Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 29. Nov. 2016 - L 3 U 472/15

published on 29/11/2016 00:00
Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 29. Nov. 2016 - L 3 U 472/15
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Bundessozialgericht, B 2 U 3/17 B, 02/02/2017

Gericht

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Tenor

I.

Es wird festgestellt, dass das Berufungsverfahren L 3 U 22/13 durch die Berufungsrücknahme am 24. November 2015 erledigt ist.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das Berufungsverfahren L 3 U 22/13 durch Berufungsrücknahme des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 24.11.2015 beendet worden ist.

Zwischen den Beteiligten war in der Sache streitig, ob der Kläger in der Nacht vom 08.11.1999 auf 09.11.1999 bei seiner Arbeit bei der Firma E. Automobiltechnik GmbH (Firma. E.) einen Arbeitsunfall erlitten hatte. Mit Bescheid vom 06.04.2011 wurde eine Entschädigung aus Anlass des Ereignisses vom 09.11.1999 abgelehnt. Nach Auffassung der Beklagten habe ein Arbeitsunfall nicht vorgelegen. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit Bescheid vom 02.08.2011 zurückgewiesen. Die Klage zum Sozialgericht Landshut wurde mit Urteil des Sozialgerichts vom 29.11.2012 abgewiesen. Hiergegen erhob der Kläger am 17.01.2013 Berufung. In der mündlichen Verhandlung vom 24.11.2015 nahm der Klägerbevollmächtigte im Namen und Auftrag des Klägers die Berufung zurück. Die Rücknahmeerklärung wurde vorgelesen und genehmigt.

Mit Schreiben vom 09.12.2015 hat der Kläger „Widerspruch gegen den Beschluss (Urteil) vom 24.11.2015“ erhoben. Er könne diesen Beschluss nicht anerkennen, da er auf einer Lüge beruhe. Der Kläger führt weiter aus, sein Bevollmächtigter habe keine Vollmacht für die Rücknahme der Berufung gehabt. Im Einzelnen wird auf das Schreiben des Klägers vom 23.01.2016 sowie auf seine Ausführungen mit Schreiben vom 25.10.2016 verwiesen.

Die Beklagte beantragt,

festzustellen, dass das Berufungsverfahren L 3 U 22/13 durch die Berufungsrücknahme vom 24.11.2015 erledigt ist.

Der Senat hat die Beklagten-Akten, die Verfahrensakten des Sozialgerichts Landshut sowie die Verfahrensakten des Senats im Verfahren L 3 U 22/13 beigezogen. Deren wesentlicher Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Gründe

Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Fortsetzung des Berufungsverfahrens L 3 U 22/13 ist zulässig, aber unbegründet. Das Berufungsverfahren ist durch die Berufungsrücknahme des Bevollmächtigten des Klägers in der öffentlichen Sitzung des Gerichts vom 24.11.2015 wirksam beendet worden.

Da die Wirksamkeit der Berufungsrücknahme in der mündlichen Verhandlung vom 24.11.2015 vom Kläger in Zweifel gezogen worden ist, wurde das Verfahren fortgeführt und der Senat hat durch Urteil zu entscheiden (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig / Keller / Leitherer, SGG, Kommentar, 11. Auflage 2014, § 156 Rn. 6). Vorliegend ist die Wirksamkeit der Berufungsrücknahme festzustellen; eine Entscheidung in der Sache kann daher nicht ergehen.

Die Berufungsrücknahme wurde vom Klägerbevollmächtigten wirksam abgegeben. Die Erklärung der Rücknahme der Berufung gemäß § 156 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist eine Prozesshandlung (Keller, a.a.O., § 156 Rn. 2; Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., Sozialgerichtsgesetz, 11. Aufl., 2014, §§ 102 Rn 7c). Diese wurde vom Klägerbevollmächtigten unmissverständlich erklärt und so in die Niederschrift (Protokoll) der mündlichen Verhandlung vom 24.11.2015 aufgenommen. Die für die Niederschrift geltenden Formvorschriften (§ 122 SGG i.V.m. §§ 159 bis 165 Zivilprozessordnung - ZPO -) wurden vorliegend eingehalten. Die Rücknahme der Berufung durch den Klägerbevollmächtigten wurde im Protokoll festgestellt (§ 160 Abs. 3 Nr. 8 ZPO) und dem Klägerbevollmächtigten nochmals vorgelesen und von diesem genehmigt (§ 162 Abs. 1 Sätze 1 und 3 ZPO). Die Niederschrift ist entsprechend den gesetzlichen Vorschriften ausgefertigt und vom Vorsitzenden sowie von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle unterschrieben worden (§ 122 SGG i.V.m. §§ 159 Abs. 1, 163 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Eine Unterschrift der Beteiligten ist nicht erforderlich. Die Beachtung dieser für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten wird durch das Protokoll bewiesen (§ 165 ZPO). Als öffentliche Urkunde erbringt die Niederschrift nach § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 415 ZPO den vollen Beweis über die Abgabe der Erklärungen. Der zulässige Beweis der Unrichtigkeit ist nicht geführt worden (vgl. LSG Hamburg, Urteil vom 07.09.2011 - L 2 AL 82/08 -, juris Rn. 23). Der Kläger macht auch eine Unrichtigkeit des Protokolls nicht geltend. Er macht vielmehr geltend, dass der Klägerbevollmächtigte zur Berufungsrücknahme keine Vollmacht gehabt habe. Der Klägerbevollmächtigte hat jedoch bei Erhebung der Berufung eine Vollmacht für die Rechtsanwälte G. G. und A. W. vorgelegt (Blatt 7 LSG-Akte). Darin wird ausdrücklich erklärt, dass der Kläger die vorgenannten Rechtsanwälte unter anderem bevollmächtigt „Widerspruch und Klage zu erheben, Rechtsmittel einzulegen und alle Prozesshandlungen vorzunehmen …“. Diese Vollmacht wurde durch den Kläger am 11.01.2013 eigenhändig unterschrieben. Eine Rücknahme der Vollmacht oder ein Widerruf ist beim Senat bis zur mündlichen Verhandlung am 24.11.2015 nicht eingegangen. Eine Prozessvollmacht ermächtigt zur Prozessführung im Namen des vertretenen Beteiligten. Die Erteilung wird selbst als Prozesshandlung angesehen (Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., Sozialgerichtsgesetz, 11. Aufl., 2014, § 73, Rn. 61). Bezüglich der Vollmacht muss das Innen- und Außenverhältnis unterschieden werden. Im Außenverhältnis ergeben sich aus der vorgelegten Vollmacht keine Zweifel bezüglich deren Wirksamkeit. Insbesondere wurde sie schriftlich verfasst und vom Kläger eigenhändig unterschrieben. Es gelten nach § 73 Abs. 6 SGG die §§ 81, 83 bis 86 ZPO entsprechend. Eine Beschränkung der Vollmacht ergibt sich nicht aus der vorgelegten Urkunde. Eine solche Beschränkung hätte gegenüber dem Gericht und insbesondere dem Beklagten unzweideutig mitgeteilt werden müssen (Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., Sozialgerichtsgesetz, 11. Aufl., 2014, § 73, Rn. 71). Eine ausnahmsweise Beschränkung wegen Interessenkollision ist hier nicht erkennbar. Soweit im Innenverhältnis eine Beschränkung der Vollmacht vorgelegen haben sollte, ist dies jedoch für den Prozessverlauf nicht von Bedeutung. Nach § 85 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist nur ganz ausnahmsweise der Widerruf einer tatsächlichen Erklärung möglich, wenn die miterschienene Partei diese sofort widerruft oder berichtigt. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall, da der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht anwesend war. Darüber hinaus endet eine Vollmacht durch die Beendigung des Prozesses oder bis zum Widerruf gegenüber dem Gericht. Soweit eine Beendigung gegenüber dem Bevollmächtigten erfolgt, endet eine dem Gericht vorgelegte schriftliche Vollmacht für einen Rechtsanwalt erst dann, wenn dieser dem Gericht die Beendigung des Mandats anzeigt. Dies ist im vorliegenden Fall ebenfalls nicht erfolgt. Danach lag eine wirksame Bevollmächtigung im Zeitpunkt der Rücknahme der Berufung vor. Die Rücknahmeerklärung des Rechtsanwalts wirkt daher unmittelbar für und gegen den Kläger.

Der Kläger kann die Zurücknahme der Berufung als Prozesshandlung nicht wegen Irrtums, weil er die Verfahrensbeendigung nicht gewollt hat (vgl. BSG, Beschluss vom 24.04.2003 - B 11 AL 33/03 B -, juris; Beschluss vom 19.03.2002 - B 9 V 75/01 B -, juris; BayLSG, Urteil vom 11.07.2012 - L 10 AL 197/11 -, juris), oder wegen Drohung anfechten oder sie widerrufen (vgl. Keller, a.a.O., § 156 Rn. 2a; vgl. insgesamt auch: Keller, a.a.O., vor § 60 Rn. 12 und 12a; BayLSG, Urteil vom 16.10.2001 - L 15 V 37/01 -, juris m.w.N.). Schließlich kann der Kläger nicht geltend machen, ein Festhalten an der Rücknahmeerklärung würde gegen Treu und Glauben verstoßen (vgl. Keller, a.a.O., § 156 Rn. 2a). Denn der Kläger bzw. sein Bevollmächtigter ist in der mündlichen Verhandlung nicht zu der Berufungsrücknahme „gedrängt“ worden. Die Einlassungen des Vorsitzenden sowie seine Erläuterungen zu den Erfolgsaussichten des Verfahrens waren zutreffend und haben sich im Rahmen der üblichen Verhandlungsführung bewegt. Etwas anderes wird vom Kläger überdies auch nicht geltend gemacht. Der Senat konnte schließlich davon ausgehen, dass der Klägerbevollmächtigte die Erläuterungen verstanden hatte und sich daraufhin zur Rücknahme der ohnehin aussichtslosen Berufung bereit erklärt hatte.

Die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens (§§ 179, 180 SGG, §§ 578 ff. ZPO) sind nicht gegeben.

Die wirksame Zurücknahme bewirkt somit den Verlust des Rechtsmittels (§ 156 Abs. 2 Satz 1 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Annotations

Für das Protokoll gelten die §§ 159 bis 165 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(1) Das Protokoll enthält

1.
den Ort und den Tag der Verhandlung;
2.
die Namen der Richter, des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle und des etwa zugezogenen Dolmetschers;
3.
die Bezeichnung des Rechtsstreits;
4.
die Namen der erschienenen Parteien, Nebenintervenienten, Vertreter, Bevollmächtigten, Beistände, Zeugen und Sachverständigen und im Falle des § 128a den Ort, von dem aus sie an der Verhandlung teilnehmen;
5.
die Angabe, dass öffentlich verhandelt oder die Öffentlichkeit ausgeschlossen worden ist.

(2) Die wesentlichen Vorgänge der Verhandlung sind aufzunehmen.

(3) Im Protokoll sind festzustellen

1.
Anerkenntnis, Anspruchsverzicht und Vergleich;
2.
die Anträge;
3.
Geständnis und Erklärung über einen Antrag auf Parteivernehmung sowie sonstige Erklärungen, wenn ihre Feststellung vorgeschrieben ist;
4.
die Aussagen der Zeugen, Sachverständigen und vernommenen Parteien; bei einer wiederholten Vernehmung braucht die Aussage nur insoweit in das Protokoll aufgenommen zu werden, als sie von der früheren abweicht;
5.
das Ergebnis eines Augenscheins;
6.
die Entscheidungen (Urteile, Beschlüsse und Verfügungen) des Gerichts;
7.
die Verkündung der Entscheidungen;
8.
die Zurücknahme der Klage oder eines Rechtsmittels;
9.
der Verzicht auf Rechtsmittel;
10.
das Ergebnis der Güteverhandlung.

(4) Die Beteiligten können beantragen, dass bestimmte Vorgänge oder Äußerungen in das Protokoll aufgenommen werden. Das Gericht kann von der Aufnahme absehen, wenn es auf die Feststellung des Vorgangs oder der Äußerung nicht ankommt. Dieser Beschluss ist unanfechtbar; er ist in das Protokoll aufzunehmen.

(5) Der Aufnahme in das Protokoll steht die Aufnahme in eine Schrift gleich, die dem Protokoll als Anlage beigefügt und in ihm als solche bezeichnet ist.

(1) Das Protokoll ist insoweit, als es Feststellungen nach § 160 Abs. 3 Nr. 1, 3, 4, 5, 8, 9 oder zu Protokoll erklärte Anträge enthält, den Beteiligten vorzulesen oder zur Durchsicht vorzulegen. Ist der Inhalt des Protokolls nur vorläufig aufgezeichnet worden, so genügt es, wenn die Aufzeichnungen vorgelesen oder abgespielt werden. In dem Protokoll ist zu vermerken, dass dies geschehen und die Genehmigung erteilt ist oder welche Einwendungen erhoben worden sind.

(2) Feststellungen nach § 160 Abs. 3 Nr. 4 brauchen nicht abgespielt zu werden, wenn sie in Gegenwart der Beteiligten unmittelbar aufgezeichnet worden sind; der Beteiligte, dessen Aussage aufgezeichnet ist, kann das Abspielen verlangen. Soweit Feststellungen nach § 160 Abs. 3 Nr. 4 und 5 in Gegenwart der Beteiligten diktiert worden sind, kann das Abspielen, das Vorlesen oder die Vorlage zur Durchsicht unterbleiben, wenn die Beteiligten nach der Aufzeichnung darauf verzichten; in dem Protokoll ist zu vermerken, dass der Verzicht ausgesprochen worden ist.

Für das Protokoll gelten die §§ 159 bis 165 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(1) Über die Verhandlung und jede Beweisaufnahme ist ein Protokoll aufzunehmen. Für die Protokollführung kann ein Urkundsbeamter der Geschäftsstelle zugezogen werden, wenn dies auf Grund des zu erwartenden Umfangs des Protokolls, in Anbetracht der besonderen Schwierigkeit der Sache oder aus einem sonstigen wichtigen Grund erforderlich ist.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für Verhandlungen, die außerhalb der Sitzung vor Richtern beim Amtsgericht oder vor beauftragten oder ersuchten Richtern stattfinden. Ein Protokoll über eine Güteverhandlung oder weitere Güteversuche vor einem Güterichter nach § 278 Absatz 5 wird nur auf übereinstimmenden Antrag der Parteien aufgenommen.

Die Beachtung der für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen seinen diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(1) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sind auf die Beweisaufnahme die §§ 358 bis 363, 365 bis 378, 380 bis 386, 387 Abs. 1 und 2, §§ 388 bis 390, 392 bis 406 Absatz 1 bis 4, die §§ 407 bis 444, 478 bis 484 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Weigerung nach § 387 der Zivilprozeßordnung ergeht durch Beschluß.

(2) Zeugen und Sachverständige werden nur beeidigt, wenn das Gericht dies im Hinblick auf die Bedeutung des Zeugnisses oder Gutachtens für die Entscheidung des Rechtsstreits für notwendig erachtet.

(3) Der Vorsitzende kann das Auftreten eines Prozeßbevollmächtigten untersagen, solange die Partei trotz Anordnung ihres persönlichen Erscheinens unbegründet ausgeblieben ist und hierdurch der Zweck der Anordnung vereitelt wird.

(1) Urkunden, die von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind (öffentliche Urkunden), begründen, wenn sie über eine vor der Behörde oder der Urkundsperson abgegebene Erklärung errichtet sind, vollen Beweis des durch die Behörde oder die Urkundsperson beurkundeten Vorganges.

(2) Der Beweis, dass der Vorgang unrichtig beurkundet sei, ist zulässig.

(1) Die Beteiligten können vor dem Sozialgericht und dem Landessozialgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Sozialgericht und dem Landessozialgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Rentenberater im Umfang ihrer Befugnisse nach § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, auch in Verbindung mit Satz 2, des Rechtsdienstleistungsgesetzes,
4.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten nach den §§ 28h und 28p des Vierten Buches Sozialgesetzbuch,
5.
selbständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder,
6.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
7.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
8.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder,
9.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 bis 8 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter. § 157 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen. Satz 3 gilt nicht für Beschäftigte eines Sozialleistungsträgers oder eines Spitzenverbandes der Sozialversicherung.

(4) Vor dem Bundessozialgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Als Bevollmächtigte sind außer den in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen nur die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 bezeichneten Organisationen zugelassen. Diese müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegeversicherungsunternehmen können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe des Satzes 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten; Satz 3 bleibt unberührt.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Bei Ehegatten oder Lebenspartnern und Verwandten in gerader Linie kann unterstellt werden, dass sie bevollmächtigt sind. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten. Im Übrigen gelten die §§ 81, 83 bis 86 der Zivilprozessordnung entsprechend.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

Die Prozessvollmacht ermächtigt zu allen den Rechtsstreit betreffenden Prozesshandlungen, einschließlich derjenigen, die durch eine Widerklage, eine Wiederaufnahme des Verfahrens, eine Rüge nach § 321a und die Zwangsvollstreckung veranlasst werden; zur Bestellung eines Vertreters sowie eines Bevollmächtigten für die höheren Instanzen; zur Beseitigung des Rechtsstreits durch Vergleich, Verzichtleistung auf den Streitgegenstand oder Anerkennung des von dem Gegner geltend gemachten Anspruchs; zur Empfangnahme der von dem Gegner oder aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann entsprechend den Vorschriften des Vierten Buches der Zivilprozeßordnung wieder aufgenommen werden.

(2) Die Wiederaufnahme des Verfahrens ist ferner zulässig, wenn ein Beteiligter strafgerichtlich verurteilt worden ist, weil er Tatsachen, die für die Entscheidung der Streitsache von wesentlicher Bedeutung waren, wissentlich falsch behauptet oder vorsätzlich verschwiegen hat.

(3) Auf Antrag kann das Gericht anordnen, daß die gewährten Leistungen zurückzuerstatten sind.

(1) Eine Wiederaufnahme des Verfahrens ist auch zulässig, wenn

1.
mehrere Versicherungsträger denselben Anspruch endgültig anerkannt haben oder wegen desselben Anspruchs rechtskräftig zur Leistung verurteilt worden sind,
2.
ein oder mehrere Versicherungsträger denselben Anspruch endgültig abgelehnt haben oder wegen desselben Anspruchs rechtskräftig von der Leistungspflicht befreit worden sind, weil ein anderer Versicherungsträger leistungspflichtig sei, der seine Leistung bereits endgültig abgelehnt hat oder von ihr rechtskräftig befreit worden ist.

(2) Das gleiche gilt im Verhältnis zwischen Versicherungsträgern und einem Land, wenn streitig ist, ob eine Leistung aus der Sozialversicherung oder nach dem sozialen Entschädigungsrecht zu gewähren ist.

(3) Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ist bei einem der gemäß § 179 Abs. 1 für die Wiederaufnahme zuständigen Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zu stellen. Dieses verständigt die an dem Wiederaufnahmeverfahren Beteiligten und die Gerichte, die über den Anspruch entschieden haben. Es gibt die Sache zur Entscheidung an das gemeinsam nächsthöhere Gericht ab.

(4) Das zur Entscheidung berufene Gericht bestimmt unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide oder richterlichen Entscheidungen den Leistungspflichtigen.

(5) Für die Durchführung des Verfahrens nach Absatz 4 gelten im übrigen die Vorschriften über die Wiederaufnahme des Verfahrens entsprechend.

(6) (weggefallen)

(1) Die Berufung kann bis zur Rechtskraft des Urteils oder des nach § 153 Abs. 4 oder § 158 Satz 2 ergangenen Beschlusses zurückgenommen werden. Die Zurücknahme nach Schluss der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Berufungsbeklagten voraus.

(2) Die Berufung gilt als zurückgenommen, wenn der Berufungskläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Der Berufungskläger ist in der Aufforderung auf die Rechtsfolgen hinzuweisen, die sich aus Satz 1 und gegebenenfalls aus § 197a Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit § 155 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ergeben. Das Gericht stellt durch Beschluss fest, dass die Berufung als zurückgenommen gilt.

(3) Die Zurücknahme bewirkt den Verlust des Rechtsmittels. Über die Kosten entscheidet das Gericht auf Antrag durch Beschluß.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.