatsurteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 8/10 R - ZFSH/SGB 2012, 24, 26 ; Senatsurteil vom 5.4.2012 - B 10 EG 3/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 16 RdNr 16 )
- 50
-
Das Insolvenzgeld stellt keinen Arbeitslohn dar, weist aber eine "Nähe" zum Arbeitsentgeltanspruch auf. Es handelt sich um eine Leistung für Arbeitnehmer, die nach Maßgabe des § 183 Abs 1 S 1 SGB III(idF vom 2.12.2006
; im Folgenden aF) für die dem Insolvenzereignis vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Anspruch auf Arbeitsentgelt haben. Nach § 183 Abs 1 S 3 SGB III aF gehören zu den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt alle Ansprüche auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis. Hierunter fallen alle Leistungen des Arbeitgebers, die eine Gegenleistung für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers darstellen (vgl BSG Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 29/08 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 22 RdNr 17 mwN). Ferner wird das Insolvenzgeld nach § 185 Abs 1 SGB III(idF vom 23.12.2003; im Folgenden aF) in Höhe des Nettoarbeitsentgelts gewährt, das sich ergibt, wenn das auf die monatliche Beitragsbemessungsgrenze begrenzte Bruttoarbeitsentgelt um die gesetzlichen Abzüge vermindert wird. Es besteht damit eine weitgehende Akzessorietät des Insolvenzgeldanspruchs zum Arbeitsentgeltanspruch (Voelzke in Hauck/Noftz, SGB III, Stand Mai 2012, § 165 RdNr 12). Da das Insolvenzgeld in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht an die Stelle des Arbeitsentgeltanspruchs tritt, hat der 4. Senat des BSG entschieden, es sei im Rahmen des SGB II auch hinsichtlich der Einkommensanrechnung und -bereinigung wie der Arbeitsentgeltanspruch zu behandeln (vgl BSG Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 29/08 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 22 RdNr 19).
- 51
-
Diese für den Bereich des SGB II getroffene Wertung hat jedoch für die Einkommensermittlung im Rahmen des § 2 Abs 1 BEEG keine unmittelbare Bedeutung. Der Senat hat bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass bei der Vorbereitung des BEEG zwar zunächst noch vorgesehen war, die Einnahmen aus Erwerbstätigkeit unter entsprechender Anwendung der Arbeitslosen-geld II/Sozialgeld-Verordnung zu bestimmen, schließlich jedoch der Wunsch des Bundesrates aufgegriffen worden ist, das Einkommen nach den Grundsätzen des Einkommensteuerrechts zu ermitteln, weil dies der Zielsetzung des Elterngeldes besser entspreche (vgl zB nur BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 27 mwN). Daher ist im Rahmen des BEEG eine von den Grundsätzen des SGB II abweichende Einkommensermittlung angezeigt, die sich am Einkommensteuerrecht orientiert. Danach ist das Insolvenzgeld kein Arbeitslohn iS des § 19 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG; denn es besteht kein ausreichender Zusammenhang zwischen dieser Zahlung und dem Arbeits- bzw Dienstverhältnis. Zuwendungen wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber stellen steuerrechtlich keinen Arbeitslohn dar (BFH Urteil vom 30.6.2011 - VI R 80/10 - BFHE 234, 195, 197 mwN; Krüger in Schmidt, EStG, 31. Aufl 2012, § 19 RdNr 29 mwN). Das Insolvenzgeld wird bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers auf der Grundlage eines besonderen gesetzlichen Sicherungssystems als Entgeltersatzleistung an Arbeitnehmer gezahlt. Es stellt mithin keine Gegenleistung für die Erbringung einer Dienstleistung dar (vgl dazu BFH Urteil vom 23.11.2000 - VI R 93/98 - BFHE 193, 555, 557 f
; Urteil vom 1.3.2012 - VI R 4/11 - BFHE 237, 59 = Juris RdNr 17 .)
- 52
-
(2) Das Insolvenzgeld lässt sich als eine Entschädigung einordnen, die als Ersatz für entgangenen Arbeitslohn iS des § 24 Nr 1 Buchst a EStG gewährt wird und damit zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit iS des § 2 Abs 1 S 1 Nr 4 EStG zählt.
- 53
-
Nach § 24 Nr 1 Buchst a EStG gehören zu den Einkünften iS des § 2 Abs 1 EStG auch Entschädigungen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt worden sind. Die Vorschrift betrifft alle Einkunftsarten iS des § 2 Abs 1 EStG und bildet - wie sich aus dem Wort "auch" in § 24 EStG ergibt - keine neue Gruppe von steuerpflichtigen Einnahmen(vgl etwa BFH Urteil vom 16.10.2002 - XI R 71/00 - BFHE 200, 544, 546; BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 2/05 R - SozR 4-2500 § 10 Nr 6 RdNr 13; BSG Urteil vom 9.10.2007 - B 5b/8 KN 1/06 KR R - SozR 4-2500 § 10 Nr 8 RdNr 17; BSG Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 17/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 7 RdNr 29; Wacker in Schmidt, EStG, 31. Aufl 2012, § 24 RdNr 2 mwN). Entschädigungen für Arbeitnehmer sind dann als Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit iS des § 2 Abs 1 S 1 Nr 4 EStG anzusehen, wenn sie geleistet werden für ausgefallenen Arbeitslohn iS des § 19 EStG, der - seinen Zufluss unterstellt - ebenfalls unter diese Einkunftsart zu subsumieren wäre.
- 54
-
Eine Entschädigung nach § 24 Nr 1 Buchst a EStG muss unmittelbar durch den Verlust von steuerbaren Einnahmen bedingt sowie dazu bestimmt sein, diesen Schaden auszugleichen und auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruhen(vgl BFH Urteil vom 25.8.2009 - IX R 3/09 - BFHE 226, 261, 263 mwN). Ob diese Voraussetzungen bei dem Insolvenzgeld erfüllt sind, braucht hier nicht näher geprüft zu werden. Dafür sprechen folgende Gesichtspunkte:
- 55
-
Das Insolvenzgeld stellt eine Leistung der Sozialversicherung dar, die einen konkret ausgefallenen Anspruch auf Arbeitsentgelt ersetzen soll. Da die Insolvenzgeldversicherung zusätzlich auch die Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung absichert (§ 208 Abs 1 SGB III - idF vom 23.12.2003
; im Folgenden aF) , erfüllt sie alle Elemente einer Schadensversicherung, die den bei Arbeitnehmern durch den Ausfall des Arbeitsentgelts eintretenden Vermögensschaden ausgleichen soll (vgl Voelzke in Hauck/Noftz, SGB III, Stand Mai 2012, § 165 RdNr 26 mwN). Durch die Zahlung des Insolvenzgeldes soll ein Ausgleich für die objektive Verletzung der Lohnzahlungspflicht durch den Arbeitgeber geschaffen werden (BSG Urteil vom 21.10.1999 - B 11/10 AL 8/98 R - BSGE 85, 83, 86 = SozR 3-4100 § 186b Nr 1 S 4; BSG Urteil vom 29.5.2008 - B 11a AL 61/06 R - BSGE 100, 286 = SozR 4-4300 § 359 Nr 1, RdNr 24). An diesem Zweck der Insolvenzgeldversicherung als Schadensversicherung ändert auch der Umstand nichts, dass der durch diese Versicherung vermittelte Schutz (auf drei Monate und auch der Höhe nach) begrenzt ist (vgl Wacker in Schmidt, EStG, 31. Aufl 2012, § 24 RdNr 6; Geserich in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Stand November 2012, § 24 RdNr B 9).
- 56
-
Wie bei der Zahlung von Arbeitslohn (vgl § 38 Abs 1 S 3 EStG) ist bei der Leistung einer Entschädigung unerheblich, dass eine Entschädigung iS des § 24 EStG nicht vom Arbeitgeber, sondern von einem Dritten - regelmäßig dem Schadensverursacher - gezahlt wird(vgl BFH Urteil vom 30.3.1982 - III R 150/80 - BFHE 135, 488, 492; BSG Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 17/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 7 RdNr 30). Auch eine Entschädigung durch eine Versicherung fällt unter den Tatbestand des § 24 Nr 1 EStG, wenn diese rechtlich (oder moralisch) verpflichtet ist, den Schaden auszugleichen(Geserich in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Stand November 2012, § 24 RdNr B 12).
- 57
-
Ferner ist erforderlich, dass die bisherige rechtliche Grundlage für die Einnahme wegfällt und eine andere an ihre Stelle tritt (Geserich in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Stand November 2012, § 24 RdNr B 25; Wacker in Schmidt, EStG, 31. Aufl 2012, § 24 RdNr 7 mwN). Um den Tatbestand des § 24 Nr 1 Buchst a EStG zu erfüllen, muss der Wegfall von Einnahmen auf einem außergewöhnlichen Ereignis beruhen, das über den Rahmen einzelner Geschäfte hinausgeht, wie sie für die jeweilige Einkunftsart typisch sind(Geserich in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Stand November 2012, § 24 RdNr B 20 mwN, B 50 ff). Die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers im Zusammenhang mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellt für den Tatbestand der Erzielung von Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit ein außergewöhnliches Ereignis dar. Mit dem Antrag auf Insolvenzgeld gehen zudem die entsprechenden Arbeitsentgeltansprüche auf die Bundesagentur für Arbeit über (§ 187 SGB III idF vom 2.12.2006
; im Folgenden aF) . Daher stellt die Zahlung des Insolvenzgeldes keine Erfüllung der Arbeitsentgeltansprüche dar, sondern ersetzt den bei dem Arbeitnehmer eingetretenen Schaden. Damit beruht das Insolvenzgeld auf einer neuen Rechtsgrundlage. Es wird nicht auf der Grundlage des Arbeits- oder Dienstverhältnisses geleistet, sondern aufgrund der §§ 183 ff SGB III aF.
- 58
-
Zudem muss die Entschädigung iS des § 24 Nr 1 Buchst a EStG für unfreiwillige Einnahmeverluste erlangt worden sein(vgl hierzu ausführlich BSG Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 17/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 7 RdNr 31 ff mwN). Dies ist bei der Zahlung des Insolvenzgeldes der Fall, da der Arbeitnehmer keinen Einfluss darauf hat, ob sein Arbeitgeber einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellt. Er hat den durch die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers verursachten Ausfall der Einnahmen nicht mitverursacht.
- 59
-
Schließlich stellt das Insolvenzgeld keine nichtsteuerbare Versicherungsleistung dar, die bereits aus diesem Grunde von vornherein nicht unter die Einkünfte iS des § 2 Abs 1 EStG fallen könnte. Die Vorschrift des § 2 Abs 1 EStG bestimmt die Steuerbarkeit von Einkünften iS der §§ 13 bis 24 EStG. Bezüge, die außerhalb dieser gesetzlichen Einkunftsarten anfallen, sind nicht steuerbar (Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 31. Aufl 2012, § 2 RdNr 1 und 14). Die Regelung des § 24 Nr 1 Buchst a EStG erweitert zwar den Bereich der einzelnen Einkunftsarten, hält jedoch an dem Erfordernis einer Verknüpfung mit der Arbeitsleistung fest(v Beckerath in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Stand November 2012, § 3 RdNr B 2/22 mwN). Daher sind Leistungen nach dem SGB III, denen eigene Beiträge des Arbeitnehmers zugrunde liegen (zB Arbeitslosengeld), nichtsteuerbare Versicherungsleistungen und damit auch keine Entschädigungen nach § 24 Nr 1 Buchst a EStG. Denn diese beruhen in erster Linie nicht auf der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers, sondern stellen eine Gegenleistung für die gezahlten Versicherungsbeiträge dar. Für solche von vornherein nichtsteuerbaren Vermögensmehrungen hat die Aussage über die Steuerfreiheit (vgl für das Arbeitslosengeld § 3 Nr 2 EStG) lediglich deklaratorischen Charakter (vgl Heinicke in Schmidt, EStG, 31. Aufl 2012, § 3 Vorbemerkung/Anwendungsbereich; v Beckerath in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Stand November 2012, § 3 RdNr B 2/35). Anders ist dies bei dem Insolvenzgeld, das zum einen durch eine Umlage der Arbeitgeber finanziert wird und dem zum anderen eine Arbeitsleistung vorausgegangen ist. Da es nicht durch eigene Versicherungsbeiträge der Arbeitnehmer finanziert wird und noch ausreichend mit einer eigenen Arbeitsleistung verknüpft ist, erscheint es gerechtfertigt, das Insolvenzgeld zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit und damit zu einer Einkunftsart iS des § 2 Abs 1 EStG zu zählen(vgl v Beckerath in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Stand November 2012, § 3 RdNr B 2/22 f mwN; offen gelassen in BFH Urteil vom 23.11.2000 - VI R 93/98 - BFHE 193, 555, 557).
- 60
-
(3) Entscheidend für die Nichtberücksichtigung des Insolvenzgeldes bei der Bestimmung des Bemessungseinkommens für das Elterngeld ist es, dass dieses zu den "übrigen Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (…), soweit sie Arbeitnehmern (…) gewährt werden", gehört, die gemäß § 3 Nr 2 EStG mit konstitutiver Wirkung von der Steuer befreit sind(vgl BFH Urteil vom 23.11.2000 - VI R 93/98 - BFHE 193, 555, 557
; v Beckerath in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Stand November 2012, § 3 RdNr B 2/64) . Das Insolvenzgeld ist eine Nettoleistung, dh die individuell ermittelten steuerlichen Abzüge verringern im Rahmen der Berechnung der Höhe des Insolvenzgeldes (§ 185 Abs 1 SGB III aF) lediglich als Rechnungsposten den Bruttobetrag der Arbeitsentgeltbezüge. Die steuerlichen Abzüge werden jedoch nicht tatsächlich durch die Bundesagentur für Arbeit an das Finanzamt abgeführt (Voelzke in Hauck/Noftz, SGB III, Stand Mai 2012, § 167 RdNr 23).
- 61
-
Steuerfrei sind ebenso das Arbeitsentgelt sowie die Beiträge zur Sozialversicherung, falls der Arbeitgeber oder der Insolvenzverwalter das Arbeitsentgelt aufgrund des Anspruchsübergangs (§ 187 SGB III aF) an die Bundesagentur für Arbeit erstattet sowie den Gesamtsozialversicherungsbeitrag aufgrund des § 208 Abs 2 S 1 SGB III aF an die Einzugsstelle zahlt(vgl § 3 Nr 2 EStG idF vom 10.10.2007
: "Leistungen auf Grund der in (…) § 187 und § 208 Absatz 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch genannten Ansprüche") . Entgegen der Ansicht des Klägers besteht damit bei Zahlung des Insolvenzgeldes keine "Steuerschuld" bzw Steuerpflicht mehr. Wegen des umfassend geltenden Steuerbefreiungstatbestandes sind auf das gesamte durch die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers ausgefallene Arbeitsentgelt, das das Insolvenzgeld absichert und ersetzt, keine Steuern zu entrichten. Weder hat die Bundesagentur für Arbeit Steuern auf das Insolvenzgeld abzuführen noch der Arbeitgeber oder Insolvenzverwalter auf das (Netto-)Arbeitsentgelt bei einer Zahlung an die Bundesagentur für Arbeit und auf die Sozialversicherungsbeiträge bei einer Zahlung an die Einzugsstelle.
- 62
-
Nichts anderes ergibt sich aus der vom Kläger angeführten Entscheidung des BSG vom 20.6.2001 (- B 11 AL 97/00 R - SozR 3-4100 § 141m Nr 3). In dieser Entscheidung hat das BSG lediglich festgestellt, dass der Arbeitnehmer nach Gewährung von Konkursausfallgeld (jetzt Insolvenzgeld) keinen Anspruch gegen die Bundesanstalt (jetzt Bundesagentur) für Arbeit auf Anmeldung der steuerlichen Bruttorestlohnforderung (also des auf den Bruttolohn entfallenden Steueranteils) zur Konkurstabelle bzw auf deren Rückübertragung habe. Korrespondierend hierzu hatte das BAG zuvor entschieden, dass der Arbeitnehmer nach der Inanspruchnahme von Konkursausfallgeld keinen Anspruch gegen den Arbeitgeber bzw Konkursverwalter auf Auszahlung des Teiles des Bruttolohnanspruches habe, der als Lohnsteuer abzuführen gewesen wäre (Urteile vom 17.4.1985 - 5 AZR 74/84 - BAGE 48, 229 sowie vom 11.2.1998 - 5 AZR 159/97 - AP Nr 19 zu § 611 BGB Lohnanspruch).
- 63
-
Hintergrund dieser Entscheidungen war, dass zuvor hinsichtlich des Umfangs des Anspruchsübergangs nach § 187 SGB III aF bzw nach dessen Vorgängervorschrift in § 141m AFG umstritten war, ob dieser nur in Höhe des tatsächlich gezahlten Konkursausfall- bzw Insolvenzgeldes - und damit nur in Höhe des Nettoarbeitsentgeltes - erfolgt oder in Höhe des Bruttoarbeitslohnes(mit Ausnahme des Anspruchs auf Zahlung des Gesamtsozial-versicherungsbeitrags, der nach § 208 Abs 2 S 1 SGB III aF bei der Einzugsstelle verbleibt). Während das BAG diese Frage in dem Urteil vom 17.4.1985 noch offen gelassen hatte, stellten BAG und BSG in den genannten späteren Urteilen fest, dass nicht nur der Nettolohnanspruch übergeht, sondern auch der als Lohnsteuer abzuführende Teil des Bruttolohnanspruches (vgl hierzu ausführlich BSG vom 20.6.2001 - B 11 AL 97/00 R - SozR 3-4100 § 141m Nr 3 S 6 f; BAG Urteil vom 11.2.1998 - 5 AZR 159/97 - AP Nr 19 zu § 611 BGB Lohnanspruch). Hinsichtlich dieses Steueranteils fehlt eine ausdrückliche gesetzliche Regelung, die den Anspruchsübergang insoweit ausschließt (so auch Voelzke in Hauck/Noftz, SGB III, Stand Mai 2012, § 169 RdNr 20). Damit steht auch der auf den Bruttolohn entfallende Steueranteil grundsätzlich mit Stellung des Antrags auf Insolvenzgeld der Bundesagentur für Arbeit zu. Es handelt sich hierbei aber lediglich um einen fiktiven Betrag, der weder durch die Bundesagentur für Arbeit noch durch den Arbeitgeber oder Insolvenzverwalter an das Finanzamt entrichtet wird. Dies wird erreicht über die Regelung in § 3 Nr 2 EStG aF, wonach auch "Leistungen auf Grund der in (…) § 187 (…) des Dritten Buches Sozialgesetzbuch genannten Ansprüche" steuerfrei gestellt sind. Dabei ging der Gesetzgeber davon aus, dass die Zahlungen der Arbeitgeber bzw Konkursverwalter regelmäßig erst längere Zeit nach dem Insolvenzereignis und in sehr kleinen Beträgen erfolgten, sodass in fast allen Fällen eine Zuordnung der Zahlungen zum Arbeitsentgeltanspruch bestimmter Arbeitnehmer entweder nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich sei (BT-Drucks 12/1108 S 51).
- 64
-
Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich eine andere Sichtweise auch nicht aus dem Umstand, dass der Bruttolohnanspruch, wenn der Antrag auf Insolvenzgeld zurückgenommen oder durch die Bundesagentur für Arbeit abgelehnt wird, wieder dem Arbeitnehmer zusteht und er von diesem - mitsamt dem Steueranteil - gegen den Arbeitgeber oder Insolvenzverwalter geltend gemacht werden kann. Diese Fallgestaltung ist mit der vorliegend zu beurteilenden nicht vergleichbar, da in dieser Situation gerade kein Insolvenzgeld gewährt wird; stattdessen kann und muss der Arbeitnehmer in diesem Fall seinen Arbeitsentgeltanspruch gegen den Arbeitgeber selbst durchsetzen. Erfüllt der Arbeitgeber diesen Anspruch, ist er ua verpflichtet, Lohnsteuer zu entrichten. Die Steuerbefreiung des Insolvenzgeldes nach § 3 Nr 2 EStG wirkt sich in diesem Fall nicht aus, weil es nicht gezahlt worden ist.
- 65
-
Ferner rechtfertigt der Umstand, dass das Insolvenzgeld nach § 32b Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst a EStG dem Progressionsvorbehalt unterliegt, sodass die Zahlung von Insolvenzgeld Auswirkungen auf die Steuersatzberechnung erlangt, keine abweichende Beurteilung. Dem Progressionsvorbehalt unterfallen auch andere steuerbefreite Zahlungen wie Arbeitslosengeld, Krankengeld oder Verletztengeld, zu denen der Senat bereits entschieden hat, dass diese nicht im Rahmen der Bemessung des Elterngeldes zu berücksichtigen sind (vgl dazu Senatsurteile vom 17.2.2011 - B 10 EG 20/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 8
und - B 10 EG 21/09 R - Juris . Insofern wird das Insolvenzgeld nicht anders behandelt als diese ebenfalls steuerbefreiten Leistungen.; Senatsurteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 8/10 R - ZFSH/SGB 2012, 24 )
- 66
-
bbb) Entgegen der Auffassung des Klägers führt auch eine Auslegung unter Berücksichtigung der Besonderheiten des BEEG zu dem Schluss, dass das steuerfrei gewährte Insolvenzgeld nicht zum Einkommen iS des § 2 Abs 1 BEEG zu rechnen ist(vgl zu den steuerfreien Einnahmen im Rahmen der Einkommensermittlung nach dem BEEG: Fuchsloch/Scheiwe, Leitfaden Elterngeld, 2007, RdNr 150 - 153; Pauli in Hambüchen, BEEG/EStG/BKGG, Stand 12/2009, § 2 BEEG RdNr 7; konkret zur Nichtberücksichtigung des Insolvenzgeldes Jaritz in Roos/Bieresborn, MuSchG, Stand 7/2012, § 2 BEEG RdNr 84 ff, 88; LSG Nordrhein-Westfalen Urteile vom 19.3.2010 - L 13 EG 44/09 - Juris RdNr 26, mit Anm von Dau in jurisPR-SozR 10/2010 Anm 4, sowie vom 27.6.2011 - L 13 EG 7/11 - Juris RdNr 22; LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 8.6.2011 - L 2 EG 12/10 - Juris RdNr 38).
- 67
-
Die Nichtberücksichtigung steuerfreier Einnahmen oder Einkünfte entspricht mit Blick auf die Entstehungsgeschichte des BEEG dem Willen des Gesetzgebers. Auszugehen ist von der Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers, das Einkommen nach den Grundsätzen des Einkommensteuerrechts zu ermitteln (vgl BT-Drucks 16/2454 S 8; BT-Drucks 16/2785 S 37). Dabei war den zuständigen Gremien bewusst, dass die Anknüpfung an die Summe der positiven Einkünfte zugleich bewirkt, dass steuerfreie Einnahmen nach § 3 EStG bei der Einkommensermittlung für das Elterngeld nicht zu berücksichtigen sind(vgl BT-Drucks 16/2785 S 37). Die weitere Gesetzesentwicklung bestätigt diese Regelungsabsicht (vgl hierzu BSG Urteil vom 5.4.2012 - B 10 EG 3/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 16 RdNr 26 mwN). Die Nichtberücksichtigung steuerfreier Einnahmen bei der Bemessung des Elterngeldes ist daher entgegen der Ansicht des Klägers nicht beschränkt auf die Beispiele, die der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend für steuerfreie Einnahmen nach § 3 EStG genannt hat("etwa Krankengeld, Mutterschaftsgeld oder Arbeitslosengeld", vgl BT-Drucks 16/2785 S 37); der Gebrauch des Wortes "etwa" zeigt, dass es sich hierbei ersichtlich um eine nicht abschließende Aufzählung der ausgeschlossenen steuerfreien Zahlungen handeln sollte, was auch angesichts der Vielzahl der Steuerbefreiungstatbestände in § 3 EStG verständlich ist.
- 68
-
Auch der Sinn und Zweck des Elterngeldes gebieten hier keine den Wortlaut des § 2 Abs 1 S 2 BEEG einschränkende Auslegung. Der Senat hat bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass das Elterngeld nur eine begrenzte Einkommensersatzleistung darstellt (vgl hierzu BSG Urteile vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 28 sowie vom 5.4.2012 - B 10 EG 3/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 16 RdNr 27). Diese Funktion des Elterngeldes ist noch gewährleistet, wenn das nach § 3 Nr 2 EStG steuerfreie Insolvenzgeld bei der Ermittlung des für das Elterngeld maßgeblichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit unberücksichtigt bleibt, auch wenn es für den Arbeitnehmer - rein tatsächlich - als Arbeitsentgeltersatz für drei Beschäftigungsmonate dient. Es darf dabei nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Arbeitsentgeltanspruch aufgrund der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht realisiert werden kann, dass der Arbeitnehmer aus diesem Grunde eine steuerfreie Entgeltersatzleistung in Anspruch nimmt und sein Arbeitsentgeltanspruch auf die Bundesagentur für Arbeit übergeht, die diesen ebenfalls nur ohne Berücksichtigung der Steuern geltend machen kann. Für die Frage, ob eine steuerbefreite Zahlung im Rahmen der Bemessung des Elterngeldes zu berücksichtigen sein könnte, ist es entgegen der Auffassung des Klägers nicht maßgebend, ob es sich lediglich um geringfügige Beträge handelt. Auf diesen Gesichtspunkt hat der Senat in seiner Entscheidung zu der Nichtberücksichtigung von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit - im Gegensatz zu dem dieser Entscheidung vorangegangenen Urteil des Hessischen Landessozialgerichts - bewusst nicht abgestellt (vgl Senatsurteil vom 5.4.2012 - B 10 EG 3/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 16 RdNr 22 ff). Die Höhe der geflossenen Zahlungen ist irrelevant für die Frage, ob es sich hierbei um Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 1 S 1 und 2 BEEG handelt. Diese Frage soll nach dem Gesetzeszweck des BEEG allein anhand der Bestimmungen des Steuerrechts geklärt werden. Hinzu treten weitere Beschränkungen durch das BEEG.
- 69
-
Der Gesetzgeber fördert die familienbedingte Auszeit in finanzieller Hinsicht durch das Elterngeld nur in bestimmten Grenzen. Neben einem Mindestbetrag in Höhe von 300 Euro (vgl § 2 Abs 5 BEEG) ist ein Höchstbetrag von 1800 Euro (vgl § 2 Abs 1 S 1 BEEG) festgelegt worden. Auch in der Anknüpfung an das Einkommensteuerrecht mit den im BEEG vorgesehenen Modifikationen liegt in erster Linie eine Beschränkung der Ersatzfunktion des Elterngeldes. Abgesehen von steuerfreien Arbeitsentgeltbestandteilen finden zB auch sog Einmalzahlungen keine Berücksichtigung (vgl § 2 Abs 7 S 2 BEEG). Darüber hinaus wirkt sich der Abzug pauschalierter Werbungskosten (vgl § 2 Abs 7 S 1 BEEG) für Berechtigte, die während des Bemessungszeitraums einer Beschäftigung mit niedrigeren tatsächlichen Werbungskosten nachgegangen sind, ungünstig aus.
- 70
-
Die Auswirkungen der "steuerrechtlichen" Ausgestaltung der elterngeldlichen Bemessungsgrundlage mögen im Einzelfall kritisch zu sehen sein, angesichts des Gesetzeswortlauts, der ins Steuerrecht verweisenden Systematik und des sich in der Gesetzesentwicklung bereits ausdrücklich bestätigten Willens des Gesetzgebers sieht der Senat jedoch keinen gangbaren Auslegungsweg, diesen Bedenken Rechnung zu tragen, zumal auch der Sinn und Zweck des Elterngeldes keine Einbeziehung der steuerfrei gestellten Einnahmen gebietet.
- 71
-
bb) Der erkennende Senat ist nicht davon überzeugt (vgl Art 100 Abs 1 GG), dass die Nichtberücksichtigung der nach § 3 Nr 2 EStG steuerfreien Insolvenzgeldzahlungen bei der Ermittlung des für das Elterngeld maßgeblichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG(iVm Art 6 Abs 1 GG) verstößt. Weder der Steuerbefreiungstatbestand des § 3 Nr 2 EStG selbst noch dessen Auswirkung im Elterngeldrecht ist von Verfassungs wegen zu beanstanden.
- 72
-
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln; dies gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen. Der allgemeine Gleichheitssatz untersagt dem Gesetzgeber jedoch nicht jede Differenzierung. Vielmehr bedürfen Differenzierungen stets einer Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Eine Verletzung des Gleichheitssatzes liegt immer dann vor, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (BVerfG Beschlüsse vom 21.7.2010 - 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07 - BVerfGE 126, 400, 416 mwN; vom 6.6.2011 - 1 BvR 2712/09 - NJW 2011, 2869, 2870; vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - NJW 2012, 214, 215 mwN und vom 7.2.2012 - 1 BvL 14/07 - BVerfGE 130, 240, 252 f mwN).
- 73
-
Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Dem Gesetzgeber werden dabei umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf verfassungsrechtlich gewährleistete Freiheiten auswirkt und je weniger der Einzelne nachteilige Folgen durch eigenes Verhalten vermeiden kann (zB BVerfG Beschluss vom 21.7.2010 - 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07 - aaO, 418 mwN).
- 74
-
aaa) Im Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum (vgl BVerfG Beschlüsse vom 22.6.1995 - 2 BvL 37/91 - BVerfGE 93, 121, 136; vom 4.12.2002 - 2 BvR 400/98 ua - BVerfGE 107, 27, 47; vom 7.11.2006 - 1 BvL 10/02 - BVerfGE 117, 1, 30 und Urteil vom 9.12.2008 - 2 BvL 1/07 ua - BVerfGE 122, 210, 230). Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft, wird im Bereich des Einkommensteuerrechts vor allem durch zwei miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit (vgl BVerfG Urteil vom 6.3.2002 - 2 BvL 17/99 - BVerfGE 105, 73, 125 = SozR 3-1100 Art 3 Nr 176 S 184; BVerfG Beschlüsse vom 4.12.2002 - 2 BvR 400/98 ua - BVerfGE 107, 27, 46; vom 21.6.2006 - 2 BvL 2/99 - BVerfGE 116, 164, 180; vom 7.11.2006 - 1 BvL 10/02 - BVerfGE 117, 1, 30 und Urteil vom 9.12.2008 - 2 BvL 1/07 ua - BVerfGE 122, 210, 230 f). Bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands muss die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes (vgl BVerfG Beschlüsse vom 30.9.1998 - 2 BvR 1818/91 - BVerfGE 99, 88, 95; vom 11.11.1998 - 2 BvL 10/95 - BVerfGE 99, 280, 290; Urteil vom 6.3.2002 - 2 BvL 17/99 - BVerfGE 105, 73, 126 = SozR 3-1100 Art 3 Nr 176 S 185; Beschlüsse vom 4.12.2002 - 2 BvR 400/98 ua - BVerfGE 107, 27, 47; vom 21.6.2006 - 2 BvL 2/99 - BVerfGE 116, 164, 180 f; vom 7.11.2006 - 1 BvL 10/02 - BVerfGE 117, 1, 31 und Urteil vom 9.12.2008 - 2 BvL 1/07 ua - BVerfGE 122, 210, 231). Dies gilt insbesondere für Steuerbefreiungen als die Belastungsgleichheit durchbrechende Ausnahmetatbestände. Ein solcher Grund ist für die Steuerbefreiung nach § 3 Nr 2 EStG gegeben, soweit sie das Insolvenzgeld betrifft.
- 75
-
Geht man davon aus, dass das Insolvenzgeld eine Entschädigung darstellt, die als Ersatz für entgangenen Arbeitslohn gezahlt wird, und damit nach § 24 Nr 1 Buchst a EStG unter die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit nach § 2 Abs 1 S 1 Nr 4 EStG zu fassen ist, so erfüllt es - anders als zB das Arbeitslosengeld - einen Einkunftstatbestand. Seine Steuerbefreiung beruht offenbar auf der Überlegung, die Leistungsgewährung zu unterstützen. Aufgrund der Steuerbefreiung müssen lediglich die Nettoleistungen durch die Insolvenzgeldversicherung finanziert werden (vgl zum Überbrückungsgeld v Beckerath in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Stand November 2012, § 3 RdNr B 2/36). Die Steuerbefreiung des Insolvenzgeldes führt somit zu einer finanziellen Entlastung der Arbeitgeber, die diese Versicherung über eine Umlage nach § 358 SGB III finanzieren.
- 76
-
Neben dem Insolvenzgeld sind auch die späteren Zahlungen des Arbeitgebers oder des Insolvenzverwalters an die Bundesagentur für Arbeit auf die übergegangenen Arbeitsentgelt-ansprüche sowie an die Einzugsstelle auf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag nach § 3 Nr 2 EStG steuerfrei. Diese Steuerbefreiung erfolgte aus Vereinfachungsgründen, da die im Einzelfall schwierige und zum größten Teil sehr aufwändige oder gar unmögliche Zuordnung der Zah-lungen zu dem jeweiligen Arbeitsentgelt- bzw Beitragsanspruch des einzelnen Arbeitnehmers erübrigt werden sollte (vgl BT-Drucks 12/1108 S 51; v Beckerath in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Stand November 2012, § 3 RdNr B 2/37).
- 77
-
bbb) Die Nichtberücksichtigung der nach § 3 Nr 2 EStG steuerfreien Insolvenzgeldzahlungen bei der Ermittlung des für das Elterngeld maßgeblichen Einkommens beruht ebenfalls auf hinreichenden sachlichen Gründen.
- 78
-
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber im Bereich des Sozialrechts, wozu die Bestimmungen über das Elterngeld im ersten Abschnitt des BEEG gehören (§§ 6, 25 Abs 2 S 2, § 68 Nr 15a SGB I), einen weiten Gestaltungsspielraum hat (vgl BVerfG Beschluss vom 6.6.2011 - 1 BvR 2712/09 - NJW 2011, 2869, 2870; BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 8/10 R - ZFSH/SGB 2012, 24, 26). Hinzu kommt, dass die Regelungen zur Höhe des Elterngeldanspruchs nicht an Persönlichkeitsmerkmalen anknüpfen, die dem Einzelnen nicht verfügbar sind (vgl BVerfG Beschluss vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - NJW 2012, 214, 215). Im Bereich staatlicher Maßnahmen, welche die Familie betreffen, muss der Staat allerdings zusätzlich den Schutz beachten, den er dieser nach Art 6 Abs 1 GG schuldet (vgl BVerfG Beschluss vom 9.11.2004 - 1 BvR 684/98 - BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55).
- 79
-
Zwar werden im Rahmen des BEEG Berechtigte wie der Kläger gegenüber anderen Arbeitnehmern, die in dem maßgeblichen Bemessungszeitraum kein Insolvenzgeld beziehen mussten, sondern stattdessen von ihrem Arbeitgeber Arbeitsentgelt erhalten haben, dadurch benachteiligt, dass die Insolvenzgeldzahlungen nicht bei der Bemessung des Elterngeldes berücksichtigt werden, obwohl das Insolvenzgeld der Höhe nach dem Nettoarbeitslohn entspricht. Für diese Ungleichbehandlung lassen sich jedoch ausreichende Sachgründe finden. Dies gilt ebenso für die Gleichbehandlung mit Personen, die im Bemessungszeitraum andere steuerfreie Lohnersatzleistungen bezogen haben, denen keine Arbeitsleistung gegenübersteht (zB Arbeitslosengeld, Krankengeld, Verletztengeld).
- 80
-
Die Nichtberücksichtigung steuerfreier Leistungen bei der Berechnung des Elterngeldes beruht darauf, dass das BEEG bei der Einkommensermittlung an den steuerrechtlichen Einkünfte-begriff anknüpft. Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat, ist insbesondere die in § 2 Abs 1 S 2 BEEG enthaltene Bezugnahme auf § 2 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 4 EStG sachgerecht(vgl BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 9/08 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 37 ff; Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 8/10 R - ZFSH/SGB 2012, 24, 29; Urteil vom 5.4.2012 - B 10 EG 3/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 16 RdNr 36). Der Zielsetzung des Elterngeldes entsprechend ermöglicht diese Regelung eine Einkommensersatzleistung, die sich an den Einkünften aus der Erwerbstätigkeit des Berechtigten vor der Geburt des Kindes orientiert. Eine Konsequenz der Ausrichtung am Einkommensteuerrecht ist es auch, dass steuerfreie Insolvenzgeldzahlungen nicht zum Einkommen aus Erwerbstätigkeit im Sinne des BEEG zählen. Das Insolvenzgeld stellt eine Leistung der Sozialversicherung dar, die gezahlt wird, falls ein Arbeitnehmer im Falle einer Zahlungsunfähigkeit seines Arbeitgebers, die im Zusammenhang mit einem Insolvenzereignis auftritt, kein Arbeitsentgelt erhält. Die Insolvenzgeldzahlung erfüllt nicht den Arbeitsentgelt-anspruch, vielmehr geht dieser auf die Bundesagentur für Arbeit über, die ihn gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend macht.
- 81
-
Das Elterngeld stellt eine einkommensorientierte Zuwendung dar, mit der diejenigen Einbußen an Erwerbseinkommen ganz oder teilweise kompensiert werden sollen, die in einem sachlichen Zusammenhang mit dem ausgleichsberechtigenden Ereignis - der Geburt des Kindes - stehen. Realisiert sich in der Zeit vor der Geburt des Kindes bereits ein anderes Erwerbsrisiko (Wirtschafts- oder Arbeitsmarktlage, Streik, Krankheit, etc), so sind die damit einhergehenden Einkommensausfälle grundsätzlich nicht vom Sinn und Zweck der Zuwendung erfasst (BSG Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 21/09 R - Juris RdNr 63 mwN). Aufgrund der Ausgestaltung des Elterngeldes als Einkommensersatzleistung ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass ein Ausgleich für wegfallende staatliche Transferleistungen nicht gewährt wird (BVerfG Beschluss vom 24.11.2011 - 1 BvR 1457/11 - FamRZ 2012, 188 = Juris RdNr 5). Da in der vorliegenden Situation der Arbeitsentgeltanspruch aufgrund der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht bzw erst längere Zeit später und sodann zumeist nur zu einem Teil realisiert werden kann und das Insolvenzgeld insofern lediglich eine Entgeltersatzleistung darstellt, war der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, bei der Bemessung des Elterngeldes den Bezug von Insolvenzgeld der Erzielung von Arbeitsentgelt gleichzustellen. Ebenso wenig ist es insofern verfassungsrechtlich bedenklich, dass das Insolvenzgeld in dieser Hinsicht - trotz ansonsten bestehender Unterschiede - mit anderen Entgeltersatzleistungen gleichbehandelt wird.
- 82
-
An dieser Beurteilung ändert auch Art 6 Abs 1 GG nichts. Danach hat der Staat ua die Pflicht, die Familie durch geeignete Maßnahmen zu fördern (vgl BVerfG Beschlüsse vom 29.10.2002 - 1 BvL 16/95 ua - BVerfGE 106, 166, 177 f = SozR 3-5870 § 3 Nr 4 S 15; vom 8.6.2004 - 2 BvL 5/00 - BVerfGE 110, 412, 436; vom 6.7.2004 - 1 BvL 4/97 - BVerfGE 111, 160, 172 = SozR 4-5870 § 1 Nr 1 RdNr 53; BSG Urteil vom 13.10.2005 - B 10 EG 4/05 R - SozR 4-7833 § 6 Nr 3 RdNr 20; Urteil vom 23.1.2008 - B 10 EG 5/07 R - BSGE 99, 293 = SozR 4-7837 § 27 Nr 1, RdNr 28). Dieser Pflicht hat der Gesetzgeber mit dem BEEG Rechnung getragen. Aus Art 6 Abs 1 GG ergibt sich jedoch weder eine Verpflichtung, jegliche die Familie treffende finanzielle Belastungen auszugleichen, noch erwachsen hieraus konkrete Ansprüche auf staatliche Leistungen. Mit einer sich für alle Familien in gleicher Weise auswirkenden Regelung zur Nichtberücksichtigung bestimmter steuerfreier Zahlungen bzw Leistungen hat der Gesetzgeber deshalb die Grenzen des ihm insoweit zustehenden weiten Gestaltungsspielraums nicht überschritten.
- 83
-
c) Die in dem angefochtenen Änderungsbescheid enthaltene Feststellung einer Pflicht des Klägers, den überzahlten Elterngeldbetrag von 619,62 Euro zu erstatten, ist rechtmäßig. Diese Pflicht beruht auf § 50 Abs 1 SGB X. Sie folgt aus der teilweisen Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 22.11.2007 und ist der Höhe nach zutreffend.
(1) Der monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Überschuss der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Geld oder Geldeswert über ein Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2e und 2f, ergibt das Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit. Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind. Die zeitliche Zuordnung von Einnahmen erfolgt nach den lohnsteuerlichen Vorgaben für das Lohnsteuerabzugsverfahren. Maßgeblich ist der Arbeitnehmer-Pauschbetrag nach § 9a Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes in der am 1. Januar des Kalenderjahres vor der Geburt des Kindes für dieses Jahr geltenden Fassung.
(2) Grundlage der Ermittlung der Einnahmen sind die Angaben in den für die maßgeblichen Kalendermonate erstellten Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers. Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben in den maßgeblichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen wird vermutet.
(3) Grundlage der Ermittlung der nach den §§ 2e und 2f erforderlichen Abzugsmerkmale für Steuern und Sozialabgaben sind die Angaben in der Lohn- und Gehaltsbescheinigung, die für den letzten Kalendermonat im Bemessungszeitraum mit Einnahmen nach Absatz 1 erstellt wurde. Soweit sich in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Bemessungszeitraums eine Angabe zu einem Abzugsmerkmal geändert hat, ist die von der Angabe nach Satz 1 abweichende Angabe maßgeblich, wenn sie in der überwiegenden Zahl der Kalendermonate des Bemessungszeitraums gegolten hat. § 2c Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG | § 27 Sonderregelung aus Anlass der COVID-19-Pandemie
(1) Übt ein Elternteil eine systemrelevante Tätigkeit aus, so kann sein Bezug von Elterngeld auf Antrag für die Zeit vom 1. März 2020 bis 31. Dezember 2020 aufgeschoben werden. Der Bezug der verschobenen Lebensmonate ist spätestens bis zum 30. Juni 2021 anzutreten. Wird von der Möglichkeit des Aufschubs Gebrauch gemacht, so kann das Basiselterngeld abweichend von § 4 Absatz 1 Satz 2 und 3 auch noch nach Vollendung des 14. Lebensmonats bezogen werden. In der Zeit vom 1. März 2020 bis 30. Juni 2021 entstehende Lücken im Elterngeldbezug sind abweichend von § 4 Absatz 1 Satz 4 unschädlich.
(2) Für ein Verschieben des Partnerschaftsbonus genügt es, wenn nur ein Elternteil einen systemrelevanten Beruf ausübt. Hat der Bezug des Partnerschaftsbonus bereits begonnen, so gelten allein die Bestimmungen des Absatzes 3.
(3) Liegt der Bezug des Partnerschaftsbonus ganz oder teilweise vor dem Ablauf des 23. September 2022 und kann die berechtigte Person die Voraussetzungen des Bezugs aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht einhalten, gelten die Angaben zur Höhe des Einkommens und zum Umfang der Arbeitszeit, die bei der Beantragung des Partnerschaftsbonus glaubhaft gemacht worden sind.
(4) (weggefallen)
(1) Anspruch auf Elterngeld hat, wer
- 1.
einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, - 2.
mit seinem Kind in einem Haushalt lebt, - 3.
dieses Kind selbst betreut und erzieht und - 4.
keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.
(2) Anspruch auf Elterngeld hat auch, wer, ohne eine der Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 zu erfüllen,
- 1.
nach § 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliegt oder im Rahmen seines in Deutschland bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses vorübergehend ins Ausland abgeordnet, versetzt oder kommandiert ist, - 2.
Entwicklungshelfer oder Entwicklungshelferin im Sinne des § 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ist oder als Missionar oder Missionarin der Missionswerke und -gesellschaften, die Mitglieder oder Vereinbarungspartner des Evangelischen Missionswerkes Hamburg, der Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen e. V. oder der Arbeitsgemeinschaft pfingstlich-charismatischer Missionen sind, tätig ist oder - 3.
die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und nur vorübergehend bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung tätig ist, insbesondere nach den Entsenderichtlinien des Bundes beurlaubte Beamte und Beamtinnen, oder wer vorübergehend eine nach § 123a des Beamtenrechtsrahmengesetzes oder § 29 des Bundesbeamtengesetzes zugewiesene Tätigkeit im Ausland wahrnimmt.
(3) Anspruch auf Elterngeld hat abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 auch, wer
- 1.
mit einem Kind in einem Haushalt lebt, das er mit dem Ziel der Annahme als Kind aufgenommen hat, - 2.
ein Kind des Ehegatten oder der Ehegattin in seinen Haushalt aufgenommen hat oder - 3.
mit einem Kind in einem Haushalt lebt und die von ihm erklärte Anerkennung der Vaterschaft nach § 1594 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs noch nicht wirksam oder über die von ihm beantragte Vaterschaftsfeststellung nach § 1600d des Bürgerlichen Gesetzbuchs noch nicht entschieden ist.
(4) Können die Eltern wegen einer schweren Krankheit, Schwerbehinderung oder Todes der Eltern ihr Kind nicht betreuen, haben Verwandte bis zum dritten Grad und ihre Ehegatten oder Ehegattinnen Anspruch auf Elterngeld, wenn sie die übrigen Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllen und wenn von anderen Berechtigten Elterngeld nicht in Anspruch genommen wird.
(5) Der Anspruch auf Elterngeld bleibt unberührt, wenn die Betreuung und Erziehung des Kindes aus einem wichtigen Grund nicht sofort aufgenommen werden kann oder wenn sie unterbrochen werden muss.
(6) Eine Person ist nicht voll erwerbstätig, wenn ihre Arbeitszeit 32 Wochenstunden im Durchschnitt des Lebensmonats nicht übersteigt, sie eine Beschäftigung zur Berufsbildung ausübt oder sie eine geeignete Tagespflegeperson im Sinne des § 23 des Achten Buches Sozialgesetzbuch ist und nicht mehr als fünf Kinder in Tagespflege betreut.
(7) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer oder eine nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerin ist nur anspruchsberechtigt, wenn diese Person
- 1.
eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzt, - 2.
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte, eine Mobiler-ICT-Karte oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen oder berechtigt haben oder diese erlauben, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde - a)
nach § 16e des Aufenthaltsgesetzes zu Ausbildungszwecken, nach § 19c Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Beschäftigung als Au-Pair oder zum Zweck der Saisonbeschäftigung, nach § 19e des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Teilnahme an einem Europäischen Freiwilligendienst oder nach § 20 Absatz 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt, - b)
nach § 16b des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck eines Studiums, nach § 16d des Aufenthaltsgesetzes für Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen oder nach § 20 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt und er ist weder erwerbstätig noch nimmt er Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch, - c)
nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den § 23a oder § 25 Absatz 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt,
- 3.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist oder Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch nimmt, - 4.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens 15 Monaten erlaubt, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält oder - 5.
eine Beschäftigungsduldung gemäß § 60d in Verbindung mit § 60a Absatz 2 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes besitzt.
(8) Ein Anspruch entfällt, wenn die berechtigte Person im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes ein zu versteuerndes Einkommen nach § 2 Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes in Höhe von mehr als 250 000 Euro erzielt hat. Erfüllt auch eine andere Person die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder der Absätze 3 oder 4, entfällt abweichend von Satz 1 der Anspruch, wenn die Summe des zu versteuernden Einkommens beider Personen mehr als 300 000 Euro beträgt.
Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG | § 27 Sonderregelung aus Anlass der COVID-19-Pandemie
(1) Übt ein Elternteil eine systemrelevante Tätigkeit aus, so kann sein Bezug von Elterngeld auf Antrag für die Zeit vom 1. März 2020 bis 31. Dezember 2020 aufgeschoben werden. Der Bezug der verschobenen Lebensmonate ist spätestens bis zum 30. Juni 2021 anzutreten. Wird von der Möglichkeit des Aufschubs Gebrauch gemacht, so kann das Basiselterngeld abweichend von § 4 Absatz 1 Satz 2 und 3 auch noch nach Vollendung des 14. Lebensmonats bezogen werden. In der Zeit vom 1. März 2020 bis 30. Juni 2021 entstehende Lücken im Elterngeldbezug sind abweichend von § 4 Absatz 1 Satz 4 unschädlich.
(2) Für ein Verschieben des Partnerschaftsbonus genügt es, wenn nur ein Elternteil einen systemrelevanten Beruf ausübt. Hat der Bezug des Partnerschaftsbonus bereits begonnen, so gelten allein die Bestimmungen des Absatzes 3.
(3) Liegt der Bezug des Partnerschaftsbonus ganz oder teilweise vor dem Ablauf des 23. September 2022 und kann die berechtigte Person die Voraussetzungen des Bezugs aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht einhalten, gelten die Angaben zur Höhe des Einkommens und zum Umfang der Arbeitszeit, die bei der Beantragung des Partnerschaftsbonus glaubhaft gemacht worden sind.
(4) (weggefallen)
(1) Der monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Überschuss der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Geld oder Geldeswert über ein Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2e und 2f, ergibt das Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit. Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind. Die zeitliche Zuordnung von Einnahmen erfolgt nach den lohnsteuerlichen Vorgaben für das Lohnsteuerabzugsverfahren. Maßgeblich ist der Arbeitnehmer-Pauschbetrag nach § 9a Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes in der am 1. Januar des Kalenderjahres vor der Geburt des Kindes für dieses Jahr geltenden Fassung.
(2) Grundlage der Ermittlung der Einnahmen sind die Angaben in den für die maßgeblichen Kalendermonate erstellten Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers. Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben in den maßgeblichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen wird vermutet.
(3) Grundlage der Ermittlung der nach den §§ 2e und 2f erforderlichen Abzugsmerkmale für Steuern und Sozialabgaben sind die Angaben in der Lohn- und Gehaltsbescheinigung, die für den letzten Kalendermonat im Bemessungszeitraum mit Einnahmen nach Absatz 1 erstellt wurde. Soweit sich in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Bemessungszeitraums eine Angabe zu einem Abzugsmerkmal geändert hat, ist die von der Angabe nach Satz 1 abweichende Angabe maßgeblich, wenn sie in der überwiegenden Zahl der Kalendermonate des Bemessungszeitraums gegolten hat. § 2c Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG | § 27 Sonderregelung aus Anlass der COVID-19-Pandemie
(1) Übt ein Elternteil eine systemrelevante Tätigkeit aus, so kann sein Bezug von Elterngeld auf Antrag für die Zeit vom 1. März 2020 bis 31. Dezember 2020 aufgeschoben werden. Der Bezug der verschobenen Lebensmonate ist spätestens bis zum 30. Juni 2021 anzutreten. Wird von der Möglichkeit des Aufschubs Gebrauch gemacht, so kann das Basiselterngeld abweichend von § 4 Absatz 1 Satz 2 und 3 auch noch nach Vollendung des 14. Lebensmonats bezogen werden. In der Zeit vom 1. März 2020 bis 30. Juni 2021 entstehende Lücken im Elterngeldbezug sind abweichend von § 4 Absatz 1 Satz 4 unschädlich.
(2) Für ein Verschieben des Partnerschaftsbonus genügt es, wenn nur ein Elternteil einen systemrelevanten Beruf ausübt. Hat der Bezug des Partnerschaftsbonus bereits begonnen, so gelten allein die Bestimmungen des Absatzes 3.
(3) Liegt der Bezug des Partnerschaftsbonus ganz oder teilweise vor dem Ablauf des 23. September 2022 und kann die berechtigte Person die Voraussetzungen des Bezugs aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht einhalten, gelten die Angaben zur Höhe des Einkommens und zum Umfang der Arbeitszeit, die bei der Beantragung des Partnerschaftsbonus glaubhaft gemacht worden sind.
(4) (weggefallen)
(1) Der monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Überschuss der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Geld oder Geldeswert über ein Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2e und 2f, ergibt das Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit. Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind. Die zeitliche Zuordnung von Einnahmen erfolgt nach den lohnsteuerlichen Vorgaben für das Lohnsteuerabzugsverfahren. Maßgeblich ist der Arbeitnehmer-Pauschbetrag nach § 9a Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes in der am 1. Januar des Kalenderjahres vor der Geburt des Kindes für dieses Jahr geltenden Fassung.
(2) Grundlage der Ermittlung der Einnahmen sind die Angaben in den für die maßgeblichen Kalendermonate erstellten Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers. Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben in den maßgeblichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen wird vermutet.
(3) Grundlage der Ermittlung der nach den §§ 2e und 2f erforderlichen Abzugsmerkmale für Steuern und Sozialabgaben sind die Angaben in der Lohn- und Gehaltsbescheinigung, die für den letzten Kalendermonat im Bemessungszeitraum mit Einnahmen nach Absatz 1 erstellt wurde. Soweit sich in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Bemessungszeitraums eine Angabe zu einem Abzugsmerkmal geändert hat, ist die von der Angabe nach Satz 1 abweichende Angabe maßgeblich, wenn sie in der überwiegenden Zahl der Kalendermonate des Bemessungszeitraums gegolten hat. § 2c Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 21.Oktober wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
– September 2013 863,69 EUR,
– Oktober bis Dezember 2013 jeweils 1.295,53 EUR,
– Januar 2014 2.030,02 EUR,
– Februar bis Mai 2014 jeweils 1.650,42 EUR.
„In der Gesetzesbegründung zu § 2 Abs. 7 S. 2 BEEG aF wird die lohnsteuerrechtliche Behandlung bestimmter Voraus- und Nachzahlungen als sonstige Bezüge nach LStR R 39b.2 Abs. 2 S. 2 Nr. 8 ausdrücklich angesprochen (vgl BT-Drucks 17/3030 S. 48 zu Art. 13 Nr. 1 - § 2 Abs. 7 S. 2). Der Gesetzgeber macht damit deutlich, dass er derartige Zahlungen nicht in die Elterngeldberechnung aufnehmen will. Der Senat hält dies für sachlich gerechtfertigt, weil es bei der Ermittlung der wirtschaftlichen Verhältnisse im Bemessungszeitraum durch die Berücksichtigung derartiger Zahlungen zu Verzerrungen und letztlich ungerechtfertigten Vorteilen des Elterngeldberechtigten kommen könnte.“
das Urteil des Sozialgerichts München vom 21. Oktober 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
die Berufung zurückzuweisen.
Gründe
-
1.einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat,
-
2.mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,
-
3.dieses Kind selbst betreut und erzieht und
-
4.keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.
„(1) 1Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. 2Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat. 3Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus
1. nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Einkommensteuergesetzes sowie
2 …,
die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b … hat.
(2) … 2In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1.200 Euro war, sinkt der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1.200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent.“
(1) 1Der monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Überschuss der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Geld oder Geldeswert über ein Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2e und 2f, ergibt das Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit. 2Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelt werden. 3Maßgeblich ist der Arbeitnehmer-Pauschbetrag nach § 9a Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes in der am 1. Januar des Kalenderjahres vor der Geburt des Kindes für dieses Jahr geltenden Fassung.
(2) Grundlage der Ermittlung der Einnahmen sind die Angaben in den für die maßgeblichen Monate erstellten Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers.
-
1.Monatsgehälter,
-
2.Wochen- und Tagelöhne,
-
3.Mehrarbeitsvergütungen,
-
4.Zuschläge und Zulagen,
-
5.geldwerte Vorteile aus der ständigen Überlassung von Dienstwagen zur privaten Nutzung,
-
6.Nachzahlungen und Vorauszahlungen, wenn sich diese ausschließlich auf Lohnzahlungszeiträume beziehen, die im Kalenderjahr der Zahlung enden, und
-
7.Arbeitslohn für Lohnzahlungszeiträume des abgelaufenen Kalenderjahres, der innerhalb der ersten drei Wochen des nachfolgenden Kalenderjahres zufließt.
-
1.13. und 14. Monatsgehälter,
-
2.einmalige Abfindungen und Entschädigungen,
-
3.Gratifikationen und Tantiemen, die nicht fortlaufend gezahlt werden,
-
4.Jubiläumszuwendungen,
-
5.nicht fortlaufend gezahlte Urlaubsgelder und Entschädigungen zur Abgeltung nicht genommenen Urlaubs,
-
6.Vergütungen für Erfindungen,
-
7.Weihnachtszuwendungen und
-
8.Nachzahlungen und Vorauszahlungen, wenn sich der Gesamtbetrag oder ein Teilbetrag der Nachzahlung oder Vorauszahlung auf Lohnzahlungszeiträume bezieht, die in einem anderen Jahr als dem der Zahlung enden. Nachzahlungen liegen auch vor, wenn Arbeitslohn für Lohnzahlungszeiträume des abgelaufenen Kalenderjahres später als drei Wochen nach Ablauf dieses Jahres zufließt.
* In der ursprünglichen (ab 01.01.2007 geltenden) Fassung des BEEG war folgende Regelung des § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG einschlägig: Sonstige Bezüge im Sinn von § 38a Absatz 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes werden nicht als Einnahmen berücksichtigt. Dazu ist (auszugsweise) folgende Gesetzesbegründung gegeben worden (BT-Drs. 16/2785, S. 37): „Die steuerrechtliche Regelung zur Berechnung des Überschusses wird in zweierlei Hinsicht modifiziert … Und zweitens werden - vergleichbar mit der Regelung zu den einmaligen Einnahmen im bisherigen Entwurf - sonstige Bezüge im Sinn von § 38a Absatz 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes, also etwa dreizehnte und vierzehnte Monatsgehälter, Gratifikationen und Weihnachtszuwendungen nicht als Einkommen berücksichtigt. Dies entspricht der Regelung beim Mutterschaftsgeld. Würde für das Elterngeld anders verfahren, hinge es insbesondere bei Bezugszeiträumen von unter einem Jahr vom Zufall ab, ob eine einmalige Einnahme mit der Folge zu berücksichtigen wäre, dass das ansonsten zustehende Elterngeld sich reduziert oder sogar entfällt“.
* Zum 01.01.2011 trat eine geänderte Fassung von § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG in Kraft („Haushaltsbegleitgesetz 2011“): Im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen werden nicht berücksichtigt. Diese zweite Fassung war im Gesetzentwurf mit folgender Begründung versehen (BT-Drs. 17/3030, S. 48): „Die Neufassung des Satzes 2 dient zum einen der Sicherstellung einer verwaltungspraktikablen Feststellbarkeit von sonstigen Bezügen im Sinne des Einkommensteuergesetzes. Im Lohnsteuerabzugsverfahren nach § 38a Absatz 1 Satz 3 und § 39b des Einkommensteuergesetzes als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen sind bei der Elterngeldberechnung nicht zu berücksichtigen (anders zur bisherigen Rechtslage: BSG, Urteil vom 3. Dezember 2009, B 10 EG 3/09 R, betreffend Voraus- und Nachzahlungen im Sinne von R § 39b.2 Absatz 2 Satz 2 Nummer 8 LStR 2008, die für Zeitabschnitte in einem anderen Veranlagungszeitraum erfolgen und deswegen als sonstige Bezüge versteuert werden).“
* Die dritte Fassung, welche für den vorliegenden Fall einschlägig ist, trat zum 18.09.2012 in Kraft („Vereinfachungsgesetz“); erstmals wurde der Regelungsgegenstand in § 2c BEEG platziert. Dessen Absatz 1 Satz 2 lautete: Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelt werden. Der Unterschied zwischen der zweiten und der dritten Fassung ist nur ein formaler; die dritte Fassung lautete nur semantisch etwas anders. Das brachte auch die Begründung (BT-Drs. 17/9841, S. 22) zum Ausdruck: „Satz 2 übernimmt den Regelungsgehalt des bisherigen § 2 Absatz 7 Satz 2. Die Änderungen sind redaktionell bedingt.“
* Die aktuell sich noch in Kraft befindende vierte Fassung bildet der seit dem 01.01.2015 („Elterngeld-Plus-Gesetz“) geltende § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG: Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach lohnsteuerrechtlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind. Der dazu ergangenen Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/2583, S. 24/25) misst der Beklagte hohe Bedeutung bei; die Begründung lautet: „Die Regelung stellt klar, dass die Einordnung von Lohn- und Gehaltsbestandteilen als sonstige Bezüge allein nach lohnsteuerrechtlichen Vorgaben … erfolgt. Nur dann ist es möglich, die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen entsprechend der gesetzgeberischen Zielsetzung nach § 2c Absatz 2 als aussagekräftige Grundlage der elterngeldrechtlichen Einkommensermittlung zu nutzen (Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung der Lohn- und Gehaltsbescheinigungen). Ein Auseinanderfallen des lohnsteuerrechtlichen und elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs würde dazu führen, dass die Festlegungen in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen schon dem Grundsatz nach nicht mehr unmittelbar für die Elterngeldberechnung genutzt werden könnten. Das würde den Verwaltungsaufwand erheblich steigern. Nach dieser Regelung sind demnach alle Lohn- und Gehaltsbestandteile, die richtigerweise nach den lohnsteuerrechtlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind …, auch elterngeldrechtlich als sonstige Bezüge zu behandeln.“
* Es fällt schon auf, dass das BSG im letzten zur zeitlichen Frage des Zuflusses ergangenen Urteil vom 20.05.2014 - B 10 EG 11/13 R mit keinem Wort auf die entsprechende, längst zum 18.09.2012 in Kraft getretene Gesetzesänderung hinge-wiesen hat. Man mag dem entgegnen, das BSG habe dafür keine Veranlassung gehabt, da es in der Entscheidung noch um die erste Fassung der Regelung zur Nichtberücksichtigung sonstiger Bezüge gegangen sei. Das ist zwar richtig. Jedoch hat das BSG in dem Urteil ohne jede Abstriche ein Plädoyer zugunsten des modifizierten Zuflussprinzips gehalten. Es wäre indes anzunehmen gewesen, dass das BSG auf jeden Fall als obiter dictum einen Hinweis erteilt hätte, wenn es unter dem Reglement des Vereinfachungsgesetzes die Möglichkeit einer inhaltlichen Modifikation gesehen hätte. Genauso war es nämlich im Urteil vom 18.08.2011 - B 10 EG 5/11 R vorgegangen: Auch dort war es für das modifizierte Zuflussprinzip eingetreten, hatte aber angedeutet, nach dem ab 01.01.2011 geltenden Recht sei dies wohl anders zu beurteilen. Dazu hätte das BSG im Fall B 10 EG 11/13 R gleichermaßen Anlass gehabt, wäre es der Meinung gewesen, das Vereinfachungsgesetz habe eine Ersetzung des modifizierten durch das strenge Zuflussprinzip bewirkt.
* Vor allem aber, und das ist entscheidend, lässt der Wortlaut der gewählten Neufassung in keiner Weise erahnen, der Gesetzgeber könnte damit eine Abschaffung des modifizierten Zuflussprinzips beabsichtigt haben. Die zeitliche Zuordnung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sahen Gesetzgeber und BSG bis 17.09.2012 in § 2 Abs. 7 Satz 1 BEEG aF verankert. Dort war geregelt, das Elterngeld sei ein bestimmter Anteil des im Bemessungszeitraum erzielten Einkommens. Das BSG hat in dem Partizip „erzielt“ dasjenige Tatbestandsmerkmal gesehen, an dem es die Frage des zeitlichen Zuflusses quasi festmachte. Es hat aber nie zum Ausdruck gebracht, gerade wegen der Formulierung „erzielt“ dürfe der zeitliche Zufluss nur über das modifizierte Zuflussprinzip definiert werden. In der ab 18.09.2012 geltenden Fassung wurde das Wort „erzielt“ im Wesentlichen nur durch das Wort „hat“ ersetzt. Damit ist eine materielle Änderung - sollte sie denn beabsichtigt gewesen sein - nicht gelungen. Denn das Verb „haben“ kann genauso wie „erzielen“ von der Wortbedeutung her in die eine wie in die andere Richtung ausgelegt werden. Der Senat sieht bei „haben“ keine größere Nähe zum strengen Zuflussprinzip wie bei „erzielen“. Damit ist kein zusätzlicher Impuls hin zum strengen Zuflussprinzip gesetzt worden. Das Gegenteil ist der Fall: Das BSG hatte vorher, nämlich durch Urteil vom 18.08.2011 - B 10 EG 5/11 R unmissverständlich und in nicht zu übersehender Weise deutlich gemacht, zur Implementierung des strengen Zuflussprinzips im Elterngeldrecht müsse wohl § 11 EStG in Bezug genommen werden. Der Gesetzgeber wusste das, hat sich aber dennoch für eine außerordentlich diffuse Formulierung wie „haben“ entschieden. Wenn er schon nicht § 11 EStG explizit im Elterngeldrecht für anwendbar erklären wollte, hätte er wenigstens beispielsweise das Adverb „tatsächlich“ beifügen oder wenigstens das Verb „erhalten“ verwenden müssen. Die deutsche Sprache hätte vielfältige Möglichkeiten geboten, das (unterstellt) Gewollte wirklich eindeutig zum Ausdruck zu bringen. Die Vorgehensweise des Gesetzgebers, „erzielen“ einfach nur durch „haben“ auszutauschen, hat somit keine inhaltliche Änderung bewirkt. An dieser Stelle gilt es, der schon häufiger beobachteten Praxis des Beklagten entgegenzutreten, den Regelungsgehalt allein aus den vorhandenen Gesetzesbegründungen herauslesen zu wollen. Die den Gesetzentwürfen beigefügten Begründungen sind zugegebenermaßen sehr wichtige Auslegungsmittel. Sie sind aber nicht selbst das Gesetz; denn sie werden nicht vom Parlament beschlossen und nicht im Gesetzblatt verkündet. Die vom Beklagten angeführte Gesetzesbegründung - wer auch immer deren Verfasser sein mag - legt in der Tat nahe, die Abschaffung des modifizierten Zuflussprinzips sei Motiv gewesen. Dieser in erster Linie politisch zu verstehende Kommentar ersetzt aber nicht jegliche rechtsetzungstechnische Umsetzung im Gesetzestext selbst. Der Gesetzeswortlaut muss zumindest eine Andeutung dessen aufweisen, was der Begründung zufolge angeblich gewollt ist. Der völlig diffuse Begriff „haben“ liefert die erforderliche Andeutung nicht ansatzweise. Der Senat betritt mit dieser Justierung des Verhältnisses Gesetzestext-Gesetzes-begründung übrigens kein methodisches Neuland. So hatte das BSG im Urteil vom 26.03.2014 - B 10 EG 7/13 R (Rn. 25 des juris-Dokuments) bescheinigt, die in der Gesetzesbegründung enthaltenen Überlegungen hätten keinen hinreichenden Eingang in den Normtext gefunden, und diesen letztlich keine durchschlagende Kraft zugebilligt.
* Es verbietet sich, allzu großzügig über die Insuffizienz des Gesetzes hinwegzusehen und das modifizierte Zuflussprinzip allein wegen der Begründung ad acta zu legen. Denn dieses besitzt nach der damals wie heute zutreffenden BSG-Recht-sprechung - vor allem nach dem Urteil vom 20.05.2014 - eine verfassungsrechtliche Dimension. Es trägt nämlich dazu bei, Zufallsergebnisse zu vermeiden. Ein Regelwerk aber, das in hohem Maß Zufallsergebnisse zulässt, befindet sich in der akuten Gefahr, Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) nicht gerecht zu werden. Von daher muss eine entsprechende, das modifizierte Zufallsprinzip abschaffende gesetzliche Regelung schon ein erhebliches Maß an gesetzlicher Bestimmtheit aufweisen, um diese Wirkung entfalten zu können; daran fehlt es hier.
* Schon die Feststellung der relevanten Einkommensarten kann man nicht wirklich als kompliziert einstufen. Maßgebend ist lediglich das Erwerbseinkommen, während beispielsweise im SGB II jegliches Einkommen in den Fokus zu nehmen ist und dann komplizierte Ausnahmen von der umfassenden Relevanz des Einkommens beachtet werden müssen (vgl. nur § 11a SGB II, § 1 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung). Rechtliche Probleme sind im Elterngeldrecht in erster Linie insoweit vorstellbar, als es auf die Frage ankommt, ob das Einkommen im Inland zu versteuern ist. Diesbezüglich müssen die Elterngeldbehörden aber nicht von Grund auf eigene Rechtsfindung betreiben. Der Senat hat bereits im Urteil vom 19.06.2017 - L 9 EG 36/15 unterstrichen, dass es nur vernünftig und ökonomisch ist, wenn sich die Elterngeldbehörden von den Steuerbehörden fachlich unterstützen lassen. Die Amtsermittlungspflicht erlegt ihnen nicht auf, rechtliche Auskünfte der Steuerbehörden stets nachzuprüfen.
* Eine höchst wirkungsvolle Vereinfachung hat der Gesetzgeber in Bezug auf die Einkommensbereinigung im Gesetz installiert. Abzüge für Steuern und Sozialabgaben werden nicht individuell, sondern stark pauschaliert vorgenommen, wobei in der Praxis in hohem Ausmaß EDV-Programme die Arbeit übernehmen. Für Jobcenter oder Sozialhilfebehörden verkörpert die Einkommensbereinigung dagegen einen Arbeitsschritt von hoher Komplexität, weil sie individualisiert vorzunehmen ist.
* Für die Bemessung des Elterngelds soll nur das Erwerbseinkommen maßgebend sein, das auch eine die Wirtschafts- und Lebensverhältnisse prägende Funktion hat. Der Gesetzgeber hat sich - was, wie oben gesagt, verfassungsrechtlich unbedenklich ist - dafür entschieden, diese Kategorisierung anhand der lohnsteuerrechtlichen Maßstäbe vorzunehmen. Diesbezüglich ist dem Beklagten zu konzedieren, dass die von ihm favorisierte Verwaltungspraxis in der Tat einfach und verwaltungsökonomisch ist: Der Behörde übernimmt aus den Entgeltbescheinigungen lediglich diejenigen Vergütungsbestandteile, die der Arbeitgeber mit einem „L“ („laufender Arbeitslohn“) gekennzeichnet hat, die mit einem „S“ versehenen („sonstige Bezüge“) blendet er ohne sachliche Prüfung aus. Bereits das geltende Elterngeldrecht zeigt eine Möglichkeit auf, auf mindestens ebenso ökonomischem Weg zu einem Ergebnis zu gelangen, welches zum einen auf die zutreffende lohnsteuerrechtliche Handhabung abstellt und zum anderen Fehler des Arbeitgebers evident sichtbar werden lässt. Die Arbeitgeber haben nach § 9 BEEG die Pflicht, auf einem Formblatt zusammengefasste Entgeltbescheinigungen auszustellen. Hierbei wäre es - eventuell müsste § 9 BEEG noch geringfügig ergänzt werden - praktisch ohne weiteres möglich, sich Funktion und Rechtsgrund einer Zahlung ganz kurz und schlagwortartig darstellen zu lassen. Mit diesen leicht abrufbaren Informationen könnte der Beklagte selbst die lohnsteuerrechtliche Qualifizierung vornehmen. Seinen Mitarbeitern würde lediglich abverlangt, anhand der Angaben der Arbeitgeber die Subsumtion unter die Tatbestände des R 39b2 LStR vorzunehmen und in Bezug auf R 39b2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 LStR deren Unanwendbarkeit zu kennen. Der Beklagte wird nicht wirklich behaupten wollen, damit seien seine Mitarbeiter fachlich überfordert; denn diese verfügen bekanntermaßen und unbestritten über eine Qualifikation, welche sie nicht nur zum „Abschreiben“ von Entgeltbescheinigungen befähigen würde. Vom zeitlichen Aufwand her müssten Sachbearbeiter vermutlich sogar weniger investieren. Denn statt sich zwölf Entgeltbescheinigungen anzusehen, die keineswegs einen einheitlichen Standard aufweisen und daher erst einmal verstanden werden müssen, würde die Prüfung einer einseitigen formblattmäßigen Arbeitgebererklärung genügen.
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München
II. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
das Urteil des Sozialgerichts München
die Berufung zurückzuweisen.
Gründe
(1) Der monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Überschuss der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Geld oder Geldeswert über ein Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2e und 2f, ergibt das Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit. Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind. Die zeitliche Zuordnung von Einnahmen erfolgt nach den lohnsteuerlichen Vorgaben für das Lohnsteuerabzugsverfahren. Maßgeblich ist der Arbeitnehmer-Pauschbetrag nach § 9a Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes in der am 1. Januar des Kalenderjahres vor der Geburt des Kindes für dieses Jahr geltenden Fassung.
(2) Grundlage der Ermittlung der Einnahmen sind die Angaben in den für die maßgeblichen Kalendermonate erstellten Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers. Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben in den maßgeblichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen wird vermutet.
(3) Grundlage der Ermittlung der nach den §§ 2e und 2f erforderlichen Abzugsmerkmale für Steuern und Sozialabgaben sind die Angaben in der Lohn- und Gehaltsbescheinigung, die für den letzten Kalendermonat im Bemessungszeitraum mit Einnahmen nach Absatz 1 erstellt wurde. Soweit sich in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Bemessungszeitraums eine Angabe zu einem Abzugsmerkmal geändert hat, ist die von der Angabe nach Satz 1 abweichende Angabe maßgeblich, wenn sie in der überwiegenden Zahl der Kalendermonate des Bemessungszeitraums gegolten hat. § 2c Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
(1) Der monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Überschuss der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Geld oder Geldeswert über ein Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2e und 2f, ergibt das Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit. Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind. Die zeitliche Zuordnung von Einnahmen erfolgt nach den lohnsteuerlichen Vorgaben für das Lohnsteuerabzugsverfahren. Maßgeblich ist der Arbeitnehmer-Pauschbetrag nach § 9a Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes in der am 1. Januar des Kalenderjahres vor der Geburt des Kindes für dieses Jahr geltenden Fassung.
(2) Grundlage der Ermittlung der Einnahmen sind die Angaben in den für die maßgeblichen Kalendermonate erstellten Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers. Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben in den maßgeblichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen wird vermutet.
(3) Grundlage der Ermittlung der nach den §§ 2e und 2f erforderlichen Abzugsmerkmale für Steuern und Sozialabgaben sind die Angaben in der Lohn- und Gehaltsbescheinigung, die für den letzten Kalendermonat im Bemessungszeitraum mit Einnahmen nach Absatz 1 erstellt wurde. Soweit sich in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Bemessungszeitraums eine Angabe zu einem Abzugsmerkmal geändert hat, ist die von der Angabe nach Satz 1 abweichende Angabe maßgeblich, wenn sie in der überwiegenden Zahl der Kalendermonate des Bemessungszeitraums gegolten hat. § 2c Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
Tenor
-
Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Dezember 2016 und des Sozialgerichts Mannheim vom 24. März 2016 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
-
Kosten sind in allen Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand
- 1
-
Die Beteiligten streiten darüber, ob das der Klägerin bewilligte Elterngeld unter Berücksichtigung von Quartalsprovisionen höher zu bemessen ist.
- 2
-
Die Klägerin war vor der Geburt ihres Sohnes am 10.5.2015 bei der M. GmbH (Arbeitgeberin) als "Junior Online-Marketing-Manager" beschäftigt. Entsprechend dem Arbeitsvertrag zahlte die Arbeitgeberin neben einem monatlichen Festgehalt einen erfolgsabhängigen variablen Gehaltsanteil im Quartal von 1170 Euro brutto bei 100 Prozent Zielerreichung. Die Klägerin erzielte in der Zeit vom 1.3.2014 bis 28.2.2015 39 175 Euro Festgehalt sowie 6808,80 Euro aus Provisionszahlungen im April, Juli, Oktober 2014 und Januar 2015.
- 3
-
Die Beklagte bewilligte der Klägerin für die ersten zwölf Lebensmonate des Kindes Elterngeld auf der Grundlage des im Zeitraum von März 2014 bis Februar 2015 monatlich gezahlten Brutto-Festgehalts, ohne die Quartalsprovisionen zu berücksichtigten (Bescheid vom 17.8.2015). Den auf die Einbeziehung der Quartalsprovisionen in die Bemessung gerichteten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 16.9.2015).
- 4
-
Auf die Klage hat das SG den Bescheid vom 17.8.2015 sowie den Widerspruchsbescheid vom 16.9.2015 abgeändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin für den ersten bis zwölften Lebensmonat ihres Sohnes Elterngeld in der gesetzlichen Höhe unter Berücksichtigung auch der in den Monaten April, Juli, Oktober 2014 und Januar 2015 gezahlten Quartalsprovisionen zu bewilligen (Urteil vom 24.3.2016). Die Berufung der Beklagten hat das LSG zurückgewiesen (Urteil vom 13.12.2016). Das SG habe zu Recht angenommen, dass es sich bei den von der Arbeitgeberin gezahlten Quartalsprovisionen im Bemessungszeitraum vom 1.3.2014 bis 28.2.2015 um laufenden Arbeitslohn handele, weil entsprechend den Kriterien der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Abgrenzung des laufenden Arbeitslohns von sonstigen Bezügen mehrmals (zweimal) im Jahr Zahlungen als Teil der Gesamtvergütung im Bemessungszeitraum erfolgt seien. Daran habe auch die Neufassung von § 2c Abs 1 S 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) zum 1.1.2015 nichts geändert.
- 5
-
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 2c Abs 1 S 2 BEEG(in der ab 1.1.2015 geltenden Fassung), wonach solche Einnahmen nicht als Einkommen berücksichtigt werden, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind. Der Gesetzgeber habe mit der Neufassung von § 2c Abs 2 BEEG insbesondere die Berücksichtigung von Provisionen korrigieren wollen durch die Aufnahme der Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung für die Lohn- und Gehaltsabrechnung des Arbeitgebers in S 2. Alle Lohn- und Gehaltsbestandteile seien damit richtigerweise nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstiger Bezug zu behandeln, wenn sie in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen als solche ausgewiesen werden und keine offensichtlich falsche Zuordnung vorliege.
- 6
-
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Dezember 2016 sowie das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 24. März 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
- 7
-
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
- 8
-
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen der Vorinstanzen für rechtmäßig.
Entscheidungsgründe
- 9
-
Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet. Die Urteile des LSG sowie des SG sind aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 170 Abs 2 S 1 SGG).
- 10
-
1. Streitgegenstand ist der Elterngeldanspruch der Klägerin, wie ihn der Elterngeldbescheid der Beklagten vom 17.8.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.9.2015 nach ihrer Ansicht zu niedrig festgesetzt hat. Hiergegen wendet sich die Klägerin in zulässiger Weise mit der auf die Gewährung höheren Elterngelds gerichteten kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1, Abs 4 SGG), gerichtet auf den Erlass eines Grundurteils (§ 130 Abs 1 SGG; vgl hierzu BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 7/10 R - BSGE 109, 42, 43 = SozR 4-7837 § 2 Nr 10, RdNr 14 mwN).
- 11
-
2. Die Klage ist nicht begründet. Das SG hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, höheres Elterngeld für den ersten bis zwölften Lebensmonat unter Berücksichtigung der Quartalszahlungen in den Monaten April, Juli, Oktober 2014 und Januar 2015 zu gewähren. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höheres Elterngeld. Die streitgegenständlichen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Dementsprechend hat das LSG auch zu Unrecht die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG zurückgewiesen.
- 12
-
a) Der Klägerin steht Elterngeld für die Zeit ab dem 10.5.2015 bis zum 9.5.2016 (erster bis zwölfter Lebensmonat) dem Grunde nach zu. Die Grundvoraussetzungen des Elterngelds richten sich aufgrund der Geburt des Sohnes der Klägerin nach dem 1.1.2015 gemäß § 27 Abs 1 S 1 BEEG nach der ab dem 1.1.2015 geltenden Fassung des § 1 Abs 1 BEEG(Gesetz zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im BEEG vom 18.12.2014, BGBl I 2325). Wie von § 1 Abs 1 Nr 1 bis 4 BEEG vorausgesetzt, hatte die Klägerin nach den für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG(§ 163 SGG) im Bezugszeitraum des Elterngelds ihren Wohnsitz in Deutschland, lebte in einem Haushalt mit dem von ihr selbst betreuten und erzogenen Sohn und übte keine Erwerbstätigkeit aus iS von § 1 Abs 6 BEEG(idF des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10.9.2012, BGBl I 1878).
- 13
-
b) Zur Bemessung des Elterngelds sind neben den regelmäßig gezahlten laufenden Arbeitslöhnen nicht noch zusätzlich die Quartalsprovisionen, die in den Monaten April, Juli, Oktober 2014 und Januar 2015 gezahlt worden sind, heranzuziehen. Letztere gehören zwar auch iS des § 2 Abs 1 S 1 BEEG zu den im Bemessungszeitraum erzielten Einnahmen in Geld und rühren aus der Erwerbstätigkeit her, hier einer nichtselbstständigen Tätigkeit iS des § 2 Abs 1 S 3 Nr 1 BEEG(dazu unter aa). Die vierteljährlich gezahlten Entgeltbestandteile erhöhen aber nicht den Anspruch der Klägerin auf Elterngeld, weil sie lohnsteuerrechtlich als sonstige Bezüge zu behandeln waren und im Lohnsteuerverfahren auch zutreffend so behandelt worden sind (dazu unter bb). Verfassungsrechtliche Bedenken hiergegen bestehen nicht (dazu unter c).
- 14
-
aa) Die Höhe des Elterngelds bemisst sich vorliegend nach § 2 BEEG idF des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10.9.2012 (BGBl I 1878), weil nach § 27 Abs 1 S 2 BEEG für die vor dem 1.7.2015 geborenen Kinder - wie vorliegend - die §§ 2 bis 22 BEEG in der bis zum 31.12.2014 geltenden Fassung weiter anzuwenden sind. Wie § 2 Abs 1 BEEG insoweit bestimmt, wird Elterngeld in Höhe von 67 Prozent des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. War das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1200 Euro, sinkt der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je zwei Euro, um die dieses Einkommen aus Erwerbstätigkeit den Betrag von 1200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent (§ 2 Abs 1, Abs 2 S 2 BEEG idF des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs, aaO). Es erhöht sich gegebenenfalls um einen Geschwisterbonus und Mehrlingszuschlag nach § 2a BEEG(S 1 und 2). Das Einkommen errechnet sich aus dem im Bemessungszeitraum (§ 2b BEEG) erzielten Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Dieses ist nach den näheren Bestimmungen der §§ 2c bis 2f BEEG zu ermitteln(§ 2 Abs 1 S 3).
- 15
-
Als Bemessungszeitraum hat die Beklagte zutreffend den Zeitraum vom 1.3.2014 bis 28.2.2015 herangezogen. Wurde - wie vom LSG festgestellt - vor der Geburt des Kindes nur Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit iS von § 2c BEEG erzielt, erstreckt sich der Bemessungszeitraum auf die zwölf Kalendermonate vor dem Geburtsmonat des Kindes(§ 2 Abs 1 S 1 BEEG idF des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs, aaO). Für die Klägerin verschiebt sich das Ende des zwölfmonatigen Bemessungszeitraums auf den Februar 2015, weil Kalendermonate mit Bezug von Mutterschaftsgeld, welches sie in den Monaten März und April 2015 erhielt, aus dem Bemessungszeitraum auszunehmen sind (§ 2b Abs 1 S 2 Nr 2 BEEG idF des Gesetzes zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung
vom 23.10.2012, BGBl I 2246) .
- 16
-
Wie die Beklagte zutreffend angenommen hat, ist deshalb der Durchschnittsverdienst nach den Lohnabrechnungen für den Zeitraum ab dem Monat März 2014 bis Februar 2015 zu berücksichtigen. Das einkommensabhängige Elterngeld errechnet sich gemäß § 2 Abs 1 S 3 Nr 1 BEEG aus der Summe der im Bemessungszeitraum zu berücksichtigenden positiven, im Inland zu versteuernden Einkünfte. Auf der Grundlage von Einkünften aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit ergibt sich das Einkommen nach § 2c Abs 1 S 1 BEEG(idF des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs, aaO; vgl die Übergangsvorschrift in § 27 Abs 1 S 2 BEEG für vor dem 1.7.2015 geborene Kinder) aus dem monatlich durchschnittlich zu berücksichtigenden Überschuss der Einnahmen in Geld oder Geldeswert über einem Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2e und 2f BEEG.
- 17
-
Gegen die nach diesen Vorgaben durchgeführte Elterngeldberechnung unter Einbeziehung der monatlich fortlaufend gezahlten Löhne sind von den Beteiligten ansonsten keine Bedenken geäußert worden noch für den Senat ersichtlich.
- 18
-
bb) Die an die Klägerin gezahlten Quartalsprovisionen in den Monaten April, Juli, Oktober 2014 und Januar 2015 können entgegen der Rechtsauffassung des SG und des LSG nicht zur Ermittlung des Durchschnittsverdienstes und der Bemessung des Elterngelds herangezogen werden. Diese sind von der Arbeitgeberin im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge behandelt worden und zählen daher zu den von der Bemessung ausgeschlossenen sonstigen Bezügen.
- 19
-
Gemäß der hier anzuwendenden Fassung des § 2c Abs 1 S 2 BEEG für nach dem 1.1.2015 geborene Kinder (idF des Gesetzes zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz vom 18.12.2014, BGBl I 2325; Übergangsvorschrift des § 27 Abs 1 S 3 BEEG) werden bei der Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Arbeit solche Einnahmen nicht berücksichtigt, "die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind". Nach Wortlaut, Systematik, Normzweck und Entstehungsgeschichte erfasst diese Ausnahme alle Entgeltbestandteile, die abweichend vom regelmäßigen - hier monatlichen - Lohnzahlungszeitraum abgerechnet und gezahlt werden.
- 20
-
Mit dieser doppelten Anknüpfung an das materielle und das Steuerverfahrensrecht eröffnet schon der Wortlaut des § 2c Abs 1 S 2 BEEG keinen Auslegungsspielraum dafür, bei der Elterngeldbemessung auf andere als steuerrechtliche Begriffe zurückzugreifen wie etwa auf denjenigen der Einmalzahlung iS des § 23a SGB IV. Deshalb lässt das Gesetz in seiner ab dem 1.1.2015 geltenden Fassung auch keine elterngeldspezifische Auslegung des Tatbestandsmerkmals der sonstigen Bezüge mehr zu. Vielmehr entspricht nur eine strenge Bindung an das formelle und materielle Steuerrecht der erklärten Zielsetzung des Gesetzgebers, wie sie maßgeblich in der Entstehungsgeschichte zum Ausdruck kommt.
- 21
-
Bereits die ab dem 1.1.2007 geltende Ursprungsfassung des § 2 Abs 7 BEEG (vom 5.12.2006, BGBl I 2748) hatte die Bemessung des Elterngelds für abhängig Beschäftigte nicht an den sozialrechtlichen Begriff des Arbeitsentgelts geknüpft (§ 14 SGB IV; vgl wegen einmaliger Einnahmen § 23a SGB IV), sondern an das Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit im Sinne des Einkommensteuergesetzes (EStG). Sie hatte in S 2 als Ausnahme formuliert, sonstige Bezüge iS von § 38a Abs 1 S 3 EStG seien nicht als Einnahmen zu berücksichtigen. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 2 Abs 7 S 2 BEEG (BT-Drucks 16/1889 S 21), der noch vom Einkommensbegriff des SGB II ausgegangen war, sollten damit einmalige Einnahmen wie Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Prämien und Erfolgsbeteiligungen weder vor der Geburt noch während des Bezugszeitraums des Elterngelds berücksichtigt werden. Nach Ansicht des Entwurfs prägten solche Einnahmen die für das Elterngeld als monatliche Leistung maßgeblichen Verhältnisse nicht mit der gleichen Nachhaltigkeit wie das laufende Erwerbseinkommen. Darüber hinaus könne der zufällige Zufluss einmaliger Einnahmen im Bezugszeitraum den Elterngeldanspruch insbesondere teilzeitbeschäftigter Eltern beeinträchtigen. An dieser Regelung hielt die Bundesregierung fest, obwohl der Bundesrat die Einbeziehung der einmaligen Einnahmen vorschlug (BT-Drucks 16/2454 S 11).
- 22
-
Die schließlich Gesetz gewordene Ursprungsfassung beruhte auf der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BT-Drucks 16/2785 S 37). Sie hat den Einkommensbegriff des SGB II durch den steuerrechtlichen ersetzt. Anstelle einmaliger Einnahmen sollten nunmehr - weiterhin unter Hinweis auf ansonsten drohende Zufallsergebnisse - sonstige Bezüge iS von § 38a Abs 1 S 3 EStG von der Bemessungsgrundlage des Elterngelds ausgenommen werden.
- 23
-
In der Folge hat das Urteil des Senats vom 3.12.2009 (B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4) zur Einordnung mehrmals jährlich gezahlter Umsatzprovisionen als laufenden Arbeitslohn den Gesetzgeber veranlasst, sein von Anfang an verfolgtes, steuerakzessorisches Regelungskonzept nochmals zu verdeutlichen und zu verstärken (vgl BT-Drucks 17/3030 S 48) und die Ergebnisse des Besteuerungsverfahrens hervorzuheben. Nach der ab dem 1.1.2011 geltenden Neufassung des § 2 Abs 7 S 2 BEEG waren nunmehr im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen nicht zu berücksichtigen(Haushaltsbegleitgesetz
vom 9.12.2010, BGBl I 1885) . Die anschließende Übernahme der Regelung in § 2c Abs 1 S 2 BEEG sollte dieses Regelungskonzept und -ziel fortführen(BT-Drucks 17/9841 S 22). Erneut waren solche Einnahmen nicht zu berücksichtigen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelt wurden (§ 2c Abs 1 S 2 BEEG in der ab dem 18.9.2012 gültigen Fassung durch das Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs, aaO).
- 24
-
Trotz Kenntnis dieser Neuregelung hat der Senat in seinem Urteil vom 26.3.2014 (B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25) zur Vorläuferfassung (§ 2 Abs 7 S 2 BEEG idF des HBeglG 2011, aaO) an seiner bisherigen Rechtsprechung festgehalten. Lohnsteuerlich als sonstige Bezüge behandelte Umsatzbeteiligungen seien gleichwohl bei der Elterngeldberechnung als laufender Arbeitslohn zu berücksichtigen, wenn sie neben dem monatlichen Grundgehalt für kürzere Zeiträume als ein Jahr und damit mehrmals im Jahr regelmäßig nach festgelegten Berechnungsstichtagen gezahlt werden.
- 25
-
Indes hat der Gesetzgeber auch auf dieses Senatsurteil mit einer weiteren Klarstellung der Ausschlussnorm reagiert. Die vierte und hier einschlägige Gesetzesfassung schließt nunmehr Einnahmen von der Bemessungsgrundlage des Elterngelds aus, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind (§ 2c Abs 1 S 2 BEEG idF des Gesetzes zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, aaO). Wie die Gesetzesmaterialien hervorheben, hat die Einordnung von Lohn- und Gehaltsbestandteilen als sonstige Bezüge - wie von Anfang an beabsichtigt - allein nach lohnsteuerlichen Vorgaben, dh nach § 38a Abs 1 S 3 EStG und den Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) zu erfolgen. Nur dann sei es möglich, die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen entsprechend der gesetzgeberischen Zielsetzung nach § 2c Abs 2 S 2 BEEG als aussagekräftige Grundlage der elterngeldrechtlichen Einkommensermittlung zu nutzen (Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung der Lohn- und Gehaltsbescheinigungen). Demnach sollen alle Lohn- und Gehaltsbestandteile, die richtigerweise nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind (Hinweis auf LStR R 39b.2 Abs 2), auch elterngeldrechtlich als sonstige Bezüge behandelt werden (vgl BT-Drucks 18/2583 S 24 f).
- 26
-
Wie die dargestellte Gesetzesentwicklung belegt, zielt der Gesetzgeber von Anbeginn an darauf ab, sonstige Bezüge im Sinne des materiellen Lohnsteuerrechts aus der Bemessungsgrundlage für das Elterngeld auszuschließen, das dem Ersatz von Einkommen nichtselbstständig Erwerbstätiger dient. Der Verweis auf die Ergebnisse des Lohnsteuerabzugsverfahrens soll diese ausgeschlossenen Einnahmen für die Elterngeldstellen zweifelsfrei identifizieren. Die klarstellenden Änderungen der Ausschlussnorm haben dabei jeweils erkennbar versucht, eine abweichende Rechtsanwendung durch die Senatsrechtsprechung zu korrigieren. Sie waren und sind darauf gerichtet, die von Anfang an gewünschte Anbindung an das formelle und materielle Lohnsteuerrecht sicherzustellen. Der Gesetzgeber will die begriffliche Abgrenzung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen nicht lediglich am Steuerrecht orientieren (so noch BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4, RdNr 28), sondern in vollem Umfang und mit bindender Wirkung auf das materielle Steuerrecht verweisen, wie es das Lohnsteuerabzugsverfahren konkretisiert hat. Eine einschränkende Auslegung der Ausschlussklausel des § 2c Abs 1 S 2 BEEG ist deshalb nicht mehr möglich. Sie würde sich gegen den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes und den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers stellen. Sie überschritte damit die Grenzen zulässiger Auslegung (vgl BVerfG Beschluss vom 25.1.2011 - 1 BvR 918/10 - BVerfGE 128, 193, 210). Unter der neuen Gesetzesfassung kann daher die bisherige Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4; ua vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25)und der darin gefundene, elterngeldrechtlich modifizierte lohnsteuerrechtliche Begriff der sonstigen Bezüge nicht mehr weitergeführt werden.
- 27
-
Die Klägerin hat hiernach keinen Anspruch auf die Berücksichtigung der ihr gezahlten variablen Entgeltbestandteile für die Bemessung ihres Elterngelds. Sie stellen lohnsteuerrechtlich keinen laufenden Arbeitslohn, sondern sonstige Bezüge dar, weil sie abweichend vom arbeitsvertraglich vereinbarten monatlichen Lohnzahlungszeitraum in vierteljährlichen Abständen gezahlt werden.
- 28
-
Das im EStG geregelte Lohnsteuerrecht definiert die Begriffe laufender Arbeitslohn und sonstige Bezüge nicht ausdrücklich (vgl § 38a Abs 1 und 3, § 39b Abs 2 und 3 EStG). Die auf Grundlage des Art 108 Abs 7 GG als norminterpretierende Verwaltungsvorschriften erlassenen LStR (hier idF der Lohnsteuer-Änderungsrichtlinien 2013 vom 8.7.2013, BStBl I 851) erläutern beide Begriffe lediglich mit Anwendungsbeispielen. Sie legen aber nicht fest, auf welche Regel die LStR R 39b.2 Abs 1 ("regelmäßig fortlaufend") Bezug nimmt und was im Gegensatz dazu unter einem sonstigen Bezug zu verstehen ist. Ebenso wenig bestimmen sie, dass variable Entgeltformen stets als laufender Arbeitslohn oder aber als sonstige Bezüge behandelt werden sollen. Für die konkrete Zuordnung übernehmen die LStR vielmehr die gesetzliche Zweiteilung danach, ob die Bezüge "fortlaufend" gewährt werden oder nicht (vgl etwa zu Tantiemen LStR R 39b.2 Abs 2 S 2 Nr 3). Ohnehin kommt den LStR keine Normqualität zu. Sie binden unmittelbar weder die Elterngeldstellen noch die Sozialgerichte (BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25, RdNr 26). § 2c Abs 1 S 2 BEEG enthält hier deshalb entgegen der Ansicht des LSG keine unzulässige dynamische Verweisung auf die LStR als untergesetzliche lohnsteuerliche Vorschriften.
- 29
-
Nach dem materiell-rechtlichen Gehalt des Lohnsteuerrechts ist maßgeblich, ob der Arbeitslohn einem (laufenden) Lohnzahlungszeitraum zugehörig gezahlt wird oder nicht (vgl § 38a Abs 1 S 2 und Abs 3 S 1, § 39b Abs 2 EStG im Gegensatz zu § 38a Abs 1 S 3 und Abs 3 S 2, § 39b Abs 3 EStG). Der Arbeitgeber hat für die Höhe der zunächst einzubehaltenden Lohnsteuer den Lohnzahlungszeitraum und die Höhe des darin zustehenden laufenden Arbeitslohns zu ermitteln (vgl § 38a Abs 1 und 3, § 39b Abs 2 S 1 EStG). Dieser Lohnzahlungszeitraum folgt nicht aus dem Steuerrecht (vgl § 39b Abs 2 S 2, Abs 5 EStG), das auch keine stets gleichbleibend langen Zeiträume vorgibt (BFH Urteil vom 11.6.1970 - VI R 67/68 - BFHE 99, 310 = BStBl II 1970, 664; Stache in Horowski/Altehoefer/Stache, Kommentar zum Lohnsteuerrecht, § 39b EStG RdNr 68, Stand der Einzelkommentierung Juni 2017). Der Lohnzahlungszeitraum kann daher nur dem Arbeitsvertragsverhältnis, dh den arbeitsrechtlichen Vereinbarungen oder einer betrieblichen Übung entnommen werden (BFH Urteil vom 10.3.2004 - VI R 27/99 - BFH/NV 2004, 1239). Es ist der Zeitraum, für den der laufende Arbeitslohn abgerechnet und gezahlt wird (BFH Urteil vom 10.3.2004 - VI R 27/99 - BFH/NV 2004, 1239; Stache in Horowski/Altehoefer/Stache, Kommentar zum Lohnsteuerrecht, § 38a EStG RdNr 21 und 26, Stand Einzelkommentierung Juni 2011). Laufender Arbeitslohn ist danach durch seinen arbeitsvertraglich definierten Lohnzahlungszeitraum gekennzeichnet, der - rein zeitlich betrachtet - den Regelfall der Entlohnung darstellt; davon weicht der sonstige Bezug ab.
- 30
-
Arbeits- bzw dienstrechtlich verbindliche allgemeine Vorgaben zur Dauer der Lohnzahlungszeiträume sind nach den vom LSG festgestellten Anspruchsvoraussetzungen für die streitigen Entgeltbestandteile nicht zu beachten. Selbst wenn die Vorschriften für die Provisionen der Handelsvertreter anwendbar wären, könnte deren Abrechnungs- und Zahlungszeitraum frei zwischen dem Quartal und dem Monat gewählt werden (§ 87c Abs 1 HGB; vgl § 65 HGB für Handlungsgehilfen). Dasselbe gilt entsprechend für (andere) Arbeitnehmer (vgl Fandel/Kock in Herberger/Martinek/Rüßmann ua, juris-PK-BGB, 8. Aufl 2017, § 611a BGB RdNr 128).
- 31
-
Im Übrigen können die Arbeitsvertragsparteien den Abrechnungsmodus der variablen Entgeltbestandteile im Rahmen einer Entgeltregelung iS des § 611 Abs 1 BGB frei regeln. Gleiches gilt für den Zeitpunkt der Fälligkeit, weil von der nach § 614 BGB bestimmten Fälligkeit nach Ablauf des Bemessungsabschnitts abgewichen werden darf(vgl BAG Urteil vom 15.1.2002 - 1 AZR 165/01 - EzA § 614 BGB Nr 1). Diese Gestaltungsfreiheit ist zudem nicht durch die allgemeine Billigkeits- oder Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff BGB eingeschränkt; lediglich dem Transparenzgebot des § 307 Abs 2 BGB iVm § 307 Abs 1 S 2 BGB muss Rechnung getragen werden(vgl BAG Urteil vom 12.12.2007 - 10 AZR 97/07 - BAGE 125, 147 = NZA 2008, 409, 411). Im Rahmen seiner Fürsorgepflicht muss der Arbeitgeber allerdings auf die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht nehmen.
- 32
-
Nach den materiell-rechtlichen Regelungen des EStG gehören damit zu den sonstigen Bezügen jene Entgeltzahlungen, deren Zahlungszeiträume von dem als Regel vorgesehenen Zahlungsturnus für Arbeitslohn nicht nur unerheblich abweichen. Einen sonstigen Bezug stellen also Zahlungen dar, die entweder nicht für bestimmte, aufeinanderfolgende Zeiträume erfolgen oder solche, die den üblichen Lohnzahlungszeitraum erheblich überschreiten (vgl Stache in Bordewin/Brandt, EStG, § 38a RdNr 33 mwN, Stand der Einzelkommentierung September 2017). Maßgeblich ist die Abweichung von dem Lohnzahlungszeitraum, den die Vertragsparteien arbeitsrechtlich zugrunde gelegt haben.
- 33
-
Der Senat hält in diesem Zusammenhang nicht mehr an der spezifisch elterngeldrechtlichen Auslegung des § 2c Abs 1 S 2 BEEG(§ 2 Abs 7 S 2 BEEG aF) fest, der zufolge es - noch unterschieden durch den Anspruchsgrund - in einem Arbeitsverhältnis mehrere laufende, dh regelmäßige Arbeitslöhne in verschiedenen Lohnzahlungszeiträumen nebeneinander geben kann (anders noch BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25, RdNr 35). Vielmehr kann es nur einen regelmäßigen Zahlungszeitraum für laufenden Arbeitslohn geben. Zahlungen, die davon abweichend in anderen Zeitintervallen erfolgen, sind als sonstige Bezüge anzusehen, selbst wenn es sich dabei seinerseits um gleichbleibende Intervalle handelt.
- 34
-
Dieses Auslegungsergebnis schließt es schon materiell-rechtlich aus, die der Klägerin im April, Juli, Oktober 2014 und Januar 2015 gezahlten variablen Entgeltbestandteile dem laufenden Arbeitslohn und damit der Bemessungsgrundlage des Elterngelds hinzuzurechnen. Wie das LSG festgestellt hat, hat die Klägerin monatlich Anspruch auf Zahlung eines Grundgehalts und quartalsweise auf Zahlung von variablen Entgeltbestandteilen. Aufgrund ihrer Frequenz und Häufigkeit stellt damit der monatliche Lohnzahlungszeitraum des Grundgehalts den Regelfall und die erheblich anders gelagerten Zahlungszeiträume der variablen Entgelte in Form der Quartalsprovisionen die Abweichung dar. Bezogen auf den maßgeblichen arbeitsvertraglich vereinbarten Lohnzahlungszeitraum werden sie nicht regelmäßig gezahlt. Sie sind damit kein laufender Arbeitslohn, sondern sonstige Bezüge. Diese Auslegung bestätigt im Übrigen auch die inzwischen erfolgte, für den Fall der Klägerin indes noch nicht einschlägige Ergänzung der norminterpretierenden LStR R 39b.2 Abs 2 S 2 um die Nummer 10 durch die Lohnsteuer-Änderungsrichtlinien 2015 (vom 22.10.2014, BStBl I 1344; aA SG Berlin Urteil vom 21.12.2016 - S 2 EG 51/15 - Juris). Sie zählt Zahlungen innerhalb eines Kalenderjahres als viertel- oder halbjährliche Teilbeträge zu den sonstigen Bezügen.
- 35
-
Die Verbindlichkeit der beschriebenen materiell-rechtlichen Zuordnungsregelungen des Steuerrechts für die Elterngeldbemessung wird durch den Verweis in § 2c Abs 1 S 2 BEEG auf die Behandlung im Lohnsteuerabzugsverfahren noch verstärkt. Eine nach dessen Durchführung bestandskräftig gewordene Lohnsteueranmeldung bindet auch die Beteiligten des Elterngeldverfahrens. Die durch diese Anmeldung erfolgte Einordnung von Lohnbestandteilen haben die Elterngeldstellen und SGe materiell-rechtlich nicht mehr zu prüfen, sondern ihren Entscheidungen zugrunde zu legen. Dies folgt aus der Rechtstellung des Arbeitgebers im Lohnsteuerabzugsverfahren.
- 36
-
Der Arbeitgeber ist zum Einbehalt und zum Abzug der Lohnsteuer verpflichtet (§ 38 Abs 3 S 1, Abs 1 S 1 EStG). Insoweit nimmt er öffentlich-rechtliche Aufgaben wahr (BVerfG
Beschluss vom 17.3.2014 - 2 BvR 736/13 - Juris RdNr 22) . Der Arbeitgeber ist Steuerpflichtiger iS des § 33 Abs 1 S 1 Abgabenordnung(, vgl Krüger in DStJG 40 <2017>, 145, 165). Dabei muss er - auch im Verhältnis zum Arbeitnehmer als dem eigentlichen Steuerschuldner (vgl BAG Urteil vom 16.6.2004 - 5 AZR 521/03 - BAGE 111, 131 = AP Nr 9 zu § 611 BGB) -Lohnbestandteile richtig einordnen. Dafür gewähren ihm die steuerlichen Vorschriften weder ein Wahlrecht, noch können sie durch privatrechtliche Willenserklärungen und Verträge abbedungen werden (Eisgruber in Kirchhof, EStG, 16. Aufl 2017, § 42d RdNr 5; Sponer/Wollensak in Sponer/Steinherr, TVöD, 2.2 Lohnsteuer und Kirchenlohnsteuer, Stand der Einzelkommentierung November 2011). Hier maßgebliche Rechtsfolge der Lohnsteueranmeldung ist, dass in ihrem Umfang eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt anzunehmen ist (§ 168 S 1 AO). Eine Lohnsteueranmeldung des Arbeitgebers wirkt damit so, als hätte die Finanzverwaltung einen entsprechenden Steuerbescheid erlassen. Der Inhalt erwächst in Bestandskraft, wenn weder der Arbeitnehmer, der Arbeitgeber noch das Finanzamt die von der AO eröffneten Rechtsbehelfe oder andere Korrekturmöglichkeiten nutzen (vgl § 41c EStG; BFH Urteil vom 2.9.2009 - I R 111/08 - BFHE 226, 276 = BStBl II 2010, 387, stRspr; im Einzelnen, Krüger, DStJG 40 <2017> 166 f). Diese Bestandskraft der Lohnsteueranmeldung erstreckt sich auf den Arbeitnehmer, dessen Einkünfte zur Lohnsteuer angemeldet sind (§ 166 AO; vgl BFH Urteil vom 16.5.2017 - VII R 25/16 - BFHE 257, 515 = BStBl II 2017, 934 mwN). Ihr gegenüber kann sich der Arbeitnehmer nicht mehr darauf berufen, die Lohnsteuer hätte rechtmäßig anders, beispielsweise nicht unter Einrechnung sonstiger Bezüge, berechnet werden müssen (vgl BFH Urteil vom 24.8.2004 - VII R 50/03 - BFHE 207, 5; BAG Urteil vom 21.12.2016 - 5 AZR 266/16 - BAGE 157, 336; Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 166 AO RdNr 15, Stand der Einzelkommentierung September 2017). Nicht das tatsächliche Verhalten des Arbeitgebers im Lohnsteuerabzugsverfahren bindet dessen Beteiligte (vgl BSG Urteil vom 23.5.2017 - B 12 KR 6/16 R - SozR 4-5376 § 1 Nr 1 RdNr 23; BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25, RdNr 26 f), wohl aber die Rechtsfolgen, die AO und EStG daran knüpfen.
- 37
-
Diese Bindung erstreckt § 2c Abs 1 S 2 BEEG auf das Elterngeldverfahren, weil die Vorschrift uneingeschränkt auf die Behandlung im Lohnsteuerabzugsverfahren verweist. Das Steuerrecht ist im Elterngeldverfahren nicht mehr eigenständig anzuwenden, wenn die Lohnsteueranmeldung bestandskräftig geworden ist (anders für den Fall einer fehlenden verbindlichen Regelung BSG Urteil vom 30.9.1997 - 4 RA 122/95 - SozR 3-2400 § 15 Nr 4 RdNr 16). Vielmehr müssen auch die Beteiligten des Elterngeldverfahrens den Inhalt einer bestandskräftigen Lohnsteueranmeldung kraft der gesetzlichen Rechtsfolgenverweisung des § 2c Abs 1 S 2 BEEG als feststehend hinnehmen. Sie haben ihn insbesondere nicht mehr daraufhin zu überprüfen, ob er dem materiellen Recht entspricht (vgl BFH Urteil vom 24.8.2004 - VII R 50/03 - BFHE 2007, 5 mwN). Behörden und Gerichte haben lediglich noch zum Zwecke der Tatsachenfeststellung zu ermitteln, wie der Arbeitgeber und gegebenenfalls das Finanzamt im Lohnsteuerabzugsverfahren die steuerrechtlichen Vorschriften gehandhabt haben und ob insoweit ausnahmsweise keine Bestandskraft eingetreten ist (vgl BSG Urteil vom 3.12.1996 - 10 RKg 8/96 - SozR 3-5870 § 1 Nr 12 RdNr 21 mwN, dort für das Verhältnis von Ausländer- zu Kindergeldrecht als "Tatbestandswirkung" bezeichnet; vgl BSG Urteil vom 6.2.1992 - 12 RK 15/90 - SozR 3-1500 § 54 Nr 15).
- 38
-
Die im Elterngeldverfahren noch erforderlichen Feststellungen zur Höhe der Lohnsteuer und der Behandlung bestimmter Entgeltbestandteile als sonstige Bezüge im Lohnsteuerabzugsverfahren können Elterngeldstellen und Gerichte dabei in aller Regel auf die Angaben des Arbeitgebers in seinen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen stützen (vgl § 1 Abs 2 Nr 2 Buchst a, Nr 3 Buchst a Entgeltbescheinigungsverordnung, BGBl I 2012, 2712). Denn § 1 Abs 2 Nr 2a Entgeltbescheinigungsverordnung verpflichtet den Arbeitgeber ua zum getrennten Ausweis der sonstigen Bezüge. Seine Bescheinigungen sind zwar nur bloße Wissenserklärungen (Lembke in Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Komm, 7. Aufl 2016, § 108 GewO RdNr 8 mwN). Lediglich ihre tatsächliche Richtigkeit und Vollständigkeit wird daher nach § 2c Abs 2 S 2 BEEG vermutet. Indes wird die Erklärung des Arbeitgebers, er habe bestimmte Entgeltbestandteile als sonstige Bezüge zur Lohnsteuer angemeldet, regelmäßig den Schluss erlauben, dass diese Anmeldung bestandskräftig geworden ist und deshalb die Beteiligten des Elterngeldverfahrens bindet, wenn nicht konkrete tatsächliche Anhaltspunkte entgegenstehen.
- 39
-
Danach spricht hier alles dafür, dass die Klägerin auch wegen der Bindungswirkung der entsprechenden Lohnsteueranmeldung ihrer Arbeitgeberin keine Berücksichtigung zusätzlicher Entgeltbestandteile verlangen kann. Nach den Feststellungen des LSG enthalten diese Lohn- und Gehaltsbescheinigungen Angaben über eine Behandlung der maßgeblichen Entgeltbestandteile als sonstige Bezüge ("S") im Lohnsteuerabzugsverfahren. Allerdings haben die Vorinstanzen - von ihrem Rechtsstandpunkt aus konsequent - nicht festgestellt, ob trotzdem ausnahmsweise konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestanden haben, die Einordnung dieser Entgeltbestandteile könnte im Lohnsteuerabzugsverfahren ausnahmsweise nicht bestandskräftig geworden sein. Die Behandlung der Quartalsprovisionen der Klägerin als sonstige Bezüge im Lohnsteuerabzugsverfahren hat sich aber aus den vorgenannten Gründen materiell-rechtlich als richtig erwiesen. Auf die Frage der Bestandskraft dieser Behandlung kommt es daher hier nicht an. Eine Zurückverweisung wäre iS von § 170 Abs 2 S 2 SGG untunlich.
- 40
-
c) Der von § 2c Abs 1 S 2 BEEG angeordnete Ausschluss der sonstigen Bezüge nichtselbstständig Erwerbstätiger aus der Bemessung des Elterngelds verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.
- 41
-
Das aus Art 3 Abs 1 GG folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen ebenso wie für ungleiche Begünstigungen. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (BVerfG Beschluss vom 24.3.2015 - 1 BvR 2880/11 - BVerfGE 139, 1 RdNr 38 mwN). Es verletzt den Gleichheitssatz, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen Gruppe anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (BVerfG Beschluss vom 18.12.2012 - 1 BvL 8/11, 1 BvL 21 BvL 22/11 - BVerfGE 132, 372 RdNr 45 mwN). Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab. Inhalt und Grenzen richten sich nach dem jeweils betroffenen Regelungsbereich. Im Bereich der leistenden Massenverwaltung sind die Gestaltungsspielräume des Gesetzgebers besonders groß. Im Rahmen des allgemeinen Gleichheitssatzes ist nur zu überprüfen, ob der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten hat und nicht, ob er unter verschiedenen Lösungen die gerechteste und zweckmäßigste gewählt hat (stRspr BVerfG, zB Beschluss vom 5.11.1974 - 2 BvL 6/71 - BVerfGE 38, 154, 166; BVerfG zB Beschluss vom 8.10.1991 - 1 BvL 50/86 - BVerfGE 84, 348, 359; BVerfG Beschluss vom 8.6.2004 - 2 BvL 5/00 - BVerfGE 110, 412, 436). Das gilt jedenfalls uneingeschränkt für das Elterngeld als fürsorgerische Leistung der Familienförderung, die über die bloße Sicherung des Existenzminimums hinausgeht (zum Elterngeld vgl BVerfG
Beschluss vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - BVerfGK 19, 186) .
- 42
-
Der Ausschluss sonstiger Bezüge durch § 2c Abs 1 S 2 BEEG trifft alle aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit anspruchsberechtigten Eltern in gleicher Weise. Sonstige Bezüge im lohnsteuerrechtlichen Sinn sind ausnahmslos weder bei der Bemessung noch während des Bezugs von Elterngeld zu berücksichtigen. Eine Differenzierung erfolgt innerhalb der Gruppe der nichtselbstständig Erwerbstätigen nur insoweit, dass die Bemessung für Elterngeldberechtigte mit sonstigen Bezügen nicht den gesamten Arbeitslohn im Bemessungszeitraum einbezieht, umgekehrt aber auch von einer Anrechnung im Bezugszeitraum absieht. Falls die Bemessungsgrenze nicht schon mit dem laufenden Arbeitslohn erreicht wird, ergibt sich ein geringeres Elterngeld. Umgekehrt verbleibt ein höheres Elterngeld, wenn sonstige Bezüge während des Bezugszeitraums nicht als Einkommen angerechnet werden.
- 43
-
Ziel und Ausmaß einer Ungleichbehandlung gegenüber Eltern, die im Bemessungszeitraum einen insgesamt gleich hohen Bruttoarbeitslohn ohne sonstigen Bezug erzielen, sind verfassungsrechtlich durch hinreichend gewichtige Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt. Es ist ein legitimes Anliegen des Gesetzgebers, die Bemessung des Elterngelds generalisierend auf die prägenden vorgeburtlichen Einnahmen zu beschränken und sonstige Bezüge davon auszuschließen (dazu unter aa). Die damit verbundene Ungleichbehandlung wiegt nicht unverhältnismäßig schwer. Die Ungleichbehandlung hat nicht nur ungünstige, sondern im Bezugszeitraum auch mögliche positive und für die Anreizfunktion des Elterngelds wichtige Folgen (dazu unter bb). Zudem können Elterngeldberechtigte ungünstigen Gesetzesfolgen durch arbeitsvertragliche Gestaltung ausweichen (dazu unter cc). Die maßgebliche Rechtfertigung der verbleibenden belastenden Ungleichbehandlung liefert die damit bewirkte Verwaltungsvereinfachung (dazu unter dd).
- 44
-
aa) Der Ausschluss sonstiger Bezüge dient dem legitimen Anliegen einer generalisierenden Gesetzgebung. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren, indem er nach wesentlichen Elementen gleich geartete Lebenssachverhalte zusammenfasst und Besonderheiten generalisierend vernachlässigt (vgl BVerfG Beschluss vom 31.5.1990 - 2 BvL 12/88 - BVerfGE 82, 159, 185 f; BVerfG Beschluss vom 10.4.1997 - 2 BvL 77/92 - BVerfGE 96, 1, 6; BVerfG Beschluss vom 7.5.2013 - 2 BvR 909/06 - BVerfGE 133, 377, 412, RdNr 87).
- 45
-
Der BEEG-Gesetzgeber wollte in generalisierender Weise eine Bemessungsgrundlage für das Elterngeld schaffen, die das zukünftig wegfallende Einkommen verlässlich und realitätsgetreu abbildet. Dafür hat er sich - wie auch bei anderen kurzfristigen Entgeltersatzleistungen - der sogenannten Bezugs- bzw Referenzmethode bedient (vgl BSG Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 20/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 8 RdNr 59). Sie berücksichtigt nur solche Einnahmen, welche die vorgeburtliche Lebenssituation geprägt, dh wesentlich beeinflusst haben (BSG Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 20/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 8 RdNr 65). Das kann - generalisierend - bei anlassunabhängigen, wiederkehrenden und verbindlich geschuldeten Lohnzahlungen angenommen werden, nicht dagegen hinreichend verlässlich bei sonstigen Bezügen. Andernfalls drohte die Bemessung mehr vom Zufall des Zuflusses als von der tatsächlich bestehenden vorgeburtlichen Einkommenssituation abzuhängen (BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 10 EG 20/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 18 RdNr 71). Deshalb ist nach der Rechtsprechung des BSG der Ausschluss von Weihnachtsgeld aus der Bemessungsgrundlage nicht zu beanstanden, wenn es zwar als Anspruchsleistung, aber anlassbezogen gezahlt wird; trotzdem bleibt die Höhe des Elterngelds an dem Einkommen orientiert, das regel- und gleichmäßig im vorgeburtlichen Bemessungszeitraum zur Verfügung steht (vgl BSG Urteil vom 29.6.2017 - B 10 EG 5/16 R - Juris RdNr 31, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Genauso wenig lässt sich bei variablen Entgeltbestandteilen die Annahme widerlegen, dass solche Einnahmen schwanken, ua weil sie vom Einsatz und Erfolg des Begünstigten abhängen. Deshalb durfte der Gesetzgeber im Rahmen seines weiten Ermessens- und Prognosespielraums davon ausgehen, dass solche Einnahmen den in der Elternzeit prognostizierbaren Arbeitslohn nicht hinreichend sicher prägen.
- 46
-
bb) Bei der verfassungsrechtlichen Prüfung einer Ungleichbehandlung sind nicht nur isoliert ihre nachteiligen, sondern ebenso ihre günstigen Folgen zu betrachten (vgl BVerfG
Beschluss vom 14.6.2016 - 2 BvR 323/10 - Juris RdNr 63) . Die Ausklammerung sonstiger Bezüge aus der Bemessungsgrundlage des Elterngelds kann betroffene Eltern im Bemessungszeitraum benachteiligen, während des Elterngeldbezugs dagegen begünstigen. Gerade die überwiegende Mehrheit von Vätern bezieht Elterngeld nur während eines kurzen Zeitraums von bis zu zwei Monaten (vgl Statistisches Bundesamt, Statistik zum Elterngeld Leistungsbezüge, 2016, www.destatis.de: bei vor dem 1.7.2015 geborenen Kindern lag die Inanspruchnahme für lediglich bis zwei Monate deutschlandweit bei 75,8 Prozent). Der Zufluss eines sonstigen Bezugs in einem kurzen Bezugszeitraum (zB ein noch abgerechnetes variables Entgelt) könnte den Elterngeldanspruch trotz des Vorteils eines geringfügig höheren vorgeburtlichen Bemessungsentgelts bis auf den Mindestbetrag des § 2 Abs 4 S 1 BEEG absinken lassen(§ 2 Abs 3 BEEG). Nach wie vor trifft daher die im Gesetzgebungsverfahren geäußerte Befürchtung zu, die Berücksichtigung sonstiger Bezüge könnte vor allem im Bezugszeitraum unerwünschte Zufallsergebnisse herbeiführen (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, BT-Drucks 16/2785 S 37). Die Einführung der längeren Rahmenfrist für den Elterngeldbezug durch das Elterngeld Plus (vgl § 4 Abs 1 und 4 BEEG) hat die Gefahr solcher unerwünschten Zufallsergebnisse sogar noch erhöht. Selbst wenn der Zufluss sonstiger Bezüge im Bezugszeitraum für Eltern vorhersehbar sein sollte, würde das Risiko einer Zweckverfehlung erhöht. Eltern sollen frei entscheiden können, wer von ihnen wann Elterngeld bezieht (vgl BT-Drucks 16/2454 S 2). Diese Wahlfreiheit würde zweckwidrig beeinträchtigt, wenn die Elternzeit vorrangig mit Blick auf die Vermeidung elterngeldschädlicher Geldzuflüsse geplant werden müsste.
- 47
-
cc) Der generalisierende Ausschluss sonstiger Bezüge wie die der Klägerin gezahlten Provisionen vom Elterngeld wiegt auch deshalb weniger schwer, weil er an Merkmale anknüpft, die für die Leistungsberechtigten häufig verfügbar sein werden (hierzu BVerfG Beschluss
vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - BVerfGK 19, 186 RdNr 10; allgemein BVerfG Urteil vom 17.12.2014 - 1 BvL 21/12 - BVerfGE 138, 136, 180 mwN) . Die Arbeitsvertragsparteien können die Zuordnung variabler Lohnbestandteile zum sonstigen Bezug durch vertragliche Gestaltungen vermeiden. Sie können etwa eine (Voraus-)Zahlung in den regelmäßigen Lohnabrechnungszeiträumen vereinbaren.
- 48
-
dd) Gerechtfertigt ist die verbleibende belastende Ungleichbehandlung nicht nur durch die beschriebene Vermeidung von Zufallsergebnissen, sondern zudem durch die damit bewirkte wesentliche Verwaltungsvereinfachung, wie sie auch die ab dem 1.1.2015 geltende Neufassung des BEEG anstrebt. Dazu sollen Behörden und Gerichte direkt auf die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitsgebers zugreifen können und so einen Gleichlauf des Elterngeldrechts mit dem lohnsteuerlichen Einkommensbegriff und den Ergebnissen des Lohnsteuerabzugsverfahrens sichern (vgl BT-Drucks 18/2583 S 24 f).
- 49
-
Das Ziel der Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität gehört im Bereich der Massenverwaltung - wie im Bereich des BEEG mit rund 1,640 Mio Elterngeldbeziehern im Jahr 2016 (Statistisches Bundesamt, Statistik zum Elterngeld - Leistungsbezüge 2016, www.destatis.de) - zu den legitimen Anliegen des Gesetzgebers. Die so bewirkte Verwaltungsvereinfachung ist von vernünftigen und einleuchtenden Gründen getragen und steht in einem angemessenen Verhältnis zu der notwendigen Ungleichbehandlung (zu den Maßstäben vgl BVerfG Urteil vom 5.11.2014 - 1 BvF 3/11 - BVerfGE 137, 350 RdNr 66 mwN; auch BVerfG
Beschluss vom 28.11.2007 - 2 BvR 375/06 - BVerfGK 12, 453). Die dadurch mögliche Vereinfachung und Beschleunigung der Elterngeldverfahren kommt allen Elterngeldbeziehern zugute. Wie die bisherige Praxis zeigt, erhöht dagegen ein fehlender Gleichlauf des Elterngeld- mit dem Lohnsteuerabzugsverfahren maßgeblich den Verwaltungsaufwand der Elterngeldstellen. Sie müssten, ebenso wie im Streitfall die SGe, einen in aller Regel steuerlich abgeschlossenen Sachverhalt wiederaufgreifen, jedenfalls aber ressortfremd eigenständig steuerrechtlich bewerten. Stattdessen erlaubt ihnen die aktuelle Lösung des Gesetzgebers, sich im Regelfall auf die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers und die darin dokumentierten Abläufe des Lohnsteuerabzugs zu stützen. Dies vereinfacht maßgeblich die Elterngeldgewährung im Rahmen der zulässig gewählten Referenzkriterien (siehe oben unter aa) und beugt zudem widerstreitenden Ergebnissen verschiedener Verwaltungsverfahren vor.
- 50
-
Die Bindung an bestandskräftige Ergebnisse des Lohnsteuerabzugsverfahrens belastet auch für sich gesehen die Elterngeldberechtigten nicht unverhältnismäßig. Werden Bestandteile ihres Entgelts im Lohnsteuerabzugsverfahren entgegen den materiellen Regeln des Steuerrechts zu Unrecht als sonstige Bezüge behandelt, steht ihnen dagegen Rechtsschutz offen. § 2c Abs 1 S 2 BEEG verdeutlicht Eltern unmissverständlich, dass sonstige Bezüge nicht in die Berechnung ihres Elterngelds einfließen. Welcher Teil ihres Gehalts unter diese Ausschlussregelung fällt, ergibt sich ohne Weiteres aus ihren Lohn- und Gehaltsbescheinigungen. Vermuten Eltern dabei eine falsche Praxis ihres Arbeitgebers, so können sie ihn bei der nachfolgenden Lohnzahlung über § 41c Abs 1 EStG zu einer Korrektur anhalten. Danach können sie die weiteren Korrektur- und Rechtsschutzmöglichkeiten des Lohnsteuerabzugsverfahrens nutzen (vgl dazu im Einzelnen Krüger, DStJG 40 <2017>, 166 f). Dagegen verhielten sich Eltern widersprüchlich, wollten sie einerseits von den Steuervorteilen einer (unrichtigen) Besteuerung von Entgeltbestandteilen als sonstige Bezüge profitieren, um diese dann andererseits im nachfolgenden Elterngeldverfahren mit dem Ziel höheren Elterngelds wieder infrage zu stellen (zur Maßgeblichkeit in Anspruch genommener steuerlicher Vergünstigungen bei der Berechnung des Elterngelds aus selbstständiger Erwerbstätigkeit BSG Urteil vom 15.12.2015 - B 10 EG 6/14 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 30 RdNr 19).
- 51
-
Auch sonst sind schließlich keine unverhältnismäßigen Folgen der Ungleichbehandlung ersichtlich, weder im Einzelfall der Klägerin noch mit Blick auf die Gesamtheit der Elterngeldbezieher. Das zur Bemessung herangezogene Arbeitsentgelt bleibt auch ohne variable Entgeltbestandteile relativ nahe beim tatsächlichen Arbeitsentgelt (vgl dazu zuletzt Bundesagentur für Arbeit, Beschäftigungsstatistik: Sozialversicherungspflichtige Bruttoarbeitsentgelte, 2010, S 32).
Tenor
-
Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 28. März 2017 und des Sozialgerichts Mannheim vom 24. März 2016 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
-
Kosten sind in allen Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand
- 1
-
Die Beteiligten streiten darüber, ob bei dem Elterngeldanspruch des Klägers vierteljährlich gezahlte variable Entgeltbestandteile (sog Quartalsprovisionen) elterngelderhöhend zu berücksichtigen sind.
- 2
-
Der Kläger erzielte in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt seines Kindes am 20.1.2015 ein monatlich gleichbleibendes Bruttogrundgehalt aus seiner Beschäftigung als Berater. Zusätzlich zahlte ihm sein Arbeitgeber quartalsweise eine Prämie je gegenüber Kunden abgerechnetem (sog fakturiertem) Beratertag. Eine weitere quartalsweise abzurechnende Prämie stand dem Kläger für "Coaching" auf durch Kollegen geleistete fakturierte Beratertage zu. Die Gehaltsbescheinigungen wiesen diese Prämien gesondert aus, zunächst als laufenden Arbeitslohn, später als sonstige Bezüge.
- 3
-
Die Beklagte bewilligte dem Kläger auf seinen Antrag Elterngeld wegen der Betreuung und Erziehung seines Kindes im ersten und achten Lebensmonat in Höhe von jeweils 1616,66 Euro (Bescheid vom 2.3.2015). Grundlage der Berechnung waren die im Zeitraum Januar bis Dezember 2014 gezahlten Entgeltbestandteile. Eingeschlossen waren jene für fakturierbare Tage/Stunden bzw Coaching gezahlten Beträge, die der Arbeitgeber als laufenden Arbeitslohn gekennzeichnet hatte. Außer Betracht ließ die Beklagte die Prämien in Höhe von insgesamt 6207,51 Euro, die der Arbeitgeber des Klägers im Oktober und Dezember 2014 als sonstige Bezüge ausgewiesen hatte. Den dagegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 16.3.2015).
- 4
-
Das SG hat die Beklagte zur Gewährung höheren Elterngelds unter Berücksichtigung der im Oktober und Dezember 2014 gezahlten Prämien verurteilt (Urteil vom 24.3.2016). Die Berufung der Beklagten hat das LSG zurückgewiesen (Urteil vom 28.3.2017). Der Ausschluss sonstiger Bezüge aus der Bemessungsgrundlage erfasse die dem Kläger gezahlten Quartalsprovisionen nicht. Sie seien nicht durch eine gesetzliche oder untergesetzliche Definition den sonstigen Bezügen zuzuordnen. Die tatsächliche Handhabung durch den Arbeitgeber sei nicht verbindlich. Nach der fortzuführenden Rechtsprechung des BSG (ua Hinweis auf Senatsurteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25) seien vielmehr solche Provisionen zu berücksichtigen, die - wie hier bei mehrmaliger Zahlung im Jahr - den Lebensstandard der Elterngeldberechtigten vor der Geburt geprägt hatten.
- 5
-
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung materiellen Rechts. Die vom LSG zitierte Rechtsprechung des BSG beruhe auf einer nicht mehr gültigen Fassung der Ausschlussnorm. Der Gesetzgeber habe inzwischen durch die Neufassung des § 2c Abs 1 S 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) zum 1.1.2015 seinen Willen zum Ausschluss sonstiger Bezüge im Sinne des Steuerrechts eindeutig klargestellt. Dies habe das LSG verkannt.
- 6
-
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 28. März 2017 und des Sozialgerichts Mannheim vom 24. März 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
- 7
-
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
- 8
-
Er beruft sich auf das angefochtene Berufungsurteil.
Entscheidungsgründe
- 9
-
Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Die Urteile des LSG und des SG sind aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 170 Abs 2 S 1 SGG). Der Kläger hat keinen Anspruch auf höheres Elterngeld, weil die ihm im Oktober und Dezember 2014 gezahlten variablen Entgeltbestandteile im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge zu behandeln waren und auch so behandelt worden sind.
- 10
-
1. Streitgegenstand bildet der Anspruch des Klägers auf höheres Elterngeld, den die Beklagte mit Bescheid vom 2.3.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.3.2015 versagt hat. Hiergegen wendet sich der Kläger zulässigerweise mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1, Abs 4 SGG),gerichtet auf den Erlass eines Grundurteils (§ 130 Abs 1 SGG; vgl hierzu BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 7/10 R - BSGE 109, 42, 43 = SozR 4-7837 § 2 Nr 10, RdNr 14 mwN).
- 11
-
2. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höheres Elterngeld. Zwar kann er dem Grunde nach Elterngeld beanspruchen (hierzu unter a). Die Höhe seines Anspruchs bemisst sich aber nur nach jenen laufenden Arbeitslöhnen, die ihm regelmäßig (hier: monatlich) gezahlt worden sind; nicht jedoch zusätzlich nach den ihm im Oktober und Dezember 2014 zugeflossenen variablen Entgeltbestandteilen (hierzu unter b und c). Der Bescheid der Beklagten vom 2.3.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.3.2015 verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Dahinstehen kann, ob dieser Bescheid ihn rechtswidrig begünstigt, weil die Beklagte bei dem Kläger zuvor gezahltes variables Entgelt elterngeldsteigernd berücksichtigt hat. Eine solche rechtswidrige Begünstigung würde den Kläger aber nicht in seinen Rechten verletzen und könnte daher seinem auf höheres Elterngeld gerichteten Klagebegehren nicht zum Erfolg verhelfen.
- 12
-
a) Dem Kläger steht dem Grunde nach Elterngeld für die Betreuung und Erziehung im ersten und achten Lebensmonat seiner Tochter zu. Er erfüllt die Grundvoraussetzungen des Elterngeldanspruchs nach § 1 Abs 1 S 1 BEEG(in der hier maßgeblichen ab dem 1.1.2015 geltenden Fassung durch das Gesetz zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz vom 18.12.2014, BGBl I 2325). Wie in § 1 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 4 BEEG vorausgesetzt, hatte der Kläger nach den für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG(vgl § 163 SGG)im Bezugszeitraum des Elterngelds seinen Wohnsitz in Deutschland, lebte in einem Haushalt mit der von ihm selbst betreuten und erzogenen Tochter und übte im Bezugszeitraum zumindest keine volle Erwerbstätigkeit aus iS von § 1 Abs 6 BEEG(idF des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10.9.2012, BGBl I 1878).
- 13
-
b) Zur Bemessung des dem Kläger zustehenden Elterngelds sind nur seine regelmäßig monatlich gezahlten Arbeitslöhne heranzuziehen, nicht dagegen die ihm vierteljährlich zugeflossenen variablen Entgeltbestandteile. Sie gehören zwar zu den im Bemessungszeitraum erzielten Einnahmen aus Erwerbstätigkeit (dazu unter aa). Die vierteljährlich gezahlten Entgeltbestandteile erhöhen aber nicht den Anspruch des Klägers auf Elterngeld, weil sie lohnsteuerlich als sonstige Bezüge zu behandeln waren und im Lohnsteuerabzugsverfahren auch zutreffend so behandelt worden sind (dazu unter bb). Verfassungsrechtliche Bedenken wegen dieser Gesetzesfolgen hat der Senat nicht (dazu unter c).
- 14
-
aa) Die vom Kläger vierteljährlich bezogenen variablen Entgeltbestandteile gehören zu den im Bemessungszeitraum erzielten Einnahmen aus Erwerbstätigkeit. Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 Euro monatlich gezahlt. In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1200 Euro war, sinkt der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent (§ 2 Abs 1, Abs 2 S 2 BEEG idF des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs, aaO).
- 15
-
Als Bemessungszeitraum hat die Beklagte zutreffend den Zeitraum von Januar bis Dezember 2014 herangezogen. Wurde - wie vom LSG festgestellt - vor der Geburt des Kindes nur Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit iS von § 2c BEEG erzielt, erstreckt sich der Bemessungszeitraum auf die zwölf Kalendermonate vor dem Geburtsmonat des Kindes(§ 2b Abs 1 S 1 BEEG idF des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs, aaO).
- 16
-
Auf der Grundlage der in diesem Bemessungszeitraum erzielten Einkünfte bestimmt sich das Einkommen nach den näheren Bestimmungen der §§ 2c bis 2f BEEG. Danach hat die Beklagte zutreffend den Durchschnittsverdienst des Klägers für den Zeitraum ab dem Monat Januar bis zum Dezember 2014 berücksichtigt, wie ihn die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen seines Arbeitgebers ausweisen. Die darauf gestützte Elterngeldberechnung der Beklagten auf Grundlage des monatlich fortlaufend gezahlten Arbeitslohns ist nicht zu beanstanden. Insoweit haben die Beteiligten weder Bedenken geäußert noch hat der Senat Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Berechnung.
- 17
-
bb) Ebenfalls zutreffend hat die Beklagte die dem Kläger gezahlten variablen Entgeltbestandteile in den Monaten Oktober und Dezember 2014 bei der Bemessung des Elterngelds außer Betracht gelassen. Denn sie waren im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln und wurden auch so behandelt.
- 18
-
Bei der Ermittlung des Einkommens aus nichtselbständiger Arbeit werden solche Einnahmen nicht berücksichtigt, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind (§ 2c Abs 1 S 2 BEEG in der gemäß § 27 Abs 1 S 3 BEEG ab dem 1.1.2015 gültigen Fassung durch das Gesetz zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, aaO). Nach Wortlaut, Systematik, Normzweck und Entstehungsgeschichte erfasst diese Ausnahme alle Entgeltbestandteile, die abweichend vom regelmäßigen - hier monatlichen - Lohnzahlungszeitraum abgerechnet und gezahlt werden.
- 19
-
Mit dieser doppelten Anknüpfung an das materielle und das Steuerverfahrensrecht eröffnet schon der Wortlaut des § 2c Abs 1 S 2 BEEG keinen Auslegungsspielraum dafür, bei der Elterngeldbemessung auf andere als steuerrechtliche Begriffe zurückzugreifen wie etwa auf denjenigen der Einmalzahlung iS des § 23a SGB IV. Deshalb lässt das Gesetz in seiner ab dem 1.1.2015 geltenden Fassung auch keine elterngeldspezifische Auslegung des Tatbestandsmerkmals der sonstigen Bezüge mehr zu. Vielmehr entspricht nur eine strenge Bindung an das formelle und materielle Steuerrecht der erklärten Zielsetzung des Gesetzgebers, wie sie maßgeblich in der Entstehungsgeschichte zum Ausdruck kommt.
- 20
-
Bereits die ab dem 1.1.2007 geltende Ursprungsfassung des § 2 Abs 7 BEEG (BEEG vom 5.12.2006, BGBl I 2748) hatte die Bemessung des Elterngelds für abhängig Beschäftigte nicht an den sozialrechtlichen Begriff des Arbeitsentgelts geknüpft (§ 14 SGB IV; vgl wegen einmaliger Einnahmen § 23a SGB IV), sondern an das Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit im Sinne des Einkommensteuergesetzes (EStG). Sie hatte in S 2 als Ausnahme formuliert, sonstige Bezüge iS von § 38a Abs 1 S 3 EStG seien nicht als Einnahmen zu berücksichtigen. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 2 Abs 7 S 2 BEEG (BT-Drucks 16/1889 S 21), der noch vom Einkommensbegriff des SGB II ausgegangen war, sollten damit einmalige Einnahmen wie Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Prämien und Erfolgsbeteiligungen weder vor der Geburt noch während des Bezugszeitraums des Elterngelds berücksichtigt werden. Nach Ansicht des Entwurfs prägten solche Einnahmen die für das Elterngeld als monatliche Leistung maßgeblichen Verhältnisse nicht mit der gleichen Nachhaltigkeit wie das laufende Erwerbseinkommen. Darüber hinaus könne der zufällige Zufluss einmaliger Einnahmen im Bezugszeitraum den Elterngeldanspruch insbesondere teilzeitbeschäftigter Eltern beeinträchtigen. An dieser Regelung hielt die Bundesregierung fest, obwohl der Bundesrat die Einbeziehung der einmaligen Einnahmen vorschlug (BT-Drucks 16/2454 S 11).
- 21
-
Die schließlich Gesetz gewordene Ursprungsfassung beruhte auf der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BT-Drucks 16/2785 S 37). Sie hat den Einkommensbegriff des SGB II durch den steuerrechtlichen ersetzt. Anstelle einmaliger Einnahmen sollten nunmehr - weiterhin unter Hinweis auf ansonsten drohende Zufallsergebnisse - sonstige Bezüge iS von § 38a Abs 1 S 3 EStG von der Bemessungsgrundlage des Elterngelds ausgenommen werden.
- 22
-
In der Folge hat das Urteil des Senats vom 3.12.2009 (B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4) zur Einordnung mehrmals jährlich gezahlter Umsatzprovisionen als laufenden Arbeitslohn den Gesetzgeber veranlasst, sein von Anfang an verfolgtes, steuerakzessorisches Regelungskonzept nochmals zu verdeutlichen und zu verstärken (vgl BT-Drucks 17/3030 S 48) und die Ergebnisse des Besteuerungsverfahrens hervorzuheben. Nach der ab dem 1.1.2011 geltenden Neufassung des § 2 Abs 7 S 2 BEEG waren nunmehr im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen nicht zu berücksichtigen(Haushaltsbegleitgesetz
vom 9.12.2010, BGBl I 1885) . Die anschließende Übernahme der Regelung in § 2c Abs 1 S 2 BEEG sollte dieses Regelungskonzept und -ziel fortführen(BT-Drucks 17/9841 S 22). Erneut waren solche Einnahmen nicht zu berücksichtigen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelt wurden (§ 2c Abs 1 S 2 BEEG in der ab dem 18.9.2012 gültigen Fassung durch das Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs, aaO).
- 23
-
Trotz Kenntnis dieser Neuregelung hat der Senat in seinem Urteil vom 26.3.2014 (B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25) zur Vorläuferfassung (§ 2 Abs 7 S 2 BEEG idF des HBeglG 2011, aaO) an seiner bisherigen Rechtsprechung festgehalten. Lohnsteuerlich als sonstige Bezüge behandelte Umsatzbeteiligungen seien gleichwohl bei der Elterngeldberechnung als laufender Arbeitslohn zu berücksichtigen, wenn sie neben dem monatlichen Grundgehalt für kürzere Zeiträume als ein Jahr und damit mehrmals im Jahr regelmäßig nach festgelegten Berechnungsstichtagen gezahlt werden.
- 24
-
Indes hat der Gesetzgeber auch auf dieses Senatsurteil mit einer weiteren Klarstellung der Ausschlussnorm reagiert. Die vierte und hier einschlägige Gesetzesfassung schließt nunmehr Einnahmen von der Bemessungsgrundlage des Elterngelds aus, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind (§ 2c Abs 1 S 2 BEEG idF des Gesetzes zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, aaO). Wie die Gesetzesmaterialien hervorheben, hat die Einordnung von Lohn- und Gehaltsbestandteilen als sonstige Bezüge - wie von Anfang an beabsichtigt - allein nach lohnsteuerlichen Vorgaben, dh nach § 38a Abs 1 S 3 EStG und den Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) zu erfolgen. Nur dann sei es möglich, die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen entsprechend der gesetzgeberischen Zielsetzung nach § 2c Abs 2 S 2 BEEG als aussagekräftige Grundlage der elterngeldrechtlichen Einkommensermittlung zu nutzen (Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung der Lohn- und Gehaltsbescheinigungen). Demnach sollen alle Lohn- und Gehaltsbestandteile, die richtigerweise nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind (Hinweis auf LStR R 39b.2 Abs 2), auch elterngeldrechtlich als sonstige Bezüge behandelt werden (vgl BT-Drucks 18/2583 S 24 f).
- 25
-
Wie die dargestellte Gesetzesentwicklung belegt, zielt der Gesetzgeber von Anbeginn an darauf ab, sonstige Bezüge im Sinne des materiellen Lohnsteuerrechts aus der Bemessungsgrundlage für das Elterngeld auszuschließen, das dem Ersatz von Einkommen nichtselbstständig Erwerbstätiger dient. Der Verweis auf die Ergebnisse des Lohnsteuerabzugsverfahrens soll diese ausgeschlossenen Einnahmen für die Elterngeldstellen zweifelsfrei identifizieren. Die klarstellenden Änderungen der Ausschlussnorm haben dabei jeweils erkennbar versucht, eine abweichende Rechtsanwendung durch die Senatsrechtsprechung zu korrigieren. Sie waren und sind darauf gerichtet, die von Anfang an gewünschte Anbindung an das formelle und materielle Lohnsteuerrecht sicherzustellen. Der Gesetzgeber will die begriffliche Abgrenzung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen nicht lediglich am Steuerrecht orientieren (so noch BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4, RdNr 28), sondern in vollem Umfang und mit bindender Wirkung auf das materielle Steuerrecht verweisen, wie es das Lohnsteuerabzugsverfahren konkretisiert hat. Eine einschränkende Auslegung der Ausschlussklausel des § 2c Abs 1 S 2 BEEG ist deshalb nicht mehr möglich. Sie würde sich gegen den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes und den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers stellen. Sie überschritte damit die Grenzen zulässiger Auslegung (vgl BVerfG Beschluss vom 25.1.2011 - 1 BvR 918/10 - BVerfGE 128, 193, 210). Unter der neuen Gesetzesfassung kann daher die bisherige Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4; ua vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25)und der darin gefundene, elterngeldrechtlich modifizierte lohnsteuerrechtliche Begriff der sonstigen Bezüge nicht mehr weitergeführt werden.
- 26
-
Der Kläger hat hiernach keinen Anspruch auf die Berücksichtigung der ihm gezahlten variablen Entgeltbestandteile für die Bemessung seines Elterngelds. Sie stellen lohnsteuerrechtlich keinen laufenden Arbeitslohn, sondern sonstige Bezüge dar, weil sie abweichend vom arbeitsvertraglich vereinbarten monatlichen Lohnzahlungszeitraum in vierteljährlichen Abständen gezahlt werden.
- 27
-
Das im EStG geregelte Lohnsteuerrecht definiert die Begriffe laufender Arbeitslohn und sonstige Bezüge nicht ausdrücklich (vgl § 38a Abs 1 und 3, § 39b Abs 2 und 3 EStG). Die auf Grundlage des Art 108 Abs 7 GG als norminterpretierende Verwaltungsvorschriften erlassenen LStR (hier idF der Lohnsteuer-Änderungsrichtlinien 2013 vom 8.7.2013, BStBl I 851) erläutern beide Begriffe lediglich mit Anwendungsbeispielen. Sie legen aber nicht fest, auf welche Regel die LStR R 39b.2 Abs 1 ("regelmäßig fortlaufend") Bezug nimmt und was im Gegensatz dazu unter einem sonstigen Bezug zu verstehen ist. Ebenso wenig bestimmen sie, dass variable Entgeltformen stets als laufender Arbeitslohn oder aber als sonstige Bezüge behandelt werden sollen. Für die konkrete Zuordnung übernehmen die LStR vielmehr die gesetzliche Zweiteilung danach, ob die Bezüge "fortlaufend" gewährt werden oder nicht (vgl etwa zu Tantiemen LStR R 39b.2 Abs 2 S 2 Nr 3). Ohnehin kommt den LStR keine Normqualität zu. Sie binden unmittelbar weder die Elterngeldstellen noch die Sozialgerichte (BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25, RdNr 26). § 2c Abs 1 S 2 BEEG enthält hier deshalb entgegen der Ansicht des LSG keine unzulässige dynamische Verweisung auf die LStR als untergesetzliche lohnsteuerliche Vorschriften.
- 28
-
Nach dem materiell-rechtlichen Gehalt des Lohnsteuerrechts ist maßgeblich, ob der Arbeitslohn einem (laufenden) Lohnzahlungszeitraum zugehörig gezahlt wird oder nicht (vgl § 38a Abs 1 S 2 und Abs 3 S 1, § 39b Abs 2 EStG im Gegensatz zu § 38a Abs 1 S 3 und Abs 3 S 2, § 39b Abs 3 EStG). Der Arbeitgeber hat für die Höhe der zunächst einzubehaltenden Lohnsteuer den Lohnzahlungszeitraum und die Höhe des darin zustehenden laufenden Arbeitslohns zu ermitteln (vgl § 38a Abs 1 und 3, § 39b Abs 2 S 1 EStG). Dieser Lohnzahlungszeitraum folgt nicht aus dem Steuerrecht (vgl § 39b Abs 2 S 2, Abs 5 EStG), das auch keine stets gleichbleibend langen Zeiträume vorgibt (BFH Urteil vom 11.6.1970 - VI R 67/68 - BFHE 99, 310 = BStBl II 1970, 664; Stache in Horowski/Altehoefer/Stache, Kommentar zum Lohnsteuerrecht, § 39b EStG RdNr 68, Stand der Einzelkommentierung Juni 2017). Der Lohnzahlungszeitraum kann daher nur dem Arbeitsvertragsverhältnis, dh den arbeitsrechtlichen Vereinbarungen oder einer betrieblichen Übung entnommen werden (BFH Urteil vom 10.3.2004 - VI R 27/99 - BFH/NV 2004, 1239). Es ist der Zeitraum, für den der laufende Arbeitslohn abgerechnet und gezahlt wird (BFH Urteil vom 10.3.2004 - VI R 27/99 - BFH/NV 2004, 1239; Stache in Horowski/Altehoefer/Stache, Kommentar zum Lohnsteuerrecht, § 38a EStG RdNr 21 und 26, Stand Einzelkommentierung Juni 2011). Laufender Arbeitslohn ist danach durch seinen arbeitsvertraglich definierten Lohnzahlungszeitraum gekennzeichnet, der - rein zeitlich betrachtet - den Regelfall der Entlohnung darstellt; davon weicht der sonstige Bezug ab.
- 29
-
Arbeits- bzw dienstrechtlich verbindliche allgemeine Vorgaben zur Dauer der Lohnzahlungszeiträume sind nach den vom LSG festgestellten Anspruchsvoraussetzungen für die streitigen Entgeltbestandteile nicht zu beachten. Selbst wenn die Vorschriften für die Provisionen der Handelsvertreter anwendbar wären, könnte deren Abrechnungs- und Zahlungszeitraum frei zwischen dem Quartal und dem Monat gewählt werden (§ 87c Abs 1 HGB; vgl § 65 HGB für Handlungsgehilfen). Dasselbe gilt entsprechend für (andere) Arbeitnehmer (vgl Fandel/Kock in Herberger/Martinek/Rüßmann ua, juris-PK-BGB, 8. Aufl 2017, § 611a BGB RdNr 128).
- 30
-
Im Übrigen können die Arbeitsvertragsparteien den Abrechnungsmodus der variablen Entgeltbestandteile im Rahmen einer Entgeltregelung iS des § 611 Abs 1 BGB frei regeln. Gleiches gilt für den Zeitpunkt der Fälligkeit, weil von der nach § 614 BGB bestimmten Fälligkeit nach Ablauf des Bemessungsabschnitts abgewichen werden darf(vgl BAG Urteil vom 15.1.2002 - 1 AZR 165/01 - EzA § 614 BGB Nr 1). Diese Gestaltungsfreiheit ist zudem nicht durch die allgemeine Billigkeits- oder Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff BGB eingeschränkt; lediglich dem Transparenzgebot des § 307 Abs 2 BGB iVm § 307 Abs 1 S 2 BGB muss Rechnung getragen werden(vgl BAG Urteil vom 12.12.2007 - 10 AZR 97/07 - BAGE 125, 147 = NZA 2008, 409, 411). Im Rahmen seiner Fürsorgepflicht muss der Arbeitgeber allerdings auf die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht nehmen.
- 31
-
Nach den materiell-rechtlichen Regelungen des EStG gehören damit zu den sonstigen Bezügen jene Entgeltzahlungen, deren Zahlungszeiträume von dem als Regel vorgesehenen Zahlungsturnus für Arbeitslohn nicht nur unerheblich abweichen. Einen sonstigen Bezug stellen also Zahlungen dar, die entweder nicht für bestimmte, aufeinanderfolgende Zeiträume erfolgen oder solche, die den üblichen Lohnzahlungszeitraum erheblich überschreiten (vgl Stache in Bordewin/Brandt, EStG, § 38a RdNr 33 mwN, Stand der Einzelkommentierung August 2017). Maßgeblich ist die Abweichung von dem Lohnzahlungszeitraum, den die Vertragsparteien arbeitsrechtlich zugrunde gelegt haben.
- 32
-
Der Senat hält in diesem Zusammenhang nicht mehr an der spezifisch elterngeldrechtlichen Auslegung des § 2c Abs 1 S 2 BEEG(§ 2 Abs 7 S 2 BEEG aF) fest, der zufolge es - noch unterschieden durch den Anspruchsgrund - in einem Arbeitsverhältnis mehrere laufende, dh regelmäßige Arbeitslöhne in verschiedenen Lohnzahlungszeiträumen nebeneinander geben kann (anders noch BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25, RdNr 35). Vielmehr kann es nur einen regelmäßigen Zahlungszeitraum für laufenden Arbeitslohn geben. Zahlungen, die davon abweichend in anderen Zeitintervallen erfolgen, sind als sonstige Bezüge anzusehen, selbst wenn es sich dabei seinerseits um gleichbleibende Intervalle handelt.
- 33
-
Dieses Auslegungsergebnis schließt es schon materiell-rechtlich aus, die dem Kläger im Oktober und Dezember 2014 gezahlten variablen Entgeltbestandteile dem laufenden Arbeitslohn und damit der Bemessungsgrundlage des Elterngelds hinzuzurechnen. Wie das LSG festgestellt hat, hat der Kläger monatlich Anspruch auf Zahlung eines Grundgehalts und quartalsweise auf Zahlung von variablen Entgeltbestandteilen. Aufgrund ihrer Frequenz und Häufigkeit stellt damit der monatliche Lohnzahlungszeitraum des Grundgehalts den Regelfall und die erheblich anders gelagerten Zahlungszeiträume der variablen Entgelte in Form der Quartalsprovisionen die Abweichung dar. Bezogen auf den maßgeblichen arbeitsvertraglich vereinbarten Lohnzahlungszeitraum werden sie nicht regelmäßig gezahlt. Sie sind damit kein laufender Arbeitslohn, sondern sonstige Bezüge. Diese Auslegung bestätigt im Übrigen auch die inzwischen erfolgte, für den Fall des Klägers indes noch nicht einschlägige Ergänzung der norminterpretierenden LStR R 39b.2 Abs 2 S 2 um die Nummer 10 durch die Lohnsteuer-Änderungsrichtlinien 2015 (vom 22.10.2014, BStBl I 1344; aA SG Berlin Urteil vom 21.12.2016 - S 2 EG 51/15 - Juris). Sie zählt Zahlungen innerhalb eines Kalenderjahres als viertel- oder halbjährliche Teilbeträge zu den sonstigen Bezügen.
- 34
-
Die Verbindlichkeit der beschriebenen materiell-rechtlichen Zuordnungsregelungen des Steuerrechts für die Elterngeldbemessung wird durch den Verweis in § 2c Abs 1 S 2 BEEG auf die Behandlung im Lohnsteuerabzugsverfahren noch verstärkt. Eine nach dessen Durchführung bestandskräftig gewordene Lohnsteueranmeldung bindet auch die Beteiligten des Elterngeldverfahrens. Die durch diese Anmeldung erfolgte Einordnung von Lohnbestandteilen haben die Elterngeldstellen und Sozialgerichte materiell-rechtlich nicht mehr zu prüfen, sondern ihren Entscheidungen zugrunde zu legen. Dies folgt aus der Rechtsstellung des Arbeitgebers im Lohnsteuerabzugsverfahren.
- 35
-
Der Arbeitgeber ist zum Einbehalt und zum Abzug der Lohnsteuer verpflichtet (§ 38 Abs 3 S 1, Abs 1 S 1 EStG). Insoweit nimmt er öffentlich-rechtliche Aufgaben wahr (BVerfG
Beschluss vom 17.3.2014 - 2 BvR 736/13 - Juris RdNr 22) . Der Arbeitgeber ist Steuerpflichtiger iS des § 33 Abs 1 S 1 Abgabenordnung(, vgl Krüger in DStJG 40 <2017>, 145, 165). Dabei muss er - auch im Verhältnis zum Arbeitnehmer als dem eigentlichen Steuerschuldner (vgl BAG Urteil vom 16.6.2004 - 5 AZR 521/03 - BAGE 111, 131 = AP Nr 9 zu § 611 BGB) -Lohnbestandteile richtig einordnen. Dafür gewähren ihm die steuerlichen Vorschriften weder ein Wahlrecht, noch können sie durch privatrechtliche Willenserklärungen und Verträge abbedungen werden (Eisgruber in Kirchhof, EStG, 16. Aufl 2017, § 42d RdNr 5; Sponer/Wollensak in Sponer/Steinherr, TVöD, 2.2 Lohnsteuer und Kirchenlohnsteuer, Stand der Einzelkommentierung November 2011). Hier maßgebliche Rechtsfolge der Lohnsteueranmeldung ist, dass in ihrem Umfang eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt anzunehmen ist (§ 168 S 1 AO). Eine Lohnsteueranmeldung des Arbeitgebers wirkt damit so, als hätte die Finanzverwaltung einen entsprechenden Steuerbescheid erlassen. Der Inhalt erwächst in Bestandskraft, wenn weder der Arbeitnehmer, der Arbeitgeber noch das Finanzamt die von der AO eröffneten Rechtsbehelfe oder andere Korrekturmöglichkeiten nutzen (vgl § 41c EStG; BFH Urteil vom 2.9.2009 - I R 111/08 - BFHE 226, 276 = BStBl II 2010, 387, stRspr; im Einzelnen, Krüger, DStJG 40 <2017> 166 f). Diese Bestandskraft der Lohnsteueranmeldung erstreckt sich auf den Arbeitnehmer, dessen Einkünfte zur Lohnsteuer angemeldet sind (§ 166 AO; vgl BFH Urteil vom 16.5.2017 - VII R 25/16 - BFHE 257, 515 = BStBl II 2017, 934 mwN). Ihr gegenüber kann sich der Arbeitnehmer nicht mehr darauf berufen, die Lohnsteuer hätte rechtmäßig anders, beispielsweise nicht unter Einrechnung sonstiger Bezüge, berechnet werden müssen (vgl BFH Urteil vom 24.8.2004 - VII R 50/03 - BFHE 207, 5; BAG Urteil vom 21.12.2016 - 5 AZR 266/16 - BAGE 157, 336; Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 166 AO RdNr 15, Stand der Einzelkommentierung September 2017). Nicht das tatsächliche Verhalten des Arbeitgebers im Lohnsteuerabzugsverfahren bindet dessen Beteiligte (vgl BSG Urteil vom 23.5.2017 - B 12 KR 6/16 R - SozR 4-5376 § 1 Nr 1 RdNr 23; BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25, RdNr 26 f), wohl aber die Rechtsfolgen, die AO und EStG daran knüpfen.
- 36
-
Diese Bindung erstreckt § 2c Abs 1 S 2 BEEG auf das Elterngeldverfahren, weil die Vorschrift uneingeschränkt auf die Behandlung im Lohnsteuerabzugsverfahren verweist. Das Steuerrecht ist im Elterngeldverfahren nicht mehr eigenständig anzuwenden, wenn die Lohnsteueranmeldung bestandskräftig geworden ist (anders für den Fall einer fehlenden verbindlichen Regelung BSG Urteil vom 30.9.1997 - 4 RA 122/95 - SozR 3-2400 § 15 Nr 4 RdNr 16). Vielmehr müssen auch die Beteiligten des Elterngeldverfahrens den Inhalt einer bestandskräftigen Lohnsteueranmeldung kraft der gesetzlichen Rechtsfolgenverweisung des § 2c Abs 1 S 2 BEEG als feststehend hinnehmen. Sie haben ihn insbesondere nicht mehr daraufhin zu überprüfen, ob er dem materiellen Recht entspricht (vgl BFH Urteil vom 24.8.2004 - VII R 50/03 - BFHE 2007, 5 mwN). Behörden und Gerichte haben lediglich noch zum Zwecke der Tatsachenfeststellung zu ermitteln, wie der Arbeitgeber und gegebenenfalls das Finanzamt im Lohnsteuerabzugsverfahren die steuerrechtlichen Vorschriften gehandhabt haben und ob insoweit ausnahmsweise keine Bestandskraft eingetreten ist (vgl BSG Urteil vom 3.12.1996 - 10 RKg 8/96 - SozR 3-5870 § 1 Nr 12 RdNr 21 mwN, dort für das Verhältnis von Ausländer- zu Kindergeldrecht als "Tatbestandswirkung" bezeichnet; vgl BSG Urteil vom 6.2.1992 - 12 RK 15/90 - SozR 3-1500 § 54 Nr 15).
- 37
-
Die im Elterngeldverfahren noch erforderlichen Feststellungen zur Höhe der Lohnsteuer und der Behandlung bestimmter Entgeltbestandteile als sonstige Bezüge im Lohnsteuerabzugsverfahren können Elterngeldstellen und Gerichte dabei in aller Regel auf die Angaben des Arbeitgebers in seinen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen stützen (vgl § 1 Abs 2 Nr 2 Buchst a, Nr 3 Buchst a Entgeltbescheinigungsverordnung, BGBl I 2012, 2712). Denn § 1 Abs 2 Nr 2a Entgeltbescheinigungsverordnung verpflichtet den Arbeitgeber ua zum getrennten Ausweis der sonstigen Bezüge. Seine Bescheinigungen sind zwar nur bloße Wissenserklärungen (Lembke in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 7. Aufl 2016, § 108 GewO RdNr 8 mwN). Lediglich ihre tatsächliche Richtigkeit und Vollständigkeit wird daher nach § 2c Abs 2 S 2 BEEG vermutet. Indes wird die Erklärung des Arbeitgebers, er habe bestimmte Entgeltbestandteile als sonstige Bezüge zur Lohnsteuer angemeldet, regelmäßig den Schluss erlauben, dass diese Anmeldung bestandskräftig geworden ist und deshalb die Beteiligten des Elterngeldverfahrens bindet, wenn nicht konkrete tatsächliche Anhaltspunkte entgegenstehen.
- 38
-
Danach spricht hier alles dafür, dass der Kläger auch wegen der Bindungswirkung der entsprechenden Lohnsteueranmeldung seines Arbeitgebers keine Berücksichtigung zusätzlicher Entgeltbestandteile verlangen kann. Nach den Feststellungen des LSG enthalten diese Lohn- und Gehaltsbescheinigungen Angaben über eine Behandlung der maßgeblichen Entgeltbestandteile als sonstige Bezüge ("S") im Lohnsteuerabzugsverfahren. Der Arbeitgeber des Klägers hat dies gegenüber dem SG im November 2015 nochmals bestätigt. Allerdings haben die Vorinstanzen - von ihrem Rechtsstandpunkt aus konsequent - nicht festgestellt, ob trotzdem ausnahmsweise konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestanden haben, die Einordnung dieser Entgeltbestandteile könnte im Lohnsteuerabzugsverfahren ausnahmsweise nicht bestandskräftig geworden sein. Die Behandlung der Quartalsprovisionen des Klägers als sonstige Bezüge im Lohnsteuerabzugsverfahren hat sich aber aus den vorgenannten Gründen materiell-rechtlich als richtig erwiesen. Auf die Frage der Bestandskraft dieser Behandlung kommt es daher hier nicht an. Eine Zurückverweisung wäre iS von § 170 Abs 2 S 2 SGG untunlich.
- 39
-
c) Der von § 2c Abs 1 S 2 BEEG angeordnete Ausschluss der sonstigen Bezüge nichtselbstständig Erwerbstätiger aus der Bemessung des Elterngelds verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.
- 40
-
Das aus Art 3 Abs 1 GG folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen ebenso wie für ungleiche Begünstigungen. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (BVerfG Beschluss vom 24.3.2015 - 1 BvR 2880/11 - BVerfGE 139, 1 RdNr 38 mwN). Es verletzt den Gleichheitssatz, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen Gruppe anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (BVerfG Beschluss vom 18.12.2012 - 1 BvL 8/11, 1 BvL 21 BvL 22/11 - BVerfGE 132, 372 RdNr 45 mwN). Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab. Inhalt und Grenzen richten sich nach dem jeweils betroffenen Regelungsbereich. Im Bereich der leistenden Massenverwaltung sind die Gestaltungsspielräume des Gesetzgebers besonders groß. Im Rahmen des allgemeinen Gleichheitssatzes ist nur zu überprüfen, ob der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten hat und nicht, ob er unter verschiedenen Lösungen die gerechteste und zweckmäßigste gewählt hat (stRspr BVerfG, zB Beschluss vom 5.11.1974 - 2 BvL 6/71 - BVerfGE 38, 154, 166; BVerfG zB Beschluss vom 8.10.1991 - 1 BvL 50/86 - BVerfGE 84, 348, 359; BVerfG Beschluss vom 8.6.2004 - 2 BvL 5/00 - BVerfGE 110, 412, 436). Das gilt jedenfalls uneingeschränkt für das Elterngeld als fürsorgerische Leistung der Familienförderung, die über die bloße Sicherung des Existenzminimums hinausgeht (zum Elterngeld vgl BVerfG
Beschluss vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - BVerfGK 19, 186) .
- 41
-
Der Ausschluss sonstiger Bezüge durch § 2c Abs 1 S 2 BEEG trifft alle aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit anspruchsberechtigten Eltern in gleicher Weise. Sonstige Bezüge im lohnsteuerrechtlichen Sinn sind ausnahmslos weder bei der Bemessung noch während des Bezugs von Elterngeld zu berücksichtigen. Eine Differenzierung erfolgt innerhalb der Gruppe der nichtselbstständig Erwerbstätigen nur insoweit, dass die Bemessung für Elterngeldberechtigte mit sonstigen Bezügen nicht den gesamten Arbeitslohn im Bemessungszeitraum einbezieht, umgekehrt aber auch von einer Anrechnung im Bezugszeitraum absieht. Falls die Bemessungsgrenze nicht schon mit dem laufenden Arbeitslohn erreicht wird, ergibt sich ein geringeres Elterngeld. Umgekehrt verbleibt ein höheres Elterngeld, wenn sonstige Bezüge während des Bezugszeitraums nicht als Einkommen angerechnet werden.
- 42
-
Ziel und Ausmaß einer Ungleichbehandlung gegenüber Eltern, die im Bemessungszeitraum einen insgesamt gleich hohen Bruttoarbeitslohn ohne sonstigen Bezug erzielen, sind verfassungsrechtlich durch hinreichend gewichtige Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt. Es ist ein legitimes Anliegen des Gesetzgebers, die Bemessung des Elterngelds generalisierend auf die prägenden vorgeburtlichen Einnahmen zu beschränken und sonstige Bezüge davon auszuschließen (dazu unter aa). Die damit verbundene Ungleichbehandlung wiegt nicht unverhältnismäßig schwer. Die Ungleichbehandlung hat nicht nur ungünstige, sondern im Bezugszeitraum auch mögliche positive und für die Anreizfunktion des Elterngelds wichtige Folgen (dazu unter bb). Zudem können Elterngeldberechtigte ungünstigen Gesetzesfolgen durch arbeitsvertragliche Gestaltung ausweichen (dazu unter cc). Die maßgebliche Rechtfertigung der verbleibenden belastenden Ungleichbehandlung liefert die damit bewirkte Verwaltungsvereinfachung (dazu unter dd).
- 43
-
aa) Der Ausschluss sonstiger Bezüge dient dem legitimen Anliegen einer generalisierenden Gesetzgebung. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren, indem er nach wesentlichen Elementen gleich geartete Lebenssachverhalte zusammenfasst und Besonderheiten generalisierend vernachlässigt (vgl BVerfG Beschluss vom 31.5.1990 - 2 BvL 12/88 - BVerfGE 82, 159, 185 f; BVerfG Beschluss vom 10.4.1997 - 2 BvL 77/92 - BVerfGE 96, 1, 6; BVerfG Beschluss vom 7.5.2013 - 2 BvR 909/06 - BVerfGE 133, 377, 412, RdNr 87).
- 44
-
Der BEEG-Gesetzgeber wollte in generalisierender Weise eine Bemessungsgrundlage für das Elterngeld schaffen, die das zukünftig wegfallende Einkommen verlässlich und realitätsgetreu abbildet. Dafür hat er sich - wie auch bei anderen kurzfristigen Entgeltersatzleistungen - der sogenannten Bezugs- bzw Referenzmethode bedient (vgl BSG Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 20/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 8 RdNr 59). Sie berücksichtigt nur solche Einnahmen, welche die vorgeburtliche Lebenssituation geprägt, dh wesentlich beeinflusst haben (BSG Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 20/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 8 RdNr 65). Das kann - generalisierend - bei anlassunabhängigen, wiederkehrenden und verbindlich geschuldeten Lohnzahlungen angenommen werden, nicht dagegen hinreichend verlässlich bei sonstigen Bezügen. Andernfalls drohte die Bemessung mehr vom Zufall des Zuflusses als von der tatsächlich bestehenden vorgeburtlichen Einkommenssituation abzuhängen (BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 10 EG 20/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 18 RdNr 71). Deshalb ist nach der Rechtsprechung des BSG der Ausschluss von Weihnachtsgeld aus der Bemessungsgrundlage nicht zu beanstanden, wenn es zwar als Anspruchsleistung, aber anlassbezogen gezahlt wird; trotzdem bleibt die Höhe des Elterngelds an dem Einkommen orientiert, das regel- und gleichmäßig im vorgeburtlichen Bemessungszeitraum zur Verfügung steht (vgl BSG Urteil vom 29.6.2017 - B 10 EG 5/16 R - Juris RdNr 31, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Genauso wenig lässt sich bei variablen Entgeltbestandteilen die Annahme widerlegen, dass solche Einnahmen schwanken, ua weil sie vom Einsatz und Erfolg des Begünstigten abhängen. Deshalb durfte der Gesetzgeber im Rahmen seines weiten Ermessens- und Prognosespielraums davon ausgehen, dass solche Einnahmen den in der Elternzeit prognostizierbaren Arbeitslohn nicht hinreichend sicher prägen.
- 45
-
bb) Bei der verfassungsrechtlichen Prüfung einer Ungleichbehandlung sind nicht nur isoliert ihre nachteiligen, sondern ebenso ihre günstigen Folgen zu betrachten (vgl BVerfG
Beschluss vom 14.6.2016 - 2 BvR 323/10 - Juris RdNr 63) . Die Ausklammerung sonstiger Bezüge aus der Bemessungsgrundlage des Elterngelds kann betroffene Eltern im Bemessungszeitraum benachteiligen, während des Elterngeldbezugs dagegen begünstigen. Gerade die überwiegende Mehrheit von Vätern bezieht Elterngeld nur während eines kurzen Zeitraums von bis zu zwei Monaten (vgl Statistisches Bundesamt, Statistik zum Elterngeld Leistungsbezüge, 2016, www.destatis.de: bei vor dem 1.7.2015 geborenen Kindern lag die Inanspruchnahme für lediglich bis zwei Monate deutschlandweit bei 75,8 Prozent). Der Zufluss eines sonstigen Bezugs in einem kurzen Bezugszeitraum (zB ein noch abgerechnetes variables Entgelt) könnte den Elterngeldanspruch trotz des Vorteils eines geringfügig höheren vorgeburtlichen Bemessungsentgelts bis auf den Mindestbetrag des § 2 Abs 4 S 1 BEEG absinken lassen(§ 2 Abs 3 BEEG). Nach wie vor trifft daher die im Gesetzgebungsverfahren geäußerte Befürchtung zu, die Berücksichtigung sonstiger Bezüge könnte vor allem im Bezugszeitraum unerwünschte Zufallsergebnisse herbeiführen (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, BT-Drucks 16/2785 S 37). Die Einführung der längeren Rahmenfrist für den Elterngeldbezug durch das Elterngeld Plus (vgl § 4 Abs 1 und 4 BEEG) hat die Gefahr solcher unerwünschten Zufallsergebnisse sogar noch erhöht. Selbst wenn der Zufluss sonstiger Bezüge im Bezugszeitraum für Eltern vorhersehbar sein sollte, würde das Risiko einer Zweckverfehlung erhöht. Eltern sollen frei entscheiden können, wer von ihnen wann Elterngeld bezieht (vgl BT-Drucks 16/2454 S 2). Diese Wahlfreiheit würde zweckwidrig beeinträchtigt, wenn die Elternzeit vorrangig mit Blick auf die Vermeidung elterngeldschädlicher Geldzuflüsse geplant werden müsste.
- 46
-
cc) Der generalisierende Ausschluss sonstiger Bezüge wie die dem Kläger gezahlten Provisionen vom Elterngeld wiegt auch deshalb weniger schwer, weil er an Merkmale anknüpft, die für die Leistungsberechtigten häufig verfügbar sein werden (hierzu BVerfG Beschluss
vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - BVerfGK 19, 186 RdNr 10; allgemein BVerfG Urteil vom 17.12.2014 - 1 BvL 21/12 - BVerfGE 138, 136, 180 mwN) . Die Arbeitsvertragsparteien können die Zuordnung variabler Lohnbestandteile zum sonstigen Bezug durch vertragliche Gestaltungen vermeiden. Sie können etwa eine (Voraus-)Zahlung in den regelmäßigen Lohnabrechnungszeiträumen vereinbaren.
- 47
-
dd) Gerechtfertigt ist die verbleibende belastende Ungleichbehandlung nicht nur durch die beschriebene Vermeidung von Zufallsergebnissen, sondern zudem durch die damit bewirkte wesentliche Verwaltungsvereinfachung, wie sie auch die ab dem 1.1.2015 geltende Neufassung des BEEG anstrebt. Dazu sollen Behörden und Gerichte direkt auf die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitsgebers zugreifen können und so einen Gleichlauf des Elterngeldrechts mit dem lohnsteuerlichen Einkommensbegriff und den Ergebnissen des Lohnsteuerabzugsverfahrens sichern (vgl BT-Drucks 18/2583 S 24 f).
- 48
-
Das Ziel der Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität gehört im Bereich der Massenverwaltung - wie im Bereich des BEEG mit rund 1,640 Mio Elterngeldbeziehern im Jahr 2016 (Statistisches Bundesamt, Statistik zum Elterngeld - Leistungsbezüge 2016, www.destatis.de) - zu den legitimen Anliegen des Gesetzgebers. Die so bewirkte Verwaltungsvereinfachung ist von vernünftigen und einleuchtenden Gründen getragen und steht in einem angemessenen Verhältnis zu der notwendigen Ungleichbehandlung (zu den Maßstäben vgl BVerfG Urteil vom 5.11.2014 - 1 BvF 3/11 - BVerfGE 137, 350 RdNr 66 mwN; auch BVerfG
Beschluss vom 28.11.2007 - 2 BvR 375/06 - BVerfGK 12, 453). Die dadurch mögliche Vereinfachung und Beschleunigung der Elterngeldverfahren kommt allen Elterngeldbeziehern zugute. Wie die bisherige Praxis zeigt, erhöht dagegen ein fehlender Gleichlauf des Elterngeld- mit dem Lohnsteuerabzugsverfahren maßgeblich den Verwaltungsaufwand der Elterngeldstellen. Sie müssten, ebenso wie im Streitfall die Sozialgerichte, einen in aller Regel steuerlich abgeschlossenen Sachverhalt wiederaufgreifen, jedenfalls aber ressortfremd eigenständig steuerrechtlich bewerten. Stattdessen erlaubt ihnen die aktuelle Lösung des Gesetzgebers, sich im Regelfall auf die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers und die darin dokumentierten Abläufe des Lohnsteuerabzugs zu stützen. Dies vereinfacht maßgeblich die Elterngeldgewährung im Rahmen der zulässig gewählten Referenzkriterien (siehe oben unter aa) und beugt zudem widerstreitenden Ergebnissen verschiedener Verwaltungsverfahren vor.
- 49
-
Die Bindung an bestandskräftige Ergebnisse des Lohnsteuerabzugsverfahrens belastet auch für sich gesehen die Elterngeldberechtigten nicht unverhältnismäßig. Werden Bestandteile ihres Entgelts im Lohnsteuerabzugsverfahren entgegen den materiellen Regeln des Steuerrechts zu Unrecht als sonstige Bezüge behandelt, steht ihnen dagegen Rechtsschutz offen. § 2c Abs 1 S 2 BEEG verdeutlicht Eltern unmissverständlich, dass sonstige Bezüge nicht in die Berechnung ihres Elterngelds einfließen. Welcher Teil ihres Gehalts unter diese Ausschlussregelung fällt, ergibt sich ohne Weiteres aus ihren Lohn- und Gehaltsbescheinigungen. Vermuten Eltern dabei eine falsche Praxis ihres Arbeitgebers, so können sie ihn bei der nachfolgenden Lohnzahlung über § 41c Abs 1 EStG zu einer Korrektur anhalten. Danach können sie die weiteren Korrektur- und Rechtsschutzmöglichkeiten des Lohnsteuerabzugsverfahrens nutzen (vgl dazu im Einzelnen Krüger, DStJG 40 <2017>, 166 f). Dagegen verhielten sich Eltern widersprüchlich, wollten sie einerseits von den Steuervorteilen einer (unrichtigen) Besteuerung von Entgeltbestandteilen als sonstige Bezüge profitieren, um diese dann andererseits im nachfolgenden Elterngeldverfahren mit dem Ziel höheren Elterngelds wieder infrage zu stellen (zur Maßgeblichkeit in Anspruch genommener steuerlicher Vergünstigungen bei der Berechnung des Elterngelds aus selbstständiger Erwerbstätigkeit BSG Urteil vom 15.12.2015 - B 10 EG 6/14 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 30 RdNr 19).
- 50
-
Auch sonst sind schließlich keine unverhältnismäßigen Folgen der Ungleichbehandlung ersichtlich, weder im Einzelfall des Klägers noch mit Blick auf die Gesamtheit der Elterngeldbezieher. Das zur Bemessung herangezogene Arbeitsentgelt bleibt auch ohne variable Entgeltbestandteile relativ nahe beim tatsächlichen Arbeitsentgelt (vgl dazu zuletzt Bundesagentur für Arbeit, Beschäftigungsstatistik: Sozialversicherungspflichtige Bruttoarbeitsentgelte, 2010, S 32).
Tenor
I. Auf die Berufung wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 18. November 2015 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
– März 2014 3.285,76 EUR
– April 2014 3.576,34 EUR
– Mai 2014 3.517,40 EUR
– Juni 2014 3.461,10 EUR
– Juli 2014 3.504,23 EUR
– August 2014 3.277,42 EUR
– September 2014 3.479,71 EUR
– Oktober 2014 3.370,15 EUR
– November 2014 3.363,15 EUR
– Dezember 2014 3.337,84 EUR
– Januar 2015 2.428,29 EUR
– Februar 2015 4.651,77 EUR.
– März 2014 Urlaubsgeld 173,80 EUR
– April 2014 Sonderzahlung 120 EUR, Weihnachtsgeld 1.280,20 EUR
– Mai 2014 –
– Juni 2014 Urlaubsgeld 521,40 EUR
– Juli 2014 –
– August 2014 –
– September 2014 Mehrarbeit EZ/h 200 Stunden 3.756,00 EUR
– Oktober 2014 Mehrarbeit EZ/h 200 Stunden 3.756,00 EUR
– November 2014 Weihnachtsgeld 1.568,50 EUR, Mehrarbeit EZ/h 60 Stunden 1.126,80 EUR
– Dezember 2014 Mehrarbeit EZ/h 60 Stunden, 1.126,80 EUR
– Januar 2015 Mehrarbeit EZ/h 60 Stunden, 1.126,80 EUR
– Februar 2015 Mehrarbeit EZ/h 60 Stunden, 1.126,80 EUR.
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 18. November 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
die Berufung zurückzuweisen.
„Dass ich mir die Mehrarbeit habe auszahlen lassen, beruht auf einer Beratung durch den Sozialdienst vom Krankenhaus. Ansonsten hätte ich das nicht gemacht. Denn die steuerlichen Abzüge sind derart hoch, dass für mich Freizeitausgleich günstiger gewesen wäre.
Ich habe mich erst unmittelbar vor September 2014 dazu entschlossen, mir die Mehrarbeit auszahlen zu lassen.
Wir haben gleitende Arbeitszeit. Das Arbeitszeitplus hat sich allein aus dem Saldo des Arbeitszeitkontos ergeben. Mein Arbeitgeber hat keine Überstunden oder Mehrarbeit angeordnet oder anerkannt.“
Gründe
-
1.einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat,
-
2.mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,
-
3.dieses Kind selbst betreut und erzieht und
-
4.keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.
„(1) 1Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. 2Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat. 3Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus
1. nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Einkommensteuergesetzes sowie
2 …,
die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b … hat.
(2) … 2In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1.200 Euro war, sinkt der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1.200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent.“
(1) 1Der monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Überschuss der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Geld oder Geldeswert über ein Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2e und 2f, ergibt das Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit. 2Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelt werden. …
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
(1) Der monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Überschuss der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Geld oder Geldeswert über ein Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2e und 2f, ergibt das Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit. Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind. Die zeitliche Zuordnung von Einnahmen erfolgt nach den lohnsteuerlichen Vorgaben für das Lohnsteuerabzugsverfahren. Maßgeblich ist der Arbeitnehmer-Pauschbetrag nach § 9a Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes in der am 1. Januar des Kalenderjahres vor der Geburt des Kindes für dieses Jahr geltenden Fassung.
(2) Grundlage der Ermittlung der Einnahmen sind die Angaben in den für die maßgeblichen Kalendermonate erstellten Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers. Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben in den maßgeblichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen wird vermutet.
(3) Grundlage der Ermittlung der nach den §§ 2e und 2f erforderlichen Abzugsmerkmale für Steuern und Sozialabgaben sind die Angaben in der Lohn- und Gehaltsbescheinigung, die für den letzten Kalendermonat im Bemessungszeitraum mit Einnahmen nach Absatz 1 erstellt wurde. Soweit sich in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Bemessungszeitraums eine Angabe zu einem Abzugsmerkmal geändert hat, ist die von der Angabe nach Satz 1 abweichende Angabe maßgeblich, wenn sie in der überwiegenden Zahl der Kalendermonate des Bemessungszeitraums gegolten hat. § 2c Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
Tenor
-
Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Dezember 2016 und des Sozialgerichts Mannheim vom 24. März 2016 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
-
Kosten sind in allen Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand
- 1
-
Die Beteiligten streiten darüber, ob das der Klägerin bewilligte Elterngeld unter Berücksichtigung von Quartalsprovisionen höher zu bemessen ist.
- 2
-
Die Klägerin war vor der Geburt ihres Sohnes am 10.5.2015 bei der M. GmbH (Arbeitgeberin) als "Junior Online-Marketing-Manager" beschäftigt. Entsprechend dem Arbeitsvertrag zahlte die Arbeitgeberin neben einem monatlichen Festgehalt einen erfolgsabhängigen variablen Gehaltsanteil im Quartal von 1170 Euro brutto bei 100 Prozent Zielerreichung. Die Klägerin erzielte in der Zeit vom 1.3.2014 bis 28.2.2015 39 175 Euro Festgehalt sowie 6808,80 Euro aus Provisionszahlungen im April, Juli, Oktober 2014 und Januar 2015.
- 3
-
Die Beklagte bewilligte der Klägerin für die ersten zwölf Lebensmonate des Kindes Elterngeld auf der Grundlage des im Zeitraum von März 2014 bis Februar 2015 monatlich gezahlten Brutto-Festgehalts, ohne die Quartalsprovisionen zu berücksichtigten (Bescheid vom 17.8.2015). Den auf die Einbeziehung der Quartalsprovisionen in die Bemessung gerichteten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 16.9.2015).
- 4
-
Auf die Klage hat das SG den Bescheid vom 17.8.2015 sowie den Widerspruchsbescheid vom 16.9.2015 abgeändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin für den ersten bis zwölften Lebensmonat ihres Sohnes Elterngeld in der gesetzlichen Höhe unter Berücksichtigung auch der in den Monaten April, Juli, Oktober 2014 und Januar 2015 gezahlten Quartalsprovisionen zu bewilligen (Urteil vom 24.3.2016). Die Berufung der Beklagten hat das LSG zurückgewiesen (Urteil vom 13.12.2016). Das SG habe zu Recht angenommen, dass es sich bei den von der Arbeitgeberin gezahlten Quartalsprovisionen im Bemessungszeitraum vom 1.3.2014 bis 28.2.2015 um laufenden Arbeitslohn handele, weil entsprechend den Kriterien der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Abgrenzung des laufenden Arbeitslohns von sonstigen Bezügen mehrmals (zweimal) im Jahr Zahlungen als Teil der Gesamtvergütung im Bemessungszeitraum erfolgt seien. Daran habe auch die Neufassung von § 2c Abs 1 S 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) zum 1.1.2015 nichts geändert.
- 5
-
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 2c Abs 1 S 2 BEEG(in der ab 1.1.2015 geltenden Fassung), wonach solche Einnahmen nicht als Einkommen berücksichtigt werden, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind. Der Gesetzgeber habe mit der Neufassung von § 2c Abs 2 BEEG insbesondere die Berücksichtigung von Provisionen korrigieren wollen durch die Aufnahme der Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung für die Lohn- und Gehaltsabrechnung des Arbeitgebers in S 2. Alle Lohn- und Gehaltsbestandteile seien damit richtigerweise nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstiger Bezug zu behandeln, wenn sie in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen als solche ausgewiesen werden und keine offensichtlich falsche Zuordnung vorliege.
- 6
-
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Dezember 2016 sowie das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 24. März 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
- 7
-
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
- 8
-
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen der Vorinstanzen für rechtmäßig.
Entscheidungsgründe
- 9
-
Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet. Die Urteile des LSG sowie des SG sind aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 170 Abs 2 S 1 SGG).
- 10
-
1. Streitgegenstand ist der Elterngeldanspruch der Klägerin, wie ihn der Elterngeldbescheid der Beklagten vom 17.8.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.9.2015 nach ihrer Ansicht zu niedrig festgesetzt hat. Hiergegen wendet sich die Klägerin in zulässiger Weise mit der auf die Gewährung höheren Elterngelds gerichteten kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1, Abs 4 SGG), gerichtet auf den Erlass eines Grundurteils (§ 130 Abs 1 SGG; vgl hierzu BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 7/10 R - BSGE 109, 42, 43 = SozR 4-7837 § 2 Nr 10, RdNr 14 mwN).
- 11
-
2. Die Klage ist nicht begründet. Das SG hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, höheres Elterngeld für den ersten bis zwölften Lebensmonat unter Berücksichtigung der Quartalszahlungen in den Monaten April, Juli, Oktober 2014 und Januar 2015 zu gewähren. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höheres Elterngeld. Die streitgegenständlichen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Dementsprechend hat das LSG auch zu Unrecht die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG zurückgewiesen.
- 12
-
a) Der Klägerin steht Elterngeld für die Zeit ab dem 10.5.2015 bis zum 9.5.2016 (erster bis zwölfter Lebensmonat) dem Grunde nach zu. Die Grundvoraussetzungen des Elterngelds richten sich aufgrund der Geburt des Sohnes der Klägerin nach dem 1.1.2015 gemäß § 27 Abs 1 S 1 BEEG nach der ab dem 1.1.2015 geltenden Fassung des § 1 Abs 1 BEEG(Gesetz zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im BEEG vom 18.12.2014, BGBl I 2325). Wie von § 1 Abs 1 Nr 1 bis 4 BEEG vorausgesetzt, hatte die Klägerin nach den für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG(§ 163 SGG) im Bezugszeitraum des Elterngelds ihren Wohnsitz in Deutschland, lebte in einem Haushalt mit dem von ihr selbst betreuten und erzogenen Sohn und übte keine Erwerbstätigkeit aus iS von § 1 Abs 6 BEEG(idF des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10.9.2012, BGBl I 1878).
- 13
-
b) Zur Bemessung des Elterngelds sind neben den regelmäßig gezahlten laufenden Arbeitslöhnen nicht noch zusätzlich die Quartalsprovisionen, die in den Monaten April, Juli, Oktober 2014 und Januar 2015 gezahlt worden sind, heranzuziehen. Letztere gehören zwar auch iS des § 2 Abs 1 S 1 BEEG zu den im Bemessungszeitraum erzielten Einnahmen in Geld und rühren aus der Erwerbstätigkeit her, hier einer nichtselbstständigen Tätigkeit iS des § 2 Abs 1 S 3 Nr 1 BEEG(dazu unter aa). Die vierteljährlich gezahlten Entgeltbestandteile erhöhen aber nicht den Anspruch der Klägerin auf Elterngeld, weil sie lohnsteuerrechtlich als sonstige Bezüge zu behandeln waren und im Lohnsteuerverfahren auch zutreffend so behandelt worden sind (dazu unter bb). Verfassungsrechtliche Bedenken hiergegen bestehen nicht (dazu unter c).
- 14
-
aa) Die Höhe des Elterngelds bemisst sich vorliegend nach § 2 BEEG idF des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10.9.2012 (BGBl I 1878), weil nach § 27 Abs 1 S 2 BEEG für die vor dem 1.7.2015 geborenen Kinder - wie vorliegend - die §§ 2 bis 22 BEEG in der bis zum 31.12.2014 geltenden Fassung weiter anzuwenden sind. Wie § 2 Abs 1 BEEG insoweit bestimmt, wird Elterngeld in Höhe von 67 Prozent des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. War das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1200 Euro, sinkt der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je zwei Euro, um die dieses Einkommen aus Erwerbstätigkeit den Betrag von 1200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent (§ 2 Abs 1, Abs 2 S 2 BEEG idF des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs, aaO). Es erhöht sich gegebenenfalls um einen Geschwisterbonus und Mehrlingszuschlag nach § 2a BEEG(S 1 und 2). Das Einkommen errechnet sich aus dem im Bemessungszeitraum (§ 2b BEEG) erzielten Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Dieses ist nach den näheren Bestimmungen der §§ 2c bis 2f BEEG zu ermitteln(§ 2 Abs 1 S 3).
- 15
-
Als Bemessungszeitraum hat die Beklagte zutreffend den Zeitraum vom 1.3.2014 bis 28.2.2015 herangezogen. Wurde - wie vom LSG festgestellt - vor der Geburt des Kindes nur Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit iS von § 2c BEEG erzielt, erstreckt sich der Bemessungszeitraum auf die zwölf Kalendermonate vor dem Geburtsmonat des Kindes(§ 2 Abs 1 S 1 BEEG idF des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs, aaO). Für die Klägerin verschiebt sich das Ende des zwölfmonatigen Bemessungszeitraums auf den Februar 2015, weil Kalendermonate mit Bezug von Mutterschaftsgeld, welches sie in den Monaten März und April 2015 erhielt, aus dem Bemessungszeitraum auszunehmen sind (§ 2b Abs 1 S 2 Nr 2 BEEG idF des Gesetzes zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung
vom 23.10.2012, BGBl I 2246) .
- 16
-
Wie die Beklagte zutreffend angenommen hat, ist deshalb der Durchschnittsverdienst nach den Lohnabrechnungen für den Zeitraum ab dem Monat März 2014 bis Februar 2015 zu berücksichtigen. Das einkommensabhängige Elterngeld errechnet sich gemäß § 2 Abs 1 S 3 Nr 1 BEEG aus der Summe der im Bemessungszeitraum zu berücksichtigenden positiven, im Inland zu versteuernden Einkünfte. Auf der Grundlage von Einkünften aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit ergibt sich das Einkommen nach § 2c Abs 1 S 1 BEEG(idF des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs, aaO; vgl die Übergangsvorschrift in § 27 Abs 1 S 2 BEEG für vor dem 1.7.2015 geborene Kinder) aus dem monatlich durchschnittlich zu berücksichtigenden Überschuss der Einnahmen in Geld oder Geldeswert über einem Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2e und 2f BEEG.
- 17
-
Gegen die nach diesen Vorgaben durchgeführte Elterngeldberechnung unter Einbeziehung der monatlich fortlaufend gezahlten Löhne sind von den Beteiligten ansonsten keine Bedenken geäußert worden noch für den Senat ersichtlich.
- 18
-
bb) Die an die Klägerin gezahlten Quartalsprovisionen in den Monaten April, Juli, Oktober 2014 und Januar 2015 können entgegen der Rechtsauffassung des SG und des LSG nicht zur Ermittlung des Durchschnittsverdienstes und der Bemessung des Elterngelds herangezogen werden. Diese sind von der Arbeitgeberin im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge behandelt worden und zählen daher zu den von der Bemessung ausgeschlossenen sonstigen Bezügen.
- 19
-
Gemäß der hier anzuwendenden Fassung des § 2c Abs 1 S 2 BEEG für nach dem 1.1.2015 geborene Kinder (idF des Gesetzes zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz vom 18.12.2014, BGBl I 2325; Übergangsvorschrift des § 27 Abs 1 S 3 BEEG) werden bei der Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Arbeit solche Einnahmen nicht berücksichtigt, "die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind". Nach Wortlaut, Systematik, Normzweck und Entstehungsgeschichte erfasst diese Ausnahme alle Entgeltbestandteile, die abweichend vom regelmäßigen - hier monatlichen - Lohnzahlungszeitraum abgerechnet und gezahlt werden.
- 20
-
Mit dieser doppelten Anknüpfung an das materielle und das Steuerverfahrensrecht eröffnet schon der Wortlaut des § 2c Abs 1 S 2 BEEG keinen Auslegungsspielraum dafür, bei der Elterngeldbemessung auf andere als steuerrechtliche Begriffe zurückzugreifen wie etwa auf denjenigen der Einmalzahlung iS des § 23a SGB IV. Deshalb lässt das Gesetz in seiner ab dem 1.1.2015 geltenden Fassung auch keine elterngeldspezifische Auslegung des Tatbestandsmerkmals der sonstigen Bezüge mehr zu. Vielmehr entspricht nur eine strenge Bindung an das formelle und materielle Steuerrecht der erklärten Zielsetzung des Gesetzgebers, wie sie maßgeblich in der Entstehungsgeschichte zum Ausdruck kommt.
- 21
-
Bereits die ab dem 1.1.2007 geltende Ursprungsfassung des § 2 Abs 7 BEEG (vom 5.12.2006, BGBl I 2748) hatte die Bemessung des Elterngelds für abhängig Beschäftigte nicht an den sozialrechtlichen Begriff des Arbeitsentgelts geknüpft (§ 14 SGB IV; vgl wegen einmaliger Einnahmen § 23a SGB IV), sondern an das Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit im Sinne des Einkommensteuergesetzes (EStG). Sie hatte in S 2 als Ausnahme formuliert, sonstige Bezüge iS von § 38a Abs 1 S 3 EStG seien nicht als Einnahmen zu berücksichtigen. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 2 Abs 7 S 2 BEEG (BT-Drucks 16/1889 S 21), der noch vom Einkommensbegriff des SGB II ausgegangen war, sollten damit einmalige Einnahmen wie Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Prämien und Erfolgsbeteiligungen weder vor der Geburt noch während des Bezugszeitraums des Elterngelds berücksichtigt werden. Nach Ansicht des Entwurfs prägten solche Einnahmen die für das Elterngeld als monatliche Leistung maßgeblichen Verhältnisse nicht mit der gleichen Nachhaltigkeit wie das laufende Erwerbseinkommen. Darüber hinaus könne der zufällige Zufluss einmaliger Einnahmen im Bezugszeitraum den Elterngeldanspruch insbesondere teilzeitbeschäftigter Eltern beeinträchtigen. An dieser Regelung hielt die Bundesregierung fest, obwohl der Bundesrat die Einbeziehung der einmaligen Einnahmen vorschlug (BT-Drucks 16/2454 S 11).
- 22
-
Die schließlich Gesetz gewordene Ursprungsfassung beruhte auf der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BT-Drucks 16/2785 S 37). Sie hat den Einkommensbegriff des SGB II durch den steuerrechtlichen ersetzt. Anstelle einmaliger Einnahmen sollten nunmehr - weiterhin unter Hinweis auf ansonsten drohende Zufallsergebnisse - sonstige Bezüge iS von § 38a Abs 1 S 3 EStG von der Bemessungsgrundlage des Elterngelds ausgenommen werden.
- 23
-
In der Folge hat das Urteil des Senats vom 3.12.2009 (B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4) zur Einordnung mehrmals jährlich gezahlter Umsatzprovisionen als laufenden Arbeitslohn den Gesetzgeber veranlasst, sein von Anfang an verfolgtes, steuerakzessorisches Regelungskonzept nochmals zu verdeutlichen und zu verstärken (vgl BT-Drucks 17/3030 S 48) und die Ergebnisse des Besteuerungsverfahrens hervorzuheben. Nach der ab dem 1.1.2011 geltenden Neufassung des § 2 Abs 7 S 2 BEEG waren nunmehr im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen nicht zu berücksichtigen(Haushaltsbegleitgesetz
vom 9.12.2010, BGBl I 1885) . Die anschließende Übernahme der Regelung in § 2c Abs 1 S 2 BEEG sollte dieses Regelungskonzept und -ziel fortführen(BT-Drucks 17/9841 S 22). Erneut waren solche Einnahmen nicht zu berücksichtigen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelt wurden (§ 2c Abs 1 S 2 BEEG in der ab dem 18.9.2012 gültigen Fassung durch das Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs, aaO).
- 24
-
Trotz Kenntnis dieser Neuregelung hat der Senat in seinem Urteil vom 26.3.2014 (B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25) zur Vorläuferfassung (§ 2 Abs 7 S 2 BEEG idF des HBeglG 2011, aaO) an seiner bisherigen Rechtsprechung festgehalten. Lohnsteuerlich als sonstige Bezüge behandelte Umsatzbeteiligungen seien gleichwohl bei der Elterngeldberechnung als laufender Arbeitslohn zu berücksichtigen, wenn sie neben dem monatlichen Grundgehalt für kürzere Zeiträume als ein Jahr und damit mehrmals im Jahr regelmäßig nach festgelegten Berechnungsstichtagen gezahlt werden.
- 25
-
Indes hat der Gesetzgeber auch auf dieses Senatsurteil mit einer weiteren Klarstellung der Ausschlussnorm reagiert. Die vierte und hier einschlägige Gesetzesfassung schließt nunmehr Einnahmen von der Bemessungsgrundlage des Elterngelds aus, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind (§ 2c Abs 1 S 2 BEEG idF des Gesetzes zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, aaO). Wie die Gesetzesmaterialien hervorheben, hat die Einordnung von Lohn- und Gehaltsbestandteilen als sonstige Bezüge - wie von Anfang an beabsichtigt - allein nach lohnsteuerlichen Vorgaben, dh nach § 38a Abs 1 S 3 EStG und den Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) zu erfolgen. Nur dann sei es möglich, die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen entsprechend der gesetzgeberischen Zielsetzung nach § 2c Abs 2 S 2 BEEG als aussagekräftige Grundlage der elterngeldrechtlichen Einkommensermittlung zu nutzen (Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung der Lohn- und Gehaltsbescheinigungen). Demnach sollen alle Lohn- und Gehaltsbestandteile, die richtigerweise nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind (Hinweis auf LStR R 39b.2 Abs 2), auch elterngeldrechtlich als sonstige Bezüge behandelt werden (vgl BT-Drucks 18/2583 S 24 f).
- 26
-
Wie die dargestellte Gesetzesentwicklung belegt, zielt der Gesetzgeber von Anbeginn an darauf ab, sonstige Bezüge im Sinne des materiellen Lohnsteuerrechts aus der Bemessungsgrundlage für das Elterngeld auszuschließen, das dem Ersatz von Einkommen nichtselbstständig Erwerbstätiger dient. Der Verweis auf die Ergebnisse des Lohnsteuerabzugsverfahrens soll diese ausgeschlossenen Einnahmen für die Elterngeldstellen zweifelsfrei identifizieren. Die klarstellenden Änderungen der Ausschlussnorm haben dabei jeweils erkennbar versucht, eine abweichende Rechtsanwendung durch die Senatsrechtsprechung zu korrigieren. Sie waren und sind darauf gerichtet, die von Anfang an gewünschte Anbindung an das formelle und materielle Lohnsteuerrecht sicherzustellen. Der Gesetzgeber will die begriffliche Abgrenzung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen nicht lediglich am Steuerrecht orientieren (so noch BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4, RdNr 28), sondern in vollem Umfang und mit bindender Wirkung auf das materielle Steuerrecht verweisen, wie es das Lohnsteuerabzugsverfahren konkretisiert hat. Eine einschränkende Auslegung der Ausschlussklausel des § 2c Abs 1 S 2 BEEG ist deshalb nicht mehr möglich. Sie würde sich gegen den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes und den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers stellen. Sie überschritte damit die Grenzen zulässiger Auslegung (vgl BVerfG Beschluss vom 25.1.2011 - 1 BvR 918/10 - BVerfGE 128, 193, 210). Unter der neuen Gesetzesfassung kann daher die bisherige Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4; ua vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25)und der darin gefundene, elterngeldrechtlich modifizierte lohnsteuerrechtliche Begriff der sonstigen Bezüge nicht mehr weitergeführt werden.
- 27
-
Die Klägerin hat hiernach keinen Anspruch auf die Berücksichtigung der ihr gezahlten variablen Entgeltbestandteile für die Bemessung ihres Elterngelds. Sie stellen lohnsteuerrechtlich keinen laufenden Arbeitslohn, sondern sonstige Bezüge dar, weil sie abweichend vom arbeitsvertraglich vereinbarten monatlichen Lohnzahlungszeitraum in vierteljährlichen Abständen gezahlt werden.
- 28
-
Das im EStG geregelte Lohnsteuerrecht definiert die Begriffe laufender Arbeitslohn und sonstige Bezüge nicht ausdrücklich (vgl § 38a Abs 1 und 3, § 39b Abs 2 und 3 EStG). Die auf Grundlage des Art 108 Abs 7 GG als norminterpretierende Verwaltungsvorschriften erlassenen LStR (hier idF der Lohnsteuer-Änderungsrichtlinien 2013 vom 8.7.2013, BStBl I 851) erläutern beide Begriffe lediglich mit Anwendungsbeispielen. Sie legen aber nicht fest, auf welche Regel die LStR R 39b.2 Abs 1 ("regelmäßig fortlaufend") Bezug nimmt und was im Gegensatz dazu unter einem sonstigen Bezug zu verstehen ist. Ebenso wenig bestimmen sie, dass variable Entgeltformen stets als laufender Arbeitslohn oder aber als sonstige Bezüge behandelt werden sollen. Für die konkrete Zuordnung übernehmen die LStR vielmehr die gesetzliche Zweiteilung danach, ob die Bezüge "fortlaufend" gewährt werden oder nicht (vgl etwa zu Tantiemen LStR R 39b.2 Abs 2 S 2 Nr 3). Ohnehin kommt den LStR keine Normqualität zu. Sie binden unmittelbar weder die Elterngeldstellen noch die Sozialgerichte (BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25, RdNr 26). § 2c Abs 1 S 2 BEEG enthält hier deshalb entgegen der Ansicht des LSG keine unzulässige dynamische Verweisung auf die LStR als untergesetzliche lohnsteuerliche Vorschriften.
- 29
-
Nach dem materiell-rechtlichen Gehalt des Lohnsteuerrechts ist maßgeblich, ob der Arbeitslohn einem (laufenden) Lohnzahlungszeitraum zugehörig gezahlt wird oder nicht (vgl § 38a Abs 1 S 2 und Abs 3 S 1, § 39b Abs 2 EStG im Gegensatz zu § 38a Abs 1 S 3 und Abs 3 S 2, § 39b Abs 3 EStG). Der Arbeitgeber hat für die Höhe der zunächst einzubehaltenden Lohnsteuer den Lohnzahlungszeitraum und die Höhe des darin zustehenden laufenden Arbeitslohns zu ermitteln (vgl § 38a Abs 1 und 3, § 39b Abs 2 S 1 EStG). Dieser Lohnzahlungszeitraum folgt nicht aus dem Steuerrecht (vgl § 39b Abs 2 S 2, Abs 5 EStG), das auch keine stets gleichbleibend langen Zeiträume vorgibt (BFH Urteil vom 11.6.1970 - VI R 67/68 - BFHE 99, 310 = BStBl II 1970, 664; Stache in Horowski/Altehoefer/Stache, Kommentar zum Lohnsteuerrecht, § 39b EStG RdNr 68, Stand der Einzelkommentierung Juni 2017). Der Lohnzahlungszeitraum kann daher nur dem Arbeitsvertragsverhältnis, dh den arbeitsrechtlichen Vereinbarungen oder einer betrieblichen Übung entnommen werden (BFH Urteil vom 10.3.2004 - VI R 27/99 - BFH/NV 2004, 1239). Es ist der Zeitraum, für den der laufende Arbeitslohn abgerechnet und gezahlt wird (BFH Urteil vom 10.3.2004 - VI R 27/99 - BFH/NV 2004, 1239; Stache in Horowski/Altehoefer/Stache, Kommentar zum Lohnsteuerrecht, § 38a EStG RdNr 21 und 26, Stand Einzelkommentierung Juni 2011). Laufender Arbeitslohn ist danach durch seinen arbeitsvertraglich definierten Lohnzahlungszeitraum gekennzeichnet, der - rein zeitlich betrachtet - den Regelfall der Entlohnung darstellt; davon weicht der sonstige Bezug ab.
- 30
-
Arbeits- bzw dienstrechtlich verbindliche allgemeine Vorgaben zur Dauer der Lohnzahlungszeiträume sind nach den vom LSG festgestellten Anspruchsvoraussetzungen für die streitigen Entgeltbestandteile nicht zu beachten. Selbst wenn die Vorschriften für die Provisionen der Handelsvertreter anwendbar wären, könnte deren Abrechnungs- und Zahlungszeitraum frei zwischen dem Quartal und dem Monat gewählt werden (§ 87c Abs 1 HGB; vgl § 65 HGB für Handlungsgehilfen). Dasselbe gilt entsprechend für (andere) Arbeitnehmer (vgl Fandel/Kock in Herberger/Martinek/Rüßmann ua, juris-PK-BGB, 8. Aufl 2017, § 611a BGB RdNr 128).
- 31
-
Im Übrigen können die Arbeitsvertragsparteien den Abrechnungsmodus der variablen Entgeltbestandteile im Rahmen einer Entgeltregelung iS des § 611 Abs 1 BGB frei regeln. Gleiches gilt für den Zeitpunkt der Fälligkeit, weil von der nach § 614 BGB bestimmten Fälligkeit nach Ablauf des Bemessungsabschnitts abgewichen werden darf(vgl BAG Urteil vom 15.1.2002 - 1 AZR 165/01 - EzA § 614 BGB Nr 1). Diese Gestaltungsfreiheit ist zudem nicht durch die allgemeine Billigkeits- oder Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff BGB eingeschränkt; lediglich dem Transparenzgebot des § 307 Abs 2 BGB iVm § 307 Abs 1 S 2 BGB muss Rechnung getragen werden(vgl BAG Urteil vom 12.12.2007 - 10 AZR 97/07 - BAGE 125, 147 = NZA 2008, 409, 411). Im Rahmen seiner Fürsorgepflicht muss der Arbeitgeber allerdings auf die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht nehmen.
- 32
-
Nach den materiell-rechtlichen Regelungen des EStG gehören damit zu den sonstigen Bezügen jene Entgeltzahlungen, deren Zahlungszeiträume von dem als Regel vorgesehenen Zahlungsturnus für Arbeitslohn nicht nur unerheblich abweichen. Einen sonstigen Bezug stellen also Zahlungen dar, die entweder nicht für bestimmte, aufeinanderfolgende Zeiträume erfolgen oder solche, die den üblichen Lohnzahlungszeitraum erheblich überschreiten (vgl Stache in Bordewin/Brandt, EStG, § 38a RdNr 33 mwN, Stand der Einzelkommentierung September 2017). Maßgeblich ist die Abweichung von dem Lohnzahlungszeitraum, den die Vertragsparteien arbeitsrechtlich zugrunde gelegt haben.
- 33
-
Der Senat hält in diesem Zusammenhang nicht mehr an der spezifisch elterngeldrechtlichen Auslegung des § 2c Abs 1 S 2 BEEG(§ 2 Abs 7 S 2 BEEG aF) fest, der zufolge es - noch unterschieden durch den Anspruchsgrund - in einem Arbeitsverhältnis mehrere laufende, dh regelmäßige Arbeitslöhne in verschiedenen Lohnzahlungszeiträumen nebeneinander geben kann (anders noch BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25, RdNr 35). Vielmehr kann es nur einen regelmäßigen Zahlungszeitraum für laufenden Arbeitslohn geben. Zahlungen, die davon abweichend in anderen Zeitintervallen erfolgen, sind als sonstige Bezüge anzusehen, selbst wenn es sich dabei seinerseits um gleichbleibende Intervalle handelt.
- 34
-
Dieses Auslegungsergebnis schließt es schon materiell-rechtlich aus, die der Klägerin im April, Juli, Oktober 2014 und Januar 2015 gezahlten variablen Entgeltbestandteile dem laufenden Arbeitslohn und damit der Bemessungsgrundlage des Elterngelds hinzuzurechnen. Wie das LSG festgestellt hat, hat die Klägerin monatlich Anspruch auf Zahlung eines Grundgehalts und quartalsweise auf Zahlung von variablen Entgeltbestandteilen. Aufgrund ihrer Frequenz und Häufigkeit stellt damit der monatliche Lohnzahlungszeitraum des Grundgehalts den Regelfall und die erheblich anders gelagerten Zahlungszeiträume der variablen Entgelte in Form der Quartalsprovisionen die Abweichung dar. Bezogen auf den maßgeblichen arbeitsvertraglich vereinbarten Lohnzahlungszeitraum werden sie nicht regelmäßig gezahlt. Sie sind damit kein laufender Arbeitslohn, sondern sonstige Bezüge. Diese Auslegung bestätigt im Übrigen auch die inzwischen erfolgte, für den Fall der Klägerin indes noch nicht einschlägige Ergänzung der norminterpretierenden LStR R 39b.2 Abs 2 S 2 um die Nummer 10 durch die Lohnsteuer-Änderungsrichtlinien 2015 (vom 22.10.2014, BStBl I 1344; aA SG Berlin Urteil vom 21.12.2016 - S 2 EG 51/15 - Juris). Sie zählt Zahlungen innerhalb eines Kalenderjahres als viertel- oder halbjährliche Teilbeträge zu den sonstigen Bezügen.
- 35
-
Die Verbindlichkeit der beschriebenen materiell-rechtlichen Zuordnungsregelungen des Steuerrechts für die Elterngeldbemessung wird durch den Verweis in § 2c Abs 1 S 2 BEEG auf die Behandlung im Lohnsteuerabzugsverfahren noch verstärkt. Eine nach dessen Durchführung bestandskräftig gewordene Lohnsteueranmeldung bindet auch die Beteiligten des Elterngeldverfahrens. Die durch diese Anmeldung erfolgte Einordnung von Lohnbestandteilen haben die Elterngeldstellen und SGe materiell-rechtlich nicht mehr zu prüfen, sondern ihren Entscheidungen zugrunde zu legen. Dies folgt aus der Rechtstellung des Arbeitgebers im Lohnsteuerabzugsverfahren.
- 36
-
Der Arbeitgeber ist zum Einbehalt und zum Abzug der Lohnsteuer verpflichtet (§ 38 Abs 3 S 1, Abs 1 S 1 EStG). Insoweit nimmt er öffentlich-rechtliche Aufgaben wahr (BVerfG
Beschluss vom 17.3.2014 - 2 BvR 736/13 - Juris RdNr 22) . Der Arbeitgeber ist Steuerpflichtiger iS des § 33 Abs 1 S 1 Abgabenordnung(, vgl Krüger in DStJG 40 <2017>, 145, 165). Dabei muss er - auch im Verhältnis zum Arbeitnehmer als dem eigentlichen Steuerschuldner (vgl BAG Urteil vom 16.6.2004 - 5 AZR 521/03 - BAGE 111, 131 = AP Nr 9 zu § 611 BGB) -Lohnbestandteile richtig einordnen. Dafür gewähren ihm die steuerlichen Vorschriften weder ein Wahlrecht, noch können sie durch privatrechtliche Willenserklärungen und Verträge abbedungen werden (Eisgruber in Kirchhof, EStG, 16. Aufl 2017, § 42d RdNr 5; Sponer/Wollensak in Sponer/Steinherr, TVöD, 2.2 Lohnsteuer und Kirchenlohnsteuer, Stand der Einzelkommentierung November 2011). Hier maßgebliche Rechtsfolge der Lohnsteueranmeldung ist, dass in ihrem Umfang eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt anzunehmen ist (§ 168 S 1 AO). Eine Lohnsteueranmeldung des Arbeitgebers wirkt damit so, als hätte die Finanzverwaltung einen entsprechenden Steuerbescheid erlassen. Der Inhalt erwächst in Bestandskraft, wenn weder der Arbeitnehmer, der Arbeitgeber noch das Finanzamt die von der AO eröffneten Rechtsbehelfe oder andere Korrekturmöglichkeiten nutzen (vgl § 41c EStG; BFH Urteil vom 2.9.2009 - I R 111/08 - BFHE 226, 276 = BStBl II 2010, 387, stRspr; im Einzelnen, Krüger, DStJG 40 <2017> 166 f). Diese Bestandskraft der Lohnsteueranmeldung erstreckt sich auf den Arbeitnehmer, dessen Einkünfte zur Lohnsteuer angemeldet sind (§ 166 AO; vgl BFH Urteil vom 16.5.2017 - VII R 25/16 - BFHE 257, 515 = BStBl II 2017, 934 mwN). Ihr gegenüber kann sich der Arbeitnehmer nicht mehr darauf berufen, die Lohnsteuer hätte rechtmäßig anders, beispielsweise nicht unter Einrechnung sonstiger Bezüge, berechnet werden müssen (vgl BFH Urteil vom 24.8.2004 - VII R 50/03 - BFHE 207, 5; BAG Urteil vom 21.12.2016 - 5 AZR 266/16 - BAGE 157, 336; Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 166 AO RdNr 15, Stand der Einzelkommentierung September 2017). Nicht das tatsächliche Verhalten des Arbeitgebers im Lohnsteuerabzugsverfahren bindet dessen Beteiligte (vgl BSG Urteil vom 23.5.2017 - B 12 KR 6/16 R - SozR 4-5376 § 1 Nr 1 RdNr 23; BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25, RdNr 26 f), wohl aber die Rechtsfolgen, die AO und EStG daran knüpfen.
- 37
-
Diese Bindung erstreckt § 2c Abs 1 S 2 BEEG auf das Elterngeldverfahren, weil die Vorschrift uneingeschränkt auf die Behandlung im Lohnsteuerabzugsverfahren verweist. Das Steuerrecht ist im Elterngeldverfahren nicht mehr eigenständig anzuwenden, wenn die Lohnsteueranmeldung bestandskräftig geworden ist (anders für den Fall einer fehlenden verbindlichen Regelung BSG Urteil vom 30.9.1997 - 4 RA 122/95 - SozR 3-2400 § 15 Nr 4 RdNr 16). Vielmehr müssen auch die Beteiligten des Elterngeldverfahrens den Inhalt einer bestandskräftigen Lohnsteueranmeldung kraft der gesetzlichen Rechtsfolgenverweisung des § 2c Abs 1 S 2 BEEG als feststehend hinnehmen. Sie haben ihn insbesondere nicht mehr daraufhin zu überprüfen, ob er dem materiellen Recht entspricht (vgl BFH Urteil vom 24.8.2004 - VII R 50/03 - BFHE 2007, 5 mwN). Behörden und Gerichte haben lediglich noch zum Zwecke der Tatsachenfeststellung zu ermitteln, wie der Arbeitgeber und gegebenenfalls das Finanzamt im Lohnsteuerabzugsverfahren die steuerrechtlichen Vorschriften gehandhabt haben und ob insoweit ausnahmsweise keine Bestandskraft eingetreten ist (vgl BSG Urteil vom 3.12.1996 - 10 RKg 8/96 - SozR 3-5870 § 1 Nr 12 RdNr 21 mwN, dort für das Verhältnis von Ausländer- zu Kindergeldrecht als "Tatbestandswirkung" bezeichnet; vgl BSG Urteil vom 6.2.1992 - 12 RK 15/90 - SozR 3-1500 § 54 Nr 15).
- 38
-
Die im Elterngeldverfahren noch erforderlichen Feststellungen zur Höhe der Lohnsteuer und der Behandlung bestimmter Entgeltbestandteile als sonstige Bezüge im Lohnsteuerabzugsverfahren können Elterngeldstellen und Gerichte dabei in aller Regel auf die Angaben des Arbeitgebers in seinen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen stützen (vgl § 1 Abs 2 Nr 2 Buchst a, Nr 3 Buchst a Entgeltbescheinigungsverordnung, BGBl I 2012, 2712). Denn § 1 Abs 2 Nr 2a Entgeltbescheinigungsverordnung verpflichtet den Arbeitgeber ua zum getrennten Ausweis der sonstigen Bezüge. Seine Bescheinigungen sind zwar nur bloße Wissenserklärungen (Lembke in Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Komm, 7. Aufl 2016, § 108 GewO RdNr 8 mwN). Lediglich ihre tatsächliche Richtigkeit und Vollständigkeit wird daher nach § 2c Abs 2 S 2 BEEG vermutet. Indes wird die Erklärung des Arbeitgebers, er habe bestimmte Entgeltbestandteile als sonstige Bezüge zur Lohnsteuer angemeldet, regelmäßig den Schluss erlauben, dass diese Anmeldung bestandskräftig geworden ist und deshalb die Beteiligten des Elterngeldverfahrens bindet, wenn nicht konkrete tatsächliche Anhaltspunkte entgegenstehen.
- 39
-
Danach spricht hier alles dafür, dass die Klägerin auch wegen der Bindungswirkung der entsprechenden Lohnsteueranmeldung ihrer Arbeitgeberin keine Berücksichtigung zusätzlicher Entgeltbestandteile verlangen kann. Nach den Feststellungen des LSG enthalten diese Lohn- und Gehaltsbescheinigungen Angaben über eine Behandlung der maßgeblichen Entgeltbestandteile als sonstige Bezüge ("S") im Lohnsteuerabzugsverfahren. Allerdings haben die Vorinstanzen - von ihrem Rechtsstandpunkt aus konsequent - nicht festgestellt, ob trotzdem ausnahmsweise konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestanden haben, die Einordnung dieser Entgeltbestandteile könnte im Lohnsteuerabzugsverfahren ausnahmsweise nicht bestandskräftig geworden sein. Die Behandlung der Quartalsprovisionen der Klägerin als sonstige Bezüge im Lohnsteuerabzugsverfahren hat sich aber aus den vorgenannten Gründen materiell-rechtlich als richtig erwiesen. Auf die Frage der Bestandskraft dieser Behandlung kommt es daher hier nicht an. Eine Zurückverweisung wäre iS von § 170 Abs 2 S 2 SGG untunlich.
- 40
-
c) Der von § 2c Abs 1 S 2 BEEG angeordnete Ausschluss der sonstigen Bezüge nichtselbstständig Erwerbstätiger aus der Bemessung des Elterngelds verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.
- 41
-
Das aus Art 3 Abs 1 GG folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen ebenso wie für ungleiche Begünstigungen. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (BVerfG Beschluss vom 24.3.2015 - 1 BvR 2880/11 - BVerfGE 139, 1 RdNr 38 mwN). Es verletzt den Gleichheitssatz, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen Gruppe anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (BVerfG Beschluss vom 18.12.2012 - 1 BvL 8/11, 1 BvL 21 BvL 22/11 - BVerfGE 132, 372 RdNr 45 mwN). Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab. Inhalt und Grenzen richten sich nach dem jeweils betroffenen Regelungsbereich. Im Bereich der leistenden Massenverwaltung sind die Gestaltungsspielräume des Gesetzgebers besonders groß. Im Rahmen des allgemeinen Gleichheitssatzes ist nur zu überprüfen, ob der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten hat und nicht, ob er unter verschiedenen Lösungen die gerechteste und zweckmäßigste gewählt hat (stRspr BVerfG, zB Beschluss vom 5.11.1974 - 2 BvL 6/71 - BVerfGE 38, 154, 166; BVerfG zB Beschluss vom 8.10.1991 - 1 BvL 50/86 - BVerfGE 84, 348, 359; BVerfG Beschluss vom 8.6.2004 - 2 BvL 5/00 - BVerfGE 110, 412, 436). Das gilt jedenfalls uneingeschränkt für das Elterngeld als fürsorgerische Leistung der Familienförderung, die über die bloße Sicherung des Existenzminimums hinausgeht (zum Elterngeld vgl BVerfG
Beschluss vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - BVerfGK 19, 186) .
- 42
-
Der Ausschluss sonstiger Bezüge durch § 2c Abs 1 S 2 BEEG trifft alle aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit anspruchsberechtigten Eltern in gleicher Weise. Sonstige Bezüge im lohnsteuerrechtlichen Sinn sind ausnahmslos weder bei der Bemessung noch während des Bezugs von Elterngeld zu berücksichtigen. Eine Differenzierung erfolgt innerhalb der Gruppe der nichtselbstständig Erwerbstätigen nur insoweit, dass die Bemessung für Elterngeldberechtigte mit sonstigen Bezügen nicht den gesamten Arbeitslohn im Bemessungszeitraum einbezieht, umgekehrt aber auch von einer Anrechnung im Bezugszeitraum absieht. Falls die Bemessungsgrenze nicht schon mit dem laufenden Arbeitslohn erreicht wird, ergibt sich ein geringeres Elterngeld. Umgekehrt verbleibt ein höheres Elterngeld, wenn sonstige Bezüge während des Bezugszeitraums nicht als Einkommen angerechnet werden.
- 43
-
Ziel und Ausmaß einer Ungleichbehandlung gegenüber Eltern, die im Bemessungszeitraum einen insgesamt gleich hohen Bruttoarbeitslohn ohne sonstigen Bezug erzielen, sind verfassungsrechtlich durch hinreichend gewichtige Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt. Es ist ein legitimes Anliegen des Gesetzgebers, die Bemessung des Elterngelds generalisierend auf die prägenden vorgeburtlichen Einnahmen zu beschränken und sonstige Bezüge davon auszuschließen (dazu unter aa). Die damit verbundene Ungleichbehandlung wiegt nicht unverhältnismäßig schwer. Die Ungleichbehandlung hat nicht nur ungünstige, sondern im Bezugszeitraum auch mögliche positive und für die Anreizfunktion des Elterngelds wichtige Folgen (dazu unter bb). Zudem können Elterngeldberechtigte ungünstigen Gesetzesfolgen durch arbeitsvertragliche Gestaltung ausweichen (dazu unter cc). Die maßgebliche Rechtfertigung der verbleibenden belastenden Ungleichbehandlung liefert die damit bewirkte Verwaltungsvereinfachung (dazu unter dd).
- 44
-
aa) Der Ausschluss sonstiger Bezüge dient dem legitimen Anliegen einer generalisierenden Gesetzgebung. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren, indem er nach wesentlichen Elementen gleich geartete Lebenssachverhalte zusammenfasst und Besonderheiten generalisierend vernachlässigt (vgl BVerfG Beschluss vom 31.5.1990 - 2 BvL 12/88 - BVerfGE 82, 159, 185 f; BVerfG Beschluss vom 10.4.1997 - 2 BvL 77/92 - BVerfGE 96, 1, 6; BVerfG Beschluss vom 7.5.2013 - 2 BvR 909/06 - BVerfGE 133, 377, 412, RdNr 87).
- 45
-
Der BEEG-Gesetzgeber wollte in generalisierender Weise eine Bemessungsgrundlage für das Elterngeld schaffen, die das zukünftig wegfallende Einkommen verlässlich und realitätsgetreu abbildet. Dafür hat er sich - wie auch bei anderen kurzfristigen Entgeltersatzleistungen - der sogenannten Bezugs- bzw Referenzmethode bedient (vgl BSG Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 20/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 8 RdNr 59). Sie berücksichtigt nur solche Einnahmen, welche die vorgeburtliche Lebenssituation geprägt, dh wesentlich beeinflusst haben (BSG Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 20/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 8 RdNr 65). Das kann - generalisierend - bei anlassunabhängigen, wiederkehrenden und verbindlich geschuldeten Lohnzahlungen angenommen werden, nicht dagegen hinreichend verlässlich bei sonstigen Bezügen. Andernfalls drohte die Bemessung mehr vom Zufall des Zuflusses als von der tatsächlich bestehenden vorgeburtlichen Einkommenssituation abzuhängen (BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 10 EG 20/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 18 RdNr 71). Deshalb ist nach der Rechtsprechung des BSG der Ausschluss von Weihnachtsgeld aus der Bemessungsgrundlage nicht zu beanstanden, wenn es zwar als Anspruchsleistung, aber anlassbezogen gezahlt wird; trotzdem bleibt die Höhe des Elterngelds an dem Einkommen orientiert, das regel- und gleichmäßig im vorgeburtlichen Bemessungszeitraum zur Verfügung steht (vgl BSG Urteil vom 29.6.2017 - B 10 EG 5/16 R - Juris RdNr 31, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Genauso wenig lässt sich bei variablen Entgeltbestandteilen die Annahme widerlegen, dass solche Einnahmen schwanken, ua weil sie vom Einsatz und Erfolg des Begünstigten abhängen. Deshalb durfte der Gesetzgeber im Rahmen seines weiten Ermessens- und Prognosespielraums davon ausgehen, dass solche Einnahmen den in der Elternzeit prognostizierbaren Arbeitslohn nicht hinreichend sicher prägen.
- 46
-
bb) Bei der verfassungsrechtlichen Prüfung einer Ungleichbehandlung sind nicht nur isoliert ihre nachteiligen, sondern ebenso ihre günstigen Folgen zu betrachten (vgl BVerfG
Beschluss vom 14.6.2016 - 2 BvR 323/10 - Juris RdNr 63) . Die Ausklammerung sonstiger Bezüge aus der Bemessungsgrundlage des Elterngelds kann betroffene Eltern im Bemessungszeitraum benachteiligen, während des Elterngeldbezugs dagegen begünstigen. Gerade die überwiegende Mehrheit von Vätern bezieht Elterngeld nur während eines kurzen Zeitraums von bis zu zwei Monaten (vgl Statistisches Bundesamt, Statistik zum Elterngeld Leistungsbezüge, 2016, www.destatis.de: bei vor dem 1.7.2015 geborenen Kindern lag die Inanspruchnahme für lediglich bis zwei Monate deutschlandweit bei 75,8 Prozent). Der Zufluss eines sonstigen Bezugs in einem kurzen Bezugszeitraum (zB ein noch abgerechnetes variables Entgelt) könnte den Elterngeldanspruch trotz des Vorteils eines geringfügig höheren vorgeburtlichen Bemessungsentgelts bis auf den Mindestbetrag des § 2 Abs 4 S 1 BEEG absinken lassen(§ 2 Abs 3 BEEG). Nach wie vor trifft daher die im Gesetzgebungsverfahren geäußerte Befürchtung zu, die Berücksichtigung sonstiger Bezüge könnte vor allem im Bezugszeitraum unerwünschte Zufallsergebnisse herbeiführen (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, BT-Drucks 16/2785 S 37). Die Einführung der längeren Rahmenfrist für den Elterngeldbezug durch das Elterngeld Plus (vgl § 4 Abs 1 und 4 BEEG) hat die Gefahr solcher unerwünschten Zufallsergebnisse sogar noch erhöht. Selbst wenn der Zufluss sonstiger Bezüge im Bezugszeitraum für Eltern vorhersehbar sein sollte, würde das Risiko einer Zweckverfehlung erhöht. Eltern sollen frei entscheiden können, wer von ihnen wann Elterngeld bezieht (vgl BT-Drucks 16/2454 S 2). Diese Wahlfreiheit würde zweckwidrig beeinträchtigt, wenn die Elternzeit vorrangig mit Blick auf die Vermeidung elterngeldschädlicher Geldzuflüsse geplant werden müsste.
- 47
-
cc) Der generalisierende Ausschluss sonstiger Bezüge wie die der Klägerin gezahlten Provisionen vom Elterngeld wiegt auch deshalb weniger schwer, weil er an Merkmale anknüpft, die für die Leistungsberechtigten häufig verfügbar sein werden (hierzu BVerfG Beschluss
vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - BVerfGK 19, 186 RdNr 10; allgemein BVerfG Urteil vom 17.12.2014 - 1 BvL 21/12 - BVerfGE 138, 136, 180 mwN) . Die Arbeitsvertragsparteien können die Zuordnung variabler Lohnbestandteile zum sonstigen Bezug durch vertragliche Gestaltungen vermeiden. Sie können etwa eine (Voraus-)Zahlung in den regelmäßigen Lohnabrechnungszeiträumen vereinbaren.
- 48
-
dd) Gerechtfertigt ist die verbleibende belastende Ungleichbehandlung nicht nur durch die beschriebene Vermeidung von Zufallsergebnissen, sondern zudem durch die damit bewirkte wesentliche Verwaltungsvereinfachung, wie sie auch die ab dem 1.1.2015 geltende Neufassung des BEEG anstrebt. Dazu sollen Behörden und Gerichte direkt auf die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitsgebers zugreifen können und so einen Gleichlauf des Elterngeldrechts mit dem lohnsteuerlichen Einkommensbegriff und den Ergebnissen des Lohnsteuerabzugsverfahrens sichern (vgl BT-Drucks 18/2583 S 24 f).
- 49
-
Das Ziel der Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität gehört im Bereich der Massenverwaltung - wie im Bereich des BEEG mit rund 1,640 Mio Elterngeldbeziehern im Jahr 2016 (Statistisches Bundesamt, Statistik zum Elterngeld - Leistungsbezüge 2016, www.destatis.de) - zu den legitimen Anliegen des Gesetzgebers. Die so bewirkte Verwaltungsvereinfachung ist von vernünftigen und einleuchtenden Gründen getragen und steht in einem angemessenen Verhältnis zu der notwendigen Ungleichbehandlung (zu den Maßstäben vgl BVerfG Urteil vom 5.11.2014 - 1 BvF 3/11 - BVerfGE 137, 350 RdNr 66 mwN; auch BVerfG
Beschluss vom 28.11.2007 - 2 BvR 375/06 - BVerfGK 12, 453). Die dadurch mögliche Vereinfachung und Beschleunigung der Elterngeldverfahren kommt allen Elterngeldbeziehern zugute. Wie die bisherige Praxis zeigt, erhöht dagegen ein fehlender Gleichlauf des Elterngeld- mit dem Lohnsteuerabzugsverfahren maßgeblich den Verwaltungsaufwand der Elterngeldstellen. Sie müssten, ebenso wie im Streitfall die SGe, einen in aller Regel steuerlich abgeschlossenen Sachverhalt wiederaufgreifen, jedenfalls aber ressortfremd eigenständig steuerrechtlich bewerten. Stattdessen erlaubt ihnen die aktuelle Lösung des Gesetzgebers, sich im Regelfall auf die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers und die darin dokumentierten Abläufe des Lohnsteuerabzugs zu stützen. Dies vereinfacht maßgeblich die Elterngeldgewährung im Rahmen der zulässig gewählten Referenzkriterien (siehe oben unter aa) und beugt zudem widerstreitenden Ergebnissen verschiedener Verwaltungsverfahren vor.
- 50
-
Die Bindung an bestandskräftige Ergebnisse des Lohnsteuerabzugsverfahrens belastet auch für sich gesehen die Elterngeldberechtigten nicht unverhältnismäßig. Werden Bestandteile ihres Entgelts im Lohnsteuerabzugsverfahren entgegen den materiellen Regeln des Steuerrechts zu Unrecht als sonstige Bezüge behandelt, steht ihnen dagegen Rechtsschutz offen. § 2c Abs 1 S 2 BEEG verdeutlicht Eltern unmissverständlich, dass sonstige Bezüge nicht in die Berechnung ihres Elterngelds einfließen. Welcher Teil ihres Gehalts unter diese Ausschlussregelung fällt, ergibt sich ohne Weiteres aus ihren Lohn- und Gehaltsbescheinigungen. Vermuten Eltern dabei eine falsche Praxis ihres Arbeitgebers, so können sie ihn bei der nachfolgenden Lohnzahlung über § 41c Abs 1 EStG zu einer Korrektur anhalten. Danach können sie die weiteren Korrektur- und Rechtsschutzmöglichkeiten des Lohnsteuerabzugsverfahrens nutzen (vgl dazu im Einzelnen Krüger, DStJG 40 <2017>, 166 f). Dagegen verhielten sich Eltern widersprüchlich, wollten sie einerseits von den Steuervorteilen einer (unrichtigen) Besteuerung von Entgeltbestandteilen als sonstige Bezüge profitieren, um diese dann andererseits im nachfolgenden Elterngeldverfahren mit dem Ziel höheren Elterngelds wieder infrage zu stellen (zur Maßgeblichkeit in Anspruch genommener steuerlicher Vergünstigungen bei der Berechnung des Elterngelds aus selbstständiger Erwerbstätigkeit BSG Urteil vom 15.12.2015 - B 10 EG 6/14 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 30 RdNr 19).
- 51
-
Auch sonst sind schließlich keine unverhältnismäßigen Folgen der Ungleichbehandlung ersichtlich, weder im Einzelfall der Klägerin noch mit Blick auf die Gesamtheit der Elterngeldbezieher. Das zur Bemessung herangezogene Arbeitsentgelt bleibt auch ohne variable Entgeltbestandteile relativ nahe beim tatsächlichen Arbeitsentgelt (vgl dazu zuletzt Bundesagentur für Arbeit, Beschäftigungsstatistik: Sozialversicherungspflichtige Bruttoarbeitsentgelte, 2010, S 32).
Tenor
-
Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 28. März 2017 und des Sozialgerichts Mannheim vom 24. März 2016 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
-
Kosten sind in allen Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand
- 1
-
Die Beteiligten streiten darüber, ob bei dem Elterngeldanspruch des Klägers vierteljährlich gezahlte variable Entgeltbestandteile (sog Quartalsprovisionen) elterngelderhöhend zu berücksichtigen sind.
- 2
-
Der Kläger erzielte in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt seines Kindes am 20.1.2015 ein monatlich gleichbleibendes Bruttogrundgehalt aus seiner Beschäftigung als Berater. Zusätzlich zahlte ihm sein Arbeitgeber quartalsweise eine Prämie je gegenüber Kunden abgerechnetem (sog fakturiertem) Beratertag. Eine weitere quartalsweise abzurechnende Prämie stand dem Kläger für "Coaching" auf durch Kollegen geleistete fakturierte Beratertage zu. Die Gehaltsbescheinigungen wiesen diese Prämien gesondert aus, zunächst als laufenden Arbeitslohn, später als sonstige Bezüge.
- 3
-
Die Beklagte bewilligte dem Kläger auf seinen Antrag Elterngeld wegen der Betreuung und Erziehung seines Kindes im ersten und achten Lebensmonat in Höhe von jeweils 1616,66 Euro (Bescheid vom 2.3.2015). Grundlage der Berechnung waren die im Zeitraum Januar bis Dezember 2014 gezahlten Entgeltbestandteile. Eingeschlossen waren jene für fakturierbare Tage/Stunden bzw Coaching gezahlten Beträge, die der Arbeitgeber als laufenden Arbeitslohn gekennzeichnet hatte. Außer Betracht ließ die Beklagte die Prämien in Höhe von insgesamt 6207,51 Euro, die der Arbeitgeber des Klägers im Oktober und Dezember 2014 als sonstige Bezüge ausgewiesen hatte. Den dagegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 16.3.2015).
- 4
-
Das SG hat die Beklagte zur Gewährung höheren Elterngelds unter Berücksichtigung der im Oktober und Dezember 2014 gezahlten Prämien verurteilt (Urteil vom 24.3.2016). Die Berufung der Beklagten hat das LSG zurückgewiesen (Urteil vom 28.3.2017). Der Ausschluss sonstiger Bezüge aus der Bemessungsgrundlage erfasse die dem Kläger gezahlten Quartalsprovisionen nicht. Sie seien nicht durch eine gesetzliche oder untergesetzliche Definition den sonstigen Bezügen zuzuordnen. Die tatsächliche Handhabung durch den Arbeitgeber sei nicht verbindlich. Nach der fortzuführenden Rechtsprechung des BSG (ua Hinweis auf Senatsurteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25) seien vielmehr solche Provisionen zu berücksichtigen, die - wie hier bei mehrmaliger Zahlung im Jahr - den Lebensstandard der Elterngeldberechtigten vor der Geburt geprägt hatten.
- 5
-
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung materiellen Rechts. Die vom LSG zitierte Rechtsprechung des BSG beruhe auf einer nicht mehr gültigen Fassung der Ausschlussnorm. Der Gesetzgeber habe inzwischen durch die Neufassung des § 2c Abs 1 S 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) zum 1.1.2015 seinen Willen zum Ausschluss sonstiger Bezüge im Sinne des Steuerrechts eindeutig klargestellt. Dies habe das LSG verkannt.
- 6
-
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 28. März 2017 und des Sozialgerichts Mannheim vom 24. März 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
- 7
-
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
- 8
-
Er beruft sich auf das angefochtene Berufungsurteil.
Entscheidungsgründe
- 9
-
Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Die Urteile des LSG und des SG sind aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 170 Abs 2 S 1 SGG). Der Kläger hat keinen Anspruch auf höheres Elterngeld, weil die ihm im Oktober und Dezember 2014 gezahlten variablen Entgeltbestandteile im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge zu behandeln waren und auch so behandelt worden sind.
- 10
-
1. Streitgegenstand bildet der Anspruch des Klägers auf höheres Elterngeld, den die Beklagte mit Bescheid vom 2.3.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.3.2015 versagt hat. Hiergegen wendet sich der Kläger zulässigerweise mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1, Abs 4 SGG),gerichtet auf den Erlass eines Grundurteils (§ 130 Abs 1 SGG; vgl hierzu BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 7/10 R - BSGE 109, 42, 43 = SozR 4-7837 § 2 Nr 10, RdNr 14 mwN).
- 11
-
2. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höheres Elterngeld. Zwar kann er dem Grunde nach Elterngeld beanspruchen (hierzu unter a). Die Höhe seines Anspruchs bemisst sich aber nur nach jenen laufenden Arbeitslöhnen, die ihm regelmäßig (hier: monatlich) gezahlt worden sind; nicht jedoch zusätzlich nach den ihm im Oktober und Dezember 2014 zugeflossenen variablen Entgeltbestandteilen (hierzu unter b und c). Der Bescheid der Beklagten vom 2.3.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.3.2015 verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Dahinstehen kann, ob dieser Bescheid ihn rechtswidrig begünstigt, weil die Beklagte bei dem Kläger zuvor gezahltes variables Entgelt elterngeldsteigernd berücksichtigt hat. Eine solche rechtswidrige Begünstigung würde den Kläger aber nicht in seinen Rechten verletzen und könnte daher seinem auf höheres Elterngeld gerichteten Klagebegehren nicht zum Erfolg verhelfen.
- 12
-
a) Dem Kläger steht dem Grunde nach Elterngeld für die Betreuung und Erziehung im ersten und achten Lebensmonat seiner Tochter zu. Er erfüllt die Grundvoraussetzungen des Elterngeldanspruchs nach § 1 Abs 1 S 1 BEEG(in der hier maßgeblichen ab dem 1.1.2015 geltenden Fassung durch das Gesetz zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz vom 18.12.2014, BGBl I 2325). Wie in § 1 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 4 BEEG vorausgesetzt, hatte der Kläger nach den für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG(vgl § 163 SGG)im Bezugszeitraum des Elterngelds seinen Wohnsitz in Deutschland, lebte in einem Haushalt mit der von ihm selbst betreuten und erzogenen Tochter und übte im Bezugszeitraum zumindest keine volle Erwerbstätigkeit aus iS von § 1 Abs 6 BEEG(idF des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10.9.2012, BGBl I 1878).
- 13
-
b) Zur Bemessung des dem Kläger zustehenden Elterngelds sind nur seine regelmäßig monatlich gezahlten Arbeitslöhne heranzuziehen, nicht dagegen die ihm vierteljährlich zugeflossenen variablen Entgeltbestandteile. Sie gehören zwar zu den im Bemessungszeitraum erzielten Einnahmen aus Erwerbstätigkeit (dazu unter aa). Die vierteljährlich gezahlten Entgeltbestandteile erhöhen aber nicht den Anspruch des Klägers auf Elterngeld, weil sie lohnsteuerlich als sonstige Bezüge zu behandeln waren und im Lohnsteuerabzugsverfahren auch zutreffend so behandelt worden sind (dazu unter bb). Verfassungsrechtliche Bedenken wegen dieser Gesetzesfolgen hat der Senat nicht (dazu unter c).
- 14
-
aa) Die vom Kläger vierteljährlich bezogenen variablen Entgeltbestandteile gehören zu den im Bemessungszeitraum erzielten Einnahmen aus Erwerbstätigkeit. Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 Euro monatlich gezahlt. In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1200 Euro war, sinkt der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent (§ 2 Abs 1, Abs 2 S 2 BEEG idF des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs, aaO).
- 15
-
Als Bemessungszeitraum hat die Beklagte zutreffend den Zeitraum von Januar bis Dezember 2014 herangezogen. Wurde - wie vom LSG festgestellt - vor der Geburt des Kindes nur Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit iS von § 2c BEEG erzielt, erstreckt sich der Bemessungszeitraum auf die zwölf Kalendermonate vor dem Geburtsmonat des Kindes(§ 2b Abs 1 S 1 BEEG idF des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs, aaO).
- 16
-
Auf der Grundlage der in diesem Bemessungszeitraum erzielten Einkünfte bestimmt sich das Einkommen nach den näheren Bestimmungen der §§ 2c bis 2f BEEG. Danach hat die Beklagte zutreffend den Durchschnittsverdienst des Klägers für den Zeitraum ab dem Monat Januar bis zum Dezember 2014 berücksichtigt, wie ihn die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen seines Arbeitgebers ausweisen. Die darauf gestützte Elterngeldberechnung der Beklagten auf Grundlage des monatlich fortlaufend gezahlten Arbeitslohns ist nicht zu beanstanden. Insoweit haben die Beteiligten weder Bedenken geäußert noch hat der Senat Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Berechnung.
- 17
-
bb) Ebenfalls zutreffend hat die Beklagte die dem Kläger gezahlten variablen Entgeltbestandteile in den Monaten Oktober und Dezember 2014 bei der Bemessung des Elterngelds außer Betracht gelassen. Denn sie waren im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln und wurden auch so behandelt.
- 18
-
Bei der Ermittlung des Einkommens aus nichtselbständiger Arbeit werden solche Einnahmen nicht berücksichtigt, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind (§ 2c Abs 1 S 2 BEEG in der gemäß § 27 Abs 1 S 3 BEEG ab dem 1.1.2015 gültigen Fassung durch das Gesetz zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, aaO). Nach Wortlaut, Systematik, Normzweck und Entstehungsgeschichte erfasst diese Ausnahme alle Entgeltbestandteile, die abweichend vom regelmäßigen - hier monatlichen - Lohnzahlungszeitraum abgerechnet und gezahlt werden.
- 19
-
Mit dieser doppelten Anknüpfung an das materielle und das Steuerverfahrensrecht eröffnet schon der Wortlaut des § 2c Abs 1 S 2 BEEG keinen Auslegungsspielraum dafür, bei der Elterngeldbemessung auf andere als steuerrechtliche Begriffe zurückzugreifen wie etwa auf denjenigen der Einmalzahlung iS des § 23a SGB IV. Deshalb lässt das Gesetz in seiner ab dem 1.1.2015 geltenden Fassung auch keine elterngeldspezifische Auslegung des Tatbestandsmerkmals der sonstigen Bezüge mehr zu. Vielmehr entspricht nur eine strenge Bindung an das formelle und materielle Steuerrecht der erklärten Zielsetzung des Gesetzgebers, wie sie maßgeblich in der Entstehungsgeschichte zum Ausdruck kommt.
- 20
-
Bereits die ab dem 1.1.2007 geltende Ursprungsfassung des § 2 Abs 7 BEEG (BEEG vom 5.12.2006, BGBl I 2748) hatte die Bemessung des Elterngelds für abhängig Beschäftigte nicht an den sozialrechtlichen Begriff des Arbeitsentgelts geknüpft (§ 14 SGB IV; vgl wegen einmaliger Einnahmen § 23a SGB IV), sondern an das Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit im Sinne des Einkommensteuergesetzes (EStG). Sie hatte in S 2 als Ausnahme formuliert, sonstige Bezüge iS von § 38a Abs 1 S 3 EStG seien nicht als Einnahmen zu berücksichtigen. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 2 Abs 7 S 2 BEEG (BT-Drucks 16/1889 S 21), der noch vom Einkommensbegriff des SGB II ausgegangen war, sollten damit einmalige Einnahmen wie Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Prämien und Erfolgsbeteiligungen weder vor der Geburt noch während des Bezugszeitraums des Elterngelds berücksichtigt werden. Nach Ansicht des Entwurfs prägten solche Einnahmen die für das Elterngeld als monatliche Leistung maßgeblichen Verhältnisse nicht mit der gleichen Nachhaltigkeit wie das laufende Erwerbseinkommen. Darüber hinaus könne der zufällige Zufluss einmaliger Einnahmen im Bezugszeitraum den Elterngeldanspruch insbesondere teilzeitbeschäftigter Eltern beeinträchtigen. An dieser Regelung hielt die Bundesregierung fest, obwohl der Bundesrat die Einbeziehung der einmaligen Einnahmen vorschlug (BT-Drucks 16/2454 S 11).
- 21
-
Die schließlich Gesetz gewordene Ursprungsfassung beruhte auf der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BT-Drucks 16/2785 S 37). Sie hat den Einkommensbegriff des SGB II durch den steuerrechtlichen ersetzt. Anstelle einmaliger Einnahmen sollten nunmehr - weiterhin unter Hinweis auf ansonsten drohende Zufallsergebnisse - sonstige Bezüge iS von § 38a Abs 1 S 3 EStG von der Bemessungsgrundlage des Elterngelds ausgenommen werden.
- 22
-
In der Folge hat das Urteil des Senats vom 3.12.2009 (B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4) zur Einordnung mehrmals jährlich gezahlter Umsatzprovisionen als laufenden Arbeitslohn den Gesetzgeber veranlasst, sein von Anfang an verfolgtes, steuerakzessorisches Regelungskonzept nochmals zu verdeutlichen und zu verstärken (vgl BT-Drucks 17/3030 S 48) und die Ergebnisse des Besteuerungsverfahrens hervorzuheben. Nach der ab dem 1.1.2011 geltenden Neufassung des § 2 Abs 7 S 2 BEEG waren nunmehr im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen nicht zu berücksichtigen(Haushaltsbegleitgesetz
vom 9.12.2010, BGBl I 1885) . Die anschließende Übernahme der Regelung in § 2c Abs 1 S 2 BEEG sollte dieses Regelungskonzept und -ziel fortführen(BT-Drucks 17/9841 S 22). Erneut waren solche Einnahmen nicht zu berücksichtigen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelt wurden (§ 2c Abs 1 S 2 BEEG in der ab dem 18.9.2012 gültigen Fassung durch das Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs, aaO).
- 23
-
Trotz Kenntnis dieser Neuregelung hat der Senat in seinem Urteil vom 26.3.2014 (B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25) zur Vorläuferfassung (§ 2 Abs 7 S 2 BEEG idF des HBeglG 2011, aaO) an seiner bisherigen Rechtsprechung festgehalten. Lohnsteuerlich als sonstige Bezüge behandelte Umsatzbeteiligungen seien gleichwohl bei der Elterngeldberechnung als laufender Arbeitslohn zu berücksichtigen, wenn sie neben dem monatlichen Grundgehalt für kürzere Zeiträume als ein Jahr und damit mehrmals im Jahr regelmäßig nach festgelegten Berechnungsstichtagen gezahlt werden.
- 24
-
Indes hat der Gesetzgeber auch auf dieses Senatsurteil mit einer weiteren Klarstellung der Ausschlussnorm reagiert. Die vierte und hier einschlägige Gesetzesfassung schließt nunmehr Einnahmen von der Bemessungsgrundlage des Elterngelds aus, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind (§ 2c Abs 1 S 2 BEEG idF des Gesetzes zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, aaO). Wie die Gesetzesmaterialien hervorheben, hat die Einordnung von Lohn- und Gehaltsbestandteilen als sonstige Bezüge - wie von Anfang an beabsichtigt - allein nach lohnsteuerlichen Vorgaben, dh nach § 38a Abs 1 S 3 EStG und den Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) zu erfolgen. Nur dann sei es möglich, die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen entsprechend der gesetzgeberischen Zielsetzung nach § 2c Abs 2 S 2 BEEG als aussagekräftige Grundlage der elterngeldrechtlichen Einkommensermittlung zu nutzen (Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung der Lohn- und Gehaltsbescheinigungen). Demnach sollen alle Lohn- und Gehaltsbestandteile, die richtigerweise nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind (Hinweis auf LStR R 39b.2 Abs 2), auch elterngeldrechtlich als sonstige Bezüge behandelt werden (vgl BT-Drucks 18/2583 S 24 f).
- 25
-
Wie die dargestellte Gesetzesentwicklung belegt, zielt der Gesetzgeber von Anbeginn an darauf ab, sonstige Bezüge im Sinne des materiellen Lohnsteuerrechts aus der Bemessungsgrundlage für das Elterngeld auszuschließen, das dem Ersatz von Einkommen nichtselbstständig Erwerbstätiger dient. Der Verweis auf die Ergebnisse des Lohnsteuerabzugsverfahrens soll diese ausgeschlossenen Einnahmen für die Elterngeldstellen zweifelsfrei identifizieren. Die klarstellenden Änderungen der Ausschlussnorm haben dabei jeweils erkennbar versucht, eine abweichende Rechtsanwendung durch die Senatsrechtsprechung zu korrigieren. Sie waren und sind darauf gerichtet, die von Anfang an gewünschte Anbindung an das formelle und materielle Lohnsteuerrecht sicherzustellen. Der Gesetzgeber will die begriffliche Abgrenzung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen nicht lediglich am Steuerrecht orientieren (so noch BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4, RdNr 28), sondern in vollem Umfang und mit bindender Wirkung auf das materielle Steuerrecht verweisen, wie es das Lohnsteuerabzugsverfahren konkretisiert hat. Eine einschränkende Auslegung der Ausschlussklausel des § 2c Abs 1 S 2 BEEG ist deshalb nicht mehr möglich. Sie würde sich gegen den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes und den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers stellen. Sie überschritte damit die Grenzen zulässiger Auslegung (vgl BVerfG Beschluss vom 25.1.2011 - 1 BvR 918/10 - BVerfGE 128, 193, 210). Unter der neuen Gesetzesfassung kann daher die bisherige Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4; ua vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25)und der darin gefundene, elterngeldrechtlich modifizierte lohnsteuerrechtliche Begriff der sonstigen Bezüge nicht mehr weitergeführt werden.
- 26
-
Der Kläger hat hiernach keinen Anspruch auf die Berücksichtigung der ihm gezahlten variablen Entgeltbestandteile für die Bemessung seines Elterngelds. Sie stellen lohnsteuerrechtlich keinen laufenden Arbeitslohn, sondern sonstige Bezüge dar, weil sie abweichend vom arbeitsvertraglich vereinbarten monatlichen Lohnzahlungszeitraum in vierteljährlichen Abständen gezahlt werden.
- 27
-
Das im EStG geregelte Lohnsteuerrecht definiert die Begriffe laufender Arbeitslohn und sonstige Bezüge nicht ausdrücklich (vgl § 38a Abs 1 und 3, § 39b Abs 2 und 3 EStG). Die auf Grundlage des Art 108 Abs 7 GG als norminterpretierende Verwaltungsvorschriften erlassenen LStR (hier idF der Lohnsteuer-Änderungsrichtlinien 2013 vom 8.7.2013, BStBl I 851) erläutern beide Begriffe lediglich mit Anwendungsbeispielen. Sie legen aber nicht fest, auf welche Regel die LStR R 39b.2 Abs 1 ("regelmäßig fortlaufend") Bezug nimmt und was im Gegensatz dazu unter einem sonstigen Bezug zu verstehen ist. Ebenso wenig bestimmen sie, dass variable Entgeltformen stets als laufender Arbeitslohn oder aber als sonstige Bezüge behandelt werden sollen. Für die konkrete Zuordnung übernehmen die LStR vielmehr die gesetzliche Zweiteilung danach, ob die Bezüge "fortlaufend" gewährt werden oder nicht (vgl etwa zu Tantiemen LStR R 39b.2 Abs 2 S 2 Nr 3). Ohnehin kommt den LStR keine Normqualität zu. Sie binden unmittelbar weder die Elterngeldstellen noch die Sozialgerichte (BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25, RdNr 26). § 2c Abs 1 S 2 BEEG enthält hier deshalb entgegen der Ansicht des LSG keine unzulässige dynamische Verweisung auf die LStR als untergesetzliche lohnsteuerliche Vorschriften.
- 28
-
Nach dem materiell-rechtlichen Gehalt des Lohnsteuerrechts ist maßgeblich, ob der Arbeitslohn einem (laufenden) Lohnzahlungszeitraum zugehörig gezahlt wird oder nicht (vgl § 38a Abs 1 S 2 und Abs 3 S 1, § 39b Abs 2 EStG im Gegensatz zu § 38a Abs 1 S 3 und Abs 3 S 2, § 39b Abs 3 EStG). Der Arbeitgeber hat für die Höhe der zunächst einzubehaltenden Lohnsteuer den Lohnzahlungszeitraum und die Höhe des darin zustehenden laufenden Arbeitslohns zu ermitteln (vgl § 38a Abs 1 und 3, § 39b Abs 2 S 1 EStG). Dieser Lohnzahlungszeitraum folgt nicht aus dem Steuerrecht (vgl § 39b Abs 2 S 2, Abs 5 EStG), das auch keine stets gleichbleibend langen Zeiträume vorgibt (BFH Urteil vom 11.6.1970 - VI R 67/68 - BFHE 99, 310 = BStBl II 1970, 664; Stache in Horowski/Altehoefer/Stache, Kommentar zum Lohnsteuerrecht, § 39b EStG RdNr 68, Stand der Einzelkommentierung Juni 2017). Der Lohnzahlungszeitraum kann daher nur dem Arbeitsvertragsverhältnis, dh den arbeitsrechtlichen Vereinbarungen oder einer betrieblichen Übung entnommen werden (BFH Urteil vom 10.3.2004 - VI R 27/99 - BFH/NV 2004, 1239). Es ist der Zeitraum, für den der laufende Arbeitslohn abgerechnet und gezahlt wird (BFH Urteil vom 10.3.2004 - VI R 27/99 - BFH/NV 2004, 1239; Stache in Horowski/Altehoefer/Stache, Kommentar zum Lohnsteuerrecht, § 38a EStG RdNr 21 und 26, Stand Einzelkommentierung Juni 2011). Laufender Arbeitslohn ist danach durch seinen arbeitsvertraglich definierten Lohnzahlungszeitraum gekennzeichnet, der - rein zeitlich betrachtet - den Regelfall der Entlohnung darstellt; davon weicht der sonstige Bezug ab.
- 29
-
Arbeits- bzw dienstrechtlich verbindliche allgemeine Vorgaben zur Dauer der Lohnzahlungszeiträume sind nach den vom LSG festgestellten Anspruchsvoraussetzungen für die streitigen Entgeltbestandteile nicht zu beachten. Selbst wenn die Vorschriften für die Provisionen der Handelsvertreter anwendbar wären, könnte deren Abrechnungs- und Zahlungszeitraum frei zwischen dem Quartal und dem Monat gewählt werden (§ 87c Abs 1 HGB; vgl § 65 HGB für Handlungsgehilfen). Dasselbe gilt entsprechend für (andere) Arbeitnehmer (vgl Fandel/Kock in Herberger/Martinek/Rüßmann ua, juris-PK-BGB, 8. Aufl 2017, § 611a BGB RdNr 128).
- 30
-
Im Übrigen können die Arbeitsvertragsparteien den Abrechnungsmodus der variablen Entgeltbestandteile im Rahmen einer Entgeltregelung iS des § 611 Abs 1 BGB frei regeln. Gleiches gilt für den Zeitpunkt der Fälligkeit, weil von der nach § 614 BGB bestimmten Fälligkeit nach Ablauf des Bemessungsabschnitts abgewichen werden darf(vgl BAG Urteil vom 15.1.2002 - 1 AZR 165/01 - EzA § 614 BGB Nr 1). Diese Gestaltungsfreiheit ist zudem nicht durch die allgemeine Billigkeits- oder Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff BGB eingeschränkt; lediglich dem Transparenzgebot des § 307 Abs 2 BGB iVm § 307 Abs 1 S 2 BGB muss Rechnung getragen werden(vgl BAG Urteil vom 12.12.2007 - 10 AZR 97/07 - BAGE 125, 147 = NZA 2008, 409, 411). Im Rahmen seiner Fürsorgepflicht muss der Arbeitgeber allerdings auf die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht nehmen.
- 31
-
Nach den materiell-rechtlichen Regelungen des EStG gehören damit zu den sonstigen Bezügen jene Entgeltzahlungen, deren Zahlungszeiträume von dem als Regel vorgesehenen Zahlungsturnus für Arbeitslohn nicht nur unerheblich abweichen. Einen sonstigen Bezug stellen also Zahlungen dar, die entweder nicht für bestimmte, aufeinanderfolgende Zeiträume erfolgen oder solche, die den üblichen Lohnzahlungszeitraum erheblich überschreiten (vgl Stache in Bordewin/Brandt, EStG, § 38a RdNr 33 mwN, Stand der Einzelkommentierung August 2017). Maßgeblich ist die Abweichung von dem Lohnzahlungszeitraum, den die Vertragsparteien arbeitsrechtlich zugrunde gelegt haben.
- 32
-
Der Senat hält in diesem Zusammenhang nicht mehr an der spezifisch elterngeldrechtlichen Auslegung des § 2c Abs 1 S 2 BEEG(§ 2 Abs 7 S 2 BEEG aF) fest, der zufolge es - noch unterschieden durch den Anspruchsgrund - in einem Arbeitsverhältnis mehrere laufende, dh regelmäßige Arbeitslöhne in verschiedenen Lohnzahlungszeiträumen nebeneinander geben kann (anders noch BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25, RdNr 35). Vielmehr kann es nur einen regelmäßigen Zahlungszeitraum für laufenden Arbeitslohn geben. Zahlungen, die davon abweichend in anderen Zeitintervallen erfolgen, sind als sonstige Bezüge anzusehen, selbst wenn es sich dabei seinerseits um gleichbleibende Intervalle handelt.
- 33
-
Dieses Auslegungsergebnis schließt es schon materiell-rechtlich aus, die dem Kläger im Oktober und Dezember 2014 gezahlten variablen Entgeltbestandteile dem laufenden Arbeitslohn und damit der Bemessungsgrundlage des Elterngelds hinzuzurechnen. Wie das LSG festgestellt hat, hat der Kläger monatlich Anspruch auf Zahlung eines Grundgehalts und quartalsweise auf Zahlung von variablen Entgeltbestandteilen. Aufgrund ihrer Frequenz und Häufigkeit stellt damit der monatliche Lohnzahlungszeitraum des Grundgehalts den Regelfall und die erheblich anders gelagerten Zahlungszeiträume der variablen Entgelte in Form der Quartalsprovisionen die Abweichung dar. Bezogen auf den maßgeblichen arbeitsvertraglich vereinbarten Lohnzahlungszeitraum werden sie nicht regelmäßig gezahlt. Sie sind damit kein laufender Arbeitslohn, sondern sonstige Bezüge. Diese Auslegung bestätigt im Übrigen auch die inzwischen erfolgte, für den Fall des Klägers indes noch nicht einschlägige Ergänzung der norminterpretierenden LStR R 39b.2 Abs 2 S 2 um die Nummer 10 durch die Lohnsteuer-Änderungsrichtlinien 2015 (vom 22.10.2014, BStBl I 1344; aA SG Berlin Urteil vom 21.12.2016 - S 2 EG 51/15 - Juris). Sie zählt Zahlungen innerhalb eines Kalenderjahres als viertel- oder halbjährliche Teilbeträge zu den sonstigen Bezügen.
- 34
-
Die Verbindlichkeit der beschriebenen materiell-rechtlichen Zuordnungsregelungen des Steuerrechts für die Elterngeldbemessung wird durch den Verweis in § 2c Abs 1 S 2 BEEG auf die Behandlung im Lohnsteuerabzugsverfahren noch verstärkt. Eine nach dessen Durchführung bestandskräftig gewordene Lohnsteueranmeldung bindet auch die Beteiligten des Elterngeldverfahrens. Die durch diese Anmeldung erfolgte Einordnung von Lohnbestandteilen haben die Elterngeldstellen und Sozialgerichte materiell-rechtlich nicht mehr zu prüfen, sondern ihren Entscheidungen zugrunde zu legen. Dies folgt aus der Rechtsstellung des Arbeitgebers im Lohnsteuerabzugsverfahren.
- 35
-
Der Arbeitgeber ist zum Einbehalt und zum Abzug der Lohnsteuer verpflichtet (§ 38 Abs 3 S 1, Abs 1 S 1 EStG). Insoweit nimmt er öffentlich-rechtliche Aufgaben wahr (BVerfG
Beschluss vom 17.3.2014 - 2 BvR 736/13 - Juris RdNr 22) . Der Arbeitgeber ist Steuerpflichtiger iS des § 33 Abs 1 S 1 Abgabenordnung(, vgl Krüger in DStJG 40 <2017>, 145, 165). Dabei muss er - auch im Verhältnis zum Arbeitnehmer als dem eigentlichen Steuerschuldner (vgl BAG Urteil vom 16.6.2004 - 5 AZR 521/03 - BAGE 111, 131 = AP Nr 9 zu § 611 BGB) -Lohnbestandteile richtig einordnen. Dafür gewähren ihm die steuerlichen Vorschriften weder ein Wahlrecht, noch können sie durch privatrechtliche Willenserklärungen und Verträge abbedungen werden (Eisgruber in Kirchhof, EStG, 16. Aufl 2017, § 42d RdNr 5; Sponer/Wollensak in Sponer/Steinherr, TVöD, 2.2 Lohnsteuer und Kirchenlohnsteuer, Stand der Einzelkommentierung November 2011). Hier maßgebliche Rechtsfolge der Lohnsteueranmeldung ist, dass in ihrem Umfang eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt anzunehmen ist (§ 168 S 1 AO). Eine Lohnsteueranmeldung des Arbeitgebers wirkt damit so, als hätte die Finanzverwaltung einen entsprechenden Steuerbescheid erlassen. Der Inhalt erwächst in Bestandskraft, wenn weder der Arbeitnehmer, der Arbeitgeber noch das Finanzamt die von der AO eröffneten Rechtsbehelfe oder andere Korrekturmöglichkeiten nutzen (vgl § 41c EStG; BFH Urteil vom 2.9.2009 - I R 111/08 - BFHE 226, 276 = BStBl II 2010, 387, stRspr; im Einzelnen, Krüger, DStJG 40 <2017> 166 f). Diese Bestandskraft der Lohnsteueranmeldung erstreckt sich auf den Arbeitnehmer, dessen Einkünfte zur Lohnsteuer angemeldet sind (§ 166 AO; vgl BFH Urteil vom 16.5.2017 - VII R 25/16 - BFHE 257, 515 = BStBl II 2017, 934 mwN). Ihr gegenüber kann sich der Arbeitnehmer nicht mehr darauf berufen, die Lohnsteuer hätte rechtmäßig anders, beispielsweise nicht unter Einrechnung sonstiger Bezüge, berechnet werden müssen (vgl BFH Urteil vom 24.8.2004 - VII R 50/03 - BFHE 207, 5; BAG Urteil vom 21.12.2016 - 5 AZR 266/16 - BAGE 157, 336; Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 166 AO RdNr 15, Stand der Einzelkommentierung September 2017). Nicht das tatsächliche Verhalten des Arbeitgebers im Lohnsteuerabzugsverfahren bindet dessen Beteiligte (vgl BSG Urteil vom 23.5.2017 - B 12 KR 6/16 R - SozR 4-5376 § 1 Nr 1 RdNr 23; BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25, RdNr 26 f), wohl aber die Rechtsfolgen, die AO und EStG daran knüpfen.
- 36
-
Diese Bindung erstreckt § 2c Abs 1 S 2 BEEG auf das Elterngeldverfahren, weil die Vorschrift uneingeschränkt auf die Behandlung im Lohnsteuerabzugsverfahren verweist. Das Steuerrecht ist im Elterngeldverfahren nicht mehr eigenständig anzuwenden, wenn die Lohnsteueranmeldung bestandskräftig geworden ist (anders für den Fall einer fehlenden verbindlichen Regelung BSG Urteil vom 30.9.1997 - 4 RA 122/95 - SozR 3-2400 § 15 Nr 4 RdNr 16). Vielmehr müssen auch die Beteiligten des Elterngeldverfahrens den Inhalt einer bestandskräftigen Lohnsteueranmeldung kraft der gesetzlichen Rechtsfolgenverweisung des § 2c Abs 1 S 2 BEEG als feststehend hinnehmen. Sie haben ihn insbesondere nicht mehr daraufhin zu überprüfen, ob er dem materiellen Recht entspricht (vgl BFH Urteil vom 24.8.2004 - VII R 50/03 - BFHE 2007, 5 mwN). Behörden und Gerichte haben lediglich noch zum Zwecke der Tatsachenfeststellung zu ermitteln, wie der Arbeitgeber und gegebenenfalls das Finanzamt im Lohnsteuerabzugsverfahren die steuerrechtlichen Vorschriften gehandhabt haben und ob insoweit ausnahmsweise keine Bestandskraft eingetreten ist (vgl BSG Urteil vom 3.12.1996 - 10 RKg 8/96 - SozR 3-5870 § 1 Nr 12 RdNr 21 mwN, dort für das Verhältnis von Ausländer- zu Kindergeldrecht als "Tatbestandswirkung" bezeichnet; vgl BSG Urteil vom 6.2.1992 - 12 RK 15/90 - SozR 3-1500 § 54 Nr 15).
- 37
-
Die im Elterngeldverfahren noch erforderlichen Feststellungen zur Höhe der Lohnsteuer und der Behandlung bestimmter Entgeltbestandteile als sonstige Bezüge im Lohnsteuerabzugsverfahren können Elterngeldstellen und Gerichte dabei in aller Regel auf die Angaben des Arbeitgebers in seinen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen stützen (vgl § 1 Abs 2 Nr 2 Buchst a, Nr 3 Buchst a Entgeltbescheinigungsverordnung, BGBl I 2012, 2712). Denn § 1 Abs 2 Nr 2a Entgeltbescheinigungsverordnung verpflichtet den Arbeitgeber ua zum getrennten Ausweis der sonstigen Bezüge. Seine Bescheinigungen sind zwar nur bloße Wissenserklärungen (Lembke in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 7. Aufl 2016, § 108 GewO RdNr 8 mwN). Lediglich ihre tatsächliche Richtigkeit und Vollständigkeit wird daher nach § 2c Abs 2 S 2 BEEG vermutet. Indes wird die Erklärung des Arbeitgebers, er habe bestimmte Entgeltbestandteile als sonstige Bezüge zur Lohnsteuer angemeldet, regelmäßig den Schluss erlauben, dass diese Anmeldung bestandskräftig geworden ist und deshalb die Beteiligten des Elterngeldverfahrens bindet, wenn nicht konkrete tatsächliche Anhaltspunkte entgegenstehen.
- 38
-
Danach spricht hier alles dafür, dass der Kläger auch wegen der Bindungswirkung der entsprechenden Lohnsteueranmeldung seines Arbeitgebers keine Berücksichtigung zusätzlicher Entgeltbestandteile verlangen kann. Nach den Feststellungen des LSG enthalten diese Lohn- und Gehaltsbescheinigungen Angaben über eine Behandlung der maßgeblichen Entgeltbestandteile als sonstige Bezüge ("S") im Lohnsteuerabzugsverfahren. Der Arbeitgeber des Klägers hat dies gegenüber dem SG im November 2015 nochmals bestätigt. Allerdings haben die Vorinstanzen - von ihrem Rechtsstandpunkt aus konsequent - nicht festgestellt, ob trotzdem ausnahmsweise konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestanden haben, die Einordnung dieser Entgeltbestandteile könnte im Lohnsteuerabzugsverfahren ausnahmsweise nicht bestandskräftig geworden sein. Die Behandlung der Quartalsprovisionen des Klägers als sonstige Bezüge im Lohnsteuerabzugsverfahren hat sich aber aus den vorgenannten Gründen materiell-rechtlich als richtig erwiesen. Auf die Frage der Bestandskraft dieser Behandlung kommt es daher hier nicht an. Eine Zurückverweisung wäre iS von § 170 Abs 2 S 2 SGG untunlich.
- 39
-
c) Der von § 2c Abs 1 S 2 BEEG angeordnete Ausschluss der sonstigen Bezüge nichtselbstständig Erwerbstätiger aus der Bemessung des Elterngelds verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.
- 40
-
Das aus Art 3 Abs 1 GG folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen ebenso wie für ungleiche Begünstigungen. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (BVerfG Beschluss vom 24.3.2015 - 1 BvR 2880/11 - BVerfGE 139, 1 RdNr 38 mwN). Es verletzt den Gleichheitssatz, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen Gruppe anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (BVerfG Beschluss vom 18.12.2012 - 1 BvL 8/11, 1 BvL 21 BvL 22/11 - BVerfGE 132, 372 RdNr 45 mwN). Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab. Inhalt und Grenzen richten sich nach dem jeweils betroffenen Regelungsbereich. Im Bereich der leistenden Massenverwaltung sind die Gestaltungsspielräume des Gesetzgebers besonders groß. Im Rahmen des allgemeinen Gleichheitssatzes ist nur zu überprüfen, ob der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten hat und nicht, ob er unter verschiedenen Lösungen die gerechteste und zweckmäßigste gewählt hat (stRspr BVerfG, zB Beschluss vom 5.11.1974 - 2 BvL 6/71 - BVerfGE 38, 154, 166; BVerfG zB Beschluss vom 8.10.1991 - 1 BvL 50/86 - BVerfGE 84, 348, 359; BVerfG Beschluss vom 8.6.2004 - 2 BvL 5/00 - BVerfGE 110, 412, 436). Das gilt jedenfalls uneingeschränkt für das Elterngeld als fürsorgerische Leistung der Familienförderung, die über die bloße Sicherung des Existenzminimums hinausgeht (zum Elterngeld vgl BVerfG
Beschluss vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - BVerfGK 19, 186) .
- 41
-
Der Ausschluss sonstiger Bezüge durch § 2c Abs 1 S 2 BEEG trifft alle aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit anspruchsberechtigten Eltern in gleicher Weise. Sonstige Bezüge im lohnsteuerrechtlichen Sinn sind ausnahmslos weder bei der Bemessung noch während des Bezugs von Elterngeld zu berücksichtigen. Eine Differenzierung erfolgt innerhalb der Gruppe der nichtselbstständig Erwerbstätigen nur insoweit, dass die Bemessung für Elterngeldberechtigte mit sonstigen Bezügen nicht den gesamten Arbeitslohn im Bemessungszeitraum einbezieht, umgekehrt aber auch von einer Anrechnung im Bezugszeitraum absieht. Falls die Bemessungsgrenze nicht schon mit dem laufenden Arbeitslohn erreicht wird, ergibt sich ein geringeres Elterngeld. Umgekehrt verbleibt ein höheres Elterngeld, wenn sonstige Bezüge während des Bezugszeitraums nicht als Einkommen angerechnet werden.
- 42
-
Ziel und Ausmaß einer Ungleichbehandlung gegenüber Eltern, die im Bemessungszeitraum einen insgesamt gleich hohen Bruttoarbeitslohn ohne sonstigen Bezug erzielen, sind verfassungsrechtlich durch hinreichend gewichtige Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt. Es ist ein legitimes Anliegen des Gesetzgebers, die Bemessung des Elterngelds generalisierend auf die prägenden vorgeburtlichen Einnahmen zu beschränken und sonstige Bezüge davon auszuschließen (dazu unter aa). Die damit verbundene Ungleichbehandlung wiegt nicht unverhältnismäßig schwer. Die Ungleichbehandlung hat nicht nur ungünstige, sondern im Bezugszeitraum auch mögliche positive und für die Anreizfunktion des Elterngelds wichtige Folgen (dazu unter bb). Zudem können Elterngeldberechtigte ungünstigen Gesetzesfolgen durch arbeitsvertragliche Gestaltung ausweichen (dazu unter cc). Die maßgebliche Rechtfertigung der verbleibenden belastenden Ungleichbehandlung liefert die damit bewirkte Verwaltungsvereinfachung (dazu unter dd).
- 43
-
aa) Der Ausschluss sonstiger Bezüge dient dem legitimen Anliegen einer generalisierenden Gesetzgebung. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren, indem er nach wesentlichen Elementen gleich geartete Lebenssachverhalte zusammenfasst und Besonderheiten generalisierend vernachlässigt (vgl BVerfG Beschluss vom 31.5.1990 - 2 BvL 12/88 - BVerfGE 82, 159, 185 f; BVerfG Beschluss vom 10.4.1997 - 2 BvL 77/92 - BVerfGE 96, 1, 6; BVerfG Beschluss vom 7.5.2013 - 2 BvR 909/06 - BVerfGE 133, 377, 412, RdNr 87).
- 44
-
Der BEEG-Gesetzgeber wollte in generalisierender Weise eine Bemessungsgrundlage für das Elterngeld schaffen, die das zukünftig wegfallende Einkommen verlässlich und realitätsgetreu abbildet. Dafür hat er sich - wie auch bei anderen kurzfristigen Entgeltersatzleistungen - der sogenannten Bezugs- bzw Referenzmethode bedient (vgl BSG Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 20/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 8 RdNr 59). Sie berücksichtigt nur solche Einnahmen, welche die vorgeburtliche Lebenssituation geprägt, dh wesentlich beeinflusst haben (BSG Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 20/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 8 RdNr 65). Das kann - generalisierend - bei anlassunabhängigen, wiederkehrenden und verbindlich geschuldeten Lohnzahlungen angenommen werden, nicht dagegen hinreichend verlässlich bei sonstigen Bezügen. Andernfalls drohte die Bemessung mehr vom Zufall des Zuflusses als von der tatsächlich bestehenden vorgeburtlichen Einkommenssituation abzuhängen (BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 10 EG 20/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 18 RdNr 71). Deshalb ist nach der Rechtsprechung des BSG der Ausschluss von Weihnachtsgeld aus der Bemessungsgrundlage nicht zu beanstanden, wenn es zwar als Anspruchsleistung, aber anlassbezogen gezahlt wird; trotzdem bleibt die Höhe des Elterngelds an dem Einkommen orientiert, das regel- und gleichmäßig im vorgeburtlichen Bemessungszeitraum zur Verfügung steht (vgl BSG Urteil vom 29.6.2017 - B 10 EG 5/16 R - Juris RdNr 31, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Genauso wenig lässt sich bei variablen Entgeltbestandteilen die Annahme widerlegen, dass solche Einnahmen schwanken, ua weil sie vom Einsatz und Erfolg des Begünstigten abhängen. Deshalb durfte der Gesetzgeber im Rahmen seines weiten Ermessens- und Prognosespielraums davon ausgehen, dass solche Einnahmen den in der Elternzeit prognostizierbaren Arbeitslohn nicht hinreichend sicher prägen.
- 45
-
bb) Bei der verfassungsrechtlichen Prüfung einer Ungleichbehandlung sind nicht nur isoliert ihre nachteiligen, sondern ebenso ihre günstigen Folgen zu betrachten (vgl BVerfG
Beschluss vom 14.6.2016 - 2 BvR 323/10 - Juris RdNr 63) . Die Ausklammerung sonstiger Bezüge aus der Bemessungsgrundlage des Elterngelds kann betroffene Eltern im Bemessungszeitraum benachteiligen, während des Elterngeldbezugs dagegen begünstigen. Gerade die überwiegende Mehrheit von Vätern bezieht Elterngeld nur während eines kurzen Zeitraums von bis zu zwei Monaten (vgl Statistisches Bundesamt, Statistik zum Elterngeld Leistungsbezüge, 2016, www.destatis.de: bei vor dem 1.7.2015 geborenen Kindern lag die Inanspruchnahme für lediglich bis zwei Monate deutschlandweit bei 75,8 Prozent). Der Zufluss eines sonstigen Bezugs in einem kurzen Bezugszeitraum (zB ein noch abgerechnetes variables Entgelt) könnte den Elterngeldanspruch trotz des Vorteils eines geringfügig höheren vorgeburtlichen Bemessungsentgelts bis auf den Mindestbetrag des § 2 Abs 4 S 1 BEEG absinken lassen(§ 2 Abs 3 BEEG). Nach wie vor trifft daher die im Gesetzgebungsverfahren geäußerte Befürchtung zu, die Berücksichtigung sonstiger Bezüge könnte vor allem im Bezugszeitraum unerwünschte Zufallsergebnisse herbeiführen (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, BT-Drucks 16/2785 S 37). Die Einführung der längeren Rahmenfrist für den Elterngeldbezug durch das Elterngeld Plus (vgl § 4 Abs 1 und 4 BEEG) hat die Gefahr solcher unerwünschten Zufallsergebnisse sogar noch erhöht. Selbst wenn der Zufluss sonstiger Bezüge im Bezugszeitraum für Eltern vorhersehbar sein sollte, würde das Risiko einer Zweckverfehlung erhöht. Eltern sollen frei entscheiden können, wer von ihnen wann Elterngeld bezieht (vgl BT-Drucks 16/2454 S 2). Diese Wahlfreiheit würde zweckwidrig beeinträchtigt, wenn die Elternzeit vorrangig mit Blick auf die Vermeidung elterngeldschädlicher Geldzuflüsse geplant werden müsste.
- 46
-
cc) Der generalisierende Ausschluss sonstiger Bezüge wie die dem Kläger gezahlten Provisionen vom Elterngeld wiegt auch deshalb weniger schwer, weil er an Merkmale anknüpft, die für die Leistungsberechtigten häufig verfügbar sein werden (hierzu BVerfG Beschluss
vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - BVerfGK 19, 186 RdNr 10; allgemein BVerfG Urteil vom 17.12.2014 - 1 BvL 21/12 - BVerfGE 138, 136, 180 mwN) . Die Arbeitsvertragsparteien können die Zuordnung variabler Lohnbestandteile zum sonstigen Bezug durch vertragliche Gestaltungen vermeiden. Sie können etwa eine (Voraus-)Zahlung in den regelmäßigen Lohnabrechnungszeiträumen vereinbaren.
- 47
-
dd) Gerechtfertigt ist die verbleibende belastende Ungleichbehandlung nicht nur durch die beschriebene Vermeidung von Zufallsergebnissen, sondern zudem durch die damit bewirkte wesentliche Verwaltungsvereinfachung, wie sie auch die ab dem 1.1.2015 geltende Neufassung des BEEG anstrebt. Dazu sollen Behörden und Gerichte direkt auf die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitsgebers zugreifen können und so einen Gleichlauf des Elterngeldrechts mit dem lohnsteuerlichen Einkommensbegriff und den Ergebnissen des Lohnsteuerabzugsverfahrens sichern (vgl BT-Drucks 18/2583 S 24 f).
- 48
-
Das Ziel der Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität gehört im Bereich der Massenverwaltung - wie im Bereich des BEEG mit rund 1,640 Mio Elterngeldbeziehern im Jahr 2016 (Statistisches Bundesamt, Statistik zum Elterngeld - Leistungsbezüge 2016, www.destatis.de) - zu den legitimen Anliegen des Gesetzgebers. Die so bewirkte Verwaltungsvereinfachung ist von vernünftigen und einleuchtenden Gründen getragen und steht in einem angemessenen Verhältnis zu der notwendigen Ungleichbehandlung (zu den Maßstäben vgl BVerfG Urteil vom 5.11.2014 - 1 BvF 3/11 - BVerfGE 137, 350 RdNr 66 mwN; auch BVerfG
Beschluss vom 28.11.2007 - 2 BvR 375/06 - BVerfGK 12, 453). Die dadurch mögliche Vereinfachung und Beschleunigung der Elterngeldverfahren kommt allen Elterngeldbeziehern zugute. Wie die bisherige Praxis zeigt, erhöht dagegen ein fehlender Gleichlauf des Elterngeld- mit dem Lohnsteuerabzugsverfahren maßgeblich den Verwaltungsaufwand der Elterngeldstellen. Sie müssten, ebenso wie im Streitfall die Sozialgerichte, einen in aller Regel steuerlich abgeschlossenen Sachverhalt wiederaufgreifen, jedenfalls aber ressortfremd eigenständig steuerrechtlich bewerten. Stattdessen erlaubt ihnen die aktuelle Lösung des Gesetzgebers, sich im Regelfall auf die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers und die darin dokumentierten Abläufe des Lohnsteuerabzugs zu stützen. Dies vereinfacht maßgeblich die Elterngeldgewährung im Rahmen der zulässig gewählten Referenzkriterien (siehe oben unter aa) und beugt zudem widerstreitenden Ergebnissen verschiedener Verwaltungsverfahren vor.
- 49
-
Die Bindung an bestandskräftige Ergebnisse des Lohnsteuerabzugsverfahrens belastet auch für sich gesehen die Elterngeldberechtigten nicht unverhältnismäßig. Werden Bestandteile ihres Entgelts im Lohnsteuerabzugsverfahren entgegen den materiellen Regeln des Steuerrechts zu Unrecht als sonstige Bezüge behandelt, steht ihnen dagegen Rechtsschutz offen. § 2c Abs 1 S 2 BEEG verdeutlicht Eltern unmissverständlich, dass sonstige Bezüge nicht in die Berechnung ihres Elterngelds einfließen. Welcher Teil ihres Gehalts unter diese Ausschlussregelung fällt, ergibt sich ohne Weiteres aus ihren Lohn- und Gehaltsbescheinigungen. Vermuten Eltern dabei eine falsche Praxis ihres Arbeitgebers, so können sie ihn bei der nachfolgenden Lohnzahlung über § 41c Abs 1 EStG zu einer Korrektur anhalten. Danach können sie die weiteren Korrektur- und Rechtsschutzmöglichkeiten des Lohnsteuerabzugsverfahrens nutzen (vgl dazu im Einzelnen Krüger, DStJG 40 <2017>, 166 f). Dagegen verhielten sich Eltern widersprüchlich, wollten sie einerseits von den Steuervorteilen einer (unrichtigen) Besteuerung von Entgeltbestandteilen als sonstige Bezüge profitieren, um diese dann andererseits im nachfolgenden Elterngeldverfahren mit dem Ziel höheren Elterngelds wieder infrage zu stellen (zur Maßgeblichkeit in Anspruch genommener steuerlicher Vergünstigungen bei der Berechnung des Elterngelds aus selbstständiger Erwerbstätigkeit BSG Urteil vom 15.12.2015 - B 10 EG 6/14 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 30 RdNr 19).
- 50
-
Auch sonst sind schließlich keine unverhältnismäßigen Folgen der Ungleichbehandlung ersichtlich, weder im Einzelfall des Klägers noch mit Blick auf die Gesamtheit der Elterngeldbezieher. Das zur Bemessung herangezogene Arbeitsentgelt bleibt auch ohne variable Entgeltbestandteile relativ nahe beim tatsächlichen Arbeitsentgelt (vgl dazu zuletzt Bundesagentur für Arbeit, Beschäftigungsstatistik: Sozialversicherungspflichtige Bruttoarbeitsentgelte, 2010, S 32).
(1) Der monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Überschuss der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Geld oder Geldeswert über ein Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2e und 2f, ergibt das Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit. Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind. Die zeitliche Zuordnung von Einnahmen erfolgt nach den lohnsteuerlichen Vorgaben für das Lohnsteuerabzugsverfahren. Maßgeblich ist der Arbeitnehmer-Pauschbetrag nach § 9a Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes in der am 1. Januar des Kalenderjahres vor der Geburt des Kindes für dieses Jahr geltenden Fassung.
(2) Grundlage der Ermittlung der Einnahmen sind die Angaben in den für die maßgeblichen Kalendermonate erstellten Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers. Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben in den maßgeblichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen wird vermutet.
(3) Grundlage der Ermittlung der nach den §§ 2e und 2f erforderlichen Abzugsmerkmale für Steuern und Sozialabgaben sind die Angaben in der Lohn- und Gehaltsbescheinigung, die für den letzten Kalendermonat im Bemessungszeitraum mit Einnahmen nach Absatz 1 erstellt wurde. Soweit sich in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Bemessungszeitraums eine Angabe zu einem Abzugsmerkmal geändert hat, ist die von der Angabe nach Satz 1 abweichende Angabe maßgeblich, wenn sie in der überwiegenden Zahl der Kalendermonate des Bemessungszeitraums gegolten hat. § 2c Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
Tenor
-
Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 28. März 2017 und des Sozialgerichts Mannheim vom 24. März 2016 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
-
Kosten sind in allen Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand
- 1
-
Die Beteiligten streiten darüber, ob bei dem Elterngeldanspruch des Klägers vierteljährlich gezahlte variable Entgeltbestandteile (sog Quartalsprovisionen) elterngelderhöhend zu berücksichtigen sind.
- 2
-
Der Kläger erzielte in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt seines Kindes am 20.1.2015 ein monatlich gleichbleibendes Bruttogrundgehalt aus seiner Beschäftigung als Berater. Zusätzlich zahlte ihm sein Arbeitgeber quartalsweise eine Prämie je gegenüber Kunden abgerechnetem (sog fakturiertem) Beratertag. Eine weitere quartalsweise abzurechnende Prämie stand dem Kläger für "Coaching" auf durch Kollegen geleistete fakturierte Beratertage zu. Die Gehaltsbescheinigungen wiesen diese Prämien gesondert aus, zunächst als laufenden Arbeitslohn, später als sonstige Bezüge.
- 3
-
Die Beklagte bewilligte dem Kläger auf seinen Antrag Elterngeld wegen der Betreuung und Erziehung seines Kindes im ersten und achten Lebensmonat in Höhe von jeweils 1616,66 Euro (Bescheid vom 2.3.2015). Grundlage der Berechnung waren die im Zeitraum Januar bis Dezember 2014 gezahlten Entgeltbestandteile. Eingeschlossen waren jene für fakturierbare Tage/Stunden bzw Coaching gezahlten Beträge, die der Arbeitgeber als laufenden Arbeitslohn gekennzeichnet hatte. Außer Betracht ließ die Beklagte die Prämien in Höhe von insgesamt 6207,51 Euro, die der Arbeitgeber des Klägers im Oktober und Dezember 2014 als sonstige Bezüge ausgewiesen hatte. Den dagegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 16.3.2015).
- 4
-
Das SG hat die Beklagte zur Gewährung höheren Elterngelds unter Berücksichtigung der im Oktober und Dezember 2014 gezahlten Prämien verurteilt (Urteil vom 24.3.2016). Die Berufung der Beklagten hat das LSG zurückgewiesen (Urteil vom 28.3.2017). Der Ausschluss sonstiger Bezüge aus der Bemessungsgrundlage erfasse die dem Kläger gezahlten Quartalsprovisionen nicht. Sie seien nicht durch eine gesetzliche oder untergesetzliche Definition den sonstigen Bezügen zuzuordnen. Die tatsächliche Handhabung durch den Arbeitgeber sei nicht verbindlich. Nach der fortzuführenden Rechtsprechung des BSG (ua Hinweis auf Senatsurteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25) seien vielmehr solche Provisionen zu berücksichtigen, die - wie hier bei mehrmaliger Zahlung im Jahr - den Lebensstandard der Elterngeldberechtigten vor der Geburt geprägt hatten.
- 5
-
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung materiellen Rechts. Die vom LSG zitierte Rechtsprechung des BSG beruhe auf einer nicht mehr gültigen Fassung der Ausschlussnorm. Der Gesetzgeber habe inzwischen durch die Neufassung des § 2c Abs 1 S 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) zum 1.1.2015 seinen Willen zum Ausschluss sonstiger Bezüge im Sinne des Steuerrechts eindeutig klargestellt. Dies habe das LSG verkannt.
- 6
-
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 28. März 2017 und des Sozialgerichts Mannheim vom 24. März 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
- 7
-
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
- 8
-
Er beruft sich auf das angefochtene Berufungsurteil.
Entscheidungsgründe
- 9
-
Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Die Urteile des LSG und des SG sind aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 170 Abs 2 S 1 SGG). Der Kläger hat keinen Anspruch auf höheres Elterngeld, weil die ihm im Oktober und Dezember 2014 gezahlten variablen Entgeltbestandteile im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge zu behandeln waren und auch so behandelt worden sind.
- 10
-
1. Streitgegenstand bildet der Anspruch des Klägers auf höheres Elterngeld, den die Beklagte mit Bescheid vom 2.3.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.3.2015 versagt hat. Hiergegen wendet sich der Kläger zulässigerweise mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1, Abs 4 SGG),gerichtet auf den Erlass eines Grundurteils (§ 130 Abs 1 SGG; vgl hierzu BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 7/10 R - BSGE 109, 42, 43 = SozR 4-7837 § 2 Nr 10, RdNr 14 mwN).
- 11
-
2. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höheres Elterngeld. Zwar kann er dem Grunde nach Elterngeld beanspruchen (hierzu unter a). Die Höhe seines Anspruchs bemisst sich aber nur nach jenen laufenden Arbeitslöhnen, die ihm regelmäßig (hier: monatlich) gezahlt worden sind; nicht jedoch zusätzlich nach den ihm im Oktober und Dezember 2014 zugeflossenen variablen Entgeltbestandteilen (hierzu unter b und c). Der Bescheid der Beklagten vom 2.3.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.3.2015 verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Dahinstehen kann, ob dieser Bescheid ihn rechtswidrig begünstigt, weil die Beklagte bei dem Kläger zuvor gezahltes variables Entgelt elterngeldsteigernd berücksichtigt hat. Eine solche rechtswidrige Begünstigung würde den Kläger aber nicht in seinen Rechten verletzen und könnte daher seinem auf höheres Elterngeld gerichteten Klagebegehren nicht zum Erfolg verhelfen.
- 12
-
a) Dem Kläger steht dem Grunde nach Elterngeld für die Betreuung und Erziehung im ersten und achten Lebensmonat seiner Tochter zu. Er erfüllt die Grundvoraussetzungen des Elterngeldanspruchs nach § 1 Abs 1 S 1 BEEG(in der hier maßgeblichen ab dem 1.1.2015 geltenden Fassung durch das Gesetz zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz vom 18.12.2014, BGBl I 2325). Wie in § 1 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 4 BEEG vorausgesetzt, hatte der Kläger nach den für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG(vgl § 163 SGG)im Bezugszeitraum des Elterngelds seinen Wohnsitz in Deutschland, lebte in einem Haushalt mit der von ihm selbst betreuten und erzogenen Tochter und übte im Bezugszeitraum zumindest keine volle Erwerbstätigkeit aus iS von § 1 Abs 6 BEEG(idF des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10.9.2012, BGBl I 1878).
- 13
-
b) Zur Bemessung des dem Kläger zustehenden Elterngelds sind nur seine regelmäßig monatlich gezahlten Arbeitslöhne heranzuziehen, nicht dagegen die ihm vierteljährlich zugeflossenen variablen Entgeltbestandteile. Sie gehören zwar zu den im Bemessungszeitraum erzielten Einnahmen aus Erwerbstätigkeit (dazu unter aa). Die vierteljährlich gezahlten Entgeltbestandteile erhöhen aber nicht den Anspruch des Klägers auf Elterngeld, weil sie lohnsteuerlich als sonstige Bezüge zu behandeln waren und im Lohnsteuerabzugsverfahren auch zutreffend so behandelt worden sind (dazu unter bb). Verfassungsrechtliche Bedenken wegen dieser Gesetzesfolgen hat der Senat nicht (dazu unter c).
- 14
-
aa) Die vom Kläger vierteljährlich bezogenen variablen Entgeltbestandteile gehören zu den im Bemessungszeitraum erzielten Einnahmen aus Erwerbstätigkeit. Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 Euro monatlich gezahlt. In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1200 Euro war, sinkt der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent (§ 2 Abs 1, Abs 2 S 2 BEEG idF des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs, aaO).
- 15
-
Als Bemessungszeitraum hat die Beklagte zutreffend den Zeitraum von Januar bis Dezember 2014 herangezogen. Wurde - wie vom LSG festgestellt - vor der Geburt des Kindes nur Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit iS von § 2c BEEG erzielt, erstreckt sich der Bemessungszeitraum auf die zwölf Kalendermonate vor dem Geburtsmonat des Kindes(§ 2b Abs 1 S 1 BEEG idF des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs, aaO).
- 16
-
Auf der Grundlage der in diesem Bemessungszeitraum erzielten Einkünfte bestimmt sich das Einkommen nach den näheren Bestimmungen der §§ 2c bis 2f BEEG. Danach hat die Beklagte zutreffend den Durchschnittsverdienst des Klägers für den Zeitraum ab dem Monat Januar bis zum Dezember 2014 berücksichtigt, wie ihn die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen seines Arbeitgebers ausweisen. Die darauf gestützte Elterngeldberechnung der Beklagten auf Grundlage des monatlich fortlaufend gezahlten Arbeitslohns ist nicht zu beanstanden. Insoweit haben die Beteiligten weder Bedenken geäußert noch hat der Senat Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Berechnung.
- 17
-
bb) Ebenfalls zutreffend hat die Beklagte die dem Kläger gezahlten variablen Entgeltbestandteile in den Monaten Oktober und Dezember 2014 bei der Bemessung des Elterngelds außer Betracht gelassen. Denn sie waren im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln und wurden auch so behandelt.
- 18
-
Bei der Ermittlung des Einkommens aus nichtselbständiger Arbeit werden solche Einnahmen nicht berücksichtigt, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind (§ 2c Abs 1 S 2 BEEG in der gemäß § 27 Abs 1 S 3 BEEG ab dem 1.1.2015 gültigen Fassung durch das Gesetz zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, aaO). Nach Wortlaut, Systematik, Normzweck und Entstehungsgeschichte erfasst diese Ausnahme alle Entgeltbestandteile, die abweichend vom regelmäßigen - hier monatlichen - Lohnzahlungszeitraum abgerechnet und gezahlt werden.
- 19
-
Mit dieser doppelten Anknüpfung an das materielle und das Steuerverfahrensrecht eröffnet schon der Wortlaut des § 2c Abs 1 S 2 BEEG keinen Auslegungsspielraum dafür, bei der Elterngeldbemessung auf andere als steuerrechtliche Begriffe zurückzugreifen wie etwa auf denjenigen der Einmalzahlung iS des § 23a SGB IV. Deshalb lässt das Gesetz in seiner ab dem 1.1.2015 geltenden Fassung auch keine elterngeldspezifische Auslegung des Tatbestandsmerkmals der sonstigen Bezüge mehr zu. Vielmehr entspricht nur eine strenge Bindung an das formelle und materielle Steuerrecht der erklärten Zielsetzung des Gesetzgebers, wie sie maßgeblich in der Entstehungsgeschichte zum Ausdruck kommt.
- 20
-
Bereits die ab dem 1.1.2007 geltende Ursprungsfassung des § 2 Abs 7 BEEG (BEEG vom 5.12.2006, BGBl I 2748) hatte die Bemessung des Elterngelds für abhängig Beschäftigte nicht an den sozialrechtlichen Begriff des Arbeitsentgelts geknüpft (§ 14 SGB IV; vgl wegen einmaliger Einnahmen § 23a SGB IV), sondern an das Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit im Sinne des Einkommensteuergesetzes (EStG). Sie hatte in S 2 als Ausnahme formuliert, sonstige Bezüge iS von § 38a Abs 1 S 3 EStG seien nicht als Einnahmen zu berücksichtigen. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 2 Abs 7 S 2 BEEG (BT-Drucks 16/1889 S 21), der noch vom Einkommensbegriff des SGB II ausgegangen war, sollten damit einmalige Einnahmen wie Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Prämien und Erfolgsbeteiligungen weder vor der Geburt noch während des Bezugszeitraums des Elterngelds berücksichtigt werden. Nach Ansicht des Entwurfs prägten solche Einnahmen die für das Elterngeld als monatliche Leistung maßgeblichen Verhältnisse nicht mit der gleichen Nachhaltigkeit wie das laufende Erwerbseinkommen. Darüber hinaus könne der zufällige Zufluss einmaliger Einnahmen im Bezugszeitraum den Elterngeldanspruch insbesondere teilzeitbeschäftigter Eltern beeinträchtigen. An dieser Regelung hielt die Bundesregierung fest, obwohl der Bundesrat die Einbeziehung der einmaligen Einnahmen vorschlug (BT-Drucks 16/2454 S 11).
- 21
-
Die schließlich Gesetz gewordene Ursprungsfassung beruhte auf der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BT-Drucks 16/2785 S 37). Sie hat den Einkommensbegriff des SGB II durch den steuerrechtlichen ersetzt. Anstelle einmaliger Einnahmen sollten nunmehr - weiterhin unter Hinweis auf ansonsten drohende Zufallsergebnisse - sonstige Bezüge iS von § 38a Abs 1 S 3 EStG von der Bemessungsgrundlage des Elterngelds ausgenommen werden.
- 22
-
In der Folge hat das Urteil des Senats vom 3.12.2009 (B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4) zur Einordnung mehrmals jährlich gezahlter Umsatzprovisionen als laufenden Arbeitslohn den Gesetzgeber veranlasst, sein von Anfang an verfolgtes, steuerakzessorisches Regelungskonzept nochmals zu verdeutlichen und zu verstärken (vgl BT-Drucks 17/3030 S 48) und die Ergebnisse des Besteuerungsverfahrens hervorzuheben. Nach der ab dem 1.1.2011 geltenden Neufassung des § 2 Abs 7 S 2 BEEG waren nunmehr im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen nicht zu berücksichtigen(Haushaltsbegleitgesetz
vom 9.12.2010, BGBl I 1885) . Die anschließende Übernahme der Regelung in § 2c Abs 1 S 2 BEEG sollte dieses Regelungskonzept und -ziel fortführen(BT-Drucks 17/9841 S 22). Erneut waren solche Einnahmen nicht zu berücksichtigen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelt wurden (§ 2c Abs 1 S 2 BEEG in der ab dem 18.9.2012 gültigen Fassung durch das Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs, aaO).
- 23
-
Trotz Kenntnis dieser Neuregelung hat der Senat in seinem Urteil vom 26.3.2014 (B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25) zur Vorläuferfassung (§ 2 Abs 7 S 2 BEEG idF des HBeglG 2011, aaO) an seiner bisherigen Rechtsprechung festgehalten. Lohnsteuerlich als sonstige Bezüge behandelte Umsatzbeteiligungen seien gleichwohl bei der Elterngeldberechnung als laufender Arbeitslohn zu berücksichtigen, wenn sie neben dem monatlichen Grundgehalt für kürzere Zeiträume als ein Jahr und damit mehrmals im Jahr regelmäßig nach festgelegten Berechnungsstichtagen gezahlt werden.
- 24
-
Indes hat der Gesetzgeber auch auf dieses Senatsurteil mit einer weiteren Klarstellung der Ausschlussnorm reagiert. Die vierte und hier einschlägige Gesetzesfassung schließt nunmehr Einnahmen von der Bemessungsgrundlage des Elterngelds aus, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind (§ 2c Abs 1 S 2 BEEG idF des Gesetzes zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, aaO). Wie die Gesetzesmaterialien hervorheben, hat die Einordnung von Lohn- und Gehaltsbestandteilen als sonstige Bezüge - wie von Anfang an beabsichtigt - allein nach lohnsteuerlichen Vorgaben, dh nach § 38a Abs 1 S 3 EStG und den Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) zu erfolgen. Nur dann sei es möglich, die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen entsprechend der gesetzgeberischen Zielsetzung nach § 2c Abs 2 S 2 BEEG als aussagekräftige Grundlage der elterngeldrechtlichen Einkommensermittlung zu nutzen (Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung der Lohn- und Gehaltsbescheinigungen). Demnach sollen alle Lohn- und Gehaltsbestandteile, die richtigerweise nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind (Hinweis auf LStR R 39b.2 Abs 2), auch elterngeldrechtlich als sonstige Bezüge behandelt werden (vgl BT-Drucks 18/2583 S 24 f).
- 25
-
Wie die dargestellte Gesetzesentwicklung belegt, zielt der Gesetzgeber von Anbeginn an darauf ab, sonstige Bezüge im Sinne des materiellen Lohnsteuerrechts aus der Bemessungsgrundlage für das Elterngeld auszuschließen, das dem Ersatz von Einkommen nichtselbstständig Erwerbstätiger dient. Der Verweis auf die Ergebnisse des Lohnsteuerabzugsverfahrens soll diese ausgeschlossenen Einnahmen für die Elterngeldstellen zweifelsfrei identifizieren. Die klarstellenden Änderungen der Ausschlussnorm haben dabei jeweils erkennbar versucht, eine abweichende Rechtsanwendung durch die Senatsrechtsprechung zu korrigieren. Sie waren und sind darauf gerichtet, die von Anfang an gewünschte Anbindung an das formelle und materielle Lohnsteuerrecht sicherzustellen. Der Gesetzgeber will die begriffliche Abgrenzung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen nicht lediglich am Steuerrecht orientieren (so noch BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4, RdNr 28), sondern in vollem Umfang und mit bindender Wirkung auf das materielle Steuerrecht verweisen, wie es das Lohnsteuerabzugsverfahren konkretisiert hat. Eine einschränkende Auslegung der Ausschlussklausel des § 2c Abs 1 S 2 BEEG ist deshalb nicht mehr möglich. Sie würde sich gegen den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes und den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers stellen. Sie überschritte damit die Grenzen zulässiger Auslegung (vgl BVerfG Beschluss vom 25.1.2011 - 1 BvR 918/10 - BVerfGE 128, 193, 210). Unter der neuen Gesetzesfassung kann daher die bisherige Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4; ua vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25)und der darin gefundene, elterngeldrechtlich modifizierte lohnsteuerrechtliche Begriff der sonstigen Bezüge nicht mehr weitergeführt werden.
- 26
-
Der Kläger hat hiernach keinen Anspruch auf die Berücksichtigung der ihm gezahlten variablen Entgeltbestandteile für die Bemessung seines Elterngelds. Sie stellen lohnsteuerrechtlich keinen laufenden Arbeitslohn, sondern sonstige Bezüge dar, weil sie abweichend vom arbeitsvertraglich vereinbarten monatlichen Lohnzahlungszeitraum in vierteljährlichen Abständen gezahlt werden.
- 27
-
Das im EStG geregelte Lohnsteuerrecht definiert die Begriffe laufender Arbeitslohn und sonstige Bezüge nicht ausdrücklich (vgl § 38a Abs 1 und 3, § 39b Abs 2 und 3 EStG). Die auf Grundlage des Art 108 Abs 7 GG als norminterpretierende Verwaltungsvorschriften erlassenen LStR (hier idF der Lohnsteuer-Änderungsrichtlinien 2013 vom 8.7.2013, BStBl I 851) erläutern beide Begriffe lediglich mit Anwendungsbeispielen. Sie legen aber nicht fest, auf welche Regel die LStR R 39b.2 Abs 1 ("regelmäßig fortlaufend") Bezug nimmt und was im Gegensatz dazu unter einem sonstigen Bezug zu verstehen ist. Ebenso wenig bestimmen sie, dass variable Entgeltformen stets als laufender Arbeitslohn oder aber als sonstige Bezüge behandelt werden sollen. Für die konkrete Zuordnung übernehmen die LStR vielmehr die gesetzliche Zweiteilung danach, ob die Bezüge "fortlaufend" gewährt werden oder nicht (vgl etwa zu Tantiemen LStR R 39b.2 Abs 2 S 2 Nr 3). Ohnehin kommt den LStR keine Normqualität zu. Sie binden unmittelbar weder die Elterngeldstellen noch die Sozialgerichte (BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25, RdNr 26). § 2c Abs 1 S 2 BEEG enthält hier deshalb entgegen der Ansicht des LSG keine unzulässige dynamische Verweisung auf die LStR als untergesetzliche lohnsteuerliche Vorschriften.
- 28
-
Nach dem materiell-rechtlichen Gehalt des Lohnsteuerrechts ist maßgeblich, ob der Arbeitslohn einem (laufenden) Lohnzahlungszeitraum zugehörig gezahlt wird oder nicht (vgl § 38a Abs 1 S 2 und Abs 3 S 1, § 39b Abs 2 EStG im Gegensatz zu § 38a Abs 1 S 3 und Abs 3 S 2, § 39b Abs 3 EStG). Der Arbeitgeber hat für die Höhe der zunächst einzubehaltenden Lohnsteuer den Lohnzahlungszeitraum und die Höhe des darin zustehenden laufenden Arbeitslohns zu ermitteln (vgl § 38a Abs 1 und 3, § 39b Abs 2 S 1 EStG). Dieser Lohnzahlungszeitraum folgt nicht aus dem Steuerrecht (vgl § 39b Abs 2 S 2, Abs 5 EStG), das auch keine stets gleichbleibend langen Zeiträume vorgibt (BFH Urteil vom 11.6.1970 - VI R 67/68 - BFHE 99, 310 = BStBl II 1970, 664; Stache in Horowski/Altehoefer/Stache, Kommentar zum Lohnsteuerrecht, § 39b EStG RdNr 68, Stand der Einzelkommentierung Juni 2017). Der Lohnzahlungszeitraum kann daher nur dem Arbeitsvertragsverhältnis, dh den arbeitsrechtlichen Vereinbarungen oder einer betrieblichen Übung entnommen werden (BFH Urteil vom 10.3.2004 - VI R 27/99 - BFH/NV 2004, 1239). Es ist der Zeitraum, für den der laufende Arbeitslohn abgerechnet und gezahlt wird (BFH Urteil vom 10.3.2004 - VI R 27/99 - BFH/NV 2004, 1239; Stache in Horowski/Altehoefer/Stache, Kommentar zum Lohnsteuerrecht, § 38a EStG RdNr 21 und 26, Stand Einzelkommentierung Juni 2011). Laufender Arbeitslohn ist danach durch seinen arbeitsvertraglich definierten Lohnzahlungszeitraum gekennzeichnet, der - rein zeitlich betrachtet - den Regelfall der Entlohnung darstellt; davon weicht der sonstige Bezug ab.
- 29
-
Arbeits- bzw dienstrechtlich verbindliche allgemeine Vorgaben zur Dauer der Lohnzahlungszeiträume sind nach den vom LSG festgestellten Anspruchsvoraussetzungen für die streitigen Entgeltbestandteile nicht zu beachten. Selbst wenn die Vorschriften für die Provisionen der Handelsvertreter anwendbar wären, könnte deren Abrechnungs- und Zahlungszeitraum frei zwischen dem Quartal und dem Monat gewählt werden (§ 87c Abs 1 HGB; vgl § 65 HGB für Handlungsgehilfen). Dasselbe gilt entsprechend für (andere) Arbeitnehmer (vgl Fandel/Kock in Herberger/Martinek/Rüßmann ua, juris-PK-BGB, 8. Aufl 2017, § 611a BGB RdNr 128).
- 30
-
Im Übrigen können die Arbeitsvertragsparteien den Abrechnungsmodus der variablen Entgeltbestandteile im Rahmen einer Entgeltregelung iS des § 611 Abs 1 BGB frei regeln. Gleiches gilt für den Zeitpunkt der Fälligkeit, weil von der nach § 614 BGB bestimmten Fälligkeit nach Ablauf des Bemessungsabschnitts abgewichen werden darf(vgl BAG Urteil vom 15.1.2002 - 1 AZR 165/01 - EzA § 614 BGB Nr 1). Diese Gestaltungsfreiheit ist zudem nicht durch die allgemeine Billigkeits- oder Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff BGB eingeschränkt; lediglich dem Transparenzgebot des § 307 Abs 2 BGB iVm § 307 Abs 1 S 2 BGB muss Rechnung getragen werden(vgl BAG Urteil vom 12.12.2007 - 10 AZR 97/07 - BAGE 125, 147 = NZA 2008, 409, 411). Im Rahmen seiner Fürsorgepflicht muss der Arbeitgeber allerdings auf die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht nehmen.
- 31
-
Nach den materiell-rechtlichen Regelungen des EStG gehören damit zu den sonstigen Bezügen jene Entgeltzahlungen, deren Zahlungszeiträume von dem als Regel vorgesehenen Zahlungsturnus für Arbeitslohn nicht nur unerheblich abweichen. Einen sonstigen Bezug stellen also Zahlungen dar, die entweder nicht für bestimmte, aufeinanderfolgende Zeiträume erfolgen oder solche, die den üblichen Lohnzahlungszeitraum erheblich überschreiten (vgl Stache in Bordewin/Brandt, EStG, § 38a RdNr 33 mwN, Stand der Einzelkommentierung August 2017). Maßgeblich ist die Abweichung von dem Lohnzahlungszeitraum, den die Vertragsparteien arbeitsrechtlich zugrunde gelegt haben.
- 32
-
Der Senat hält in diesem Zusammenhang nicht mehr an der spezifisch elterngeldrechtlichen Auslegung des § 2c Abs 1 S 2 BEEG(§ 2 Abs 7 S 2 BEEG aF) fest, der zufolge es - noch unterschieden durch den Anspruchsgrund - in einem Arbeitsverhältnis mehrere laufende, dh regelmäßige Arbeitslöhne in verschiedenen Lohnzahlungszeiträumen nebeneinander geben kann (anders noch BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25, RdNr 35). Vielmehr kann es nur einen regelmäßigen Zahlungszeitraum für laufenden Arbeitslohn geben. Zahlungen, die davon abweichend in anderen Zeitintervallen erfolgen, sind als sonstige Bezüge anzusehen, selbst wenn es sich dabei seinerseits um gleichbleibende Intervalle handelt.
- 33
-
Dieses Auslegungsergebnis schließt es schon materiell-rechtlich aus, die dem Kläger im Oktober und Dezember 2014 gezahlten variablen Entgeltbestandteile dem laufenden Arbeitslohn und damit der Bemessungsgrundlage des Elterngelds hinzuzurechnen. Wie das LSG festgestellt hat, hat der Kläger monatlich Anspruch auf Zahlung eines Grundgehalts und quartalsweise auf Zahlung von variablen Entgeltbestandteilen. Aufgrund ihrer Frequenz und Häufigkeit stellt damit der monatliche Lohnzahlungszeitraum des Grundgehalts den Regelfall und die erheblich anders gelagerten Zahlungszeiträume der variablen Entgelte in Form der Quartalsprovisionen die Abweichung dar. Bezogen auf den maßgeblichen arbeitsvertraglich vereinbarten Lohnzahlungszeitraum werden sie nicht regelmäßig gezahlt. Sie sind damit kein laufender Arbeitslohn, sondern sonstige Bezüge. Diese Auslegung bestätigt im Übrigen auch die inzwischen erfolgte, für den Fall des Klägers indes noch nicht einschlägige Ergänzung der norminterpretierenden LStR R 39b.2 Abs 2 S 2 um die Nummer 10 durch die Lohnsteuer-Änderungsrichtlinien 2015 (vom 22.10.2014, BStBl I 1344; aA SG Berlin Urteil vom 21.12.2016 - S 2 EG 51/15 - Juris). Sie zählt Zahlungen innerhalb eines Kalenderjahres als viertel- oder halbjährliche Teilbeträge zu den sonstigen Bezügen.
- 34
-
Die Verbindlichkeit der beschriebenen materiell-rechtlichen Zuordnungsregelungen des Steuerrechts für die Elterngeldbemessung wird durch den Verweis in § 2c Abs 1 S 2 BEEG auf die Behandlung im Lohnsteuerabzugsverfahren noch verstärkt. Eine nach dessen Durchführung bestandskräftig gewordene Lohnsteueranmeldung bindet auch die Beteiligten des Elterngeldverfahrens. Die durch diese Anmeldung erfolgte Einordnung von Lohnbestandteilen haben die Elterngeldstellen und Sozialgerichte materiell-rechtlich nicht mehr zu prüfen, sondern ihren Entscheidungen zugrunde zu legen. Dies folgt aus der Rechtsstellung des Arbeitgebers im Lohnsteuerabzugsverfahren.
- 35
-
Der Arbeitgeber ist zum Einbehalt und zum Abzug der Lohnsteuer verpflichtet (§ 38 Abs 3 S 1, Abs 1 S 1 EStG). Insoweit nimmt er öffentlich-rechtliche Aufgaben wahr (BVerfG
Beschluss vom 17.3.2014 - 2 BvR 736/13 - Juris RdNr 22) . Der Arbeitgeber ist Steuerpflichtiger iS des § 33 Abs 1 S 1 Abgabenordnung(, vgl Krüger in DStJG 40 <2017>, 145, 165). Dabei muss er - auch im Verhältnis zum Arbeitnehmer als dem eigentlichen Steuerschuldner (vgl BAG Urteil vom 16.6.2004 - 5 AZR 521/03 - BAGE 111, 131 = AP Nr 9 zu § 611 BGB) -Lohnbestandteile richtig einordnen. Dafür gewähren ihm die steuerlichen Vorschriften weder ein Wahlrecht, noch können sie durch privatrechtliche Willenserklärungen und Verträge abbedungen werden (Eisgruber in Kirchhof, EStG, 16. Aufl 2017, § 42d RdNr 5; Sponer/Wollensak in Sponer/Steinherr, TVöD, 2.2 Lohnsteuer und Kirchenlohnsteuer, Stand der Einzelkommentierung November 2011). Hier maßgebliche Rechtsfolge der Lohnsteueranmeldung ist, dass in ihrem Umfang eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt anzunehmen ist (§ 168 S 1 AO). Eine Lohnsteueranmeldung des Arbeitgebers wirkt damit so, als hätte die Finanzverwaltung einen entsprechenden Steuerbescheid erlassen. Der Inhalt erwächst in Bestandskraft, wenn weder der Arbeitnehmer, der Arbeitgeber noch das Finanzamt die von der AO eröffneten Rechtsbehelfe oder andere Korrekturmöglichkeiten nutzen (vgl § 41c EStG; BFH Urteil vom 2.9.2009 - I R 111/08 - BFHE 226, 276 = BStBl II 2010, 387, stRspr; im Einzelnen, Krüger, DStJG 40 <2017> 166 f). Diese Bestandskraft der Lohnsteueranmeldung erstreckt sich auf den Arbeitnehmer, dessen Einkünfte zur Lohnsteuer angemeldet sind (§ 166 AO; vgl BFH Urteil vom 16.5.2017 - VII R 25/16 - BFHE 257, 515 = BStBl II 2017, 934 mwN). Ihr gegenüber kann sich der Arbeitnehmer nicht mehr darauf berufen, die Lohnsteuer hätte rechtmäßig anders, beispielsweise nicht unter Einrechnung sonstiger Bezüge, berechnet werden müssen (vgl BFH Urteil vom 24.8.2004 - VII R 50/03 - BFHE 207, 5; BAG Urteil vom 21.12.2016 - 5 AZR 266/16 - BAGE 157, 336; Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 166 AO RdNr 15, Stand der Einzelkommentierung September 2017). Nicht das tatsächliche Verhalten des Arbeitgebers im Lohnsteuerabzugsverfahren bindet dessen Beteiligte (vgl BSG Urteil vom 23.5.2017 - B 12 KR 6/16 R - SozR 4-5376 § 1 Nr 1 RdNr 23; BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25, RdNr 26 f), wohl aber die Rechtsfolgen, die AO und EStG daran knüpfen.
- 36
-
Diese Bindung erstreckt § 2c Abs 1 S 2 BEEG auf das Elterngeldverfahren, weil die Vorschrift uneingeschränkt auf die Behandlung im Lohnsteuerabzugsverfahren verweist. Das Steuerrecht ist im Elterngeldverfahren nicht mehr eigenständig anzuwenden, wenn die Lohnsteueranmeldung bestandskräftig geworden ist (anders für den Fall einer fehlenden verbindlichen Regelung BSG Urteil vom 30.9.1997 - 4 RA 122/95 - SozR 3-2400 § 15 Nr 4 RdNr 16). Vielmehr müssen auch die Beteiligten des Elterngeldverfahrens den Inhalt einer bestandskräftigen Lohnsteueranmeldung kraft der gesetzlichen Rechtsfolgenverweisung des § 2c Abs 1 S 2 BEEG als feststehend hinnehmen. Sie haben ihn insbesondere nicht mehr daraufhin zu überprüfen, ob er dem materiellen Recht entspricht (vgl BFH Urteil vom 24.8.2004 - VII R 50/03 - BFHE 2007, 5 mwN). Behörden und Gerichte haben lediglich noch zum Zwecke der Tatsachenfeststellung zu ermitteln, wie der Arbeitgeber und gegebenenfalls das Finanzamt im Lohnsteuerabzugsverfahren die steuerrechtlichen Vorschriften gehandhabt haben und ob insoweit ausnahmsweise keine Bestandskraft eingetreten ist (vgl BSG Urteil vom 3.12.1996 - 10 RKg 8/96 - SozR 3-5870 § 1 Nr 12 RdNr 21 mwN, dort für das Verhältnis von Ausländer- zu Kindergeldrecht als "Tatbestandswirkung" bezeichnet; vgl BSG Urteil vom 6.2.1992 - 12 RK 15/90 - SozR 3-1500 § 54 Nr 15).
- 37
-
Die im Elterngeldverfahren noch erforderlichen Feststellungen zur Höhe der Lohnsteuer und der Behandlung bestimmter Entgeltbestandteile als sonstige Bezüge im Lohnsteuerabzugsverfahren können Elterngeldstellen und Gerichte dabei in aller Regel auf die Angaben des Arbeitgebers in seinen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen stützen (vgl § 1 Abs 2 Nr 2 Buchst a, Nr 3 Buchst a Entgeltbescheinigungsverordnung, BGBl I 2012, 2712). Denn § 1 Abs 2 Nr 2a Entgeltbescheinigungsverordnung verpflichtet den Arbeitgeber ua zum getrennten Ausweis der sonstigen Bezüge. Seine Bescheinigungen sind zwar nur bloße Wissenserklärungen (Lembke in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 7. Aufl 2016, § 108 GewO RdNr 8 mwN). Lediglich ihre tatsächliche Richtigkeit und Vollständigkeit wird daher nach § 2c Abs 2 S 2 BEEG vermutet. Indes wird die Erklärung des Arbeitgebers, er habe bestimmte Entgeltbestandteile als sonstige Bezüge zur Lohnsteuer angemeldet, regelmäßig den Schluss erlauben, dass diese Anmeldung bestandskräftig geworden ist und deshalb die Beteiligten des Elterngeldverfahrens bindet, wenn nicht konkrete tatsächliche Anhaltspunkte entgegenstehen.
- 38
-
Danach spricht hier alles dafür, dass der Kläger auch wegen der Bindungswirkung der entsprechenden Lohnsteueranmeldung seines Arbeitgebers keine Berücksichtigung zusätzlicher Entgeltbestandteile verlangen kann. Nach den Feststellungen des LSG enthalten diese Lohn- und Gehaltsbescheinigungen Angaben über eine Behandlung der maßgeblichen Entgeltbestandteile als sonstige Bezüge ("S") im Lohnsteuerabzugsverfahren. Der Arbeitgeber des Klägers hat dies gegenüber dem SG im November 2015 nochmals bestätigt. Allerdings haben die Vorinstanzen - von ihrem Rechtsstandpunkt aus konsequent - nicht festgestellt, ob trotzdem ausnahmsweise konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestanden haben, die Einordnung dieser Entgeltbestandteile könnte im Lohnsteuerabzugsverfahren ausnahmsweise nicht bestandskräftig geworden sein. Die Behandlung der Quartalsprovisionen des Klägers als sonstige Bezüge im Lohnsteuerabzugsverfahren hat sich aber aus den vorgenannten Gründen materiell-rechtlich als richtig erwiesen. Auf die Frage der Bestandskraft dieser Behandlung kommt es daher hier nicht an. Eine Zurückverweisung wäre iS von § 170 Abs 2 S 2 SGG untunlich.
- 39
-
c) Der von § 2c Abs 1 S 2 BEEG angeordnete Ausschluss der sonstigen Bezüge nichtselbstständig Erwerbstätiger aus der Bemessung des Elterngelds verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.
- 40
-
Das aus Art 3 Abs 1 GG folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen ebenso wie für ungleiche Begünstigungen. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (BVerfG Beschluss vom 24.3.2015 - 1 BvR 2880/11 - BVerfGE 139, 1 RdNr 38 mwN). Es verletzt den Gleichheitssatz, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen Gruppe anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (BVerfG Beschluss vom 18.12.2012 - 1 BvL 8/11, 1 BvL 21 BvL 22/11 - BVerfGE 132, 372 RdNr 45 mwN). Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab. Inhalt und Grenzen richten sich nach dem jeweils betroffenen Regelungsbereich. Im Bereich der leistenden Massenverwaltung sind die Gestaltungsspielräume des Gesetzgebers besonders groß. Im Rahmen des allgemeinen Gleichheitssatzes ist nur zu überprüfen, ob der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten hat und nicht, ob er unter verschiedenen Lösungen die gerechteste und zweckmäßigste gewählt hat (stRspr BVerfG, zB Beschluss vom 5.11.1974 - 2 BvL 6/71 - BVerfGE 38, 154, 166; BVerfG zB Beschluss vom 8.10.1991 - 1 BvL 50/86 - BVerfGE 84, 348, 359; BVerfG Beschluss vom 8.6.2004 - 2 BvL 5/00 - BVerfGE 110, 412, 436). Das gilt jedenfalls uneingeschränkt für das Elterngeld als fürsorgerische Leistung der Familienförderung, die über die bloße Sicherung des Existenzminimums hinausgeht (zum Elterngeld vgl BVerfG
Beschluss vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - BVerfGK 19, 186) .
- 41
-
Der Ausschluss sonstiger Bezüge durch § 2c Abs 1 S 2 BEEG trifft alle aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit anspruchsberechtigten Eltern in gleicher Weise. Sonstige Bezüge im lohnsteuerrechtlichen Sinn sind ausnahmslos weder bei der Bemessung noch während des Bezugs von Elterngeld zu berücksichtigen. Eine Differenzierung erfolgt innerhalb der Gruppe der nichtselbstständig Erwerbstätigen nur insoweit, dass die Bemessung für Elterngeldberechtigte mit sonstigen Bezügen nicht den gesamten Arbeitslohn im Bemessungszeitraum einbezieht, umgekehrt aber auch von einer Anrechnung im Bezugszeitraum absieht. Falls die Bemessungsgrenze nicht schon mit dem laufenden Arbeitslohn erreicht wird, ergibt sich ein geringeres Elterngeld. Umgekehrt verbleibt ein höheres Elterngeld, wenn sonstige Bezüge während des Bezugszeitraums nicht als Einkommen angerechnet werden.
- 42
-
Ziel und Ausmaß einer Ungleichbehandlung gegenüber Eltern, die im Bemessungszeitraum einen insgesamt gleich hohen Bruttoarbeitslohn ohne sonstigen Bezug erzielen, sind verfassungsrechtlich durch hinreichend gewichtige Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt. Es ist ein legitimes Anliegen des Gesetzgebers, die Bemessung des Elterngelds generalisierend auf die prägenden vorgeburtlichen Einnahmen zu beschränken und sonstige Bezüge davon auszuschließen (dazu unter aa). Die damit verbundene Ungleichbehandlung wiegt nicht unverhältnismäßig schwer. Die Ungleichbehandlung hat nicht nur ungünstige, sondern im Bezugszeitraum auch mögliche positive und für die Anreizfunktion des Elterngelds wichtige Folgen (dazu unter bb). Zudem können Elterngeldberechtigte ungünstigen Gesetzesfolgen durch arbeitsvertragliche Gestaltung ausweichen (dazu unter cc). Die maßgebliche Rechtfertigung der verbleibenden belastenden Ungleichbehandlung liefert die damit bewirkte Verwaltungsvereinfachung (dazu unter dd).
- 43
-
aa) Der Ausschluss sonstiger Bezüge dient dem legitimen Anliegen einer generalisierenden Gesetzgebung. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren, indem er nach wesentlichen Elementen gleich geartete Lebenssachverhalte zusammenfasst und Besonderheiten generalisierend vernachlässigt (vgl BVerfG Beschluss vom 31.5.1990 - 2 BvL 12/88 - BVerfGE 82, 159, 185 f; BVerfG Beschluss vom 10.4.1997 - 2 BvL 77/92 - BVerfGE 96, 1, 6; BVerfG Beschluss vom 7.5.2013 - 2 BvR 909/06 - BVerfGE 133, 377, 412, RdNr 87).
- 44
-
Der BEEG-Gesetzgeber wollte in generalisierender Weise eine Bemessungsgrundlage für das Elterngeld schaffen, die das zukünftig wegfallende Einkommen verlässlich und realitätsgetreu abbildet. Dafür hat er sich - wie auch bei anderen kurzfristigen Entgeltersatzleistungen - der sogenannten Bezugs- bzw Referenzmethode bedient (vgl BSG Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 20/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 8 RdNr 59). Sie berücksichtigt nur solche Einnahmen, welche die vorgeburtliche Lebenssituation geprägt, dh wesentlich beeinflusst haben (BSG Urteil vom 17.2.2011 - B 10 EG 20/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 8 RdNr 65). Das kann - generalisierend - bei anlassunabhängigen, wiederkehrenden und verbindlich geschuldeten Lohnzahlungen angenommen werden, nicht dagegen hinreichend verlässlich bei sonstigen Bezügen. Andernfalls drohte die Bemessung mehr vom Zufall des Zuflusses als von der tatsächlich bestehenden vorgeburtlichen Einkommenssituation abzuhängen (BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 10 EG 20/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 18 RdNr 71). Deshalb ist nach der Rechtsprechung des BSG der Ausschluss von Weihnachtsgeld aus der Bemessungsgrundlage nicht zu beanstanden, wenn es zwar als Anspruchsleistung, aber anlassbezogen gezahlt wird; trotzdem bleibt die Höhe des Elterngelds an dem Einkommen orientiert, das regel- und gleichmäßig im vorgeburtlichen Bemessungszeitraum zur Verfügung steht (vgl BSG Urteil vom 29.6.2017 - B 10 EG 5/16 R - Juris RdNr 31, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Genauso wenig lässt sich bei variablen Entgeltbestandteilen die Annahme widerlegen, dass solche Einnahmen schwanken, ua weil sie vom Einsatz und Erfolg des Begünstigten abhängen. Deshalb durfte der Gesetzgeber im Rahmen seines weiten Ermessens- und Prognosespielraums davon ausgehen, dass solche Einnahmen den in der Elternzeit prognostizierbaren Arbeitslohn nicht hinreichend sicher prägen.
- 45
-
bb) Bei der verfassungsrechtlichen Prüfung einer Ungleichbehandlung sind nicht nur isoliert ihre nachteiligen, sondern ebenso ihre günstigen Folgen zu betrachten (vgl BVerfG
Beschluss vom 14.6.2016 - 2 BvR 323/10 - Juris RdNr 63) . Die Ausklammerung sonstiger Bezüge aus der Bemessungsgrundlage des Elterngelds kann betroffene Eltern im Bemessungszeitraum benachteiligen, während des Elterngeldbezugs dagegen begünstigen. Gerade die überwiegende Mehrheit von Vätern bezieht Elterngeld nur während eines kurzen Zeitraums von bis zu zwei Monaten (vgl Statistisches Bundesamt, Statistik zum Elterngeld Leistungsbezüge, 2016, www.destatis.de: bei vor dem 1.7.2015 geborenen Kindern lag die Inanspruchnahme für lediglich bis zwei Monate deutschlandweit bei 75,8 Prozent). Der Zufluss eines sonstigen Bezugs in einem kurzen Bezugszeitraum (zB ein noch abgerechnetes variables Entgelt) könnte den Elterngeldanspruch trotz des Vorteils eines geringfügig höheren vorgeburtlichen Bemessungsentgelts bis auf den Mindestbetrag des § 2 Abs 4 S 1 BEEG absinken lassen(§ 2 Abs 3 BEEG). Nach wie vor trifft daher die im Gesetzgebungsverfahren geäußerte Befürchtung zu, die Berücksichtigung sonstiger Bezüge könnte vor allem im Bezugszeitraum unerwünschte Zufallsergebnisse herbeiführen (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, BT-Drucks 16/2785 S 37). Die Einführung der längeren Rahmenfrist für den Elterngeldbezug durch das Elterngeld Plus (vgl § 4 Abs 1 und 4 BEEG) hat die Gefahr solcher unerwünschten Zufallsergebnisse sogar noch erhöht. Selbst wenn der Zufluss sonstiger Bezüge im Bezugszeitraum für Eltern vorhersehbar sein sollte, würde das Risiko einer Zweckverfehlung erhöht. Eltern sollen frei entscheiden können, wer von ihnen wann Elterngeld bezieht (vgl BT-Drucks 16/2454 S 2). Diese Wahlfreiheit würde zweckwidrig beeinträchtigt, wenn die Elternzeit vorrangig mit Blick auf die Vermeidung elterngeldschädlicher Geldzuflüsse geplant werden müsste.
- 46
-
cc) Der generalisierende Ausschluss sonstiger Bezüge wie die dem Kläger gezahlten Provisionen vom Elterngeld wiegt auch deshalb weniger schwer, weil er an Merkmale anknüpft, die für die Leistungsberechtigten häufig verfügbar sein werden (hierzu BVerfG Beschluss
vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - BVerfGK 19, 186 RdNr 10; allgemein BVerfG Urteil vom 17.12.2014 - 1 BvL 21/12 - BVerfGE 138, 136, 180 mwN) . Die Arbeitsvertragsparteien können die Zuordnung variabler Lohnbestandteile zum sonstigen Bezug durch vertragliche Gestaltungen vermeiden. Sie können etwa eine (Voraus-)Zahlung in den regelmäßigen Lohnabrechnungszeiträumen vereinbaren.
- 47
-
dd) Gerechtfertigt ist die verbleibende belastende Ungleichbehandlung nicht nur durch die beschriebene Vermeidung von Zufallsergebnissen, sondern zudem durch die damit bewirkte wesentliche Verwaltungsvereinfachung, wie sie auch die ab dem 1.1.2015 geltende Neufassung des BEEG anstrebt. Dazu sollen Behörden und Gerichte direkt auf die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitsgebers zugreifen können und so einen Gleichlauf des Elterngeldrechts mit dem lohnsteuerlichen Einkommensbegriff und den Ergebnissen des Lohnsteuerabzugsverfahrens sichern (vgl BT-Drucks 18/2583 S 24 f).
- 48
-
Das Ziel der Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität gehört im Bereich der Massenverwaltung - wie im Bereich des BEEG mit rund 1,640 Mio Elterngeldbeziehern im Jahr 2016 (Statistisches Bundesamt, Statistik zum Elterngeld - Leistungsbezüge 2016, www.destatis.de) - zu den legitimen Anliegen des Gesetzgebers. Die so bewirkte Verwaltungsvereinfachung ist von vernünftigen und einleuchtenden Gründen getragen und steht in einem angemessenen Verhältnis zu der notwendigen Ungleichbehandlung (zu den Maßstäben vgl BVerfG Urteil vom 5.11.2014 - 1 BvF 3/11 - BVerfGE 137, 350 RdNr 66 mwN; auch BVerfG
Beschluss vom 28.11.2007 - 2 BvR 375/06 - BVerfGK 12, 453). Die dadurch mögliche Vereinfachung und Beschleunigung der Elterngeldverfahren kommt allen Elterngeldbeziehern zugute. Wie die bisherige Praxis zeigt, erhöht dagegen ein fehlender Gleichlauf des Elterngeld- mit dem Lohnsteuerabzugsverfahren maßgeblich den Verwaltungsaufwand der Elterngeldstellen. Sie müssten, ebenso wie im Streitfall die Sozialgerichte, einen in aller Regel steuerlich abgeschlossenen Sachverhalt wiederaufgreifen, jedenfalls aber ressortfremd eigenständig steuerrechtlich bewerten. Stattdessen erlaubt ihnen die aktuelle Lösung des Gesetzgebers, sich im Regelfall auf die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers und die darin dokumentierten Abläufe des Lohnsteuerabzugs zu stützen. Dies vereinfacht maßgeblich die Elterngeldgewährung im Rahmen der zulässig gewählten Referenzkriterien (siehe oben unter aa) und beugt zudem widerstreitenden Ergebnissen verschiedener Verwaltungsverfahren vor.
- 49
-
Die Bindung an bestandskräftige Ergebnisse des Lohnsteuerabzugsverfahrens belastet auch für sich gesehen die Elterngeldberechtigten nicht unverhältnismäßig. Werden Bestandteile ihres Entgelts im Lohnsteuerabzugsverfahren entgegen den materiellen Regeln des Steuerrechts zu Unrecht als sonstige Bezüge behandelt, steht ihnen dagegen Rechtsschutz offen. § 2c Abs 1 S 2 BEEG verdeutlicht Eltern unmissverständlich, dass sonstige Bezüge nicht in die Berechnung ihres Elterngelds einfließen. Welcher Teil ihres Gehalts unter diese Ausschlussregelung fällt, ergibt sich ohne Weiteres aus ihren Lohn- und Gehaltsbescheinigungen. Vermuten Eltern dabei eine falsche Praxis ihres Arbeitgebers, so können sie ihn bei der nachfolgenden Lohnzahlung über § 41c Abs 1 EStG zu einer Korrektur anhalten. Danach können sie die weiteren Korrektur- und Rechtsschutzmöglichkeiten des Lohnsteuerabzugsverfahrens nutzen (vgl dazu im Einzelnen Krüger, DStJG 40 <2017>, 166 f). Dagegen verhielten sich Eltern widersprüchlich, wollten sie einerseits von den Steuervorteilen einer (unrichtigen) Besteuerung von Entgeltbestandteilen als sonstige Bezüge profitieren, um diese dann andererseits im nachfolgenden Elterngeldverfahren mit dem Ziel höheren Elterngelds wieder infrage zu stellen (zur Maßgeblichkeit in Anspruch genommener steuerlicher Vergünstigungen bei der Berechnung des Elterngelds aus selbstständiger Erwerbstätigkeit BSG Urteil vom 15.12.2015 - B 10 EG 6/14 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 30 RdNr 19).
- 50
-
Auch sonst sind schließlich keine unverhältnismäßigen Folgen der Ungleichbehandlung ersichtlich, weder im Einzelfall des Klägers noch mit Blick auf die Gesamtheit der Elterngeldbezieher. Das zur Bemessung herangezogene Arbeitsentgelt bleibt auch ohne variable Entgeltbestandteile relativ nahe beim tatsächlichen Arbeitsentgelt (vgl dazu zuletzt Bundesagentur für Arbeit, Beschäftigungsstatistik: Sozialversicherungspflichtige Bruttoarbeitsentgelte, 2010, S 32).
Tenor
I. Auf die Berufung wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 18. November 2015 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
– März 2014 3.285,76 EUR
– April 2014 3.576,34 EUR
– Mai 2014 3.517,40 EUR
– Juni 2014 3.461,10 EUR
– Juli 2014 3.504,23 EUR
– August 2014 3.277,42 EUR
– September 2014 3.479,71 EUR
– Oktober 2014 3.370,15 EUR
– November 2014 3.363,15 EUR
– Dezember 2014 3.337,84 EUR
– Januar 2015 2.428,29 EUR
– Februar 2015 4.651,77 EUR.
– März 2014 Urlaubsgeld 173,80 EUR
– April 2014 Sonderzahlung 120 EUR, Weihnachtsgeld 1.280,20 EUR
– Mai 2014 –
– Juni 2014 Urlaubsgeld 521,40 EUR
– Juli 2014 –
– August 2014 –
– September 2014 Mehrarbeit EZ/h 200 Stunden 3.756,00 EUR
– Oktober 2014 Mehrarbeit EZ/h 200 Stunden 3.756,00 EUR
– November 2014 Weihnachtsgeld 1.568,50 EUR, Mehrarbeit EZ/h 60 Stunden 1.126,80 EUR
– Dezember 2014 Mehrarbeit EZ/h 60 Stunden, 1.126,80 EUR
– Januar 2015 Mehrarbeit EZ/h 60 Stunden, 1.126,80 EUR
– Februar 2015 Mehrarbeit EZ/h 60 Stunden, 1.126,80 EUR.
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 18. November 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
die Berufung zurückzuweisen.
„Dass ich mir die Mehrarbeit habe auszahlen lassen, beruht auf einer Beratung durch den Sozialdienst vom Krankenhaus. Ansonsten hätte ich das nicht gemacht. Denn die steuerlichen Abzüge sind derart hoch, dass für mich Freizeitausgleich günstiger gewesen wäre.
Ich habe mich erst unmittelbar vor September 2014 dazu entschlossen, mir die Mehrarbeit auszahlen zu lassen.
Wir haben gleitende Arbeitszeit. Das Arbeitszeitplus hat sich allein aus dem Saldo des Arbeitszeitkontos ergeben. Mein Arbeitgeber hat keine Überstunden oder Mehrarbeit angeordnet oder anerkannt.“
Gründe
-
1.einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat,
-
2.mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,
-
3.dieses Kind selbst betreut und erzieht und
-
4.keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.
„(1) 1Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. 2Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat. 3Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus
1. nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Einkommensteuergesetzes sowie
2 …,
die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b … hat.
(2) … 2In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1.200 Euro war, sinkt der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1.200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent.“
(1) 1Der monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Überschuss der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Geld oder Geldeswert über ein Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2e und 2f, ergibt das Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit. 2Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelt werden. …
Tenor
-
Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. März 2013 wird zurückgewiesen.
-
Das beklagte Land trägt auch die notwendigen Kosten der Klägerin für das Revisionsverfahren.
Tatbestand
- 1
-
Streitig ist die Gewährung höheren Elterngeldes.
- 2
-
Das beklagte Land gewährte der Klägerin für deren am 24.6.2011 geborenen Sohn Elterngeld. Bei dessen Festsetzung berücksichtige das beklagte Land, dass die Klägerin vom 9.5. bis 19.8.2011 Mutterschaftsgeld und einen Arbeitgeberzuschuss hierzu bezog. Es legte der Elterngeldberechnung als Bemessungszeitraum die Monate Mai 2010 bis April 2011, einen Bemessungssatz von 65 % sowie als Bemessungsgrundlage das monatliche Grundgehalt von 3100 Euro brutto zugrunde und zahlte der Klägerin nach Anrechnung der Mutterschaftsleistungen Elterngeld für die Zeit vom 24.7. bis 23.8.2011 in Höhe von 151,42 Euro und ab 24.8.2011 bis 23.6.2012 in Höhe von monatlich 1173,50 Euro. Das beklagte Land lehnte es ab, bei der Elterngeldberechnung im Lohnsteuerabzugsverfahren als "sonstiger Bezug" behandelte Provisionszahlungen an die Klägerin zu berücksichtigen. Der durch das Haushaltbegleitgesetz 2011 (HBeglG 2011 vom 9.12.2010, BGBl I 1885) ab 1.1.2011 neugefasste § 2 Abs 7 S 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz aF - BEEG - (jetzt § 2c Abs 1 S 2 BEEG) ordne an, dass im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen nicht berücksichtigt werden. Diese Einkünfte fielen nicht unter den Einkommensbegriff des BEEG und könnten daher bei der Elterngeldberechnung nicht berücksichtigt werden (Bescheid vom 15.9.2011).
- 3
-
Die Klägerin erhielt im Bemessungszeitraum auf Grund ihrer abhängigen Beschäftigung als Lehrgangs-Managerin insgesamt drei Provisionszahlungen zwischen 2306,66 Euro und 4253,53 Euro/brutto. Eine Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag regelt, dass sie zusätzlich zum Grundgehalt am Gewinn und Verlust der von ihr fertiggestellten Projekte nach einem im Einzelnen vereinbarten Berechnungs- und Auszahlungsmodus beteiligt ist, wobei die Gewinn- und Verlustabrechnung im dritten Monat des Folgequartals erfolgt. Die Beteiligung wird jeweils zum Ende dieses Abrechnungsmonats fällig und ausbezahlt.
- 4
-
Widerspruch und Klage, mit der die Klägerin höheres Elterngeld begehrte, blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 18.10.2011, Urteil des SG vom 27.4.2012). Ihre Berufung hatte Erfolg. Das LSG hat das Urteil des SG aufgehoben, die angefochtenen Bescheide geändert und das beklagte Land verurteilt, der Klägerin insgesamt weitere 2470,26 Euro Elterngeld zu zahlen (182,88 Euro statt bisher 151,42 Euro vom 24.7. bis 23.8.2011 sowie jeweils monatlich 1417,38 Euro statt bisher 1173,50 Euro vom 24.8.2011 bis 23.6.2012). Die Neufassung des § 2 Abs 7 S 2 BEEG aF schließe sonstige Bezüge zwar von der Elterngeldberechnung aus, jedoch sei dies nicht dahin zu verstehen, dass es allein auf die konkrete Behandlung bestimmter Zahlungen im Lohnsteuerabzugsverfahren durch den Arbeitgeber ankomme und auch eine offensichtlich fehlerhafte Handlungsweise für Verwaltung und Gerichte bindend sei. Der Berücksichtigung der Provisionen stehe nicht entgegen, dass diese im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelt und in den Gehaltsmitteilungen so bezeichnet worden seien. Auch nach Neufassung des § 2 Abs 7 S 2 BEEG aF sei Einwendungen gegen die Richtigkeit der Arbeitgeberbescheinigung nachzugehen(Urteil vom 7.3.2013).
- 5
-
Mit seiner Revision begehrt das beklagte Land, das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das SG-Urteil zurückzuweisen. Der Gesetzgeber des HBeglG 2011 habe die zuständigen Stellen durch Neufassung des § 2 Abs 7 S 2 BEEG aF davon befreien wollen, bei der Einkommensermittlung im Rahmen des BEEG eine eigenständige rechtliche Prüfung der im Bemessungszeitraum vom Arbeitgeber erfolgten steuerrechtlichen Zuordnung von Erwerbseinkommen vornehmen zu müssen. Das Gesetz stelle auf im "Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen" ab, nicht dagegen auf im "Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge zu behandelnde Einnahmen". Damit werde deutlich, dass der Gesetzgeber einen verwaltungsökonomischen Gesetzesvollzug unter Bezugnahme auf die formale steuerrechtliche Behandlung der Bezüge durch den Arbeitgeber sicherstellen wolle. Der vom BSG entwickelten eigenständigen elterngeldrechtlichen Abgrenzung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen sei durch die Neufassung des § 2 Abs 7 S 2 BEEG aF der Boden entzogen worden. Bei der im Lohnsteuerabzugsverfahren vorzunehmenden Abgrenzung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen komme es darauf an, ob die jeweiligen Lohnbestandteile regelmäßig gezahlt werden. Lohn- und Gehaltsbestandteile, die vertraglich in jedem Lohnzahlungszeitraum gezahlt werden sollen, seien als laufender Arbeitslohn zu behandeln. Solle der betreffende Lohnbestandteil nicht für jeden, sondern zB nur für jeden zweiten Lohnzahlungszeitraum gezahlt werden, liege ein sonstiger Bezug vor.
- 6
-
Das beklagte Land beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. März 2013 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 27. April 2012 zurückzuweisen.
- 7
-
Die Klägerin hält das Urteil des LSG für zutreffend und beantragt,
die Revision des beklagten Landes zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
- 8
-
Die zulässige Revision des beklagten Landes ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Das LSG hat das Urteil zu Recht aufgehoben und das beklagte Land verurteilt, der Klägerin höheres Elterngeld zu zahlen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig, soweit mit ihnen bei der Berechnung des Elterngeldes die an die Klägerin im Bemessungszeitraum gezahlten Provisionen nicht berücksichtigt worden sind.
- 9
-
Das beklagte Land hat das Vorliegen der Grundvoraussetzungen für Elterngeld ohne Rechtsfehler bejaht (dazu 1.), den Bemessungszeitraum für das Einkommen der Klägerin vor der Geburt des Kindes zutreffend bestimmt (dazu 2.) und der Berechnung des Elterngeldes den richtigen Leistungssatz zugrunde gelegt (dazu 3.). Bei der Festsetzung der Höhe der Leistung hat es jedoch die Provisionen der Klägerin zu Unrecht nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen und damit das Elterngeld zu niedrig festgesetzt (dazu 4.). Das beklagte Land hat auf das Elterngeld zu Recht die im Bezugszeitraum an die Klägerin gezahlten Mutterschaftsleistungen angerechnet. (dazu 5.).
- 11
-
Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat(Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). - Dies ist hier der Fall. Im Bezugszeitraum, von dem Tag der Geburt des Kindes bis zur Vollendung seines 12. Lebensmonats (vgl § 4 Abs 1 S 1, Abs 3 S 1 BEEG), hatte die Klägerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Sie lebte mit ihrem am 24.6.2011 geborenen Kind in ihrem Haushalt in K., betreute ihr Kind selbst und übte auch keine Erwerbstätigkeit aus. Die Klägerin hatte damit Anspruch auf Elterngeld für zwölf Lebensmonate des Kindes ab dem Tag seiner Geburt (vgl § 4 Abs 2 S 1 und 2 BEEG).
- 12
-
2. Das beklagte Land hat mit den Kalendermonaten Mai 2010 bis April 2011 den Bemessungszeitraum für das zu berücksichtigende Einkommen richtig bestimmt.
- 13
-
Für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit sind die zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes - vorliegend Juni 2011 - maßgeblich (§ 2 Abs 1 S 1 BEEG in seiner hier anzuwendenden, bis zum 2.12.2011 geltenden Fassung
; jetzt § 2b Abs 1 S 1 BEEG) . Dies ist hier die Zeit von Mai 2010 bis April 2011, denn Kalendermonate, in denen die berechtigte Person Mutterschaftsgeld bezogen hat, bleiben bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums außer Betracht (vgl § 2 Abs 7 S 6 BEEG aF, jetzt § 2b Abs 1 S 2 BEEG). Da die Klägerin von Mai bis August 2011 Mutterschaftsleistungen bezog, war der Monat Mai bei der Festlegung des Bemessungszeitraums nicht zu berücksichtigen.
- 14
-
3. Das beklagte Land ist zu Recht davon ausgegangen, dass das Elterngeld der Klägerin nach den für abhängig Beschäftigte geltenden Vorschriften zu ermitteln (dazu a) und in Höhe von 65 % ihres Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt festzusetzen ist (dazu b).
- 15
-
a) Bei der Einkommensermittlung ist nach § 2 Abs 1 BEEG zwischen dem Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit einerseits und nichtselbstständiger Arbeit andererseits zu unterscheiden. Da die Klägerin als Angestellte einer nichtselbstständigen Arbeit (abhängigen Beschäftigung) nachging, ist für die Einkommensermittlung § 2 Abs 7 S 1 BEEG in seiner bis 2.12.2011 geltenden, vorliegend anwendbaren Fassung (jetzt § 2c Abs 1 BEEG) maßgebend. Danach ergibt sich das Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit, wenn der über einem Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrages (§ 9a S 1 Nr 1 Buchst a Einkommensteuergesetz
) liegende monatliche durchschnittliche Überschuss der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit um näher bestimmte Abzüge für Steuern und Sozialabgaben vermindert wird. Das heißt vom monatlichen durchschnittlichen Überschuss der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit sind ein Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrages sowie die auf dieses Einkommen entfallenden Steuern und die Pflichtbeiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung abzuziehen. Das beklagte Land hat diese Vorschrift zutreffend angewandt und das Elterngeld - abgesehen von der Nichtberücksichtigung von Provisionen (dazu 4.) - richtig berechnet.
- 16
-
b) Rechtlicher Maßstab zur Bestimmung der Höhe des Elterngeldes ist für Zeiten des Bezugs von Elterngeld ab 1.1.2011 - wie sie vorliegend in Streit stehen - § 2 BEEG in seiner ab 1.1.2011 geltenden Fassung des HBeglG 2011 vom 9.12.2010 (BGBl I 1885; zum zeitlichen Geltungsbereich vgl BSG Urteil vom 4.9.2013 - B 10 EG 6/12 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 24 RdNr 23 ff). Danach wird Elterngeld in Höhe von 67 % des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt (§ 2 Abs 1 S 1 BEEG). In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als 1000 Euro war, erhöht sich der Prozentsatz von 67 % um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1000 Euro unterschreitet, auf bis zu 100 % (§ 2 Abs 2 S 1 BEEG). In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1200 Euro war, sinkt der Prozentsatz von 67 % um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 % (§ 2 Abs 2 S 2 BEEG).
- 17
-
Letzteres ist hier der Fall. Die anspruchsberechtigte Klägerin erzielte als Einkommen vor der Geburt ihres Kindes regelmäßig ein monatliches Grundgehalt von brutto 3100 Euro, sodass es insoweit auf die rechtliche Bewertung sonstiger Entgeltkomponenten, insbesondere der Provisionszahlungen (dazu 4.) nicht ankommt. Auch ohne Berücksichtigung der Provision wäre auf den verminderten, 65 %-igen Leistungssatz abzustellen.
- 18
-
4. Bei der Elterngeldberechnung hat das beklagte Land Provisionen zu Unrecht nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen und damit das Elterngeld zu niedrig festgesetzt. Der durch das HBeglG 2011 neugefasste § 2 Abs 7 S 2 BEEG aF(jetzt § 2c Abs 1 S 2 BEEG) stellt durch den Anknüpfungspunkt der Behandlung von Einnahmen als sonstige Bezüge auf die Unterscheidung zwischen laufendem Arbeitslohn und Einnahmen ab, die nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt werden (dazu a). Der Umstand allein, dass der Arbeitgeber bestimmte Einnahmen (Provisionen) im Lohnsteuerabzugsverfahren faktisch als sonstige Bezüge behandelt hat, rechtfertigt es nicht, diese bei der Berechnung des Elterngeldes unberücksichtigt zu lassen (dazu b). § 2 Abs 7 S 2 BEEG aF schließt Einnahmen nur insoweit von der Elterngeldberechnung aus, als die steuerrechtlich motivierte Differenzierung auch mit Blick auf den Zweck des Elterngeldes sachlich gerechtfertigt ist. Provisionen sind daher als laufender Arbeitslohn bei der Elterngeldberechnung zu berücksichtigen, wenn sie neben dem monatlichen Grundgehalt für kürzere Zeiträume als ein Jahr und damit mehrmals im Jahr nach festgelegten Berechnungsstichtagen regelmäßig gezahlt werden. Insoweit hält der erkennende Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, der durch die Neufassung des § 2 Abs 7 S 2 BEEG aF nicht die Grundlage entzogen worden ist(dazu c). Lediglich dann, wenn Provisionen nicht zum arbeitsvertraglich vereinbarten Fälligkeitszeitpunkt gezahlt werden und es durch ihre Voraus- oder Nachzahlung zu einer Verlagerung in den Bemessungszeitraum und somit zu einem "verzerrten Bild" der wirtschaftlichen Verhältnisse im Bemessungszeitraum kommen kann, ist es gerechtfertigt, sie bei der Elterngeldberechnung ausnahmsweise nicht zu berücksichtigen (dazu d).
- 19
-
a) § 2 Abs 7 S 2 BEEG aF(jetzt § 2c Abs 1 S 2 BEEG) knüpft an die lohnsteuerrechtliche Differenzierung zwischen der Einbehaltung der Lohnsteuer vom laufenden Arbeitslohn (§ 39b Abs 2 EStG) und von sonstigen Bezügen (§ 39b Abs 3 EStG) an.
- 20
-
§ 2 Abs 7 S 2 BEEG aF bestimmt: "Im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen werden nicht berücksichtigt". § 39b EStG definiert diese Begriffe nicht selbst. Lediglich die Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) erläutern beide Begriffe in Form von Verwaltungsanweisungen. Laufender Arbeitslohn ist nach LStR R 39b.2 Abs 1 Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer regelmäßig fortlaufend zufließt, insbesondere: 1. Monatsgehälter, 2. Wochen- und Tagelöhne, 3. Mehrarbeitsvergütungen, 4. Zuschläge und Zulagen, 5. geldwerte Vorteile aus der ständigen Überlassung von Dienstwagen zur privaten Nutzung, 6. Nachzahlungen und Vorauszahlungen, wenn sich diese ausschließlich auf Lohnzahlungszeiträume beziehen, die im Kalenderjahr der Zahlung enden, und 7. Arbeitslohn für Lohnzahlungszeiträume des abgelaufenen Kalenderjahres, der innerhalb der ersten drei Wochen des nachfolgenden Kalenderjahres zufließt.
- 21
-
Der laufende Arbeitslohn kann der Höhe nach durchaus schwanken (vgl Krüger in Schmidt, EStG, 32. Aufl 2013, § 39b RdNr 2 mwN). Das Kriterium der Regelmäßigkeit bezieht sich nicht auf die Höhe, sondern auf die wiederholte Gewährung, im Gegensatz vor allem zur "Einmaligkeit" der Gewährung. Eine ausdrückliche Anordnung, dass Regelmäßigkeit einer Zahlung nur dann vorliegt, wenn die Zahlung in ausnahmslos jedem Abrechnungszeitraum zur Auszahlung kommt, ist weder § 39b EStG noch den LStR zu entnehmen. - Daher ist es im Hinblick auf das Kriterium der Regelmäßigkeit unschädlich, dass die der Klägerin im Bemessungszeitraum mehrmals zugeflossenen Provisionen nicht immer gleich hoch waren, sondern je nach Umfang der im Berechnungszeitraum getätigten Geschäftsabschlüsse schwankten.
- 22
-
Sonstiger Bezug ist nach den LStR R 39b.2 Abs 2 Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird.Zu den sonstigen Bezügen gehören nach R 39b.2 Abs 2 S 2 LStR insbesondere: dreizehnte und vierzehnte Monatsgehälter (Nr 1), einmalige Abfindungen und Entschädigungen (Nr 2), Gratifikationen und Tantiemen, die nicht fortlaufend gezahlt werden (Nr 3), Jubiläumszuwendungen (Nr 4), Urlaubsgelder, die nicht fortlaufend gezahlt werden, und Entschädigungen zur Abgeltung nicht genommenen Urlaubs (Nr 5), Vergütungen für Erfindungen (Nr 6), Weihnachtszuwendungen (Nr 7) und Nachzahlungen und Vorauszahlungen, wenn sich der Gesamtbetrag oder ein Teilbetrag der Nachzahlung oder Vorauszahlung auf Lohnzahlungszeiträume bezieht, die in einem anderen Jahr als dem der Zahlung enden. Nachzahlungen liegen auch vor, wenn Arbeitslohn für Lohnzahlungszeiträume des abgelaufenen Kalenderjahres später als drei Wochen nach Ablauf dieses Jahres zufließt (Nr 8).
- 23
-
Bei der steuerrechtlichen Unterscheidung zwischen laufend gezahltem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen geht es nicht um die Frage, ob Lohnsteuer auf laufenden Arbeitslohn oder auf sonstige Bezüge überhaupt zu erheben ist. Steuerpflichtig sind sowohl laufender Arbeitslohn als auch sonstige Bezüge. Vielmehr handelt es sich in erster Linie um Zuordnungsregeln bei der Frage, in welchem Veranlagungszeitraum bestimmte Entgeltkomponenten zu versteuern sind. Ein sonstiger Bezug wird in dem Kalenderjahr bezogen, in dem er dem Arbeitnehmer zufließt (vgl § 38a Abs 1 EStG). So wird zB das 13. Monatsgehalt, das zusammen mit dem Dezembergehalt im Januar ausgezahlt wird, dem Veranlagungszeitraum des neuen Kalenderjahres zugeordnet und in diesem versteuert, das Dezembergehalt jedoch noch im "alten" Kalenderjahr (§ 38a Abs 1 EStG; vgl Krüger in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 32. Aufl 2013, § 38a, § 39b, jeweils RdNr 3). Der Lohnsteuerabzug von sonstigen Bezügen ist zudem anders geregelt als beim laufenden Arbeitslohn, um bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren genau das Jahressteuerergebnis zu treffen (vgl Trzaskalik in Kirchhof/Söhn, EStG, § 39b Anm C7, Stand April 2002). Wegen des progressiven Steuertarifs käme es andernfalls, nämlich bei der Hinzurechnung der sonstigen Bezüge zum laufenden Arbeitslohn zu einer überhöhten Einbehaltung von Lohnsteuer (vgl Becht in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG - KStG, § 39b RdNr 45, Stand April 2010). Ein "zutreffender", progressionsgerechter Lohnsteuerabzug lässt sich insoweit erreichen, als die auf sonstige Bezüge entfallende Lohnsteuer mit dem Unterschiedsbetrag erhoben wird, der sich bei Ermittlung der Jahreslohnsteuer für den voraussichtlichen Jahreslohn zuzüglich des sonstigen Bezuges und auf den voraussichtlichen Jahresarbeitslohn ohne den sonstigen Bezug ergibt (vgl Seidel in Küttner, Personalbuch 2013, Sonstige Bezüge RdNr 3 und 4 mwN); dh: für die Ermittlung der Lohnsteuer eines sonstigen Bezuges wird der Arbeitnehmer so behandelt, als hätte er in jedem Lohnzahlungszeitraum (Monat) ein Zwölftel des sonstigen Bezuges erhalten (vgl Kremer, Beck´sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Sonstige Bezüge C I). Käme es hinsichtlich bestimmter Entgeltkomponenten wegen deren Behandlung als laufender Arbeitslohn anstatt als sonstiger Bezug im Hinblick auf die Steuerprogression zu einem überhöhten Lohnsteuerabzug, könnte dieser im Rahmen der Steuerveranlagung (Lohnsteuerjahresausgleich/Einkommensteuererklärung) im Übrigen wieder ausgeglichen und damit der "Fehler" korrigiert werden.
- 24
-
b) Der Umstand allein, dass der Arbeitgeber bestimmte Einnahmen (Provisionen) im Lohnsteuerabzugsverfahren faktisch als sonstige Bezüge behandelt hat, rechtfertigt es nicht, diese bei der Berechnung des Elterngeldes unberücksichtigt zu lassen.
- 25
-
§ 2 Abs 7 S 2 BEEG aF(jetzt § 2c Abs 1 S 2 BEEG) ist normativ und - entgegen der Ansicht des beklagten Landes - nicht so zu verstehen, dass allein auf die tatsächlichen Geschehnisse der Vergangenheit abzustellen ist. In seiner ursprünglichen Fassung vom 5.12.2006 lautete § 2 Abs 7 S 2 BEEG nämlich noch: "Sonstige Bezüge im Sinne von § 38a Abs. 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes werden nicht als Einnahmen berücksichtigt." Mit der hier maßgeblichen Neufassung durch das HBeglG 2011, die nunmehr auf die Behandlung der Einnahmen im Lohnsteuerabzugsverfahren abstellt, sollte - auch als Reaktion auf die bisher ergangene Rechtsprechung des erkennenden Senats - mehr Verwaltungspraktikabilität geschaffen werden (BT-Drucks 17/3030 S 48 zu Art 13 Nr 1 - § 2 Abs 7 S 2). Diese Überlegungen haben indessen keinen hinreichenden Eingang in den Normtext gefunden. Hätte der Gesetzgeber darauf abstellen wollen, dass es nur darauf ankommt, ob der Arbeitgeber bestimmte Einnahmen in der Vergangenheit - im Bemessungszeitraum - tatsächlich als sonstige Bezüge behandelt hat, hätte die Norm anders formuliert werden und etwa lauten müssen: "Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die der Arbeitgeber im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelt hat." Diese Formulierung knüpfte dann präzise an das in der Vergangenheit liegende konkrete Geschehen, das vom Arbeitgeber im Einzelfall praktizierte Lohnsteuerabzugsverfahren, an und wäre für die zuständige Behörde ein einfach festzustellender, praktikabler Anknüpfungspunkt.
- 26
-
Die Vorschrift führte dann aber zu Ergebnissen, für die es keine sachliche Rechtfertigung gibt. Die Berücksichtigung von Einnahmen oder ihre Nichtberücksichtigung läge allein in der Hand des Arbeitgebers, der für die Zwecke des Lohnsteuerabzugs zwar in Dienst genommen ist, jedoch selbst keine Hoheitsgewalt ausübt. Das tatsächliche Verhalten des Arbeitgebers im Lohnsteuerabzugsverfahren hätte stärkere Bindungswirkung als die LStR selbst, denen keine Normqualität und somit auch keine unmittelbare Bindungswirkung für die Elterngeldstellen und die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zukommt (zur fehlenden Normqualität der LStR vgl BFH Urteil vom 12.11.2009 - VI R 20/07 - BFHE 227, 435, juris RdNr 27 und BFH Urteil vom 4.5.2006 - VI R 28/05 - BFHE 213, 484, juris RdNr 14 mwN: norminterpretierenden Steuerrichtlinien und damit auch den LStR kommt keine Rechtsnormqualität zu; BAG Urteil vom 17.4.1985 - 5 AZR 74/84 - BAGE 48, 229, juris RdNr 22 mwN).
- 27
-
Käme es allein auf die tatsächliche Handhabung des Arbeitgebers beim Umgang mit Einnahmen im Lohnsteuerabzugsverfahren an, müssten bei der Elterngeldberechnung Zahlungen selbst dann unberücksichtigt bleiben, wenn der Arbeitgeber eindeutig zum regelmäßigen Arbeitsentgelt zählende Entgeltkomponenten aus Versehen als sonstige Bezüge behandelt und diese eindeutig falsch behandelt hat. Andererseits müssten "klassische Einmalzahlungen" wie eine Abfindung oder Gratifikationen in die Elterngeldberechnung eingehen, wenn der Arbeitgeber diese zu Unrecht nicht als sonstige Bezüge behandelt hat. Schließlich führte die Ansicht des beklagten Landes dazu, dass die dem Schutz des Steuerpflichtigen dienenden Sondervorschriften bei der Besteuerung von sonstigen Bezügen stets zu einem endgültigen Nachteil beim Elterngeld führen würden, für den es weder lohnsteuererrechtlich noch elterngeldrechtlich betrachtet sachliche Gründe gibt. Insbesondere könnte nicht damit argumentiert werden, dass "elterngeldfähig" nur die im Inland versteuerten Einkünfte sind, wie dies an anderer Stelle des Elterngeldgesetzes anklingt (vgl § 2 Abs 1 S 2 BEEG), denn sonstige Bezüge unterliegen in vollem Umfang der Steuerpflicht.
- 28
-
Eine so weitgehende Anknüpfung an das Handeln des Arbeitgebers beim Lohnsteuerabzugsverfahren und erst recht eine rechtliche Bindung der zuständigen Elterngeldstellen und Gerichte an dessen Entscheidungen ist durch die vom beklagten Land allein ins Feld geführten Gründe der Verwaltungspraktikabilität nicht zu rechtfertigen. Zwar können Praktikabilitätserwägungen von Bedeutung sein, wenn etwa ein (Steuer)Gesetz nur am Maßstab des Art 3 Abs 1 GG zu prüfen ist. Die Praktikabilität muss jedoch hinter der besonderen Wertentscheidung wie derjenigen des Art 6 Abs 1 GG zurücktreten, die den gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum des Art 3 Abs 1 GG einschränkt. Der Vorrang verfassungsrechtlicher Wertentscheidungen verbietet es, Zweckmäßigkeitserwägungen unter Verletzung solcher Wertungen voranzustellen (vgl BVerfG Beschluss vom 15.7.1969 - 1 BvL 22/65 - BVerfGE 26, 321 mwN). Gründe der Verwaltungspraktikabilität können es rechtfertigen, der Verwaltung möglichst einfache Anknüpfungspunkte an die Hand zu geben. Diese dürfen allerdings nicht zu Zufallsergebnissen führen, die sich mit den Zielen des Gesetzes - hier des BEEG - nicht mehr in Einklang bringen lassen.
- 29
-
Der Senat hält daher nur eine Auslegung des § 2 Abs 7 S 2 BEEG aF für vertretbar, die sich typisierend am normgemäßen Ablauf der Besteuerung orientiert und danach fragt, wie die einzelnen Entgeltkomponenten im Lohnsteuerabzugsverfahren zu behandeln sind.
- 30
-
c) § 2 Abs 7 S 2 BEEG aF schließt Einnahmen nur insoweit von der Elterngeldberechnung aus, als die steuerrechtlich motivierte Differenzierung auch mit Blick auf den Zweck des Elterngeldes sachlich gerechtfertigt ist. Das ist bei regelmäßig gezahlten Provisionen nicht der Fall.
- 31
-
Zweck des Elterngeldes ist es, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sich Eltern vorrangig um die Betreuung ihrer Kinder kümmern (vgl Gesetzesbegründung zum BEEG, BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2). Jeder betreuende Elternteil, der seine Erwerbstätigkeit unterbricht oder reduziert, soll einen an seinem individuellen Einkommen orientierten Ausgleich für die finanziellen Einschränkungen im ersten Lebensjahr des Kindes erhalten (vgl Gesetzesbegründung BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2). Durch die Betreuung des Kindes sollen die Eltern keine allzu großen Einkommenseinbußen befürchten müssen (vgl Bericht der Bundesregierung vom 30.10.2008 über die Auswirkungen des BEEG, BT-Drucks 16/10770 S 5 f). Mit dem BEEG hat der Gesetzgeber die familienpolitischen Leistungen neu ausgerichtet und das bedürftigkeitsabhängige Erziehungsgeld durch ein verstärkt Einkommenseinbußen ersetzendes Elterngeld abgelöst. Wie auch andere Entgeltersatzleistungen ist das Elterngeld dazu bestimmt, das zuletzt (vor der Geburt des Kindes) zum Lebensunterhalt dienende Einkommen teilweise zu ersetzen. Diese Funktion kann das Elterngeld nur erfüllen, wenn seiner Berechnung diejenigen Einkünfte zugrunde gelegt werden, die während des gesetzlich definierten letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes den Lebensstandard des Elterngeldberechtigten geprägt haben (zur Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4, RdNr 32, 33 mwN). Bei der Berechnung des Elterngeldes sind daher alle dem Elterngeldberechtigten im Zwölfmonatszeitraum vor dem Monat der Geburt zugeflossenen laufenden Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit zu berücksichtigen.
- 32
-
Ausgehend hiervon ist die steuerrechtliche Behandlung von bestimmten Einnahmen als sonstige Bezüge nur insoweit ein sachlich gerechtfertigter Anknüpfungspunkt für eine Nichtberücksichtigung von Einnahmen bei der Elterngeldberechnung, als es um Entgeltkomponenten geht, die dem Arbeitnehmer einmalig oder ausnahmsweise - wie zB eine Abfindung, Gratifikation oder ähnliches - gezahlt werden. In solchen Fällen sind die Einnahmen auf Grund ihres Ausnahmecharakters bei typisierender Betrachtung nicht geeignet, die wirtschaftliche Situation des Arbeitnehmers hinreichend rechtssicher und dauerhaft zu prägen.
- 33
-
Anders ist dies hingegen bei Umsatzbeteiligungen, die einem Arbeitnehmer neben dem monatlichen Grundgehalt für kürzere Zeiträume als ein Jahr und damit mehrmals im Jahr nach festgelegten Berechnungsstichtagen (und damit) regelmäßig gezahlt werden. Denn der insoweit maßgebliche Lebensstandard des Elterngeldberechtigten wird auch durch Provisionen geprägt, wenn der Arbeitnehmer mit diesen rechtssicher und dauerhaft rechnen kann, weil ihm diese regelmäßig, wenn auch nicht zwingend in jedem Kalendermonat, sondern ggf nach hiervon abweichenden Provisions-Abrechnungszeiträumen zufließen. Unerheblich ist, dass eine Umsatzbeteiligung bezogen auf die vertraglich vereinbarten Abrechnungszeiträume nicht unmittelbar wegen der in diesen Zeiträumen jeweils geleisteten Arbeit gezahlt wird, sondern wegen der in diesen Zeiträumen durch die Kunden bezahlten Rechnungen. Diese Umsätze spiegeln die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers in Zeiten wider, die auch vor dem konkreten Abrechnungszeitraum gelegen haben mögen. Es ist gerade das spezifische Merkmal von Umsatzbeteiligungen, dass die den Umsatz auslösende Arbeitsleistung des Arbeitnehmers, etwa in Form von Vertragsverhandlungen und -abschlüssen, einige Zeit vor dem Umsatz oder vor Bezahlung der Rechnung erfolgt ist. Qualifiziert man, wie in § 19 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG, auch Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und damit als Arbeitslohn, reicht es aus, dass diese Zahlungen des Arbeitgebers zeitraumbezogen und regelmäßig wiederkehrend erfolgen. Solche Zahlungen sind dann - zeitversetzt erarbeiteter - laufender Arbeitslohn (vgl BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4, RdNr 34). Ebenso ist es für die Qualifizierung als laufender Arbeitslohn steuerrechtlich und sozial- bzw sozialversicherungsrechtlich unerheblich, dass die Zahlung in der Höhe schwankt (vgl Krüger in Schmidt, EStG, 32. Aufl 2013, § 39b RdNr 2 mwN zum Steuerrecht).
- 34
-
Der erkennende Senat hat daher bereits unter Geltung des § 2 Abs 7 S 2 BEEG in seiner bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung entschieden, dass Umsatzbeteiligungen, die einem Arbeitnehmer neben dem monatlichen Grundgehalt für kürzere Zeiträume als ein Jahr und damit mehrmals im Jahr nach festgelegten Berechnungsstichtagen regelmäßig gezahlt werden, bei der Berechnung des Elterngeldes als Einnahmen zu berücksichtigen sind (BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4). Hieran hält der Senat fest, obgleich der Gesetzgeber bei der Neufassung des § 2 Abs 7 S 2 BEEG aF(jetzt § 2c Abs 1 S 2 BEEG) durch das HBeglG 2011 - wie ausgeführt - auf diese Entscheidung Bezug genommen und in der Gesetzesbegründung ausgeführt hat: "Die Neufassung des Satzes 2 dient zum einen der Sicherstellung einer verwaltungspraktikablen Feststellbarkeit von sonstigen Bezügen im Sinne des Einkommensteuergesetzes. Im Lohnsteuerabzugsverfahren nach § 38a Absatz 1 Satz 3 und § 39b des Einkommensteuergesetzes als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen sind bei der Elterngeldberechnung nicht zu berücksichtigen (anders zur bisherigen Rechtslage: BSG, Urteil vom 3. Dezember 2009, B 10 EG 3/09 R, betreffend Voraus- und Nachzahlungen im Sinne von R § 39b.2 Absatz 2 Satz 2 Nummer 8 LStR 2008, die für Zeitabschnitte in einem anderen Veranlagungszeitraum erfolgen und deswegen als sonstige Bezüge versteuert werden)" (BT-Drucks 17/3030 S 48 zu Art 13 Nr 1 - § 2 Abs 7 S 2).
- 35
-
Die Neufassung des § 2 Abs 7 S 2 BEEG aF hat der bisherigen Rechtsprechung des Senats - entgegen der Ansicht des beklagten Landes - nicht die Grundlage entzogen. Soweit der erkennende Senat in seinem Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 5/11 R (SozR 4-7837 § 2 Nr 11 RdNr 32, 33) ausgeführt hat, dass das HBeglG 2011 zu einer inhaltlichen Änderung des Gesetzes geführt habe und es nach dem neuen Wortlaut des § 2 Abs 7 S 2 BEEG aF "eindeutig und allein" auf die lohnsteuerrechtliche Behandlung der Einnahmen ankomme, handelt es sich um Ausführungen, welche die genannte Entscheidung nicht tragen; der Senat hatte über einen Sachverhalt zu entscheiden, der nach dem vor Inkrafttreten des HBeglG 2011 geltenden Recht zu beurteilen war. Davon abgesehen hatte sich der Senat in seinem obiter dictum auch nicht festgelegt, ob es - bezogen auf die lohnsteuerrechtliche Behandlung von Arbeitsentgelt - auf die tatsächliche Handhabung durch den Arbeitgeber, sei sie zutreffend oder auch nicht, oder aber auf die normativ zutreffende Beurteilung und Zuordnung von Entgeltkomponenten zu den sonstigen Bezügen ankommt. Weder der Wortlaut noch der lohnsteuerrechtliche Zweck verlangen es, Provisionen im Lohnsteuerabzugsverfahren zwingend und ausnahmslos als sonstige Bezüge zu behandeln. Provisionen werden als eigenständiger Begriff - anders zB als Gratifikationen oder Tantiemen - in der Aufzählung sonstiger Bezüge der LStR R 39b.2 Abs 2 S 2 nicht erwähnt. Sie können damit den Kategorien laufender/nicht laufender Arbeitslohn nur nach sachlichen Kriterien zugeordnet werden. Wie gerade der vorliegende Fall zeigt, ist es durchaus möglich, dass Provisionen in jedem Abrechnungszeitraum (ausnahmslos jedem Monat) zur Auszahlung gelangen. Aber auch dann, wenn Abrechnung und Auszahlung der Provision nicht im Monatsturnus, sondern zB quartalsweise erfolgen, ändert dies nichts an ihrer Regelmäßigkeit und am Charakter einer laufenden Zahlung.
- 36
-
d) Provisionen sind bei der Berechnung des Elterngeldes allerdings dann nicht zu berücksichtigen, wenn ihre Behandlung als sonstiger Bezug darauf beruht, dass sie ganz oder teilweise als Voraus- oder Nachzahlung erfolgen und der reguläre Fälligkeitszeitpunkt außerhalb des Bemessungszeitraumes liegt. In diesem Fall könnte ihre Berücksichtigung zu einem verzerrten Bild der wirtschaftlichen Verhältnisse führen, das nach Sinn und Zweck des BEEG möglichst zu vermeiden ist.
- 37
-
In der Gesetzesbegründung zu § 2 Abs 7 S 2 BEEG aF wird die lohnsteuerrechtliche Behandlung bestimmter Voraus- und Nachzahlungen als sonstige Bezüge nach LStR R 39b.2 Abs 2 S 2 Nr 8 ausdrücklich angesprochen (vgl BT-Drucks 17/3030 S 48 zu Art 13 Nr 1 - § 2 Abs 7 S 2). Der Gesetzgeber macht damit deutlich, dass er derartige Zahlungen nicht in die Elterngeldberechnung aufnehmen will. Der Senat hält dies für sachlich gerechtfertigt, weil es bei der Ermittlung der wirtschaftlichen Verhältnisse im Bemessungszeitraum durch die Berücksichtigung derartiger Zahlungen zu Verzerrungen und letztlich ungerechtfertigten Vorteilen des Elterngeldberechtigten kommen könnte.
- 38
-
Das Gesetz stellt für die Ermittlung des Elterngeldes im Regelfall auf die letzten zwölf Monate vor dem Monat der Geburt des Kindes ab. Damit sollen die wirtschaftlichen Verhältnisse des Elterngeldberechtigten in einem hinreichend repräsentativen, gleichzeitig aber noch überschaubaren Zeitraum abgebildet werden. Dies rechtfertigt es, Entgeltkomponenten nicht zu berücksichtigen, wenn sie als Vorauszahlungen oder Nachzahlungen in den Bemessungszeitraum fallen oder bewusst dorthin verlagert werden, sodass es zu einer Kumulierung mit den im Bemessungszeitraum fristgerecht gezahlten Entgeltkomponenten kommt. In diesem Fall - Voraus- oder Nachzahlung - sind Provisionszahlungen einer Abfindung oder Jubiläumszuwendung ähnlich, die nur ganz vereinzelt oder einmalig erbracht werden und deren Berücksichtigung dazu führen könnte, dass die im Bemessungszeitraum betrachteten wirtschaftlichen Verhältnisse, an die das Elterngeld anknüpfen will, unzutreffend abgebildet werden. Insoweit ist es gerechtfertigt, § 2 Abs 7 S 2 BEEG aF vor allem auch im Lichte der Gesetzesbegründung dahin auszulegen, dass Provisionen bei der Elterngeldberechnung unberücksichtigt bleiben, soweit sie nicht zum arbeitsvertraglich vereinbarten Fälligkeitszeitpunkt gezahlt werden und es durch ihre Voraus- oder Nachzahlung zu einer Verlagerung in den Bemessungszeitraum kommt.
- 39
-
Ob Provisionen darüber hinaus auch dann nicht in die Elterngeldberechnung eingehen, wenn sie auf Arbeitsleistungen beruhen, die der Arbeitnehmer nur ganz vereinzelt - zB nur einmal im Jahr - erbringt und die Zahlung eher den Charakter einer Einmalzahlung hat, musste der Senat vorliegend nicht entscheiden. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, denn die Klägerin war durchgängig beschäftigt und erbrachte regelmäßig Arbeitsleistungen, die Provisionsansprüche auslösten. Diese Arbeitsleistung wurde teils durch das Grundgehalt, teils durch zeitlich versetzt fällig werdende Provisionen entlohnt. Die 5 %-igen Provisionsansprüche entstanden entsprechend einer zusätzlich zum Arbeitsvertrag abgeschlossenen Vereinbarung nach Maßgabe der von der Klägerin in einem Quartal betreuten Projekte und der daraus erzielten Umsätze nach Abzug einer Gemeinkostenbeteiligung. Die Abrechnung und Auszahlung erfolgten jeweils im dritten Monat des Folgequartals.
- 40
-
5. Das beklagte Land hat bei der Festsetzung der Höhe des Elterngeldes im Bezugszeitraum gezahltes Mutterschaftsgeld sowie Zuschüsse des Arbeitgebers zu Recht auf das Elterngeld angerechnet. Auf das Elterngeld werden ua nach § 3 Abs 1 S 1 Nr 1 BEEG nF Mutterschaftsleistungen in Form des Mutterschaftsgeldes oder des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld nach § 14 Mutterschutzgesetz, die der berechtigten Person für die Zeit ab dem Tag der Geburt des Kindes zustehen, angerechnet. Stehen der berechtigten Person die Einnahmen nur für einen Teil des Lebensmonats des Kindes zu, sind sie nur auf den entsprechenden Teil des Elterngeldes anzurechnen (§ 3 Abs 1 S 2 BEEG nF).
- 41
-
Einer Zurückverweisung der Sache an das LSG bedurfte es vorliegend anders als in den Parallelverfahren B 10 EG 14/13 R und B 10 EG 12/13 R nicht, denn das beklagte Land hatte bereits im Berufungsverfahren eine Vergleichsberechnung bzgl des Elterngeldanspruchs der Klägerin unter Berücksichtigung der an die Klägerin gezahlten Provisionen erstellt und den ausgeurteilten Betrag von 2470,26 Euro ermittelt. Auch sonst ergab sich auf Grund der vom erkennenden Senat aufgestellten Grundsätze kein weiterer Ermittlungs- oder Feststellungsbedarf.
Tenor
-
Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
- 1
-
Streitig ist die Gewährung höheren Elterngeldes.
- 2
-
Das beklagte Land gewährte der Klägerin für deren am 7.1.2011 geborene Tochter Elterngeld. Bei dessen Festsetzung berücksichtigte das beklagte Land, dass die Klägerin ab November 2010 Mutterschaftsgeld und einen Arbeitgeberzuschuss hierzu bezog. Es legte der Elterngeldberechnung als Bemessungszeitraum die Monate November 2009 bis Oktober 2010, einen Bemessungssatz von 65 % sowie als Bemessungsgrundlage das monatliche Grundgehalt von 3000 Euro brutto zugrunde und zahlte der Klägerin nach Anrechnung der Mutterschaftsleistungen Elterngeld für die Zeit vom 7.2. bis 6.3.2011 in Höhe von 110,47 Euro und ab 7.3.2011 bis 6.1.2012 in Höhe von monatlich 1546,55 Euro. Das beklagte Land lehnte es ab, bei der Elterngeldberechnung im Lohnsteuerabzugsverfahren als "sonstiger Bezug" behandelte Provisionszahlungen an die Klägerin zu berücksichtigen. Der durch das Haushaltsbegleitgesetz 2011 (HBeglG 2011 vom 9.12.2010, BGBl I 1885) ab 1.1.2011 neugefasste § 2 Abs 7 S 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG - (jetzt § 2c Abs 1 S 2 BEEG) ordne an, dass im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen nicht berücksichtigt werden. Diese Einkünfte fielen nicht unter den Einkommensbegriff des BEEG und könnten daher bei der Elterngeldberechnung nicht berücksichtigt werden (Bescheid vom 20.4.2011).
- 3
-
Die Klägerin, eine im Außendienst abhängig beschäftigte Vertriebsbeauftragte, erhielt die Provisionen ua auch in der Zeit von November 2009 bis Oktober 2010 zusätzlich zu ihrem Grundgehalt in jedem Monat, und zwar im November und Dezember 2009 jeweils brutto 1500 Euro, im Januar und Februar 2010 jeweils brutto 4259,76 Euro, im März 2010 brutto 4385,76 Euro, im April und Mai 2010 jeweils brutto 1964,59 Euro, im Juni 2010 brutto 2791,40 Euro, von Juli bis September 2010 jeweils brutto 3239,85 Euro und im Oktober 2010 brutto 4224,77 Euro. Grundlage dieser Zahlungen war eine Vereinbarung, die ein jährliches Umsatzziel von 1,8 Mio Euro und 60 Kundenbesuche pro Quartal vorsah. Erreichte die Klägerin 51 % des avisierten Ziels, betrug die Umsatzbeteiligung 2 %, erreichte sie 76 % erhielt sie 4 % und ab 101 % eine 5 %-ige Umsatzbeteiligung. Wurden die Kundenbesuche nicht vollständig geleistet, wurde die Provision - gestaffelt - nur zu 80 % oder 90 % gewährt. Die Abrechnung der Provisionen erfolgte quartalsweise, ihre Auszahlung monatlich.
- 4
-
Widerspruch und Klage, mit der die Klägerin höheres Elterngeld begehrte, blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 27.5.2011, Urteil des SG vom 27.4.2012). Ihre Berufung hatte Erfolg. Das LSG hat das Urteil des SG aufgehoben, die angefochtenen Bescheide geändert und das beklagte Land verurteilt, der Klägerin weitere 2552,60 Euro Elterngeld (18,10 Euro für die Zeit vom 7.2. bis 6.3.2011 sowie jeweils monatlich 253,45 Euro für die Zeit vom 7.3.2011 bis 6.1.2012) zu zahlen. Die Neufassung des § 2 Abs 7 S 2 BEEG schließe sonstige Bezüge zwar von der Elterngeldberechnung aus, jedoch sei dies nicht dahin zu verstehen, dass es allein auf die konkrete Behandlung bestimmter Zahlungen im Lohnsteuerabzugsverfahren durch den Arbeitgeber ankomme und auch eine offensichtlich fehlerhafte Handlungsweise für Verwaltung und Gerichte bindend sei. Der Berücksichtigung der Provisionen stehe nicht entgegen, dass diese im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelt und in den Gehaltsmitteilungen so bezeichnet worden seien. Auch nach Neufassung des § 2 Abs 7 S 2 BEEG sei Einwendungen gegen die Richtigkeit der Arbeitgeberbescheinigung nachzugehen(Urteil vom 8.8.2013).
- 5
-
Mit seiner Revision begehrt das beklagte Land, das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das SG-Urteil zurückzuweisen. Der Gesetzgeber des HBeglG 2011 habe die zuständigen Stellen durch Neufassung des § 2 Abs 7 S 2 BEEG davon befreien wollen, bei der Einkommensermittlung im Rahmen des BEEG eine eigenständige rechtliche Prüfung der im Bemessungszeitraum vom Arbeitgeber erfolgten steuerrechtlichen Zuordnung von Erwerbseinkommen vornehmen zu müssen. Das Gesetz stelle auf im "Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen" ab, nicht dagegen auf im "Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge zu behandelnde Einnahmen". Damit werde deutlich, dass der Gesetzgeber einen verwaltungsökonomischen Gesetzesvollzug unter Bezugnahme auf die formale steuerliche Behandlung der Bezüge durch den Arbeitgeber sicherstellen wolle. Der vom BSG entwickelten eigenständigen elterngeldrechtlichen Abgrenzung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen sei durch die Neufassung des § 2 Abs 7 S 2 BEEG der Boden entzogen worden. Bei der im Lohnsteuerabzugsverfahren vorzunehmenden Abgrenzung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen komme es darauf an, ob die jeweiligen Lohnbestandteile regelmäßig gezahlt werden. Lohn- und Gehaltsbestandteile, die vertraglich in jedem Lohnzahlungszeitraum gezahlt werden sollen, seien als laufender Arbeitslohn zu behandeln. Solle der betreffende Lohnbestandteil nicht für jeden, sondern zB nur für jeden zweiten Lohnzahlungszeitraum gezahlt werden, liege ein sonstiger Bezug vor.
- 6
-
Das beklagte Land beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 27. April 2012 zurückzuweisen.
- 7
-
Die Klägerin hält das Urteil des LSG für zutreffend und beantragt,
die Revision des beklagten Landes zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
- 8
-
Die Revision des beklagten Landes ist im Sinne einer Aufhebung des Urteils des LSG und Zurückverweisung des Rechtsstreits begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).
- 9
-
Das beklagte Land hat das Vorliegen der Grundvoraussetzungen für Elterngeld ohne Rechtsfehler bejaht (dazu 1.), den Bemessungszeitraum für das Einkommen der Klägerin vor der Geburt des Kindes zutreffend bestimmt (dazu 2.) und der Berechnung des Elterngeldes den richtigen Leistungssatz zugrunde gelegt (dazu 3.). Bei der Festsetzung der Höhe der Leistung hat es jedoch die Provisionen der Klägerin zu Unrecht nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen und damit das Elterngeld zu niedrig festgesetzt (dazu 4.). Der Zurückverweisung bedarf es, um das Elterngeld unter Berücksichtigung der Provisionen als in den Bemessungszeitraum fallendes, möglicherweise aber auch als im Bezugszeitraum anzurechnendes regelmäßiges Arbeitsentgelt neu festzusetzen (dazu 5.).
- 11
-
Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat(Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). - Dies ist hier der Fall. Im Bezugszeitraum, vom Tag der Geburt des Kindes bis zur Vollendung seines 12. Lebensmonats (vgl § 4 Abs 1 S 1, Abs 3 S 1 BEEG), hatte die Klägerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Sie lebte mit ihrem am 7.1.2011 geborenen Kind in ihrem Haushalt in N., betreute ihr Kind selbst und übte auch keine Erwerbstätigkeit aus. Die Klägerin hatte damit Anspruch auf Elterngeld für zwölf Lebensmonate des Kindes ab dem Tag seiner Geburt (vgl § 4 Abs 2 S 1 und 2 BEEG).
- 12
-
2. Das beklagte Land hat mit den Kalendermonaten November 2009 bis Oktober 2010 den Bemessungszeitraum für das zu berücksichtigende Einkommen richtig bestimmt.
- 13
-
Für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit sind die zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes - vorliegend Januar 2011 - maßgeblich (§ 2 Abs 1 S 1 BEEG in seiner hier anzuwendenden, bis zum 2.12.2011 geltenden Fassung
; jetzt § 2b Abs 1 S 1 BEEG) . Dies ist hier die Zeit von November 2009 bis Oktober 2010, denn Kalendermonate, in denen die berechtigte Person Mutterschaftsgeld bezogen hat, bleiben bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums außer Betracht (vgl § 2 Abs 7 S 6 BEEG aF, jetzt § 2b Abs 1 S 2 BEEG). Da die Klägerin im November und Dezember 2010 Mutterschaftsleistungen bezog, waren diese Monate bei der Festlegung des Bemessungszeitraums nicht zu berücksichtigen.
- 14
-
3. Das beklagte Land ist zu Recht davon ausgegangen, dass das Elterngeld der Klägerin nach den für abhängig Beschäftigte geltenden Vorschriften zu ermitteln (dazu a) und in Höhe von 65 % ihres Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt festzusetzen ist (dazu b).
- 15
-
a) Bei der Einkommensermittlung ist nach § 2 Abs 1 BEEG zwischen dem Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit einerseits und nichtselbstständiger Arbeit andererseits zu unterscheiden. Da die Klägerin als Angestellte einer nichtselbstständigen Arbeit (abhängigen Beschäftigung) nachging, ist für die Einkommensermittlung § 2 Abs 7 S 1 BEEG in seiner bis 2.12.2011 geltenden, vorliegend anwendbaren Fassung (jetzt § 2c Abs 1 BEEG) maßgebend. Danach ergibt sich das Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit, wenn der über einem Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrages (§ 9a S 1 Nr 1 Buchst a Einkommensteuergesetz
) liegende monatliche durchschnittliche Überschuss der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit um näher bestimmte Abzüge für Steuern und Sozialabgaben vermindert wird. Dh, vom monatlichen durchschnittlichen Überschuss der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit sind ein Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrages sowie die auf dieses Einkommen entfallenden Steuern und die Pflichtbeiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung abzuziehen. - Das beklagte Land hat diese Vorschrift zutreffend angewandt und das Elterngeld - abgesehen von der Nichtberücksichtigung von Provisionen (dazu 4.) - richtig berechnet.
- 16
-
b) Rechtlicher Maßstab zur Bestimmung der Höhe des Elterngeldes ist für Zeiten des Bezugs von Elterngeld ab 1.1.2011 - wie sie vorliegend in Streit stehen - § 2 BEEG in seiner ab 1.1.2011 geltenden Fassung des HBeglG 2011 vom 9.12.2010 (BGBl I 1885; zum zeitlichen Geltungsbereich vgl BSG Urteil vom 4.9.2013 - B 10 EG 6/12 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 24 RdNr 23 ff). Danach wird Elterngeld in Höhe von 67 % des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt (§ 2 Abs 1 S 1 BEEG). In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als 1000 Euro war, erhöht sich der Prozentsatz von 67 % um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1000 Euro unterschreitet, auf bis zu 100 % (§ 2 Abs 2 S 1 BEEG). In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1200 Euro war, sinkt der Prozentsatz von 67 % um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 % (§ 2 Abs 2 S 2 BEEG).
- 17
-
Letzteres ist hier der Fall. Die anspruchsberechtigte Klägerin erzielte als Einkommen vor der Geburt ihres Kindes regelmäßig ein monatliches Grundgehalt von brutto 3000 Euro, sodass es insoweit auf die rechtliche Bewertung sonstiger Entgeltkomponenten, insbesondere der Provisionszahlungen (dazu 4.) nicht ankommt. Auch ohne Berücksichtigung der Provision wäre auf den verminderten, 65 %-igen Leistungssatz abzustellen.
- 18
-
4. Bei der Elterngeldberechnung hat das beklagte Land Provisionen zu Unrecht nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen und damit das Elterngeld zu niedrig festgesetzt. Der durch das HBeglG 2011 neugefasste § 2 Abs 7 S 2 BEEG aF(jetzt § 2c Abs 1 S 2 BEEG) stellt durch den Anknüpfungspunkt der Behandlung von Einnahmen als sonstige Bezüge auf die Unterscheidung zwischen laufendem Arbeitslohn und Einnahmen ab, die nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt werden (dazu a). Der Umstand allein, dass der Arbeitgeber bestimmte Einnahmen (Provisionen) im Lohnsteuerabzugsverfahren faktisch als sonstige Bezüge behandelt hat, rechtfertigt es nicht, diese bei der Berechnung des Elterngeldes unberücksichtigt zu lassen (dazu b). § 2 Abs 7 S 2 BEEG aF schließt Einnahmen nur insoweit von der Elterngeldberechnung aus, als die steuerrechtlich motivierte Differenzierung auch mit Blick auf den Zweck des Elterngeldes sachlich gerechtfertigt ist. Provisionen sind daher als laufender Arbeitslohn bei der Elterngeldberechnung zu berücksichtigen, wenn sie neben dem monatlichen Grundgehalt für kürzere Zeiträume als ein Jahr und damit mehrmals im Jahr nach festgelegten Berechnungsstichtagen regelmäßig gezahlt werden. Insoweit hält der erkennende Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, der durch die Neufassung des § 2 Abs 7 S 2 BEEG aF nicht die Grundlage entzogen worden ist(dazu c). Lediglich dann, wenn Provisionen nicht zum arbeitsvertraglich vereinbarten Fälligkeitszeitpunkt gezahlt werden und es durch ihre Voraus- oder Nachzahlung zu einer Verlagerung in den Bemessungszeitraum und somit zu einem "verzerrten Bild" der wirtschaftlichen Verhältnisse im Bemessungszeitraum kommen kann, ist es gerechtfertigt, sie bei der Elterngeldberechnung ausnahmsweise nicht zu berücksichtigen (dazu d).
- 19
-
a) § 2 Abs 7 S 2 BEEG aF(jetzt § 2c Abs 1 S 2 BEEG) knüpft an die lohnsteuerrechtliche Differenzierung zwischen der Einbehaltung der Lohnsteuer vom laufenden Arbeitslohn (§ 39b Abs 2 EStG) und von sonstigen Bezügen (§ 39b Abs 3 EStG) an.
- 20
-
§ 2 Abs 7 S 2 BEEG aF bestimmt: "Im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen werden nicht berücksichtigt." § 39b EStG definiert diese Begriffe nicht selbst. Lediglich die Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) erläutern beide Begriffe in Form von Verwaltungsanweisungen. Laufender Arbeitslohn ist nach LStR R 39b.2 Abs 1 Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer regelmäßig fortlaufend zufließt, insbesondere: 1. Monatsgehälter, 2. Wochen- und Tagelöhne, 3. Mehrarbeitsvergütungen, 4. Zuschläge und Zulagen, 5. geldwerte Vorteile aus der ständigen Überlassung von Dienstwagen zur privaten Nutzung, 6. Nachzahlungen und Vorauszahlungen, wenn sich diese ausschließlich auf Lohnzahlungszeiträume beziehen, die im Kalenderjahr der Zahlung enden, und 7. Arbeitslohn für Lohnzahlungszeiträume des abgelaufenen Kalenderjahres, der innerhalb der ersten drei Wochen des nachfolgenden Kalenderjahres zufließt.
- 21
-
Der laufende Arbeitslohn kann der Höhe nach durchaus schwanken (vgl Krüger in Schmidt, EStG, 32. Aufl 2013, § 39b RdNr 2 mwN). Das Kriterium der Regelmäßigkeit bezieht sich nicht auf die Höhe, sondern auf die wiederholte Gewährung, im Gegensatz vor allem zur "Einmaligkeit" der Gewährung. Eine ausdrückliche Anordnung, dass Regelmäßigkeit einer Zahlung nur dann vorliegt, wenn die Zahlung in ausnahmslos jedem Abrechnungszeitraum zur Auszahlung kommt, ist weder § 39b EStG noch den LStR zu entnehmen. - Daher ist es im Hinblick auf das Kriterium der Regelmäßigkeit unschädlich, dass die der Klägerin in jedem Monat des Bemessungszeitraums zugeflossenen Provisionen nicht immer gleich hoch waren, sondern je nach Umfang der im Berechnungszeitraum getätigten Geschäftsabschlüsse und Zahl der Kundenbesuche schwankten.
- 22
-
Sonstiger Bezug ist nach den LStR R 39b.2 Abs 2 Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird. Zu den sonstigen Bezügen gehören nach R 39b.2 Abs 2 S 2 LStR insbesondere: dreizehnte und vierzehnte Monatsgehälter (Nr 1), einmalige Abfindungen und Entschädigungen (Nr 2), Gratifikationen und Tantiemen, die nicht fortlaufend gezahlt werden (Nr 3), Jubiläumszuwendungen (Nr 4), Urlaubsgelder, die nicht fortlaufend gezahlt werden, und Entschädigungen zur Abgeltung nicht genommenen Urlaubs (Nr 5), Vergütungen für Erfindungen (Nr 6), Weihnachtszuwendungen (Nr 7) und Nachzahlungen und Vorauszahlungen, wenn sich der Gesamtbetrag oder ein Teilbetrag der Nachzahlung oder Vorauszahlung auf Lohnzahlungszeiträume bezieht, die in einem anderen Jahr als dem der Zahlung enden. Nachzahlungen liegen auch vor, wenn Arbeitslohn für Lohnzahlungszeiträume des abgelaufenen Kalenderjahres später als drei Wochen nach Ablauf dieses Jahres zufließt (Nr 8).
- 23
-
Bei der steuerrechtlichen Unterscheidung zwischen laufend gezahltem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen geht es nicht um die Frage, ob Lohnsteuer auf laufenden Arbeitslohn oder auf sonstige Bezüge überhaupt zu erheben ist. Steuerpflichtig sind sowohl laufender Arbeitslohn als auch sonstige Bezüge. Vielmehr handelt es sich in erster Linie um Zuordnungsregeln bei der Frage, in welchem Veranlagungszeitraum bestimmte Entgeltkomponenten zu versteuern sind. Ein sonstiger Bezug wird in dem Kalenderjahr bezogen, in dem er dem Arbeitnehmer zufließt (vgl § 38a Abs 1 EStG). So wird zB das 13. Monatsgehalt, das zusammen mit dem Dezembergehalt im Januar ausgezahlt wird, dem Veranlagungszeitraum des neuen Kalenderjahres zugeordnet und in diesem versteuert, das Dezembergehalt jedoch noch im "alten" Kalenderjahr (§ 38a Abs 1 EStG; vgl Krüger in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 32. Aufl 2013, § 38a, § 39b, jeweils RdNr 3). Der Lohnsteuerabzug von sonstigen Bezügen ist zudem anders geregelt als beim laufenden Arbeitslohn, um bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren genau das Jahressteuerergebnis zu treffen (vgl Trzaskalik in Kirchhof/Söhn, EStG, § 39b Anm C7, Stand April 2002). Wegen des progressiven Steuertarifs käme es andernfalls, nämlich bei der Hinzurechnung der sonstigen Bezüge zum laufenden Arbeitslohn zu einer überhöhten Einbehaltung von Lohnsteuer (vgl Becht in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG - KStG, § 39b RdNr 45, Stand April 2010). Ein "zutreffender", progressionsgerechter Lohnsteuerabzug lässt sich insoweit erreichen, als die auf sonstige Bezüge entfallende Lohnsteuer mit dem Unterschiedsbetrag erhoben wird, der sich bei Ermittlung der Jahreslohnsteuer für den voraussichtlichen Jahreslohn zuzüglich des sonstigen Bezuges und auf den voraussichtlichen Jahresarbeitslohn ohne den sonstigen Bezug ergibt (vgl Seidel in Küttner, Personalbuch 2013, Sonstige Bezüge RdNr 3 und 4 mwN); dh: für die Ermittlung der Lohnsteuer eines sonstigen Bezuges wird der Arbeitnehmer so behandelt, als hätte er in jedem Lohnzahlungszeitraum (Monat) ein Zwölftel des sonstigen Bezuges erhalten (vgl Kremer, Beck´sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Sonstige Bezüge C I). Käme es hinsichtlich bestimmter Entgeltkomponenten wegen deren Behandlung als laufender Arbeitslohn anstatt als sonstiger Bezug im Hinblick auf die Steuerprogression zu einem überhöhten Lohnsteuerabzug, könnte dieser im Rahmen der Steuerveranlagung (Lohnsteuerjahresausgleich/Einkommensteuererklärung) im Übrigen wieder ausgeglichen und damit der "Fehler" korrigiert werden.
- 24
-
b) Der Umstand allein, dass der Arbeitgeber bestimmte Einnahmen (Provisionen) im Lohnsteuerabzugsverfahren faktisch als sonstige Bezüge behandelt hat, rechtfertigt es nicht, diese bei der Berechnung des Elterngeldes unberücksichtigt zu lassen.
- 25
-
§ 2 Abs 7 S 2 BEEG aF(jetzt § 2c Abs 1 S 2 BEEG) ist normativ und - entgegen der Ansicht des beklagten Landes - nicht so zu verstehen, dass allein auf die tatsächlichen Geschehnisse der Vergangenheit abzustellen ist. In seiner ursprünglichen Fassung vom 5.12.2006 lautete § 2 Abs 7 S 2 BEEG nämlich noch: "Sonstige Bezüge im Sinne von § 38a Abs. 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes werden nicht als Einnahmen berücksichtigt." Mit der hier maßgeblichen Neufassung durch das HBeglG 2011, die nunmehr auf die Behandlung der Einnahmen im Lohnsteuerabzugsverfahren abstellt, sollte - auch als Reaktion auf die bisher ergangene Rechtsprechung des erkennenden Senats - mehr Verwaltungspraktikabilität geschaffen werden (BT-Drucks 17/3030 S 48 zu Art 13 Nr 1 - § 2 Abs 7 S 2). Diese Überlegungen haben indessen keinen hinreichenden Eingang in den Normtext gefunden. Hätte der Gesetzgeber darauf abstellen wollen, dass es nur darauf ankommt, ob der Arbeitgeber bestimmte Einnahmen in der Vergangenheit - im Bemessungszeitraum - tatsächlich als sonstige Bezüge behandelt hat, hätte die Norm anders formuliert werden und etwa lauten müssen: "Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die der Arbeitgeber im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelt hat." Diese Formulierung knüpfte dann präzise an das in der Vergangenheit liegende konkrete Geschehen, das vom Arbeitgeber im Einzelfall praktizierte Lohnsteuerabzugsverfahren, an und wäre für die zuständige Behörde ein einfach festzustellender, praktikabler Anknüpfungspunkt.
- 26
-
Die Vorschrift führte dann aber zu Ergebnissen, für die es keine sachliche Rechtfertigung gibt. Die Berücksichtigung von Einnahmen oder ihre Nichtberücksichtigung läge allein in der Hand des Arbeitgebers, der für die Zwecke des Lohnsteuerabzugs zwar in Dienst genommen ist, jedoch selbst keine Hoheitsgewalt ausübt. Das tatsächliche Verhalten des Arbeitgebers im Lohnsteuerabzugsverfahren hätte stärkere Bindungswirkung als die LStR selbst, denen keine Normqualität und somit auch keine unmittelbare Bindungswirkung für die Elterngeldstellen und die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zukommt (zur fehlenden Normqualität der LStR vgl BFH Urteil vom 12.11.2009 - VI R 20/07 - BFHE 227, 435, juris RdNr 27 und BFH Urteil vom 4.5.2006 - VI R 28/05 - BFHE 213, 484, juris RdNr 14 mwN: norminterpretierenden Steuerrichtlinien und damit auch den LStR kommt keine Rechtsnormqualität zu; BAG Urteil vom 17.4.1985 - 5 AZR 74/84 - BAGE 48, 229 ff, juris RdNr 22 mwN).
- 27
-
Käme es allein auf die tatsächliche Handhabung des Arbeitgebers beim Umgang mit Einnahmen im Lohnsteuerabzugsverfahren an, müssten bei der Elterngeldberechnung Zahlungen selbst dann unberücksichtigt bleiben, wenn der Arbeitgeber eindeutig zum regelmäßigen Arbeitsentgelt zählende Entgeltkomponenten aus Versehen als sonstige Bezüge behandelt und diese eindeutig falsch behandelt hat. Andererseits müssten "klassische Einmalzahlungen" wie eine Abfindung oder Gratifikationen in die Elterngeldberechnung eingehen, wenn der Arbeitgeber diese zu Unrecht nicht als sonstige Bezüge behandelt hat. Schließlich führte die Ansicht des beklagten Landes dazu, dass die dem Schutz des Steuerpflichtigen dienenden Sondervorschriften bei der Besteuerung von sonstigen Bezügen stets zu einem endgültigen Nachteil beim Elterngeld führen würden, für den es weder lohnsteuererrechtlich noch elterngeldrechtlich betrachtet sachliche Gründe gibt. Insbesondere könnte nicht damit argumentiert werden, dass "elterngeldfähig" nur die im Inland versteuerten Einkünfte sind, wie dies an anderer Stelle des Elterngeldgesetzes anklingt (vgl § 2 Abs 1 S 2 BEEG), denn sonstige Bezüge unterliegen in vollem Umfang der Steuerpflicht.
- 28
-
Eine so weitgehende Anknüpfung an das Handeln des Arbeitgebers beim Lohnsteuerabzugsverfahren und erst recht eine rechtliche Bindung der zuständigen Elterngeldstellen und Gerichte an dessen Entscheidungen ist durch die vom beklagten Land allein ins Feld geführten Gründe der Verwaltungspraktikabilität nicht zu rechtfertigen. Zwar können Praktikabilitätserwägungen von Bedeutung sein, wenn etwa ein (Steuer)Gesetz nur am Maßstab des Art 3 Abs 1 GG zu prüfen ist. Die Praktikabilität muss jedoch hinter der besonderen Wertentscheidung wie derjenigen des Art 6 Abs 1 GG zurücktreten, die den gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum des Art 3 Abs 1 GG einschränkt. Der Vorrang verfassungsrechtlicher Wertentscheidungen verbietet es, Zweckmäßigkeitserwägungen unter Verletzung solcher Wertungen voranzustellen (vgl BVerfG Beschluss vom 15.7.1969 - 1 BvL 22/65 - BVerfGE 26, 321 mwN). Gründe der Verwaltungspraktikabilität können es rechtfertigen, der Verwaltung möglichst einfache Anknüpfungspunkte an die Hand zu geben. Diese dürfen allerdings nicht zu Zufallsergebnissen führen, die sich mit den Zielen des Gesetzes - hier des BEEG - nicht mehr in Einklang bringen lassen.
- 29
-
Der Senat hält daher nur eine Auslegung des § 2 Abs 7 S 2 BEEG aF für vertretbar, die sich typisierend am normgemäßen Ablauf der Besteuerung orientiert und danach fragt, wie die einzelnen Entgeltkomponenten im Lohnsteuerabzugsverfahren zu behandeln sind.
- 30
-
c) § 2 Abs 7 S 2 BEEG aF schließt Einnahmen nur insoweit von der Elterngeldberechnung aus, als die steuerrechtlich motivierte Differenzierung auch mit Blick auf den Zweck des Elterngeldes sachlich gerechtfertigt ist. Das ist bei regelmäßig gezahlten Provisionen nicht der Fall.
- 31
-
Zweck des Elterngeldes ist es, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sich Eltern vorrangig um die Betreuung ihrer Kinder kümmern (vgl Gesetzesbegründung zum BEEG, BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2). Jeder betreuende Elternteil, der seine Erwerbstätigkeit unterbricht oder reduziert, soll einen an seinem individuellen Einkommen orientierten Ausgleich für die finanziellen Einschränkungen im ersten Lebensjahr des Kindes erhalten (vgl Gesetzesbegründung BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2). Durch die Betreuung des Kindes sollen die Eltern keine allzu großen Einkommenseinbußen befürchten müssen (vgl Bericht der Bundesregierung vom 30.10.2008 über die Auswirkungen des BEEG, BT-Drucks 16/10770 S 5 f). Mit dem BEEG hat der Gesetzgeber die familienpolitischen Leistungen neu ausgerichtet und das bedürftigkeitsabhängige Erziehungsgeld durch ein verstärkt Einkommenseinbußen ersetzendes Elterngeld abgelöst. Wie auch andere Entgeltersatzleistungen ist das Elterngeld dazu bestimmt, das zuletzt (vor der Geburt des Kindes) zum Lebensunterhalt dienende Einkommen teilweise zu ersetzen. Diese Funktion kann das Elterngeld nur erfüllen, wenn seiner Berechnung diejenigen Einkünfte zugrunde gelegt werden, die während des gesetzlich definierten letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes den Lebensstandard des Elterngeldberechtigten geprägt haben (zur Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4, RdNr 32, 33 mwN). Bei der Berechnung des Elterngeldes sind daher alle dem Elterngeldberechtigten im Zwölfmonatszeitraum vor dem Monat der Geburt zugeflossenen laufenden Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit zu berücksichtigen.
- 32
-
Ausgehend hiervon ist die steuerrechtliche Behandlung von bestimmten Einnahmen als sonstige Bezüge nur insoweit ein sachlich gerechtfertigter Anknüpfungspunkt für eine Nichtberücksichtigung von Einnahmen bei der Elterngeldberechnung, als es um Entgeltkomponenten geht, die dem Arbeitnehmer einmalig oder ausnahmsweise - wie zB eine Abfindung, Gratifikation oder ähnliches - gezahlt werden. In solchen Fällen sind die Einnahmen aufgrund ihres Ausnahmecharakters bei typisierender Betrachtung nicht geeignet, die wirtschaftliche Situation des Arbeitnehmers hinreichend rechtssicher und dauerhaft zu prägen.
- 33
-
Anders ist dies hingegen bei Umsatzbeteiligungen, die einem Arbeitnehmer neben dem monatlichen Grundgehalt für kürzere Zeiträume als ein Jahr und damit mehrmals im Jahr nach festgelegten Berechnungsstichtagen (und damit) regelmäßig gezahlt werden. Denn der insoweit maßgebliche Lebensstandard des Elterngeldberechtigten wird auch durch Provisionen geprägt, wenn der Arbeitnehmer mit diesen rechtssicher und dauerhaft rechnen kann, weil ihm diese regelmäßig, wenn auch nicht zwingend in jedem Kalendermonat, sondern ggf nach hiervon abweichenden Provisions-Abrechnungszeiträumen zufließen. Unerheblich ist, dass eine Umsatzbeteiligung bezogen auf die vertraglich vereinbarten Abrechnungszeiträume nicht unmittelbar wegen der in diesen Zeiträumen jeweils geleisteten Arbeit gezahlt wird, sondern wegen der in diesen Zeiträumen durch die Kunden bezahlten Rechnungen. Diese Umsätze spiegeln die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers in Zeiten wider, die auch vor dem konkreten Abrechnungszeitraum gelegen haben mögen. Es ist gerade das spezifische Merkmal von Umsatzbeteiligungen, dass die den Umsatz auslösende Arbeitsleistung des Arbeitnehmers, etwa in Form von Vertragsverhandlungen und -abschlüssen, einige Zeit vor dem Umsatz oder vor Bezahlung der Rechnung erfolgt ist. Qualifiziert man, wie in § 19 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG, auch Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und damit als Arbeitslohn, reicht es aus, dass diese Zahlungen des Arbeitgebers zeitraumbezogen und regelmäßig wiederkehrend erfolgen. Solche Zahlungen sind dann - zeitversetzt erarbeiteter - laufender Arbeitslohn (vgl BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4, RdNr 34). Ebenso ist es für die Qualifizierung als laufender Arbeitslohn steuerrechtlich und sozial- bzw sozialversicherungsrechtlich unerheblich, dass die Zahlung in der Höhe schwankt (vgl Krüger in Schmidt, EStG, 32. Aufl 2013, § 39b RdNr 2 mwN zum Steuerrecht).
- 34
-
Der erkennende Senat hat daher bereits unter Geltung des § 2 Abs 7 S 2 BEEG in seiner bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung entschieden, dass Umsatzbeteiligungen, die einem Arbeitnehmer neben dem monatlichen Grundgehalt für kürzere Zeiträume als ein Jahr und damit mehrmals im Jahr nach festgelegten Berechnungsstichtagen regelmäßig gezahlt werden, bei der Berechnung des Elterngeldes als Einnahmen zu berücksichtigen sind (BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4). Hieran hält der Senat fest, obgleich der Gesetzgeber bei der Neufassung des § 2 Abs 7 S 2 BEEG aF(jetzt § 2c Abs 1 S 2 BEEG) durch das HBeglG 2011 - wie ausgeführt - auf diese Entscheidung Bezug genommen und in der Gesetzesbegründung ausgeführt hat: "Die Neufassung des Satzes 2 dient zum einen der Sicherstellung einer verwaltungspraktikablen Feststellbarkeit von sonstigen Bezügen im Sinne des Einkommensteuergesetzes. Im Lohnsteuerabzugsverfahren nach § 38a Absatz 1 Satz 3 und § 39b des Einkommensteuergesetzes als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen sind bei der Elterngeldberechnung nicht zu berücksichtigen (anders zur bisherigen Rechtslage: BSG, Urteil vom 3. Dezember 2009, B 10 EG 3/09 R, betreffend Voraus- und Nachzahlungen im Sinne von R § 39b.2 Absatz 2 Satz 2 Nummer 8 LStR 2008, die für Zeitabschnitte in einem anderen Veranlagungszeitraum erfolgen und deswegen als sonstige Bezüge versteuert werden)" (BT-Drucks 17/3030 S 48 zu Art 13 Nr 1 - § 2 Abs 7 S 2).
- 35
-
Die Neufassung des § 2 Abs 7 S 2 BEEG aF hat der bisherigen Rechtsprechung des Senats - entgegen der Ansicht des beklagten Landes - nicht die Grundlage entzogen. Soweit der erkennende Senat in seinem Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 5/11 R (SozR 4-7837 § 2 Nr 11 RdNr 32, 33) ausgeführt hat, dass das HBeglG 2011 zu einer inhaltlichen Änderung des Gesetzes geführt habe und es nach dem neuen Wortlaut des § 2 Abs 7 S 2 BEEG aF "eindeutig und allein auf die lohnsteuerrechtliche Behandlung" der Einnahmen ankomme, handelt es sich um Ausführungen, welche die genannte Entscheidung nicht tragen; der Senat hatte über einen Sachverhalt zu entscheiden, der nach dem vor Inkrafttreten des HBeglG 2011 geltenden Recht zu beurteilen war. Davon abgesehen hatte sich der Senat in seinem obiter dictum auch nicht festgelegt, ob es - bezogen auf die lohnsteuerrechtliche Behandlung von Arbeitsentgelt - auf die tatsächliche Handhabung durch den Arbeitgeber, sei sie zutreffend oder auch nicht, oder aber auf die normativ zutreffende Beurteilung und Zuordnung von Entgeltkomponenten zu den sonstigen Bezügen ankommt. Weder der Wortlaut noch der lohnsteuerrechtliche Zweck verlangen es, Provisionen im Lohnsteuerabzugsverfahren zwingend und ausnahmslos als sonstige Bezüge zu behandeln. Provisionen werden als eigenständiger Begriff - anders zB als Gratifikationen oder Tantiemen - in der Aufzählung sonstiger Bezüge der LStR R 39b.2 Abs 2 S 2 nicht erwähnt. Sie können damit den Kategorien laufender/nicht laufender Arbeitslohn nur nach sachlichen Kriterien zugeordnet werden. Wie gerade der vorliegende Fall zeigt, ist es durchaus möglich, dass Provisionen in jedem Abrechnungszeitraum (ausnahmslos jedem Monat) zur Auszahlung gelangen. Aber auch dann, wenn Abrechnung und Auszahlung der Provision nicht im Monatsturnus, sondern zB quartalsweise erfolgen, ändert dies nichts an ihrer Regelmäßigkeit und am Charakter einer laufenden Zahlung.
- 36
-
d) Provisionen sind bei der Berechnung des Elterngeldes allerdings dann nicht zu berücksichtigen, wenn ihre Behandlung als sonstiger Bezug darauf beruht, dass sie ganz oder teilweise als Voraus- oder Nachzahlung erfolgen und der reguläre Fälligkeitszeitpunkt außerhalb des Bemessungszeitraumes liegt. In diesem Fall könnte ihre Berücksichtigung zu einem verzerrten Bild der wirtschaftlichen Verhältnisse führen, das nach Sinn und Zweck des BEEG möglichst zu vermeiden ist.
- 37
-
In der Gesetzesbegründung zu § 2 Abs 7 S 2 BEEG aF wird die lohnsteuerrechtliche Behandlung bestimmter Voraus- und Nachzahlungen als sonstige Bezüge nach LStR R 39b.2 Abs 2 S 2 Nr 8 ausdrücklich angesprochen (vgl BT-Drucks 17/3030 S 48 zu Art 13 Nr 1 - § 2 Abs 7 S 2). Der Gesetzgeber macht damit deutlich, dass er derartige Zahlungen nicht in die Elterngeldberechnung aufnehmen will. Der Senat hält dies für sachlich gerechtfertigt, weil es bei der Ermittlung der wirtschaftlichen Verhältnisse im Bemessungszeitraum durch die Berücksichtigung derartiger Zahlungen zu Verzerrungen und letztlich ungerechtfertigten Vorteilen des Elterngeldberechtigten kommen könnte.
- 38
-
Das Gesetz stellt für die Ermittlung des Elterngeldes im Regelfall auf die letzten zwölf Monate vor dem Monat der Geburt des Kindes ab. Damit sollen die wirtschaftlichen Verhältnisse des Elterngeldberechtigten in einem hinreichend repräsentativen, gleichzeitig aber noch überschaubaren Zeitraum abgebildet werden. Dies rechtfertigt es, Entgeltkomponenten nicht zu berücksichtigen, wenn sie als Vorauszahlungen oder Nachzahlungen in den Bemessungszeitraum fallen oder bewusst dorthin verlagert werden, sodass es zu einer Kumulierung mit den im Bemessungszeitraum fristgerecht gezahlten Entgeltkomponenten kommt. In diesem Fall - Voraus- oder Nachzahlung - sind Provisionszahlungen einer Abfindung oder Jubiläumszuwendung ähnlich, die nur ganz vereinzelt oder einmalig erbracht werden und deren Berücksichtigung dazu führen könnte, dass die im Bemessungszeitraum betrachteten wirtschaftlichen Verhältnisse, an die das Elterngeld anknüpfen will, unzutreffend abgebildet werden. Insoweit ist es gerechtfertigt, § 2 Abs 7 S 2 BEEG aF vor allem auch im Lichte der Gesetzesbegründung dahin auszulegen, dass Provisionen bei der Elterngeldberechnung unberücksichtigt bleiben, soweit sie nicht zum arbeitsvertraglich vereinbarten Fälligkeitszeitpunkt gezahlt werden und es durch ihre Voraus- oder Nachzahlung zu einer Verlagerung in den Bemessungszeitraum kommt.
- 39
-
Ob Provisionen darüber hinaus auch dann nicht in die Elterngeldberechnung eingehen, wenn sie auf Arbeitsleistungen beruhen, die der Arbeitnehmer nur ganz vereinzelt - zB nur einmal im Jahr - erbringt und die Zahlung eher den Charakter einer Einmalzahlung hat, musste der Senat vorliegend nicht entscheiden. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, denn die Klägerin war durchgängig beschäftigt und erbrachte regelmäßig Arbeitsleistungen, die Provisionsansprüche auslösten. Diese Arbeitsleistung wurde teils durch das Grundgehalt, teils durch zeitlich versetzt fällig werdende Provisionen entlohnt. Die Provisionsansprüche entstanden entsprechend einer eigens abgeschlossenen Provisionsvereinbarung nach Eingang der Zahlung durch den Geschäftspartner; sie waren monatlich auf Grundlage der realisierten Geschäftsergebnisse im Folgemonat der Leistungserbringung zu berechnen und mit der Gehaltsabrechnung des jeweiligen Monats auszuzahlen.
- 40
-
5. In welcher Höhe der Klägerin unter Berücksichtigung der im Bemessungszeitraum erzielten Provisionen (höheres) Elterngeld zusteht, kann der Senat aufgrund der vom LSG festgestellten Tatsachen nicht abschließend entscheiden. Insoweit bedarf es einer erneuten Berechnung nach Zurückverweisung der Sache unter Berücksichtigung gezahlter Mutterschaftsleistungen (dazu a) sowie eventuell im Bezugszeitraum noch zugeflossener Provisionen (dazu b).
- 41
-
a) Das beklagte Land darf bei der Festsetzung der Höhe des Elterngeldes im Bezugszeitraum gezahltes Mutterschaftsgeld sowie Zuschüsse des Arbeitgebers hierzu anrechnen. Auf das Elterngeld werden ua nach § 3 Abs 1 S 1 Nr 1 BEEG nF Mutterschaftsleistungen in Form des Mutterschaftsgeldes oder des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld nach § 14 Mutterschutzgesetz, die der berechtigten Person für die Zeit ab dem Tag der Geburt des Kindes zustehen, angerechnet. Stehen der berechtigten Person die Einnahmen nur für einen Teil des Lebensmonats des Kindes zu, sind sie nur auf den entsprechenden Teil des Elterngeldes anzurechnen (§ 3 Abs 1 S 2 BEEG nF). - In welcher Höhe der Klägerin nach Anrechnung des Mutterschaftsgeldes sowie des Arbeitgeberzuschusses Elterngeld verbleibt, kann erst ermittelt werden, wenn die konkrete Höhe des Elterngeldes (nach Berücksichtigung von Provisionen) feststeht.
- 42
-
b) Gehen fristgerecht mehrfach gezahlte Provisionen in die Bemessungsgrundlage ein, sind sie auf der anderen Seite auf das Elterngeld anzurechnen, auch wenn die ihnen zugrunde liegende Arbeitsleistung ganz oder teilweise außerhalb des Bezugszeitraums liegt. Insoweit kann für die Berücksichtigung von Provisionen als regelmäßiges Entgelt im Bezugszeitraum nichts anderes gelten als für ihre Berücksichtigung als regelmäßiges Arbeitsentgelt im Bemessungszeitraum. - Ob die Klägerin während des Bezugs von Elterngeld solche Zahlungen erhalten hat, wird das LSG ebenfalls prüfen müssen.
- 43
-
6. Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des LSG vorbehalten.
Tenor
-
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 25. Mai 2016 aufgehoben und die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 29. Juni 2015 zurückgewiesen.
-
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
- 1
-
Die Beteiligten streiten darüber, ob das der Klägerin bewilligte Elterngeld unter Berücksichtigung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld höher zu bemessen ist.
- 2
-
Die Klägerin war vor der Geburt ihrer Tochter am 8.6.2014 bei der C. GmbH (Arbeitgeberin) beschäftigt. Entsprechend dem Arbeitsvertrag zahlte die Arbeitgeberin eine monatliche Vergütung in Höhe von je 1/14 des vereinbarten Jahresgrundgehalts an die Klägerin. Nach dem Arbeitsvertrag standen der Klägerin weitere je 1/14 des Jahresgrundgehalts als "Urlaubsgeld" zum Ende des Monats Mai bzw "Weihnachtsgeld" zum Ende des Monats November zu. Bis zum Ablauf des Monats November 2013 arbeitete die Klägerin in Teilzeit und danach in Vollzeit. In entsprechend unterschiedlicher Höhe gewährte ihr die Arbeitgeberin im Mai 2013 "Urlaubsgeld" in Höhe von 3195,32 Euro brutto und im November 2013 "Weihnachtsgeld" in Höhe von 3243,25 Euro brutto. Vom 28.4.2014 bis 4.8.2014 zahlte die Techniker Krankenkasse an die Klägerin Mutterschaftsgeld in Höhe von 13 Euro kalendertäglich.
- 3
-
Der Beklagte bewilligte der Klägerin für die ersten zwölf Lebensmonate des Kindes Elterngeld auf Grundlage des im Zeitraum von April 2013 bis März 2014 monatlich gezahlten Bruttolohns, ohne das "Urlaubs-" und "Weihnachtsgeld" zu berücksichtigen. Das Mutterschaftsgeld sowie den Arbeitgeberzuschuss rechnete er auf den Anspruch an. Für den ersten Lebensmonat der Tochter ergab dies keinen Auszahlungsbetrag, für den zweiten Lebensmonat eine Bewilligung in Höhe von 132,27 Euro und für den dritten bis 12. Lebensmonat eine Bewilligung in Höhe von monatlich 1366,83 Euro (Bescheid vom 15.8.2014). Den auf die Einbeziehung des "Urlaubs-" und "Weihnachtsgeldes" in die Bemessung gerichteten Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 7.11.2014).
- 4
-
Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 29.6.2015). Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG den Gerichtsbescheid des SG aufgehoben und den Beklagten verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 8.6.2014 bis 7.6.2015 höheres Elterngeld unter Berücksichtigung des im Mai und November 2013 gezahlten "Urlaubs-" und "Weihnachtsgeldes" zu gewähren (Urteil vom 25.5.2016). Anders als vom SG angenommen, handele es sich bei den Jahressonderzahlungen um laufenden Arbeitslohn, weil entsprechend den Kriterien der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Abgrenzung des laufenden Arbeitslohns von sonstigen Bezügen mehrmals (zweimal) Zahlungen als Teil der Gesamtvergütung im Bemessungszeitraum erfolgt seien.
- 5
-
Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 2c Abs 1 S 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG -(in der ab 18.9.2012 bis 31.12.2014 geltenden Fassung), wonach solche Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind, die im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelt werden. Die Lohnsteuerrichtlinie (LStR) R 39b.2 Abs 2 zähle sowohl Urlaubs- und Weihnachtsgeld als auch das 13. und 14. Monatsgehalt zu den sonstigen Bezügen. Der Gesetzgeber habe nicht beabsichtigt, das Elterngeld als vollständigen Lohnausgleich zu regeln. Er sei zutreffend davon ausgegangen, dass einmaliger Arbeitslohn die wirtschaftlichen Verhältnisse nicht so nachhaltig präge wie die laufenden Einnahmen. Mit der Begründung zur Neuregelung in § 2c Abs 1 S 2 BEEG habe der Gesetzgeber unterstrichen, dass alle Lohnbestandteile, die richtigerweise nach den lohnsteuerrechtlichen Vorgaben als sonstige Bezüge behandelt werden müssen, auch für das Elterngeld als sonstige Bezüge gelten.
- 6
-
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 25. Mai 2016 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 29. Juni 2015 zurückzuweisen.
- 7
-
Die anwaltlich nicht vertretene Klägerin hält die Entscheidungen der Vorinstanz unter Hinweis auf die Teilung des vereinbarten Jahreseinkommens in 14 gleiche Teile für zutreffend. Unabhängig davon, ob das Gehalt in 12 oder in 14 Teile zerlegt werde, bleibe es wirtschaftlich insgesamt gleichwertig und präge in der Summe ihre wirtschaftlichen Verhältnisse.
Entscheidungsgründe
- 8
-
Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet. Das Urteil des LSG ist aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen den klageabweisenden Gerichtsbescheid des SG zurückzuweisen (§ 170 Abs 2 S 1 SGG).
- 9
-
1. Streitgegenstand ist der Elterngeldanspruch der Klägerin, wie ihn der Elterngeldbescheid des Beklagten vom 15.8.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.11.2014 nach ihrer Ansicht zu niedrig festgesetzt hat. Hiergegen wendet sich die Klägerin in zulässiger Weise mit der auf die Gewährung höheren Elterngelds gerichteten kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1, Abs 4 SGG). Hierauf kann gemäß § 130 Abs 1 SGG auch ein Grundurteil ergehen(vgl BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 7/10 R - BSGE 109, 42, 43 = SozR 4-7837 § 2 Nr 10, RdNr 14 mwN; BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 2/13 R - RdNr 9 mwN; BSG Urteil vom 21.6.2016 - B 10 EG 8/15 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-7837 § 2b Nr 1 vorgesehen).
- 10
-
2. Die Klage ist hingegen nicht begründet. Das LSG hat den Beklagten zu Unrecht verurteilt, höheres Elterngeld für den ersten bis 12. Lebensmonat unter Berücksichtigung der als Urlaubs- und Weihnachtsgeld bezeichneten Monatsgehälter des Jahres 2013 zu gewähren. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höheres Elterngeld. Die streitgegenständlichen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
- 11
-
a) Der Klägerin steht Elterngeld für die Zeit ab dem 8.6.2014 bis zum 7.6.2015 zu. Die Grundvoraussetzungen des Elterngelds richten sich aufgrund der Geburt der Tochter der Klägerin vor dem 1.1.2015 gemäß § 27 Abs 1 S 1 BEEG(idF der Bek vom 27.1.2015, BGBl I 33) noch nach der bis zum 31.12.2014 geltenden Fassung des § 1 Abs 1 BEEG(vom 5.12.2006, BGBl I 2748). Wie von § 1 Abs 1 Nr 1 bis 4 BEEG vorausgesetzt, hatte die Klägerin nach den für den Senat bindenden(§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG im Bezugszeitraum des Elterngelds ihren Wohnsitz in Deutschland, lebte in einem Haushalt mit der von ihr selbst betreuten und erzogenen Tochter und übte zumindest keine volle Erwerbstätigkeit aus iS von § 1 Abs 6 BEEG(idF des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10.9.2012, BGBl I 1878).
- 12
-
b) Zur Bemessung des Elterngelds sind neben den regelmäßig gezahlten laufenden Arbeitslöhnen nicht noch zusätzlich die als Urlaubs- und Weihnachtsgeld bezeichneten Einnahmen heranzuziehen. Letztere gehören zwar auch iS des § 2 Abs 1 S 1 BEEG zu den im Bemessungszeitraum erzielten Einnahmen in Geld und rühren aus der Erwerbstätigkeit her, hier einer nichtselbstständigen Tätigkeit iS des § 2 Abs 1 S 3 Nr 1 BEEG(dazu unter aa). Sie unterfallen außerdem dem Einkommensbegriff des § 2c Abs 1 S 1 BEEG. Die Regelung in § 2c Abs 1 S 2 BEEG schließt sie aber von der Berücksichtigung aus, weil sie im Sinne dieser Vorschrift lohnsteuerrechtlich als sonstige Bezüge einer nichtselbstständig erwerbstätigen Person behandelt werden(dazu unter bb). Anders als das LSG und die Klägerin meinen, ist eine aufgrund der Besonderheiten des Elterngeldrechts abweichende Zuordnung zum laufenden Arbeitslohn nicht möglich (dazu unter cc). Verfassungsrechtliche Bedenken hiergegen bestehen nicht (dazu unter dd).
- 13
-
aa) Wie § 2 Abs 1 BEEG(idF des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs, aaO) bestimmt, wird Elterngeld in Höhe von 67 Prozent des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Es erhöht sich gegebenenfalls um einen Geschwisterbonus und Mehrlingszuschlag nach § 2a BEEG(S 1 und 2). Das Einkommen errechnet sich aus dem im Bemessungszeitraum (§ 2b BEEG) erzielten Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Dieses ist nach den näheren Bestimmungen der §§ 2c bis 2f BEEG zu ermitteln(S 3).
- 14
-
Als Bemessungszeitraum hat der Beklagte zutreffend den Zeitraum von April 2013 bis März 2014 herangezogen. Wurde - wie vom LSG festgestellt - vor der Geburt des Kindes nur Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit iS von § 2c BEEG erzielt, erstreckt sich der Bemessungszeitraum gemäß § 2b Abs 1 S 1 BEEG(idF des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs, aaO) auf die zwölf Kalendermonate vor dem Geburtsmonat des Kindes. Für die Klägerin verschiebt sich das Ende des zwölfmonatigen Bemessungszeitraums auf den März 2014, weil Kalendermonate mit Bezug von Mutterschaftsgeld, das sie ab dem April 2014 erhielt, aus dem Bemessungszeitraum auszunehmen sind (§ 2b Abs 1 S 2 Nr 2 BEEG idF des Gesetzes zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung
vom 23.10.2012, BGBl I 2246).
- 15
-
Wie der Beklagte zutreffend angenommen hat, ist deshalb der Durchschnittsverdienst nach den Lohnabrechnungen für den Zeitraum ab dem Monat April 2013 bis zum Monat März 2014 zu berücksichtigen. Das einkommensabhängige Elterngeld errechnet sich gemäß § 2 Abs 1 S 3 Nr 1 BEEG aus der Summe der im Bemessungszeitraum zu berücksichtigenden positiven, im Inland zu versteuernden Einkünfte. Auf der Grundlage von Einkünften aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit ergibt sich das Einkommen nach § 2c Abs 1 BEEG(idF des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs, aaO) aus dem monatlich durchschnittlich zu berücksichtigenden Überschuss der Einnahmen in Geld oder Geldeswert über einem Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2e und 2f BEEG(S 1).
- 16
-
Gegen die nach diesen Vorgaben durchgeführte Elterngeldberechnung unter Einbeziehung der monatlich fortlaufend gezahlten Löhne sind von den Beteiligten ansonsten keine Bedenken geäußert noch für den Senat ersichtlich.
- 17
-
bb) Das an die Klägerin gezahlte "Urlaubs-" und "Weihnachtsgeld" kann entgegen der Rechtsauffassung des LSG nicht zur Ermittlung des Durchschnittsverdienstes und Bemessung des Elterngelds hinzugezogen werden. Unabhängig von der Bezeichnung im Arbeitsvertrag wird es anlassbezogen und nicht im Bemessungszeitraum mehrmals wiederholt oder regelmäßig gezahlt. Es zählt daher zu den von der Bemessung ausgeschlossenen sonstigen Bezügen.
- 18
-
Gemäß der hier anzuwendenden Fassung des § 2c Abs 1 S 2 BEEG vom 10.9.2012 (aaO) werden solche Einnahmen nicht berücksichtigt, "die im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelt werden". Noch nicht maßgeblich ist die ab dem 1.1.2015 geltende geänderte Fassung. Danach bleiben solche Einnahmen ausgeschlossen, "die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind" (§ 2c Abs 1 S 2 BEEG idF des Gesetzes zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz vom 18.12.2014, BGBl I 2325). Dies folgt daraus, dass sich der vorliegende Sachverhalt vor ihrem Inkrafttreten verwirklicht hat (zum Leistungsfallprinzip BSG Urteil vom 4.9.2013 - B 10 EG 6/12 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 24 RdNr 37).
- 19
-
§ 2c Abs 1 S 2 BEEG idF vom 10.9.2012 (aaO) knüpft - wie die bis zum 17.9.2012 geltende Vorgängerregelung in § 2 Abs 7 S 2 BEEG(idF des Haushaltsbegleitgesetzes
vom 9.12.2010, BGBl I 1885) - an den Unterschied zwischen der Einbehaltung der Lohnsteuer vom laufenden Arbeitslohn (§ 38a Abs 1 S 2 und Abs 3 S 1 Einkommensteuergesetzin der ab 1.1.2012 gültigen Fassung) und sonstigen Bezügen (§ 38a Abs 1 S 3 und Abs 3 S 2 EStG)an, wie sie in den Vorschriften des EStG angelegt ist. Weder § 38a EStG noch § 39b Abs 2 und 3 EStG definieren aber die Begriffe laufender Arbeitslohn und sonstige Bezüge. Lediglich die Lohnsteuerrichtlinien (LStR idF der Lohnsteuer-Änderungsrichtlinien 2013 vom 8.7.2013, BStBl I 851) erläutern beide Begriffe unter Darstellung von Anwendungsbeispielen. Laufender Arbeitslohn ist nach LStR R 39b.2 Abs 1 Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer regelmäßig fortlaufend zufließt, insbesondere: 1. Monatsgehälter, 2. Wochen- und Tagelöhne, 3. Mehrarbeitsvergütungen, 4. Zuschläge und Zulagen, 5. geldwerte Vorteile aus der ständigen Überlassung von Dienstwagen zur privaten Nutzung, 6. Nachzahlungen und Vorauszahlungen, wenn sich diese ausschließlich auf Lohnzahlungszeiträume beziehen, die im Kalenderjahr der Zahlung enden, und 7. Arbeitslohn für Lohnzahlungszeiträume des abgelaufenen Kalenderjahres, der innerhalb der ersten drei Wochen des nachfolgenden Kalenderjahres zufließt.
- 20
-
Fließt Arbeitslohn nicht iS des LStR R 39b.2 Abs 1 laufend (also nicht regelmäßig fortlaufend) zu, zählt LStR R 39b.2 Abs 2 S 1 ihn zu den sonstigen Bezügen. Hierzu gehören nach LStR R 39b.2 Abs 2 S 2 insbesondere: 13. und 14. Monatsgehälter (Nr 1), einmalige Abfindungen und Entschädigungen (Nr 2), Gratifikationen und Tantiemen, die nicht fortlaufend gezahlt werden (Nr 3), Jubiläumszuwendungen (Nr 4), nicht fortlaufend gezahlte Urlaubsgelder und Entschädigungen zur Abgeltung nicht genommenen Urlaubs (Nr 5), Vergütungen für Erfindungen (Nr 6), Weihnachtszuwendungen (Nr 7) und Nachzahlungen und Vorauszahlungen, wenn sich der Gesamtbetrag oder ein Teilbetrag der Nachzahlung oder Vorauszahlung auf Lohnzahlungszeiträume bezieht, die in einem anderen Jahr als dem der Zahlung enden. Nachzahlungen liegen auch vor, wenn Arbeitslohn für Lohnzahlungszeiträume des abgelaufenen Kalenderjahres später als drei Wochen nach Ablauf dieses Jahres zufließt (Nr 8). Eine vom regelmäßigen Turnus der Abrechnung der Arbeitsleistung abweichende Lohnzahlung setzt die Zuweisung nach LStR R 39b.2 Abs 2 S 1 gerade voraus, so dass damit richtigerweise - aber im Grunde klarstellend - insbesondere die 13. und 14. Monatsgehälter sowie Urlaubsgelder und Weihnachtszuwendungen als sonstige Bezüge zu behandeln sind.
- 21
-
Dabei liegt der Zweck der lohnsteuerrechtlichen Unterscheidung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen nicht darin, die sonstigen Bezüge von der Bemessung der Lohn- und Einkommensteuer auszunehmen, wie sich aus § 19 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG ergibt. Die Unterscheidung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen wirkt sich lediglich auf die Höhe der Lohnsteuervorauszahlung aus. Sonstige Bezüge werden im Lohnsteuerabzugsverfahren im Interesse der Steuerpflichtigen anders behandelt als laufender Arbeitslohn. Damit soll die monatlich vorauszuzahlende Lohnsteuer der späteren Belastung mit Einkommensteuer angenähert werden, die auf die jährlichen Einkünfte berechnet wird. Im Ergebnis wird der Arbeitnehmer für die Ermittlung der Lohnsteuer eines sonstigen Bezuges so behandelt, als hätte er in jedem Lohnzahlungszeitraum (Monat) ein Zwölftel des sonstigen Bezuges erhalten (vgl ausführlich BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198, 203 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25, RdNr 23).
- 22
-
Die LStR haben zwar als Verwaltungsanweisungen keine Normqualität und binden deshalb die für den Vollzug des Elterngeldrechts zuständigen Verwaltungen und Gerichte nicht (BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198, 203 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25, RdNr 26). Indem das Elterngeldrecht mit § 2c Abs 1 S 2 BEEG(idF des Gesetzes vom 10.9.2012, aaO) an die dargestellte, im EStG angelegte Differenzierung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen anknüpft, übernimmt es aber die ua durch die LStR lohnsteuerlich vorgeprägten Begriffe. Gleichzeitig verfolgt das BEEG eine ganz andere Zielrichtung. Im Elterngeldrecht glättet die Einordnung als sonstiger Bezug nicht, wie im Lohnsteuerrecht, die Steuerlast, sondern klammert die sonstigen Bezüge vollständig aus der Bemessungsgrundlage aus.
- 23
-
Wie der Senat bereits entschieden hat, kommt es für die Zuordnung zum laufenden Arbeitslohn auf eine Regelmäßigkeit im Sinne einer wiederholten Gewährung im Gegensatz vor allem zur "Einmaligkeit" an, nicht dagegen auf eine regelmäßig gleichbleibende Höhe (BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198, 203 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25, RdNr 21). Dabei hat der Senat die Anknüpfung an die steuerrechtliche Behandlung bestimmter Einnahmen als sonstige Bezüge als sachliche Rechtfertigung angesehen, um sie bei der Einkommensberechnung im Elterngeldrecht außer Betracht zu lassen, solange davon einmalig oder ausnahmsweise gezahlte Entgeltkomponenten betroffen sind wie zB eine Abfindung, Gratifikation oder ähnliches. Denn solche "klassischen" Einmalzahlungen sind aufgrund ihres Ausnahmecharakters bei typisierender Betrachtung nicht geeignet, die wirtschaftliche Situation des Arbeitnehmers hinreichend rechtssicher und dauerhaft zu prägen (BSG aaO, RdNr 27 und 32). An diese Wertung knüpft auch die bisherige Rechtsprechung des Senats zum Urlaubs- und Weihnachtsgeld an. Handelt es sich dabei um einmalige, anlassbezogene Zahlungen, so sind diese als sonstige Bezüge nicht Teil der Bemessungsgrundlage des Elterngelds, weil sie die wirtschaftliche Situation der Begünstigten typischerweise weniger prägen, als der laufende Arbeitslohn. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn mehrere solcher nicht zeitraumbezogen erwirtschafteten, ggf jedoch arbeitsrechtlich begründeten Zahlungen aus verschiedenen Anlässen im maßgeblichen Zwölfmonatszeitraum geleistet werden, wie dies in der Regel bei Urlaubs- und Weihnachtsgeldzahlungen der Fall ist (vgl BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 10 EG 20/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 18 RdNr 48 ff, 52). Nur wenn es sich um mindestens zwei zusammenhängende Zahlungen aus demselben Anlass innerhalb des Bemessungszeitraums handelt, kann laufender Arbeitslohn vorliegen, der zur Bemessungsgrundlage des Elterngelds zählt.
- 24
-
cc) Wortlaut, Sinn und Zweck sowie dessen historische Auslegung lassen eine einschränkende Interpretation des § 2c Abs 1 S 2 BEEG(idF des Gesetzes vom 10.9.2012, aaO) selbst dann nicht zu, wenn das Urlaubs- und Weihnachtsgeld jeweils beanspruchbarer Teil der Gesamtvergütung im Zwölfmonatszeitraum ist und so gesehen wiederholt im Bemessungszeitraum gezahlt wird.
- 25
-
Schon bei Inkrafttreten des BEEG am 1.1.2007 galt, "sonstige Bezüge im Sinne von § 38a Abs 1 S 3 EStG werden nicht als Einnahmen berücksichtigt"(§ 2 Abs 7 S 2 BEEG). Diese bis zum Inkrafttreten des HBeglG 2011 (aaO) geltende Ursprungsfassung der Vorläuferreglung des § 2c Abs 1 S 2 BEEG ging auf den Wunsch des Bundesrates zurück, einen am Steuerrecht orientierten Einkommensbegriff zu verwenden. Ursprünglich sah der Gesetzentwurf vor, "einmalige Einnahmen" nicht zu berücksichtigen. Im Anschluss an diesen Rechtsgedanken sollten für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Arbeit die sonstigen Bezüge iS von § 38a Abs 1 S 3 EStG, also etwa 13. und 14. Monatsgehälter, Gratifikationen und Weihnachtszuwendungen, nicht als Einkommen zu berücksichtigen sein (BT-Drucks 16/1889 S 5; BT-Drucks 16/2785 S 37).
- 26
-
Zur Ursprungsfassung hat der Senat entschieden (BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84, 90 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4), dass Arbeitslohn laufend ist, wenn er zeitraumbezogen und regelmäßig wiederkehrend gezahlt wird; dabei ist ein rein zeitliches Verständnis zu Grunde zu legen. Das Kriterium der regelmäßig wiederkehrenden Zahlung ist erfüllt, wenn im Kalenderjahr zumindest zwei Zahlungen erfolgen. Notwendig war nach dieser Rechtsprechung nicht eine Wiederholung im steuerrechtlich maßgebenden Kalenderjahr, sondern im zwölfmonatigen Bemessungszeitraum. Bezüge, die dagegen im Bemessungszeitraum nur einmal geleistet werden, sind sonstige Bezüge, auch wenn sie sich in späteren Kalenderjahren wiederholen. Dementsprechend hat der Senat einmalig jährlich gezahlte Arbeitslöhne und also auch Urlaubs- und Weihnachtsgeldzahlungen als sonstige Bezüge und nicht als laufenden Arbeitslohn betrachtet. Denn jede dieser Zahlungen wird einmalig zugewandt, einmal anlässlich des (bevorstehenden) Urlaubs und einmal anlässlich der bevorstehenden Advents- und Weihnachtszeit. Beides sind einmalige Ereignisse innerhalb des zu betrachtenden Bemessungszeitraums (BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 10 EG 20/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 18, SozR 4-7837 § 4 Nr 4 RdNr 58).
- 27
-
Zwischenzeitlich verwies die durch das HBeglG 2011 (aaO) geänderte Fassung nicht mehr eindeutig auf § 38a Abs 1 S 3 EStG, sondern regelte, "im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen werden nicht berücksichtigt"(§ 2 Abs 7 S 2 BEEG idF des Gesetzes vom 9.12.2010, aaO). Nach den Gesetzesmaterialien sollte diese neue Fassung es den Elterngeldbehörden ua ermöglichen, sonstige Bezüge im Sinne des Einkommensteuergesetzes mit vertretbarem Aufwand festzustellen. Im Lohnsteuerabzugsverfahren nach § 38a Abs 1 S 3 und § 39b EStG als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen sollten bei der Elterngeldberechnung nicht zu berücksichtigen sein. Wie der Senat indes inzwischen klargestellt hat, hat die Neufassung des § 2 Abs 7 S 2 BEEG idF des HBeglG 2011(aaO) der früheren Rechtsprechung des Senats zur Maßgeblichkeit der zutreffenden lohnsteuerrechtlichen Einordnung bestimmter Einnahmen nicht die Grundlage entzogen (BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198, 206 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25, SozR 4-7410 § 39b Nr 1 RdNr 25).
- 28
-
Die hier anzuwendende Fassung des § 2c Abs 1 S 2 BEEG idF des Gesetzes vom 10.9.2012 (aaO) sollte die vorherige Regelung in § 2 Abs 7 S 2 BEEG idF des HBeglG 2011(aaO) ohne inhaltliche Änderungen weiterführen (BT-Drucks 17/9841 S 22). Wortlaut und die Begründung des Gesetzes stellten in verschiedenen Fassungen mithin seit jeher durchgehend darauf ab, die lohnsteuerlich als Besonderheit geltenden sonstigen Bezüge aus der Bemessung des Elterngelds auszuscheiden. Dieser Ansatz wird im Übrigen durch die aktuelle Fassung des § 2c Abs 1 S 2 BEEG idF des Gesetzes vom 18.12.2014 (aaO) fortgeführt. Seit dem 1.1.2015 gilt, "nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind". Wie die Gesetzgebungsmaterialen hierzu bestätigen, dient die Regelung der Klarstellung, dass allein die lohnsteuerlichen Vorgaben in § 38a Abs 1 S 3 EStG iVm den LStR für die Einordnung maßgebend sein sollen(BT-Drucks 18/2583 S 24). Die Formulierung eröffnet und beschränkt gleichzeitig die Möglichkeit einer Nachprüfung der Lohnsteuerabführung darauf, ob alle Lohn- und Gehaltsbestandteile, die richtigerweise nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind (ua nach LStR R 39b.2 Abs 2), auch tatsächlich so behandelt wurden (BT-Drucks 18/2583 S 25). Damit folgt sie dem normativen Ansatz der Senatsrechtsprechung (BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25, SozR 4-7410 § 39b Nr 1; zur Widerlegung der Richtigkeitsvermutung der Lohnabrechnungen vgl Röhl, jM 2015, 246, 250). Insgesamt verwendet demnach § 2c Abs 1 S 2 BEEG(idF des Gesetzes vom 10.9.2012, aaO) nach seinem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte den Begriff der sonstigen Bezüge im lohnsteuerrechtlichen Sinn.
- 29
-
Ebenso wenig gebieten es Sinn und Zweck des Elterngelds, Urlaubs- und Weihnachtsgeld als laufenden Arbeitslohn einzuordnen. Insbesondere der Gedanke, dass der Zweck der Bemessung des Elterngelds in der Abbildung der vorgeburtlichen Lebenssituation liegt, rechtfertigt keine abweichende Behandlung. Der Gesetzgeber ist grundsätzlich nicht verpflichtet, seine Gestaltungsspielräume bei der Regelung von Lebenssachverhalten zugunsten der Betroffenen voll auszuschöpfen. So hat er auch zulässigerweise den Höchstbetrag des Elterngelds begrenzt und steuerfreie Lohnersatzleistungen aus der Bemessungsgrundlage ausgeklammert, obwohl dadurch die vorgeburtliche Lebenssituation von Beziehern mittlerer und höherer Einkommen nur teilweise abgebildet wird.
- 30
-
Nach diesen normativen Vorgaben sind auch hier das 13. und 14. Monatsgehalt bzw das so bezeichnete "Urlaubs-" und "Weihnachtsgeld" als sonstige Bezüge zu qualifizieren, weil die Arbeitgeberin sie an die Klägerin tatsächlich anlassbezogen als einmalige Zahlungen geleistet hat. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts folgt aus dem Arbeitsvertrag der Klägerin nichts Anderes. An die tatrichterliche Beurteilung, welchen Inhalt ein Vertrag hat, ist das Revisionsgericht zwar grundsätzlich gebunden. Die Auslegung der zu Grunde liegenden individuellen Willenserklärungen ist regelmäßig Tatfrage, die der Beurteilung des Revisionsgerichts entzogen ist (vgl § 163 SGG). Anders verhält es sich aber, wenn das Tatsachengericht die von ihm selbst festgestellten tatsächlichen Umstände im Zusammenhang mit den individuellen Vertragserklärungen nicht vollständig verwertet. Dann kann und muss das Revisionsgericht sie in die Rechtsanwendung einbeziehen (s insgesamt BSG Urteil vom 27.9.1994 - 10 RAr 1/93 - BSGE 75, 92, 96 = SozR 3-4100 § 141b Nr 10, jeweils mwN; BSG Urteil vom 20.12.2012 - B 10 LW 2/11 R - SozR 4-5868 § 12 Nr 1). Eine solche Lücke besteht hier. Das LSG hat den Arbeitsvertrag der Klägerin nur unvollständig verwertet. Bei der Auslegung des Vertrags hat das LSG maßgeblich den Aspekt jeweils gleicher Teile der rechtlich verpflichtenden Gesamtvergütung hervorgehoben. Völlig unbeachtet gelassen hat es dagegen aber die in § 4 Abs 1 festgelegten Zeitpunkte der Auszahlung des "Urlaubsgelds" und "Weihnachtsgelds". Urlaubs- und Weihnachtsgeld können aber nicht deshalb als einander wiederholende Zahlungen angesehen werden, weil sie in gleicher Höhe gezahlt werden. Maßgeblich für das Kriterium der wiederholten Zahlung ist vielmehr, daran hält der Senat fest, die zeitliche Wiederholung der Leistung. Hieran fehlt es, wenn - wie bei der Klägerin - der Arbeitsvertrag einen jährlichen Turnus für die konkrete Zahlung festgelegt hat. Die vorliegende Besonderheit, dass der Arbeitsvertrag eine in vierzehn gleichen Teilen zu zahlende Gesamtjahresvergütung regelt, führt nur zu einer gleichen Zahlungshöhe, aber nicht zu einer mehrmaligen Zahlung gleichartiger Lohnbestandteile im Bemessungszeitraum. Laufender Arbeitslohn soll den allgemeinen Lebensunterhalt decken. Das "Weihnachts-" und "Urlaubsgeld" der Klägerin zahlt ihre Arbeitgeberin dagegen in Monaten, nach denen üblicherweise besondere Kosten entstehen - für Reisen bzw für Geschenke - und beglichen werden müssen. Bezeichnung und Zahlungszeitpunkt legen damit dem 13. und 14. Monatsgehalt einen Verwendungszweck bei, der über die Deckung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgeht und sich jeweils auf einen besonderen, kostenträchtigen Anlass bezieht. Die Klägerin bekommt zweimal eine Sonderzahlung, zwar in derselben Höhe, aber aus unterschiedlichem Anlass. Deshalb handelt es sich jeweils um eine einmalige Leistung und damit um einen sonstigen Bezug, der ihr Elterngeld nicht erhöht.
- 31
-
dd) Wie der Senat ebenfalls bereits entschieden hat, begegnet es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass sich gemäß § 2c Abs 1 S 2 BEEG idF des Gesetzes vom 10.9.2012 im Bemessungszeitraum geleistete einmalige, anlassbezogene Zahlungen nicht erhöhend auf den Elterngeldanspruch auswirken (BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 10 EG 20/11 R - SozR 4 7837 § 2 Nr 18 RdNr 65 ff). Insbesondere wird dadurch der sich aus Art 3 Abs 1 GG ergebende Gleichheitssatz nicht verletzt. Zwar wird die Klägerin anders gestellt als nichtselbstständig Tätige, die ein ebenso hohes durchschnittliches Bruttogehalt ohne Sonderzahlungen erhalten. Unter Berücksichtigung des im Rahmen der gewährenden Staatstätigkeit weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers ist die ungleiche Behandlung verfassungsrechtlich aber nicht zu beanstanden. Die Regelungen des BEEG zielen von vornherein nicht auf einen vollständigen Lohnersatz ab. Danach ist es nicht willkürlich benachteiligend, einmalige Zahlungen von dem für Nichtselbstständige geltenden Einkommensbegriff auszunehmen. Die Höhe des Elterngelds bleibt an dem Einkommen orientiert, das regel- und gleichmäßig im vorgeburtlichen Bemessungszeitraum zur Verfügung steht. Schließlich kann sich die Ausnahme möglicherweise sogar günstig auswirken, weil auch die während des Elterngeldbezuges zufließenden sonstigen Bezüge unbeachtlich bleiben, wodurch Leistungsunterbrechungen vermieden werden können (vgl BT-Drucks 16/2785, S 37). Nicht zuletzt knüpft der Gesetzgeber mit der Regelung an die von den Tarif- bzw Arbeitsvertragsparteien gewählte konkret zwischen einzelnen Lohnbestandteilen differenzierende Gestaltung des Arbeitsvertrages an und schließt nicht von sich aus Teile eines einheitlichen Anspruchs bzw gleichartige Ansprüche aus.
Tenor
-
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 26. August 2009 aufgehoben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 16. Dezember 2008 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Klägerin weiteres Elterngeld in Höhe von 1348,05 Euro zu zahlen ist.
-
Der Beklagte hat der Klägerin für alle Rechtszüge 5/6 der außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
- 1
-
Streitig ist die Höhe des Elterngeldes der Klägerin.
- 2
-
Die Klägerin war seit 2001 als Physiotherapeutin in einer Praxis beschäftigt. Ihr Arbeitsvertrag sah kein festes Monatsgehalt, sondern ein leistungsbezogenes Arbeitsentgelt in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Vergütung vor, die ihr Arbeitgeber mit den jeweiligen Leistungsträgern abgerechnet hatte. Im Falle der Arbeitsunfähigkeit bestimmte sich das Gehalt nach dem Durchschnittsverdienst der letzten drei voll abgerechneten Monate.
- 3
-
Ab Juli 2006 zahlte der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt (einschließlich Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall) nicht in der vereinbarten Höhe. Vom 26.10.2006 bis 21.1.2007 war die Klägerin wegen schwangerschaftsbedingter Gesundheitsstörungen arbeitsunfähig. Sie bezog vom 7.12.2006 bis 21.1.2007 Krankengeld. Am 22.1.2007 gebar sie ihren Sohn J. Vom 22.1. bis 28.5.2007 bezog sie Mutterschaftsgeld in Höhe von kalendertäglich 13 Euro zuzüglich eines Zuschusses des Arbeitgebers.
- 4
-
Am 17.4.2007 beantragte die Klägerin Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat von J. Sie legte Verdienstbescheinigungen ihres Arbeitgebers für die Monate Dezember 2005 bis November 2006 vor. Auf dieser Grundlage, die ein durchschnittliches Monatsnettoentgelt von 1350,44 Euro ergab, bewilligte das Versorgungsamt Aachen Elterngeld für den beantragten Zeitraum in Höhe von monatlich 904,79 Euro, wobei für die Zeit bis zum 28.5.2007 das Mutterschaftsgeld nebst Zuschuss angerechnet wurde (Bescheid vom 15.5.2007). Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, für die Zeit von Juli bis November 2006 sei weiteres Arbeitsentgelt zu berücksichtigen, das sie gegenwärtig beim Arbeitsgericht einklage. Die Bezirksregierung Münster wies diesen Widerspruch unter Bezugnahme auf die vorliegenden Gehaltsabrechnungen des Arbeitgebers zurück (Widerspruchsbescheid vom 18.9.2007).
- 5
-
Während des anschließenden Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Aachen (SG) endete der arbeitsgerichtliche Rechtsstreit der Klägerin durch einen Vergleich. Darin verpflichtete sich der Arbeitgeber zu einer Nachzahlung von Arbeitsentgelt für das Jahr 2006 in Höhe von 4766 Euro brutto. Dieser Betrag wurde von dem Arbeitgeber mit Gehaltsbescheinigungen vom 20.2.2008 für die Monate Juli bis November 2006 abgerechnet. Das SG hat der danach auf Gewährung weiteren Elterngeldes in Höhe von 1634,29 Euro gerichteten Klage stattgegeben (Urteil vom 16.12.2008). Dabei hat es das von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in anderen Sozialleistungsbereichen entwickelte modifizierte Zuflussprinzip zu Grunde gelegt, wonach zunächst vorenthaltenes Arbeitsentgelt zu berücksichtigen ist, das vom Arbeitgeber nachträglich für den Bemessungszeitraum gezahlt worden ist.
- 6
-
Auf die Berufung des inzwischen beklagten Kreises Aachen hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 26.8.2009). Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt: Das bei der Berechnung des Elterngeldes zu berücksichtigende Einkommen werde nur dann im Bemessungszeitraum erzielt, wenn es in dieser Zeit auch tatsächlich zugeflossen sei. Daher scheide eine Berücksichtigung des nachträglich für Juli bis November 2006 abgerechneten und erst im Jahre 2008 ausgezahlten Erwerbseinkommens aus. Während der Wortlaut des Gesetzes eine Interpretation in beide Richtungen zulasse, gäben sowohl die Entstehungsgeschichte als auch systematische Erwägungen den Ausschlag für dieses Auslegungsergebnis.
- 7
-
Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin beim BSG Revision eingelegt. Ihre Klage hat sie auf Zahlung eines weiteren Betrages von 1348,05 Euro beschränkt. Sie rügt eine Verletzung des § 2 Abs 1 Satz 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) und hält mit ausführlicher Begründung die Rechtsauffassung des SG für zutreffend. Die Argumente des LSG verfingen dagegen nicht.
- 8
-
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordhrein-Westfalen vom 26. August 2009 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 16. Dezember 2008 zurückzuweisen, soweit ihr weiteres Elterngeld in Höhe von 1348,05 Euro zugesprochen ist.
- 9
-
Der Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
- 10
-
Er ist zusammenfassend der Ansicht, dass eine Berücksichtigung der Gehaltsnachzahlung sowohl an dem Umstand scheitere, dass diese nach Ablauf des Bemessungszeitraumes abgerechnet worden sei, als auch an ihrer Qualifizierung als sonstiger Bezug iS des § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG.
- 11
-
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).
Entscheidungsgründe
- 12
-
Die Revision der Klägerin ist zulässig und begründet. Die von der Klägerin auf Hinweis des Senats auf die Zahlung eines weiteren Betrages von 1348,05 Euro beschränkte Klage (Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs 4 SGG) ist zulässig und begründet. Ihr ist - wie das SG im Grunde zutreffend entschieden hat - in diesem Umfang stattzugeben.
- 13
-
Im Laufe des Gerichtsverfahrens sind auf der Beklagtenseite kraft Gesetzes zwei Beteiligtenwechsel erfolgt (vgl dazu BSG SozR 4-1500 § 57 Nr 2 RdNr 4; BSGE 99, 9 = SozR 4-3250 § 69 Nr 6, RdNr 13 f). Zunächst ist zum 1.1.2008 der Kreis Aachen an die Stelle des Landes Nordrhein-Westfalen getreten, weil ihm von diesem Zeitpunkt an die bis dahin von den Versorgungsämtern wahrgenommenen Aufgaben nach dem BEEG übertragen worden sind (§ 5 Abs 1 Gesetz zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des Landes NRW = Art 1 Zweites Gesetz zur Straffung der Behördenstruktur in NRW vom 30.10.2007, GVBl NRW 482; vgl dazu BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 13 ff). Durch § 1 Abs 1 Städteregion Aachen Gesetz vom 26.2.2008 (GVBl NRW 162) ist der Kreis Aachen mit Ablauf des 20.10.2009 aufgelöst worden. Rechtsnachfolgerin ist die Städteregion Aachen (§ 2 Abs 1 Städteregion Aachen Gesetz).
- 14
-
Die Klage richtet sich jetzt zutreffend gegen den Städteregionsrat der Städteregion Aachen (§ 3 Abs 2 Städteregion Aachen Gesetz ), denn dieser ist als Behörde nach § 70 Nr 3 SGG iVm § 3 Gesetz zur Ausführung des SGG im Lande NRW(AG-SGG NRW) fähig, am sozialgerichtlichen Verfahren beteiligt zu sein (vgl dazu auch BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 4 RdNr 31). Er kann deshalb selbst verklagt werden. Ob die Auffassung des 8. Senats des BSG (s Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 19/08 R - RdNr 14, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) zutrifft, dass eine Klage in diesem Fall zwingend gegen die Behörde und nicht gegen den Rechtsträger zu richten ist, braucht hier nicht entschieden zu werden (zur Gegenansicht vgl BSG Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 21; s auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 70 RdNr 4). Denn die Klägerin hat auf Anregung des Senatsvorsitzenden ihre Klage im Revisionsverfahren - klarstellend - gegen den Städteregionsrat gerichtet.
- 15
-
Der Beklagte ist zur Führung des vorliegenden Prozesses befugt. Auch im sozialgerichtlichen Verfahren ist zwischen der Beteiligtenfähigkeit und der Prozessführungsbefugnis zu unterscheiden. Die Prozessführungsbefugnis ist das Recht, einen Prozess als richtige Partei im eigenen Namen zu führen (vgl Vollkommer in Zöller, ZPO, 28. Aufl 2010, vor § 50 RdNr 18),also als richtiger Kläger zu klagen (aktive Prozessführungsbefugnis vgl Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl 2009, vor § 40 RdNr 23)oder als richtiger Beklagter verklagt zu werden (passive Prozessführungsbefugnis vgl Kopp/Schenke, aaO, § 78 RdNr 1). Die Prozessführungsbefugnis ist entgegen einer in der Literatur jüngst geäußerten Auffassung (Strassfeld, SGb 2010, 520) unproblematisch, wenn die nach § 70 Nr 3 SGG beteiligtenfähige Behörde eines Rechtsträgers an dessen Stelle verklagt wird und sich gegen Ansprüche der Klägerseite verteidigt. Denn es entspricht der Funktion einer durch organisationsrechtliche Rechtssätze gebildeten Behörde, im Rahmen ihrer Zuständigkeit für den Staat oder einen anderen Träger der öffentlichen Verwaltung dessen Aufgaben nach außen selbstständig wahrzunehmen (vgl § 1 Abs 2 SGB X; hierzu Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 1 RdNr 9; hierzu auch § 1 Abs 4 VwVfG; Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl 2008 § 1 RdNr 241 mwN). Sie wird demnach - soweit sie beteiligtenfähig ist - auch in einem Rechtsstreit im eigenen Namen für den Träger der öffentlichen Verwaltung tätig.
- 16
-
Der Anspruch der Klägerin auf Elterngeld für ihren am 22.1.2007 geborenen Sohn ergibt sich zunächst dem Grunde nach aus § 1 BEEG idF vom 5.12.2006 (BGBl I 2748; die Änderung des Abs 7 durch das Gesetz vom 19.8.2007, BGBl I 1970, ist hier unbeachtlich). Danach hat Anspruch auf Elterngeld, wer
1.
seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat,
2.
mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,
3.
dieses Kind selbst betreut und erzieht und
4.
keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.
- 17
-
Zu diesen Tatbestandsmerkmalen haben die Vorinstanzen keine Feststellungen getroffen. Da der Beklagte das Vorliegen dieser Voraussetzungen bei Erteilung seines Bescheides vom 15.5.2007 angenommen hat und sich aus den vom LSG in Bezug genommenen Verwaltungsakten keine Anhaltspunkte für irgendwelche Zweifel daran ergeben, legt der Senat einen entsprechenden Sachverhalt seiner Entscheidung zugrunde. Danach hat die Klägerin dem Grunde nach Anspruch auf Elterngeld, zumal auch ein ordnungsgemäßer Antrag (vgl § 7 BEEG) vorliegt.
- 18
-
Die Höhe des Elterngeldes richtet sich nach § 2 BEEG(ebenfalls idF vom 5.12.2006). Abs 1 Satz 1 dieser Vorschrift sieht vor, dass Elterngeld in Höhe von 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich "erzielten" monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt wird, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt.
- 19
-
Der danach maßgebende Bemessungszeitraum von zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt (am 22.1.2007) erstreckt sich hier zunächst von Januar bis Dezember 2006. Da die Klägerin ab 7.12.2006 wegen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung Krankengeld bezogen, also kein Arbeitsentgelt erhalten hat, ist der Monat Dezember gemäß § 2 Abs 7 Satz 7 iVm Satz 6 BEEG bei der Bestimmung des Bemessungszeitraumes unberücksichtigt zu lassen. Dieser Zeitraum verschiebt sich dementsprechend um einen Monat in die Vergangenheit, umfasst also die Zeit von Dezember 2005 bis November 2006.
- 20
-
Bei der Bemessung des Elterngeldes ist als Einkommen aus Erwerbstätigkeit die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit iS von § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 Einkommenssteuergesetz (EStG) nach Maßgabe des § 2 Abs 7 bis 9 BEEG zu berücksichtigen(§ 2 Abs 1 Satz 2 BEEG). Da bei der Klägerin nur Arbeitsentgelt in Betracht kommt, ist hier § 2 Abs 7 BEEG maßgebend. Nach Satz 1 dieser Vorschrift ist als Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit der um die auf dieses Einkommen entfallenden Steuern und die aufgrund dieser Erwerbstätigkeit geleisteten Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung in Höhe des gesetzlichen Anteils der beschäftigten Person einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung verminderte Überschuss der Einnahmen in Geld oder Geldeswert über die mit 1/12 des Pauschbetrags nach § 9a Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst a EStG anzusetzenden Werbungskosten zu berücksichtigen.
- 21
-
Dazu bestimmt § 2 Abs 7 Satz 4 BEEG, dass Grundlage der Einkommensermittlung die entsprechenden monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers sind. Diese Regelung soll lediglich der Erleichterung der Sachverhaltsaufklärung dienen, sie begründet jedoch keine rechtliche Bindung an die Feststellungen des Arbeitgebers (vgl BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - RdNr 27, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-7837 § 2 Nr 4 vorgesehen).
- 22
-
Der Art nach gehört zum Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 7 Satz 1 BEEG sicher das der Klägerin laufend gezahlte Arbeitsentgelt. Auch eine Gehaltsnachzahlung ist insoweit als solche nicht ausgeschlossen. Insbesondere handelt es sich dabei nicht um einen sonstigen Bezug iS von § 38a Abs 1 Satz 3 EStG. In dieser Vorschrift werden sonstige Bezüge als Arbeitslohn definiert, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird. Insoweit wird bei dem Begriff des laufenden Arbeitslohnes ein rein zeitliches Verständnis zu Grunde gelegt (vgl dazu BSG aaO RdNr 30 f). Eine Gehaltsnachzahlung, die - wie hier - Arbeitsentgelt für zurückliegende Monate enthält, weist insoweit eine Besonderheit auf, als sie laufenden Arbeitslohn (monatliches Gehalt) betrifft, aber in einem Betrag gezahlt wird. Sie wird von R 115 Abs 2 Nr 8 Satz 2 Lohnsteuer-Richtlinien 2007 (LStH 2007) (nur) dann als sonstiger Bezug bezeichnet, wenn Arbeitslohn für die Lohnabrechnungszeiträume des abgelaufenen Kalenderjahres später als drei Wochen nach Ablauf des Jahres zufließt (vgl dazu auch Ziff 2.7.1 Richtlinien des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zum BEEG). Diese am Jahresprinzip des § 2 Abs 2 EStG orientierte lohnsteuerrechtliche Ableitung ist - wie das BSG bereits entschieden hat(aaO RdNr 37) - nicht im Rahmen des § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG zu übernehmen. Dementsprechend ist auch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), wonach Lohnnachzahlungen, die ein Arbeitnehmer für frühere Jahre erhält, als sonstiger Bezug im Jahr der Nachzahlung zu erfassen sind (vgl BFH Beschluss vom 29.5.1998, BFH/NV 1998, 1477), hier nicht einschlägig.
- 23
-
Nach § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG ist bei der Bemessung des Elterngeldes (nur) das in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich "erzielte" monatliche Einkommen zu berücksichtigen. Dazu gehört zunächst das für die Monate Dezember 2005 bis November 2006 gezahlte laufende Arbeitsentgelt der Klägerin. Dabei ist unerheblich, dass dieses nach der Vergütung berechnet wurde, die der Arbeitgeber der Klägerin von den jeweiligen Leistungsträgern erhielt. Die Höhe des monatlichen Arbeitsentgeltes der Klägerin beruhte damit allerdings praktisch (auch) auf einer Arbeitsleistung der Klägerin, die einige Zeit zuvor erbracht worden war (vgl dazu allgemein auch BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - aaO RdNr 34). Dieser Umstand ändert nichts daran, dass das Arbeitsentgelt in dem Monat erzielt worden ist, für den es gezahlt wurde. Denn es handelt sich dabei lediglich um eine arbeitsvertraglich geregelte Berechnungsweise des für den betreffenden Monat geschuldeten Arbeitsentgelts. Dieses wurde für die in dem jeweiligen Monat geleisteten Arbeitsstunden gezahlt, nur die Höhe des Entgeltes richtete sich nach der für zuvor erbrachte Leistungen abgerechneten Vergütung der Leistungsträger.
- 24
-
Entgegen der Auffassung des LSG stimmt der erkennende Senat mit dem SG darin überein, dass auch die Gehaltsnachzahlung in Höhe von 4766 Euro, die die Klägerin im Jahre 2008 für die Zeit von Juli bis November 2006 erhalten hat, als iS des § 2 Abs 1 und 7 BEEG erzieltes Einkommen zu berücksichtigen ist.
- 25
-
Vorab ist der gesetzlichen Regelung zu entnehmen, dass nur tatsächlich zugeflossenes Einkommen berücksichtigungsfähig ist. Bloße Entgeltansprüche reichen also nicht. Dies folgt bereits aus § 2 Abs 1 Satz 2 BEEG, wonach auf bestimmte Einkünfte iS des EStG abgestellt wird. Davon sind auch beide Vorinstanzen ausgegangen. Während das SG das vom BSG in anderen Sozialleistungsbereichen entwickelte modifizierte Zuflussprinzip (vgl dazu BSGE 76, 162, 167 = SozR 3-4100 § 112 Nr 22 - dort als kombinierte Anspruchs- und Zuflusstheorie bezeichnet; BSGE 78, 109 = SozR 3-1300 § 48 Nr 48; BSG SozR 4-2500 § 47 Nr 2) angewendet hat (ebenso im Ergebnis Hessisches LSG Urteil vom 3.3.2010 - L 6 EG 16/09 - Revision anhängig unter B 10 EG 5/10 R; vgl auch Dau SGb 2009, 261, 264; Oyda, NZS 2010, 194, 196 f), hält das LSG ein enges (strenges) Zuflussprinzip für angebracht (vgl dazu Dau, juris-PR SozR 10/2010 Anm 4; Röhl, NJW 2010, 1418, 1422).
- 26
-
Nach Auffassung des erkennenden Senats ist für die Bemessung des Elterngeldes nicht nur das dem Berechtigten im Bemessungszeitraum tatsächlich zugeflossene, sondern auch das darin erarbeitete und erst nach dessen Ablauf infolge nachträglicher Vertragserfüllung gezahlte Arbeitsentgelt zugrunde zu legen. Für die Anwendung dieses modifizierten Zuflussprinzips sind folgende Erwägungen maßgebend:
- 27
-
Nach § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG ist der Bemessung des Elterngeldes das in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit zugrunde zu legen. Zwar mag dieser Wortlaut für sich genommen sowohl das enge wie das modifizierte Zuflussprinzip zulassen. Der Begriff des Erzielens ist vom BSG jedoch im Zusammenhang mit der Bemessung anderer Sozialleistungen dahin ausgelegt worden, dass er sowohl das zugeflossene als auch das erarbeitete - erst später oder verspätet zugeflossene - Arbeitsentgelt erfasst (vgl BSG Urteil vom 28.6.1995, BSGE 76, 162, 164 f = SozR 3-4100 § 112 Nr 22 S 91). Abzugrenzen ist davon allerdings der Fall der rückwirkenden Lohnerhöhung (vgl dazu BSGE 76, 156 = SozR 3-4100 § 249e Nr 7). Wenn der Gesetzgeber des BEEG im Jahre 2006 denselben Begriff verwendet, so liegt es aus der Sicht des Rechtsanwenders nahe, ihn in dem von der höchstrichterlichen Rechtsprechung vorgeprägten Sinne zu verstehen. Dies gilt um so mehr, als das BEEG zum Zuflussprinzip keine ausdrückliche Bestimmung enthält. Es wird zwar auf einige Vorschriften des EStG (zB § 2 Abs 1, § 9 Abs 1, § 3a Abs 1 Satz 3), jedoch nicht auf § 11 EStG verwiesen, der das steuerrechtliche Zuflussprinzip regelt. Darüber hinaus ergeben sich auch bei Heranziehung der Gesetzesmaterialien zum BEEG, nach Auswertung der Systematik des Gesetzes und aus anderen Gesichtspunkten keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Gesetzgeber des BEEG den Begriff des erzielten monatlichen Einkommens im Sinne des engen Zuflussprinzips hat verwenden wollen.
- 28
-
Die Gesetzesmaterialien weisen nicht eindeutig in diese Richtung. Allerdings merkt das LSG zutreffend an, dass in der Begründung zum ursprünglichen Gesetzentwurf ausgeführt wird, es solle das Einkommen berücksichtigt werden, das der anspruchsberechtigten Person zuletzt tatsächlich monatlich zur Verfügung gestanden habe und das nun wegen der Unterbrechung oder Einschränkung der Erwerbstätigkeit nicht mehr zur Verfügung stehe (BT-Drucks 16/1889 S 21). Abgesehen davon, dass sich diese Aussage auch nur auf das in § 2 Abs 2 Satz 1 BEEG vorgesehene "Nettoprinzip" beziehen könnte, ist zu berücksichtigen, dass die ursprüngliche Fassung des Entwurfs noch an den Einkommensbegriff des SGB II anknüpfte, der von einem engen Zuflussprinzip ausgeht(vgl § 2 Abs 2 Satz 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung). Da sich die später Gesetz gewordene Fassung des § 2 BEEG an dem steuerrechtlichen Einkommensbegriff orientiert, kann dieser Begründungstext nicht ohne Weiteres zur Ermittlung der gesetzgeberischen Absichten herangezogen werden. Hinzu kommt, dass die Begründung zur Neufassung des Entwurfs die betreffende Formulierung nicht wieder aufgegriffen hat. Vielmehr wird betont, dass durch die entfallende Bezugnahme auf das SGB II nunmehr im Gesetzentwurf selbst eine wesentlich umfassendere Regelung der Einkommensermittlung erfolgen müsse (vgl BT-Drucks 16/2785 S 37).
- 29
-
In ihrer Erläuterung zur Bezugnahme auf § 38a Abs 1 Satz 3 EStG gehen die Beschlussempfehlung und der Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend darauf ein, dass durch den Ausschluss einmaliger Einnahmen Zufallsergebnisse vermieden werden sollen. Weiter vertritt der Ausschuss die Ansicht, dass dies der Regelung beim Mutterschaftsgeld entspreche (BT-Drucks 16/2785 S 37). Soweit damit allgemein ein Gleichklang zwischen der Ermittlung des berücksichtigungsfähigen Einkommens beim Elterngeld und der beim Mutterschaftsgeld angestrebt war, spräche dies für eine Einbeziehung nachträglicher Gehaltszahlungen (vgl dazu Buchner/Becker, Mutterschutzgesetz und BEEG, 8. Aufl 2008, § 11 MuSchG RdNr 93).
- 30
-
Die Systematik des BEEG legt ebenfalls nicht den Schluss nahe, es müsse im Rahmen des § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG ein enges Zuflussprinzip gelten.
- 31
-
Soweit § 2 Abs 7 Satz 4 BEEG eine Verwendung der Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers vorsieht, ist damit eine Berücksichtigung von geänderten Bescheinigungen, die auf Grund einer Gehaltsnachzahlung erstellt worden sind, nicht ausgeschlossen. In § 2 Abs 8 und 9 BEEG hat der Gesetzgeber für Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit eigenständige Regelungen geschaffen, die den Besonderheiten dieser Einkommensarten Rechnung tragen. Sie lassen daher keine Rückschlüsse auf die Auslegung des § 2 Abs 7 BEEG zu.
- 32
-
Auch das Fehlen einer ausdrücklichen Bestimmung zum modifizierten Zuflussprinzip ist kein hinreichendes Argument gegen dessen Anwendung im Bereich des BEEG. Zwar hat der Gesetzgeber in § 131 Abs 1 Satz 2 SGB III eine ausdrückliche Regelung getroffen. Diese geht jedoch insoweit über das von der Rechtsprechung entwickelte modifizierte Zuflussprinzip (späterer Zufluss des im Bemessungszeitraum erarbeiteten Arbeitsentgelts) hinaus, als sie nicht nur später zugeflossenes, sondern auch Arbeitsentgelt einbezieht, das nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen ist. Im Übrigen ist auch im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung der in § 47 Abs 1 Satz 1 SGB V allein verwendete Begriff des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts von der Rechtsprechung iS des modifizierten Zuflussprinzips verstanden worden(vgl BSG Urteil vom 16.2.2005 - B 1 KR 19/03 R - SozR 4-2500 § 47 Nr 2), ohne dass der Gesetzgeber danach Veranlassung zu einer besonderen Regelung gesehen hat. Schließlich erlaubt der Umstand, dass der Ausfall von Arbeitsentgelt im Bemessungszeitraum (zB wegen Krankheit, Arbeitslosigkeit oder Insolvenz des Arbeitgebers) im Rahmen des § 2 BEEG seinem Wortlaut nach grundsätzlich nicht berücksichtigt wird(zu den Ausnahmen vgl § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG idF vom 5.12.2006), nicht die Schlussfolgerung, dass zur nachträglichen Vertragserfüllung nachgezahltes Gehalt ebenfalls außer Betracht zu bleiben habe. Dabei wird nämlich der entscheidende Unterschied zwischen beiden Fallgestaltungen, dass hier das zunächst zurückgehaltene Arbeitsentgelt tatsächlich noch gezahlt wird, übersehen.
- 33
-
Nach Auffassung des erkennenden Senats bestätigt der Sinn und Zweck des Elterngeldes die Anwendung des nach dem Wortlaut des Gesetzes geltenden modifizierten Zuflussprinzips.
- 34
-
Ziel des Elterngeldes ist es vor allem, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sich Eltern vorrangig um die Betreuung ihrer Kinder kümmern (vgl BT-Drucks 16/1889 S 22, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2; BT-Drucks 16/2785 S 2). Jeder betreuende Elternteil, der seine Erwerbstätigkeit unterbricht oder reduziert, soll einen an seinem individuellen Einkommen orientierten Ausgleich für die finanziellen Einschränkungen im ersten Lebensjahr des Kindes erhalten (vgl BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2). Durch die Betreuung des Kindes sollen die Eltern keine allzu großen Einkommenseinbußen befürchten müssen (vgl Bericht der Bundesregierung vom 30.10.2008 über die Auswirkungen des BEEG, BT-Drucks 16/10770 S 5 f). Dabei geht es erkennbar um die Sicherung eines wirtschaftlichen Dauerzustandes, möglichst unabhängig von staatlichen Fürsorgeleistungen (vgl BT-Drucks 16/1889 S 15; BT-Drucks 16/2785 S 2).
- 35
-
Dieser Zielsetzung entspricht eine modifizierte Anwendung des Zuflussprinzips besser als eine enge. Die generelle Berücksichtigung der Nachzahlung des im Bemessungszeitraum vorenthaltenen Arbeitsentgelts vermeidet Zufallsergebnisse, die sonst dadurch entstehen können, dass derartige Zahlungen nur dann Berücksichtigung finden, wenn sie noch im Bemessungszeitraum erfolgen. Es erscheint auch nicht angebracht, die Einkommensbemessung von rechtswidrigen Verhaltensweisen des Arbeitgebers abhängig zu machen. Dies gilt insbesondere bei über einen längeren Zeitraum (hier maximal 14 Monate) gewährten Leistungen. Hinzu kommt, dass der Elterngeldberechtigte bei Anwendung des engen Zuflussprinzips durch das Versäumnis seines Arbeitgebers doppelt beeinträchtigt würde: Zum einen ist sein Bemessungseinkommen niedriger und zum anderen verringert die Nachzahlung während der Elternzeit ggf seinen Anspruch auf Elterngeld (vgl § 2 Abs 1 und 3 BEEG; zur Bedeutung derartiger Auswirkungen für die Befürwortung des modifizierten Zuflussprinzips s auch BSGE 76, 162, 168 f = SozR 3-4100 § 112 Nr 22 S 95 f). Einer zeitnahen Bewilligung des Elterngeldes steht das modifizierte Zuflussprinzip nicht im Wege, da in solchen Fällen eine vorläufige Zahlung möglich ist (vgl § 8 Abs 3 BEEG).
- 36
-
Da der Senat bereits mit herkömmlichen Auslegungsmitteln dazu gelangt, das modifizierte Zuflussprinzip auch im Bereich des BEEG anzuwenden, bedarf es keiner Erwägungen dazu, ob dieses Ergebnis auch verfassungsrechtlich geboten ist. Auch wenn der Gesetzgeber sonstige Bezüge iS des § 38a Abs 1 Satz 3 EStG (also im Wesentlichen sog Einmalzahlungen) außer Betracht lassen konnte(vgl dazu allgemein BVerfG
SozR 4-4300 § 434c Nr 6) , folgt daraus nicht zwingend, dass dies auch für Gehaltsnachzahlungen der hier streitigen Art gilt. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass die vom Senat vertretene Rechtsauslegung mit dem GG unvereinbar sein könnte.
- 37
-
Unter Berücksichtigung der Gehaltsnachzahlung in Höhe von 4766 Euro erhöht sich das Bemessungseinkommen der Klägerin von 1350,44 Euro auf 1609,24 Euro. Wie die Vorinstanzen zutreffend festgestellt haben, ergab sich aus den ursprünglich vorgelegten Gehaltsbescheinigungen für die Zeit von Dezember 2005 bis November 2006 ein Nettoeinkommen von insgesamt 16 205,25 Euro. Aus den vom LSG in Bezug genommenen nachträglichen Gehaltsbescheinigungen vom 20.2.2008 in Verbindung mit dem ebenfalls bei den Akten befindlichen Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung vom 20.2.2008 für 2007 ist zu entnehmen, dass von dem Nachzahlungsbetrag folgende Abzüge vorgenommen worden sind:
Nachzahlungsbetrag
4766,00 Euro
KV-Beitrag
-
328,84 Euro
PV-Beitrag
-
52,43 Euro
RV-Beitrag
-
464,67 Euro
AV-Beitrag
-
154,88 Euro
Lohnsteuer
-
576,00 Euro
Soli-Zuschlag
-
31,68 Euro
Kirchensteuer
-
51,84 Euro
Nettobetrag
3105,66 Euro.
- 38
-
Dadurch erhöht sich das bislang berücksichtigte Nettoeinkommen auf 19 310,91 Euro. 67 % eines Zwölftels dieses Betrages (= 1078,19 Euro) entsprechen dem monatlichen Elterngeldanspruch. Da das bis zum 28.5.2007 gezahlte und gemäß § 3 Abs 1 Satz 1 und 3 BEEG anrechenbare Mutterschaftsgeld (nebst Zuschuss des Arbeitgebers) diesen Betrag überstieg, hat die Klägerin ab 29.5.2007 Anspruch auf folgende Beträge:
5. Lebensmonat des Kindes
834,73 Euro
6. bis 12. Lebensmonat des Kindes
7547,33 Euro
Gesamtanspruch
8382,06 Euro.
- 39
-
Da die Klägerin auf der Grundlage des Bescheides vom 15.5.2007 bereits 7034,01 Euro erhalten hat, beläuft sich ihr Restanspruch auf 1348,05 Euro.
- 40
-
Auf Grund einer irrtümlichen Nichtberücksichtigung des Steuerabzuges hat das SG der Klägerin weiteres Elterngeld in Höhe von 1634,29 Euro zugesprochen, obwohl die Klage nur in Höhe von 1348,05 Euro begründet ist. Dem hat die Klägerin durch eine entsprechende Beschränkung ihrer Klage im Revisionsverfahren Rechnung getragen.
Tenor
-
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. Mai 2010 aufgehoben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 3. Juli 2008 zurückgewiesen.
-
Der Beklagte hat der Klägerin auch für das Berufungs- und Revisionsverfahren die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
- 1
-
Streitig ist die Höhe des Elterngeldes der Klägerin.
- 2
-
Die Klägerin war nach einer Erziehungszeit für ein älteres Kind ab Juni 2006 wieder in einer Arztpraxis abhängig beschäftigt. Am 20.2.2007 gebar sie ihre Tochter R. Aus Anlass der Geburt bezog sie als im Mutterschutzzeitraum nur Familienversicherte kein Mutterschaftsgeld. Seit Juli 2006 hatte der Arbeitgeber der Klägerin kein Gehalt mehr ausgezahlt und das Arbeitsverhältnis gekündigt. Ab 1.7.2006 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld. Im Rahmen der arbeitsgerichtlichen Kündigungsschutzklage kam es am 5.9.2007 zu einem Vergleich, nach dessen Inhalt das Arbeitsverhältnis mit dem Ende der Elternzeit der Klägerin beendet war und das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß bis zum Beginn der Elternzeit abgerechnet sowie entsprechende Beträge an die Klägerin ausgezahlt werden sollten. Die Nachzahlung der Gehälter für Juli 2006 bis Januar 2007 einschließlich "Zuschuss zum Mutterschaft" für die Monate Januar bis März 2007 an die Klägerin erfolgte im Oktober 2007. Für "2006" bescheinigte der Arbeitgeber einen Bruttoarbeitslohn von 14 888,70 Euro.
- 3
-
Auf den Leistungsantrag der Klägerin gewährte ihr der beklagte Freistaat mit Bescheid vom 28.3.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.9.2007 Elterngeld in Höhe des Grundbetrages von 300 Euro monatlich für zwölf Monate. Im Bemessungszeitraum von Februar 2006 bis Januar 2007 sei anrechenbares Einkommen nur im Monat Juni 2006 vorhanden. Die Gehaltsnachzahlung sei nicht im Bemessungszeitraum zugeflossen und daher nicht zu berücksichtigen.
- 4
-
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht München (SG) hat die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, "Elterngeld berechnet nach dem Einkommen der Klägerin aus Erwerbstätigkeit in den maßgeblichen zwölf Monaten vor Beginn der Gewährung von Elterngeld zu zahlen". Das SG hat den Beklagten unter Änderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, der Klägerin Elterngeld unter Zugrundelegung eines Bruttoeinkommens aus nicht selbstständiger Arbeit für den Zeitraum von Juni 2006 bis Dezember 2006 in Höhe von 14 888,70 Euro unter Berücksichtigung der gesetzlich vorgesehenen Abzüge sowie der Anrechnungsvorschrift des § 3 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) zu gewähren(Urteil vom 3.7.2008).
- 5
-
Dieses Urteil ist vom Beklagten mit der Berufung angefochten worden. Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat es aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 12.5.2010). Diese Entscheidung ist auf folgende Erwägungen gestützt:
Nach § 2 BEEG sei das der Berechnung des Elterngeldes zugrunde zu legende Einkommen nach Maßgabe des Steuerrechts zu bestimmen. Bemessungsentgelt seien damit die steuerrechtlichen Einkünfte in den in § 2 Abs 1 Nr 1 bis 4 Einkommensteuergesetz (EStG) genannten Einkunftsarten, sofern es sich nicht um sonstige Bezüge handele. Maßgebend für die Frage der Steuerpflicht im Allgemeinen und ihrer zeitlichen Zuordnung im Besonderen seien zunächst die Regelungen des Einkommens- und Lohnsteuerrechts. Nach § 11 Abs 1 EStG seien Einnahmen innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen seien. Das sei im Fall der Gehaltsnachzahlungen an die Klägerin der Monat Oktober 2007. Für Einnahmen aus nicht selbstständiger Arbeit verweise § 11 Abs 1 Satz 4 EStG jedoch auf die spezielleren Regelungen der §§ 38a Abs 1 Sätze 2 und 3, 39, 40 Abs 3 Satz 2 EStG über den Lohnsteuerabzug. Insoweit existierten zwei lohnsteuerrechtliche Durchbrechungen des Zuflussprinzips im Kalenderjahr der Zahlung.
- 6
-
Durch eine Anwendung des § 38a Abs 1 Sätze 1 und 2 EStG, der die kalenderjährliche Ausrichtung der Einkommensteuer im Blick habe, komme es im Zusammenhang mit der Elterngeldberechnung in einer nicht am Kalenderjahr ausgerichteten Zwölfmonatsbetrachtung zu nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes ungewollten Verwerfungen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe daher in seinem Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - eine einschränkende Auslegung des § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG vorgenommen, indem es den Begriff der sonstigen Bezüge auf klassische Einmalzahlungen reduziert habe. Zudem habe es aus dem Verweis auf § 38a Abs 1 Satz 3 EStG geschlossen, dass dessen Sätze 1 und 2 keine Anwendung fänden. Damit seien die Durchbrechungen des Zuflussprinzips durch die speziellen Regelungen des Lohnsteuerabzugs elterngeldrechtlich nicht anwendbar. Dies beziehe sich auch auf § 38a Abs 1 Satz 2 EStG, der auch Jahre später zugeflossenen laufenden Arbeitslohn zeitlich dem Lohnzahlungszeitraum zuordne, für den er hätte gezahlt werden müssen.
- 7
-
Damit müsse elterngeldrechtlich in Übereinstimmung mit dem in § 11 Abs 1 Satz 1 EStG enthaltenen Grundprinzip steuerlicher zeitlicher Zuordnung auf den tatsächlichen Zuflusszeitpunkt abgestellt werden, so dass die im Oktober 2007 zugeflossene Lohnnachzahlung nicht mehr dem Bemessungszeitraum zugeordnet werden könne. Die Nichteinbeziehung der nach Ende des Bemessungszeitraums zugeflossenen Lohnzahlungen verstoße weder gegen Art 6 GG noch gegen Art 3 Abs 1 GG.
- 8
-
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts: Zu Unrecht ziehe das LSG aus der Vorschrift des § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG, nach dem sonstige Bezüge iS von § 38a Abs 1 Satz 3 EStG nicht als Einnahmen berücksichtigt werden, den Schluss, dass erzieltes Einkommen iS des § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG die nach Maßgabe des Einkommensteuerrechts steuerpflichtigen Einkünfte der genannten steuerlichen Einkunftsarten seien, sofern es sich nicht um sonstige Bezüge handele. Soweit das LSG weiter ausführe, dass die Regelungen des Einkommens- und Lohnsteuerrechts maßgebend seien, stelle sich die Frage, ob dies im Rahmen des BEEG zutreffend sei, da dieses gerade nicht zum Steuerrecht gehöre. Soweit sich das LSG dann auf § 11 Abs 1 EStG beziehe, sei auf diese Vorschrift in § 2 BEEG über den Zufluss von Einnahmen nicht einmal verwiesen. Somit könne auch nicht lohnsteuerrechtlich argumentiert werden. Entscheidend könne nur sein, welcher Sinn und Zweck mit der Bezugnahme auf § 38a Abs 1 Satz 3 EStG verfolgt sei. Das LSG verkenne hier, dass § 2 Abs 1 BEEG auf das erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit abstelle, nicht aber auf das ausgezahlte oder nach lohnsteuerrechtlichen Vorschriften oder Richtlinien als bezogen geltende Einkommen. Entscheidend sei, wie der Begriff "laufender Arbeitslohn" zu verstehen sei. Dies müsse unter Berücksichtigung des Zwecks des Elterngeldes als Lohnersatzleistung erfolgen. Danach sei zwar erzieltes, aber nicht ausgezahltes Einkommen zu berücksichtigen. Die fehlende Berücksichtigung der nach dem Ende des Bemessungszeitraums zugeflossenen Lohnzahlungen verstoße nicht nur gegen den Wortlaut des Gesetzes, sondern auch gegen Art 6 GG sowie Art 3 GG.
- 9
-
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. Mai 2010 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 3. Juli 2008 zurückzuweisen.
- 10
-
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
- 11
-
Er hält das angefochtene Urteil auch angesichts des Urteils des erkennenden Senats vom 30.9.2010 - B 10 EG 19/09 R - für zutreffend. Ergänzend trägt er vor:
- 12
-
§ 2 Abs 1 Satz 2 BEEG stelle auf das "erzielte" monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit ab. Entgegen der Revision und entgegen dem Urteil des BSG vom 30.9.2010 sei dieser Begriff grundsätzlich anhand steuerlicher Grundsätze zu bestimmen. Hierzu gehörten die Grundsätze der steuerlichen Zuordnung nach dem Zufluss- bzw Realisationsprinzip. Dies folge aus dem Wortlaut des Gesetzes, der im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gebrachten Zielsetzung sowie dessen Systematik. Die allein an steuerrechtlichen Grundsätzen orientierte Einkommensermittlung diene insbesondere der Verwaltungspraxis, weil "im Regelfall" auf die vorliegenden Gehaltsbescheinigungen zurückgegriffen werden könne. Andernfalls müsse die Verwaltung entweder mit der Bewilligung des Elterngeldes bis zum rechtskräftigen Abschluss des Arbeitsgerichtsprozesses abwarten oder vorläufig Elterngeld gewähren und dies später endgültig feststellen. Weiter müssten alle Gehaltsbescheinigungen im Bemessungszeitraum daraufhin geprüft werden, ob Nach- oder Überzahlungen für Zeiten vor dem Bemessungszeitraum enthalten seien.
- 13
-
Die Berücksichtigung nur derjenigen Einnahmen, die dem Elterngeldberechtigten im Bemessungszeitraum tatsächlich zur Verfügung gestanden haben, entspreche zudem der Konzeption des Elterngeldes als Leistung zum (teilweisen) Ersatz individueller Einkommensausfälle. Erst vor diesem Hintergrund ergebe sich die Funktionalität des § 2 Abs 7 Satz 4 BEEG. Die Erstellung von Lohn- und Gehaltsbescheinigungen sei durch die Entgeltbescheinigungsrichtlinie standardisiert. Das Zusammenspiel der Regelungen zur Elterngeldberechnung und zur Berücksichtigung der Regelungen in § 2 Abs 7 Satz 4 und § 9 BEEG erfülle nur dann seine Funktion, wenn die Entgeltdaten aus den Bescheinigungen "grundsätzlich" übernommen werden könnten.
- 14
-
Systematisch spreche weiter für die Geltung des Zuflussprinzips, dass die anderen Einkunftsarten (Gewinneinkünfte), die bei der Berechnung des Elterngeldes zugrunde zu legen seien, ausschließlich nach steuerlichen Grundsätzen zu ermitteln seien. Nach § 2 Abs 8 Satz 2, Abs 9 Satz 1 BEEG sei ausschließlich der Zufluss maßgebend, auch wenn ein Geschäftspartner eine Rechnung vertragswidrig nicht bzw nicht in einem angemessenen zeitlichen Rahmen begleiche. Anders sei dies bei Bilanzierenden, bei denen das Realisationsprinzip Anwendung finde. Danach erfolge die Gewinnerzielung zu dem Zeitpunkt, in dem der Leistungsgeber seine Leistung erbracht habe, dh mit der Lieferung der Sache oder dem Abschluss der Dienstleistung.
- 15
-
Mit der Änderung des § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG durch das Haushaltsbegleitgesetz 2011 vom 9.12.2010 habe der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass der elterngeldrechtliche und der steuerrechtliche Einkommensbegriff deckungsgleich seien. Hieraus lasse sich entnehmen, dass - anders als im Urteil des BSG vom 30.9.2010 (B 10 EG 19/09 R, RdNr 27) - das Zuflussprinzip anzuwenden sei. Soweit es das BSG in dem genannten Urteil (aaO, RdNr 35) für nicht angebracht halte, die Einkommensbemessung von rechtswidrigen Verhaltensweisen des Arbeitgebers abhängig zu machen, sei zu berücksichtigen, dass sich aufgrund des vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitgebers ein Anspruch auf Ersatz des dadurch entstandenen Schadens ergeben könnte. Soweit Nachzahlungen als sonstige Bezüge zu behandeln seien und deswegen nicht im Rahmen der Elterngeldberechnung berücksichtigt würden, sei durch ein vertragswidriges Verhalten des Arbeitgebers ein Schaden entstanden.
Entscheidungsgründe
- 16
-
Die Revision der Klägerin ist zulässig. Sie ist aufgrund der Zulassung durch das LSG statthaft und von der Klägerin form- und fristgerecht eingelegt und entsprechend den Anforderungen des § 164 Abs 2 SGG begründet worden.
- 17
-
Die Revision der Klägerin ist zudem begründet. Verfahrenshindernisse aus den vorinstanzlichen Verfahren stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen.
- 18
-
Streitgegenstand des Revisionsverfahrens, der sich nach dem Umfang der angefochtenen Entscheidung des LSG sowie dem Revisionsantrag bestimmt, ist der Anspruch der Klägerin auf Elterngeld unter Berücksichtigung der - zT nachträglichen - Gehaltszahlungen für die Monate Juni bis Dezember 2006. In diesem Umfang hatte das SG den Beklagten zur Zahlung von (höherem) Elterngeld verurteilt. Nach auf die Berufung des Beklagten erfolgter Aufhebung dieses Urteils und Klageabweisung erstrebt die Klägerin mit ihrer Revision - zutreffend - die Wiederherstellung des Urteils des SG. Einen darüber hinausgehenden Anspruch - etwa auf zusätzliche Berücksichtigung des Gehalts für Januar 2007 bei der Berechnung des Elterngeldes - könnte sie nicht geltend machen, denn sie hat das Urteil des SG, soweit es für sie nicht begünstigend war, hingenommen.
- 19
-
Die Klägerin hat Anspruch auf Elterngeld in dem vom SG ausgeurteilten Umfang. Die Verpflichtung des Beklagten ist insoweit auf die Zahlung des Betrages begrenzt, der den von ihm bewilligten Leistungsbetrag von monatlich 300 Euro übersteigt.
- 20
-
Der Anspruch der Klägerin auf Elterngeld für das erste Lebensjahr ihrer am 20.2.2007 geborenen Tochter richtet sich nach den am 1.1.2007 in Kraft getretenen Vorschriften des BEEG idF vom 5.12.2006 (BGBl I 2748). Er ergibt sich dem Grunde nach aus § 1 BEEG. Danach hat Anspruch auf Elterngeld, wer
1. seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat,
2. mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,
3. dieses Kind selbst betreut und erzieht und
4. keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.
- 21
-
Zu diesen Tatbestandsmerkmalen haben die Vorinstanzen im Einzelnen keine tatsächlichen Feststellungen getroffen. Das LSG hat lediglich pauschal ausgeführt, dass die Klägerin die in § 1 BEEG genannten Voraussetzungen "unstreitig" erfüllt, nicht jedoch, dass es selbst von deren Erfüllung überzeugt ist(vgl dazu BSG SozR 4-1500 § 163 Nr 1; SozR 4-2700 § 8 Nr 12). Da der Beklagte das Vorliegen dieser Voraussetzungen bei der Erteilung seines Bescheides vom 28.3.2007 angenommen hat und sich aus den vom LSG in Bezug genommenen Verwaltungsakten für das LSG ersichtlich keine Zweifel daran ergaben, legt der Senat den entsprechenden Sachverhalt seiner Entscheidung zugrunde. Danach hat die Klägerin dem Grunde nach Anspruch auf Elterngeld, zumal auch ein ordnungsgemäßer Antrag (vgl § 7 BEEG) vorliegt.
- 22
-
Der Klägerin steht Elterngeld in der Höhe zu, wie es sich aus dem Urteil des SG ergibt. Die Höhe bestimmt sich nach § 2 BEEG. Abs 1 Satz 1 dieser Vorschrift (idF vom 5.12.2006) sieht vor, dass Elterngeld in Höhe von 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich "erzielten" monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt wird, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Nach § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG bleiben bei der Bestimmung des zwölfmonatigen Bemessungszeitraums Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte Person ua Mutterschaftsgeld bezogen hat.
- 23
-
Der nach diesen Vorschriften für die Berechnung des Elterngeldes maßgebende Zeitraum von zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt (am 20.2.2007) erstreckt sich hier eigentlich von Februar 2006 bis Januar 2007. Das SG hat jedoch zur Berücksichtigung des Einkommens der Klägerin bis Dezember 2006 verurteilt, also den Monat Januar 2007 unberücksichtigt gelassen. Ob dies zutreffend ist, weil die Klägerin möglicherweise iS des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG - erst im Oktober 2007 - rückwirkend ab Januar 2007 "Mutterschaftsgeld nach der Reichsversicherungsordnung" bezogen hat, kann dahinstehen. Da die Klägerin vor Juni 2006 kein Einkommen gehabt hat, geht die Nichtberücksichtigung des Monats Januar 2007 zu ihren Lasten. Dabei muss es verbleiben. Denn das insoweit für die Klägerin ungünstige Urteil des SG ist allein vom Beklagten angefochten worden. Entsprechendes gilt auch für die Nichtanwendung des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG auf die von der Klägerin bis Mai 2006 zurückgelegte Erziehungszeit(s dazu Urteil des erkennenden Senats vom 18.8.2011 - B 10 EG 10/10 R -).
- 24
-
Gemäß § 2 Abs 1 Satz 2 BEEG ist bei der Bemessung des Elterngeldes als - nach Satz 1 erzieltes - Einkommen aus Erwerbstätigkeit die Summe der positiven Einkünfte ua aus nichtselbstständiger Arbeit iS von § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG nach Maßgabe der Abs 7 bis 9 dieser Vorschrift zu berücksichtigen. Da bei der Klägerin allein Arbeitsentgelt (Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 EStG) in Betracht kommt, ist § 2 Abs 7 BEEG maßgebend. Nach Satz 1 dieser Vorschrift ist als Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit der um die auf dieses Einkommen entfallenden Steuern und die aufgrund dieser Erwerbstätigkeit geleisteten Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung in Höhe des gesetzlichen Anteils der beschäftigten Person einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung verminderte Überschuss der Einnahmen in Geld oder Geldeswert über die mit 1/12 des Pauschbetrages nach § 9a Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst a EStG anzusetzenden Werbungskosten zu berücksichtigen.
- 25
-
Zu § 2 Abs 1 und 7 BEEG hat der erkennende Senat bereits entschieden(Urteil vom 30.9.2010 - B 10 EG 19/09 R - BSGE 107, 18 = SozR 4-7837 § 2 Nr 6), dass für die Bemessung des Elterngeldes als erzielt nicht nur das dem Berechtigten im Bemessungszeitraum tatsächlich zugeflossene, sondern auch das darin erarbeitete und erst nach dessen Ablauf infolge nachträglicher Vertragserfüllung gezahlte Arbeitsentgelt zugrunde zu legen ist. Arbeitsentgelt ist in dem Zeitraum erzielt, in dem es erarbeitet und für den es tatsächlich gezahlt wurde. Das durch die Arbeitsleistung oder durch das Anbieten der Arbeitsleistung erarbeitete und erst verspätet gezahlte Arbeitsentgelt ist in diesem Zeitraum erzielt. Für dieses Begriffsverständnis spricht - auch aus heutiger Sicht - der Umstand, dass dem Gesetzgeber des BEEG der von der langjährigen Rechtsprechung des BSG im Zusammenhang mit den Lohnersatzleistungen des Sozialversicherungsrechts erkannte Inhalt des Begriffs des Erzielens bekannt war, er ihn gleichwohl in § 2 Abs 1 BEEG verwendet und zugleich gerade nicht auf den das steuerrechtliche Zuflussprinzip regelnden § 11 EStG Bezug genommen hat(s BSG Urteil vom 30.9.2010, aaO RdNr 27 mwN).
- 26
-
Die vom Beklagten mit der Revisionserwiderung vorgetragenen Einwände überzeugen, auch soweit sie nicht schon im Urteil des BSG vom 30.9.2010 behandelt worden sind, nicht: Das Zuflussprinzip gehört nicht zum steuerrechtlichen Einkommensbegriff des § 2 Abs 4 EStG. Seine Regelung hat es vielmehr in § 11 EStG gefunden, auf den im BEEG nicht verwiesen wird. § 2 Abs 7 Satz 4 BEEG erlaubt nur in der Regel die Übernahme der Angaben des Arbeitgebers in der Lohn- und Gehaltsbescheinigung. Eine - wie hier - verspätet erfolgte Auszahlung des Arbeitsentgelts ist gerade nicht der Regelfall. Die vorläufige Festsetzung des Elterngeldes ist in § 8 Abs 3 BEEG ausdrücklich vorgesehen. Sie genügt in derartigen Ausnahmefällen auch einer verwaltungspraktikablen Handhabung. Der Lebensstandard eines Menschen wird durchaus nicht nur durch die ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Geldmittel bestimmt, sondern auch durch das bereits erarbeitete Entgelt, das erst nachträglich gezahlt wird. Die Gewinnermittlung bei Selbstständigen ist gesondert zu sehen, ohne dass daraus zwingend Rückschlüsse auf die Einkommensermittlung abhängig Beschäftigter zu ziehen sind. Insbesondere wäre der Umstand, dass bei Selbstständigen die Gewinneinkünfte ausschließlich nach steuerrechtlichen Prinzipien und damit nach dem tatsächlichen Zufluss zu bestimmen sind, kein Grund, die Nachzahlung von Gehalt bei abhängig Beschäftigten in gleicher Weise zu handhaben. Es bestehen insoweit maßgebliche Unterschiede, als bei abhängig Beschäftigten die regelmäßige und pünktliche Gehaltszahlung durch den Arbeitgeber der Regelfall ist, während es bei Selbstständigen als Regelfall angesehen werden muss, dass die Bezahlung von Rechnungen durch verschiedene Schuldner unregelmäßig erfolgt.
- 27
-
Nach § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG(idF vom 5.12.2006) werden sonstige Bezüge iS von § 38a Abs 1 Satz 3 EStG nicht als Einnahmen berücksichtigt. Diese Vorschrift ist im vorliegenden Fall weiterhin anwendbar, nicht jedoch deren zum 1.1.2011 erfolgte Neufassung durch das Haushaltsbegleitgesetz 2011 (HBegleitG 2011) vom 9.12.2010 (BGBl I 1885). Nach den allgemeinen Regeln des intertemporalen Rechts ist die letztgenannte Norm nicht auf Sachverhalte anzuwenden, die vor ihrem Inkrafttreten abgeschlossen waren. Das ist im vorliegenden Verfahren der Fall, denn der Elterngeldzahlungszeitraum war schon im Jahre 2008 beendet. Ob § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG idF ab 1.1.2011 auf Leistungsfälle einwirken kann, die bei seinem Inkrafttreten noch nicht abgeschlossen waren (vgl dazu BSG Urteil vom 28.4.2004 - B 2 U 12/03 R - SozR 4-2700 § 70 Nr 1), oder aber nach dem sog Leistungsfallprinzip nur auf Ansprüche auf Elterngeld aus Anlass von Geburten ab seinem Inkrafttreten Geltung beansprucht (s dazu BSG Urteil vom 23.1.2008 - B 10 EG 5/07 R - BSGE 99, 293 = SozR 4-7837 § 27 Nr 1, RdNr 20; Urteil vom 22.6.2010 - B 1 KR 29/09 R - SozR 4-2500 § 275 Nr 4, RdNr 14), muss aus Anlass des vorliegenden Falles nicht entschieden werden.
- 28
-
Zu § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG idF vom 5.12.2006 ist der Senat in seinem Urteil vom 30.9.2010 (aaO) davon ausgegangen, dass es sich bei der infolge nachträglicher Vertragserfüllung verspätet erfolgten Nachzahlung von Arbeitslohn elterngeldrechtlich nicht um einen sonstigen Bezug iS des § 38a Abs 1 Satz 3 EStG handelt. Diese Vorschrift definiert als "sonstige Bezüge" Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird. Ergänzend dazu bestimmt R 115 Abs 2 Nr 8 Satz 2 Lohnsteuer-Richtlinien 2007 (LStH 2007) die Nachzahlung von Arbeitslohn als sonstigen Bezug, wenn Arbeitslohn für Lohnabrechnungszeiträume des abgelaufenen Kalenderjahres später als drei Wochen nach Ablauf des Jahres zufließt. Danach wären die der Klägerin erst im Oktober 2007 tatsächlich zugeflossenen Gehälter für die Monate Juli bis Dezember 2006 als sonstige Bezüge anzusehen.
- 29
-
Nach der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des Senats ist jedoch die am Jahresprinzip des § 2 Abs 2 EStG orientierte lohnsteuerrechtliche Zuordnung, wonach später als drei Wochen nach Jahresende für Lohnzahlungszeiträume des abgelaufenen Jahres zugeflossener Arbeitslohn als sonstiger Bezug im Folgejahr bezeichnet ist, im Rahmen des § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG nicht zu übernehmen(BSG aaO, RdNr 22; davor BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4, RdNr 37). Zu dieser Annahme sieht sich der Senat besonders deswegen veranlasst, weil § 2 Abs 7 Satz 1 und 2 BEEG ausdrücklich nur auf § 38a Abs 1 Satz 3 EStG verweist (sonstiger Bezug), auf die Vorschrift des § 11 EStG über die zeitliche Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben, insbesondere den Zufluss von Leistungen(s § 11 Abs 1 EStG), indessen nicht. Diese Rechtsprechung beruht ferner auf der Überlegung, dass die Regelung der R 115 Abs 2 Nr 8 Satz 2 LStH 2007 lediglich dazu führt, dass der für das abgelaufene Kalenderjahr später als drei Wochen nach dessen Ablauf zugeflossene Arbeitslohn dem folgenden Kalenderjahr zuzuordnen und entsprechend lohnsteuermäßig zu behandeln ist (§ 38a Abs 1 Satz 3 und § 38a Abs 3 Satz 2 EStG). Auch diese "sonstigen Bezüge" unterliegen danach der Besteuerung. Demgegenüber führt die Anwendung dieser spezifisch lohnsteuerrechtlichen Regelungen im Elterngeldrecht in vielen Fällen - so auch vorliegend - zu einer vollständigen Nichtberücksichtigung solcher Zahlungen, die tatsächlich im Bemessungszeitraum vor der Geburt "erzielt", also erarbeitet (s BSG Urteil vom 30.9.2010, aaO, RdNr 26) worden sind. Dieses Ergebnis ist, wie der erkennende Senat ebenfalls im genannten Urteil entschieden hat, mit Wortlaut ("erzielen") und Systematik des BEEG sowie mit Sinn und Zweck des Elterngeldes nicht vereinbar (BSG aaO, RdNr 27 ff). An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch nach erneuter Überprüfung anhand der vom Beklagten und vom LSG geäußerten Kritik fest.
- 30
-
Bei rein steuerrechtlicher Betrachtung kann nachträglich ausgezahlter Arbeitslohn nicht immer dem - längst abgelaufenen - Bemessungszeitraum zugeordnet werden. Zu diesem Ergebnis gelangt man nur, wenn man, wie es der erkennende Senat in den Urteilen vom 3.12.2009 (aaO) und 30.9.2010 (aaO) getan hat, die spezifisch auf das lohnsteuerrechtliche Jahresprinzip zugeschnittenen Regelungen, wonach später als drei Wochen nach Ablauf des Kalenderjahres ausgezahlter Arbeitslohn als sonstiger Bezug dem Folgejahr zuzuordnen ist, im Bereich des Elterngeldrechts nicht anwendet. Sonst wäre die Berücksichtigung von für das abgelaufene Kalenderjahr nachträglich ausgezahltem Arbeitsentgelt im Rahmen des § 2 Abs 1 BEEG nur möglich, wenn die Nachzahlung innerhalb der ersten drei Wochen des Folgejahres erfolgt ist.
- 31
-
Entgegen der Auffassung des LSG hat das BSG in seinem Urteil vom 3.12.2009 (aaO) auch keineswegs den Begriff der sonstigen Bezüge nicht auf "klassische Einmalzahlungen" reduziert. Es hat vielmehr lediglich - umgekehrt - entschieden, dass neben dem monatlichen Grundgehalt regelmäßig wiederkehrend mehr als einmal im Jahr gezahlte Umsatzbeteiligungen nicht als sonstige Bezüge iS des § 38a Abs 1 Satz 3 EStG, sondern als laufender Arbeitslohn anzusehen sind. Auch die weiteren Überlegungen des LSG in diesem Zusammenhang überzeugen nicht. Die vom LSG angenommene Unanwendbarkeit des § 38a Abs 1 Satz 2 EStG im Elterngeldrecht führt keineswegs dazu, dass man verspätet ausgezahlten Arbeitslohn nicht dem Zeitraum zuordnen kann, für den er hätte gezahlt werden müssen. Das Gegenteil ist der Fall. Wie das BSG bereits dargelegt hat (Urteil vom 3.12.2009, aaO, RdNr 36) ist § 38a Abs 1 Satz 2 EStG in Zusammenhang mit den Vorschriften des § 39b Abs 5 EStG über die Durchführung des Lohnsteuerabzugs zu sehen. "Jahre später" zugeflossener Arbeitslohn wird nach § 38a Abs 1 Satz 2 EStG gerade nicht dem Lohnzahlungszeitraum, also dem Zeitraum, für den der laufende Arbeitslohn gezahlt wird, zugeordnet, denn § 38a Abs 1 Satz 2 EStG erfasst nur den laufend, also ordnungsgemäß und regelmäßig, gezahlten Arbeitslohn. Später als drei Wochen nach Ablauf des "Lohnzahlungszeitraums" tatsächlich gezahlter Arbeitslohn wird steuerrechtlich in dem Lohnabrechnungszeitraum, also später, erfasst (s BSG aaO).
- 32
-
Eine Aufgabe der gefestigten Rechtsprechung (BSG Urteile vom 3.12.2009, aaO und 30.9.2010, aaO) ist auch angesichts der zum 1.1.2011 erfolgten Neufassung des Satzes 2 des § 2 Abs 7 BEEG durch das Haushaltsbegleitgesetz 2011 (HBeglG 2011) vom 9.12.2010 (BGBl I 1885) nicht geboten. § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG lautet seit dem 1.1.2011 (s Art 24 HBeglG 2011): "Im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen werden nicht berücksichtigt." Dem Beklagten ist zuzugeben, dass es nach dem neuen Wortlaut eindeutig und allein auf die lohnsteuerrechtliche Behandlung der Einnahmen ankommt. Für - wie vorliegend - erst später als drei Wochen nach Ablauf des Kalenderjahres im Folgejahr erfolgte Gehaltsnachzahlungen bedeutet dies, dass sie für die Bemessung des Elterngeldes unberücksichtigt zu bleiben haben.
- 33
-
Diese Regelung wirkt sich nicht auf die Auslegung des hier anwendbaren § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG idF vom 5.12.2006 aus. Nach der für den Gesetzentwurf gegebenen Begründung der Bundesregierung (BT-Drucks 17/3030, S 48 zu Nr 1 - § 2 - zu Buchst c - Abs 2 - zu Buchst bb - Satz 2 -) "dient die Neufassung des Satzes 2 zum einen der Sicherstellung einer verwaltungspraktikablen Feststellbarkeit von sonstigen Bezügen iS des Einkommensteuergesetzes. Im Lohnsteuerabzugsverfahren nach § 38a Abs 1 Satz 3 und § 39b EStG als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen sind bei der Elterngeldberechnung nicht zu berücksichtigen (anders zur bisherigen Rechtslage: BSG, Urteil vom 3. Dezember 2009, B 10 EG 3/09 R, betreffend Voraus- und Nachzahlungen im Sinne von R § 39b.2 Absatz 2 Satz 2 Nummer 8 LStR 2008, die für Zeitabschnitte in einem anderen Veranlagungszeitraum erfolgen und deswegen als sonstige Bezüge versteuert werden)". Insbesondere der ausdrückliche Hinweis auf die bisherige Rechtslage erhellt, dass es sich bei der Neufassung des § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG aus der Sicht der Bundesregierung um eine inhaltliche Änderung des Gesetzes handelt, also um eine neue Regelung, die die bisherige ersetzt und nicht lediglich deren Inhalt verdeutlicht.
Tenor
-
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 7. November 2012 wird zurückgewiesen.
-
Der Beklagte hat der Klägerin auch ihre außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
- 1
-
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Elterngeld-Anspruchs der Klägerin.
- 2
-
Die Klägerin, die als Studienrätin in einem Beamtenverhältnis zu dem beklagten Freistaat steht, reduzierte mit Beginn des Schuljahrs 2006/2007 ihre Arbeitszeit, erhielt aber zunächst noch ihre vollen Dienstbezüge. Die dadurch entstandene Überzahlung in Höhe von insgesamt 2036,33 Euro (brutto) glich ihr Dienstherr durch Aufrechnung zweier Teilbeträge im Januar und Februar 2007 aus. Aus den entsprechenden Bezügemitteilungen ist ersichtlich, dass der Klägerin seinerzeit ein konstantes Bruttogehalt von 2929,20 Euro monatlich zustand, im Lohnsteuerabzugsverfahren aber nur die nach der Aufrechnung verbliebenen Differenzbeträge zugrunde gelegt wurden. Nach der Geburt ihres Sohnes am 19.1.2008 wurden ihr die beamtenrechtlichen Bezüge während des mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots fortgezahlt. Nach dessen Ablauf am 15.3.2008 nahm sie bis zum 31.7.2009 Elternzeit in Anspruch.
- 3
-
Auf Antrag der Klägerin bewilligte ihr der beklagte Freistaat Elterngeld für die ersten zwölf Lebensmonate ihres Sohnes. Ausgehend von dem bescheinigten steuerpflichtigen Einkommen im Jahr 2007 ergebe sich ein durchschnittliches monatliches Erwerbseinkommen im Bemessungszeitraum von 2194,02 Euro (netto). Der monatliche Elterngeldanspruch der Klägerin betrage 67 % dieses Werts, also 1469,99 Euro. Dieser Zahlbetrag reduziere sich wegen der Anrechnung der Dienstbezüge während des Beschäftigungsverbots auf 0 Euro für den ersten und auf 152,07 Euro für den zweiten Lebensmonat ihres Sohnes (Bescheid vom 12.3.2008). Den Widerspruch, mit dem die Klägerin höheres Elterngeld unter Berücksichtigung der im Januar und Februar 2007 durch Aufrechnung erloschenen Gehaltsansprüche begehrte, wies der Beklagte unter Hinweis auf das Zuflussprinzip zurück (Widerspruchsbescheid vom 28.7.2008).
- 4
-
Das SG hat den Beklagten unter Abänderung der ergangenen Bescheide verurteilt, "der Klägerin für den zweiten Lebensmonat Elterngeld in Höhe von 159,78 Euro und für den 3. bis 12. Lebensmonat in Höhe von je 1.544,59 Euro zu gewähren". Der Berechnung des Elterngeldes seien die ungekürzten Gehaltsansprüche der Klägerin für Januar und Februar 2007 zugrundezulegen. Daraus ergebe sich ein monatlicher Anspruch in Höhe von 1544,59 Euro, der für den zweiten Lebensmonat des Sohnes der Klägerin anteilig zu kürzen sei (Gerichtsbescheid vom 27.10.2009). Das LSG hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es auf die Rechtsprechung des BSG verwiesen, das bei der Berechnung des Elterngeldes von einem modifizierten Zuflussprinzip ausgehe. Dieser Rechtsgedanke lasse sich auf den vorliegenden Fall übertragen, in dem es im Bemessungszeitraum zu Mindereinnahmen gekommen sei, weil der Arbeitgeber zuvor überzahltes Arbeitsentgelt verrechnet habe. Die entsprechenden Beträge seien den Monaten zuzuordnen, in denen sie zu Unrecht geleistet worden seien ("modifiziertes Abflussprinzip") (Urteil vom 7.11.2012).
- 5
-
Mit seiner Revision rügt der Beklagte die Verletzung materiellen Rechts (§ 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz
). Die im Januar und Februar 2007 aufgerechneten Gehaltsbestandteile seien von der Klägerin nicht im maßgebenden Bemessungszeitraum, sondern davor erzielt worden. Der Rechtsbegriff des „Erzielens“ sei durch das modifizierte Zuflussprinzip auszufüllen; das vom LSG herangezogene "modifizierte Abflussprinzip" finde hingegen im Gesetz keine Stütze. Der vorliegende Sachverhalt sei auch nicht mit den Fällen einer rechtswidrigen Vorenthaltung von Lohnbestandteilen im Bemessungszeitraum und späteren Nachzahlung durch den Arbeitgeber vergleichbar. Erstens seien die Aufrechnungen durch den Dienstherrn der Klägerin rechtmäßig und dessen Bezügemitteilungen zutreffend gewesen, zweitens drohe hier keine doppelte Benachteiligung des Elterngeldberechtigten durch einen späteren Zufluss im Bezugszeitraum und drittens erscheine fraglich, wie lange die wirtschaftlichen Verhältnisse im Bemessungszeitraum durch eine zuvor geflossene Überzahlung geprägt werden könnten. Im Interesse der Verwaltungsvereinfachung seien die monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers Grundlage der Einkommensermittlung (§ 2 Abs 7 S 4 BEEG).
- 6
-
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 7. November 2012 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 27. Oktober 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
- 7
-
Die Klägerin ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.
Entscheidungsgründe
- 8
-
Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG).
- 9
-
Das LSG hat die Berufung des Beklagten gegen den der Klage stattgebenden Gerichtsbescheid des SG zu Recht zurückgewiesen. Die Klägerin hat Anspruch auf höheres Elterngeld. Der streitgegenständliche Bescheid vom 12.3.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.7.2008 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit der Beklagte darin geringere monatliche Zahlbeträge zuerkannt hat. Die Voraussetzungen des zulässigerweise mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG) geltend gemachten Anspruchs auf Zahlung von Elterngeld in Höhe von 159,78 Euro für den zweiten und jeweils 1544,59 Euro für den dritten bis zwölften Lebensmonat ihres Sohnes sind erfüllt.
- 10
-
1. Die Klägerin erfüllte die Grundvoraussetzungen für die Gewährung von Elterngeld. Im maßgebenden Bezugszeitraum war das BEEG in seiner ursprünglichen Fassung (Art 1 Gesetz zur Einführung des Elterngeldes vom 5.12.2006, BGBl I 2748) anwendbar. Anspruch auf Elterngeld hat gemäß § 1 Abs 1 BEEG, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, mit seinem Kind in einem Haushalt lebt, dieses Kind selbst betreut und erzieht sowie keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt. Dies traf nach den den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) auf die Klägerin zu. Sie hat auch rechtzeitig einen schriftlichen Antrag auf die Leistung bei dem Beklagten gestellt (vgl § 7 Abs 1 BEEG).
- 11
-
2. Hinsichtlich der allein streitigen Höhe des Elterngeld-Anspruchs haben die Vorinstanzen unter Berücksichtigung des gesetzlichen Bemessungssatzes, der Bemessungsgrundlagen und des Bemessungszeitraums im Ergebnis zutreffend angenommen, dass der Beklagte der Klägerin zumindest für den zweiten Lebensmonat ihres Sohnes 159,78 Euro und für den restlichen Bezugszeitraum monatlich 1544,59 Euro zu zahlen hat.
- 12
-
a) Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass das Elterngeld der Klägerin in Höhe von 67 % ihres Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt festzusetzen ist. Nach § 2 Abs 1 BEEG wird Elterngeld in Höhe von 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Eine Erhöhung des Leistungssatzes gemäß § 2 Abs 2 BEEG kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht, weil das durchschnittliche monatliche Erwerbseinkommen der Klägerin vor der Geburt ihres Sohnes zumindest nicht geringer als 1000 Euro war. Ein geringerer Bemessungssatz als 67 % war in der hier noch anwendbaren Ursprungsfassung des § 2 Abs 2 BEEG nicht vorgesehen.
- 13
-
b) Als Bemessungszeitraum sind zutreffend die zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt (am 19.1.2008) zugrunde gelegt worden. Dies entspricht dem Jahr 2007. Für die Ermittlung der relevanten Einnahmen ist auf den nach § 2 Abs 1 S 1 BEEG maßgeblichen 12-Monats-Zeitraum(Bemessungszeitraum) vor dem Monat der Geburt des Kindes und nicht auf das zu berücksichtigende Einkommen aus dem abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt (§ 2 Abs 9 BEEG) abzustellen. Von den in § 2 Abs 1 S 2 BEEG genannten steuerrechtlichen Einkunftsarten (aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit) hatte die Klägerin nur Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit.
- 14
-
c) Der erkennende Senat stimmt mit den Vorinstanzen auch darin überein, dass für die Monate Januar und Februar 2007 das vollständige, aus den Bezügemitteilungen des Dienstherrn der Klägerin ersichtliche Gesamtbruttoentgelt von 2929,20 Euro monatlich zu berücksichtigen ist. Als im Bemessungszeitraum erzieltes Einkommen (Bemessungsgrundlage) aus nichtselbstständiger Arbeit ist der um die auf dieses Einkommen entfallenden Steuern und die Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung in Höhe des gesetzlichen Anteils der beschäftigten Person einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung verminderte Überschuss der Einnahmen in Geld- oder Geldeswert über die mit einem Pauschbetrag anzusetzenden Werbungskosten zu berücksichtigen (§ 2 Abs 1 S 1 und Abs 7 S 1 BEEG). Im Ausgangspunkt zutreffend hat der Beklagte auch die monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers zur Grundlage seiner diesbezüglichen Einkommensermittlungen gemacht (§ 2 Abs 7 S 4 BEEG). Entgegen der Revision ist es unerheblich, dass dieses der Klägerin in den betreffenden Monaten nicht vollständig ausgezahlt worden ist, weil der Dienstherr der Klägerin teilweise mit Rückforderungen wegen vorangegangener Gehaltsüberzahlungen aufgerechnet hat. Davon ausgehend ergibt sich das vom SG rechnerisch korrekt ermittelte monatliche Durchschnitts-Nettoeinkommen im Bemessungszeitraum (2305,37 Euro) und der höhere Elterngeld-Anspruch (67 % dieses Werts, also 1544,59 Euro).
- 15
-
Zur Begründung dieses Ergebnisses bedarf es entgegen der Ansicht des LSG keiner (wie auch immer zu verstehenden) "modifizierten Abflusstheorie". Das steuerrechtliche Abflussprinzip des § 11 Abs 2 Einkommensteuergesetz (EStG), wonach Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen sind, in dem sie geleistet worden sind, ist von keinerlei Relevanz für die Bemessung des Elterngeldes von Personen, die - wie die Klägerin - vor der Geburt des Kindes lediglich Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit hatten. Nach der oben zitierten Legaldefinition sind bei diesen lediglich Steuern und Sozialversicherungsbeiträge sowie die Werbungskostenpauschale einkommensmindernd zu berücksichtigen. Ein Abfluss finanzieller Mittel in Form der von § 11 Abs 2 EStG normierten Ausgaben (etwa für Werbungskosten) kann in diesem Rahmen von vornherein keine Bedeutung erlangen. Entscheidungserheblich in Fällen, in denen § 2 Abs 1 BEEG - wie hier - noch nicht in seiner ab 18.9.2012 geltenden Neufassung (durch das Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10.9.2012, BGBl I 1878) anzuwenden ist, ist allein, welches Einkommen aus Erwerbstätigkeit der Elterngeldberechtigte im Bemessungszeitraum "erzielt" hat.
- 16
-
Zur Auslegung dieses Rechtsbegriffs existiert mittlerweile eine gefestigte Rechtsprechung. Der Senat hat bereits in mehreren Entscheidungen ausführlich dargelegt und begründet, dass und warum sich die Bestimmung der maßgebenden Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit nach dem modifizierten Zuflussprinzip richtet (Urteile vom 30.9.2010 - B 10 EG 19/09 R - BSGE 107, 18 = SozR 4-7837 § 2 Nr 6, RdNr 25 ff, vom 18.8.2011 - B 10 EG 5/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 11 RdNr 25 ff und vom 5.4.2012 - B 10 EG 10/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 14 RdNr 30 ff; kritisch dazu Jaritz, in Roos/Bieresborn, MuSchG - BEEG, 2014, § 2 BEEG RdNr 59 f). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Aus der begrenzten Verweisung des BEEG auf einzelne Regelungen des EStG ergibt sich einerseits, dass ein bloßer Vergütungsanspruch nicht genügt, um das Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit zu erhöhen. Das Entgelt muss dem Berechtigten vielmehr tatsächlich zugeflossen sein. Andererseits kommt es nicht maßgebend auf den Zeitpunkt des Zuflusses an. Auch eine Gehaltsnachzahlung, die dem Berechtigten erst nach dem Bemessungszeitraum zufließt, ist bei der Berechnung des Elterngeldes zu berücksichtigen, soweit sie Arbeitsentgelt für leistungsrelevante Kalendermonate enthält. Dies gilt - ungeachtet der lohnsteuerrechtlichen Einordnung als sonstiger Bezug - auch dann, wenn Arbeitslohn für Lohnabrechnungszeiträume eines abgelaufenen Kalenderjahres später als drei Wochen nach dessen Ablauf zufließt (BSG Urteile vom 30.9.2010 - B 10 EG 19/09 R - BSGE 107, 18 = SozR 4-7837 § 2 Nr 6, RdNr 22 und vom 18.8.2011 - B 10 EG 5/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 11 RdNr 28 ff). Zur Beantwortung der danach maßgeblichen Frage, ob das Arbeitsentgelt im Bemessungszeitraum erarbeitet worden ist, kommt es darauf an, ob es sich um eine Gegenleistung für in dieser Zeit geleistete Dienste handelt. Dafür ist auf den arbeitsrechtlichen Entstehungsgrund und die Zweckbestimmung der Leistung abzustellen (vgl zum Insolvenzgeld BSGE 102, 303 ff = SozR 4-4300 § 183 Nr 10, RdNr 20). Dieser Zusammenhang wird ungeachtet des Alimentationsprinzips auch bei beamtenrechtlichen Dienstbezügen hinreichend deutlich - wie gerade im vorliegenden Fall die Anpassung des Gehalts der Klägerin an die verringerte Unterrichtsstundenzahl zeigt.
- 17
-
Dieses Auslegungsergebnis entspricht am besten dem Ziel des Elterngeldes, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sich Eltern vorrangig um die Betreuung ihrer Kinder kümmern (vgl die Gesetzesmaterialien: BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2; BT-Drucks 16/2785 S 2). Jeder betreuende Elternteil, der seine Erwerbstätigkeit unterbricht oder reduziert, soll einen an seinem individuellen Einkommen orientierten Ausgleich für die finanziellen Einschränkungen im ersten Lebensjahr des Kindes erhalten (BT-Drucks 16/1889 S 2, 15). Durch die Betreuung des Kindes sollen die Eltern keine allzu großen Einkommenseinbußen befürchten müssen (vgl Bericht der Bundesregierung vom 30.10.2008 über die Auswirkungen des BEEG, BT-Drucks 16/10770 S 5 f). Zur Begründung der Schaffung eines zwölfmonatigen Bemessungszeitraums hat der Gesetzgeber ausdrücklich darauf verwiesen, dass dies "die durchschnittlichen Verhältnisse im Jahr vor der Geburt am besten abbildet" (BT-Drucks 16/1889 S 20). Den Gesetzesmaterialien lässt sich auch entnehmen, dass bei der Bemessung des Elterngeldes Zufallsergebnisse vermieden werden sollen; die Parallele zur Einkommensermittlung beim Mutterschaftsgeld klingt an (so schon BSG Urteil vom 30.9.2010 - B 10 EG 19/09 R - BSGE 107, 18 = SozR 4-7837 § 2 Nr 6, RdNr 29 unter Hinweis auf BT-Drucks 16/2785 S 37).
- 18
-
Die Einkommensersatzfunktion des Elterngeldes (dazu bereits BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4, RdNr 32 f mwN) legt es nahe, das im Referenzzeitraum erarbeitete Entgelt in den Blick zu nehmen, solange es dem Berechtigten tatsächlich gezahlt wird und daher seinen Lebensstandard prägen kann. Dagegen ist der genaue Zeitpunkt des Zuflusses häufig von Zufälligkeiten abhängig, die nicht zu einem repräsentativen Bild der wirtschaftlichen Lebensverhältnisse im Bemessungszeitraum führen. In diesem Zusammenhang hat der Senat bereits darauf hingewiesen, dass die Höhe des Elterngeldes insbesondere nicht von rechtswidrigen Verhaltensweisen des Arbeitgebers abhängig sein soll (Urteil vom 30.9.2010 - B 10 EG 19/09 R - BSGE 107, 18 = SozR 4-7837 § 2 Nr 6, RdNr 35) und dass es nicht zu Zufallsergebnissen kommen darf, die die wirtschaftliche Situation des Elterngeldberechtigten im Bemessungszeitraum verzerrt wiedergeben (Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R - Umdruck S 15 unter Hinweis auf BT-Drucks 17/3030 S 48, zur Veröffentlichung vorgesehen in BSGE und SozR). Das Elterngeld kann seine Einkommensersatzfunktion nur erfüllen, wenn seiner Berechnung diejenigen Einkünfte zugrunde gelegt werden, die während des gesetzlich definierten letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes den Lebensstandard des Elterngeldberechtigten geprägt haben (Senatsurteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R - Umdruck S 12, zur Veröffentlichung vorgesehen in BSGE und SozR). Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit fließen dem Erwerbstätigen in aller Regel zeitgerecht zu, sodass seine wirtschaftlichen Verhältnisse von den monatlich verdienten Vergütungsansprüchen geprägt werden. Demgegenüber verfolgt der Gesetzgeber im Steuerrecht mit dem strengen Zuflussprinzip des § 11 Abs 1 EStG einen anderen Zweck. Die Regelung hat dort ihre Bedeutung als primär verfahrenstechnische Vorschrift, die der einfachen und praktikablen Erfassung von Einnahmen und Ausgaben dient und dazu Zufallsergebnisse bewusst in Kauf nimmt (vgl Glenk in Blümich, EStG, 121. Aufl 2014, § 11 RdNr 20).
- 19
-
Vor diesem Hintergrund sind auch die durch Aufrechnung erloschenen Gehaltsbestandteile bei der Elterngeldberechnung zu berücksichtigen, weil der Klägerin zuvor Überzahlungen in derselben Höhe zugeflossen waren. Dadurch standen ihr die streitigen Beträge (zumindest per Saldo ihres Gesamtvermögens) bereits im Bemessungszeitraum zur Verfügung. Sie waren also - anders als in den Nachzahlungsfällen - tatsächlich schon geeignet, den vorgeburtlichen Lebensstandard in dem maßgebenden Referenzzeitraum zu prägen. Ihre Berücksichtigung bei der Berechnung des Elterngeldes entspricht demnach umso mehr dem Willen des Gesetzgebers, wonach dasjenige Einkommen ausgeglichen werden soll, das der anspruchsberechtigten Person zuletzt (dh vor der Geburt des Kindes) monatlich zur Verfügung stand und das nun wegen der Unterbrechung oder Einschränkung der Erwerbstätigkeit nicht mehr zur Verfügung steht (siehe Buchner/Becker, MuSchG/BEEG, 8. Aufl 2008, § 2 BEEG RdNr 28; BT-Drucks 16/1889 S 19 f, 21).
- 20
-
Demgegenüber räumt selbst der Beklagte ein, dass seine Bemessung des Elterngeldes angesichts der Seltenheit von Aufrechnungserklärungen durch Arbeitgeber ein Zufallsergebnis darstellt. Der zugrunde gelegte geringere Zahlbetrag im Januar und Februar 2007 ist nicht repräsentativ für die vorgeburtliche Einkommenssituation der Klägerin. Für eine solche Abweichung von der oben dargelegten gesetzgeberischen Zielvorstellung fehlt es an einem rechtfertigenden Sachgrund. Zwar mag die Durchsetzung der Rückforderungsansprüche durch den Dienstherrn der Klägerin im Wege der Aufrechnung dem geltenden Beamtenrecht entsprochen haben. Die vorangegangene Überzahlung, die hierfür ursächlich war, war hingegen ersichtlich rechtswidrig. Auf ein Verschulden des Arbeitgebers hat die Rechtsprechung in diesem Zusammenhang nicht abgestellt. Der Senat hält die Anwendung des modifizierten Zuflussprinzips keineswegs nur in Fällen für geboten, in denen eine doppelte Benachteiligung durch einen späteren Zufluss im Bezugszeitraum droht (der etwa auch in dem der Entscheidung vom 30.9.2010 - B 10 EG 19/09 R - BSGE 107, 18 = SozR 4-7837 § 2 Nr 6 zugrundeliegenden Sachverhalt bereits abgelaufen war, als die Gehaltsnachzahlung erfolgte).
- 21
-
Mit der Rechtsprechung des Senats ist entgegen der Revisionsbegründung keine Berücksichtigung fiktiver Steuern verbunden. Insoweit kann sich der Beklagte nicht mit Erfolg auf die zum Lohnsteuerklassenwechsel ergangenen Senatsurteile vom 25.6.2009 (B 10 EG 3/08 R - BSGE 103, 284 = SozR 4-7837 § 2 Nr 1, RdNr 23 und den Parallelfall B 10 EG 4/08 R) berufen, denn dort stand in Rede, bei der Berechnung des Elterngeldes eine auf der Lohnsteuerkarte tatsächlich nicht (mehr) eingetragene und daher im Lohnsteuerabzugsverfahren tatsächlich nicht angewandte Lohnsteuerklasse zugrundezulegen. Dem ist der Senat - auch aus heutiger Sicht zu Recht - entgegengetreten. Die "auf die Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit entfallenden Steuern" iS von § 2 Abs 7 S 1 BEEG sind nur die tatsächlich entrichteten und nicht etwa fiktiv ermittelte Steuern (etwa nach einer anderen Steuerklasse). Auch die Klägerin hat die auf die durch Aufrechnung erloschenen Gehaltsansprüche entfallenden Steuern tatsächlich entrichtet. Diese sind lediglich nicht in den für die Berechnung des Elterngeldes maßgebenden Kalendermonaten abgeführt worden, sondern schon in der Zeit davor, als der Klägerin zu Unrecht überhöhte Gehaltszahlungen geleistet wurden. Das BEEG macht es jedoch nicht zur Voraussetzung für die Berücksichtigung von Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, dass auch die Abführung der Lohnsteuer im Bemessungszeitraum erfolgt ist (eingehend bereits Senatsurteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 5/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 11 RdNr 28 ff).
- 22
-
Das gefundene Ergebnis wird durch einen Vergleich der Vermögenssituation der Klägerin vor und nach der Abrechnung ihres Januar- bzw Februar-Gehalts 2007 bestätigt. Die Klägerin hat von ihrem Dienstherrn in den beiden Monaten eine Vermögensmehrung nicht nur um den jeweiligen nach der Aufrechnung verbliebenen Differenzbetrag, sondern um jeweils 2929,20 Euro (brutto) erhalten, welcher ihre vorgeburtlichen Einkommensverhältnisse entsprechend der Zielsetzung des Elterngeldes maßgeblich geprägt hat. Für die Vermögensmehrung kommt es nämlich nicht darauf an, auf welche Art der Arbeitgeber den Anspruch auf Arbeitsentgelt zum Erlöschen bringt. Der Erfüllung iS von § 362 Abs 1 BGB stehen die zivilrechtlichen Erfüllungssurrogate wie die Aufrechnung nach §§ 387 ff BGB gleich(Gernhuber, Die Erfüllung und ihre Surrogate sowie das Erlöschen der Schuldverhältnisse aus anderen Gründen, 2. Aufl 1994, S 96 ff). Der Dienstherr der Klägerin hat die im Wege der Aufrechnung zu tilgenden Gehaltsansprüche nach Grund und Höhe eindeutig bestimmt. Dadurch hat die Klägerin im Gegenzug im Januar und Februar 2007 in Höhe der Aufrechnungsbeträge einen Vermögenszuwachs in Gestalt der Befreiung von entsprechenden Rückzahlungsverbindlichkeiten erlangt. Mit den vor dem Bemessungszeitraum sukzessive erhaltenen Überzahlungen waren gleichzeitig ansteigende Rückforderungsansprüche ihres Dienstherrn verbunden. Diese sind durch die beiden Aufrechnungserklärungen erloschen.
- 23
-
Gründe der Verwaltungspraktikabilität gebieten keine andere Auslegung. Das in einem bestimmten Monat erarbeitete Bruttoentgelt lässt sich auch dann ohne Weiteres aus der Gehaltsbescheinigung des Arbeitgebers entnehmen, wenn der Lohnanspruch teilweise durch Aufrechnung zum Erlöschen gebracht wird. Sollten sich die von den (gesamten) Einnahmen in Abzug zu bringenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge aus den vorgelegten Lohnabrechnungen nicht ergeben (etwa in dem in der Revisionsbegründung angesprochenen Fall schwankender monatlicher Einkünfte), haben die Elterngeldstellen diese feststehenden Rechenwerte auf andere Weise zu ermitteln (etwa mit Hilfe allgemein zugänglicher Berechnungsprogramme oder durch amtliche Auskünfte). Der damit unzweifelhaft verbundene zusätzliche Verwaltungsaufwand ist im Interesse der Einzelfallgerechtigkeit hinzunehmen. Der Senat hat bereits im Zusammenhang mit der im Einzelfall praktizierten Vorgehensweise des Arbeitgebers im Lohnsteuerabzugsverfahren darauf hingewiesen, dass sich die hieran anknüpfende Berechnung des Elterngeldes nicht allein mit dem Ziel der Verwaltungsvereinfachung rechtfertigen lässt. Vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Wertentscheidung des Art 6 Abs 1 GG darf ein aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität gewählter Anknüpfungspunkt nicht zu Zufallsergebnissen führen, die mit den Zielen des BEEG nicht in Einklang stehen (Senatsurteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R - Umdruck S 11 f, zur Veröffentlichung vorgesehen in BSGE und SozR). Zudem handelt es sich praktisch um seltene Ausnahmefälle; im Regelfall können alle notwendigen Angaben aus den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen entnommen werden. Damit ist auch den Anforderungen des § 2 Abs 7 S 4 BEEG entsprochen, der keine abschließende, die Verwaltung privilegierende Regelung dahingehend enthält, dass deren Ermittlungstätigkeit sich ausschließlich und allein auf die Auswertung der Mitteilungen des Arbeitgebers zu erstrecken hat(dazu schon BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4, RdNr 27). Dieses Regel-Ausnahme-Verhältnisses führt - entgegen der Revisionsbegründung - keineswegs zu einer Situation, in der die Verwaltung gezwungen wäre, jede vorgelegte Lohn- und Gehaltsbescheinigung zu überprüfen. Vielmehr kann und darf sie sich auf die Richtigkeit der Angaben des Arbeitgebers verlassen, soweit und solange etwa durch Einwendungen der Elterngeldberechtigten - kein Anlass zu Zweifeln besteht.
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 21.Oktober wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
– September 2013 863,69 EUR,
– Oktober bis Dezember 2013 jeweils 1.295,53 EUR,
– Januar 2014 2.030,02 EUR,
– Februar bis Mai 2014 jeweils 1.650,42 EUR.
„In der Gesetzesbegründung zu § 2 Abs. 7 S. 2 BEEG aF wird die lohnsteuerrechtliche Behandlung bestimmter Voraus- und Nachzahlungen als sonstige Bezüge nach LStR R 39b.2 Abs. 2 S. 2 Nr. 8 ausdrücklich angesprochen (vgl BT-Drucks 17/3030 S. 48 zu Art. 13 Nr. 1 - § 2 Abs. 7 S. 2). Der Gesetzgeber macht damit deutlich, dass er derartige Zahlungen nicht in die Elterngeldberechnung aufnehmen will. Der Senat hält dies für sachlich gerechtfertigt, weil es bei der Ermittlung der wirtschaftlichen Verhältnisse im Bemessungszeitraum durch die Berücksichtigung derartiger Zahlungen zu Verzerrungen und letztlich ungerechtfertigten Vorteilen des Elterngeldberechtigten kommen könnte.“
das Urteil des Sozialgerichts München vom 21. Oktober 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
die Berufung zurückzuweisen.
Gründe
-
1.einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat,
-
2.mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,
-
3.dieses Kind selbst betreut und erzieht und
-
4.keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.
„(1) 1Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. 2Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat. 3Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus
1. nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Einkommensteuergesetzes sowie
2 …,
die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b … hat.
(2) … 2In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1.200 Euro war, sinkt der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1.200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent.“
(1) 1Der monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Überschuss der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Geld oder Geldeswert über ein Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2e und 2f, ergibt das Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit. 2Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelt werden. 3Maßgeblich ist der Arbeitnehmer-Pauschbetrag nach § 9a Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes in der am 1. Januar des Kalenderjahres vor der Geburt des Kindes für dieses Jahr geltenden Fassung.
(2) Grundlage der Ermittlung der Einnahmen sind die Angaben in den für die maßgeblichen Monate erstellten Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers.
-
1.Monatsgehälter,
-
2.Wochen- und Tagelöhne,
-
3.Mehrarbeitsvergütungen,
-
4.Zuschläge und Zulagen,
-
5.geldwerte Vorteile aus der ständigen Überlassung von Dienstwagen zur privaten Nutzung,
-
6.Nachzahlungen und Vorauszahlungen, wenn sich diese ausschließlich auf Lohnzahlungszeiträume beziehen, die im Kalenderjahr der Zahlung enden, und
-
7.Arbeitslohn für Lohnzahlungszeiträume des abgelaufenen Kalenderjahres, der innerhalb der ersten drei Wochen des nachfolgenden Kalenderjahres zufließt.
-
1.13. und 14. Monatsgehälter,
-
2.einmalige Abfindungen und Entschädigungen,
-
3.Gratifikationen und Tantiemen, die nicht fortlaufend gezahlt werden,
-
4.Jubiläumszuwendungen,
-
5.nicht fortlaufend gezahlte Urlaubsgelder und Entschädigungen zur Abgeltung nicht genommenen Urlaubs,
-
6.Vergütungen für Erfindungen,
-
7.Weihnachtszuwendungen und
-
8.Nachzahlungen und Vorauszahlungen, wenn sich der Gesamtbetrag oder ein Teilbetrag der Nachzahlung oder Vorauszahlung auf Lohnzahlungszeiträume bezieht, die in einem anderen Jahr als dem der Zahlung enden. Nachzahlungen liegen auch vor, wenn Arbeitslohn für Lohnzahlungszeiträume des abgelaufenen Kalenderjahres später als drei Wochen nach Ablauf dieses Jahres zufließt.
* In der ursprünglichen (ab 01.01.2007 geltenden) Fassung des BEEG war folgende Regelung des § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG einschlägig: Sonstige Bezüge im Sinn von § 38a Absatz 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes werden nicht als Einnahmen berücksichtigt. Dazu ist (auszugsweise) folgende Gesetzesbegründung gegeben worden (BT-Drs. 16/2785, S. 37): „Die steuerrechtliche Regelung zur Berechnung des Überschusses wird in zweierlei Hinsicht modifiziert … Und zweitens werden - vergleichbar mit der Regelung zu den einmaligen Einnahmen im bisherigen Entwurf - sonstige Bezüge im Sinn von § 38a Absatz 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes, also etwa dreizehnte und vierzehnte Monatsgehälter, Gratifikationen und Weihnachtszuwendungen nicht als Einkommen berücksichtigt. Dies entspricht der Regelung beim Mutterschaftsgeld. Würde für das Elterngeld anders verfahren, hinge es insbesondere bei Bezugszeiträumen von unter einem Jahr vom Zufall ab, ob eine einmalige Einnahme mit der Folge zu berücksichtigen wäre, dass das ansonsten zustehende Elterngeld sich reduziert oder sogar entfällt“.
* Zum 01.01.2011 trat eine geänderte Fassung von § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG in Kraft („Haushaltsbegleitgesetz 2011“): Im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen werden nicht berücksichtigt. Diese zweite Fassung war im Gesetzentwurf mit folgender Begründung versehen (BT-Drs. 17/3030, S. 48): „Die Neufassung des Satzes 2 dient zum einen der Sicherstellung einer verwaltungspraktikablen Feststellbarkeit von sonstigen Bezügen im Sinne des Einkommensteuergesetzes. Im Lohnsteuerabzugsverfahren nach § 38a Absatz 1 Satz 3 und § 39b des Einkommensteuergesetzes als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen sind bei der Elterngeldberechnung nicht zu berücksichtigen (anders zur bisherigen Rechtslage: BSG, Urteil vom 3. Dezember 2009, B 10 EG 3/09 R, betreffend Voraus- und Nachzahlungen im Sinne von R § 39b.2 Absatz 2 Satz 2 Nummer 8 LStR 2008, die für Zeitabschnitte in einem anderen Veranlagungszeitraum erfolgen und deswegen als sonstige Bezüge versteuert werden).“
* Die dritte Fassung, welche für den vorliegenden Fall einschlägig ist, trat zum 18.09.2012 in Kraft („Vereinfachungsgesetz“); erstmals wurde der Regelungsgegenstand in § 2c BEEG platziert. Dessen Absatz 1 Satz 2 lautete: Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelt werden. Der Unterschied zwischen der zweiten und der dritten Fassung ist nur ein formaler; die dritte Fassung lautete nur semantisch etwas anders. Das brachte auch die Begründung (BT-Drs. 17/9841, S. 22) zum Ausdruck: „Satz 2 übernimmt den Regelungsgehalt des bisherigen § 2 Absatz 7 Satz 2. Die Änderungen sind redaktionell bedingt.“
* Die aktuell sich noch in Kraft befindende vierte Fassung bildet der seit dem 01.01.2015 („Elterngeld-Plus-Gesetz“) geltende § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG: Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach lohnsteuerrechtlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind. Der dazu ergangenen Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/2583, S. 24/25) misst der Beklagte hohe Bedeutung bei; die Begründung lautet: „Die Regelung stellt klar, dass die Einordnung von Lohn- und Gehaltsbestandteilen als sonstige Bezüge allein nach lohnsteuerrechtlichen Vorgaben … erfolgt. Nur dann ist es möglich, die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen entsprechend der gesetzgeberischen Zielsetzung nach § 2c Absatz 2 als aussagekräftige Grundlage der elterngeldrechtlichen Einkommensermittlung zu nutzen (Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung der Lohn- und Gehaltsbescheinigungen). Ein Auseinanderfallen des lohnsteuerrechtlichen und elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs würde dazu führen, dass die Festlegungen in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen schon dem Grundsatz nach nicht mehr unmittelbar für die Elterngeldberechnung genutzt werden könnten. Das würde den Verwaltungsaufwand erheblich steigern. Nach dieser Regelung sind demnach alle Lohn- und Gehaltsbestandteile, die richtigerweise nach den lohnsteuerrechtlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind …, auch elterngeldrechtlich als sonstige Bezüge zu behandeln.“
* Es fällt schon auf, dass das BSG im letzten zur zeitlichen Frage des Zuflusses ergangenen Urteil vom 20.05.2014 - B 10 EG 11/13 R mit keinem Wort auf die entsprechende, längst zum 18.09.2012 in Kraft getretene Gesetzesänderung hinge-wiesen hat. Man mag dem entgegnen, das BSG habe dafür keine Veranlassung gehabt, da es in der Entscheidung noch um die erste Fassung der Regelung zur Nichtberücksichtigung sonstiger Bezüge gegangen sei. Das ist zwar richtig. Jedoch hat das BSG in dem Urteil ohne jede Abstriche ein Plädoyer zugunsten des modifizierten Zuflussprinzips gehalten. Es wäre indes anzunehmen gewesen, dass das BSG auf jeden Fall als obiter dictum einen Hinweis erteilt hätte, wenn es unter dem Reglement des Vereinfachungsgesetzes die Möglichkeit einer inhaltlichen Modifikation gesehen hätte. Genauso war es nämlich im Urteil vom 18.08.2011 - B 10 EG 5/11 R vorgegangen: Auch dort war es für das modifizierte Zuflussprinzip eingetreten, hatte aber angedeutet, nach dem ab 01.01.2011 geltenden Recht sei dies wohl anders zu beurteilen. Dazu hätte das BSG im Fall B 10 EG 11/13 R gleichermaßen Anlass gehabt, wäre es der Meinung gewesen, das Vereinfachungsgesetz habe eine Ersetzung des modifizierten durch das strenge Zuflussprinzip bewirkt.
* Vor allem aber, und das ist entscheidend, lässt der Wortlaut der gewählten Neufassung in keiner Weise erahnen, der Gesetzgeber könnte damit eine Abschaffung des modifizierten Zuflussprinzips beabsichtigt haben. Die zeitliche Zuordnung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sahen Gesetzgeber und BSG bis 17.09.2012 in § 2 Abs. 7 Satz 1 BEEG aF verankert. Dort war geregelt, das Elterngeld sei ein bestimmter Anteil des im Bemessungszeitraum erzielten Einkommens. Das BSG hat in dem Partizip „erzielt“ dasjenige Tatbestandsmerkmal gesehen, an dem es die Frage des zeitlichen Zuflusses quasi festmachte. Es hat aber nie zum Ausdruck gebracht, gerade wegen der Formulierung „erzielt“ dürfe der zeitliche Zufluss nur über das modifizierte Zuflussprinzip definiert werden. In der ab 18.09.2012 geltenden Fassung wurde das Wort „erzielt“ im Wesentlichen nur durch das Wort „hat“ ersetzt. Damit ist eine materielle Änderung - sollte sie denn beabsichtigt gewesen sein - nicht gelungen. Denn das Verb „haben“ kann genauso wie „erzielen“ von der Wortbedeutung her in die eine wie in die andere Richtung ausgelegt werden. Der Senat sieht bei „haben“ keine größere Nähe zum strengen Zuflussprinzip wie bei „erzielen“. Damit ist kein zusätzlicher Impuls hin zum strengen Zuflussprinzip gesetzt worden. Das Gegenteil ist der Fall: Das BSG hatte vorher, nämlich durch Urteil vom 18.08.2011 - B 10 EG 5/11 R unmissverständlich und in nicht zu übersehender Weise deutlich gemacht, zur Implementierung des strengen Zuflussprinzips im Elterngeldrecht müsse wohl § 11 EStG in Bezug genommen werden. Der Gesetzgeber wusste das, hat sich aber dennoch für eine außerordentlich diffuse Formulierung wie „haben“ entschieden. Wenn er schon nicht § 11 EStG explizit im Elterngeldrecht für anwendbar erklären wollte, hätte er wenigstens beispielsweise das Adverb „tatsächlich“ beifügen oder wenigstens das Verb „erhalten“ verwenden müssen. Die deutsche Sprache hätte vielfältige Möglichkeiten geboten, das (unterstellt) Gewollte wirklich eindeutig zum Ausdruck zu bringen. Die Vorgehensweise des Gesetzgebers, „erzielen“ einfach nur durch „haben“ auszutauschen, hat somit keine inhaltliche Änderung bewirkt. An dieser Stelle gilt es, der schon häufiger beobachteten Praxis des Beklagten entgegenzutreten, den Regelungsgehalt allein aus den vorhandenen Gesetzesbegründungen herauslesen zu wollen. Die den Gesetzentwürfen beigefügten Begründungen sind zugegebenermaßen sehr wichtige Auslegungsmittel. Sie sind aber nicht selbst das Gesetz; denn sie werden nicht vom Parlament beschlossen und nicht im Gesetzblatt verkündet. Die vom Beklagten angeführte Gesetzesbegründung - wer auch immer deren Verfasser sein mag - legt in der Tat nahe, die Abschaffung des modifizierten Zuflussprinzips sei Motiv gewesen. Dieser in erster Linie politisch zu verstehende Kommentar ersetzt aber nicht jegliche rechtsetzungstechnische Umsetzung im Gesetzestext selbst. Der Gesetzeswortlaut muss zumindest eine Andeutung dessen aufweisen, was der Begründung zufolge angeblich gewollt ist. Der völlig diffuse Begriff „haben“ liefert die erforderliche Andeutung nicht ansatzweise. Der Senat betritt mit dieser Justierung des Verhältnisses Gesetzestext-Gesetzes-begründung übrigens kein methodisches Neuland. So hatte das BSG im Urteil vom 26.03.2014 - B 10 EG 7/13 R (Rn. 25 des juris-Dokuments) bescheinigt, die in der Gesetzesbegründung enthaltenen Überlegungen hätten keinen hinreichenden Eingang in den Normtext gefunden, und diesen letztlich keine durchschlagende Kraft zugebilligt.
* Es verbietet sich, allzu großzügig über die Insuffizienz des Gesetzes hinwegzusehen und das modifizierte Zuflussprinzip allein wegen der Begründung ad acta zu legen. Denn dieses besitzt nach der damals wie heute zutreffenden BSG-Recht-sprechung - vor allem nach dem Urteil vom 20.05.2014 - eine verfassungsrechtliche Dimension. Es trägt nämlich dazu bei, Zufallsergebnisse zu vermeiden. Ein Regelwerk aber, das in hohem Maß Zufallsergebnisse zulässt, befindet sich in der akuten Gefahr, Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) nicht gerecht zu werden. Von daher muss eine entsprechende, das modifizierte Zufallsprinzip abschaffende gesetzliche Regelung schon ein erhebliches Maß an gesetzlicher Bestimmtheit aufweisen, um diese Wirkung entfalten zu können; daran fehlt es hier.
* Schon die Feststellung der relevanten Einkommensarten kann man nicht wirklich als kompliziert einstufen. Maßgebend ist lediglich das Erwerbseinkommen, während beispielsweise im SGB II jegliches Einkommen in den Fokus zu nehmen ist und dann komplizierte Ausnahmen von der umfassenden Relevanz des Einkommens beachtet werden müssen (vgl. nur § 11a SGB II, § 1 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung). Rechtliche Probleme sind im Elterngeldrecht in erster Linie insoweit vorstellbar, als es auf die Frage ankommt, ob das Einkommen im Inland zu versteuern ist. Diesbezüglich müssen die Elterngeldbehörden aber nicht von Grund auf eigene Rechtsfindung betreiben. Der Senat hat bereits im Urteil vom 19.06.2017 - L 9 EG 36/15 unterstrichen, dass es nur vernünftig und ökonomisch ist, wenn sich die Elterngeldbehörden von den Steuerbehörden fachlich unterstützen lassen. Die Amtsermittlungspflicht erlegt ihnen nicht auf, rechtliche Auskünfte der Steuerbehörden stets nachzuprüfen.
* Eine höchst wirkungsvolle Vereinfachung hat der Gesetzgeber in Bezug auf die Einkommensbereinigung im Gesetz installiert. Abzüge für Steuern und Sozialabgaben werden nicht individuell, sondern stark pauschaliert vorgenommen, wobei in der Praxis in hohem Ausmaß EDV-Programme die Arbeit übernehmen. Für Jobcenter oder Sozialhilfebehörden verkörpert die Einkommensbereinigung dagegen einen Arbeitsschritt von hoher Komplexität, weil sie individualisiert vorzunehmen ist.
* Für die Bemessung des Elterngelds soll nur das Erwerbseinkommen maßgebend sein, das auch eine die Wirtschafts- und Lebensverhältnisse prägende Funktion hat. Der Gesetzgeber hat sich - was, wie oben gesagt, verfassungsrechtlich unbedenklich ist - dafür entschieden, diese Kategorisierung anhand der lohnsteuerrechtlichen Maßstäbe vorzunehmen. Diesbezüglich ist dem Beklagten zu konzedieren, dass die von ihm favorisierte Verwaltungspraxis in der Tat einfach und verwaltungsökonomisch ist: Der Behörde übernimmt aus den Entgeltbescheinigungen lediglich diejenigen Vergütungsbestandteile, die der Arbeitgeber mit einem „L“ („laufender Arbeitslohn“) gekennzeichnet hat, die mit einem „S“ versehenen („sonstige Bezüge“) blendet er ohne sachliche Prüfung aus. Bereits das geltende Elterngeldrecht zeigt eine Möglichkeit auf, auf mindestens ebenso ökonomischem Weg zu einem Ergebnis zu gelangen, welches zum einen auf die zutreffende lohnsteuerrechtliche Handhabung abstellt und zum anderen Fehler des Arbeitgebers evident sichtbar werden lässt. Die Arbeitgeber haben nach § 9 BEEG die Pflicht, auf einem Formblatt zusammengefasste Entgeltbescheinigungen auszustellen. Hierbei wäre es - eventuell müsste § 9 BEEG noch geringfügig ergänzt werden - praktisch ohne weiteres möglich, sich Funktion und Rechtsgrund einer Zahlung ganz kurz und schlagwortartig darstellen zu lassen. Mit diesen leicht abrufbaren Informationen könnte der Beklagte selbst die lohnsteuerrechtliche Qualifizierung vornehmen. Seinen Mitarbeitern würde lediglich abverlangt, anhand der Angaben der Arbeitgeber die Subsumtion unter die Tatbestände des R 39b2 LStR vorzunehmen und in Bezug auf R 39b2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 LStR deren Unanwendbarkeit zu kennen. Der Beklagte wird nicht wirklich behaupten wollen, damit seien seine Mitarbeiter fachlich überfordert; denn diese verfügen bekanntermaßen und unbestritten über eine Qualifikation, welche sie nicht nur zum „Abschreiben“ von Entgeltbescheinigungen befähigen würde. Vom zeitlichen Aufwand her müssten Sachbearbeiter vermutlich sogar weniger investieren. Denn statt sich zwölf Entgeltbescheinigungen anzusehen, die keineswegs einen einheitlichen Standard aufweisen und daher erst einmal verstanden werden müssen, würde die Prüfung einer einseitigen formblattmäßigen Arbeitgebererklärung genügen.
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München
II. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
das Urteil des Sozialgerichts München
die Berufung zurückzuweisen.
Gründe
(1) Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1 800 Euro monatlich für volle Lebensmonate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat. Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus
- 1.
nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Einkommensteuergesetzes sowie - 2.
Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes,
(2) In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als 1 000 Euro war, erhöht sich der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1 000 Euro unterschreitet, auf bis zu 100 Prozent. In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1 200 Euro war, sinkt der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1 200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent.
(3) Für Lebensmonate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat, das durchschnittlich geringer ist als das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, wird Elterngeld in Höhe des nach Absatz 1 oder 2 maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt ist dabei höchstens der Betrag von 2 770 Euro anzusetzen. Der Unterschiedsbetrag nach Satz 1 ist für das Einkommen aus Erwerbstätigkeit in Lebensmonaten, in denen die berechtigte Person Basiselterngeld in Anspruch nimmt, und in Lebensmonaten, in denen sie Elterngeld Plus im Sinne des § 4a Absatz 2 in Anspruch nimmt, getrennt zu berechnen.
(4) Elterngeld wird mindestens in Höhe von 300 Euro gezahlt. Dies gilt auch, wenn die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat.
Tenor
-
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 26. August 2009 aufgehoben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 16. Dezember 2008 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Klägerin weiteres Elterngeld in Höhe von 1348,05 Euro zu zahlen ist.
-
Der Beklagte hat der Klägerin für alle Rechtszüge 5/6 der außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
- 1
-
Streitig ist die Höhe des Elterngeldes der Klägerin.
- 2
-
Die Klägerin war seit 2001 als Physiotherapeutin in einer Praxis beschäftigt. Ihr Arbeitsvertrag sah kein festes Monatsgehalt, sondern ein leistungsbezogenes Arbeitsentgelt in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Vergütung vor, die ihr Arbeitgeber mit den jeweiligen Leistungsträgern abgerechnet hatte. Im Falle der Arbeitsunfähigkeit bestimmte sich das Gehalt nach dem Durchschnittsverdienst der letzten drei voll abgerechneten Monate.
- 3
-
Ab Juli 2006 zahlte der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt (einschließlich Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall) nicht in der vereinbarten Höhe. Vom 26.10.2006 bis 21.1.2007 war die Klägerin wegen schwangerschaftsbedingter Gesundheitsstörungen arbeitsunfähig. Sie bezog vom 7.12.2006 bis 21.1.2007 Krankengeld. Am 22.1.2007 gebar sie ihren Sohn J. Vom 22.1. bis 28.5.2007 bezog sie Mutterschaftsgeld in Höhe von kalendertäglich 13 Euro zuzüglich eines Zuschusses des Arbeitgebers.
- 4
-
Am 17.4.2007 beantragte die Klägerin Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat von J. Sie legte Verdienstbescheinigungen ihres Arbeitgebers für die Monate Dezember 2005 bis November 2006 vor. Auf dieser Grundlage, die ein durchschnittliches Monatsnettoentgelt von 1350,44 Euro ergab, bewilligte das Versorgungsamt Aachen Elterngeld für den beantragten Zeitraum in Höhe von monatlich 904,79 Euro, wobei für die Zeit bis zum 28.5.2007 das Mutterschaftsgeld nebst Zuschuss angerechnet wurde (Bescheid vom 15.5.2007). Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, für die Zeit von Juli bis November 2006 sei weiteres Arbeitsentgelt zu berücksichtigen, das sie gegenwärtig beim Arbeitsgericht einklage. Die Bezirksregierung Münster wies diesen Widerspruch unter Bezugnahme auf die vorliegenden Gehaltsabrechnungen des Arbeitgebers zurück (Widerspruchsbescheid vom 18.9.2007).
- 5
-
Während des anschließenden Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Aachen (SG) endete der arbeitsgerichtliche Rechtsstreit der Klägerin durch einen Vergleich. Darin verpflichtete sich der Arbeitgeber zu einer Nachzahlung von Arbeitsentgelt für das Jahr 2006 in Höhe von 4766 Euro brutto. Dieser Betrag wurde von dem Arbeitgeber mit Gehaltsbescheinigungen vom 20.2.2008 für die Monate Juli bis November 2006 abgerechnet. Das SG hat der danach auf Gewährung weiteren Elterngeldes in Höhe von 1634,29 Euro gerichteten Klage stattgegeben (Urteil vom 16.12.2008). Dabei hat es das von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in anderen Sozialleistungsbereichen entwickelte modifizierte Zuflussprinzip zu Grunde gelegt, wonach zunächst vorenthaltenes Arbeitsentgelt zu berücksichtigen ist, das vom Arbeitgeber nachträglich für den Bemessungszeitraum gezahlt worden ist.
- 6
-
Auf die Berufung des inzwischen beklagten Kreises Aachen hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 26.8.2009). Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt: Das bei der Berechnung des Elterngeldes zu berücksichtigende Einkommen werde nur dann im Bemessungszeitraum erzielt, wenn es in dieser Zeit auch tatsächlich zugeflossen sei. Daher scheide eine Berücksichtigung des nachträglich für Juli bis November 2006 abgerechneten und erst im Jahre 2008 ausgezahlten Erwerbseinkommens aus. Während der Wortlaut des Gesetzes eine Interpretation in beide Richtungen zulasse, gäben sowohl die Entstehungsgeschichte als auch systematische Erwägungen den Ausschlag für dieses Auslegungsergebnis.
- 7
-
Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin beim BSG Revision eingelegt. Ihre Klage hat sie auf Zahlung eines weiteren Betrages von 1348,05 Euro beschränkt. Sie rügt eine Verletzung des § 2 Abs 1 Satz 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) und hält mit ausführlicher Begründung die Rechtsauffassung des SG für zutreffend. Die Argumente des LSG verfingen dagegen nicht.
- 8
-
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordhrein-Westfalen vom 26. August 2009 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 16. Dezember 2008 zurückzuweisen, soweit ihr weiteres Elterngeld in Höhe von 1348,05 Euro zugesprochen ist.
- 9
-
Der Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
- 10
-
Er ist zusammenfassend der Ansicht, dass eine Berücksichtigung der Gehaltsnachzahlung sowohl an dem Umstand scheitere, dass diese nach Ablauf des Bemessungszeitraumes abgerechnet worden sei, als auch an ihrer Qualifizierung als sonstiger Bezug iS des § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG.
- 11
-
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).
Entscheidungsgründe
- 12
-
Die Revision der Klägerin ist zulässig und begründet. Die von der Klägerin auf Hinweis des Senats auf die Zahlung eines weiteren Betrages von 1348,05 Euro beschränkte Klage (Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs 4 SGG) ist zulässig und begründet. Ihr ist - wie das SG im Grunde zutreffend entschieden hat - in diesem Umfang stattzugeben.
- 13
-
Im Laufe des Gerichtsverfahrens sind auf der Beklagtenseite kraft Gesetzes zwei Beteiligtenwechsel erfolgt (vgl dazu BSG SozR 4-1500 § 57 Nr 2 RdNr 4; BSGE 99, 9 = SozR 4-3250 § 69 Nr 6, RdNr 13 f). Zunächst ist zum 1.1.2008 der Kreis Aachen an die Stelle des Landes Nordrhein-Westfalen getreten, weil ihm von diesem Zeitpunkt an die bis dahin von den Versorgungsämtern wahrgenommenen Aufgaben nach dem BEEG übertragen worden sind (§ 5 Abs 1 Gesetz zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des Landes NRW = Art 1 Zweites Gesetz zur Straffung der Behördenstruktur in NRW vom 30.10.2007, GVBl NRW 482; vgl dazu BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 13 ff). Durch § 1 Abs 1 Städteregion Aachen Gesetz vom 26.2.2008 (GVBl NRW 162) ist der Kreis Aachen mit Ablauf des 20.10.2009 aufgelöst worden. Rechtsnachfolgerin ist die Städteregion Aachen (§ 2 Abs 1 Städteregion Aachen Gesetz).
- 14
-
Die Klage richtet sich jetzt zutreffend gegen den Städteregionsrat der Städteregion Aachen (§ 3 Abs 2 Städteregion Aachen Gesetz ), denn dieser ist als Behörde nach § 70 Nr 3 SGG iVm § 3 Gesetz zur Ausführung des SGG im Lande NRW(AG-SGG NRW) fähig, am sozialgerichtlichen Verfahren beteiligt zu sein (vgl dazu auch BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 4 RdNr 31). Er kann deshalb selbst verklagt werden. Ob die Auffassung des 8. Senats des BSG (s Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 19/08 R - RdNr 14, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) zutrifft, dass eine Klage in diesem Fall zwingend gegen die Behörde und nicht gegen den Rechtsträger zu richten ist, braucht hier nicht entschieden zu werden (zur Gegenansicht vgl BSG Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 21; s auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 70 RdNr 4). Denn die Klägerin hat auf Anregung des Senatsvorsitzenden ihre Klage im Revisionsverfahren - klarstellend - gegen den Städteregionsrat gerichtet.
- 15
-
Der Beklagte ist zur Führung des vorliegenden Prozesses befugt. Auch im sozialgerichtlichen Verfahren ist zwischen der Beteiligtenfähigkeit und der Prozessführungsbefugnis zu unterscheiden. Die Prozessführungsbefugnis ist das Recht, einen Prozess als richtige Partei im eigenen Namen zu führen (vgl Vollkommer in Zöller, ZPO, 28. Aufl 2010, vor § 50 RdNr 18),also als richtiger Kläger zu klagen (aktive Prozessführungsbefugnis vgl Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl 2009, vor § 40 RdNr 23)oder als richtiger Beklagter verklagt zu werden (passive Prozessführungsbefugnis vgl Kopp/Schenke, aaO, § 78 RdNr 1). Die Prozessführungsbefugnis ist entgegen einer in der Literatur jüngst geäußerten Auffassung (Strassfeld, SGb 2010, 520) unproblematisch, wenn die nach § 70 Nr 3 SGG beteiligtenfähige Behörde eines Rechtsträgers an dessen Stelle verklagt wird und sich gegen Ansprüche der Klägerseite verteidigt. Denn es entspricht der Funktion einer durch organisationsrechtliche Rechtssätze gebildeten Behörde, im Rahmen ihrer Zuständigkeit für den Staat oder einen anderen Träger der öffentlichen Verwaltung dessen Aufgaben nach außen selbstständig wahrzunehmen (vgl § 1 Abs 2 SGB X; hierzu Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 1 RdNr 9; hierzu auch § 1 Abs 4 VwVfG; Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl 2008 § 1 RdNr 241 mwN). Sie wird demnach - soweit sie beteiligtenfähig ist - auch in einem Rechtsstreit im eigenen Namen für den Träger der öffentlichen Verwaltung tätig.
- 16
-
Der Anspruch der Klägerin auf Elterngeld für ihren am 22.1.2007 geborenen Sohn ergibt sich zunächst dem Grunde nach aus § 1 BEEG idF vom 5.12.2006 (BGBl I 2748; die Änderung des Abs 7 durch das Gesetz vom 19.8.2007, BGBl I 1970, ist hier unbeachtlich). Danach hat Anspruch auf Elterngeld, wer
1.
seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat,
2.
mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,
3.
dieses Kind selbst betreut und erzieht und
4.
keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.
- 17
-
Zu diesen Tatbestandsmerkmalen haben die Vorinstanzen keine Feststellungen getroffen. Da der Beklagte das Vorliegen dieser Voraussetzungen bei Erteilung seines Bescheides vom 15.5.2007 angenommen hat und sich aus den vom LSG in Bezug genommenen Verwaltungsakten keine Anhaltspunkte für irgendwelche Zweifel daran ergeben, legt der Senat einen entsprechenden Sachverhalt seiner Entscheidung zugrunde. Danach hat die Klägerin dem Grunde nach Anspruch auf Elterngeld, zumal auch ein ordnungsgemäßer Antrag (vgl § 7 BEEG) vorliegt.
- 18
-
Die Höhe des Elterngeldes richtet sich nach § 2 BEEG(ebenfalls idF vom 5.12.2006). Abs 1 Satz 1 dieser Vorschrift sieht vor, dass Elterngeld in Höhe von 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich "erzielten" monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt wird, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt.
- 19
-
Der danach maßgebende Bemessungszeitraum von zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt (am 22.1.2007) erstreckt sich hier zunächst von Januar bis Dezember 2006. Da die Klägerin ab 7.12.2006 wegen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung Krankengeld bezogen, also kein Arbeitsentgelt erhalten hat, ist der Monat Dezember gemäß § 2 Abs 7 Satz 7 iVm Satz 6 BEEG bei der Bestimmung des Bemessungszeitraumes unberücksichtigt zu lassen. Dieser Zeitraum verschiebt sich dementsprechend um einen Monat in die Vergangenheit, umfasst also die Zeit von Dezember 2005 bis November 2006.
- 20
-
Bei der Bemessung des Elterngeldes ist als Einkommen aus Erwerbstätigkeit die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit iS von § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 Einkommenssteuergesetz (EStG) nach Maßgabe des § 2 Abs 7 bis 9 BEEG zu berücksichtigen(§ 2 Abs 1 Satz 2 BEEG). Da bei der Klägerin nur Arbeitsentgelt in Betracht kommt, ist hier § 2 Abs 7 BEEG maßgebend. Nach Satz 1 dieser Vorschrift ist als Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit der um die auf dieses Einkommen entfallenden Steuern und die aufgrund dieser Erwerbstätigkeit geleisteten Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung in Höhe des gesetzlichen Anteils der beschäftigten Person einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung verminderte Überschuss der Einnahmen in Geld oder Geldeswert über die mit 1/12 des Pauschbetrags nach § 9a Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst a EStG anzusetzenden Werbungskosten zu berücksichtigen.
- 21
-
Dazu bestimmt § 2 Abs 7 Satz 4 BEEG, dass Grundlage der Einkommensermittlung die entsprechenden monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers sind. Diese Regelung soll lediglich der Erleichterung der Sachverhaltsaufklärung dienen, sie begründet jedoch keine rechtliche Bindung an die Feststellungen des Arbeitgebers (vgl BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - RdNr 27, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-7837 § 2 Nr 4 vorgesehen).
- 22
-
Der Art nach gehört zum Einkommen aus Erwerbstätigkeit iS des § 2 Abs 7 Satz 1 BEEG sicher das der Klägerin laufend gezahlte Arbeitsentgelt. Auch eine Gehaltsnachzahlung ist insoweit als solche nicht ausgeschlossen. Insbesondere handelt es sich dabei nicht um einen sonstigen Bezug iS von § 38a Abs 1 Satz 3 EStG. In dieser Vorschrift werden sonstige Bezüge als Arbeitslohn definiert, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird. Insoweit wird bei dem Begriff des laufenden Arbeitslohnes ein rein zeitliches Verständnis zu Grunde gelegt (vgl dazu BSG aaO RdNr 30 f). Eine Gehaltsnachzahlung, die - wie hier - Arbeitsentgelt für zurückliegende Monate enthält, weist insoweit eine Besonderheit auf, als sie laufenden Arbeitslohn (monatliches Gehalt) betrifft, aber in einem Betrag gezahlt wird. Sie wird von R 115 Abs 2 Nr 8 Satz 2 Lohnsteuer-Richtlinien 2007 (LStH 2007) (nur) dann als sonstiger Bezug bezeichnet, wenn Arbeitslohn für die Lohnabrechnungszeiträume des abgelaufenen Kalenderjahres später als drei Wochen nach Ablauf des Jahres zufließt (vgl dazu auch Ziff 2.7.1 Richtlinien des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zum BEEG). Diese am Jahresprinzip des § 2 Abs 2 EStG orientierte lohnsteuerrechtliche Ableitung ist - wie das BSG bereits entschieden hat(aaO RdNr 37) - nicht im Rahmen des § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG zu übernehmen. Dementsprechend ist auch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), wonach Lohnnachzahlungen, die ein Arbeitnehmer für frühere Jahre erhält, als sonstiger Bezug im Jahr der Nachzahlung zu erfassen sind (vgl BFH Beschluss vom 29.5.1998, BFH/NV 1998, 1477), hier nicht einschlägig.
- 23
-
Nach § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG ist bei der Bemessung des Elterngeldes (nur) das in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich "erzielte" monatliche Einkommen zu berücksichtigen. Dazu gehört zunächst das für die Monate Dezember 2005 bis November 2006 gezahlte laufende Arbeitsentgelt der Klägerin. Dabei ist unerheblich, dass dieses nach der Vergütung berechnet wurde, die der Arbeitgeber der Klägerin von den jeweiligen Leistungsträgern erhielt. Die Höhe des monatlichen Arbeitsentgeltes der Klägerin beruhte damit allerdings praktisch (auch) auf einer Arbeitsleistung der Klägerin, die einige Zeit zuvor erbracht worden war (vgl dazu allgemein auch BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - aaO RdNr 34). Dieser Umstand ändert nichts daran, dass das Arbeitsentgelt in dem Monat erzielt worden ist, für den es gezahlt wurde. Denn es handelt sich dabei lediglich um eine arbeitsvertraglich geregelte Berechnungsweise des für den betreffenden Monat geschuldeten Arbeitsentgelts. Dieses wurde für die in dem jeweiligen Monat geleisteten Arbeitsstunden gezahlt, nur die Höhe des Entgeltes richtete sich nach der für zuvor erbrachte Leistungen abgerechneten Vergütung der Leistungsträger.
- 24
-
Entgegen der Auffassung des LSG stimmt der erkennende Senat mit dem SG darin überein, dass auch die Gehaltsnachzahlung in Höhe von 4766 Euro, die die Klägerin im Jahre 2008 für die Zeit von Juli bis November 2006 erhalten hat, als iS des § 2 Abs 1 und 7 BEEG erzieltes Einkommen zu berücksichtigen ist.
- 25
-
Vorab ist der gesetzlichen Regelung zu entnehmen, dass nur tatsächlich zugeflossenes Einkommen berücksichtigungsfähig ist. Bloße Entgeltansprüche reichen also nicht. Dies folgt bereits aus § 2 Abs 1 Satz 2 BEEG, wonach auf bestimmte Einkünfte iS des EStG abgestellt wird. Davon sind auch beide Vorinstanzen ausgegangen. Während das SG das vom BSG in anderen Sozialleistungsbereichen entwickelte modifizierte Zuflussprinzip (vgl dazu BSGE 76, 162, 167 = SozR 3-4100 § 112 Nr 22 - dort als kombinierte Anspruchs- und Zuflusstheorie bezeichnet; BSGE 78, 109 = SozR 3-1300 § 48 Nr 48; BSG SozR 4-2500 § 47 Nr 2) angewendet hat (ebenso im Ergebnis Hessisches LSG Urteil vom 3.3.2010 - L 6 EG 16/09 - Revision anhängig unter B 10 EG 5/10 R; vgl auch Dau SGb 2009, 261, 264; Oyda, NZS 2010, 194, 196 f), hält das LSG ein enges (strenges) Zuflussprinzip für angebracht (vgl dazu Dau, juris-PR SozR 10/2010 Anm 4; Röhl, NJW 2010, 1418, 1422).
- 26
-
Nach Auffassung des erkennenden Senats ist für die Bemessung des Elterngeldes nicht nur das dem Berechtigten im Bemessungszeitraum tatsächlich zugeflossene, sondern auch das darin erarbeitete und erst nach dessen Ablauf infolge nachträglicher Vertragserfüllung gezahlte Arbeitsentgelt zugrunde zu legen. Für die Anwendung dieses modifizierten Zuflussprinzips sind folgende Erwägungen maßgebend:
- 27
-
Nach § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG ist der Bemessung des Elterngeldes das in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit zugrunde zu legen. Zwar mag dieser Wortlaut für sich genommen sowohl das enge wie das modifizierte Zuflussprinzip zulassen. Der Begriff des Erzielens ist vom BSG jedoch im Zusammenhang mit der Bemessung anderer Sozialleistungen dahin ausgelegt worden, dass er sowohl das zugeflossene als auch das erarbeitete - erst später oder verspätet zugeflossene - Arbeitsentgelt erfasst (vgl BSG Urteil vom 28.6.1995, BSGE 76, 162, 164 f = SozR 3-4100 § 112 Nr 22 S 91). Abzugrenzen ist davon allerdings der Fall der rückwirkenden Lohnerhöhung (vgl dazu BSGE 76, 156 = SozR 3-4100 § 249e Nr 7). Wenn der Gesetzgeber des BEEG im Jahre 2006 denselben Begriff verwendet, so liegt es aus der Sicht des Rechtsanwenders nahe, ihn in dem von der höchstrichterlichen Rechtsprechung vorgeprägten Sinne zu verstehen. Dies gilt um so mehr, als das BEEG zum Zuflussprinzip keine ausdrückliche Bestimmung enthält. Es wird zwar auf einige Vorschriften des EStG (zB § 2 Abs 1, § 9 Abs 1, § 3a Abs 1 Satz 3), jedoch nicht auf § 11 EStG verwiesen, der das steuerrechtliche Zuflussprinzip regelt. Darüber hinaus ergeben sich auch bei Heranziehung der Gesetzesmaterialien zum BEEG, nach Auswertung der Systematik des Gesetzes und aus anderen Gesichtspunkten keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Gesetzgeber des BEEG den Begriff des erzielten monatlichen Einkommens im Sinne des engen Zuflussprinzips hat verwenden wollen.
- 28
-
Die Gesetzesmaterialien weisen nicht eindeutig in diese Richtung. Allerdings merkt das LSG zutreffend an, dass in der Begründung zum ursprünglichen Gesetzentwurf ausgeführt wird, es solle das Einkommen berücksichtigt werden, das der anspruchsberechtigten Person zuletzt tatsächlich monatlich zur Verfügung gestanden habe und das nun wegen der Unterbrechung oder Einschränkung der Erwerbstätigkeit nicht mehr zur Verfügung stehe (BT-Drucks 16/1889 S 21). Abgesehen davon, dass sich diese Aussage auch nur auf das in § 2 Abs 2 Satz 1 BEEG vorgesehene "Nettoprinzip" beziehen könnte, ist zu berücksichtigen, dass die ursprüngliche Fassung des Entwurfs noch an den Einkommensbegriff des SGB II anknüpfte, der von einem engen Zuflussprinzip ausgeht(vgl § 2 Abs 2 Satz 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung). Da sich die später Gesetz gewordene Fassung des § 2 BEEG an dem steuerrechtlichen Einkommensbegriff orientiert, kann dieser Begründungstext nicht ohne Weiteres zur Ermittlung der gesetzgeberischen Absichten herangezogen werden. Hinzu kommt, dass die Begründung zur Neufassung des Entwurfs die betreffende Formulierung nicht wieder aufgegriffen hat. Vielmehr wird betont, dass durch die entfallende Bezugnahme auf das SGB II nunmehr im Gesetzentwurf selbst eine wesentlich umfassendere Regelung der Einkommensermittlung erfolgen müsse (vgl BT-Drucks 16/2785 S 37).
- 29
-
In ihrer Erläuterung zur Bezugnahme auf § 38a Abs 1 Satz 3 EStG gehen die Beschlussempfehlung und der Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend darauf ein, dass durch den Ausschluss einmaliger Einnahmen Zufallsergebnisse vermieden werden sollen. Weiter vertritt der Ausschuss die Ansicht, dass dies der Regelung beim Mutterschaftsgeld entspreche (BT-Drucks 16/2785 S 37). Soweit damit allgemein ein Gleichklang zwischen der Ermittlung des berücksichtigungsfähigen Einkommens beim Elterngeld und der beim Mutterschaftsgeld angestrebt war, spräche dies für eine Einbeziehung nachträglicher Gehaltszahlungen (vgl dazu Buchner/Becker, Mutterschutzgesetz und BEEG, 8. Aufl 2008, § 11 MuSchG RdNr 93).
- 30
-
Die Systematik des BEEG legt ebenfalls nicht den Schluss nahe, es müsse im Rahmen des § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG ein enges Zuflussprinzip gelten.
- 31
-
Soweit § 2 Abs 7 Satz 4 BEEG eine Verwendung der Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers vorsieht, ist damit eine Berücksichtigung von geänderten Bescheinigungen, die auf Grund einer Gehaltsnachzahlung erstellt worden sind, nicht ausgeschlossen. In § 2 Abs 8 und 9 BEEG hat der Gesetzgeber für Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit eigenständige Regelungen geschaffen, die den Besonderheiten dieser Einkommensarten Rechnung tragen. Sie lassen daher keine Rückschlüsse auf die Auslegung des § 2 Abs 7 BEEG zu.
- 32
-
Auch das Fehlen einer ausdrücklichen Bestimmung zum modifizierten Zuflussprinzip ist kein hinreichendes Argument gegen dessen Anwendung im Bereich des BEEG. Zwar hat der Gesetzgeber in § 131 Abs 1 Satz 2 SGB III eine ausdrückliche Regelung getroffen. Diese geht jedoch insoweit über das von der Rechtsprechung entwickelte modifizierte Zuflussprinzip (späterer Zufluss des im Bemessungszeitraum erarbeiteten Arbeitsentgelts) hinaus, als sie nicht nur später zugeflossenes, sondern auch Arbeitsentgelt einbezieht, das nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen ist. Im Übrigen ist auch im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung der in § 47 Abs 1 Satz 1 SGB V allein verwendete Begriff des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts von der Rechtsprechung iS des modifizierten Zuflussprinzips verstanden worden(vgl BSG Urteil vom 16.2.2005 - B 1 KR 19/03 R - SozR 4-2500 § 47 Nr 2), ohne dass der Gesetzgeber danach Veranlassung zu einer besonderen Regelung gesehen hat. Schließlich erlaubt der Umstand, dass der Ausfall von Arbeitsentgelt im Bemessungszeitraum (zB wegen Krankheit, Arbeitslosigkeit oder Insolvenz des Arbeitgebers) im Rahmen des § 2 BEEG seinem Wortlaut nach grundsätzlich nicht berücksichtigt wird(zu den Ausnahmen vgl § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG idF vom 5.12.2006), nicht die Schlussfolgerung, dass zur nachträglichen Vertragserfüllung nachgezahltes Gehalt ebenfalls außer Betracht zu bleiben habe. Dabei wird nämlich der entscheidende Unterschied zwischen beiden Fallgestaltungen, dass hier das zunächst zurückgehaltene Arbeitsentgelt tatsächlich noch gezahlt wird, übersehen.
- 33
-
Nach Auffassung des erkennenden Senats bestätigt der Sinn und Zweck des Elterngeldes die Anwendung des nach dem Wortlaut des Gesetzes geltenden modifizierten Zuflussprinzips.
- 34
-
Ziel des Elterngeldes ist es vor allem, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sich Eltern vorrangig um die Betreuung ihrer Kinder kümmern (vgl BT-Drucks 16/1889 S 22, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2; BT-Drucks 16/2785 S 2). Jeder betreuende Elternteil, der seine Erwerbstätigkeit unterbricht oder reduziert, soll einen an seinem individuellen Einkommen orientierten Ausgleich für die finanziellen Einschränkungen im ersten Lebensjahr des Kindes erhalten (vgl BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2). Durch die Betreuung des Kindes sollen die Eltern keine allzu großen Einkommenseinbußen befürchten müssen (vgl Bericht der Bundesregierung vom 30.10.2008 über die Auswirkungen des BEEG, BT-Drucks 16/10770 S 5 f). Dabei geht es erkennbar um die Sicherung eines wirtschaftlichen Dauerzustandes, möglichst unabhängig von staatlichen Fürsorgeleistungen (vgl BT-Drucks 16/1889 S 15; BT-Drucks 16/2785 S 2).
- 35
-
Dieser Zielsetzung entspricht eine modifizierte Anwendung des Zuflussprinzips besser als eine enge. Die generelle Berücksichtigung der Nachzahlung des im Bemessungszeitraum vorenthaltenen Arbeitsentgelts vermeidet Zufallsergebnisse, die sonst dadurch entstehen können, dass derartige Zahlungen nur dann Berücksichtigung finden, wenn sie noch im Bemessungszeitraum erfolgen. Es erscheint auch nicht angebracht, die Einkommensbemessung von rechtswidrigen Verhaltensweisen des Arbeitgebers abhängig zu machen. Dies gilt insbesondere bei über einen längeren Zeitraum (hier maximal 14 Monate) gewährten Leistungen. Hinzu kommt, dass der Elterngeldberechtigte bei Anwendung des engen Zuflussprinzips durch das Versäumnis seines Arbeitgebers doppelt beeinträchtigt würde: Zum einen ist sein Bemessungseinkommen niedriger und zum anderen verringert die Nachzahlung während der Elternzeit ggf seinen Anspruch auf Elterngeld (vgl § 2 Abs 1 und 3 BEEG; zur Bedeutung derartiger Auswirkungen für die Befürwortung des modifizierten Zuflussprinzips s auch BSGE 76, 162, 168 f = SozR 3-4100 § 112 Nr 22 S 95 f). Einer zeitnahen Bewilligung des Elterngeldes steht das modifizierte Zuflussprinzip nicht im Wege, da in solchen Fällen eine vorläufige Zahlung möglich ist (vgl § 8 Abs 3 BEEG).
- 36
-
Da der Senat bereits mit herkömmlichen Auslegungsmitteln dazu gelangt, das modifizierte Zuflussprinzip auch im Bereich des BEEG anzuwenden, bedarf es keiner Erwägungen dazu, ob dieses Ergebnis auch verfassungsrechtlich geboten ist. Auch wenn der Gesetzgeber sonstige Bezüge iS des § 38a Abs 1 Satz 3 EStG (also im Wesentlichen sog Einmalzahlungen) außer Betracht lassen konnte(vgl dazu allgemein BVerfG
SozR 4-4300 § 434c Nr 6) , folgt daraus nicht zwingend, dass dies auch für Gehaltsnachzahlungen der hier streitigen Art gilt. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass die vom Senat vertretene Rechtsauslegung mit dem GG unvereinbar sein könnte.
- 37
-
Unter Berücksichtigung der Gehaltsnachzahlung in Höhe von 4766 Euro erhöht sich das Bemessungseinkommen der Klägerin von 1350,44 Euro auf 1609,24 Euro. Wie die Vorinstanzen zutreffend festgestellt haben, ergab sich aus den ursprünglich vorgelegten Gehaltsbescheinigungen für die Zeit von Dezember 2005 bis November 2006 ein Nettoeinkommen von insgesamt 16 205,25 Euro. Aus den vom LSG in Bezug genommenen nachträglichen Gehaltsbescheinigungen vom 20.2.2008 in Verbindung mit dem ebenfalls bei den Akten befindlichen Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung vom 20.2.2008 für 2007 ist zu entnehmen, dass von dem Nachzahlungsbetrag folgende Abzüge vorgenommen worden sind:
Nachzahlungsbetrag
4766,00 Euro
KV-Beitrag
-
328,84 Euro
PV-Beitrag
-
52,43 Euro
RV-Beitrag
-
464,67 Euro
AV-Beitrag
-
154,88 Euro
Lohnsteuer
-
576,00 Euro
Soli-Zuschlag
-
31,68 Euro
Kirchensteuer
-
51,84 Euro
Nettobetrag
3105,66 Euro.
- 38
-
Dadurch erhöht sich das bislang berücksichtigte Nettoeinkommen auf 19 310,91 Euro. 67 % eines Zwölftels dieses Betrages (= 1078,19 Euro) entsprechen dem monatlichen Elterngeldanspruch. Da das bis zum 28.5.2007 gezahlte und gemäß § 3 Abs 1 Satz 1 und 3 BEEG anrechenbare Mutterschaftsgeld (nebst Zuschuss des Arbeitgebers) diesen Betrag überstieg, hat die Klägerin ab 29.5.2007 Anspruch auf folgende Beträge:
5. Lebensmonat des Kindes
834,73 Euro
6. bis 12. Lebensmonat des Kindes
7547,33 Euro
Gesamtanspruch
8382,06 Euro.
- 39
-
Da die Klägerin auf der Grundlage des Bescheides vom 15.5.2007 bereits 7034,01 Euro erhalten hat, beläuft sich ihr Restanspruch auf 1348,05 Euro.
- 40
-
Auf Grund einer irrtümlichen Nichtberücksichtigung des Steuerabzuges hat das SG der Klägerin weiteres Elterngeld in Höhe von 1634,29 Euro zugesprochen, obwohl die Klage nur in Höhe von 1348,05 Euro begründet ist. Dem hat die Klägerin durch eine entsprechende Beschränkung ihrer Klage im Revisionsverfahren Rechnung getragen.
Tenor
-
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. Mai 2010 aufgehoben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 3. Juli 2008 zurückgewiesen.
-
Der Beklagte hat der Klägerin auch für das Berufungs- und Revisionsverfahren die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
- 1
-
Streitig ist die Höhe des Elterngeldes der Klägerin.
- 2
-
Die Klägerin war nach einer Erziehungszeit für ein älteres Kind ab Juni 2006 wieder in einer Arztpraxis abhängig beschäftigt. Am 20.2.2007 gebar sie ihre Tochter R. Aus Anlass der Geburt bezog sie als im Mutterschutzzeitraum nur Familienversicherte kein Mutterschaftsgeld. Seit Juli 2006 hatte der Arbeitgeber der Klägerin kein Gehalt mehr ausgezahlt und das Arbeitsverhältnis gekündigt. Ab 1.7.2006 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld. Im Rahmen der arbeitsgerichtlichen Kündigungsschutzklage kam es am 5.9.2007 zu einem Vergleich, nach dessen Inhalt das Arbeitsverhältnis mit dem Ende der Elternzeit der Klägerin beendet war und das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß bis zum Beginn der Elternzeit abgerechnet sowie entsprechende Beträge an die Klägerin ausgezahlt werden sollten. Die Nachzahlung der Gehälter für Juli 2006 bis Januar 2007 einschließlich "Zuschuss zum Mutterschaft" für die Monate Januar bis März 2007 an die Klägerin erfolgte im Oktober 2007. Für "2006" bescheinigte der Arbeitgeber einen Bruttoarbeitslohn von 14 888,70 Euro.
- 3
-
Auf den Leistungsantrag der Klägerin gewährte ihr der beklagte Freistaat mit Bescheid vom 28.3.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.9.2007 Elterngeld in Höhe des Grundbetrages von 300 Euro monatlich für zwölf Monate. Im Bemessungszeitraum von Februar 2006 bis Januar 2007 sei anrechenbares Einkommen nur im Monat Juni 2006 vorhanden. Die Gehaltsnachzahlung sei nicht im Bemessungszeitraum zugeflossen und daher nicht zu berücksichtigen.
- 4
-
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht München (SG) hat die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, "Elterngeld berechnet nach dem Einkommen der Klägerin aus Erwerbstätigkeit in den maßgeblichen zwölf Monaten vor Beginn der Gewährung von Elterngeld zu zahlen". Das SG hat den Beklagten unter Änderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, der Klägerin Elterngeld unter Zugrundelegung eines Bruttoeinkommens aus nicht selbstständiger Arbeit für den Zeitraum von Juni 2006 bis Dezember 2006 in Höhe von 14 888,70 Euro unter Berücksichtigung der gesetzlich vorgesehenen Abzüge sowie der Anrechnungsvorschrift des § 3 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) zu gewähren(Urteil vom 3.7.2008).
- 5
-
Dieses Urteil ist vom Beklagten mit der Berufung angefochten worden. Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat es aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 12.5.2010). Diese Entscheidung ist auf folgende Erwägungen gestützt:
Nach § 2 BEEG sei das der Berechnung des Elterngeldes zugrunde zu legende Einkommen nach Maßgabe des Steuerrechts zu bestimmen. Bemessungsentgelt seien damit die steuerrechtlichen Einkünfte in den in § 2 Abs 1 Nr 1 bis 4 Einkommensteuergesetz (EStG) genannten Einkunftsarten, sofern es sich nicht um sonstige Bezüge handele. Maßgebend für die Frage der Steuerpflicht im Allgemeinen und ihrer zeitlichen Zuordnung im Besonderen seien zunächst die Regelungen des Einkommens- und Lohnsteuerrechts. Nach § 11 Abs 1 EStG seien Einnahmen innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen seien. Das sei im Fall der Gehaltsnachzahlungen an die Klägerin der Monat Oktober 2007. Für Einnahmen aus nicht selbstständiger Arbeit verweise § 11 Abs 1 Satz 4 EStG jedoch auf die spezielleren Regelungen der §§ 38a Abs 1 Sätze 2 und 3, 39, 40 Abs 3 Satz 2 EStG über den Lohnsteuerabzug. Insoweit existierten zwei lohnsteuerrechtliche Durchbrechungen des Zuflussprinzips im Kalenderjahr der Zahlung.
- 6
-
Durch eine Anwendung des § 38a Abs 1 Sätze 1 und 2 EStG, der die kalenderjährliche Ausrichtung der Einkommensteuer im Blick habe, komme es im Zusammenhang mit der Elterngeldberechnung in einer nicht am Kalenderjahr ausgerichteten Zwölfmonatsbetrachtung zu nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes ungewollten Verwerfungen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe daher in seinem Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - eine einschränkende Auslegung des § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG vorgenommen, indem es den Begriff der sonstigen Bezüge auf klassische Einmalzahlungen reduziert habe. Zudem habe es aus dem Verweis auf § 38a Abs 1 Satz 3 EStG geschlossen, dass dessen Sätze 1 und 2 keine Anwendung fänden. Damit seien die Durchbrechungen des Zuflussprinzips durch die speziellen Regelungen des Lohnsteuerabzugs elterngeldrechtlich nicht anwendbar. Dies beziehe sich auch auf § 38a Abs 1 Satz 2 EStG, der auch Jahre später zugeflossenen laufenden Arbeitslohn zeitlich dem Lohnzahlungszeitraum zuordne, für den er hätte gezahlt werden müssen.
- 7
-
Damit müsse elterngeldrechtlich in Übereinstimmung mit dem in § 11 Abs 1 Satz 1 EStG enthaltenen Grundprinzip steuerlicher zeitlicher Zuordnung auf den tatsächlichen Zuflusszeitpunkt abgestellt werden, so dass die im Oktober 2007 zugeflossene Lohnnachzahlung nicht mehr dem Bemessungszeitraum zugeordnet werden könne. Die Nichteinbeziehung der nach Ende des Bemessungszeitraums zugeflossenen Lohnzahlungen verstoße weder gegen Art 6 GG noch gegen Art 3 Abs 1 GG.
- 8
-
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts: Zu Unrecht ziehe das LSG aus der Vorschrift des § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG, nach dem sonstige Bezüge iS von § 38a Abs 1 Satz 3 EStG nicht als Einnahmen berücksichtigt werden, den Schluss, dass erzieltes Einkommen iS des § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG die nach Maßgabe des Einkommensteuerrechts steuerpflichtigen Einkünfte der genannten steuerlichen Einkunftsarten seien, sofern es sich nicht um sonstige Bezüge handele. Soweit das LSG weiter ausführe, dass die Regelungen des Einkommens- und Lohnsteuerrechts maßgebend seien, stelle sich die Frage, ob dies im Rahmen des BEEG zutreffend sei, da dieses gerade nicht zum Steuerrecht gehöre. Soweit sich das LSG dann auf § 11 Abs 1 EStG beziehe, sei auf diese Vorschrift in § 2 BEEG über den Zufluss von Einnahmen nicht einmal verwiesen. Somit könne auch nicht lohnsteuerrechtlich argumentiert werden. Entscheidend könne nur sein, welcher Sinn und Zweck mit der Bezugnahme auf § 38a Abs 1 Satz 3 EStG verfolgt sei. Das LSG verkenne hier, dass § 2 Abs 1 BEEG auf das erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit abstelle, nicht aber auf das ausgezahlte oder nach lohnsteuerrechtlichen Vorschriften oder Richtlinien als bezogen geltende Einkommen. Entscheidend sei, wie der Begriff "laufender Arbeitslohn" zu verstehen sei. Dies müsse unter Berücksichtigung des Zwecks des Elterngeldes als Lohnersatzleistung erfolgen. Danach sei zwar erzieltes, aber nicht ausgezahltes Einkommen zu berücksichtigen. Die fehlende Berücksichtigung der nach dem Ende des Bemessungszeitraums zugeflossenen Lohnzahlungen verstoße nicht nur gegen den Wortlaut des Gesetzes, sondern auch gegen Art 6 GG sowie Art 3 GG.
- 9
-
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. Mai 2010 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 3. Juli 2008 zurückzuweisen.
- 10
-
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
- 11
-
Er hält das angefochtene Urteil auch angesichts des Urteils des erkennenden Senats vom 30.9.2010 - B 10 EG 19/09 R - für zutreffend. Ergänzend trägt er vor:
- 12
-
§ 2 Abs 1 Satz 2 BEEG stelle auf das "erzielte" monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit ab. Entgegen der Revision und entgegen dem Urteil des BSG vom 30.9.2010 sei dieser Begriff grundsätzlich anhand steuerlicher Grundsätze zu bestimmen. Hierzu gehörten die Grundsätze der steuerlichen Zuordnung nach dem Zufluss- bzw Realisationsprinzip. Dies folge aus dem Wortlaut des Gesetzes, der im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gebrachten Zielsetzung sowie dessen Systematik. Die allein an steuerrechtlichen Grundsätzen orientierte Einkommensermittlung diene insbesondere der Verwaltungspraxis, weil "im Regelfall" auf die vorliegenden Gehaltsbescheinigungen zurückgegriffen werden könne. Andernfalls müsse die Verwaltung entweder mit der Bewilligung des Elterngeldes bis zum rechtskräftigen Abschluss des Arbeitsgerichtsprozesses abwarten oder vorläufig Elterngeld gewähren und dies später endgültig feststellen. Weiter müssten alle Gehaltsbescheinigungen im Bemessungszeitraum daraufhin geprüft werden, ob Nach- oder Überzahlungen für Zeiten vor dem Bemessungszeitraum enthalten seien.
- 13
-
Die Berücksichtigung nur derjenigen Einnahmen, die dem Elterngeldberechtigten im Bemessungszeitraum tatsächlich zur Verfügung gestanden haben, entspreche zudem der Konzeption des Elterngeldes als Leistung zum (teilweisen) Ersatz individueller Einkommensausfälle. Erst vor diesem Hintergrund ergebe sich die Funktionalität des § 2 Abs 7 Satz 4 BEEG. Die Erstellung von Lohn- und Gehaltsbescheinigungen sei durch die Entgeltbescheinigungsrichtlinie standardisiert. Das Zusammenspiel der Regelungen zur Elterngeldberechnung und zur Berücksichtigung der Regelungen in § 2 Abs 7 Satz 4 und § 9 BEEG erfülle nur dann seine Funktion, wenn die Entgeltdaten aus den Bescheinigungen "grundsätzlich" übernommen werden könnten.
- 14
-
Systematisch spreche weiter für die Geltung des Zuflussprinzips, dass die anderen Einkunftsarten (Gewinneinkünfte), die bei der Berechnung des Elterngeldes zugrunde zu legen seien, ausschließlich nach steuerlichen Grundsätzen zu ermitteln seien. Nach § 2 Abs 8 Satz 2, Abs 9 Satz 1 BEEG sei ausschließlich der Zufluss maßgebend, auch wenn ein Geschäftspartner eine Rechnung vertragswidrig nicht bzw nicht in einem angemessenen zeitlichen Rahmen begleiche. Anders sei dies bei Bilanzierenden, bei denen das Realisationsprinzip Anwendung finde. Danach erfolge die Gewinnerzielung zu dem Zeitpunkt, in dem der Leistungsgeber seine Leistung erbracht habe, dh mit der Lieferung der Sache oder dem Abschluss der Dienstleistung.
- 15
-
Mit der Änderung des § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG durch das Haushaltsbegleitgesetz 2011 vom 9.12.2010 habe der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass der elterngeldrechtliche und der steuerrechtliche Einkommensbegriff deckungsgleich seien. Hieraus lasse sich entnehmen, dass - anders als im Urteil des BSG vom 30.9.2010 (B 10 EG 19/09 R, RdNr 27) - das Zuflussprinzip anzuwenden sei. Soweit es das BSG in dem genannten Urteil (aaO, RdNr 35) für nicht angebracht halte, die Einkommensbemessung von rechtswidrigen Verhaltensweisen des Arbeitgebers abhängig zu machen, sei zu berücksichtigen, dass sich aufgrund des vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitgebers ein Anspruch auf Ersatz des dadurch entstandenen Schadens ergeben könnte. Soweit Nachzahlungen als sonstige Bezüge zu behandeln seien und deswegen nicht im Rahmen der Elterngeldberechnung berücksichtigt würden, sei durch ein vertragswidriges Verhalten des Arbeitgebers ein Schaden entstanden.
Entscheidungsgründe
- 16
-
Die Revision der Klägerin ist zulässig. Sie ist aufgrund der Zulassung durch das LSG statthaft und von der Klägerin form- und fristgerecht eingelegt und entsprechend den Anforderungen des § 164 Abs 2 SGG begründet worden.
- 17
-
Die Revision der Klägerin ist zudem begründet. Verfahrenshindernisse aus den vorinstanzlichen Verfahren stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen.
- 18
-
Streitgegenstand des Revisionsverfahrens, der sich nach dem Umfang der angefochtenen Entscheidung des LSG sowie dem Revisionsantrag bestimmt, ist der Anspruch der Klägerin auf Elterngeld unter Berücksichtigung der - zT nachträglichen - Gehaltszahlungen für die Monate Juni bis Dezember 2006. In diesem Umfang hatte das SG den Beklagten zur Zahlung von (höherem) Elterngeld verurteilt. Nach auf die Berufung des Beklagten erfolgter Aufhebung dieses Urteils und Klageabweisung erstrebt die Klägerin mit ihrer Revision - zutreffend - die Wiederherstellung des Urteils des SG. Einen darüber hinausgehenden Anspruch - etwa auf zusätzliche Berücksichtigung des Gehalts für Januar 2007 bei der Berechnung des Elterngeldes - könnte sie nicht geltend machen, denn sie hat das Urteil des SG, soweit es für sie nicht begünstigend war, hingenommen.
- 19
-
Die Klägerin hat Anspruch auf Elterngeld in dem vom SG ausgeurteilten Umfang. Die Verpflichtung des Beklagten ist insoweit auf die Zahlung des Betrages begrenzt, der den von ihm bewilligten Leistungsbetrag von monatlich 300 Euro übersteigt.
- 20
-
Der Anspruch der Klägerin auf Elterngeld für das erste Lebensjahr ihrer am 20.2.2007 geborenen Tochter richtet sich nach den am 1.1.2007 in Kraft getretenen Vorschriften des BEEG idF vom 5.12.2006 (BGBl I 2748). Er ergibt sich dem Grunde nach aus § 1 BEEG. Danach hat Anspruch auf Elterngeld, wer
1. seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat,
2. mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,
3. dieses Kind selbst betreut und erzieht und
4. keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.
- 21
-
Zu diesen Tatbestandsmerkmalen haben die Vorinstanzen im Einzelnen keine tatsächlichen Feststellungen getroffen. Das LSG hat lediglich pauschal ausgeführt, dass die Klägerin die in § 1 BEEG genannten Voraussetzungen "unstreitig" erfüllt, nicht jedoch, dass es selbst von deren Erfüllung überzeugt ist(vgl dazu BSG SozR 4-1500 § 163 Nr 1; SozR 4-2700 § 8 Nr 12). Da der Beklagte das Vorliegen dieser Voraussetzungen bei der Erteilung seines Bescheides vom 28.3.2007 angenommen hat und sich aus den vom LSG in Bezug genommenen Verwaltungsakten für das LSG ersichtlich keine Zweifel daran ergaben, legt der Senat den entsprechenden Sachverhalt seiner Entscheidung zugrunde. Danach hat die Klägerin dem Grunde nach Anspruch auf Elterngeld, zumal auch ein ordnungsgemäßer Antrag (vgl § 7 BEEG) vorliegt.
- 22
-
Der Klägerin steht Elterngeld in der Höhe zu, wie es sich aus dem Urteil des SG ergibt. Die Höhe bestimmt sich nach § 2 BEEG. Abs 1 Satz 1 dieser Vorschrift (idF vom 5.12.2006) sieht vor, dass Elterngeld in Höhe von 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich "erzielten" monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt wird, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Nach § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG bleiben bei der Bestimmung des zwölfmonatigen Bemessungszeitraums Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte Person ua Mutterschaftsgeld bezogen hat.
- 23
-
Der nach diesen Vorschriften für die Berechnung des Elterngeldes maßgebende Zeitraum von zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt (am 20.2.2007) erstreckt sich hier eigentlich von Februar 2006 bis Januar 2007. Das SG hat jedoch zur Berücksichtigung des Einkommens der Klägerin bis Dezember 2006 verurteilt, also den Monat Januar 2007 unberücksichtigt gelassen. Ob dies zutreffend ist, weil die Klägerin möglicherweise iS des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG - erst im Oktober 2007 - rückwirkend ab Januar 2007 "Mutterschaftsgeld nach der Reichsversicherungsordnung" bezogen hat, kann dahinstehen. Da die Klägerin vor Juni 2006 kein Einkommen gehabt hat, geht die Nichtberücksichtigung des Monats Januar 2007 zu ihren Lasten. Dabei muss es verbleiben. Denn das insoweit für die Klägerin ungünstige Urteil des SG ist allein vom Beklagten angefochten worden. Entsprechendes gilt auch für die Nichtanwendung des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG auf die von der Klägerin bis Mai 2006 zurückgelegte Erziehungszeit(s dazu Urteil des erkennenden Senats vom 18.8.2011 - B 10 EG 10/10 R -).
- 24
-
Gemäß § 2 Abs 1 Satz 2 BEEG ist bei der Bemessung des Elterngeldes als - nach Satz 1 erzieltes - Einkommen aus Erwerbstätigkeit die Summe der positiven Einkünfte ua aus nichtselbstständiger Arbeit iS von § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG nach Maßgabe der Abs 7 bis 9 dieser Vorschrift zu berücksichtigen. Da bei der Klägerin allein Arbeitsentgelt (Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 EStG) in Betracht kommt, ist § 2 Abs 7 BEEG maßgebend. Nach Satz 1 dieser Vorschrift ist als Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit der um die auf dieses Einkommen entfallenden Steuern und die aufgrund dieser Erwerbstätigkeit geleisteten Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung in Höhe des gesetzlichen Anteils der beschäftigten Person einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung verminderte Überschuss der Einnahmen in Geld oder Geldeswert über die mit 1/12 des Pauschbetrages nach § 9a Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst a EStG anzusetzenden Werbungskosten zu berücksichtigen.
- 25
-
Zu § 2 Abs 1 und 7 BEEG hat der erkennende Senat bereits entschieden(Urteil vom 30.9.2010 - B 10 EG 19/09 R - BSGE 107, 18 = SozR 4-7837 § 2 Nr 6), dass für die Bemessung des Elterngeldes als erzielt nicht nur das dem Berechtigten im Bemessungszeitraum tatsächlich zugeflossene, sondern auch das darin erarbeitete und erst nach dessen Ablauf infolge nachträglicher Vertragserfüllung gezahlte Arbeitsentgelt zugrunde zu legen ist. Arbeitsentgelt ist in dem Zeitraum erzielt, in dem es erarbeitet und für den es tatsächlich gezahlt wurde. Das durch die Arbeitsleistung oder durch das Anbieten der Arbeitsleistung erarbeitete und erst verspätet gezahlte Arbeitsentgelt ist in diesem Zeitraum erzielt. Für dieses Begriffsverständnis spricht - auch aus heutiger Sicht - der Umstand, dass dem Gesetzgeber des BEEG der von der langjährigen Rechtsprechung des BSG im Zusammenhang mit den Lohnersatzleistungen des Sozialversicherungsrechts erkannte Inhalt des Begriffs des Erzielens bekannt war, er ihn gleichwohl in § 2 Abs 1 BEEG verwendet und zugleich gerade nicht auf den das steuerrechtliche Zuflussprinzip regelnden § 11 EStG Bezug genommen hat(s BSG Urteil vom 30.9.2010, aaO RdNr 27 mwN).
- 26
-
Die vom Beklagten mit der Revisionserwiderung vorgetragenen Einwände überzeugen, auch soweit sie nicht schon im Urteil des BSG vom 30.9.2010 behandelt worden sind, nicht: Das Zuflussprinzip gehört nicht zum steuerrechtlichen Einkommensbegriff des § 2 Abs 4 EStG. Seine Regelung hat es vielmehr in § 11 EStG gefunden, auf den im BEEG nicht verwiesen wird. § 2 Abs 7 Satz 4 BEEG erlaubt nur in der Regel die Übernahme der Angaben des Arbeitgebers in der Lohn- und Gehaltsbescheinigung. Eine - wie hier - verspätet erfolgte Auszahlung des Arbeitsentgelts ist gerade nicht der Regelfall. Die vorläufige Festsetzung des Elterngeldes ist in § 8 Abs 3 BEEG ausdrücklich vorgesehen. Sie genügt in derartigen Ausnahmefällen auch einer verwaltungspraktikablen Handhabung. Der Lebensstandard eines Menschen wird durchaus nicht nur durch die ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Geldmittel bestimmt, sondern auch durch das bereits erarbeitete Entgelt, das erst nachträglich gezahlt wird. Die Gewinnermittlung bei Selbstständigen ist gesondert zu sehen, ohne dass daraus zwingend Rückschlüsse auf die Einkommensermittlung abhängig Beschäftigter zu ziehen sind. Insbesondere wäre der Umstand, dass bei Selbstständigen die Gewinneinkünfte ausschließlich nach steuerrechtlichen Prinzipien und damit nach dem tatsächlichen Zufluss zu bestimmen sind, kein Grund, die Nachzahlung von Gehalt bei abhängig Beschäftigten in gleicher Weise zu handhaben. Es bestehen insoweit maßgebliche Unterschiede, als bei abhängig Beschäftigten die regelmäßige und pünktliche Gehaltszahlung durch den Arbeitgeber der Regelfall ist, während es bei Selbstständigen als Regelfall angesehen werden muss, dass die Bezahlung von Rechnungen durch verschiedene Schuldner unregelmäßig erfolgt.
- 27
-
Nach § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG(idF vom 5.12.2006) werden sonstige Bezüge iS von § 38a Abs 1 Satz 3 EStG nicht als Einnahmen berücksichtigt. Diese Vorschrift ist im vorliegenden Fall weiterhin anwendbar, nicht jedoch deren zum 1.1.2011 erfolgte Neufassung durch das Haushaltsbegleitgesetz 2011 (HBegleitG 2011) vom 9.12.2010 (BGBl I 1885). Nach den allgemeinen Regeln des intertemporalen Rechts ist die letztgenannte Norm nicht auf Sachverhalte anzuwenden, die vor ihrem Inkrafttreten abgeschlossen waren. Das ist im vorliegenden Verfahren der Fall, denn der Elterngeldzahlungszeitraum war schon im Jahre 2008 beendet. Ob § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG idF ab 1.1.2011 auf Leistungsfälle einwirken kann, die bei seinem Inkrafttreten noch nicht abgeschlossen waren (vgl dazu BSG Urteil vom 28.4.2004 - B 2 U 12/03 R - SozR 4-2700 § 70 Nr 1), oder aber nach dem sog Leistungsfallprinzip nur auf Ansprüche auf Elterngeld aus Anlass von Geburten ab seinem Inkrafttreten Geltung beansprucht (s dazu BSG Urteil vom 23.1.2008 - B 10 EG 5/07 R - BSGE 99, 293 = SozR 4-7837 § 27 Nr 1, RdNr 20; Urteil vom 22.6.2010 - B 1 KR 29/09 R - SozR 4-2500 § 275 Nr 4, RdNr 14), muss aus Anlass des vorliegenden Falles nicht entschieden werden.
- 28
-
Zu § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG idF vom 5.12.2006 ist der Senat in seinem Urteil vom 30.9.2010 (aaO) davon ausgegangen, dass es sich bei der infolge nachträglicher Vertragserfüllung verspätet erfolgten Nachzahlung von Arbeitslohn elterngeldrechtlich nicht um einen sonstigen Bezug iS des § 38a Abs 1 Satz 3 EStG handelt. Diese Vorschrift definiert als "sonstige Bezüge" Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird. Ergänzend dazu bestimmt R 115 Abs 2 Nr 8 Satz 2 Lohnsteuer-Richtlinien 2007 (LStH 2007) die Nachzahlung von Arbeitslohn als sonstigen Bezug, wenn Arbeitslohn für Lohnabrechnungszeiträume des abgelaufenen Kalenderjahres später als drei Wochen nach Ablauf des Jahres zufließt. Danach wären die der Klägerin erst im Oktober 2007 tatsächlich zugeflossenen Gehälter für die Monate Juli bis Dezember 2006 als sonstige Bezüge anzusehen.
- 29
-
Nach der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des Senats ist jedoch die am Jahresprinzip des § 2 Abs 2 EStG orientierte lohnsteuerrechtliche Zuordnung, wonach später als drei Wochen nach Jahresende für Lohnzahlungszeiträume des abgelaufenen Jahres zugeflossener Arbeitslohn als sonstiger Bezug im Folgejahr bezeichnet ist, im Rahmen des § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG nicht zu übernehmen(BSG aaO, RdNr 22; davor BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4, RdNr 37). Zu dieser Annahme sieht sich der Senat besonders deswegen veranlasst, weil § 2 Abs 7 Satz 1 und 2 BEEG ausdrücklich nur auf § 38a Abs 1 Satz 3 EStG verweist (sonstiger Bezug), auf die Vorschrift des § 11 EStG über die zeitliche Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben, insbesondere den Zufluss von Leistungen(s § 11 Abs 1 EStG), indessen nicht. Diese Rechtsprechung beruht ferner auf der Überlegung, dass die Regelung der R 115 Abs 2 Nr 8 Satz 2 LStH 2007 lediglich dazu führt, dass der für das abgelaufene Kalenderjahr später als drei Wochen nach dessen Ablauf zugeflossene Arbeitslohn dem folgenden Kalenderjahr zuzuordnen und entsprechend lohnsteuermäßig zu behandeln ist (§ 38a Abs 1 Satz 3 und § 38a Abs 3 Satz 2 EStG). Auch diese "sonstigen Bezüge" unterliegen danach der Besteuerung. Demgegenüber führt die Anwendung dieser spezifisch lohnsteuerrechtlichen Regelungen im Elterngeldrecht in vielen Fällen - so auch vorliegend - zu einer vollständigen Nichtberücksichtigung solcher Zahlungen, die tatsächlich im Bemessungszeitraum vor der Geburt "erzielt", also erarbeitet (s BSG Urteil vom 30.9.2010, aaO, RdNr 26) worden sind. Dieses Ergebnis ist, wie der erkennende Senat ebenfalls im genannten Urteil entschieden hat, mit Wortlaut ("erzielen") und Systematik des BEEG sowie mit Sinn und Zweck des Elterngeldes nicht vereinbar (BSG aaO, RdNr 27 ff). An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch nach erneuter Überprüfung anhand der vom Beklagten und vom LSG geäußerten Kritik fest.
- 30
-
Bei rein steuerrechtlicher Betrachtung kann nachträglich ausgezahlter Arbeitslohn nicht immer dem - längst abgelaufenen - Bemessungszeitraum zugeordnet werden. Zu diesem Ergebnis gelangt man nur, wenn man, wie es der erkennende Senat in den Urteilen vom 3.12.2009 (aaO) und 30.9.2010 (aaO) getan hat, die spezifisch auf das lohnsteuerrechtliche Jahresprinzip zugeschnittenen Regelungen, wonach später als drei Wochen nach Ablauf des Kalenderjahres ausgezahlter Arbeitslohn als sonstiger Bezug dem Folgejahr zuzuordnen ist, im Bereich des Elterngeldrechts nicht anwendet. Sonst wäre die Berücksichtigung von für das abgelaufene Kalenderjahr nachträglich ausgezahltem Arbeitsentgelt im Rahmen des § 2 Abs 1 BEEG nur möglich, wenn die Nachzahlung innerhalb der ersten drei Wochen des Folgejahres erfolgt ist.
- 31
-
Entgegen der Auffassung des LSG hat das BSG in seinem Urteil vom 3.12.2009 (aaO) auch keineswegs den Begriff der sonstigen Bezüge nicht auf "klassische Einmalzahlungen" reduziert. Es hat vielmehr lediglich - umgekehrt - entschieden, dass neben dem monatlichen Grundgehalt regelmäßig wiederkehrend mehr als einmal im Jahr gezahlte Umsatzbeteiligungen nicht als sonstige Bezüge iS des § 38a Abs 1 Satz 3 EStG, sondern als laufender Arbeitslohn anzusehen sind. Auch die weiteren Überlegungen des LSG in diesem Zusammenhang überzeugen nicht. Die vom LSG angenommene Unanwendbarkeit des § 38a Abs 1 Satz 2 EStG im Elterngeldrecht führt keineswegs dazu, dass man verspätet ausgezahlten Arbeitslohn nicht dem Zeitraum zuordnen kann, für den er hätte gezahlt werden müssen. Das Gegenteil ist der Fall. Wie das BSG bereits dargelegt hat (Urteil vom 3.12.2009, aaO, RdNr 36) ist § 38a Abs 1 Satz 2 EStG in Zusammenhang mit den Vorschriften des § 39b Abs 5 EStG über die Durchführung des Lohnsteuerabzugs zu sehen. "Jahre später" zugeflossener Arbeitslohn wird nach § 38a Abs 1 Satz 2 EStG gerade nicht dem Lohnzahlungszeitraum, also dem Zeitraum, für den der laufende Arbeitslohn gezahlt wird, zugeordnet, denn § 38a Abs 1 Satz 2 EStG erfasst nur den laufend, also ordnungsgemäß und regelmäßig, gezahlten Arbeitslohn. Später als drei Wochen nach Ablauf des "Lohnzahlungszeitraums" tatsächlich gezahlter Arbeitslohn wird steuerrechtlich in dem Lohnabrechnungszeitraum, also später, erfasst (s BSG aaO).
- 32
-
Eine Aufgabe der gefestigten Rechtsprechung (BSG Urteile vom 3.12.2009, aaO und 30.9.2010, aaO) ist auch angesichts der zum 1.1.2011 erfolgten Neufassung des Satzes 2 des § 2 Abs 7 BEEG durch das Haushaltsbegleitgesetz 2011 (HBeglG 2011) vom 9.12.2010 (BGBl I 1885) nicht geboten. § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG lautet seit dem 1.1.2011 (s Art 24 HBeglG 2011): "Im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen werden nicht berücksichtigt." Dem Beklagten ist zuzugeben, dass es nach dem neuen Wortlaut eindeutig und allein auf die lohnsteuerrechtliche Behandlung der Einnahmen ankommt. Für - wie vorliegend - erst später als drei Wochen nach Ablauf des Kalenderjahres im Folgejahr erfolgte Gehaltsnachzahlungen bedeutet dies, dass sie für die Bemessung des Elterngeldes unberücksichtigt zu bleiben haben.
- 33
-
Diese Regelung wirkt sich nicht auf die Auslegung des hier anwendbaren § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG idF vom 5.12.2006 aus. Nach der für den Gesetzentwurf gegebenen Begründung der Bundesregierung (BT-Drucks 17/3030, S 48 zu Nr 1 - § 2 - zu Buchst c - Abs 2 - zu Buchst bb - Satz 2 -) "dient die Neufassung des Satzes 2 zum einen der Sicherstellung einer verwaltungspraktikablen Feststellbarkeit von sonstigen Bezügen iS des Einkommensteuergesetzes. Im Lohnsteuerabzugsverfahren nach § 38a Abs 1 Satz 3 und § 39b EStG als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen sind bei der Elterngeldberechnung nicht zu berücksichtigen (anders zur bisherigen Rechtslage: BSG, Urteil vom 3. Dezember 2009, B 10 EG 3/09 R, betreffend Voraus- und Nachzahlungen im Sinne von R § 39b.2 Absatz 2 Satz 2 Nummer 8 LStR 2008, die für Zeitabschnitte in einem anderen Veranlagungszeitraum erfolgen und deswegen als sonstige Bezüge versteuert werden)". Insbesondere der ausdrückliche Hinweis auf die bisherige Rechtslage erhellt, dass es sich bei der Neufassung des § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG aus der Sicht der Bundesregierung um eine inhaltliche Änderung des Gesetzes handelt, also um eine neue Regelung, die die bisherige ersetzt und nicht lediglich deren Inhalt verdeutlicht.
(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.
(1) Bemessungsentgelt ist das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat; Besonderheiten des Übergangsbereichs nach § 20 Absatz 2 des Vierten Buches sind nicht zu berücksichtigen. Arbeitsentgelte, auf die die oder der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, gelten als erzielt, wenn sie zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind.
(2) Außer Betracht bleiben Arbeitsentgelte,
- 1.
die Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten oder die im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit vereinbart worden sind, - 2.
die als Wertguthaben einer Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches nicht nach dieser Vereinbarung verwendet werden.
(3) Als Arbeitsentgelt ist zugrunde zu legen
- 1.
für Zeiten, in denen Arbeitslose Kurzarbeitergeld oder eine vertraglich vereinbarte Leistung zur Vermeidung der Inanspruchnahme von Saison-Kurzarbeitergeld bezogen haben, das Arbeitsentgelt, das Arbeitslose ohne den Arbeitsausfall und ohne Mehrarbeit erzielt hätten; dies gilt auch, wenn die Entscheidung über den Anspruch auf Kurzarbeitergeld rückwirkend aufgehoben wird oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist, - 2.
für Zeiten einer Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches das Arbeitsentgelt, das Arbeitslose für die geleistete Arbeitszeit ohne eine Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches erzielt hätten; für Zeiten einer Freistellung das erzielte Arbeitsentgelt, - 3.
für Zeiten einer Berufsausbildung, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung durchgeführt wurde (§ 25 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1), die erzielte Ausbildungsvergütung; wurde keine Ausbildungsvergütung erzielt, der nach § 17 Absatz 2 des Berufsbildungsgesetzes als Mindestvergütung maßgebliche Betrag.
(4) Haben Arbeitslose innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Entstehung des Anspruchs Arbeitslosengeld bezogen, ist Bemessungsentgelt mindestens das Entgelt, nach dem das Arbeitslosengeld zuletzt bemessen worden ist; dies gilt auch, wenn sie das Arbeitslosengeld nur deshalb nicht bezogen haben, weil der Anspruch geruht hat.
(5) Ist die oder der Arbeitslose nicht mehr bereit oder in der Lage, die im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende Zahl von Arbeitsstunden zu leisten, vermindert sich das Bemessungsentgelt für die Zeit der Einschränkung entsprechend dem Verhältnis der Zahl der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden, die die oder der Arbeitslose künftig leisten will oder kann, zu der Zahl der durchschnittlich auf die Woche entfallenden Arbeitsstunden im Bemessungszeitraum. Einschränkungen des Leistungsvermögens bleiben unberücksichtigt, wenn Arbeitslosengeld nach § 145 geleistet wird. Bestimmt sich das Bemessungsentgelt nach § 152, ist insoweit die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit maßgebend, die bei Entstehung des Anspruchs für Angestellte im öffentlichen Dienst des Bundes gilt.
(1) Der monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Überschuss der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Geld oder Geldeswert über ein Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2e und 2f, ergibt das Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit. Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind. Die zeitliche Zuordnung von Einnahmen erfolgt nach den lohnsteuerlichen Vorgaben für das Lohnsteuerabzugsverfahren. Maßgeblich ist der Arbeitnehmer-Pauschbetrag nach § 9a Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes in der am 1. Januar des Kalenderjahres vor der Geburt des Kindes für dieses Jahr geltenden Fassung.
(2) Grundlage der Ermittlung der Einnahmen sind die Angaben in den für die maßgeblichen Kalendermonate erstellten Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers. Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben in den maßgeblichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen wird vermutet.
(3) Grundlage der Ermittlung der nach den §§ 2e und 2f erforderlichen Abzugsmerkmale für Steuern und Sozialabgaben sind die Angaben in der Lohn- und Gehaltsbescheinigung, die für den letzten Kalendermonat im Bemessungszeitraum mit Einnahmen nach Absatz 1 erstellt wurde. Soweit sich in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Bemessungszeitraums eine Angabe zu einem Abzugsmerkmal geändert hat, ist die von der Angabe nach Satz 1 abweichende Angabe maßgeblich, wenn sie in der überwiegenden Zahl der Kalendermonate des Bemessungszeitraums gegolten hat. § 2c Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.