Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 30. Jan. 2014 - L 7 AS 676/13

bei uns veröffentlicht am30.01.2014

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tatbestand

Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Übernahme von Kosten für die Zwangsräumung ihrer früheren Wohnung in Höhe von insgesamt 2.115,16 Euro.

Die Klägerin wohnte zunächst in einer nicht angemessenen Wohnung in B-Stadt, die sie trotz Kostensenkungsaufforderung durch den Beklagten weiter bewohnte.

Nach Anhäufung von Mietschulden und vorheriger ordentlicher Kündigung kündigte der frühere Vermieter der damals wie heute beim Beklagten im Leistungsbezug nach dem SGB II stehenden Klägerin mit Schreiben vom 05.05.2008 deren damalige Wohnung in B-Stadt zum 09.05.2008 fristlos und strengte eine Räumungsklage vor dem Amtsgericht B-Stadt an. In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht B-Stadt am 07.05.2008 verpflichtete sich die Klägerin, die Wohnung bis spätestens 15.05.2008 geräumt zu haben.

Bereits zum 01.05.2008 hatte die Klägerin ihre jetzige - nunmehr angemessene - Wohnung in A-Stadt bezogen. Für Mai 2008 übernahm der Beklagte die Doppelmiete für die aufgegebene Wohnung in B-Stadt in Höhe der angemessenen Miete sowie die Miete für die neue Wohnung in A-Stadt.

Am 18.02.2010 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Übernahme von Kosten für ihre frühere Wohnung in B-Stadt. Ihr seien im Zusammenhang mit der Räumung der früheren Wohnung Gesamtkosten in Höhe von 2.115,16 Euro entstanden, die sich wie folgt zusammensetzten: - Mahnkosten des Amtsgerichts C-Stadt vom 15.04.2008 in Höhe von 23,00 Euro - Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Amtsgerichts B-Stadt vom 20.07.2008 bzw. 05.08.2008 in Höhe von 419,48 Euro bzw. 1.595,36 Euro - weitere Gerichtskosten in Höhe von 15,00 Euro und 50,05 Euro - Gebühren des Gerichtsvollziehers vom 15.08.2008 in Höhe von 21,95 Euro.

Mit Bescheid vom 04.08.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.11.2010 lehnte der Beklagte das Begehren der Klägerin auf Kostenübernahme ab. Nach dem SGB II sei eine Übernahme der Kosten nicht möglich, da eine Kostenübernahme für früher bewohnte Unterkünfte grundsätzlich nicht möglich sei.

Die hiergegen gerichtete Klage wies das Sozialgericht München mit Gerichtsbescheid vom 01.10.2013 als unbegründet ab. Folgekosten aufgrund einer Räumung einer Wohnung könnten nach dem Regelsystem des SGB II nicht anerkannt werden. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II erfasse im Grundsatz alle Kosten, die für Wohnzwecke anfielen. Dies betreffe aber nur Zahlungsverpflichtungen, die sich aus dem aktuellen Mietvertrag für eine Unterkunft ergeben. Eine Kostenübernahme für frühere Wohnungen scheide nach dieser Vorschrift aus. § 22 Abs. 5 SGB II ermögliche zwar die Übernahme von Mietschulden. Voraussetzung der Vorschrift sei allerdings, dass die Schuldenübernahme zur Sicherung der aktuellen Unterkunft diene. Dies sei nicht der Fall, da die Klägerin inzwischen in einer neuen Wohnung wohne. Ein sozialgerichtlich durchsetzbarer Schadensersatzanspruch bzw. ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch sei nicht ersichtlich. Für Schadensersatzansprüche aufgrund anderer Rechtsgrundlagen wie z. B. Amtshaftung sei das Sozialgericht nicht zuständig.

Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Die Mietdifferenzen und die Doppelmiete für Mai 2008 seien vom Beklagten erst 2011 ersetzt worden. Auch die Umzugskosten seien erst viel später ersetzt worden. Sie sei zudem gezwungenermaßen zunächst in der alten Wohnung geblieben, da sie keine neue Unterkunft gefunden und vom Beklagten auch keine Hilfe bei der Suche einer neuen Wohnung bekommen habe.

Die Klägerin und Berufungsklägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 01.10.2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 04.08.2010 und den Widerspruchsbescheid vom 22.11.2010 aufzuheben und ihr Kosten für die Räumung der früheren Wohnung in Höhe von insgesamt 2.115,16 Euro zu erstatten sowie die Revision zuzulassen.

Der Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die gesetzlichen Regelungen des SGB II ermöglichten keine Kostenübernahme.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Die Klägerin hat weder einen Anspruch aus § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II noch aus § 22 Abs. 5 SGB II a. F. (jetzt § 22 Abs. 8 SGB II).

Nach der Rechtsprechung des BSG ist zunächst zu klären, inwieweit es sich bei den durch die Räumungsklage entstanden Kosten um Kosten der Unterkunft i. S. v. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II oder um Mietschulden i. S. v. § 22 Abs. 5 SGB II a. F. gehandelt hat (vgl. BayLSG Beschluss vom 29.07.2013, L 11 AS 212/13 B PKH). Dabei ist die Abgrenzung von Schulden nach § 22 Abs. 5 SGB II a. F. von den übrigen Kosten der Unterkunft und Heizung, die nach § 22 Abs. 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen sind, unabhängig von der zivilrechtlichen Einordnung zu treffen (BSG, Urteil vom 17.06.2010 - B 14 AS 58/09 R, Rz. 17). Ausgehend von dem Zweck der Leistungen nach dem SGB II ist danach zu unterscheiden, ob es sich um einen tatsächlichen eingetretenen und bisher noch nicht von dem SGB II-Träger gedeckten Bedarf handelt oder nicht (vgl. BayLSG Beschluss vom 17.07.2012, L 11 AS 406/12 B ER).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist es zwar durchaus denkbar, dass die durch eine Räumungsklage entstandenen Kosten Unterkunftskosten nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II darstellen, etwa wenn ein Leistungsträger angemessene Unterkunftskosten nicht, nicht in voller Höher oder verspätet geleistet hat und es dadurch zur Räumungsklage betreffend die angemessene Unterkunft gekommen ist (vgl. BSG, Urteil vom 24.11.2011, B 14 AS 15/11 R, Rz. 3, wonach Kosten eines Zivilverfahrens als Annex zu den Leistungen nach § 22 Abs. 1 SGB II ggf. zu tragen sind). So liegt der Fall hier jedoch nicht. Zum einen bewohnte die Klägerin gerade keine angemessene Unterkunft. Zum anderen hat der Beklagte die angemessenen Unterkunftskosten termingerecht geleistet. Nachdem der Beklagte zum damaligen Zeitpunkt seiner Leistungsverpflichtung bzgl. der Wohnung in B-Stadt in vollem Umfang nachgekommen ist, scheidet ein Anspruch der Klägerin aus § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II aus.

Eine Mietschuldenübernahme nach § 22 Abs. 5 SGB II a. F (§ 22 Abs. 8 SGB II n. F.) scheidet hier ebenfalls aus.

Hat ein Leistungsträger zunächst seine Leistungen im vollem Umfang erbracht und sind trotzdem (z. B. wegen Nichtzahlung der Miete durch den Leistungsberechtigten) berechtigte Ansprüche des Vermieters gegeben oder nachträglich entstanden, so lässt dies keinen neuen Anspruch auf Leistungen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II entstehen (vgl. BSG, Urteil vom 17.06.2010 - B 14 AS 58/09 R, Rz. 18), sondern es kann sich insoweit allenfalls um Schulden handeln, die dann nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen des § 22 Abs. 5 SGB II a. F. übernommen werden können (BSG a. a. O.).

Anders als das Sozialgericht meint, können die im Zusammenhang mit einer Räumungsklage entstandenen Kosten hier zwar grundsätzlich durchaus Mietschulden nach § 22 Abs. 5 SGB II a. F. darstellen. Das BSG hat im Urteil vom 17.06.2010 - B 14 AS 58/09 R unter Rz. 34 ausgeführt, dass die Übernahme von Kosten eines Vermieters, die nicht aus dem Mietverhältnis stammen, aber an deren Erstattung ein Vermieter zulässigerweise die Fortführung bzw. den Neuabschluss eines Mietverhältnisses geknüpft hat, zu den nach § 22 Abs. 5 SGB II a. F. übernahmefähigen Schulden gehören können. Wenn beispielsweise die Räumungsklage darauf zurückzuführen wäre, dass der Beklagte zunächst nicht die angemessenen Mietkosten übernommen hat und aufgrund der hierdurch entstandenen Mietschulden es zur Kündigung kam, kann es sich auch bei der durch die Räumungsklage verursachten Kosten durchaus um Kosten der Unterkunft handeln, die auch dazu dienen, die derzeit bewohnte angemessene Wohnung beizubehalten. Hier liegt der Fall jedoch so, dass eine Mietschuldenübernahme nicht möglich ist. Zum einen handelt es sich hier bei der Wohnung, in der die Klägerin früher in B-Stadt wohnte, gerade nicht um eine angemessene, sondern vielmehr um eine zu teuere Wohnung. Zum anderen hatte die Klägerin bereits seit 01.05.2008 eine neue Wohnung, so dass zum Zeitpunkt der Räumungsklage vom 05.05.2008 keine Kosten für den Erhalt einer bewohnten Wohnung mehr entstanden sind. Zudem hätte die Klägerin dem damaligen Vermieter ohne Weiteres mitteilen können, dass sie zum 01.05.2008 bereits eine neue Wohnung hat und in Kürze aus der alten Wohnung ausziehen wird.

Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht München deshalb eine Mietschuldenübernahme nach § 22 Abs. 5 SGB II a. F. abgelehnt. Die mit der Räumung der alten Wohnung verbundenen Kosten dienten nicht mehr zur Sicherung der bereits verlassenen Unterkunft. Für eine nicht mehr genutzte Wohnung konnten Schulden nach dieser Vorschrift nicht mehr übernommen werden.

Was den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch bzw. Schadenersatzansprüche anbetrifft, wird auf die Entscheidungsgründe im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München verwiesen und gemäß § 142 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung in den Entscheidungsgründen abgesehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und der Erwägung, dass die Klägerin mit ihrem Begehren erfolglos blieb.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 22 Bedarfe für Unterkunft und Heizung


(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Le

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 142


(1) Für Beschlüsse gelten § 128 Abs. 1 Satz 1, die §§ 134 und 138, nach mündlicher Verhandlung auch die §§ 129, 132, 135 und 136 entsprechend. (2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen

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Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. Januar 2009 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das L

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(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. Januar 2009 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Übernahme von Schulden, die im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis des Klägers entstanden sind.

2

Der Kläger bezog von dem Beklagten seit April 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Der Beklagte gewährte Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen. Der Kläger war ab Februar 2005 in Rückstand mit den Mietzahlungen geraten. Die Vermieterin kündigte das Mietverhältnis und erhob Mietzahlungs- und Räumungsklage. Dieser Rechtsstreit endete durch Vergleich vor dem Amtsgericht Lichtenberg vom 1.3.2006, wonach das Mietverhältnis seitens der Vermieterin fortgesetzt werde für den Fall, dass der Kläger bis zum 3.4.2006 die Mietschulden in Höhe von 2222,47 Euro begleiche.

3

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 25.4.2006 bei dem Beklagten die Übernahme der Schulden. Er wies zugleich darauf hin, dass er mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den Träger der Sozialhilfe auf Übernahme der Mietschulden vor dem Sozialgericht (SG) erfolglos geblieben und erst im Laufe des Aprils auf die Änderung der Rechtslage nach § 22 Abs 5 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) aufmerksam gemacht worden sei. Er legte ferner eine Erklärung der Vermieterin vom 18.5.2006 vor, dass diese das Mietverhältnis fortsetze, wenn neben dem Betrag aus dem Vergleich weitere Rechtsanwalts-, Gerichts- und Vollstreckungskosten in Höhe von 2183,48 Euro, insgesamt mithin 4405,95 Euro gezahlt würden. Weiterhin legte er ein Attest des Neurologen und Psychiaters Dr. M vor, wonach im Falle des Wohnungsverlustes Selbsttötungsgefahr bestehe. Der Kläger nahm schließlich ein mit 15 % verzinsliches Darlehen auf und zahlte hiervon die Mietrückstände und die Verfahrenskosten. Die Räumung der Wohnung konnte so abgewendet werden.

4

Antrag, Widerspruch und Klage blieben ohne Erfolg (Bescheid vom 11.5.2006, Widerspruchsbescheid vom 7.8.2006, Gerichtsbescheid des SG Berlin vom 14.8.2007).

5

Die Berufung des Klägers, mit der er die Zahlung von 4405,95 Euro nebst 15 % Zinsen seit dem 8.9.2006 geltend gemacht hat, hat das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 30.1.2009 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die zwischenzeitlich erfolgte Begleichung der Schulden habe einen möglichen Anspruch nach § 22 Abs 5 SGB II entfallen lassen. Daran ändere nichts, dass der Kläger hierfür andere Verbindlichkeiten eingegangen sei. Für eine nachträgliche Übernahme von Schulden, die nicht mehr der Sicherung der Unterkunft oder der Behebung einer vergleichbaren Notlage diene, sei schon nach dem Wortlaut der Vorschrift kein Raum. Ob der Kläger über Schonvermögen verfügt habe, das er zur Begleichung der Mietschulden einzusetzen gehabt hätte, sei damit unerheblich. Ebenso sei dem klägerischen Antrag auf Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens nicht nachzugehen gewesen. Dies könne allenfalls Aufschluss darüber geben, ob die Beklagte seinerzeit zur Übernahme der Schulden verpflichtet gewesen wäre. Der hilfsweise in der Berufungsverhandlung gestellte Antrag, die Beklagte zur Übernahme der Beträge im Wege der Folgenbeseitigung zu übernehmen, sei unzulässig, weil hierzu ein Vorverfahren nicht durchgeführt worden sei. Im Übrigen sei dieser Antrag auch unbegründet, weil ein Anspruch auf Folgenbeseitigung auf den Bereich der Eingriffsverwaltung beschränkt sei.

6

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Senat zugelassenen Revision. Das LSG sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass Schulden iS des § 22 Abs 5 SGB II nicht mehr vorlägen, weil er das notwendige Geld zur Abwendung der Wohnungslosigkeit im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Tatsachengerichts selbst aufgebracht habe. Der Anspruch auf Übernahme der Mietschulden habe sich mit der Eingehung neuer Verbindlichkeiten nicht tatsächlich und rechtlich erledigt. Für den Fall der Eingehung von Verbindlichkeiten gegenüber Dritten und deren Einsatz zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit seien solche Verbindlichkeiten normativ als Schulden im Sinne des § 22 Abs 5 SGB II anzusehen. Zu dem Zeitpunkt der Eingehung der Schulden habe Wohnungslosigkeit gedroht, die der Beklagte hätte abwenden müssen. Das LSG habe die Tatsache unberücksichtigt gelassen, dass er bereits am 12.1.2006 bei dem Beklagten und am 22.3.2006 beim Sozialhilfeträger die Übernahme der Schulden beantragt habe. Zu diesem Zeitpunkt wäre auch Schonvermögen nicht einzusetzen gewesen, sodass dieses weiterhin - wie nach der Rechtslage nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) - geschützt bleibe. Er rügt ferner die fehlerhafte Aufklärung des Sachverhalts. Das LSG sei ohne ausreichende Begründung einem von ihm in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag auf Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens nicht gefolgt. Er sei aber unverschuldet aufgrund psychischer Erkrankung nicht in der Lage gewesen, sich auf andere Weise selbst zu helfen. Insbesondere der Auszug aus seiner Wohnung hätte eine weitergehende gesundheitliche Gefährdung bedeutet, die ihm nicht zumutbar gewesen wäre.

7

           

Der Kläger beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. Januar 2009 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 14. August 2007 sowie den Bescheid des Beklagten vom 11. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. August 2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, Schulden in Höhe von 4405,95 Euro nebst 15 Prozent Zinsen seit dem 8. September 2006, als Zuschuss, hilfsweise als Darlehen, zu übernehmen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers ist im Sinne einer Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet, § 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

11

Ob der Kläger Anspruch auf die begehrte Übernahme von Schulden nach § 22 Abs 5 SGB II hat, kann auf Grundlage des vom LSG festgestellten Sachverhalts nicht entschieden werden. Ein Anspruch auf Übernahme von Schulden, der grundsätzlich von einer gesonderten Antragstellung abhängig ist (dazu unter 2), scheidet nicht schon dann aus, wenn der Hilfebedürftige nach der maßgeblichen Antragstellung mit Hilfe eines anderweitig beschafften Darlehens die Unterkunft durch Zahlung der geschuldeten Summe gegenüber dem Vermieter gesichert hat. Eine Übernahme von Schulden kommt vielmehr in Betracht, wenn diese zunächst beantragt, der Träger der Grundsicherung über den Antrag aber nicht rechtzeitig entschieden oder den Antrag rechtswidrig abgelehnt hatte (dazu unter 3). Das LSG wird daher zu prüfen haben, ob zum Zeitpunkt der Aufnahme des Darlehens, der bislang noch nicht festgestellt ist, ein originärer Anspruch auf Übernahme der Schulden nach § 22 Abs 5 SGB II bestand(dazu unter 4). Bestand ein solcher Anspruch, kommt auch die Übernahme der im weiteren Verlauf entstandenen Schulden in Betracht, wenn bei rechtzeitigem rechtmäßigen Handeln des Beklagten solche Mehrkosten nicht entstanden wären (dazu unter 5).

12

1. Die Klage ist als Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl § 54 Abs 1, 4 SGG) zulässig. Streitgegenstand ist allein die begehrte Übernahme von Schulden. Gegenstand des Rechtsstreits ist damit der Bescheid vom 11.5.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.8.2006. Das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers steht nicht deshalb in Frage, weil er im Laufe des Verfahrens die Schulden aus dem Mietverhältnis gegenüber der Vermieterin anders als durch die ursprünglich begehrte Leistung aufgebracht und beglichen und so den drohenden Verlust der Wohnung selbst endgültig abgewendet hat. Da er hierfür anderweitige Verbindlichkeiten und entsprechende (gegenüber einer Darlehensgewährung durch den Beklagten weitaus ungünstigere) Rückzahlungsverpflichtungen eingegangen ist, bleibt die Frage zu klären, ob ihm ein Leistungsanspruch weiterhin zusteht oder ein solcher Anspruch wegen dieser zwischenzeitlichen "Selbstbeschaffung" ausscheidet, wie das LSG meint.

13

2. Als Anspruchsgrundlage kommt für den Kläger, der nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG als alleinstehender, erwerbsfähiger Hilfebedürftiger seit April 2005 durchgehend Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung (vgl §§ 19, 22 Abs 1 SGB II) bezogen hat, nur § 22 Abs 5 SGB II(eingefügt zum 1.4.2006 mit dem Gesetz zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 24.3.2006, BGBl I 558) in Betracht. Nach dessen Satz 1 können, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen nach Satz 2 übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs 2 Nr 1 SGB II ist vorrangig einzusetzen (Satz 3). Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden (Satz 4).

14

Ein Anspruch auf Übernahme von Schulden iS des § 22 Abs 5 SGB II ist im Regelfall vom Antrag auf laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß §§ 19 ff SGB II nicht erfasst, sondern vom Hilfebedürftigen gesondert geltend zu machen. Der von § 22 Abs 5 SGB II zu deckende Bedarf kommt unabhängig vom Bedarf auf laufende Leistungen nicht schon dann als Leistung in Betracht, wenn Schulden in Bezug auf die Unterkunft tatsächlich entstehen. Insoweit unterscheidet er sich von einmaligen Sonderbedarfen nach § 23 Abs 3 SGB II, die nicht gesondert beantragt werden müssen (vgl dazu Urteil des Senats vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Erst wenn sich der Hilfebedürftige nicht mehr in der Lage sieht, trotz des Bezuges von Leistungen nach §§ 19, 22 Abs 1 SGB II und seiner Verpflichtung, vorrangig eigene Mittel zur Schuldentilgung einzusetzen, seine Unterkunft zu sichern, kommt eine Übernahme der Schulden in Betracht. Der Antragsteller muss deshalb die weitergehende Notwendigkeit von zusätzlichen Geldleistungen zur Sicherung der Unterkunft in seinem Vorbringen gegenüber dem Träger der Grundsicherung zum Ausdruck bringen. Erst ein solches Vorbringen kann als Antrag ausgelegt werden und den entsprechenden Anspruch auf Übernahme von Schulden auslösen.

15

Maßgeblicher Zeitpunkt der Antragstellung für die Leistung nach § 22 Abs 5 SGB II ist vorliegend damit der 25.4.2006. Soweit der Kläger mit seinem Revisionsvorbringen vorträgt, er habe die Leistungen bereits am 12.1.2006 beim Träger der Grundsicherung beantragt, ergibt sich dies zwar aus dem Akteninhalt. Der Beklagte hatte diesen Antrag allerdings bereits mit bestandskräftigem Bescheid vom 16.1.2006 beschieden.

16

3. Bei den vom Kläger im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG geltend gemachten Beträgen handelt es sich entgegen der Auffassung des LSG um Schulden im Sinne des § 22 Abs 5 SGB II.

17

a) Die Abgrenzung von Schulden nach § 22 Abs 5 SGB II von den übrigen Kosten der Unterkunft und Heizung, die nach § 22 Abs 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen sind, ist unabhängig von der zivilrechtlichen Einordnung zu treffen. Ausgehend von dem Zweck der Leistungen nach dem SGB II ist danach zu unterscheiden, ob es sich um einen tatsächlich eingetretenen und bisher noch nicht von dem SGB II-Träger gedeckten Bedarf handelt oder nicht (vgl BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 62/09 R -, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 17).

18

Soweit der Kläger in der Zeit ab April 2005 mit den Mietzahlungen in Rückstand geraten ist, handelt es sich bei den aufgelaufenen Beträgen schon deswegen um Schulden iS des § 22 Abs 5 SGB II, weil der Beklagte nach den Feststellungen des LSG den Anspruch auf Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in vollem Umfang ("in Höhe der tatsächlichen Miete") erfüllt hat. Im Hinblick auf die Kosten für Unterkunft und Heizung lässt aber die zweckwidrige Verwendung der vom Träger der Grundsicherung bewilligten Mittel durch den Hilfeempfänger einen erneuten Anspruch nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nicht entstehen. Sind insoweit Schulden entstanden, kann nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen des Abs 5 ein Anspruch auf Übernahme der Schulden bestehen.

19

Auch soweit der Kläger seinen fälligen Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis in Zeiträumen nicht nachgekommen ist, in denen er keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bezogen hat, gehören solche Schulden nicht zu den Aufwendungen nach § 22 Abs 1 SGB II, weil sie keinem laufenden Bewilligungszeitraum zugeordnet werden können. Verbindlichkeiten, die nicht im laufenden Bezug (etwa nach Abrechnung von Nebenkosten) fällig werden, sondern bereits zuvor bestanden haben, sind bei der Prüfung des aktuellen Bedarfs für Unterkunft und Heizung, den § 22 Abs 1 SGB II abdecken soll, grundsätzlich unbeachtlich. Die anteilige Berücksichtigung nach Kalendertagen im laufenden Monat kommt nur in Betracht, soweit die Miete bereits vor der (ersten) Antragstellung fällig geworden war (vgl § 41 Abs 1 Satz 3 SGB II; dazu BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 22). Schulden aus Monaten, die dem Monat der (ersten) Antragstellung vorangegangen sind (hier also den Monaten Februar und März 2005), können in der Folgezeit damit nur unter den Voraussetzungen des § 22 Abs 5 SGB II übernommen werden.

20

b) Entgegen der Auffassung des LSG scheidet ein Anspruch nach § 22 Abs 5 SGB II nicht schon dann aus, wenn der Kläger nach Antragstellung mit Hilfe eines anderweitig beschafften Darlehens die Unterkunft durch Zahlung der geschuldeten Summe gegenüber dem Vermieter selbst gesichert hat. Auch Schulden gegenüber einem Dritten, die der Hilfebedürftige nach Antragstellung beim Träger der Grundsicherung eingegangen ist, um drohende Wohnungslosigkeit abzuwenden, können Schulden im Sinne des § 22 Abs 5 SGB II sein. Der Wortlaut des § 22 Abs 5 SGB II ist insoweit offen gefasst und ausdrücklich nicht auf Schulden aus dem Mietvertrag beschränkt. Diese Auslegung entspricht auch Sinn und Zweck der Vorschrift. Die ausnahmsweise Übernahme von Schulden soll dann ermöglicht werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft gerechtfertigt erscheint.

21

Jedenfalls für den Fall, dass eine Entscheidung des Trägers der Grundsicherung nicht mehr rechtzeitig erfolgt ist oder der Träger der Grundsicherung die Übernahme der Schulden rechtswidrig abgelehnt hatte und die Aufnahme eines Privatdarlehens aus diesem Grund erforderlich für die Abwendung der Wohnungslosigkeit war, kommt die Übernahme dieser "neuen" Schulden (an Stelle der ursprünglich gegenüber dem Vermieter bestehenden Schulden) in Betracht. Dies entspricht der im Sozialversicherungsrecht geltenden Pflicht zur Kostenerstattung bei nicht rechtzeitiger oder zu Unrecht verweigerter Sachleistung, die von der Rechtsprechung über den unmittelbaren Anwendungsbereich des § 13 Abs 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) hinaus als allgemein gültiges Rechtsprinzip angesehen wird(vgl BSGE 89, 50, 56 f = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 8 = juris RdNr 36). Auch im Anwendungsbereich des SGB XII (wie auch zuvor des Bundessozialhilfegesetzes) kann dem Hilfesuchenden eine zwischenzeitliche Selbstbeschaffung der begehrten Leistung unter dem Gesichtspunkt einer "Zweckverfehlung" der ursprünglich beantragten Leistung nicht entgegengehalten werden (vgl BSG SozR 4-3500 § 21 Nr 1 RdNr 11 für die Übernahme von Kosten für eine Haushaltshilfe nach dem SGB XII unter Hinweis auf BVerwGE 90, 154, 156; 91, 245, 247 f; 94, 127, 135; 96, 152, 157; ausführlich Grube, Sozialrecht aktuell 2010, 11, 12). Soweit Leistungen nach dem SGB II nicht ohnehin pauschaliert und von daher dem Gedanken einer zwischenzeitlichen "faktischen" Bedarfsdeckung nicht zugänglich sind (vgl dazu etwa Urteil des Senats vom 18.2.2010 - B 14 AS 32/08 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), gilt nichts anderes. An die Stelle der ursprünglich begehrten Übernahme der Schulden gegenüber dem Vermieter treten dann die Schulden, die gegenüber dem Dritten eingegangen worden sind. Sind durch eine notwendig gewordene anderweitige Finanzierung weitergehende Kosten entstanden, kommt auch deren Übernahme unter dem Gesichtspunkt der Kostenerstattung in Betracht (dazu im Einzelnen unter 5).

22

Das LSG wird daher zu prüfen haben, wann der Kläger die noch bestehenden Verbindlichkeiten eingegangen ist. Lediglich wenn die Schulden gegenüber der Vermieterin bereits vor Antragstellung anderweitig als durch die vom Beklagten begehrte Geldleistung getilgt und die Unterkunft gesichert worden war (wofür der Vortrag des Klägers in der Revisionsinstanz und der vom LSG mitgeteilte Sachverhalt bislang keine Anhaltspunkte bieten), scheidet ein Anspruch nach dem Gesagten regelmäßig aus.

23

Ein Anspruch auf Übernahme von Schulden kann schließlich dann ("ersatzlos") entfallen, wenn die ursprünglich bewohnte Wohnung in der Folge aufgegeben wird und das gesetzliche Ziel der Übernahme der Schulden - der Erhalt der Wohnung - schon tatsächlich nicht mehr erreicht werden kann. Für eine Übernahme der Schulden nach § 22 Abs 5 SGB II lediglich unter dem Aspekt einer finanziellen Restitution ist kein Raum. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.

24

4. Die mithin erforderliche Prüfung, ob der Kläger die Übernahme der Schulden nach § 22 Abs 5 Satz 1 und 2 SGB II verlangen kann, kann der Senat auf Grundlage der Feststellungen des LSG nicht abschließend durchführen.

25

a) Ausgangspunkt der vom LSG noch durchzuführenden Prüfung ist dabei zunächst § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II, wonach die Übernahme von Schulden in jedem Fall voraussetzt, dass sie "zur Sicherung der Unterkunft" (oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage) gerechtfertigt ist.

26

§ 22 Abs 5 Satz 1 SGB II schützt nach seinem Wortlaut die Wohnung dann, wenn ihr Erhalt durch die Übernahme von Schulden gerechtfertigt ist. Grundsätzlich wird für eine Übernahme der Schulden zu fordern sein, dass die laufenden Kosten für die Unterkunft abstrakt angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II sind. Der mit der Übernahme der Schulden bezweckte langfristige Erhalt einer Wohnung erscheint nur dann gerechtfertigt, wenn die (künftigen) laufenden Kosten dem entsprechen, was innerhalb des nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in Bezug zu nehmenden Vergleichsraumes von dem Träger der Grundsicherung zu übernehmen ist. Das LSG hat (wie auch das SG) keine Feststellungen zur Höhe der laufenden Kosten der klägerischen Wohnung sowie ihrer Angemessenheit getroffen und wird dies nachzuholen haben. Die insoweit aus der Akte ersichtlichen Kosten geben allerdings keinen Anlass, ernstlich an ihrer Angemessenheit zu zweifeln, zumal der Kläger die Wohnung aktuell noch bewohnt und Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II weiterhin bezieht. Ob in Einzelfällen auch für abstrakt unangemessen teure Wohnungen, deren laufende Kosten etwa auf Grundlage des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II übernahmefähig sein mögen, die Übernahme der Schulden gerechtfertigt sein kann, kann nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens dahinstehen.

27

b) Nach § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II steht die Übernahme der Schulden im Ermessen des Grundsicherungsträgers. Dieses Ermessen ist nach Satz 2 eingeschränkt, wenn die Übernahme der Schulden gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. In diesem Fall sollen die Schulden übernommen werden. Da nach den Feststellungen des LSG die Vermieterin des Klägers bei Antragstellung nach Ablauf der vor dem Amtsgericht Lichtenberg vereinbarten Zahlungsfrist zum 3.4.2006 nur noch bereit war, das Mietverhältnis bei einer Zahlung der Schulden fortzusetzen, und offenbar ein vollstreckbarer Räumungstitel vorlag, besteht für das LSG nach Zurückverweisung Anlass zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Übernahme der Schulden auf Grundlage des Satzes 2 vorgelegen haben.

28

Auch die drohende Wohnungslosigkeit im Sinne des § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II bezieht sich in ihrem Ausgangspunkt auf die konkret bewohnte Wohnung. Es geht um den drohenden Verlust dieser Wohnung. So wie § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nicht lediglich sicherstellen soll, dass ein Ort zum Schutz vor der Witterung zur Verfügung steht, an dem der Hilfebedürftige schlafen kann(dazu BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 14 RdNr 16), soll auch die Übernahme von Mietschulden nach Abs 5 den persönlichen Lebensbereich "Wohnung" des Hilfebedürftigen schützen. Das Tatbestandsmerkmal "drohende Wohnungslosigkeit" kann damit nicht unter Hinweis auf Unterbringungsmöglichkeiten in einer Not- oder Obdachlosenunterkunft verneint werden.

29

Soweit allerdings eine angemessene neue Wohnung gefunden werden kann, liegt drohende Wohnungslosigkeit regelmäßig nicht vor. Es ist von dem Hilfebedürftigen jedenfalls dann zu fordern, eine an sich kostenangemessene Wohnung zu verlassen und nach einem Umzug (der sich dann als notwendig iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II darstellt) eine neue Wohnung zu beziehen, wenn durch sein unwirtschaftliches Verhalten (hier die zweckwidrige Verwendung der nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II gewährten Mittel) eine Schuldenlage entstanden ist. Es geht auch im Anwendungsbereich des § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II nicht darum, den Hilfebedürftigen finanziell durch die Übernahme der Schulden zu entlasten. Deshalb kann dem Verlust einer angemessenen Unterkunft auch dadurch begegnet werden, dass eine neue Wohnung bezogen wird.

30

Drohende Wohnungslosigkeit, die einen Anspruch auf Übernahme von Schulden nach § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II auslöst, bedeutet damit den drohenden Verlust der bewohnten, kostenangemessenen Wohnung bei fehlender Möglichkeit ebenfalls angemessenen Ersatzwohnraum zu erhalten. Eine den Angemessenheitskriterien entsprechende Wohnung muss dabei konkret für den Hilfebedürftigen anmietbar sein. Ersatzwohnungen stehen beispielsweise dann zur Verfügung, wenn der Träger der Grundsicherung auf ein sog "geschütztes Marktsegment" zurückgreifen kann und dem Hilfebedürftigen eine Ersatzwohnung anbietet bzw vermittelt. Dagegen ist bei der Frage der drohenden Wohnungslosigkeit unerheblich, ob der Markt - wie nach Auffassung des Beklagten etwa in Berlin - allgemein "entspannt" ist bzw es anderen Hilfebedürftigen regelmäßig gelingt (etwa im Rahmen von Kostensenkungsbemühungen nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II), eine Ersatzwohnung zu finden. Aus den Akten ist ersichtlich, dass der Kläger vorgetragen hat, 14 Vermieter (darunter gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften mit einem großen Wohnungsbestand) wegen Ersatzwohnungen angefragt, aber wegen einer fehlenden Bescheinigung über die Mietschuldenfreiheit nur Absagen erhalten zu haben. Auch die Aufnahme auf die Warteliste für das "geschützte Marktsegment" des Sozialamtes Lichtenberg ist aktenkundig, ohne dass erkennbar würde, ob insoweit eine Ersatzwohnung vor dem Räumungstermin hätte beschafft werden können. Insbesondere diese Umstände wird das LSG zu überprüfen haben, um die notwendigen Feststellungen zur drohenden Wohnungslosigkeit iS des § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II zu treffen. Erst wenn feststeht, dass drohende Wohnungslosigkeit nicht vorgelegen hat, weil eine andere angemessene Wohnung konkret zur Verfügung stand, kommt es auf den weiteren Vortrag des Klägers an, ihm sei aus gesundheitlichen Gründen ein Umzug nicht zumutbar gewesen.

31

c) Liegt drohende Wohnungslosigkeit vor, sollen gemäß § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II die Schulden übernommen werden. Die Feststellung, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des Satzes 2 gegeben sind, bedeutet zugleich, dass dem Beklagten für die Ausübung seines Ermessens regelmäßig kein Spielraum verbleibt. Führt eine Schuldenlage zu drohender Wohnungslosigkeit im dargestellten Sinne, ist die Übernahme der Schulden im Regelfall gerechtfertigt und notwendig. Es ist regelmäßig keine andere Entscheidung als die Übernahme der Schulden denkbar, um den Anspruch des Hilfebedürftigen auf eine angemessene Unterkunft zu sichern. Lediglich in atypischen Ausnahmefällen kann die Übernahme der Schulden abgelehnt werden. Den Interessen der Allgemeinheit an der zweckentsprechenden Verwendung von Steuergeldern ist dabei zum einen dadurch Rechnung getragen, dass die Übernahme von Schulden im Regelfall nur darlehensweise erfolgt. Zum anderen wird eine Übernahme der Schulden von dem Träger der Grundsicherung regelmäßig von einer Entscheidung nach § 22 Abs 4 SGB II im Hinblick auf die künftige Mittelverwendung flankiert und so der zweckentsprechende Einsatz der Steuermittel künftig gesichert werden, wie dies vorliegend bereits im Januar 2006 geschehen ist. Andere Gesichtspunkte, die im Anwendungsbereich des Satzes 1 in die Ermessensentscheidung mit einfließen können (etwa die Höhe der Schulden im Vergleich zu den im Falle eines Umzugs vom Träger aufzuwendenden Folgekosten), finden im Rahmen des Satzes 2 schon deshalb keine Berücksichtigung mehr, weil bei drohender Wohnungslosigkeit - wie oben ausgeführt - die Alternative einer konkreten Unterkunftsmöglichkeit nicht besteht. Schließlich tritt auch wirtschaftlich unvernünftiges (vorwerfbares) Handeln des Hilfebedürftigen, das die drohende Wohnungslosigkeit (mit)verursacht haben mag, in den Fällen des Satzes 2 regelmäßig zurück. Wie bereits ausgeführt fallen in erster Linie solche Verbindlichkeiten überhaupt nur unter den Begriff der Schulden nach Abs 5, die auf ein (mehr oder weniger nachvollziehbares) Fehlverhalten des Hilfebedürftigen (sei es während des Leistungsbezuges, sei es zuvor) zurückzuführen sind. Ob ausnahmsweise anderes gelten kann, wenn zielgerichtetes Verhalten des Hilfeempfängers (insbesondere im Wiederholungsfall) zu Lasten des Trägers der Grundsicherung nachgewiesen werden kann, kann nach dem derzeitigen Verfahrensstand offen bleiben.

32

5. Auch hinsichtlich des Umfangs der zu übernehmenden Schulden gilt der Maßstab nach § 22 Abs 5 Satz 1 und 2 SGB II. Die Schulden sind also in dem Umfang zu übernehmen, in dem ihre Übernahme gerechtfertigt, und in dem sie (im Falle des Satzes 2) zur Abwendung der Wohnungslosigkeit notwendig sind.

33

Aus § 22 Abs 5 Satz 3 SGB II ergibt sich dabei, dass die Übernahme nicht gerechtfertigt ist, wenn der Hilfebedürftige mit eigenen Mitteln die Notlage abwenden kann. Der Einsatz des Grundfreibetrages nach § 12 Abs 2 Nr 1 SGB II kann uneingeschränkt verlangt werden. Für den Kläger gelten hier keine Einschränkungen deshalb, weil er sich unter Geltung der alten Rechtslage noch an den Träger der Sozialhilfe gewandt hatte. Abgesehen davon, dass im Anwendungsbereich des SGB XII ein so weitgehender Schutz wie in § 12 Abs 2 Nr 1 SGB II nicht zum Tragen kommt, sind Übergangsregelungen nicht ersichtlich und erscheinen auch nicht erforderlich. Der Freibetrag für notwendige Anschaffungen nach § 12 Abs 2 Nr 4 SGB II ist in § 22 Abs 5 Satz 3 SGB II zwar nicht erwähnt. Dieser Betrag ist jedoch auch und gerade zum Einsatz in unvorhergesehenen Bedarfslagen gedacht, sodass nicht ersichtlich ist, weshalb er in Ansehung von Mietschulden geschützt sein sollte. Ob solches Vermögen im Zeitpunkt der Antragstellung überhaupt vorlag, wird das LSG festzustellen haben.

34

Die Übernahme von Kosten der Vermieterin, die nicht aus dem Mietverhältnis stammen, aber an die sie (nach Ablauf der in § 543 Abs 2 Nr 3 Bürgerliches Gesetzbuch vorgesehenen Fristen zur Abwendung einer Kündigung wegen Zahlungsrückständen zulässigerweise) die Fortführung bzw den Neuabschluss des Mietverhältnisses geknüpft hat, können nach dem oben Ausgeführten ebenfalls zu den im Rahmen des § 22 Abs 5 SGB II übernahmefähigen Kosten gehören. Im Hinblick auf den vorliegenden Einzelfall, der durch den Zuständigkeitswechsel der Träger aufgrund der Rechtsänderung gekennzeichnet ist, erscheinen sie im Zeitpunkt der Antragstellung als nicht (mehr) abwendbar und damit (sofern die Voraussetzungen des Satzes 2 vorliegen) notwendig zur Sicherung der Wohnung.

35

Schließlich ist auch die Frage, ob dem Kläger die geltend gemachten Zinsen zuzusprechen sind, danach zu entscheiden, ob die Aufnahme des Kredits zu den dargestellten Bedingungen zur Abwendung der Wohnungslosigkeit notwendig war. Es sind hierdurch zwar erhebliche Mehrkosten entstanden, die bei Übernahme der ursprünglich bestehenden Schulden durch den Beklagten nicht angefallen wären. Die Erstattung von Kosten bei Selbstbeschaffung unaufschiebbarer Sozialleistungen (dh in Eil- und Notfällen trotz rechtzeitiger Antragstellung) sowie im Falle rechtswidriger Leistungsablehnung ist aber Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens im Sozialrecht (vgl bereits BSGE 89, 50, 56 f = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 8 = juris RdNr 36; Grube, Sozialrecht aktuell 2010, 11, 12). Solche Mehrkosten sind im Rahmen des § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II grundsätzlich übernahmefähig, wenn andere Möglichkeiten der Sicherung der Wohnung (vor allem ein nochmaliger Aufschub durch den Vermieter bis zur endgültigen Entscheidung des Leistungsträgers) endgültig ausscheiden. Wegen der Einzelheiten der Darlehensgewährung wird das LSG diese Voraussetzungen und sodann abschließend zu überprüfen haben, ob dem Kläger eine günstigere Möglichkeit der Kreditaufnahme offen gestanden hätte.

36

Das LSG wird auch abschließend über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 27. Mai 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Umstritten sind Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), insbesondere die Kosten einer Auszugsrenovierung.

2

Die im Jahr 1975 geborene Klägerin zu 1 erhält mit ihren in den Jahren 1998 und 2003 geborenen Kindern, den Klägern zu 2 und 3, für die sie allein sorgeberechtigt ist, seit dem 1.1.2005 Leistungen nach dem SGB II und wohnte mit ihnen seit dem 1.3.2002 in Z. in einer Wohnung der beigeladenen Wohnungsbaugesellschaft. Die Rechtsvorgängerin des beklagten Jobcenters - im Folgenden auch Beklagter - händigte der Klägerin zu 1 am 28.8.2006 ein Merkblatt aus, forderte sie zur Senkung der Kosten der Unterkunft auf und gewährte ab dem 1.12.2006 nur noch die als angemessen angesehenen Kosten der Unterkunft. In einem Gespräch am 3.2.2007, in dem der Beklagte dem Mietvertrag für die neue Wohnung zustimmte, wies er die Klägerin zu 1 darauf hin, dass der (alte) Mietvertrag mit der Beigeladenen starre Renovierungsregelungen beinhalte, die nichtig seien, und er - der Beklagte - keine Renovierungskosten übernehme. Im Laufe des Februars 2007 zogen die Kläger in ihre jetzige Wohnung um. Durch Schreiben vom 15.2.2007 teilte die Beigeladene der Klägerin zu 1 mit, sie habe die Wohnung am Ende des Mietverhältnisses am 28.2.2007 in vertragsgerechtem Zustand zu übergeben und es sei erforderlich, diese neu zu tapezieren und zu malern. Der mietvertragliche Fristenplan sei abgelaufen. In einem beigefügten Voranschlag wurden die Kosten auf 2636,80 Euro geschätzt. Die Kläger nahmen keine Arbeiten an der Wohnung vor. Die Beigeladene beauftragte eine Firma H., die der Beigeladenen am 5.4.2007 für die durchgeführten Maßnahmen 2955,10 Euro in Rechnung stellte. Den schon zuvor gestellten Antrag der Kläger auf Übernahme dieser Kosten lehnte der Beklagte ab, weil die Regelung über die Schönheitsreparaturen in dem Mietvertrag nichtig sei und keine Selbsthilfemöglichkeiten seitens der Kläger zu erkennen seien (Bescheid vom 21.2.2007, Widerspruchsbescheid vom 26.6.2007).

3

Das angerufene Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 25.7.2008). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Wohnungsbaugesellschaft beigeladen, auf die Berufung der Kläger den Beklagten verurteilt, die Kosten für die Auszugsrenovierung in Höhe von 2541,87 Euro zu übernehmen, und im Übrigen die Klage abgewiesen (Urteil vom 27.5.2009). Zur Begründung hat das LSG im Wesentlichen ausgeführt: Die in Rechnung gestellten Kosten in Höhe von 2955,10 Euro seien nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung tatsächlich angefallen und angemessen, wie sich aus dem Zustand der Wohnung nach dem Auszug der Kläger ergebe. Es seien aber nur die Nr 1 und Nr 3 der in der Rechnung enthaltenen Positionen teilweise von dem Beklagten als Kosten der Unterkunft zu übernehmen, sodass sich geschätzt unter Einbeziehung der Mehrwertsteuer der zugesprochene Betrag ergebe. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 8/09 R - BSGE 104, 179 = SozR 4-4200 § 22 Nr 24), der sich das LSG anschließe, seien Mietzinsen als tatsächliche Aufwendungen berücksichtigungsfähig, soweit sie auf der Grundlage einer mit dem Vermieter getroffenen Vereinbarung beruhen und vom Hilfeempfänger tatsächlich gezahlt werden. Gleiches gelte für die Kosten einer mietvertraglich vereinbarten Auszugsrenovierung. Ausreichend sei, dass der Hilfebedürftige einer ernsthaften Mietzinsforderung ausgesetzt sei. Prüfungsmaßstab sei nicht zuförderst das tatsächliche Bestehen der Forderung, sondern dass sie "soziale Wirksamkeit" besitze. Lediglich wenn bekannt sei oder es hätte bekannt sein müssen, dass die Forderung nicht bestehe, dh offenkundig nicht vorliege, könne eventuell etwas Anderes gelten. Im Hinblick auf die "nicht unproblematische, diffizile und differenzierende Rechtsprechung der Zivilgerichte" könne vorliegend nicht sicher prognostiziert werden, ob die Kläger in einem Zivilrechtsstreit um die Kosten der Auszugsrenovierung unterliegen würden. An eine entsprechende "Einschätzung" des LSG wären die Zivilgerichte nicht gebunden. Daher sei es gerechtfertigt, lediglich auf die soziale Wirksamkeit der Forderung abzustellen und von einer ins Einzelne gehende mietrechtlichen Prüfung Abstand zu nehmen. Der Beigeladene habe angekündigt, ggf Klage zu erheben, und den Klägern könne nicht zugemutet werden, sich erst verklagen zu lassen. Für die Übernahme der weiteren Beträge mangele es an einer Rechtsgrundlage.

4

Mit seiner Revision rügt der Beklagte die Verletzung materiellen Rechts, insbesondere des § 22 SGB II. Er macht geltend, für einen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Auszugsrenovierung genüge nicht die "soziale Wirksamkeit" der Forderung des Vermieters, vielmehr sei auf deren zivilrechtliche Wirksamkeit abzustellen.

5

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 27. Mai 2010 aufzuheben und die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Stralsund vom 25. Juli 2008 zurückzuweisen.

6

Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend. Es sei maßgeblich auf die Sicht der Hilfebedürftigen abzustellen, ob sie sich zur Renovierung verpflichtet ansahen. Die Auffassung des Jobcenters sei nicht relevant.

8

Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

Entscheidungsgründe

9

Auf die Revision des Beklagten ist das Urteil des LSG aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen. Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet, weil aufgrund der Feststellungen des LSG nicht beurteilt werden kann, ob die Kläger gegen den Beklagten einen Anspruch auf Übernahme von Kosten für die Auszugsrenovierung in Höhe von 2541,87 Euro haben (§ 170 Abs 1, 2 Sozialgerichtsgesetz).

10

Zwar können die Kosten einer Auszugsrenovierung als Leistung für die Unterkunft zu übernehmen sein (dazu 3.). Voraussetzung dafür ist jedoch nicht deren "soziale Wirksamkeit", sondern ob sie tatsächliche, angemessene Aufwendungen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II sind (dazu 4.). Die Ablehnung der Übernahme solcher Kosten als unangemessen wegen der Unwirksamkeit bestimmter Regelungen im Mietvertrag stellt besondere Anforderungen an das vom beklagten Jobcenter durchzuführende Kostensenkungsverfahren; insofern fehlen entsprechende Feststellungen des LSG (dazu 5.).

11

1. Streitgegenstand des Verfahrens ist die durch Bescheid vom 21.2.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.6.2007 ausgesprochene Weigerung des Beklagten, die von den Klägern geforderte höhere Leistung für Unterkunft und Heizung aufgrund der von der Beigeladenen ihnen gegenüber geltend gemachten Kosten für die Auszugsrenovierung zu gewähren. An der Zulässigkeit eines auf die Leistung für Unterkunft und Heizung beschränkten Rechtsmittels (vgl nur BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18; zuletzt: BSG vom 6.10.2011 - B 14 AS 66/11 R - zur Veröffentlichung vorgesehen) hat sich durch die Neufassung des § 19 Abs 1 SGB II aufgrund des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453), das insofern zum 1.1.2011 in Kraft getreten ist, zumindest für laufende Verfahren über vorher abgeschlossene Bewilligungsabschnitte nichts geändert.

12

2. Rechtsgrundlage für den von den Klägern geltend gemachten und vom LSG zugesprochenen Anspruch auf die Kosten der Auszugsrenovierung sind § 7 Abs 1 Satz 1, § 19 Satz 1, § 22 Abs 1 Satz 1, § 28 SGB II in der Anfang des Jahres 2007 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706), die auf den von den Klägern geltenden gemachten Anspruch Anfang des Jahres 2007 weiterhin anzuwenden ist. Die allgemeinen Voraussetzungen für die Leistungsgewährung nach § 7 SGB II erfüllte die im Leistungsbezug nach dem SGB II stehende Klägerin zu 1 sowie ihre mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Kinder, die Kläger zu 2 und 3. Zu den als Arbeitslosengeld II bzw Sozialgeld zu erbringenden Leistungen gehören auch solche für die Unterkunft und Heizung, die in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit sie angemessen sind (§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II).

13

3. Zu den als Leistungen für die Unterkunft zu erbringenden Aufwendungen können auch, wovon das LSG zu Recht ausgegangen ist, die Kosten einer Auszugsrenovierung gehören, soweit sie auf einem Mietvertrag des Hilfebedürftigen mit dem Vermieter beruhen. Solche Kosten sind - wie mietvertraglich vereinbarte Zuschläge für Schönheitsreparaturen im laufenden Mietverhältnis und Renovierungskosten bei Einzug in eine Wohnung - nicht mit der Regelleistung abgedeckt, sondern unterfallen nach dem Wortlaut des § 22 SGB II und aus systematischen Gründen den Kosten der Unterkunft(vgl zur Einzugsrenovierung: BSG vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R, BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16; zur Auszugsrenovierung: BSG vom 6.10.2011 - B 14 AS 66/11 R - zur Veröffentlichung vorgesehen).

14

4. Dem LSG kann jedoch nicht gefolgt werden, soweit es zur näheren Konkretisierung der von dem Beklagten zu übernehmenden Kosten der Auszugsrenovierung als Maßstab auf die "soziale Wirksamkeit" der Forderung der Beigeladenen gegenüber den Klägern abstellt. Maßgeblich für Leistungen für die Unterkunft sind nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II die Höhe der tatsächlichen Aufwendungen des Hilfebedürftigen, soweit sie angemessen sind. Auszugehen ist damit von den vom Hilfebedürftigen zu leistenden Zahlungen. Da jedoch Hilfebedürftige aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse oftmals nicht in der Lage sind, einen größeren Betrag zu zahlen, vorliegend fast 3000 Euro, ist der tatsächlichen Zahlung gleichzusetzen, dass sie einer entsprechenden Forderung "ernsthaft" ausgesetzt sind (BSG vom 22.09.2009 - B 4 AS 8/09 R - BSGE 104, 179 = SozR 4-4200 § 22 Nr 24, RdNr 16 f mwN).

15

In diesem vom LSG angeführten Urteil hat der 4. Senat des BSG keine weitere Voraussetzung "soziale Wirksamkeit" aufgestellt, auch wird der Begriff in dem angeführten Urteil nicht verwendet. Eine Ausnahme von der Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen hat der 4. Senat lediglich dann als erwägenswert angesehen, wenn die Unwirksamkeit der getroffenen Vereinbarung bekannt ist oder bekannt sein müsste, weil Aufwendungen für die Unterkunft, die auf einer zivilrechtlich unwirksamen Grundlage beruhen, nicht dauerhaft aus öffentlichen Mitteln bestritten werden können und dürfen (BSG vom 22.9.2009, aaO, RdNr 16, 21). Dieser Rechtsauffassung schließt sich der erkennende Senat an.

16

5. Das Jobcenter kann sich hier nicht ohne Weiteres auf die Unwirksamkeit bestimmter Regelungen im Mietvertrag berufen und darauf gestützte Abzüge von den tatsächlich zu leistenden Zahlungen des Hilfebedürftigen vornehmen, weil für ein solches Vorgehen keine Rechtsgrundlage dem SGB II zu entnehmen ist (BSG vom 22.9.2009, aaO, RdNr 17). Das Jobcenter muss vielmehr, wenn es eine Vereinbarung über die Unterkunftskosten für unwirksam hält, ein Kostensenkungsverfahren nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II einleiten, weil eine auf einer unwirksamen Vereinbarung beruhende Aufwendung nicht angemessen ist(BSG vom 22.9.2009, aaO, RdNr 23).

17

Bei einer einmaligen Forderung des Vermieters, wie vorliegend den Kosten der Auszugsrenovierung, kann die Kostensenkungsaufforderung sich nicht darin erschöpfen, die für angemessen gehaltenen Leistungen für die Unterkunft mitzuteilen, weil dies an der Forderung, der der Hilfebedürftige ausgesetzt ist, zumeist nichts ändern wird. Dies gilt ua für die Kosten einer Auszugsrenovierung und den damit zusammenhängenden schwierigen Rechtsfragen (vgl nur: Palandt, BGB, 70. Aufl 2011, § 535 RdNr 41 ff). Das Jobcenter muss in einer solchen Situation vielmehr dem Hilfebedürftigen das von ihm befürwortete Vorgehen gegenüber dem Vermieter aufzeigen und den Hilfebedürftigen in die Lage versetzen, seine Rechte gegenüber dem Vermieter wahrzunehmen. Bis zu diesen Hilfen seitens des Jobcenters sind Maßnahmen der Kostensenkung für den Hilfebedürftigen regelmäßig subjektiv unmöglich, es sei denn aufgrund seines Kenntnisstandes ist eine derartige Information entbehrlich (BSG vom 22.9.2009, aaO, RdNr 23; zu Anforderungen an ein Kostensenkungsverfahren, wenn nur die abstrakt angemessene Höhe der Leistung für die Unterkunft umstritten ist: BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 70/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 8, RdNr 13).

18

Ob das von dem Beklagten durchgeführte Verwaltungsverfahren diesen Voraussetzungen entspricht, kann den Feststellungen des LSG nicht entnommen werden. Es hat nur festgestellt, dass der Beklagte die Klägerin zu 1 in einem Gespräch am 3.2.2007 wegen des bevorstehenden Umzugs darauf hingewiesen hat, der Mietvertrag mit der Beigeladenen beinhalte starre Renovierungsregelungen, die nichtig seien, und er - der Beklagte - werde keine Renovierungskosten übernehmen. Zu weiteren Gesprächen und Hinweisen des Beklagten gegenüber den Klägern (vgl BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 70/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 8, RdNr 15: Kostensenkungsaufforderung als Angebot zu einem Dialog) enthält das Urteil des LSG keine Feststellungen. Andererseits kann ihm auch nicht entnommen werden, dass es solche nicht gab und der Beklagte nicht die aufgezeigten Voraussetzungen erfüllt hat, zumal die Beigeladene bisher gegenüber den Klägern keine weiteren Schritte zur Durchsetzung der Forderung eingeleitet hat.

19

6. Für das weitere Verfahren wird zu beachten sein:

a) Zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits wird zunächst zu prüfen sein, ob der Beklagte ein den obigen Anforderungen entsprechendes Kostensenkungsverfahren hinsichtlich der umstrittenen Kosten der Auszugsrenovierung eingeleitet hat. Für ein vorprozessuales Verfahren zwischen Mieter und Vermieter mag eine entsprechende Beratung, ggf Hilfe bei der Anfertigung von Schreiben seitens des Jobcenters genügen. Sollte keine Einigung zwischen den Beteiligten erzielt werden und der Vermieter den Mieter/Hilfebedürftigen wegen der Kosten der Auszugsrenovierung vor dem Zivilgericht verklagen, so wird das Jobcenter seine Pflichten im Rahmen des Kostensenkungsverfahrens nur durch eine Beteiligung an dem Rechtsstreit, sei es als Nebenintervenient oder Streithelfer, nachkommen können, zumal des Kostenrisiko dieses Zivilverfahrens als Annex zu den umstrittenen Leistungen gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II von ihm zu tragen ist(vgl BSG vom 17.6.2010 - B 14 AS 58/09 R - BSGE 100, 190 = SozR 4-4200 § 22 Nr 41 RdNr 35).

20

Eine für alle drei Beteiligten - Jobcenter und Hilfebedürftiger/Mieter sowie Vermieter - rechtsverbindliche Entscheidung des Rechtsstreits um die Rechtmäßigkeit der Regelungen im Mietvertrag über die Kosten einer Auszugsrenovierung kann es - wie das LSG zu Recht erkannt hat - in einem sozialgerichtlichen Verfahren wie dem vorliegenden nicht geben. Selbst wenn der Vermieter zu dem Rechtsstreit zwischen Hilfebedürftigem und Jobcenter über die Kosten der Auszugsrenovierung beigeladen wird, entfaltet das Urteil des SG gegenüber dem Vermieter keine Rechtskraft hinsichtlich der zivilrechtlichen Vorfragen zur Rechtmäßigkeit der Regelungen im Mietvertrag. Der Vermieter kann vielmehr die Kosten der Auszugsrenovierung gegenüber dem Mieter/Hilfebedürftigen ggf mit Erfolg vor den Zivilgerichten einklagen. Denn rechtskräftige Urteile binden die Beteiligten nur, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist (§ 141 Abs 1 SGG; im Ergebnis ebenso: § 322 Abs 1 Zivilprozessordnung). Die Rechtskraft eines Urteils ist "auf den in der Urteilsformel enthaltenen Gedanken beschränkt" (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 75 Nr 31 S 40 mwN). Ausführungen über materiell-rechtliche Vorfragen oder präjudizielle Rechtsverhältnisse nehmen an der Rechtskraftwirkung des Urteils nicht teil (Breitkreuz in ders/Fichte, SGG, 2009, § 141 Nr 6; Bolay in Handkommentar SGG , 3. Aufl 2009, § 141 RdNr 9 f mwN; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 141 RdNr 7a f; vgl zur ZPO: Vollkommer in Zöller, ZPO, 27. Aufl 2009, Vor § 322 RdNr 31 ff).

21

Eine über die Rechtskraftwirkung eines Urteils hinausgehende Bindung der Beteiligten kann nur im Zivilprozess mittels einer Nebenintervention (§§ 66 ff ZPO) oder einer Streitverkündung (§§ 72 ff ZPO) erreicht werden, die es beide im sozialgerichtlichen Verfahren nicht gibt (vgl Breitkreuz in ders/Fichte, SGG, § 69 RdNr 4; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 74 RdNr 1; Littmann in HK-SGG, § 74 RdNr 2). Die über die Rechtskraftwirkung hinausgehende höhere Bindung auch hinsichtlich der tragenden Entscheidungsgründe (vgl Vollkommer, in Zöller, ZPO, § 68 RdNr 9 mwN; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 69. Aufl 2011, § 68 RdNr 1, 6) wird erreicht, weil der Nebenintervenient und derjenige, dem der Streit verkündet wurde, "im Verhältnis zur der Hauptpartei mit der Behauptung nicht gehört (wird), dass der Rechtsstreit, wie er dem Richter vorgelegen habe, unrichtig entschieden sei" (§ 68, § 74 ZPO).

22

b) Solange der Beklagte ein solches Kostensenkungsverfahren nicht eingeleitet hat, ist ebenso wie bei laufenden Mietzinsforderungen von der Angemessenheit der tatsächlichen Aufwendungen für die Auszugsrenovierung auszugehen.

23

Leitet der Beklagte ein solches Verfahren ein, so müssen die oben aufgezeigten Voraussetzungen erfüllt sein, damit es zu einer Kostensenkung führen kann. Ist der Hilfebedürftige entgegen der Auffassung des Beklagten im Kostensenkungsverfahren der Auffassung, die Kosten der Auszugsrenovierung würden vom Vermieter zu Recht geltend gemacht, so muss er sich nicht von diesem vor dem Zivilgericht verklagen lassen, sondern kann den zivilrechtlichen Anspruch anerkennen und von dem Jobcenter eine Entscheidung über die Kosten der Auszugsrenovierung verlangen. Der Hilfebedürftige setzt sich damit jedoch, wie aufgezeigt, der Gefahr einer für ihn negativen Entscheidung des Jobcenters aus.

24

c) Hat der Beklagte ein Kostensenkungsverfahren eingeleitet und der Hilfebedürftige gegen den die Übernahme der Kosten der Auszugsrenovierung ablehnenden Verwaltungsakt vor dem SG Klage erhoben, muss das angerufene SG den Rechtsstreit unter allen erdenklichen Gesichtspunkten einschließlich der Rechtmäßigkeit der entsprechenden Regelungen im Mietvertrag prüfen (§ 17 Abs 2 Gerichtsverfassungsgesetz), was vorliegend noch nicht geschehen ist.

25

Ob ein solches sozialgerichtliches Verfahren zur Vermeidung divergierender Entscheidung und zur Durchführung eines mietrechtlichen Zivilrechtsstreits auszusetzen ist, kann nicht abschließend beurteilt werden (vgl zur Anwendung des § 114 Abs 2 SGG bei Aufrechnung mit einer zivilgerichtlichen Forderung: BSG vom 11.12.1968 - 10 RV 606/65 - BSGE 29, 44, 46 f = SozR Nr 2 zu § 114 SGG einerseits und BSG vom 26.6.1963 - 1 RA 21/60 - BSGE 19, 207, 209 ff = SozR Nr 6 zu § 1299 RVO andererseits), zumal eine vergleichsweise Beendigung des sozialgerichtlichen Verfahrens denkbar erscheint, wie sie das LSG vorliegend angestrebt hat.

26

7. Einer Entscheidung über die Verfahrensrügen des Beklagten bedarf es nicht (§ 170 Abs 3 SGG). Über die Kosten des Revisionsverfahrens wird das LSG im wiedereröffneten Berufungsverfahren zu entscheiden haben.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. Januar 2009 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Übernahme von Schulden, die im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis des Klägers entstanden sind.

2

Der Kläger bezog von dem Beklagten seit April 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Der Beklagte gewährte Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen. Der Kläger war ab Februar 2005 in Rückstand mit den Mietzahlungen geraten. Die Vermieterin kündigte das Mietverhältnis und erhob Mietzahlungs- und Räumungsklage. Dieser Rechtsstreit endete durch Vergleich vor dem Amtsgericht Lichtenberg vom 1.3.2006, wonach das Mietverhältnis seitens der Vermieterin fortgesetzt werde für den Fall, dass der Kläger bis zum 3.4.2006 die Mietschulden in Höhe von 2222,47 Euro begleiche.

3

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 25.4.2006 bei dem Beklagten die Übernahme der Schulden. Er wies zugleich darauf hin, dass er mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den Träger der Sozialhilfe auf Übernahme der Mietschulden vor dem Sozialgericht (SG) erfolglos geblieben und erst im Laufe des Aprils auf die Änderung der Rechtslage nach § 22 Abs 5 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) aufmerksam gemacht worden sei. Er legte ferner eine Erklärung der Vermieterin vom 18.5.2006 vor, dass diese das Mietverhältnis fortsetze, wenn neben dem Betrag aus dem Vergleich weitere Rechtsanwalts-, Gerichts- und Vollstreckungskosten in Höhe von 2183,48 Euro, insgesamt mithin 4405,95 Euro gezahlt würden. Weiterhin legte er ein Attest des Neurologen und Psychiaters Dr. M vor, wonach im Falle des Wohnungsverlustes Selbsttötungsgefahr bestehe. Der Kläger nahm schließlich ein mit 15 % verzinsliches Darlehen auf und zahlte hiervon die Mietrückstände und die Verfahrenskosten. Die Räumung der Wohnung konnte so abgewendet werden.

4

Antrag, Widerspruch und Klage blieben ohne Erfolg (Bescheid vom 11.5.2006, Widerspruchsbescheid vom 7.8.2006, Gerichtsbescheid des SG Berlin vom 14.8.2007).

5

Die Berufung des Klägers, mit der er die Zahlung von 4405,95 Euro nebst 15 % Zinsen seit dem 8.9.2006 geltend gemacht hat, hat das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 30.1.2009 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die zwischenzeitlich erfolgte Begleichung der Schulden habe einen möglichen Anspruch nach § 22 Abs 5 SGB II entfallen lassen. Daran ändere nichts, dass der Kläger hierfür andere Verbindlichkeiten eingegangen sei. Für eine nachträgliche Übernahme von Schulden, die nicht mehr der Sicherung der Unterkunft oder der Behebung einer vergleichbaren Notlage diene, sei schon nach dem Wortlaut der Vorschrift kein Raum. Ob der Kläger über Schonvermögen verfügt habe, das er zur Begleichung der Mietschulden einzusetzen gehabt hätte, sei damit unerheblich. Ebenso sei dem klägerischen Antrag auf Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens nicht nachzugehen gewesen. Dies könne allenfalls Aufschluss darüber geben, ob die Beklagte seinerzeit zur Übernahme der Schulden verpflichtet gewesen wäre. Der hilfsweise in der Berufungsverhandlung gestellte Antrag, die Beklagte zur Übernahme der Beträge im Wege der Folgenbeseitigung zu übernehmen, sei unzulässig, weil hierzu ein Vorverfahren nicht durchgeführt worden sei. Im Übrigen sei dieser Antrag auch unbegründet, weil ein Anspruch auf Folgenbeseitigung auf den Bereich der Eingriffsverwaltung beschränkt sei.

6

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Senat zugelassenen Revision. Das LSG sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass Schulden iS des § 22 Abs 5 SGB II nicht mehr vorlägen, weil er das notwendige Geld zur Abwendung der Wohnungslosigkeit im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Tatsachengerichts selbst aufgebracht habe. Der Anspruch auf Übernahme der Mietschulden habe sich mit der Eingehung neuer Verbindlichkeiten nicht tatsächlich und rechtlich erledigt. Für den Fall der Eingehung von Verbindlichkeiten gegenüber Dritten und deren Einsatz zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit seien solche Verbindlichkeiten normativ als Schulden im Sinne des § 22 Abs 5 SGB II anzusehen. Zu dem Zeitpunkt der Eingehung der Schulden habe Wohnungslosigkeit gedroht, die der Beklagte hätte abwenden müssen. Das LSG habe die Tatsache unberücksichtigt gelassen, dass er bereits am 12.1.2006 bei dem Beklagten und am 22.3.2006 beim Sozialhilfeträger die Übernahme der Schulden beantragt habe. Zu diesem Zeitpunkt wäre auch Schonvermögen nicht einzusetzen gewesen, sodass dieses weiterhin - wie nach der Rechtslage nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) - geschützt bleibe. Er rügt ferner die fehlerhafte Aufklärung des Sachverhalts. Das LSG sei ohne ausreichende Begründung einem von ihm in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag auf Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens nicht gefolgt. Er sei aber unverschuldet aufgrund psychischer Erkrankung nicht in der Lage gewesen, sich auf andere Weise selbst zu helfen. Insbesondere der Auszug aus seiner Wohnung hätte eine weitergehende gesundheitliche Gefährdung bedeutet, die ihm nicht zumutbar gewesen wäre.

7

           

Der Kläger beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. Januar 2009 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 14. August 2007 sowie den Bescheid des Beklagten vom 11. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. August 2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, Schulden in Höhe von 4405,95 Euro nebst 15 Prozent Zinsen seit dem 8. September 2006, als Zuschuss, hilfsweise als Darlehen, zu übernehmen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers ist im Sinne einer Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet, § 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

11

Ob der Kläger Anspruch auf die begehrte Übernahme von Schulden nach § 22 Abs 5 SGB II hat, kann auf Grundlage des vom LSG festgestellten Sachverhalts nicht entschieden werden. Ein Anspruch auf Übernahme von Schulden, der grundsätzlich von einer gesonderten Antragstellung abhängig ist (dazu unter 2), scheidet nicht schon dann aus, wenn der Hilfebedürftige nach der maßgeblichen Antragstellung mit Hilfe eines anderweitig beschafften Darlehens die Unterkunft durch Zahlung der geschuldeten Summe gegenüber dem Vermieter gesichert hat. Eine Übernahme von Schulden kommt vielmehr in Betracht, wenn diese zunächst beantragt, der Träger der Grundsicherung über den Antrag aber nicht rechtzeitig entschieden oder den Antrag rechtswidrig abgelehnt hatte (dazu unter 3). Das LSG wird daher zu prüfen haben, ob zum Zeitpunkt der Aufnahme des Darlehens, der bislang noch nicht festgestellt ist, ein originärer Anspruch auf Übernahme der Schulden nach § 22 Abs 5 SGB II bestand(dazu unter 4). Bestand ein solcher Anspruch, kommt auch die Übernahme der im weiteren Verlauf entstandenen Schulden in Betracht, wenn bei rechtzeitigem rechtmäßigen Handeln des Beklagten solche Mehrkosten nicht entstanden wären (dazu unter 5).

12

1. Die Klage ist als Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl § 54 Abs 1, 4 SGG) zulässig. Streitgegenstand ist allein die begehrte Übernahme von Schulden. Gegenstand des Rechtsstreits ist damit der Bescheid vom 11.5.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.8.2006. Das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers steht nicht deshalb in Frage, weil er im Laufe des Verfahrens die Schulden aus dem Mietverhältnis gegenüber der Vermieterin anders als durch die ursprünglich begehrte Leistung aufgebracht und beglichen und so den drohenden Verlust der Wohnung selbst endgültig abgewendet hat. Da er hierfür anderweitige Verbindlichkeiten und entsprechende (gegenüber einer Darlehensgewährung durch den Beklagten weitaus ungünstigere) Rückzahlungsverpflichtungen eingegangen ist, bleibt die Frage zu klären, ob ihm ein Leistungsanspruch weiterhin zusteht oder ein solcher Anspruch wegen dieser zwischenzeitlichen "Selbstbeschaffung" ausscheidet, wie das LSG meint.

13

2. Als Anspruchsgrundlage kommt für den Kläger, der nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG als alleinstehender, erwerbsfähiger Hilfebedürftiger seit April 2005 durchgehend Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung (vgl §§ 19, 22 Abs 1 SGB II) bezogen hat, nur § 22 Abs 5 SGB II(eingefügt zum 1.4.2006 mit dem Gesetz zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 24.3.2006, BGBl I 558) in Betracht. Nach dessen Satz 1 können, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen nach Satz 2 übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs 2 Nr 1 SGB II ist vorrangig einzusetzen (Satz 3). Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden (Satz 4).

14

Ein Anspruch auf Übernahme von Schulden iS des § 22 Abs 5 SGB II ist im Regelfall vom Antrag auf laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß §§ 19 ff SGB II nicht erfasst, sondern vom Hilfebedürftigen gesondert geltend zu machen. Der von § 22 Abs 5 SGB II zu deckende Bedarf kommt unabhängig vom Bedarf auf laufende Leistungen nicht schon dann als Leistung in Betracht, wenn Schulden in Bezug auf die Unterkunft tatsächlich entstehen. Insoweit unterscheidet er sich von einmaligen Sonderbedarfen nach § 23 Abs 3 SGB II, die nicht gesondert beantragt werden müssen (vgl dazu Urteil des Senats vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Erst wenn sich der Hilfebedürftige nicht mehr in der Lage sieht, trotz des Bezuges von Leistungen nach §§ 19, 22 Abs 1 SGB II und seiner Verpflichtung, vorrangig eigene Mittel zur Schuldentilgung einzusetzen, seine Unterkunft zu sichern, kommt eine Übernahme der Schulden in Betracht. Der Antragsteller muss deshalb die weitergehende Notwendigkeit von zusätzlichen Geldleistungen zur Sicherung der Unterkunft in seinem Vorbringen gegenüber dem Träger der Grundsicherung zum Ausdruck bringen. Erst ein solches Vorbringen kann als Antrag ausgelegt werden und den entsprechenden Anspruch auf Übernahme von Schulden auslösen.

15

Maßgeblicher Zeitpunkt der Antragstellung für die Leistung nach § 22 Abs 5 SGB II ist vorliegend damit der 25.4.2006. Soweit der Kläger mit seinem Revisionsvorbringen vorträgt, er habe die Leistungen bereits am 12.1.2006 beim Träger der Grundsicherung beantragt, ergibt sich dies zwar aus dem Akteninhalt. Der Beklagte hatte diesen Antrag allerdings bereits mit bestandskräftigem Bescheid vom 16.1.2006 beschieden.

16

3. Bei den vom Kläger im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG geltend gemachten Beträgen handelt es sich entgegen der Auffassung des LSG um Schulden im Sinne des § 22 Abs 5 SGB II.

17

a) Die Abgrenzung von Schulden nach § 22 Abs 5 SGB II von den übrigen Kosten der Unterkunft und Heizung, die nach § 22 Abs 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen sind, ist unabhängig von der zivilrechtlichen Einordnung zu treffen. Ausgehend von dem Zweck der Leistungen nach dem SGB II ist danach zu unterscheiden, ob es sich um einen tatsächlich eingetretenen und bisher noch nicht von dem SGB II-Träger gedeckten Bedarf handelt oder nicht (vgl BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 62/09 R -, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 17).

18

Soweit der Kläger in der Zeit ab April 2005 mit den Mietzahlungen in Rückstand geraten ist, handelt es sich bei den aufgelaufenen Beträgen schon deswegen um Schulden iS des § 22 Abs 5 SGB II, weil der Beklagte nach den Feststellungen des LSG den Anspruch auf Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in vollem Umfang ("in Höhe der tatsächlichen Miete") erfüllt hat. Im Hinblick auf die Kosten für Unterkunft und Heizung lässt aber die zweckwidrige Verwendung der vom Träger der Grundsicherung bewilligten Mittel durch den Hilfeempfänger einen erneuten Anspruch nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nicht entstehen. Sind insoweit Schulden entstanden, kann nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen des Abs 5 ein Anspruch auf Übernahme der Schulden bestehen.

19

Auch soweit der Kläger seinen fälligen Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis in Zeiträumen nicht nachgekommen ist, in denen er keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bezogen hat, gehören solche Schulden nicht zu den Aufwendungen nach § 22 Abs 1 SGB II, weil sie keinem laufenden Bewilligungszeitraum zugeordnet werden können. Verbindlichkeiten, die nicht im laufenden Bezug (etwa nach Abrechnung von Nebenkosten) fällig werden, sondern bereits zuvor bestanden haben, sind bei der Prüfung des aktuellen Bedarfs für Unterkunft und Heizung, den § 22 Abs 1 SGB II abdecken soll, grundsätzlich unbeachtlich. Die anteilige Berücksichtigung nach Kalendertagen im laufenden Monat kommt nur in Betracht, soweit die Miete bereits vor der (ersten) Antragstellung fällig geworden war (vgl § 41 Abs 1 Satz 3 SGB II; dazu BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 22). Schulden aus Monaten, die dem Monat der (ersten) Antragstellung vorangegangen sind (hier also den Monaten Februar und März 2005), können in der Folgezeit damit nur unter den Voraussetzungen des § 22 Abs 5 SGB II übernommen werden.

20

b) Entgegen der Auffassung des LSG scheidet ein Anspruch nach § 22 Abs 5 SGB II nicht schon dann aus, wenn der Kläger nach Antragstellung mit Hilfe eines anderweitig beschafften Darlehens die Unterkunft durch Zahlung der geschuldeten Summe gegenüber dem Vermieter selbst gesichert hat. Auch Schulden gegenüber einem Dritten, die der Hilfebedürftige nach Antragstellung beim Träger der Grundsicherung eingegangen ist, um drohende Wohnungslosigkeit abzuwenden, können Schulden im Sinne des § 22 Abs 5 SGB II sein. Der Wortlaut des § 22 Abs 5 SGB II ist insoweit offen gefasst und ausdrücklich nicht auf Schulden aus dem Mietvertrag beschränkt. Diese Auslegung entspricht auch Sinn und Zweck der Vorschrift. Die ausnahmsweise Übernahme von Schulden soll dann ermöglicht werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft gerechtfertigt erscheint.

21

Jedenfalls für den Fall, dass eine Entscheidung des Trägers der Grundsicherung nicht mehr rechtzeitig erfolgt ist oder der Träger der Grundsicherung die Übernahme der Schulden rechtswidrig abgelehnt hatte und die Aufnahme eines Privatdarlehens aus diesem Grund erforderlich für die Abwendung der Wohnungslosigkeit war, kommt die Übernahme dieser "neuen" Schulden (an Stelle der ursprünglich gegenüber dem Vermieter bestehenden Schulden) in Betracht. Dies entspricht der im Sozialversicherungsrecht geltenden Pflicht zur Kostenerstattung bei nicht rechtzeitiger oder zu Unrecht verweigerter Sachleistung, die von der Rechtsprechung über den unmittelbaren Anwendungsbereich des § 13 Abs 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) hinaus als allgemein gültiges Rechtsprinzip angesehen wird(vgl BSGE 89, 50, 56 f = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 8 = juris RdNr 36). Auch im Anwendungsbereich des SGB XII (wie auch zuvor des Bundessozialhilfegesetzes) kann dem Hilfesuchenden eine zwischenzeitliche Selbstbeschaffung der begehrten Leistung unter dem Gesichtspunkt einer "Zweckverfehlung" der ursprünglich beantragten Leistung nicht entgegengehalten werden (vgl BSG SozR 4-3500 § 21 Nr 1 RdNr 11 für die Übernahme von Kosten für eine Haushaltshilfe nach dem SGB XII unter Hinweis auf BVerwGE 90, 154, 156; 91, 245, 247 f; 94, 127, 135; 96, 152, 157; ausführlich Grube, Sozialrecht aktuell 2010, 11, 12). Soweit Leistungen nach dem SGB II nicht ohnehin pauschaliert und von daher dem Gedanken einer zwischenzeitlichen "faktischen" Bedarfsdeckung nicht zugänglich sind (vgl dazu etwa Urteil des Senats vom 18.2.2010 - B 14 AS 32/08 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), gilt nichts anderes. An die Stelle der ursprünglich begehrten Übernahme der Schulden gegenüber dem Vermieter treten dann die Schulden, die gegenüber dem Dritten eingegangen worden sind. Sind durch eine notwendig gewordene anderweitige Finanzierung weitergehende Kosten entstanden, kommt auch deren Übernahme unter dem Gesichtspunkt der Kostenerstattung in Betracht (dazu im Einzelnen unter 5).

22

Das LSG wird daher zu prüfen haben, wann der Kläger die noch bestehenden Verbindlichkeiten eingegangen ist. Lediglich wenn die Schulden gegenüber der Vermieterin bereits vor Antragstellung anderweitig als durch die vom Beklagten begehrte Geldleistung getilgt und die Unterkunft gesichert worden war (wofür der Vortrag des Klägers in der Revisionsinstanz und der vom LSG mitgeteilte Sachverhalt bislang keine Anhaltspunkte bieten), scheidet ein Anspruch nach dem Gesagten regelmäßig aus.

23

Ein Anspruch auf Übernahme von Schulden kann schließlich dann ("ersatzlos") entfallen, wenn die ursprünglich bewohnte Wohnung in der Folge aufgegeben wird und das gesetzliche Ziel der Übernahme der Schulden - der Erhalt der Wohnung - schon tatsächlich nicht mehr erreicht werden kann. Für eine Übernahme der Schulden nach § 22 Abs 5 SGB II lediglich unter dem Aspekt einer finanziellen Restitution ist kein Raum. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.

24

4. Die mithin erforderliche Prüfung, ob der Kläger die Übernahme der Schulden nach § 22 Abs 5 Satz 1 und 2 SGB II verlangen kann, kann der Senat auf Grundlage der Feststellungen des LSG nicht abschließend durchführen.

25

a) Ausgangspunkt der vom LSG noch durchzuführenden Prüfung ist dabei zunächst § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II, wonach die Übernahme von Schulden in jedem Fall voraussetzt, dass sie "zur Sicherung der Unterkunft" (oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage) gerechtfertigt ist.

26

§ 22 Abs 5 Satz 1 SGB II schützt nach seinem Wortlaut die Wohnung dann, wenn ihr Erhalt durch die Übernahme von Schulden gerechtfertigt ist. Grundsätzlich wird für eine Übernahme der Schulden zu fordern sein, dass die laufenden Kosten für die Unterkunft abstrakt angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II sind. Der mit der Übernahme der Schulden bezweckte langfristige Erhalt einer Wohnung erscheint nur dann gerechtfertigt, wenn die (künftigen) laufenden Kosten dem entsprechen, was innerhalb des nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in Bezug zu nehmenden Vergleichsraumes von dem Träger der Grundsicherung zu übernehmen ist. Das LSG hat (wie auch das SG) keine Feststellungen zur Höhe der laufenden Kosten der klägerischen Wohnung sowie ihrer Angemessenheit getroffen und wird dies nachzuholen haben. Die insoweit aus der Akte ersichtlichen Kosten geben allerdings keinen Anlass, ernstlich an ihrer Angemessenheit zu zweifeln, zumal der Kläger die Wohnung aktuell noch bewohnt und Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II weiterhin bezieht. Ob in Einzelfällen auch für abstrakt unangemessen teure Wohnungen, deren laufende Kosten etwa auf Grundlage des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II übernahmefähig sein mögen, die Übernahme der Schulden gerechtfertigt sein kann, kann nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens dahinstehen.

27

b) Nach § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II steht die Übernahme der Schulden im Ermessen des Grundsicherungsträgers. Dieses Ermessen ist nach Satz 2 eingeschränkt, wenn die Übernahme der Schulden gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. In diesem Fall sollen die Schulden übernommen werden. Da nach den Feststellungen des LSG die Vermieterin des Klägers bei Antragstellung nach Ablauf der vor dem Amtsgericht Lichtenberg vereinbarten Zahlungsfrist zum 3.4.2006 nur noch bereit war, das Mietverhältnis bei einer Zahlung der Schulden fortzusetzen, und offenbar ein vollstreckbarer Räumungstitel vorlag, besteht für das LSG nach Zurückverweisung Anlass zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Übernahme der Schulden auf Grundlage des Satzes 2 vorgelegen haben.

28

Auch die drohende Wohnungslosigkeit im Sinne des § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II bezieht sich in ihrem Ausgangspunkt auf die konkret bewohnte Wohnung. Es geht um den drohenden Verlust dieser Wohnung. So wie § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nicht lediglich sicherstellen soll, dass ein Ort zum Schutz vor der Witterung zur Verfügung steht, an dem der Hilfebedürftige schlafen kann(dazu BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 14 RdNr 16), soll auch die Übernahme von Mietschulden nach Abs 5 den persönlichen Lebensbereich "Wohnung" des Hilfebedürftigen schützen. Das Tatbestandsmerkmal "drohende Wohnungslosigkeit" kann damit nicht unter Hinweis auf Unterbringungsmöglichkeiten in einer Not- oder Obdachlosenunterkunft verneint werden.

29

Soweit allerdings eine angemessene neue Wohnung gefunden werden kann, liegt drohende Wohnungslosigkeit regelmäßig nicht vor. Es ist von dem Hilfebedürftigen jedenfalls dann zu fordern, eine an sich kostenangemessene Wohnung zu verlassen und nach einem Umzug (der sich dann als notwendig iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II darstellt) eine neue Wohnung zu beziehen, wenn durch sein unwirtschaftliches Verhalten (hier die zweckwidrige Verwendung der nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II gewährten Mittel) eine Schuldenlage entstanden ist. Es geht auch im Anwendungsbereich des § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II nicht darum, den Hilfebedürftigen finanziell durch die Übernahme der Schulden zu entlasten. Deshalb kann dem Verlust einer angemessenen Unterkunft auch dadurch begegnet werden, dass eine neue Wohnung bezogen wird.

30

Drohende Wohnungslosigkeit, die einen Anspruch auf Übernahme von Schulden nach § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II auslöst, bedeutet damit den drohenden Verlust der bewohnten, kostenangemessenen Wohnung bei fehlender Möglichkeit ebenfalls angemessenen Ersatzwohnraum zu erhalten. Eine den Angemessenheitskriterien entsprechende Wohnung muss dabei konkret für den Hilfebedürftigen anmietbar sein. Ersatzwohnungen stehen beispielsweise dann zur Verfügung, wenn der Träger der Grundsicherung auf ein sog "geschütztes Marktsegment" zurückgreifen kann und dem Hilfebedürftigen eine Ersatzwohnung anbietet bzw vermittelt. Dagegen ist bei der Frage der drohenden Wohnungslosigkeit unerheblich, ob der Markt - wie nach Auffassung des Beklagten etwa in Berlin - allgemein "entspannt" ist bzw es anderen Hilfebedürftigen regelmäßig gelingt (etwa im Rahmen von Kostensenkungsbemühungen nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II), eine Ersatzwohnung zu finden. Aus den Akten ist ersichtlich, dass der Kläger vorgetragen hat, 14 Vermieter (darunter gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften mit einem großen Wohnungsbestand) wegen Ersatzwohnungen angefragt, aber wegen einer fehlenden Bescheinigung über die Mietschuldenfreiheit nur Absagen erhalten zu haben. Auch die Aufnahme auf die Warteliste für das "geschützte Marktsegment" des Sozialamtes Lichtenberg ist aktenkundig, ohne dass erkennbar würde, ob insoweit eine Ersatzwohnung vor dem Räumungstermin hätte beschafft werden können. Insbesondere diese Umstände wird das LSG zu überprüfen haben, um die notwendigen Feststellungen zur drohenden Wohnungslosigkeit iS des § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II zu treffen. Erst wenn feststeht, dass drohende Wohnungslosigkeit nicht vorgelegen hat, weil eine andere angemessene Wohnung konkret zur Verfügung stand, kommt es auf den weiteren Vortrag des Klägers an, ihm sei aus gesundheitlichen Gründen ein Umzug nicht zumutbar gewesen.

31

c) Liegt drohende Wohnungslosigkeit vor, sollen gemäß § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II die Schulden übernommen werden. Die Feststellung, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des Satzes 2 gegeben sind, bedeutet zugleich, dass dem Beklagten für die Ausübung seines Ermessens regelmäßig kein Spielraum verbleibt. Führt eine Schuldenlage zu drohender Wohnungslosigkeit im dargestellten Sinne, ist die Übernahme der Schulden im Regelfall gerechtfertigt und notwendig. Es ist regelmäßig keine andere Entscheidung als die Übernahme der Schulden denkbar, um den Anspruch des Hilfebedürftigen auf eine angemessene Unterkunft zu sichern. Lediglich in atypischen Ausnahmefällen kann die Übernahme der Schulden abgelehnt werden. Den Interessen der Allgemeinheit an der zweckentsprechenden Verwendung von Steuergeldern ist dabei zum einen dadurch Rechnung getragen, dass die Übernahme von Schulden im Regelfall nur darlehensweise erfolgt. Zum anderen wird eine Übernahme der Schulden von dem Träger der Grundsicherung regelmäßig von einer Entscheidung nach § 22 Abs 4 SGB II im Hinblick auf die künftige Mittelverwendung flankiert und so der zweckentsprechende Einsatz der Steuermittel künftig gesichert werden, wie dies vorliegend bereits im Januar 2006 geschehen ist. Andere Gesichtspunkte, die im Anwendungsbereich des Satzes 1 in die Ermessensentscheidung mit einfließen können (etwa die Höhe der Schulden im Vergleich zu den im Falle eines Umzugs vom Träger aufzuwendenden Folgekosten), finden im Rahmen des Satzes 2 schon deshalb keine Berücksichtigung mehr, weil bei drohender Wohnungslosigkeit - wie oben ausgeführt - die Alternative einer konkreten Unterkunftsmöglichkeit nicht besteht. Schließlich tritt auch wirtschaftlich unvernünftiges (vorwerfbares) Handeln des Hilfebedürftigen, das die drohende Wohnungslosigkeit (mit)verursacht haben mag, in den Fällen des Satzes 2 regelmäßig zurück. Wie bereits ausgeführt fallen in erster Linie solche Verbindlichkeiten überhaupt nur unter den Begriff der Schulden nach Abs 5, die auf ein (mehr oder weniger nachvollziehbares) Fehlverhalten des Hilfebedürftigen (sei es während des Leistungsbezuges, sei es zuvor) zurückzuführen sind. Ob ausnahmsweise anderes gelten kann, wenn zielgerichtetes Verhalten des Hilfeempfängers (insbesondere im Wiederholungsfall) zu Lasten des Trägers der Grundsicherung nachgewiesen werden kann, kann nach dem derzeitigen Verfahrensstand offen bleiben.

32

5. Auch hinsichtlich des Umfangs der zu übernehmenden Schulden gilt der Maßstab nach § 22 Abs 5 Satz 1 und 2 SGB II. Die Schulden sind also in dem Umfang zu übernehmen, in dem ihre Übernahme gerechtfertigt, und in dem sie (im Falle des Satzes 2) zur Abwendung der Wohnungslosigkeit notwendig sind.

33

Aus § 22 Abs 5 Satz 3 SGB II ergibt sich dabei, dass die Übernahme nicht gerechtfertigt ist, wenn der Hilfebedürftige mit eigenen Mitteln die Notlage abwenden kann. Der Einsatz des Grundfreibetrages nach § 12 Abs 2 Nr 1 SGB II kann uneingeschränkt verlangt werden. Für den Kläger gelten hier keine Einschränkungen deshalb, weil er sich unter Geltung der alten Rechtslage noch an den Träger der Sozialhilfe gewandt hatte. Abgesehen davon, dass im Anwendungsbereich des SGB XII ein so weitgehender Schutz wie in § 12 Abs 2 Nr 1 SGB II nicht zum Tragen kommt, sind Übergangsregelungen nicht ersichtlich und erscheinen auch nicht erforderlich. Der Freibetrag für notwendige Anschaffungen nach § 12 Abs 2 Nr 4 SGB II ist in § 22 Abs 5 Satz 3 SGB II zwar nicht erwähnt. Dieser Betrag ist jedoch auch und gerade zum Einsatz in unvorhergesehenen Bedarfslagen gedacht, sodass nicht ersichtlich ist, weshalb er in Ansehung von Mietschulden geschützt sein sollte. Ob solches Vermögen im Zeitpunkt der Antragstellung überhaupt vorlag, wird das LSG festzustellen haben.

34

Die Übernahme von Kosten der Vermieterin, die nicht aus dem Mietverhältnis stammen, aber an die sie (nach Ablauf der in § 543 Abs 2 Nr 3 Bürgerliches Gesetzbuch vorgesehenen Fristen zur Abwendung einer Kündigung wegen Zahlungsrückständen zulässigerweise) die Fortführung bzw den Neuabschluss des Mietverhältnisses geknüpft hat, können nach dem oben Ausgeführten ebenfalls zu den im Rahmen des § 22 Abs 5 SGB II übernahmefähigen Kosten gehören. Im Hinblick auf den vorliegenden Einzelfall, der durch den Zuständigkeitswechsel der Träger aufgrund der Rechtsänderung gekennzeichnet ist, erscheinen sie im Zeitpunkt der Antragstellung als nicht (mehr) abwendbar und damit (sofern die Voraussetzungen des Satzes 2 vorliegen) notwendig zur Sicherung der Wohnung.

35

Schließlich ist auch die Frage, ob dem Kläger die geltend gemachten Zinsen zuzusprechen sind, danach zu entscheiden, ob die Aufnahme des Kredits zu den dargestellten Bedingungen zur Abwendung der Wohnungslosigkeit notwendig war. Es sind hierdurch zwar erhebliche Mehrkosten entstanden, die bei Übernahme der ursprünglich bestehenden Schulden durch den Beklagten nicht angefallen wären. Die Erstattung von Kosten bei Selbstbeschaffung unaufschiebbarer Sozialleistungen (dh in Eil- und Notfällen trotz rechtzeitiger Antragstellung) sowie im Falle rechtswidriger Leistungsablehnung ist aber Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens im Sozialrecht (vgl bereits BSGE 89, 50, 56 f = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 8 = juris RdNr 36; Grube, Sozialrecht aktuell 2010, 11, 12). Solche Mehrkosten sind im Rahmen des § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II grundsätzlich übernahmefähig, wenn andere Möglichkeiten der Sicherung der Wohnung (vor allem ein nochmaliger Aufschub durch den Vermieter bis zur endgültigen Entscheidung des Leistungsträgers) endgültig ausscheiden. Wegen der Einzelheiten der Darlehensgewährung wird das LSG diese Voraussetzungen und sodann abschließend zu überprüfen haben, ob dem Kläger eine günstigere Möglichkeit der Kreditaufnahme offen gestanden hätte.

36

Das LSG wird auch abschließend über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. Januar 2009 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Übernahme von Schulden, die im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis des Klägers entstanden sind.

2

Der Kläger bezog von dem Beklagten seit April 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Der Beklagte gewährte Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen. Der Kläger war ab Februar 2005 in Rückstand mit den Mietzahlungen geraten. Die Vermieterin kündigte das Mietverhältnis und erhob Mietzahlungs- und Räumungsklage. Dieser Rechtsstreit endete durch Vergleich vor dem Amtsgericht Lichtenberg vom 1.3.2006, wonach das Mietverhältnis seitens der Vermieterin fortgesetzt werde für den Fall, dass der Kläger bis zum 3.4.2006 die Mietschulden in Höhe von 2222,47 Euro begleiche.

3

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 25.4.2006 bei dem Beklagten die Übernahme der Schulden. Er wies zugleich darauf hin, dass er mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den Träger der Sozialhilfe auf Übernahme der Mietschulden vor dem Sozialgericht (SG) erfolglos geblieben und erst im Laufe des Aprils auf die Änderung der Rechtslage nach § 22 Abs 5 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) aufmerksam gemacht worden sei. Er legte ferner eine Erklärung der Vermieterin vom 18.5.2006 vor, dass diese das Mietverhältnis fortsetze, wenn neben dem Betrag aus dem Vergleich weitere Rechtsanwalts-, Gerichts- und Vollstreckungskosten in Höhe von 2183,48 Euro, insgesamt mithin 4405,95 Euro gezahlt würden. Weiterhin legte er ein Attest des Neurologen und Psychiaters Dr. M vor, wonach im Falle des Wohnungsverlustes Selbsttötungsgefahr bestehe. Der Kläger nahm schließlich ein mit 15 % verzinsliches Darlehen auf und zahlte hiervon die Mietrückstände und die Verfahrenskosten. Die Räumung der Wohnung konnte so abgewendet werden.

4

Antrag, Widerspruch und Klage blieben ohne Erfolg (Bescheid vom 11.5.2006, Widerspruchsbescheid vom 7.8.2006, Gerichtsbescheid des SG Berlin vom 14.8.2007).

5

Die Berufung des Klägers, mit der er die Zahlung von 4405,95 Euro nebst 15 % Zinsen seit dem 8.9.2006 geltend gemacht hat, hat das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 30.1.2009 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die zwischenzeitlich erfolgte Begleichung der Schulden habe einen möglichen Anspruch nach § 22 Abs 5 SGB II entfallen lassen. Daran ändere nichts, dass der Kläger hierfür andere Verbindlichkeiten eingegangen sei. Für eine nachträgliche Übernahme von Schulden, die nicht mehr der Sicherung der Unterkunft oder der Behebung einer vergleichbaren Notlage diene, sei schon nach dem Wortlaut der Vorschrift kein Raum. Ob der Kläger über Schonvermögen verfügt habe, das er zur Begleichung der Mietschulden einzusetzen gehabt hätte, sei damit unerheblich. Ebenso sei dem klägerischen Antrag auf Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens nicht nachzugehen gewesen. Dies könne allenfalls Aufschluss darüber geben, ob die Beklagte seinerzeit zur Übernahme der Schulden verpflichtet gewesen wäre. Der hilfsweise in der Berufungsverhandlung gestellte Antrag, die Beklagte zur Übernahme der Beträge im Wege der Folgenbeseitigung zu übernehmen, sei unzulässig, weil hierzu ein Vorverfahren nicht durchgeführt worden sei. Im Übrigen sei dieser Antrag auch unbegründet, weil ein Anspruch auf Folgenbeseitigung auf den Bereich der Eingriffsverwaltung beschränkt sei.

6

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Senat zugelassenen Revision. Das LSG sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass Schulden iS des § 22 Abs 5 SGB II nicht mehr vorlägen, weil er das notwendige Geld zur Abwendung der Wohnungslosigkeit im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Tatsachengerichts selbst aufgebracht habe. Der Anspruch auf Übernahme der Mietschulden habe sich mit der Eingehung neuer Verbindlichkeiten nicht tatsächlich und rechtlich erledigt. Für den Fall der Eingehung von Verbindlichkeiten gegenüber Dritten und deren Einsatz zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit seien solche Verbindlichkeiten normativ als Schulden im Sinne des § 22 Abs 5 SGB II anzusehen. Zu dem Zeitpunkt der Eingehung der Schulden habe Wohnungslosigkeit gedroht, die der Beklagte hätte abwenden müssen. Das LSG habe die Tatsache unberücksichtigt gelassen, dass er bereits am 12.1.2006 bei dem Beklagten und am 22.3.2006 beim Sozialhilfeträger die Übernahme der Schulden beantragt habe. Zu diesem Zeitpunkt wäre auch Schonvermögen nicht einzusetzen gewesen, sodass dieses weiterhin - wie nach der Rechtslage nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) - geschützt bleibe. Er rügt ferner die fehlerhafte Aufklärung des Sachverhalts. Das LSG sei ohne ausreichende Begründung einem von ihm in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag auf Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens nicht gefolgt. Er sei aber unverschuldet aufgrund psychischer Erkrankung nicht in der Lage gewesen, sich auf andere Weise selbst zu helfen. Insbesondere der Auszug aus seiner Wohnung hätte eine weitergehende gesundheitliche Gefährdung bedeutet, die ihm nicht zumutbar gewesen wäre.

7

           

Der Kläger beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. Januar 2009 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 14. August 2007 sowie den Bescheid des Beklagten vom 11. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. August 2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, Schulden in Höhe von 4405,95 Euro nebst 15 Prozent Zinsen seit dem 8. September 2006, als Zuschuss, hilfsweise als Darlehen, zu übernehmen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers ist im Sinne einer Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet, § 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

11

Ob der Kläger Anspruch auf die begehrte Übernahme von Schulden nach § 22 Abs 5 SGB II hat, kann auf Grundlage des vom LSG festgestellten Sachverhalts nicht entschieden werden. Ein Anspruch auf Übernahme von Schulden, der grundsätzlich von einer gesonderten Antragstellung abhängig ist (dazu unter 2), scheidet nicht schon dann aus, wenn der Hilfebedürftige nach der maßgeblichen Antragstellung mit Hilfe eines anderweitig beschafften Darlehens die Unterkunft durch Zahlung der geschuldeten Summe gegenüber dem Vermieter gesichert hat. Eine Übernahme von Schulden kommt vielmehr in Betracht, wenn diese zunächst beantragt, der Träger der Grundsicherung über den Antrag aber nicht rechtzeitig entschieden oder den Antrag rechtswidrig abgelehnt hatte (dazu unter 3). Das LSG wird daher zu prüfen haben, ob zum Zeitpunkt der Aufnahme des Darlehens, der bislang noch nicht festgestellt ist, ein originärer Anspruch auf Übernahme der Schulden nach § 22 Abs 5 SGB II bestand(dazu unter 4). Bestand ein solcher Anspruch, kommt auch die Übernahme der im weiteren Verlauf entstandenen Schulden in Betracht, wenn bei rechtzeitigem rechtmäßigen Handeln des Beklagten solche Mehrkosten nicht entstanden wären (dazu unter 5).

12

1. Die Klage ist als Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl § 54 Abs 1, 4 SGG) zulässig. Streitgegenstand ist allein die begehrte Übernahme von Schulden. Gegenstand des Rechtsstreits ist damit der Bescheid vom 11.5.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.8.2006. Das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers steht nicht deshalb in Frage, weil er im Laufe des Verfahrens die Schulden aus dem Mietverhältnis gegenüber der Vermieterin anders als durch die ursprünglich begehrte Leistung aufgebracht und beglichen und so den drohenden Verlust der Wohnung selbst endgültig abgewendet hat. Da er hierfür anderweitige Verbindlichkeiten und entsprechende (gegenüber einer Darlehensgewährung durch den Beklagten weitaus ungünstigere) Rückzahlungsverpflichtungen eingegangen ist, bleibt die Frage zu klären, ob ihm ein Leistungsanspruch weiterhin zusteht oder ein solcher Anspruch wegen dieser zwischenzeitlichen "Selbstbeschaffung" ausscheidet, wie das LSG meint.

13

2. Als Anspruchsgrundlage kommt für den Kläger, der nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG als alleinstehender, erwerbsfähiger Hilfebedürftiger seit April 2005 durchgehend Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung (vgl §§ 19, 22 Abs 1 SGB II) bezogen hat, nur § 22 Abs 5 SGB II(eingefügt zum 1.4.2006 mit dem Gesetz zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 24.3.2006, BGBl I 558) in Betracht. Nach dessen Satz 1 können, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen nach Satz 2 übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs 2 Nr 1 SGB II ist vorrangig einzusetzen (Satz 3). Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden (Satz 4).

14

Ein Anspruch auf Übernahme von Schulden iS des § 22 Abs 5 SGB II ist im Regelfall vom Antrag auf laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß §§ 19 ff SGB II nicht erfasst, sondern vom Hilfebedürftigen gesondert geltend zu machen. Der von § 22 Abs 5 SGB II zu deckende Bedarf kommt unabhängig vom Bedarf auf laufende Leistungen nicht schon dann als Leistung in Betracht, wenn Schulden in Bezug auf die Unterkunft tatsächlich entstehen. Insoweit unterscheidet er sich von einmaligen Sonderbedarfen nach § 23 Abs 3 SGB II, die nicht gesondert beantragt werden müssen (vgl dazu Urteil des Senats vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Erst wenn sich der Hilfebedürftige nicht mehr in der Lage sieht, trotz des Bezuges von Leistungen nach §§ 19, 22 Abs 1 SGB II und seiner Verpflichtung, vorrangig eigene Mittel zur Schuldentilgung einzusetzen, seine Unterkunft zu sichern, kommt eine Übernahme der Schulden in Betracht. Der Antragsteller muss deshalb die weitergehende Notwendigkeit von zusätzlichen Geldleistungen zur Sicherung der Unterkunft in seinem Vorbringen gegenüber dem Träger der Grundsicherung zum Ausdruck bringen. Erst ein solches Vorbringen kann als Antrag ausgelegt werden und den entsprechenden Anspruch auf Übernahme von Schulden auslösen.

15

Maßgeblicher Zeitpunkt der Antragstellung für die Leistung nach § 22 Abs 5 SGB II ist vorliegend damit der 25.4.2006. Soweit der Kläger mit seinem Revisionsvorbringen vorträgt, er habe die Leistungen bereits am 12.1.2006 beim Träger der Grundsicherung beantragt, ergibt sich dies zwar aus dem Akteninhalt. Der Beklagte hatte diesen Antrag allerdings bereits mit bestandskräftigem Bescheid vom 16.1.2006 beschieden.

16

3. Bei den vom Kläger im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG geltend gemachten Beträgen handelt es sich entgegen der Auffassung des LSG um Schulden im Sinne des § 22 Abs 5 SGB II.

17

a) Die Abgrenzung von Schulden nach § 22 Abs 5 SGB II von den übrigen Kosten der Unterkunft und Heizung, die nach § 22 Abs 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen sind, ist unabhängig von der zivilrechtlichen Einordnung zu treffen. Ausgehend von dem Zweck der Leistungen nach dem SGB II ist danach zu unterscheiden, ob es sich um einen tatsächlich eingetretenen und bisher noch nicht von dem SGB II-Träger gedeckten Bedarf handelt oder nicht (vgl BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 62/09 R -, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 17).

18

Soweit der Kläger in der Zeit ab April 2005 mit den Mietzahlungen in Rückstand geraten ist, handelt es sich bei den aufgelaufenen Beträgen schon deswegen um Schulden iS des § 22 Abs 5 SGB II, weil der Beklagte nach den Feststellungen des LSG den Anspruch auf Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in vollem Umfang ("in Höhe der tatsächlichen Miete") erfüllt hat. Im Hinblick auf die Kosten für Unterkunft und Heizung lässt aber die zweckwidrige Verwendung der vom Träger der Grundsicherung bewilligten Mittel durch den Hilfeempfänger einen erneuten Anspruch nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nicht entstehen. Sind insoweit Schulden entstanden, kann nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen des Abs 5 ein Anspruch auf Übernahme der Schulden bestehen.

19

Auch soweit der Kläger seinen fälligen Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis in Zeiträumen nicht nachgekommen ist, in denen er keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bezogen hat, gehören solche Schulden nicht zu den Aufwendungen nach § 22 Abs 1 SGB II, weil sie keinem laufenden Bewilligungszeitraum zugeordnet werden können. Verbindlichkeiten, die nicht im laufenden Bezug (etwa nach Abrechnung von Nebenkosten) fällig werden, sondern bereits zuvor bestanden haben, sind bei der Prüfung des aktuellen Bedarfs für Unterkunft und Heizung, den § 22 Abs 1 SGB II abdecken soll, grundsätzlich unbeachtlich. Die anteilige Berücksichtigung nach Kalendertagen im laufenden Monat kommt nur in Betracht, soweit die Miete bereits vor der (ersten) Antragstellung fällig geworden war (vgl § 41 Abs 1 Satz 3 SGB II; dazu BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 22). Schulden aus Monaten, die dem Monat der (ersten) Antragstellung vorangegangen sind (hier also den Monaten Februar und März 2005), können in der Folgezeit damit nur unter den Voraussetzungen des § 22 Abs 5 SGB II übernommen werden.

20

b) Entgegen der Auffassung des LSG scheidet ein Anspruch nach § 22 Abs 5 SGB II nicht schon dann aus, wenn der Kläger nach Antragstellung mit Hilfe eines anderweitig beschafften Darlehens die Unterkunft durch Zahlung der geschuldeten Summe gegenüber dem Vermieter selbst gesichert hat. Auch Schulden gegenüber einem Dritten, die der Hilfebedürftige nach Antragstellung beim Träger der Grundsicherung eingegangen ist, um drohende Wohnungslosigkeit abzuwenden, können Schulden im Sinne des § 22 Abs 5 SGB II sein. Der Wortlaut des § 22 Abs 5 SGB II ist insoweit offen gefasst und ausdrücklich nicht auf Schulden aus dem Mietvertrag beschränkt. Diese Auslegung entspricht auch Sinn und Zweck der Vorschrift. Die ausnahmsweise Übernahme von Schulden soll dann ermöglicht werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft gerechtfertigt erscheint.

21

Jedenfalls für den Fall, dass eine Entscheidung des Trägers der Grundsicherung nicht mehr rechtzeitig erfolgt ist oder der Träger der Grundsicherung die Übernahme der Schulden rechtswidrig abgelehnt hatte und die Aufnahme eines Privatdarlehens aus diesem Grund erforderlich für die Abwendung der Wohnungslosigkeit war, kommt die Übernahme dieser "neuen" Schulden (an Stelle der ursprünglich gegenüber dem Vermieter bestehenden Schulden) in Betracht. Dies entspricht der im Sozialversicherungsrecht geltenden Pflicht zur Kostenerstattung bei nicht rechtzeitiger oder zu Unrecht verweigerter Sachleistung, die von der Rechtsprechung über den unmittelbaren Anwendungsbereich des § 13 Abs 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) hinaus als allgemein gültiges Rechtsprinzip angesehen wird(vgl BSGE 89, 50, 56 f = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 8 = juris RdNr 36). Auch im Anwendungsbereich des SGB XII (wie auch zuvor des Bundessozialhilfegesetzes) kann dem Hilfesuchenden eine zwischenzeitliche Selbstbeschaffung der begehrten Leistung unter dem Gesichtspunkt einer "Zweckverfehlung" der ursprünglich beantragten Leistung nicht entgegengehalten werden (vgl BSG SozR 4-3500 § 21 Nr 1 RdNr 11 für die Übernahme von Kosten für eine Haushaltshilfe nach dem SGB XII unter Hinweis auf BVerwGE 90, 154, 156; 91, 245, 247 f; 94, 127, 135; 96, 152, 157; ausführlich Grube, Sozialrecht aktuell 2010, 11, 12). Soweit Leistungen nach dem SGB II nicht ohnehin pauschaliert und von daher dem Gedanken einer zwischenzeitlichen "faktischen" Bedarfsdeckung nicht zugänglich sind (vgl dazu etwa Urteil des Senats vom 18.2.2010 - B 14 AS 32/08 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), gilt nichts anderes. An die Stelle der ursprünglich begehrten Übernahme der Schulden gegenüber dem Vermieter treten dann die Schulden, die gegenüber dem Dritten eingegangen worden sind. Sind durch eine notwendig gewordene anderweitige Finanzierung weitergehende Kosten entstanden, kommt auch deren Übernahme unter dem Gesichtspunkt der Kostenerstattung in Betracht (dazu im Einzelnen unter 5).

22

Das LSG wird daher zu prüfen haben, wann der Kläger die noch bestehenden Verbindlichkeiten eingegangen ist. Lediglich wenn die Schulden gegenüber der Vermieterin bereits vor Antragstellung anderweitig als durch die vom Beklagten begehrte Geldleistung getilgt und die Unterkunft gesichert worden war (wofür der Vortrag des Klägers in der Revisionsinstanz und der vom LSG mitgeteilte Sachverhalt bislang keine Anhaltspunkte bieten), scheidet ein Anspruch nach dem Gesagten regelmäßig aus.

23

Ein Anspruch auf Übernahme von Schulden kann schließlich dann ("ersatzlos") entfallen, wenn die ursprünglich bewohnte Wohnung in der Folge aufgegeben wird und das gesetzliche Ziel der Übernahme der Schulden - der Erhalt der Wohnung - schon tatsächlich nicht mehr erreicht werden kann. Für eine Übernahme der Schulden nach § 22 Abs 5 SGB II lediglich unter dem Aspekt einer finanziellen Restitution ist kein Raum. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.

24

4. Die mithin erforderliche Prüfung, ob der Kläger die Übernahme der Schulden nach § 22 Abs 5 Satz 1 und 2 SGB II verlangen kann, kann der Senat auf Grundlage der Feststellungen des LSG nicht abschließend durchführen.

25

a) Ausgangspunkt der vom LSG noch durchzuführenden Prüfung ist dabei zunächst § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II, wonach die Übernahme von Schulden in jedem Fall voraussetzt, dass sie "zur Sicherung der Unterkunft" (oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage) gerechtfertigt ist.

26

§ 22 Abs 5 Satz 1 SGB II schützt nach seinem Wortlaut die Wohnung dann, wenn ihr Erhalt durch die Übernahme von Schulden gerechtfertigt ist. Grundsätzlich wird für eine Übernahme der Schulden zu fordern sein, dass die laufenden Kosten für die Unterkunft abstrakt angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II sind. Der mit der Übernahme der Schulden bezweckte langfristige Erhalt einer Wohnung erscheint nur dann gerechtfertigt, wenn die (künftigen) laufenden Kosten dem entsprechen, was innerhalb des nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in Bezug zu nehmenden Vergleichsraumes von dem Träger der Grundsicherung zu übernehmen ist. Das LSG hat (wie auch das SG) keine Feststellungen zur Höhe der laufenden Kosten der klägerischen Wohnung sowie ihrer Angemessenheit getroffen und wird dies nachzuholen haben. Die insoweit aus der Akte ersichtlichen Kosten geben allerdings keinen Anlass, ernstlich an ihrer Angemessenheit zu zweifeln, zumal der Kläger die Wohnung aktuell noch bewohnt und Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II weiterhin bezieht. Ob in Einzelfällen auch für abstrakt unangemessen teure Wohnungen, deren laufende Kosten etwa auf Grundlage des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II übernahmefähig sein mögen, die Übernahme der Schulden gerechtfertigt sein kann, kann nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens dahinstehen.

27

b) Nach § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II steht die Übernahme der Schulden im Ermessen des Grundsicherungsträgers. Dieses Ermessen ist nach Satz 2 eingeschränkt, wenn die Übernahme der Schulden gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. In diesem Fall sollen die Schulden übernommen werden. Da nach den Feststellungen des LSG die Vermieterin des Klägers bei Antragstellung nach Ablauf der vor dem Amtsgericht Lichtenberg vereinbarten Zahlungsfrist zum 3.4.2006 nur noch bereit war, das Mietverhältnis bei einer Zahlung der Schulden fortzusetzen, und offenbar ein vollstreckbarer Räumungstitel vorlag, besteht für das LSG nach Zurückverweisung Anlass zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Übernahme der Schulden auf Grundlage des Satzes 2 vorgelegen haben.

28

Auch die drohende Wohnungslosigkeit im Sinne des § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II bezieht sich in ihrem Ausgangspunkt auf die konkret bewohnte Wohnung. Es geht um den drohenden Verlust dieser Wohnung. So wie § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nicht lediglich sicherstellen soll, dass ein Ort zum Schutz vor der Witterung zur Verfügung steht, an dem der Hilfebedürftige schlafen kann(dazu BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 14 RdNr 16), soll auch die Übernahme von Mietschulden nach Abs 5 den persönlichen Lebensbereich "Wohnung" des Hilfebedürftigen schützen. Das Tatbestandsmerkmal "drohende Wohnungslosigkeit" kann damit nicht unter Hinweis auf Unterbringungsmöglichkeiten in einer Not- oder Obdachlosenunterkunft verneint werden.

29

Soweit allerdings eine angemessene neue Wohnung gefunden werden kann, liegt drohende Wohnungslosigkeit regelmäßig nicht vor. Es ist von dem Hilfebedürftigen jedenfalls dann zu fordern, eine an sich kostenangemessene Wohnung zu verlassen und nach einem Umzug (der sich dann als notwendig iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II darstellt) eine neue Wohnung zu beziehen, wenn durch sein unwirtschaftliches Verhalten (hier die zweckwidrige Verwendung der nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II gewährten Mittel) eine Schuldenlage entstanden ist. Es geht auch im Anwendungsbereich des § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II nicht darum, den Hilfebedürftigen finanziell durch die Übernahme der Schulden zu entlasten. Deshalb kann dem Verlust einer angemessenen Unterkunft auch dadurch begegnet werden, dass eine neue Wohnung bezogen wird.

30

Drohende Wohnungslosigkeit, die einen Anspruch auf Übernahme von Schulden nach § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II auslöst, bedeutet damit den drohenden Verlust der bewohnten, kostenangemessenen Wohnung bei fehlender Möglichkeit ebenfalls angemessenen Ersatzwohnraum zu erhalten. Eine den Angemessenheitskriterien entsprechende Wohnung muss dabei konkret für den Hilfebedürftigen anmietbar sein. Ersatzwohnungen stehen beispielsweise dann zur Verfügung, wenn der Träger der Grundsicherung auf ein sog "geschütztes Marktsegment" zurückgreifen kann und dem Hilfebedürftigen eine Ersatzwohnung anbietet bzw vermittelt. Dagegen ist bei der Frage der drohenden Wohnungslosigkeit unerheblich, ob der Markt - wie nach Auffassung des Beklagten etwa in Berlin - allgemein "entspannt" ist bzw es anderen Hilfebedürftigen regelmäßig gelingt (etwa im Rahmen von Kostensenkungsbemühungen nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II), eine Ersatzwohnung zu finden. Aus den Akten ist ersichtlich, dass der Kläger vorgetragen hat, 14 Vermieter (darunter gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften mit einem großen Wohnungsbestand) wegen Ersatzwohnungen angefragt, aber wegen einer fehlenden Bescheinigung über die Mietschuldenfreiheit nur Absagen erhalten zu haben. Auch die Aufnahme auf die Warteliste für das "geschützte Marktsegment" des Sozialamtes Lichtenberg ist aktenkundig, ohne dass erkennbar würde, ob insoweit eine Ersatzwohnung vor dem Räumungstermin hätte beschafft werden können. Insbesondere diese Umstände wird das LSG zu überprüfen haben, um die notwendigen Feststellungen zur drohenden Wohnungslosigkeit iS des § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II zu treffen. Erst wenn feststeht, dass drohende Wohnungslosigkeit nicht vorgelegen hat, weil eine andere angemessene Wohnung konkret zur Verfügung stand, kommt es auf den weiteren Vortrag des Klägers an, ihm sei aus gesundheitlichen Gründen ein Umzug nicht zumutbar gewesen.

31

c) Liegt drohende Wohnungslosigkeit vor, sollen gemäß § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II die Schulden übernommen werden. Die Feststellung, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des Satzes 2 gegeben sind, bedeutet zugleich, dass dem Beklagten für die Ausübung seines Ermessens regelmäßig kein Spielraum verbleibt. Führt eine Schuldenlage zu drohender Wohnungslosigkeit im dargestellten Sinne, ist die Übernahme der Schulden im Regelfall gerechtfertigt und notwendig. Es ist regelmäßig keine andere Entscheidung als die Übernahme der Schulden denkbar, um den Anspruch des Hilfebedürftigen auf eine angemessene Unterkunft zu sichern. Lediglich in atypischen Ausnahmefällen kann die Übernahme der Schulden abgelehnt werden. Den Interessen der Allgemeinheit an der zweckentsprechenden Verwendung von Steuergeldern ist dabei zum einen dadurch Rechnung getragen, dass die Übernahme von Schulden im Regelfall nur darlehensweise erfolgt. Zum anderen wird eine Übernahme der Schulden von dem Träger der Grundsicherung regelmäßig von einer Entscheidung nach § 22 Abs 4 SGB II im Hinblick auf die künftige Mittelverwendung flankiert und so der zweckentsprechende Einsatz der Steuermittel künftig gesichert werden, wie dies vorliegend bereits im Januar 2006 geschehen ist. Andere Gesichtspunkte, die im Anwendungsbereich des Satzes 1 in die Ermessensentscheidung mit einfließen können (etwa die Höhe der Schulden im Vergleich zu den im Falle eines Umzugs vom Träger aufzuwendenden Folgekosten), finden im Rahmen des Satzes 2 schon deshalb keine Berücksichtigung mehr, weil bei drohender Wohnungslosigkeit - wie oben ausgeführt - die Alternative einer konkreten Unterkunftsmöglichkeit nicht besteht. Schließlich tritt auch wirtschaftlich unvernünftiges (vorwerfbares) Handeln des Hilfebedürftigen, das die drohende Wohnungslosigkeit (mit)verursacht haben mag, in den Fällen des Satzes 2 regelmäßig zurück. Wie bereits ausgeführt fallen in erster Linie solche Verbindlichkeiten überhaupt nur unter den Begriff der Schulden nach Abs 5, die auf ein (mehr oder weniger nachvollziehbares) Fehlverhalten des Hilfebedürftigen (sei es während des Leistungsbezuges, sei es zuvor) zurückzuführen sind. Ob ausnahmsweise anderes gelten kann, wenn zielgerichtetes Verhalten des Hilfeempfängers (insbesondere im Wiederholungsfall) zu Lasten des Trägers der Grundsicherung nachgewiesen werden kann, kann nach dem derzeitigen Verfahrensstand offen bleiben.

32

5. Auch hinsichtlich des Umfangs der zu übernehmenden Schulden gilt der Maßstab nach § 22 Abs 5 Satz 1 und 2 SGB II. Die Schulden sind also in dem Umfang zu übernehmen, in dem ihre Übernahme gerechtfertigt, und in dem sie (im Falle des Satzes 2) zur Abwendung der Wohnungslosigkeit notwendig sind.

33

Aus § 22 Abs 5 Satz 3 SGB II ergibt sich dabei, dass die Übernahme nicht gerechtfertigt ist, wenn der Hilfebedürftige mit eigenen Mitteln die Notlage abwenden kann. Der Einsatz des Grundfreibetrages nach § 12 Abs 2 Nr 1 SGB II kann uneingeschränkt verlangt werden. Für den Kläger gelten hier keine Einschränkungen deshalb, weil er sich unter Geltung der alten Rechtslage noch an den Träger der Sozialhilfe gewandt hatte. Abgesehen davon, dass im Anwendungsbereich des SGB XII ein so weitgehender Schutz wie in § 12 Abs 2 Nr 1 SGB II nicht zum Tragen kommt, sind Übergangsregelungen nicht ersichtlich und erscheinen auch nicht erforderlich. Der Freibetrag für notwendige Anschaffungen nach § 12 Abs 2 Nr 4 SGB II ist in § 22 Abs 5 Satz 3 SGB II zwar nicht erwähnt. Dieser Betrag ist jedoch auch und gerade zum Einsatz in unvorhergesehenen Bedarfslagen gedacht, sodass nicht ersichtlich ist, weshalb er in Ansehung von Mietschulden geschützt sein sollte. Ob solches Vermögen im Zeitpunkt der Antragstellung überhaupt vorlag, wird das LSG festzustellen haben.

34

Die Übernahme von Kosten der Vermieterin, die nicht aus dem Mietverhältnis stammen, aber an die sie (nach Ablauf der in § 543 Abs 2 Nr 3 Bürgerliches Gesetzbuch vorgesehenen Fristen zur Abwendung einer Kündigung wegen Zahlungsrückständen zulässigerweise) die Fortführung bzw den Neuabschluss des Mietverhältnisses geknüpft hat, können nach dem oben Ausgeführten ebenfalls zu den im Rahmen des § 22 Abs 5 SGB II übernahmefähigen Kosten gehören. Im Hinblick auf den vorliegenden Einzelfall, der durch den Zuständigkeitswechsel der Träger aufgrund der Rechtsänderung gekennzeichnet ist, erscheinen sie im Zeitpunkt der Antragstellung als nicht (mehr) abwendbar und damit (sofern die Voraussetzungen des Satzes 2 vorliegen) notwendig zur Sicherung der Wohnung.

35

Schließlich ist auch die Frage, ob dem Kläger die geltend gemachten Zinsen zuzusprechen sind, danach zu entscheiden, ob die Aufnahme des Kredits zu den dargestellten Bedingungen zur Abwendung der Wohnungslosigkeit notwendig war. Es sind hierdurch zwar erhebliche Mehrkosten entstanden, die bei Übernahme der ursprünglich bestehenden Schulden durch den Beklagten nicht angefallen wären. Die Erstattung von Kosten bei Selbstbeschaffung unaufschiebbarer Sozialleistungen (dh in Eil- und Notfällen trotz rechtzeitiger Antragstellung) sowie im Falle rechtswidriger Leistungsablehnung ist aber Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens im Sozialrecht (vgl bereits BSGE 89, 50, 56 f = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 8 = juris RdNr 36; Grube, Sozialrecht aktuell 2010, 11, 12). Solche Mehrkosten sind im Rahmen des § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II grundsätzlich übernahmefähig, wenn andere Möglichkeiten der Sicherung der Wohnung (vor allem ein nochmaliger Aufschub durch den Vermieter bis zur endgültigen Entscheidung des Leistungsträgers) endgültig ausscheiden. Wegen der Einzelheiten der Darlehensgewährung wird das LSG diese Voraussetzungen und sodann abschließend zu überprüfen haben, ob dem Kläger eine günstigere Möglichkeit der Kreditaufnahme offen gestanden hätte.

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Das LSG wird auch abschließend über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Für Beschlüsse gelten § 128 Abs. 1 Satz 1, die §§ 134 und 138, nach mündlicher Verhandlung auch die §§ 129, 132, 135 und 136 entsprechend.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und über einstweilige Anordnungen (§ 86b) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Ausfertigungen der Beschlüsse sind von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.