Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 26. März 2015 - L 19 R 1043/11
Gericht
Tenor
I.
Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth
II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin aufgrund ihres Rentenantrags vom 03.04.2009 gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung hat.
Die 1951 geborene Klägerin hat keine Berufsausbildung absolviert. Eine Lehre zur Verkäuferin wurde abgebrochen. Von April 1967 bis August 1994 war die Klägerin als Näherin sozialversicherungspflichtig beschäftigt, anschließend ab Januar 1995 bis zum 20.07.2004 als Polsternäherin.
Im Jahr 2004 erlitt die Klägerin ein Carotis-Aneurysma, das operativ versorgt werden musste. Aus einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme in der Zeit vom 20.04.2005 bis 18.05.2005 in der Rheumaklinik Bad A. wurde die Klägerin als arbeitsunfähig, jedoch mit einem mehr als 6stündigen Leistungsvermögen für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes entlassen. Ihre letzte Tätigkeit als Polsternäherin im Akkord könne sie nicht mehr verrichten.
Ein erster Rentenantrag vom 16.09.2005, der wegen Beschwerden in der Hals- und Lendenwirbelsäule sowie wegen des Carotis-Aneurysma gestellt worden war, führte zur Gewährung einer vollen Erwerbsminderungsrente auf Zeit vom 01.04.2006 bis 30.09.2007. Am 19.03.2007 stellte die Klägerin einen Antrag auf Verlängerung ihrer Zeitrente, der nach Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens von Dr. B. vom 16.07.2007 sowie eines internistischen Gutachtens von Dr. B. vom 04.06.2007 mit Bescheid vom 26.07.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2007 abgelehnt wurde. Die hiergegen zum Sozialgericht (SG) Bayreuth erhobene Klage, die unter dem Az. S 7 R 593/07 geführt wurde, wurde nach Einholung eines Terminsgutachtens von Prof. Dr. S. vom 28.10.2008 sowie nach Anhörung des Sachverständigen im Termin durch Klagerücknahme beendet.
Am 03.04.2009 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung von Erwerbsminderungsrente wegen einer Halbseitenlähmung, atypischen Gesichtsschmerzen, Niere, Depressionen, Bandscheibenschäden und Wirbelsäulenbeschwerden. Der Klägerin war zwischenzeitlich mit Bescheid des Versorgungsamtes Bayreuth vom 29.03.2006 ein Grad der Behinderung von 60 zuerkannt worden. Die Beklagte holte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. F. ein, die am 29.05.2009 zu dem Ergebnis gelangte, dass die Klägerin zwar nicht mehr als Polsternäherin im Akkord tätig sein könne, für den allgemeinen Arbeitsmarkt jedoch noch ein mindestens 6-stündiges Leistungsvermögen unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen vorliege. Die Beklagte lehnte daraufhin den Rentenantrag der Klägerin mit streitgegenständlichem Bescheid vom 08.06.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.08.2009 ab.
Zur Begründung der hiergegen am 27.08.2009 zum SG Bayreuth erhobenen Klage hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf deren schwere gesundheitlichen Einschränkungen hingewiesen. Sie leide unter schweren depressiven Episoden, unter motorischen Einschränkungen beim Laufen und Greifen hinsichtlich der Fein- und Grobmotorik. Sie könne keine Tasse mehr halten. Ferner ergebe sich aus dem Bericht der Praxis Dr. K., dass neurologisch nach wie vor eine kompensierte Situation vorliege. Der behandelnde Facharzt für Neurologie Dr. S. halte die Klägerin ebenfalls für nicht mehr arbeitsfähig.
Das SG hat Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr. R., Dr. D., Dr. G., Dr. K. sowie von Dipl.Med. D. beigezogen und sodann ein neurologisch-psychiatrisches Terminsgutachten von Dr. R. eingeholt. Diese ist am 11.08.2010 zu folgenden Diagnosen gelangt:
1. Leichte bis mittelgradige Einschränkungen der BWS und LWS nach zweimaliger Bandscheiben-OP mit anhaltender Schmerzsymptomatik, diskrete Fußheberschwäche rechts und genannten anhaltenden Gefühlsstörungen ohne schwere Störungen der Abrollfunktion.
2. Bewegungsschmerz der HWS ohne nennenswerte funktionelle Einschränkung bei bildgebend dargestelltem Bandscheibenvorfall HWK 5/6.
3. Chronisch wiederkehrender Erschöpfungszustand mit depressiver Verstimmung, Somatisierungsstörung.
4. Halbseitenschwäche rechts nach Ausschaltung eines Gefäßaneurysmas der linken Halsschlagader.
Trotz der genannten gesundheitlichen Einschränkungen sei die Klägerin noch mindestens 6 Stunden täglich einsatzfähig. Zu vermeiden seien taktgebundene Arbeiten, ständig hoher Zeitdruck, Nachtschicht, andauernde Zwangshaltungen, häufige Überkopfarbeit, häufiges Bücken, Klettern und Steigen, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten mit Absturzgefahr, Hocken und Knien, langanhaltende Vibrationen und Erschütterungen, Tätigkeiten mit hoher Anforderung an Konzentration und rasches Reaktionsvermögen. Die Klägerin sei für körperlich leichte, gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch einsetzbar, die Wegefähigkeit sei gegeben. Als neue Erkrankung war ein Bandscheibenvorfall im Bereich HWK 5/6 festgehalten.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz - SGG - hat das SG sodann ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Prof. Dr. M. vom Bezirksklinikum O. eingeholt. Dieser ist in seinem Gutachten vom 03.02.2011 zu folgenden Diagnosen gelangt:
1. Ausgeprägtes hirnorganisches Psychosyndrom.
2. Mittelschwere depressive Episode.
3. Degenerative Wirbelsäulenveränderungen.
Die Klägerin könne aufgrund dieser gesundheitlichen Einschränkungen nur noch unter dreistündig täglich tätig werden. Es bestünden ausgeprägte qualitative Veränderungen der Erwerbsfähigkeit bezüglich der psychischen Belastbarkeit, der Umstellungsfähigkeit, der Fähigkeiten neue Arbeitsabläufe zu erlernen, der absoluten Unfähigkeit zur Wahrnehmung von Kontroll- und Steuerungsfunktionen, aber eben auch im emotionalen Bereich (Arbeitsumgebung), bezüglich Integration in Arbeitsabläufe für Teams und hierarchische Systeme. Ferner bestünden auch Einschränkungen in quantitativer Hinsicht aufgrund der emotionalen (depressiven) und kognitiven ausgeprägten Beeinträchtigung. Die Klägerin sei auch nicht mehr wegefähig, auch nicht als Fußgängerin, da mit einer massiv erhöhten störungsbedingten Unfallgefahr zu rechnen sei. Eine Fahrtauglichkeit im engeren Sinn bestehe bei ihr nicht mehr. Im Gutachten vom 11.08.2010 (Dr. R.) seien 2 Diagnosen aus dem psychiatrischen Bereich nicht aufgeführt, die jedoch entscheidend seien, nämlich die mittelschwere depressive Episode und das ausgeprägte hirnorganische Psychosyndrom.
Des Weiteren wurde ein psychologisches Zusatzgutachten von Dipl. Psych. M. erstellt, der am 20.01.2011 zu dem Ergebnis gelangte, dass das psychometrisch erfasste aktuelle Persönlichkeitsprofil der Klägerin besonders in den Bereichen „Lebenszufriedenheit“, „körperliche Beschwerden“ und „Extraversion“ sehr deutlich von der Norm abweiche. Im Vordergrund stehe eine sehr deutlich reduzierte allgemeine Lebenszufriedenheit mit depressiven Gedankeninhalten und geringer Zuversicht. Weiterhin bestünden zahlreiche körperliche Allgemeinbeschwerden und psychovegetative Beschwerden. Es finde sich eine starke Introvertiertheit mit geringer Energie und geringem Geselligkeitsbedürfnis. In Kombination dazu zeige sich eine geringgradige Belastbarkeit im Alltag, ein reduziertes Selbstwertgefühl mit Unsicherheiten, eine emotionale Labilität und eine reduzierte Leistungsfähigkeit. Insgesamt sei festzustellen, dass die Klägerin über eine leichte überdurchschnittliche soziale Orientierung verfüge. Es gäbe keine Hinweise auf hypochondrische Neigungen. Insgesamt sei vom Vorliegen eines mittelgradigen bis schweren depressiven Syndroms auszugehen.
In einer prüfärztlichen Stellung von Dr. F. vom 04.03.2011 wies diese darauf hin, dass bei der Klägerin bislang auch aus den ärztlichen Befund- und Klinikberichten lediglich Depressionen und leichte hirnorganische Beeinträchtigungen zu entnehmen seien, die zu qualitativen Leistungseinschränkungen führten. Die von Prof. Dr. M. festgestellten schwerwiegenden hirnorganischen Einschränkungen seien bislang nicht feststellbar gewesen.
Das SG holte daraufhin ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten nach § 106 SGG von Dr. O. ein, die am 13.05.2011 zu folgenden Diagnosen gelangt ist:
1. Dysthymia mit Somatisierungsneigung.
2. Zustand nach Coiling eines Aneurysma der Arteria carotis interna am Mediaabgang links.
3. Allenfalls sehr leichtgradige kognitive Störung.
4. Zustand nach Bandscheibenoperation im unteren Lendenwirbelsäulenbereich ohne gravierende motorische Ausfallserscheinungen und ohne Anhalt für akuten Wurzelkontakt mit allenfalls geringgradigen sensiblen Ausfällen etwa entsprechend der Wurzel L5.
5. Leichtgradiges sensibles Carpaltunnelsyndrom beidseits.
6. Vorbeschriebene Schwerhörigkeit beidseits.
Die Klägerin könne trotz der festgestellten Gesundheitsstörungen unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens 6 Stunden täglich tätig sein. Sie könne noch leichte körperliche Tätigkeiten im Wechselrhythmus ohne Zwangshaltungen, ohne häufige Überkopfarbeiten, ohne häufiges Bücken und ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg ohne Hilfsmittel ausüben. Nicht zumutbar seien Arbeiten in lärmbelasteter Umgebung, Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an das Konzentrationsvermögen und besonderer Verantwortung für Personen und Maschinen sowie an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen. Arbeiten unter Zeitdruck, geistig anspruchsvollere Tätigkeiten oder Schichtarbeiten seien nicht leidensgerecht. Die Wegefähigkeit der Klägerin sei gegeben. Die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten der depressiven Erkrankung seien nicht ausgeschöpft.
Mit Schriftsatz vom 30.06.2011 wies die Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf ihrer Meinung nach erheblichen Mängel im Gutachten von Dr. O. hin und beantragte die Einholung einer ergänzenden Stellungnahme von Prof. Dr. M. durch das SG. Das SG holte daraufhin noch eine ergänzende Stellungnahme von Dr. O. ein, die am 11.07.2011 bei ihrer getroffenen Leistungseinschätzung verblieben ist.
Mit Schriftsatz vom 27.07.2011 teilte die Beklagte mit, dass der Klägerin mit Bescheid vom 25.07.2011 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 01.10.2011 bewilligt worden sei.
Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage am 20.09.2011 und Gewährung rechtlichen Gehörs hat das SG sodann mit Gerichtsbescheid vom 25.10.2011 die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente stehe der Klägerin nicht zu, sie sei trotz der festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen in der Lage, noch mindestens 6 Stunden täglich Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen zu verrichten. Dies ergebe sich in erster Linie aus dem eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. O., die nur ein leichtes kognitives Defizit sowie leichte Depressionen der Klägerin festgestellt habe. Dem Sachverständigengutachten von Prof. Dr. M. werde nicht gefolgt. Eine Erhebung der Tagestruktur der Klägerin fehle in diesem Gutachten. In der von Dr. O. durchgeführten ausführlichen Anamnese bezüglich der Tagesgestaltung habe sich kein Anhalt dafür ergeben, dass die Klägerin mit der Führung ihres Haushalts überfordert sei. Sie sei in alltagspraktischen Belangen sehr gut informiert und orientiert, könne auch Daten und Fakten relativ rasch reproduzieren. Somit könne allenfalls eine sehr geringe kognitive Leistungseinschränkung vermutet werden. Ein aufgehobenes Leistungsvermögen lasse sich aus den neuro-psychiatrischen Befunden sicherlich nicht ableiten. Die Einschätzung von Dr. O. sei aufgrund der beigezogenen Befunde überzeugend und nachvollziehbar und fände ihre Bestätigung durch die Beurteilungen von Frau Dr. F. im Verwaltungsverfahren und Frau Dr. R. im Klageverfahren.
Zur Begründung der hiergegen am 23.11.2011 zum Bayer. Landessozialgericht eingelegten Berufung trägt die Prozessbevollmächtigte der Klägerin vor, dass das SG entsprechend ihrem Antrag vom 30.06.2011 das Gutachten von Dr. O. Herrn Prof. Dr. M. zur ergänzenden Stellungnahme hätte vorlegen müssen. Dies sei unterblieben. Prof. Dr. M. habe ein ausgeprägtes hirnorganisches Psychosyndrom der Klägerin und mittelschwere bis schwere depressive Episoden bestätigt und ein unter 3-stündiges Leistungsvermögen angenommen. Dies sähen die behandelnden Ärzte der Klägerin ebenso. Die Klägerin beziehe zwar Altersrente seit 01.10.2011, habe aber hiergegen Widerspruch eingelegt, so dass die Regelung des § 34 Abs. 4 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) einer Entscheidung nicht im Wege stehe.
Der Senat hat einen Befundbericht des Klinikums B-Stadt vom 10.08.2012 über einen stationären Aufenthalt der Klägerin in der Zeit vom 19.05.2012 bis 23.05.2012 wegen eines Taubheitsgefühls der rechten Gesichtshälfte und einem Multiinfarktsyndrom beigezogen. Ferner wurden Befundberichte von Dr. D., Dr. R. und Dipl. Med. D. eingeholt.
Mit Schreiben vom 01.09.2014 hat der Senat darauf hingewiesen, dass der eingelegte Widerspruch hinsichtlich der Altersrente nicht ausreiche, um die Frage der Erwerbsfähigkeit bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung prüfen zu können. Es werde um Mitteilung gebeten, ob angesichts des Umstands des Bezugs der Altersrente ab 01.10.2011 und der gegebenen Gutachtenslage die Berufung weiterhin aufrechterhalten werde. Mit Schriftsatz vom 02.10.2014 hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin darauf hingewiesen, dass die schwere Krebserkrankung, unter der die Klägerin seit Herbst 2013 leide, wohl keine Berücksichtigung finden könne. Sie kämpfe jedoch um die Vergangenheit bis zum Tag des Bezuges der Altersrente.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth
Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Rentenakten der Beklagten, die Akten des Klageverfahrens S 7 R 593/07 des SG Bayreuth sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Gründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG). Sie ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht mit Gerichtsbescheid vom 25.10.2011 die Klage gegen den Bescheid vom 08.06.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.08.2009 als unbegründet abgewiesen. Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin war bis zum Eintritt des Altersrentenbezuges am 01.10.2011 nicht in einem rentenrechtlich relevanten quantitativen Ausmaß gemindert.
Vorab ist festzuhalten, dass die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 25.07.2011 ab dem 01.10.2011 Altersrente für schwerbehinderte Menschen zuerkannt hat. Die Klägerin bezieht nach Angaben ihrer Prozessbevollmächtigten tatsächlich seit dem 01.10.2011 laufend die monatliche Rente in Höhe von 1.004,12 €. Gemäß § 34 Abs. 4 SGB VI ist ein Wechsel in eine Erwerbsminderungsrente nach Beginn des Bezuges der Altersrente nicht mehr möglich (vgl. Urteil BayLSG
Gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
1. teilweise erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Tätigkeit oder Beschäftigung haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes für mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
In dem hier relevanten Zeitraum vom 03.04.2009 bis 30.09.2011 ist nach Überzeugung des Senats das Leistungsvermögen der Klägerin für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zwar qualitativ, nicht jedoch quantitativ eingeschränkt. Der Senat stützt seine Überzeugung auf die eingeholten Gutachten von Dr. F., Dr. R. und Dr. O. Dr. F. hatte am 29.05.2009 noch ein mindestens 6-stündiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen gesehen. Es liege keine dauerhafte quantitative Leistungsminderung vor, sondern nur vorübergehende, immer wiederkehrende depressive Störungen, z. Zt. leicht- bis mittelgradig; zusätzlich wurde eine Somatisierungsstörung sowie ein chronisches Wirbelsäulensyndrom beschrieben. Im sozialgerichtlichen Verfahren kam zunächst Frau Dr. R. am 11.08.2010 ebenfalls zu einem mindestens 6-stündigen Leistungsvermögen der Klägerin für den allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen bei wiederkehrenden Erschöpfungszuständen mit depressiver Verstimmung, Somatisierungsstörung. Sie wies darauf hin, dass auch die behandelnden Ärzte der Klägerin, Dipl. Med. D. und Dr. S. eine schwerwiegende Depression der Klägerin verneint hätten. Frau Dr. O. sah in ihrem Sachverständigengutachten vom 13.05.2011 sogar nur eine Dysthymie mit Somatisierungsneigung sowie allenfalls sehr leichtgradige kognitive Störungen. Demgegenüber kam allein der auf Antrag der Klägerin eingesetzte Sachverständige Prof. Dr. M. im Gutachten vom 03.02.2011 sowie Dipl. Psych. M. in dem psychologischen Zusatzgutachten vom 20.01.2011 zu einem unter dreistündigen Leistungsvermögen der Klägerin und verneinte sogar die Wegefähigkeit der Klägerin sowohl hinsichtlich ihrer Eignung zur Führung eines Kfz, aber auch als Fußgängerin. Zur Begründung hat Prof. Dr. M. ausgeführt, dass Frau Dr. R. zwei entscheidende Diagnosen übersehen habe, nämlich dass die Klägerin unter einer mittelschweren depressiven Episode leide und ein ausgeprägtes hirnorganisches Psychosyndrom vorliege. Sie habe durch die OP im Jahr 2004 eine dauerhafte Hirnschädigung erlitten, die nicht rechtzeitig rehabilitativ behandelt worden sei. Die fehlende rehabilitative Behandlung habe binnen 2 Jahren zu dauerhaften kognitiven Schädigungen geführt.
Das SG hat bereits in seinem Gerichtsbescheid vom 25.10.2011 zutreffend darauf hingewiesen, dass Frau Dr. O. im Rahmen ihrer Begutachtung der Klägerin eine Verdeutlichungstendenz sowie eine bewusste Verfälschung wahrgenommen hat. Bei der kognitiven Testung wurde ein sehr hoher Wert für die depressive Erkrankung gefunden, der von der Sachverständigen jedoch als in deutlichem Widerspruch zum klinischen Befund und zu dem geschilderten Tagesablauf der Klägerin stehend gesehen wurde.
Für den Senat erscheint die von Prof. Dr. M. festgestellte massive Einschränkung der Klägerin in Form eines schweren hirnorganischen Psychosyndroms nicht nachvollziehbar. Dieser Befund wird von den behandelnden Ärzten der Klägerin nicht beschrieben, vielmehr findet sich in den Akten seit vielen Jahren, auch bereits in einem Reha-Entlassungsbericht von Februar 1977, ein stets wiederkehrender Erschöpfungszustand und eine depressive Verstimmtheit wohl wegen Überforderung der Klägerin mit beruflichen und familiären Belastungen und Verantwortung. Die Operation des im Jahr 2004 erlittenen Carotis-Aneurysmas verlief laut OP-Bericht komplikationslos, es zeigte sich ein unkomplizierter Heilungsverlauf. Aus neurologischer Sicht konnte laut Bericht Dr. K. ein kompensierter neurologischer Zustand erreicht werden. Die von der Klägerin im Anschluss mit zeitlicher Unterbrechung geschilderten Empfindungsstörungen am rechten Unterarm, den Fingern rechts und schließlich auch in der rechten Gesichtshälfte konnten trotz intensiver Abklärung keinen neurologischen Erkrankungen zugeordnet werden. Im Reha-Entlassungsbericht der Klinik Bad A. vom 27.05.2005 konnten weder eine kognitive Beeinträchtigung noch eine relevante Depression dokumentiert werden. Zu beachten ist ferner, dass Prof. Dr. M. nach seiner Begründung spätestens Anfang des Jahres 2007 von massiven und dauerhaften Hirnleistungsstörungen der Klägerin ausgehen müsste. Diese konnten aber in dem Verfahren über den Antrag vom 19.03.2007 auf Weitergewährung der Zeitrente von den dortigen Sachverständigen Dr. B., Dr. B. und Prof. Dr. S. nicht festgestellt werden. Vielmehr wurde nur eine zunehmend dringliche Behandlungsbedürftigkeit der sich entwickelnden Depression bei vorbestehendem bekanntem rezidivierendem Erschöpfungssyndrom.
Eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit der Klägerin im Alltag lässt sich zur Überzeugung des Senats aus den vorliegenden ärztlichen Unterlagen ebenso wenig ableiten wie aus den eigenen Schilderungen der Klägerin über ihren Tagesablauf, ihre Hobbies und ihre sozialen Kontakte. Die Klägerin bewohnt ihr Eigenheim (Einfamilienhaus), ist in der Lage ihren Haushalt im Wesentlichen selbst zu verrichten, einkaufen zu gehen, sie fährt im Nahbereich noch Auto, obwohl ihr Prof. Dr. M. infolge der vermeintlich massiven kognitiven Einschränkungen die „Fahrtüchtigkeit im engeren Sinn“ und sogar die Wegefähigkeit als Fußgängerin abgeschrieben hat. Sie beschäftigt sich mit Stricken, strickt für die Männer der Familie zahlreiche Socken. Gleichzeitig gibt die Klägerin jedoch an, dass sie ihre gesamte rechte Körperhälfte nicht mehr im Griff habe und Gegenstände willentlich festhalten müsse, damit sie ihr nicht aus der Hand fielen. Fraglich ist dann aber, wie sie mit einer solchen deutlichen Einschränkung, nämlich einem Ausfall der rechten Körperhälfte, in der Lage sein kann, eine feinmotorisch erheblich anspruchsvolle Tätigkeit des Sockenstrickens zu verrichten, die auch kognitiv planend und konzentriert verrichtet werden muss, was bei Vorliegen eines derart massiven hirnorganischen Psychosyndroms - wie von Prof. Dr. M. beschrieben - sicherlich nur sehr schwer möglich sein dürfte. Die Klägerin ist auch in der Lage ihre Enkelkinder über mehrere Stunden zu betreuen. In ihr Haus (das sie nicht verkaufen will und weshalb sie keine Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch erhält) ist ein Neffe mit eingezogen, mit der Begründung, dass sie jemanden habe, auf den sie aufpassen müsse und dass jemand da sei, der auch nach ihr schaue. Der Neffe helfe auch bei der Gartenarbeit, was wiederum bedeutet, dass die Klägerin diese auch noch verrichtet und auch verrichten kann. Die Klägerin gibt an, dass sie noch einen Freundeskreis habe und die Kontakte auch noch pflege.
Wesentlich ist für den Senat aber vor allem, dass in mehreren Gutachten, selbst im Gutachten von Prof. Dr. M., festgehalten ist, dass die Klägerin bestehende Behandlungsoptionen ihrer psychischen Erkrankung nicht wahrgenommen hat und die verordnete Medikation wohl nicht ausreichend ist, um die psychische Befindlichkeit der Klägerin ausreichend zu stabilisieren. Bereits in dem im Verfahren S 7 R 593/07 eingeholten Terminsgutachten von Prof. Dr. S. vom 28.10.2008 hatte dieser dringend eine Psychotherapie der Klägerin angemahnt. Prof. Dr. S. hatte damals darauf hingewiesen, dass sich aus den beigezogenen Befundberichten ergab, dass das Carotis-Aneurysma vollständig ausgeräumt habe werden können und insoweit organische Ursachen nicht mehr bestünden. Die Klägerin habe aber ihre Beschwerden betont klagsam vorgetragen und benötige dringend Psychotherapie. In dem der Klagebegründung hier mit überreichten Bericht der Praxis Dr. K. und Kollegen vom 14.10.2009 wurde ausgeführt, dass bei der Klägerin ein depressives Erschöpfungssyndrom vorbekannt sei, zwischenzeitlich aber eine psychiatrische Mitbehandlung der Klägerin bei Frau Dipl. Med. D., D-Stadt, erfolge, die Gesprächstherapie laufe weiter. Im Gespräch habe sich eine affektiv nivellierte Patientin mit einfacher Struktur gezeigt, Hinweise für eine schwerwiegende Depression hätten sich auch heute nicht gefunden. Die allgemeine Befindlichkeit sei reduziert, nach wie vor gelegentlich Kopfschmerzen posttraumatischer Genese. Hinweise für eine endogene Depression oder Psychose hätten sich nach wie vor nicht gefunden. Neurologisch liege nach wie vor eine kompensierte Situation vor. Die im Befundbericht der Dipl. Med. D. vom 01.07.2010 mitgeteilten Behandlungstermine waren allerdings nicht engmaschig, sondern in weitem Abstand. Es wurde am 31.05.2010 ein stützendes psychiatrisches Gespräch durchgeführt und die Medikation auf Doxepin 50 mg abends umgestellt. Zuvor war die Klägerin von der Psychosomatischen Klinik Bad N. mit Mirtazapin 15 mg einmal täglich rezeptiert worden, obwohl diese als Entlassungsdiagnose im Mai 2009 eine schwere depressive Episode feststellte. Während des Aufenthalts in der Neurologischen Klinik Bad N. im Mai 2009 wurde trotz der von der Klägerin geschildeten massiven Gefühlsstörungen der rechten Gesichts-/Körperhälfte ein unauffälliger neurologischer Befund festgestellt. Die Neurologische Klinik hielt eine Somatisierungsstörung für möglich, sozialmedizinische Einflussfaktoren seien zu berücksichtigen. Aus der Psychosomatischen Klinik Bad N., in die die Klägerin anschließend wieder überstellt wurde, wurde diese als arbeitsunfähig entlassen, unter Berücksichtigung der aktuellen sozialmedizinischen Einflussfaktoren sowie der weiterhin bestehenden depressiv-disphorischen Symptomatik mit derzeit fehlenden „Cobbing“-Strategien seitens der Klägerin. In dem Bericht der psychosomatischen Klinik Bad N. vom 02.07.2009 an den behandelnden Facharzt für Psychotherapie W. D. ist festgehalten, dass sich die Klägerin wegen einer mittelgradigen depressiven Episode in die Behandlung begeben hatte. Auslöser sei eine Gerichtsverhandlung Ende Oktober 2008 über ihren Widerspruch gegen die Aberkennung der Erwerbsunfähigkeitsberentung gewesen. Die Untersuchung durch den gerichtlich bestellten Gutachter sei eine große Kränkung gewesen. Die Aberkennung der Erwerbsunfähigkeit belaste sie stark, da sie jetzt finanziell auf die Unterstützung der Kinder angewiesen sei und keine Perspektiven für die Zukunft habe. Die Aneurysma-OP im September 2004 sei ein belastendes Ereignis gewesen, ebenso die Ehescheidung im Jahr 2001 mit heftigen Konflikten mit dem Ehemann vorausgehend. Die Symptomatik der Klägerin sei ausgelöst worden im Rahmen einer Bilanzkrise vor dem Hintergrund der oben beschriebenen psychosozialen und körperlichen Belastungsfaktoren. Auch diese Beschreibung der psychosomatischen Klinik spricht für eine Reihe von wiederkehrenden depressiven Episoden unterschiedlichen Ausmaßes, aber gerade nicht für ein schwerwiegendes hirnorganisches Psychosyndrom mit schwerwiegenden Kognitionsstörungen.
Nach Auffassung des Senats kann aufgrund der vorliegenden ärztlichen Befunde und insbesondere dem Gutachten von Dr. O. davon ausgegangen werden, dass die Klägerin infolge der Aneurysma-OP oder nach der Operation Gefühlsstörungen erlitten haben könnte, auch wenn sich hierfür oder für größere neurologische Störungen keine somatischen Befunde finden. Die Praxis Dr. K. (Dipl. Med. D.) spricht insoweit von einer kompensierten Situation, ebenso der behandelnde Nervenarzt Dr. D. und die Klinik Bad N. Leichte Kognitionsstörungen sind nach übereinstimmender Einschätzung sämtlicher Gutachter sicherlich vorhanden, jedoch führen diese nur zu qualitativen Leistungseinschränkungen hinsichtlich der Anforderungen an die Konzentrationsfähigkeit der Klägerin. Frau Dr. O. hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die einfach strukturierte Klägerin durchaus in der Lage ist, ihren Alltag zu bewältigen und auch praktische Erfahrungen zielsicher umzusetzen. Eine Überlagerung infolge einer depressiven Erkrankung, die nur unzureichend in der Vergangenheit behandelt wurde (sowohl psychotherapeutisch als auch medikamentös) liegt sicherlich vor, aber das Ausmaß dieser depressiven Erkrankung ist wohl zweifelhaft. Frau Dr. O. hat zu Recht darauf hingewiesen, dass im Gutachten von Prof. Dr. M. und der psychologischen Zusatzbegutachtung von Herrn M. der Widerspruch zwischen dem erreichten Wert in der BDI-Testung (Wert 23) mit dem tatsächlichen Erscheinungsbild der Klägerin nicht aufgelöst wurde und dass die Klägerin bei Dr. O. selbst einen deutlich höheren Wert (46) erzielt hat, der in keiner Weise mit dem klinischen Erscheinungsbild der Klägerin in Einklang zu bringen war. Zu berücksichtigen ist, dass die Klägerin in dem hier streitigen Zeitraum eine intensive, leitliniengerechte Therapie ihrer psychischen Erkrankung nicht hat durchführen lassen, u. a. mit der Begründung, dass die Krankenkasse die Behandlung in größerem Umfang nicht übernehme. Im Jahr 2012 fanden deshalb überhaupt keine Behandlungen auf neurologisch/psychiatrischem Fachgebiet statt, was ebenfalls gegen einen hohen Leidensdruck bei der Klägerin spricht. Solange aber Behandlungsmethoden (medikamentös, therapeutisch, ambulant oder stationär) noch bestehen und nach Lage der ärztlichen Befundberichte und Sachverständigengutachten davon auszugehen ist, dass der Versicherte hierdurch in absehbarer Zeit durch zumutbare eigene Willensanstrengung oder mit ärztlicher oder therapeutischer Hilfe seine psychische Krankheit überwinden kann, kommt nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und des Senats ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente noch nicht in Betracht (BSG Urteil vom 12.09.1990 - 5 RJ 88/89; BSG Urteil vom 29.03.2006 - B 13 RJ 31/05 R - jeweils zitiert nach juris; BayLSG Urteil vom 12.10.2011 - L 19 R 738/08; BayLSG Urteil vom 30.11.2011 - L 20 R 229/08; BayLSG Urteil vom 18.01.2012 - L 20 R 979/09; BayLSG Urteil vom 15.02.2012 - L 19 R 774/06; BayLSG Urteil vom 21.03.2012 - L 19 R 35/08).
Soweit die Prozessbevollmächtigte der Klägerin darauf hinweist, dass das SG zwingend eine ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. M. einzuholen gehabt hätte, nachdem das Gutachten von Dr. O. auf Widersprüchlichkeiten in seinem Gutachten hingewiesen hat, ist dem nicht zu folgen. Das SG hat sich in seinem Gerichtsbescheid unter Berücksichtigung sämtlicher Vorgutachten und Befundberichte, die von ihm eingeholt worden waren, mit der Frage auseinandergesetzt, ob und inwieweit dem Gutachten von Prof. Dr. M. gefolgt werden kann. Eine Verpflichtung zur Einholung einer weiteren ergänzenden Stellungnahme von Prof. Dr. M. musste sich dem SG nicht aufdrängen.
Auch die vom Senat beigezogenen Befundberichte der behandelnden Ärzte der Klägerin haben keine Anhaltspunkte für eine abweichende Einschätzung ergeben. Insoweit sah sich der Senat nicht veranlasst, ein weiteres Gutachten von Amts wegen einzuholen, insbesondere im Hinblick auf den eingeschränkten Prüfungszeitraum. Ein weiterer Antrag nach § 109 SGG wurde von der Klägerin nicht gestellt.
Nach alledem war die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG Bayreuth
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
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Annotations
(1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(2) Der Vorsitzende hat bereits vor der mündlichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen.
(3) Zu diesem Zweck kann er insbesondere
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um Mitteilung von Urkunden sowie um Übermittlung elektronischer Dokumente ersuchen, - 2.
Krankenpapiere, Aufzeichnungen, Krankengeschichten, Sektions- und Untersuchungsbefunde sowie Röntgenbilder beiziehen, - 3.
Auskünfte jeder Art einholen, - 4.
Zeugen und Sachverständige in geeigneten Fällen vernehmen oder, auch eidlich, durch den ersuchten Richter vernehmen lassen, - 5.
die Einnahme des Augenscheins sowie die Begutachtung durch Sachverständige anordnen und ausführen, - 6.
andere beiladen, - 7.
einen Termin anberaumen, das persönliche Erscheinen der Beteiligten hierzu anordnen und den Sachverhalt mit diesen erörtern.
(4) Für die Beweisaufnahme gelten die §§ 116, 118 und 119 entsprechend.
Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.
(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes
- 1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder - 2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.
(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.
(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
- 1.
teilweise erwerbsgemindert sind, - 2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und - 3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie
- 1.
voll erwerbsgemindert sind, - 2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und - 3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
- 1.
Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und - 2.
Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.
(3) Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
(4) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:
- 1.
Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, - 2.
Berücksichtigungszeiten, - 3.
Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt, - 4.
Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.
(5) Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.
(6) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.
(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.
(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.