Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 05. Juni 2014 - L 9 AL 342/11

bei uns veröffentlicht am05.06.2014

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist eine Sperrzeit von 12 Wochen wegen Arbeitsaufgabe und das Ruhen von Arbeitslosengeld streitig.

Die 1977 geborene Klägerin und Berufungsbeklagte ist Diplom-Handelslehrerin und arbeitete vom 10.09.2007 bis 31.07.2009 als Fachlehrerin bei der Wirtschaftsschule P. (nachfolgend: Arbeitgeberin) in A-Stadt. Dabei wurde im Schuljahr 2008/2009 ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt in Höhe von 24.149,67 EUR bezogen. Die Klägerin war bei der Arbeitgeberin als angestellte Lehrerin ohne 2. Staatsexamen beschäftigt. Eine Kündigung war zunächst nach § 6 des Anstellungsvertrages vom 31.07.2007 nur zum Schuljahresende möglich. Die Klägerin kündigte zum 31.07.2009 und trat zum 16.09.2009 ihren Vorbereitungsdienst (Referendariat) in Bayern an.

Am 04.08.2009 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten und Berufungsklägerin arbeitslos. Am 24.09.2009 bewilligte die Beklagte Arbeitslosengeld ab 04.08.2009 aus einem täglichen Arbeitsentgelt von 72,52 EUR. Mit streitgegenständlichem Bescheid vom selben Tag wurde das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld im Zeitraum vom 01.08.2009 bis 23.10.2009 wegen einer Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe und gleichzeitig die Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld um 84 Tage festgestellt.

Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und führte aus, sie habe sich nicht versicherungswidrig verhalten. Insbesondere wies sie darauf hin, dass sie ihren Arbeitsvertrag nur zum 31.07.2009 kündigen konnte. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.02.2010 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen hat die Klägerin am 10.03.2010 durch ihren Bevollmächtigten Klage zum Sozialgericht München erheben lassen. Zusammenfassend hat der Bevollmächtigte ausgeführt, dass kein versicherungswidriges Verhalten vorgelegen habe. Entgegen der Auffassung der Beklagten stelle die Teilnahme an einem Vorbereitungsdienst einen wichtigen Grund im Sinne von § 144 SGB III dar.

Mit Urteil vom 26.10.2011 hat das Sozialgericht München die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 24.09.2009 und 11.02.2010 verurteilt, Arbeitslosengeld dem Grunde nach ab dem 04.08.2009 zu bewilligen.

Die Beklagte hat am 12.12.2011 Berufung erhoben. Zusammenfassend hat die Beklagte ausgeführt, dass versicherungswidriges Verhalten vorliege und die Erlangung der Zweiten Staatsprüfung als beruflicher Aufstieg sowie die Absolvierung des dazu erforderlichen Referendariats, dem eigenen Interesse der Klägerin diene. Das damit verbundene Risiko einer Arbeitslosigkeit zwischen Beschäftigungsende und Beginn des Referendariats könne nicht durch die Versichertengemeinschaft abgefangen werden.

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen mit der Maßgabe, dass Arbeitslosengeld erst ab dem 11.08.2009 zu gewähren ist.

Zur Begründung hat der Klägerbevollmächtigte ausgeführt, dass es sich bei dem Abschluss als Diplom-Handelslehrerin lediglich um einen akademischen Abschluss handle. Die Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass dieser Abschluss zu einer Lehrtätigkeit an privaten Schulen befähige. Grundsätzlich erfordere eine Lehrtätigkeit jedoch den Abschluss des 2. Staatsexamens. Die ehemalige Arbeitgeberin sei im Übrigen keine berufsbildende Schule, sondern lediglich eine weiterführende Schule zum Erwerb eines mittleren Schulabschlusses. Die Qualifikation der Klägerin liege jedoch im Bereich der Betriebswirtschaftslehre und der Bankbetriebslehre. In diesem Bereich sei das 2. Staatsexamen zwingende Voraussetzung.

Dem Senat lagen die Verwaltungsakten der Beklagten und die Verfahrensakten des Sozialgerichts München vor. Deren Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht München hat zu Recht den Bescheid der Beklagten vom 24.09.2009 (Sperrzeit 01.08.2009 bis 23.10.2009) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.02.2010 aufgehoben und die Beklagte zur Gewährung von Arbeitslosengeld verurteilt.

Gegenstand des Verfahrens sind der Sperrzeitbescheid vom 24.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.02.2010 und der nicht bei den Beklagtenakten befindliche Bewilligungsbescheid, wodurch für die Zeit der Sperrzeit die Leistung von Arbeitslosengeld abgelehnt wurde. Insoweit sind der Sperrzeitbescheid und der Bewilligungsbescheid nach der Rechtsprechung des BSG als rechtliche Einheit zu betrachten (vergleiche zum Beispiel BSG vom 21.10.2003, B 7 AL 92/02 R). Im Antrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 05.06.2014 wurde eine weitere Sperrzeit vom 24.09.2009 wegen verspäteter Arbeitslosmeldung und damit verbundenem Ruhen des Arbeitslosengeldes, welche durch die Klägerin nicht beanstandet wurde, berücksichtigt. Insoweit war der Tenor des Urteils des Sozialgerichts München vom 26.10.2011 anzupassen.

Mit der Verfügung der Beklagten vom 24.09.2009 wurde grundsätzlich zutreffend ein Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß §§ 117 ff SGB III in der damals geltenden Fassung (a. F.) für 333 Tage bei einem täglichen Entgelt in Höhe von 72,52 EUR bewilligt.

Gemäß § 144 Abs. 1 SGB III a. F. ruht ein Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer einer Sperrzeit, wenn die Arbeitnehmerin sich versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Versicherungswidriges Verhalten liegt gem. § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III a. F. vor, wenn die Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe).

Durch die Kündigung der Klägerin vom 30.03.2009 beendete diese ihr Arbeitsverhältnis mit der Arbeitgeberin zum 31.07.2009. Diese Kündigung war auch kausal für das Eintreten der Arbeitslosigkeit zum 04.08.2009. Das Lösen des Arbeitsverhältnisses erfolgte mit Wissen und Wollen der Klägerin, da sie jedenfalls bis zur Aufnahme des Referendariats keine Aussicht auf ein unmittelbar anschließendes Arbeitsverhältnis hatte. Grundsätzlich wäre daher der subjektive Tatbestand erfüllt.

Das Verhalten der Klägerin war jedoch durch einen wichtigen Grund im Sinne von § 144 Abs. 1 S. 1 SGB III a. F. gerechtfertigt. Dabei hat der Gesetzgeber nicht näher bestimmt, was als wichtiger Grund im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III a. F. anzusehen ist. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers und der laufenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BT-Drs. V/4110, Seite 21; BSG SozR 3-4100, § 119 Nr. 11, 15 und 16) soll eine Sperrzeit im Allgemeinen nur dann eintreten, wenn der Arbeitnehmerin unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung ihrer Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann. Dies ist insbesondere dann nicht der Fall, wenn Umstände vorliegen, die nach verständiger Abwägung der Arbeitnehmerin die Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr zumutbar erscheinen lassen, da sonst ihr berechtigtes Interesse in unbilliger Weise verletzt würde. Hierbei ist die verfassungsrechtlich garantierte Freiheit der Arbeitsplatzwahl gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz zu beachten (BSG, Urteil vom 12. Juli 2006, B 11a AL 55/05 R, zitiert nach juris). Die Sperrzeitregelung soll die Solidargemeinschaft vor der Inanspruchnahme durch Leistungsberechtigte schützen, die den Eintritt des versicherten Risikos „Arbeitslosigkeit“ selbst herbeigeführt und zu vertreten haben (Scholz in Mutschler, Schmidt- de Caluwe, Coseriu, Sozialgesetzbuch III, 5. Auflage, 2012, § 159, Rz.: 114). Dabei muss der wichtige Grund objektiv vorliegen und zugleich das versicherungswidrige Verhalten auch im konkreten Zeitpunkt vom wichtigen Grund gedeckt sein (Scholz, a. a. O., Rz.: 116). Nach Auffassung des erkennenden Senats begründet die Aufnahme des Vorbereitungsdienstes zum Abschluss der Zweiten Staatsprüfung für die Klägerin nach einem Studium zur Diplom-Handelslehrerin einen wichtigen Grund zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses. Für die Tätigkeit als Lehrerin an beruflichen Schulen wird der erfolgreiche Abschluss der Zweiten Staatsprüfung, die nach einem Vorbereitungsdienst abgelegt wird, vorausgesetzt (Art. 7 Abs. 1 Bayerisches Lehrerbildungsgesetz). Dabei darf nicht verkannt werden, dass für die spätere Qualifikation als Berufsschullehrerin der Teilnahme am Vorbereitungsdienst mit den damit verbundenen umfangreichen Schulungen bereits eine besondere Bedeutung zukommt. Daneben erfüllt die Klägerin erst mit erfolgreichem Abschluss der Zweiten Staatsprüfung die Voraussetzungen als Lehrkraft im Bereich der Berufsschulen auf der 4. Qualifikationsebene. Hiermit kann für die Klägerin, im Vergleich zu ihrer bisherigen Tätigkeit und gegebenenfalls als spätere Beamtin, eine nicht nur finanzielle, sondern auch die berufliche und persönliche Sphäre betreffende Besserstellung eintreten (BSG vom 14.09. 2010 - B 7 AL 33/09 R - SozR 4-4300 § 144 Nr. 21 = NZS 2011 S.713). Vorliegend kommt auch kein Verzicht auf den Vorbereitungsdienst in Betracht, da nur ausnahmsweise nach Art. 22 Abs. 2 Bayerisches Lehrerbildungsgesetz bei Bewerbern auf die Ablegung des Zweiten Staatsexamens verzichtet werden kann, wenn eine mindestens zweijährige Bewährung als Lehrer an öffentlichen Schulen oder Ersatzschulen des angestrebten Schulzweiges nachgewiesen wurde. Dieser Verzicht wird jedoch nur sehr selten ausgesprochen. Insoweit lagen bei der Klägerin jedoch bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 22 Abs. 2 Bayerisches Lehrerbildungsgesetz nicht vor, da es sich bei der ehemaligen Arbeitgeberin um keine berufsbildende Schule handelt und somit die bisherige Tätigkeit nicht auf dem angestrebten Schulzweig erfolgte. Die vorgetragene Argumentation der Beklagten, wonach bei einem möglichen beruflichen Aufstieg kein wichtiger Grund vorliegen soll, vermochte nicht zu überzeugen. Die Beklagte verkennt dabei die Bedeutung des Vorbereitungsdienstes für das berufliche Fortkommen der Klägerin. Der Klägerin kann grundsätzlich nicht zugemutet werden, auf eine der beruflichen Fortentwicklung (oder Veränderung) dienende Maßnahme zu verzichten (Winkler in Gagel, SGB II/SGB III, 53. Ergänzungslieferung 2014 § 159, Rz.: 173; LSG Berlin-Brandenburg 6. 9. 2011 - L 18 AL 245/11 B PKH - Juris). Die Auffassung der Beklagten ist auch mit Art. 12 Grundgesetz (GG) - hier der Berufswahlfreiheit - nicht vereinbar. Nach Auffassung des Senats stellt eine Tätigkeit als Berufsschullehrerin auf der 4. Qualifikationsebene eine andere berufliche Tätigkeit als die Tätigkeit als Fachlehrerin an einer privaten Wirtschaftsschule, welche einen mittleren Schulabschluss vermitteln möchte, dar. Dies ergibt sich bereits aus den unterschiedlichen Schulprofilen. Während bei der ehemaligen Arbeitgeberin der Klägerin allgemein bildende Inhalte vermittelt werden mussten, kann die Klägerin als Berufsschullehrerin die von ihr im Studium schwerpunktmäßig gewählten spezifischen Lehrgebiete, wie Betriebswirtschaftslehre und Bankbetriebslehre unterrichten. Ausweislich des vorgelegten Zeugnisses der Freien Hansestadt Hamburg vom 11.06.2007 hat sie in der ersten Staatsprüfung in den Fächern Wirtschaftswissenschaften und Bankbetriebslehre jeweils sehr gute Leistungen erbracht. Wie das BSG bereits mehrfach entschieden hat (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 12. Juli 2006, B 11a AL 55/05 R, SozR 4-4300 § 144 Nr. 14), wird durch die Aufnahme eines anderen Berufs die durch Art 12 GG geschützte Berufswahlfreiheit in ihrem Kernbereich betroffen. Das BSG hat bereits in seiner Rechtsprechung zur Aufgabe eines Ausbildungsverhältnisses aus beruflichen Gründen auf die besondere Bedeutung des Grundrechts der Berufswahlfreiheit bei der Konkretisierung des Merkmals „wichtiger Grund“ hingewiesen (BSG, Urteil vom 12. Juli 2006 - B 11a AL 55/05 R -, SozR 4-4300 § 144 Nr. 14; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 2). Dem schließt sich der Senat vollumfänglich an.

Die Teilnahme am Vorbereitungsdienst war auch nicht berufsbegleitend möglich. Ausweislich des vorliegenden Anstellungsvertrages vom 31.07.2007 war der Klägerin nur zum Schuljahresende, hier 31.07.2009, eine Kündigung möglich. Nach Auffassung des Senats war daher der Klägerin die Fortsetzung ihres Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar und es ist ein wichtiger Grund im Sinne von § 144 Abs. 1 S. 1 SGB III a. F. (nunmehr § 159 Abs. 1 S. 1 SGB III) zu bejahen.

Nachdem sich die Klägerin jedoch erst am 04.08.2009 bei der Beklagten meldete, hat die Beklagte mit Bescheid vom 24.09.2009 (bestandskräftig) eine einwöchige Sperrzeit nach § 144 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 6 SGB III a. F. festgestellt. Der Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld ruht daher im Zeitraum vom 04.08.2009 bis 10.08.2009. Die Klage war daher entsprechend dem zuletzt gestellten Antrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 05.06.2014 vollumfänglich erfolgreich und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nach § 160 Abs. 2 SGG nicht ersichtlich.

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 144 Anspruchsvoraussetzungen bei beruflicher Weiterbildung


(1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat auch, wer die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit allein wegen einer nach § 81 geförderten beruflichen Weiterbildung nicht erfüllt. (2) Bei einer Arbeitnehmerin oder e

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 159 Ruhen bei Sperrzeit


(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn1.die oder der Arbeitslose

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 117 Grundsatz


(1) Die besonderen Leistungen sind anstelle der allgemeinen Leistungen insbesondere zur Förderung der beruflichen Aus- und Weiterbildung, einschließlich Berufsvorbereitung, sowie der wegen der Behinderung erforderlichen Grundausbildung zu erbringen,

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Bundessozialgericht Urteil, 14. Sept. 2010 - B 7 AL 33/09 R

bei uns veröffentlicht am 14.09.2010

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. September 2009 aufgehoben, soweit dieses das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 6. Mai 2008 ge

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(1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat auch, wer die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit allein wegen einer nach § 81 geförderten beruflichen Weiterbildung nicht erfüllt.

(2) Bei einer Arbeitnehmerin oder einem Arbeitnehmer, die oder der vor Eintritt in die Maßnahme nicht arbeitslos war, gelten die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit als erfüllt, wenn sie oder er

1.
bei Eintritt in die Maßnahme einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit hätte, der weder ausgeschöpft noch erloschen ist, oder
2.
die Anwartschaftszeit im Fall von Arbeitslosigkeit am Tag des Eintritts in die Maßnahme der beruflichen Weiterbildung erfüllt hätte; insoweit gilt der Tag des Eintritts in die Maßnahme als Tag der Arbeitslosmeldung.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. September 2009 aufgehoben, soweit dieses das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 6. Mai 2008 geändert hat. Insoweit wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 6. Mai 2008 zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Im Streit ist (noch), ob in der Zeit vom 31.1.2006 bis 20.2.2006 eine Sperrzeit eingetreten ist und ob der Kläger für die Zeit vom 1. bis 20.2.2006 einen Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) hat.

2

Der 1953 geborene Kläger war seit 1968 bei der A GmbH & Co KG (Arbeitgeberin) beschäftigt. Mit Schreiben vom 28.6.2005 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen zum 31.1.2006. Die hiergegen erhobene Kündigungsschutzklage nahm der Kläger im Februar 2006 zurück, nachdem er sich mit der Arbeitgeberin über die Zahlung einer Abfindung in Höhe von 5500 Euro sowie die Zahlung einer Treueprämie geeinigt hatte.

3

Zuvor hatte er mit Schreiben vom 27.1.2006 sein Arbeitsverhältnis zum 30.1.2006 gekündigt, um der Verkürzung seines Alg-Anspruchs von 26 auf 12 Monate auf Grund einer am 1.2.2006 wirksam werdenden Änderung des § 127 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) zu entgehen. Die Beklagte, bei der sich der Kläger am 3.11.2005 arbeitslos gemeldet hatte, stellte den Eintritt einer - wegen der ohnedies innerhalb von sechs Wochen endenden Beschäftigung - auf drei Wochen verkürzten Sperrzeit vom 31.1. bis 20.2.2006 fest, weil der Kläger sein Beschäftigungsverhältnis ohne wichtigen Grund gelöst habe; außerdem lehnte sie die Gewährung von Alg für die Dauer der Sperrzeit ab und bewilligte dem Kläger erst ab 21.2.2006 Alg für (eine Dauer von) 780 Kalendertagen, die sich allerdings um die 21 Tage der Sperrzeit mindere (Bescheide vom 7. und 8.2.2006; Widerspruchsbescheid vom 28.2.2006). Seit 1.4.2006 ist der Kläger wieder versicherungspflichtig beschäftigt.

4

Das Sozialgericht (SG) Mainz hat die auf Aufhebung der Sperrzeit und Zahlung von Alg für die Zeit vom 31.1. bis 20.2.2006 gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 6.5.2008). Das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz hat dieses Urteil auf die Berufung des Klägers geändert; die Verfügung über die Sperrzeit hat es aufgehoben, die Beklagte zur "Gewährung" von Alg aber nur für die Zeit vom 1. bis 20.2.2006 verurteilt und im Übrigen - hinsichtlich der Zahlung von Alg für den 31.1.2006 - die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 24.9.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger habe für die Vorverlagerung des Beschäftigungsendes ein wichtiger Grund zur Seite gestanden, weil er sich so auf Grund der Übergangsregelung des § 434l Abs 1 SGB III iVm § 127 Abs 1 und 2 SGB III in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung einen längeren Alg-Anspruch habe erhalten können. Am 31.1.2006 habe sein Anspruch wegen der gezahlten Abfindung geruht.

5

Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 144 SGB III. Zur Begründung führt sie aus, der Kläger könne sich auf einen wichtigen Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses nicht berufen. Denn bei Abwägung seiner Individualinteressen mit dem Zweck der Sperrzeitregelung, die Versichertengemeinschaft gegen Risikofälle zu schützen, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten habe, sei ihm die Hinnahme der Kündigung seiner Arbeitgeberin zum 31.1.2006 zumutbar gewesen. Ein wichtiger Grund für die Kündigung ergebe sich weder aus persönlichen noch aus beruflichen Gründen. Wolle der Kläger durch die vom ihm gewählte arbeitsrechtliche Gestaltungsmöglichkeit in den Genuss des Vorteils der längeren Alg-Anspruchsdauer kommen, müsse er auch die andere - negative - Seite dieser Gestaltungsmöglichkeit, nämlich den Eintritt einer Sperrzeit, akzeptieren. Der geringfügige Nachteil (drei Wochen Sperrzeit) sei im Verhältnis zu dem hieraus folgenden Vorteil (Verlängerung der Anspruchsdauer um 14 Monate) nicht unverhältnismäßig.

6

Die Beklagte beantragt,
unter Zurückweisung der Berufung des Klägers das Urteil des LSG aufzuheben, soweit dieses das Urteil des SG geändert hat.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Das LSG hat zu Unrecht den Bescheid der Beklagten über den Eintritt einer Sperrzeit für die Zeit vom 31.1. bis 20.2.2006 aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung von Alg für die Zeit vom 1. bis 20.2.2006 verurteilt.

10

Gegenstand des Verfahrens (§ 95 SGG)sind die Verfügungen der Beklagten vom 7.2.2006 betreffend den Eintritt einer Sperrzeit sowie über die Ablehnung der Zahlung von Alg für den bezeichneten Zeitraum. Insoweit bilden der Sperrzeitbescheid vom 7.2.2006 und der Bewilligungsbescheid vom 8.2.2006, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.2.2006, eine Einheit (stRspr; vgl nur BSGE 84, 225 ff = SozR 3-4100 § 119 Nr 17). Ob in dem Sperrzeitbescheid als eigenständige Verfügung (Verwaltungsakt) iS des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) zudem die Minderung der Anspruchsdauer angeordnet und auch diese Gegenstand des Verfahrens ist, bedarf wegen der Klageabweisung insgesamt gegen den Bescheid vom 7.2.2006 keiner Entscheidung. Versteht man die bezeichnete Minderung als eigenständigen Verwaltungsakt innerhalb des Bescheids, wäre dieser ebenso rechtmäßig wie die Feststellung der Sperrzeit; denn die Sperrzeit mindert die Anspruchsdauer - wie von der Beklagten im Bescheid angenommen - gemäß § 128 Abs 1 Nr 4 SGB III(in der Normfassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des SGB III und anderer Gesetze vom 22.12.2005 - BGBl I 3676) um 21 Tage.

11

Gemäß § 144 Abs 1 Satz 1, Abs 3 Satz 2 Nr 1 SGB III(ebenfalls in der Fassung, die die Norm durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des SGB III und anderer Gesetze erhalten hat) ist vorliegend eine Sperrzeit von (nur) drei Wochen eingetreten; dies entspricht gemäß § 339 SGB III 21 Tagen(Leitherer in Eicher/Schlegel, SGB III, § 339 RdNr 37, Stand Januar 2005). Der Anspruch des Klägers ruht für die Dauer der Sperrzeit, weil der Kläger nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) durch seine Kündigung vom 27.1.2006 zum 30.1.2006 das (noch bestehende) Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Allerdings ist - wie von der Beklagten angenommen - nur eine Sperrzeit von drei statt einer Regelsperrzeit von zwölf Wochen eingetreten. Nach § 144 Abs 3 Satz 2 Nr 1 SGB III verkürzt sich nämlich die Sperrzeit, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte, wie dies auf Grund der betriebsbedingten Kündigung durch die Arbeitgeberin zum 31.1.2006 (einen Tag später) der Fall gewesen wäre. Dass in dieser Regelung eigentlich das Beschäftigungs-, nicht das Arbeitsverhältnis gemeint ist (vgl Henke in Eicher/Schlegel, SGB III, § 144 RdNr 491, Stand September 2006), ist vorliegend ohne Bedeutung, weil das Ende des Arbeitsverhältnisses auch das Ende des Beschäftigungsverhältnisses dargestellt hätte. Die zentrale Frage für alle eingetretenen Rechtsfolgen ist die nach dem Vorliegen eines wichtigen Grunds; diesen hat die Beklagte zu Recht verneint.

12

Der wichtige Grund ist nach der stRspr des Bundessozialgerichts (BSG) unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Sperrzeitregelung, die Versichertengemeinschaft typisierend gegen Risikofälle zu schützen, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat oder deren Behebung er unbegründet unterlässt, zu bestimmen (vgl nur BSGE 84, 225, 230 mwN = SozR 3-4100 § 119 Nr 17 S 81; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 15 S 64 mwN); die Sperrzeit greift dabei Obliegenheitsverletzungen des Versicherten auf (vgl nur BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 14 S 58 f). Ein wichtiger Grund liegt nach der stRspr des BSG - vereinfacht formuliert - vor, wenn dem Arbeitslosen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten nicht zugemutet werden konnte (vgl Voelzke in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 12 RdNr 337 mwN; Coseriu in Eicher/Schlegel, aaO, § 144 RdNr 167 ff, Stand Juni 2010). Allerdings ist diese allgemeine Umschreibung dahin zu konkretisieren, dass es sich um Umstände handeln muss, die sich auf die Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses beziehen (BSGE 21, 205, 207 = SozR Nr 3 zu § 80 AVAVG Bl Ba3 Rücks; BSGE 43, 269, 271 = SozR 4100 § 119 Nr 2 S 4; BSGE 52, 276, 277 = SozR 4100 § 119 Nr 17 S 80 f; Marx, Absprachen der Arbeitsvertragsparteien zur Vermeidung einer Sperrzeit gemäß § 144 SGB III, 2008, S 55 f), die nach der historischen Entwicklung der Sperrzeitregelungen grundsätzlich entweder der beruflichen oder der persönlichen Sphäre des Arbeitnehmers entspringen müssen.

13

Die heutige Sperrzeitregelung geht auf die Regelungen der §§ 78, 80 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) zurück. Insoweit enthielt § 78 Abs 2 AVAVG eine ausdrückliche Auflistung berechtigter Gründe für die Aufgabe der Arbeitsstelle, die allesamt der beruflichen Sphäre entsprangen; daneben waren (nur) wichtige Gründe nach § 80 Abs 1 Satz 1 AVAVG in Anlehnung an die allgemeinen arbeitsrechtlichen Vorschriften zu prüfen(vgl im Einzelnen: Kühl, Die Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe, 2007, S 124 ff; Voelzke in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 12 RdNr 337 ff). Mit Inkrafttreten des Arbeitsförderungsrechts (AFG) wurde die Unterscheidung zwischen berechtigtem und wichtigem Grund zwar aufgegeben und durch eine verallgemeinernde Generalklausel ersetzt (vgl Kühl, aaO, S 126 mwN), und das Arbeitsförderungs-Reformgesetz (AFRG) hat mit § 144 SGB III inhaltlich ohne wesentliche Änderung die Regelung des § 119 AFG übernommen(Kühl, aaO); trotz der mit der gegenüber dem AVAVG für weitere Fallgestaltungen offenen Neuregelung durch das AFG bzw das SGB III bleibt jedoch weiterhin Bezugspunkt für die Beurteilung der Zumutbarkeit das Beschäftigungsverhältnis selbst.

14

Vorliegend war die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Kläger einzig und allein dadurch motiviert, dass er durch eine Vorverlagerung des Beschäftigungsendes günstigere Rechtsfolgen für seinen entstehenden Alg-Anspruch herbeiführen wollte. Gemäß § 434l Abs 1 SGB III konnte sich der Kläger nämlich auf diese Weise wegen des Anspruchserwerbs auf Alg vor dem 1.2.2006 einen (längeren) Alg-Anspruch von 26 Monaten nach dem bis 31.1.2006 geltenden § 127 SGB III gegenüber der ab 1.2.2007 geltenden Neuregelung (12 Monate) durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 3002) erhalten.

15

Ob diese Verkürzung der Anspruchsdauer - auch unter Berücksichtigung der Übergangsvorschrift des § 434r SGB III - verfassungswidrig ist, kann offen bleiben(vgl dazu auch das Senatsurteil vom 14.9.2010 - B 7 AL 23/09 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen); nicht beantwortet werden muss auch die Frage, ob Gesichtspunkte, die außerhalb der beruflichen wie auch der persönlichen Sphäre liegen und wirtschaftlicher Natur sind, zumindest dann beim wichtigen Grund Berücksichtigung finden müssen, wenn die Anwendung des § 144 SGB III ansonsten zu einer unverhältnismäßigen Rechtsbeeinträchtigung führen würde. Jedenfalls gilt dies dann nicht, wenn - wie hier - zu rein wirtschaftlichen Aspekten keine mit der Berufssphäre verbundenen oder sonstigen persönlichen Gründe hinzutreten, die die Fortsetzung der Beschäftigung unzumutbar machen, und die Rechtsfolgen, die sich aus der Eigenkündigung des Klägers ergeben, diesen jedenfalls nicht unverhältnismäßig treffen.

16

Mit § 144 SGB III hat der Gesetzgeber eine typisierende und pauschalierende Regelung getroffen, mit der er ua deutlich macht, dass sich ein Arbeitnehmer prinzipiell nicht an der Lösung seines Beschäftigungsverhältnisses beteiligen soll. Zumindest dies belegt die nicht ganz gelungene Formulierung (vgl Eicher, SGb 2005, 553), dass die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses (bereits) ein versicherungswidriges Verhalten sei; nur ausnahmsweise soll keine Sperrzeit eintreten, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher kann aber jedenfalls nicht angenommen werden, wenn der Arbeitnehmer sein Beschäftigungsverhältnis nur löst, um sich für ihn günstigere arbeitsförderungsrechtliche Rechtsfolgen zu erhalten, die sich aus der Lösung, also dem (normativ) versicherungswidrigen Verhalten, ergebenden Rechtsfolgen jedoch nicht so gravierend sind, dass sie ihn unverhältnismäßig treffen. Dabei spielt bei der von § 144 SGB III gewählten Typisierung und Pauschalierung keine Rolle, ob bzw wann das Beschäftigungsverhältnis ohnedies geendet hätte; denn nach der stRspr des BSG hat die Sperrzeitregelung weder Strafcharakter noch ist sie ein pauschalierter Schadensausgleich (BSGE 84, 225, 230 = SozR 3-4100 § 119 Nr 17 S 81; BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 7 RdNr 12). Diesem Gesichtspunkt wird vielmehr hinreichend durch die Härteregelungen des § 144 Abs 3 SGB III mit der Verkürzung der Sperrzeit Rechnung getragen. Hierzu hat das BSG bereits entschieden, dass es aus verfassungsrechtlichen Gründen unter Berücksichtigung der Zielsetzung des § 144 SGB III nicht erforderlich ist, die Dreiwochenfrist weiter zu verkürzen, wenn das Ende des Beschäftigungsverhältnisses um weniger als drei Monate - wie vorliegend - vorverlagert wurde(BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 7 RdNr 13; vgl im Einzelnen Henke in Eicher/Schlegel, SGB III, § 144 RdNr 497, Stand September 2006).

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Dem Anliegen des Klägers (Erhaltung eines längeren Alg-Anspruchs) wird hinreichend durch diese Regelung Rechnung getragen. Dies gilt umso mehr, als der Kläger das Beschäftigungsverhältnis auf die reine Möglichkeit hin gelöst hat, dass er gegenüber der Neuregelung einen längeren Alg-Anspruch auch benötigte. Dass bzw ob dies der Fall sein würde, also der Kläger individuell durch die Neuregelung überhaupt persönlich betroffen würde bzw noch werden kann, war zum Zeitpunkt der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses nicht absehbar; immerhin ist der Kläger bereits seit 1.4.2006 wiederum in einem Beschäftigungsverhältnis. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass der Kläger, wenn er sich die Möglichkeit erhalten will, nach dem älteren Recht für längere Zeit Alg zu beziehen (26 statt 12 Monate), auch die damit verbundenen Nachteile in Kauf nehmen muss, die darin bestehen, dass sein Alg-Anspruch für die ersten 21 Tage ruht und sich um die entsprechende Anzahl von Tagen mindert.

(1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat auch, wer die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit allein wegen einer nach § 81 geförderten beruflichen Weiterbildung nicht erfüllt.

(2) Bei einer Arbeitnehmerin oder einem Arbeitnehmer, die oder der vor Eintritt in die Maßnahme nicht arbeitslos war, gelten die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit als erfüllt, wenn sie oder er

1.
bei Eintritt in die Maßnahme einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit hätte, der weder ausgeschöpft noch erloschen ist, oder
2.
die Anwartschaftszeit im Fall von Arbeitslosigkeit am Tag des Eintritts in die Maßnahme der beruflichen Weiterbildung erfüllt hätte; insoweit gilt der Tag des Eintritts in die Maßnahme als Tag der Arbeitslosmeldung.

(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn

1.
die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe),
2.
die bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldete (§ 38 Absatz 1) oder die arbeitslose Person trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt oder nicht antritt oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch ihr Verhalten verhindert (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung),
3.
die oder der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen nicht nachweist (Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen),
4.
die oder der Arbeitslose sich weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 45) oder einer Maßnahme zur beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung oder einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen (Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
5.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einer in Nummer 4 genannten Maßnahme abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einer dieser Maßnahmen gibt (Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
6.
die oder der Arbeitslose sich nach einer Aufforderung der Agentur für Arbeit weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einem Integrationskurs nach § 43 des Aufenthaltsgesetzes oder an einem Kurs der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a des Aufenthaltsgesetzes teilzunehmen, der jeweils für die dauerhafte berufliche Eingliederung notwendig ist (Sperrzeit bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
7.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einem in Nummer 6 genannten Kurs abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einem dieser Kurse gibt (Sperrzeit bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
8.
die oder der Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen (§ 309), trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkommt oder nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei Meldeversäumnis),
9.
die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Absatz 1 nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung).
Die Person, die sich versicherungswidrig verhalten hat, hat die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese Tatsachen in ihrer Sphäre oder in ihrem Verantwortungsbereich liegen.

(2) Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Werden mehrere Sperrzeiten durch dasselbe Ereignis begründet, folgen sie in der Reihenfolge des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 bis 9 einander nach.

(3) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen. Sie verkürzt sich

1.
auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte,
2.
auf sechs Wochen, wenn
a)
das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte oder
b)
eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.

(4) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung oder bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung beträgt

1.
im Fall des erstmaligen versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art drei Wochen,
2.
im Fall des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art sechs Wochen,
3.
in den übrigen Fällen zwölf Wochen.
Im Fall der Arbeitsablehnung oder der Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme nach der Meldung zur frühzeitigen Arbeitsuche (§ 38 Absatz 1) im Zusammenhang mit der Entstehung des Anspruchs gilt Satz 1 entsprechend.

(5) Die Dauer einer Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen beträgt zwei Wochen.

(6) Die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis oder bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung beträgt eine Woche.

(1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat auch, wer die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit allein wegen einer nach § 81 geförderten beruflichen Weiterbildung nicht erfüllt.

(2) Bei einer Arbeitnehmerin oder einem Arbeitnehmer, die oder der vor Eintritt in die Maßnahme nicht arbeitslos war, gelten die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit als erfüllt, wenn sie oder er

1.
bei Eintritt in die Maßnahme einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit hätte, der weder ausgeschöpft noch erloschen ist, oder
2.
die Anwartschaftszeit im Fall von Arbeitslosigkeit am Tag des Eintritts in die Maßnahme der beruflichen Weiterbildung erfüllt hätte; insoweit gilt der Tag des Eintritts in die Maßnahme als Tag der Arbeitslosmeldung.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.