Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 12. März 2014 - L 10 AL 222/12

bei uns veröffentlicht am12.03.2014

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tatbestand

Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Überbrückungsgeld und dessen Rückforderung für die Zeit von Juli bis Dezember 2005 i. H. v. 10.981,74 Euro.

Am 30.06.2005 beantragte der Kläger Überbrückungsgeld zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit als technischer Verkäufer/Umweltberater ab dem 01.07.2005. Dabei bestätigte er, das Merkblatt 3 erhalten und zur Kenntnis genommen zu haben. In den Hinweisen zur Förderung der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit mit Überbrückungsgeld ist ausgeführt, eine Förderung erfolge nur, wenn eine selbstständige Tätigkeit hauptberuflich ausgeübt werde. Am 23.08.2005 meldete der Kläger sein Gewerbe zum 01.07.2005 an. Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 20.09.2005 „für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit am 01.07.2005“ Überbrückungsgeld für die Zeit vom 01.07.2005 bis 31.12.2005 i. H. v. monatlich 1.830,29 Euro.

Nachdem die Beklagte Kenntnis darüber erlangte, der Kläger habe in einem anderen Verfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg (SG) angegeben, er habe keine selbstständige Tätigkeit aufgenommen, nahm sie mit Bescheid vom 10.02.2009 die Bewilligung von Überbrückungsgeld ab 01.07.2005 zurück und forderte vom Kläger die Erstattung von Überbrückungsgeld i. H. v. 10.981,74 Euro für die Zeit von Juli bis Dezember 2005. Er habe erklärt, die selbstständige Tätigkeit niemals aufgenommen zu haben, weshalb die Voraussetzungen für den Bezug weggefallen seien. Im Antrag vom 30.06.2005 seien grob fahrlässig falsche Angaben gemacht worden bzw. sei dem Kläger die Fehlerhaftigkeit der Bewilligung bekannt gewesen. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.04.2009 zurück.

Dagegen hat der Kläger beim SG Klage erhoben (Az. S 1 AL 254/09). Er habe Kapital in seine Firma investiert. Firmenpersonendaten könnten aber aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht herausgegeben werden. In der anderweitigen Verhandlung vor dem SG habe er nur gesagt, krankheitsbedingt sei die Selbstständigkeit zum 01.01.2006 eingestellt worden. Der Sachverhalt sei auch bei der Antragstellung erörtert worden. Nach der vom SG eingeholten schriftlichen Stellungnahme hat der seinerzeitige Vorsitzende der 20. Kammer des SG mitgeteilt, der Kläger habe in einem Termin am 02.07.2008 angegeben, es sei zu keiner Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit gekommen und das Vorhaben sei bereits in der Planungsphase wieder aufgegeben worden. Nach der Einvernahme des Zeugen S., Vertreter der ARGE im Termin am 02.07.2008, zu den damals vom Kläger gemachten Angaben hat der damalige Bevollmächtigte des Klägers am 09.09.2009 die Klage zurückgenommen.

Ein an das SG gerichtetes Schreiben vom 08.10.2009, dem die Klagebegründung nochmals beigefügt war und mit dem der Kläger für den Fall, dass ein Urteil vorliegen sollte, Berufung einlegen wollte, sollte nach Mitteilung des damaligen Klägerbevollmächtigten als Überprüfungsantrag an die Beklagte weitergeleitet werden. Diesen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 05.11.2009 ab. Den dagegen eingelegten Widerspruch, der trotz Ankündigung und Mahnung nicht begründet worden war, wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 12.02.2010 zurück. Es sei weder etwas neues vorgetragen, noch würden neue Erkenntnisse vorliegen, so dass eine sachliche Prüfung abgelehnt werden durfte.

Die vom Kläger dagegen eingelegte Klage hat das SG mit Urteil vom 04.07.2012 abgewiesen. Die selbstständige Tätigkeit sei vom Kläger nicht aufgenommen und nicht hauptberuflich ausgeübt worden. Dies habe er bei Erlass des Bewilligungsbescheides gewusst. Im Hinblick auf den Erhalt und die Kenntnisnahme des Merkblattes 3 sei ihm auch bewusst gewesen, dass die Bewilligungsvoraussetzungen nicht vorgelegen hätten.

Dagegen hat der Kläger Berufung beim Bayer. Landessozialgericht eingelegt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 04.07.2012 und den Bescheid vom 05.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 10.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.04.2009 zurückzunehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung hat sie auf die Ausführungen des SG verwiesen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist ohne Erfolg, da sie nicht begründet ist. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 05.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte dazu verpflichtet wird, ihren Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 02.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.04.2009 zurückzunehmen.

Streitgegenstand ist der Bescheid vom 05.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2010, mit dem die Beklagte den Antrag auf Überprüfung des Rücknahme- und Erstattungsbescheides vom 10.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.04.2009 abgelehnt hat.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht nicht erhoben worden sind. Die Vorschrift ist dabei - zumindest analog - auch Fälle anzuwenden, in denen der zu beurteilende Verwaltungsakt selbst ein Aufhebungsverwaltungsakt ist, da insofern jedenfalls eine mittelbare Regelungswirkung im Hinblick auf das Leistungsrecht anzunehmen ist (vgl. dazu Schütze in: von Wulffen, SGB X, 7. Auflage, § 44 Rn. 16 m. w. N.).

Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihre Entscheidung vom 10.02.2009 zurückzunehmen. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Beklagte bei Erlass ihres Bescheides vom 10.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.04.2009 das Recht unrichtig angewandt hat oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist. Die Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 20.09.2005 und die Rückforderung des gewährten Überbrückungsgeldes für die Zeit von Juli bis Dezember 2005 waren rechtmäßig.

Nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ist ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hat oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.

Der Bewilligungsbescheid vom 20.09.2005 war von Anfang an d. h. im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides rechtswidrig. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Überbrückungsgeld lagen nicht vor. Nach § 57 Abs. 2 SGB III in der Fassung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19.11.2004 (BGBl I 2902) erhalten Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbstständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden oder vermeiden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung ein Überbrückungsgeld. Bereits dem Wortlaut nach setzt damit der Anspruch auf Überbrückungsgeld die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit voraus. Unabhängig davon, wann von der „Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit“ ausgegangen werden kann (vgl. dazu im Einzelnen: BSG, Urteil vom 05.05.2010 - B 11 AL 28/09 R - SozR 4-4300 § 57 Nr. 5), hat der Kläger vorliegend in einer Verhandlung vor dem SG am 02.07.2008 (S 1 AS 254/09) erklärt, er habe seinerzeit die geplante Tätigkeit ab 01.07.2005 nie tatsächlich aufgenommen. Dies steht zur Überzeugung des Senats im Hinblick auf die glaubwürdige Stellungnahme des ehemaligen Vorsitzenden der 20. Kammer des SG und die vom SG im Verfahren S 1 AL 254/09 durchgeführte Zeugeneinvernahme des Zeugen S. fest. Es gibt keine vernünftigen Zweifel an deren Aussagen. Weder sind Widersprüche erkennbar, noch kann ein besonderes persönliches Interesse des ehemaligen Vorsitzenden der 20. Kammer des SG oder des Zeugen S. erkannt werden. Gründe, die gegen die Glaubwürdigkeit der Angaben sprechen könnten, hat der Kläger nicht vorgetragen. Die späteren Ausführung des Klägers, er habe nur angegeben, die selbstständige Tätigkeit krankheitsbedingt zum 01.01.2006 eingestellt zu haben, stellt eine bloße Schutzbehauptung dar. Nachweise für die tatsächliche Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit zum 01.07.2005 hat der er auch nicht vorgelegt. Alleine eine Kapitalinvestition stellt noch keine Tätigkeitsaufnahme dar. Im Übrigen müsste er im Falle einer Nichtaufklärbarkeit der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit zum 01.07.2005 im Rahmen einer Überprüfung nach § 44 Abs. 1 SGB X den Nachteil dieser Nichterweislichkeit tragen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 12.12.1996 - 11 RAR 31/96 - SozR 3-1300 § 44 Nr. 19; Schütze in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl., § 44 Rn. 12 m. w. N.).

Die Aufhebung der Leistungsbewilligung konnte auch für die Vergangenheit erfolgen, denn der Kläger kann sich nicht auf einen Vertrauensschutz berufen (§ 45 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 SGB X). Er kannte die Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung bzw. kannte diese zumindest nur infolge grober Fahrlässigkeit nicht (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Die Notwendigkeit der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit als Anspruchsvoraussetzung ergab sich für den Kläger erkennbar aus dem ihm nachweislich ausgehändigten Merkblatt 3 für Arbeitslose, dessen Kenntnisnahme er unterschriftlich bestätigt hat, und den Hinweisen zur Förderung. Dort und im Bescheid vom 20.09.2005 selbst steht unmissverständlich, das Überbrückungsgeld werde für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit gewährt. Damit musste dem Kläger auch unter Berücksichtigung seiner geistigen Leistungsfähigkeit subjektiv klar gewesen sein, dass ein Anspruch auf Überbrückungsgeld nur besteht, wenn eine selbstständige Tätigkeit tatsächlich aufgenommen wird. Mangels Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit zum 01.07.2005 hätte er im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides vom 20.09.2005 erkennen können, dass die Bewilligung des Überbrückungsgeldes zu Unrecht erfolgt ist.

Darüber hinaus hat der Kläger seine Mitteilungsverpflichtung grob fahrlässig verletzt (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X). Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) war er verpflichtet, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Bewilligung des Überbrückungsgeldes erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen. Zur Korrektur seiner ursprünglich gegebenenfalls zutreffenden eigenen Angabe, die Tätigkeitsaufnahme sei für den 01.07.2005 geplant, ist der Kläger verpflichtet gewesen, da sie noch vor Erlass des Bewilligungsbescheides vom 20.09.2005 unrichtig geworden ist (vgl. Schütze in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl., § 45 Rn. 49 m. w. N.). Insofern liegt hier eine Sorgfaltspflichtverletzung vor. Der Kläger hat gegen die ihm mit Merkblatt 3, dessen Kenntnisnahme er unterschriftlich bestätigt hat, bekannt gemachte Mitteilungspflicht bezüglich der Nichtaufnahme der selbstständigen Tätigkeit verstoßen (vgl. dazu Urteil des Senats vom 27.05.2004 - L 10 AL 199/02 - und Urteil vom 17.12.2007 - L 10 AL 66/07; Schütze a. a. O. Rn. 57). Die Notwendigkeit der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit als Anspruchsvoraussetzung ergab sich für den Kläger erkennbar auch aus den Hinweisen zur Förderung. Dies wird letztlich auch nicht bestritten und es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass er aus in seiner Person liegenden Gründen seine Mitteilungspflicht nicht hätte erkennen können. Die Nichtaufnahme hätte er deshalb der Beklagten mitteilen müssen. Er hat daher grob fahrlässig seine Mitteilungsverpflichtung verletzt. Die Rücknahmevoraussetzungen nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 bzw. Nr. 3 SGB X lagen nach alledem vor. Es kann dahinstehen, ob ein rechtswidrig versagter Vertrauensschutz überhaupt im Rahmen des Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X beachtlich ist (vgl. dazu: Schütze in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl., § 44 Rn. 17 m. w. N.). Die Beklagte hat die Jahresfrist aus § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X eingehalten. Ein Ermessen hatte sie bei der Aufhebung der Leistungsbewilligung nicht; sie war zum Erlass des angefochtenen Verwaltungsaktes und der Aufhebung für die Vergangenheit rechtlich verpflichtet, § 330 Abs. 2 SGB III.

Die Erstattungspflicht des Klägers folgt aus § 50 Abs. 1 SGB X. Die Beklagte hat den Erstattungsbetrag zutreffend mit 10.981,74 Euro festgesetzt (6 Monate x 1.830,29 Euro).

Der Kläger hatte damit keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte zur Aufhebung ihres Rücknahme- und Erstattungsbescheides vom 10.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.04.2009 verpflichtet wird. Die Berufung war mithin zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

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Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 12. März 2014 - L 10 AL 222/12 zitiert 12 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 45 Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes


(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen de

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 44 Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes


(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbrach

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 50 Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen


(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten. (2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatt

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(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat 1. alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,2. Änderungen

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 330 Sonderregelungen für die Aufhebung von Verwaltungsakten


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Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 57 Förderungsfähige Berufsausbildung


(1) Eine Berufsausbildung ist förderungsfähig, wenn sie in einem nach dem Berufsbildungsgesetz, der Handwerksordnung oder dem Seearbeitsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder außerbetrieblich oder nach Teil 2, auch in Verbindu

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Bundessozialgericht Urteil, 05. Mai 2010 - B 11 AL 28/09 R

bei uns veröffentlicht am 05.05.2010

Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf einen Gründungszuschuss. 2

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(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Liegen die in § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt worden ist, so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen.

(2) Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(3) Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Abweichend von § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an ein Verwaltungsakt auch aufzuheben, soweit sich das Bemessungsentgelt auf Grund einer Absenkung nach § 200 Abs. 3 zu Ungunsten der Betroffenen oder des Betroffenen ändert.

(4) Liegen die Voraussetzungen für die Rücknahme eines Verwaltungsaktes vor, mit dem ein Anspruch auf Erstattung des Arbeitslosengeldes durch Arbeitgeber geltend gemacht wird, ist dieser mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(5) (weggefallen)

(1) Eine Berufsausbildung ist förderungsfähig, wenn sie in einem nach dem Berufsbildungsgesetz, der Handwerksordnung oder dem Seearbeitsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder außerbetrieblich oder nach Teil 2, auch in Verbindung mit Teil 5, des Pflegeberufegesetzes oder dem Altenpflegegesetz betrieblich durchgeführt wird und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist.

(2) Förderungsfähig ist die erste Berufsausbildung. Eine zweite Berufsausbildung kann gefördert werden, wenn zu erwarten ist, dass eine berufliche Eingliederung dauerhaft auf andere Weise nicht erreicht werden kann und durch die zweite Berufsausbildung die berufliche Eingliederung erreicht wird.

(3) Nach der vorzeitigen Lösung eines Berufsausbildungsverhältnisses darf erneut gefördert werden, wenn für die Lösung ein berechtigter Grund bestand.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf einen Gründungszuschuss.

2

Der Kläger, dem für die Zeit ab 1.2.2007 Arbeitslosengeld (Alg) mit einer Anspruchsdauer von 240 Tagen bewilligt worden war, teilte der Beklagten im Juni 2007 im Rahmen einer Beratung über die Förderung durch Gründungszuschuss mit, er wolle ein Dönerrestaurant eröffnen und werde deshalb zum 2.7.2007 ein Gewerbe anmelden. Die Beklagte hob daraufhin die Alg-Bewilligung mit Wirkung ab 2.7.2007 auf (Restanspruch 91 Tage). Den am 18.7.2007 in schriftlicher Form eingereichten Antrag des Klägers auf Bewilligung eines Gründungszuschusses, dem ua eine fachkundige Stellungnahme und ein Mietvertrag sowie eine vorläufige Gaststättenerlaubnis beigefügt waren, lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, der Kläger habe keine Gewerbeanmeldung vorgelegt (Bescheid vom 25.7.2007). Den Widerspruch des Klägers, dem dieser eine Gewerbeanmeldung zum 23.7.2007 beifügte, wies die Beklagte mit der Begründung zurück, der Kläger habe eine selbständige hauptberufliche Tätigkeit nicht am 2.7.2007 aufgenommen (Widerspruchsbescheid vom 30.8.2007).

3

Das Sozialgericht (SG) hat die auf Gewährung eines Gründungszuschusses ab 2.7.2007 gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 12.6.2008). Im Berufungsverfahren hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht (LSG) erklärt, er habe sein Geschäft erst am 12.10.2007 eröffnet und beantrage den Gründungszuschuss erst ab diesem Zeitpunkt.

4

Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 24.8.2009). In den Entscheidungsgründen hat das LSG ua ausgeführt: Streitbefangen sei nur noch die Zeit ab 12.10.2007. Es handele sich insoweit nicht um eine Klageänderung, sondern um eine Beschränkung des Klageantrags. Ein Anspruch auf Gründungszuschuss ab 12.10.2007 bestehe nicht, weil der Kläger bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit keinen Anspruch auf Entgeltersatzleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) gehabt habe und somit die Voraussetzung des § 57 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Buchst a SGB III nicht erfülle. Beim Alg genüge nicht das Stammrecht, erforderlich sei vielmehr das Vorliegen aller Anspruchsvoraussetzungen. In der Literatur werde überwiegend Nahtlosigkeit zwischen Entgeltersatzleistungsanspruch und Existenzgründung gefordert. Jedenfalls dann, wenn der sich selbständig machende Arbeitslose noch einen Alg-Restanspruch von 91 Tagen habe, eine Unterbrechung des Leistungsbezugs von wenigen Wochen in Kauf nehme, die Selbständigkeit in dieser Zeit intensiv vorbereite und sich theoretisch am Tag vor der Geschäftseröffnung erneut arbeitslos melden könne, um für einen Tag Alg zu beziehen, sei der Tatbestand des § 57 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Buchst a SGB III erfüllt. Der Kläger habe jedoch nicht schlüssig dargelegt, dass er die Zeit zwischen dem Ende des Alg-Bezugs und dem Beginn der Selbständigkeit (2.7.2007 bis 11.10.2007) intensiv mit Vorbereitungshandlungen genutzt habe. Jedenfalls führe eine Gesamtdauer von über zwölf Wochen zur Verneinung der Voraussetzung des § 57 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Buchst a SGB III.

5

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 57 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Buchst a SGB III. Zu entscheiden sei, inwieweit ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Bezug der Entgeltersatzleistung und der Existenzgründung bestehen müsse. Ein solcher zeitlicher Zusammenhang sei entgegen den Ausführungen des LSG sehr wohl gegeben. Er habe zwar erst am 12.10.2007 mit dem Verkauf von Speisen und Getränken begonnen, sei jedoch schon vorher mit Vorbereitungshandlungen beschäftigt gewesen.

6

Der Kläger beantragt,

die Urteile des LSG vom 24.8.2009 und des SG vom 12.6.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25.7.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.8.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 12.10.2007 einen Gründungszuschuss zu gewähren.

7

Die Beklagte beantragt,

die Revision des Klägers zurückzuweisen.

8

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).

10

1. Von Amts wegen zu beachtende Verfahrensmängel liegen nicht vor. Insbesondere fehlt es nicht deshalb, weil die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 25.7.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.8.2007 über einen Antrag auf Bewilligung eines Gründungszuschusses ab 2.7.2007 entschieden hat und der Kläger im gerichtlichen Verfahren die Gewährung der Leistung nur noch für die Zeit ab 12.10.2007 verlangt, an der Sachurteilsvoraussetzung des Vorverfahrens (§ 78 SGG). Den Feststellungen des LSG ist zu entnehmen, dass sich das Klagebegehren weiterhin auf die Existenzgründung bezieht, die Gegenstand des bei der Beklagten gestellten Antrags war. Das LSG hat demgemäß in der vorgenommenen Umstellung des Klageantrags keine Klageänderung iS des § 99 Abs 1 SGG gesehen, sondern eine Beschränkung iS des § 99 Abs 3 Nr 2 SGG. Auszugehen ist somit davon, dass der den angefochtenen Bescheiden zugrunde liegende Lebenssachverhalt derselbe ist, aus dem der Kläger nun im gerichtlichen Verfahren seinen Anspruch ableitet (vgl Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl, § 99 RdNr 3; Breitkreuz/Fichte, SGG, 2009, § 99 RdNr 8).

11

2. Der geltend gemachte Anspruch scheitert nicht an fehlender oder verspäteter Antragstellung (§§ 323 Abs 1, 324 Abs 1 SGB III). Ein wirksamer Antrag, der nach § 324 Abs 1 Satz 1 SGB III vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses zu stellen ist, liegt selbst dann vor, wenn dieses Ereignis nicht erst - wie vom LSG angenommen - am 12.10.2007, sondern schon am 2.7.2007, also vor dem 18.7.2007, dem Tag des Eingangs des schriftlichen Antrags, eingetreten sein sollte (zur Frage des Zeitpunkts der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit siehe nachfolgend unter 3.d). Denn nach den getroffenen Feststellungen ist davon auszugehen, dass der Kläger bereits anlässlich seiner Vorsprache bei der Beklagten im Juni 2007 sinngemäß die Bewilligung eines Gründungszuschusses mündlich beantragt hat, was ausreichend ist. Denn die §§ 323, 324 SGB III verlangen nicht die Einhaltung einer besonderen Form(vgl BSG SozR 4-4300 § 217 Nr 2 RdNr 12).

12

3. Ob dem Kläger ein Anspruch auf Leistung eines Gründungszuschusses ab 12.10.2007 zusteht, lässt sich nach den bisherigen Feststellungen des LSG nicht abschließend beantworten.

13

a) Die einschlägige Rechtsgrundlage ist § 57 SGB III in der vom 1.8.2006 bis 31.12.2007 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706). Danach haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf einen Gründungszuschuss (Abs 1). Der Gründungszuschuss wird geleistet, wenn der Arbeitnehmer bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit (Abs 2 Satz 1 Nr 1) ua einen Anspruch auf Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III hat (Abs 2 Satz 1 Nr 1 Buchst a), bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch über einen Anspruch auf Alg von mindestens 90 Tagen verfügt (Abs 2 Satz 1 Nr 2), der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist (Abs 2 Satz 1 Nr 3) und seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit darlegt (Abs 2 Satz 1 Nr 4).

14

b) Soweit der Gründungszuschuss nach § 57 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Buchst a SGB III das vorherige Bestehen eines Anspruchs auf eine Entgeltersatzleistung nach dem SGB III erfordert, kommt nach den getroffenen Feststellungen nur ein Anspruch des Klägers auf Alg in Betracht. Insoweit hat der Senat bereits entschieden, dass mit dem "Anspruch" auf Alg als Entgeltersatzleistung iS des § 57 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Buchst a SGB III nicht lediglich ein einmal entstandenes und fortbestehendes Stammrecht gemeint ist, sondern dass die materiellen Voraussetzungen eines konkreten Zahlungsanspruchs gegeben sein müssen (Urteil vom 5.5.2010, B 11 AL 11/09 R, zur Veröffentlichung vorgesehen). Vom Bestehen eines solchen Zahlungsanspruchs ist für die Zeit bis einschließlich 1.7.2007 auszugehen, da dem Kläger bis zu diesem Zeitpunkt Alg bewilligt worden ist. Für die Zeit nach dem 1.7.2007 ist jedoch den Feststellungen des LSG zu entnehmen, dass der Kläger jedenfalls mangels Verfügbarkeit (vgl § 119 Abs 1 Nr 3 SGB III in der 2007 geltenden Fassung) keinen Anspruch auf Alg mehr hatte.

15

c) Die sich aus § 57 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Buchst a SGB III weiter ergebende Voraussetzung des Bestehens eines Anspruchs auf eine Entgeltersatzleistung "bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit" erfordert nach der erwähnten Rechtsprechung des Senats entgegen einer im Schrifttum und in der Rechtsprechung der Tatsacheninstanzen vertretenen Auffassung nicht etwa Nahtlosigkeit zwischen Existenzgründung und vorausgehendem Alg-Anspruch. Ausreichend, aber auch erforderlich ist vielmehr ein enger zeitlicher Zusammenhang, der gewahrt ist, wenn zwischen dem Bestehen des Anspruchs auf die Entgeltersatzleistung und der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit ein Zeitraum von nicht mehr als etwa einem Monat liegt (Urteil vom 5.5.2010, B 11 AL 11/09 R, zur Veröffentlichung vorgesehen).

16

d) Entscheidungserheblich ist somit, ob der Kläger innerhalb eines Monats nach der letztmaligen Erfüllung der Voraussetzungen des Anspruchs auf Alg am 1.7.2007 die selbständige Tätigkeit, für die er den Gründungszuschuss begehrt, aufgenommen hat. Ob dies der Fall ist, kann anhand der bislang getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden.

17

Zwar hat das LSG entsprechend der vom Kläger im Berufungsverfahren abgegebenen Erklärung entscheidend auf den Zeitpunkt der "Geschäftseröffnung" am 12.10.2007 abgestellt und angenommen, dieser Tag sei der "Beginn der Selbständigkeit" und folglich auch die "Aufnahme" iS der einschlägigen Vorschrift. Aus diesen wie auch aus den sonstigen Ausführungen des LSG zum tatsächlichen Verhalten des Klägers in der Zeit ab Antragstellung ergibt sich jedoch keine das Bundessozialgericht (BSG) gemäß § 163 SGG bindende Feststellung, wonach davon auszugehen wäre, der Kläger habe erst am 12.10.2007 die selbständige Tätigkeit iS des § 57 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB III aufgenommen. Den tatsächlichen Feststellungen des LSG ist vielmehr nur zu entnehmen, dass der Kläger in der Zeit ab Juli 2007 verschiedene Vorbereitungshandlungen wie Abschluss eines Mietvertrages oder Anmeldung eines Gewerbes vorgenommen hat und dass er dann am 12.10.2007 mit dem eigentlichen Geschäftsbetrieb, nämlich dem Verkauf von Speisen und Getränken, begonnen hat. Diese Feststellungen lassen den genauen Zeitpunkt der "Aufnahme" iS des § 57 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB III offen.

18

Das Gesetz umschreibt nicht näher, was unter der "Aufnahme der selbständigen Tätigkeit" zu verstehen ist. Eine ausdrückliche Regelung, aus der zu schließen wäre, dass die Tätigkeit erst dann aufgenommen ist, wenn mit der eigentlichen Geschäftstätigkeit begonnen wird, also Waren produziert oder Dienstleistungen erbracht werden, existiert nicht. Soweit das BSG zu einer früheren Fassung des § 57 SGB III, die ebenfalls die Tatbestandsvoraussetzung der "Aufnahme der selbständigen Tätigkeit" enthielt, ausgeführt hat, eine solche Tätigkeit werde mit der erstmaligen Vornahme einer unmittelbar auf berufsmäßigen Erwerb gerichteten und der Gewinnerzielung dienenden Handlung mit Außenwirkung aufgenommen(BSG SozR 4-4300 § 57 Nr 1 RdNr 11 mit Hinweis auf LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 11.3.1997, L 13 Ar 2633/95), bleibt ebenfalls offen, inwieweit Vorbereitungshandlungen mit Außenwirkung einzubeziehen sind. Aus den weiteren Ausführungen des BSG in der vorgenannten Entscheidung wird jedoch deutlich, dass der genaue Zeitpunkt der "Aufnahme" maßgeblich von den Umständen des Einzelfalles abhängt (uU auch von einem formalen Akt der Zulassung, vgl BSG aaO RdNr 11).

19

Eine an den Umständen des Einzelfalles orientierte Betrachtungsweise entspricht auch dem offenen Gesetzeswortlaut und dem Zweck des § 57 SGB III, eine gezielte Förderung zu erreichen und die Nachhaltigkeit von Existenzgründungen aus Arbeitslosigkeit zu stärken(vgl BT-Drucks 16/1696 S 31, zu § 57 Abs 2). Da im Übrigen eine Existenzgründung regelmäßig keinen punktuellen Vorgang darstellt (vgl BT-Drucks 14/873 S 3, zu § 57 SGB III idF des 2. SGB III-Änderungsgesetzes vom 21.7.1999, BGBl I 1648), geht der Senat davon aus, dass eine selbständige Tätigkeit iS des § 57 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB III schon vor der eigentlichen "Geschäftseröffnung" - also beispielsweise dem Beginn der Warenproduktion, die den Gegenstand des Unternehmens darstellt - aufgenommen worden sein kann. Unter bestimmten Umständen kann eine "Aufnahme" also schon vorliegen, wenn vorbereitende Tätigkeiten durchgeführt werden (so zutreffend Link in Eicher/Schlegel, SGB III, § 57 RdNr 39, Stand März 2010; Link/Kranz, Der Gründungszuschuss für Existenzgründer, 2007, RdNr 63; aA offenbar Stark in NK-SGB III, 3. Aufl, § 57 RdNr 55). Die im Gesetz angelegte Nachhaltigkeit der Förderung macht es jedoch erforderlich, vorbereitende Maßnahmen nur dann als "Aufnahme der selbständigen Tätigkeit" zu werten, wenn diese Maßnahmen Außenwirkung im Geschäftsverkehr entfalten (vgl BSG SozR 4-4300 § 57 Nr 1 RdNr 11; Link in Eicher/Schlegel aaO; Winkler, info also 2006, 195, 196) und sie ferner nach dem zugrunde liegenden Gesamtkonzept ernsthaft und unmittelbar auf die spätere Geschäftstätigkeit ausgerichtet sind (vgl BSG aaO; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.4.2010, L 1 AL 39/09 ZVW).

20

Ausgehend von diesen Maßstäben kann nach dem Stand der bisherigen Feststellungen nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger seine selbständige Tätigkeit durch Vorbereitungshandlungen mit Außenwirkung wie die Anmietung von Geschäftsräumen oder die Gewerbeanmeldung oder die Erwirkung einer Gaststättenerlaubnis bereits im Juli 2007, also in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Erfüllung der Voraussetzungen des Anspruchs auf Alg, aufgenommen hat. Ob die durchgeführten Maßnahmen allerdings ernsthaft und unmittelbar auf die spätere Geschäftseröffnung ausgerichtet gewesen sind, hängt von den näheren Umständen und insbesondere davon ab, wie der Kläger sein Gesamtkonzept umgesetzt hat. Von Bedeutung ist vor allem, in welcher Weise der Kläger nach der Anmietung der Räume und der Anmeldung des Gewerbes im Juli 2007 sein Existenzgründungsvorhaben in der verbleibenden Zeit bis Oktober 2007 im Einzelnen betrieben hat. Die nötige Ausrichtung auf die spätere Geschäftstätigkeit könnte etwa fehlen, wenn der Kläger im Anschluss an die im Juli vorgenommenen Vorbereitungshandlungen über mehrere Wochen hinweg untätig geblieben sein sollte. Das LSG wird hierzu die notwendigen Feststellungen zu treffen haben.

21

e) Sollten die weiteren Feststellungen ergeben, dass der Kläger die selbständige Tätigkeit bereits im Juli 2007 aufgenommen hat, wird das LSG Gelegenheit haben, näher auszuführen, inwieweit die weiteren Voraussetzungen des § 57 SGB III (s oben unter a) erfüllt sind.

22

4. Das LSG wird auch über die Kosten einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Liegen die in § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt worden ist, so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen.

(2) Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(3) Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Abweichend von § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an ein Verwaltungsakt auch aufzuheben, soweit sich das Bemessungsentgelt auf Grund einer Absenkung nach § 200 Abs. 3 zu Ungunsten der Betroffenen oder des Betroffenen ändert.

(4) Liegen die Voraussetzungen für die Rücknahme eines Verwaltungsaktes vor, mit dem ein Anspruch auf Erstattung des Arbeitslosengeldes durch Arbeitgeber geltend gemacht wird, ist dieser mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(5) (weggefallen)

(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten.

(2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatten. §§ 45 und 48 gelten entsprechend.

(2a) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit eines Verwaltungsaktes, auf Grund dessen Leistungen zur Förderung von Einrichtungen oder ähnliche Leistungen erbracht worden sind, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet. Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Satz 1 verlangt werden; Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind; § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.

(3) Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Die Festsetzung soll, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes verbunden werden.

(4) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Absatz 3 unanfechtbar geworden ist. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. § 52 bleibt unberührt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten bei Berichtigungen nach § 38 entsprechend.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.