Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 09. März 2017 - L 11 AS 90/17 B ER

bei uns veröffentlicht am09.03.2017

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 19.12.2016 wird verworfen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

Streitig ist die Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Die Antragstellerin (ASt) stellte erstmals am 29.10.2015 beim Antragsgegner (Ag) einen Antrag auf Alg II, den dieser mit Bescheid vom 13.01.2016 ablehnte. Auch einem neuen Antrag vom 23.05.2016 entsprach der Ag nicht (Bescheid vom 08.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2016). Über die dagegen erhobene Klage beim Sozialgericht Würzburg (SG) ist bislang nicht entschieden (S 18 AS 555/16).

Unter Vorlage einer Vollmacht der ASt vom 21.11.2016 hat der VDK beim SG am 02.12.2016 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Mit Beschluss vom 19.12.2016, dem VDK ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 20.12.2016 zugestellt, hat das SG den Antrag abgelehnt. Dem Beschluss war eine Rechtsmittelbelehrungbeigefügt, wonach die Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) statthaft ist und diese binnen eines Monats nach Zustellung des Beschlusses einzulegen ist.

Am 23.01.2017 hat die ASt beim LSG Beschwerde eingelegt. Sie habe den Beschluss erst am 23.12.2016 erhalten und nach der Rechtsbehelfsbelehrung:habe sie vier Wochen nach Zustellung Zeit, Widerspruch einzulegen. Nach Abzug der Feiertage sei die Beschwerde fristgerecht. Weiter bitte sie um Wiedereinsetzung, da der VDK von ihr Geld zur weiteren Bearbeitung gefordert habe, welches ihr nicht zur Verfügung gestanden habe. Auch eine Bürgerinitiative habe trotz mehrmaliger Hinweise Fristen verstreichen lassen, ohne dass sie eine adäquate Hilfe bekommen hätte.

Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die Akten des Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die gegen den Beschluss des SG statthafte Beschwerde (§ 172 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ist unzulässig, da sie nicht fristgerecht erhoben worden ist (§ 173 SGG).

Nach § 173 Satz 1 1.HS SGG ist die Beschwerde binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung beim Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem LSG schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird (§ 173 Satz 2 SGG).

Der Beschluss des SG ist dem Bevollmächtigen der ASt am 20.12.2016 - mit zutreffender Rechtsmittelbelehrung(§ 66 SGG) - durch Empfangsbekenntnis (§ 63 Abs. 2 Satz 1 SGG iVm § 174 Abs. 1 und Abs. 2 Zivilprozessordnung -ZPO-) wirksam zugestellt worden. Ausweislich der Vollmacht vom 21.11.2016 war der VDK zur Vertretung der ASt bevollmächtigt, weshalb nach § 172 Abs. 1 ZPO an diesen zuzustellen war. Damit begann die einmonatige Beschwerdefrist am 21.12.2016 (§ 64 Abs. 1 SGG) und lief am Freitag, dem 20.01.2017, ab (§ 64 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 SGG). Die Beschwerde ist jedoch erst am 23.01.2017 beim LSG per Fax eingelegt worden und damit verspätet eingegangen.

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG kommt nicht in Betracht, denn die ASt war nicht ohne ihr Verschulden gehindert gewesen, diese Frist einzuhalten. Entgegen den Angaben der ASt ist in der Rechtsmittelbelehrungdes SG kein Hinweis auf eine Frist von vier Wochen oder die Verlängerung der Frist bei zwischenzeitlichen Feiertagen enthalten. Ebenso ist nach obigen Ausführungen alleine auf die Zustellung an den Bevollmächtigten der ASt abzustellen. Nach eigenen Angaben hat die ASt den Beschluss auch am 23.12.2016 selbst erhalten, so dass es ihr zu diesem Zeitpunkt ohne weiteres möglich gewesen wäre, fristgerecht Beschwerde einzulegen. Eines Bevollmächtigten bedarf es hierfür nicht. So hat die ASt dann - wenn auch verspätet - selbst Beschwerde eingelegt, so dass ihr diese Möglichkeit bekannt gewesen ist, zumal weitere Anforderungen auch zutreffender weise in der Rechtsmittelbelehrungdes SG nicht enthalten sind. Weitere Wiedereinsetzungsgründe sind weder ersichtlich noch vorgetragen.

Nach alledem war die Beschwerde der ASt zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der analogen Anwendung des § 193 SGG.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 67


(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. (2) Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stelle

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 173


Die Beschwerde ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung beim Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen; § 181 des Gerichtsverfassungsgesetzes bleibt unberührt. Die Beschwerdefrist i

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 66


(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur dann zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsstelle oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhalten

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 63


(1) Anordnungen und Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, sind den Beteiligten zuzustellen, bei Verkündung jedoch nur, wenn es ausdrücklich vorgeschrieben ist. Terminbestimmungen und Ladungen sind bekannt zu geben. (2) Zugest

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 64


(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit dem Tag nach der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit dem Tag nach der Eröffnung oder Verkündung. (2) Eine nach Tagen bestimmte Frist endet mit dem Ablauf

Zivilprozessordnung - ZPO | § 172 Zustellung an Prozessbevollmächtigte


(1) In einem anhängigen Verfahren hat die Zustellung an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten zu erfolgen. Das gilt auch für die Prozesshandlungen, die das Verfahren vor diesem Gericht infolge eines Einspruchs, einer Aufhebung des

Zivilprozessordnung - ZPO | § 174 Zustellung durch Aushändigung an der Amtsstelle


Ein Schriftstück kann dem Adressaten oder seinem rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter durch Aushändigung an der Amtsstelle zugestellt werden. Zum Nachweis der Zustellung ist auf dem Schriftstück und in den Akten zu vermerken, dass es zum Zwecke de

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Die Beschwerde ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung beim Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen; § 181 des Gerichtsverfassungsgesetzes bleibt unberührt. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Landessozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. Die Belehrung über das Beschwerderecht ist auch mündlich möglich; sie ist dann aktenkundig zu machen.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur dann zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsstelle oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 67 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

(1) Anordnungen und Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, sind den Beteiligten zuzustellen, bei Verkündung jedoch nur, wenn es ausdrücklich vorgeschrieben ist. Terminbestimmungen und Ladungen sind bekannt zu geben.

(2) Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung. §§ 173, 175 und 178 Abs. 1 Nr. 2 der Zivilprozessordnung sind entsprechend anzuwenden auf die nach § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 9 zur Prozessvertretung zugelassenen Personen.

(3) Wer nicht im Inland wohnt, hat auf Verlangen einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen.

Ein Schriftstück kann dem Adressaten oder seinem rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter durch Aushändigung an der Amtsstelle zugestellt werden. Zum Nachweis der Zustellung ist auf dem Schriftstück und in den Akten zu vermerken, dass es zum Zwecke der Zustellung ausgehändigt wurde und wann das geschehen ist; bei Aushändigung an den Vertreter ist dies mit dem Zusatz zu vermerken, an wen das Schriftstück ausgehändigt wurde und dass die Vollmacht nach § 171 Satz 2 vorgelegt wurde. Der Vermerk ist von dem Bediensteten zu unterschreiben, der die Aushändigung vorgenommen hat.

(1) In einem anhängigen Verfahren hat die Zustellung an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten zu erfolgen. Das gilt auch für die Prozesshandlungen, die das Verfahren vor diesem Gericht infolge eines Einspruchs, einer Aufhebung des Urteils dieses Gerichts, einer Wiederaufnahme des Verfahrens, einer Rüge nach § 321a oder eines neuen Vorbringens in dem Verfahren der Zwangsvollstreckung betreffen. Das Verfahren vor dem Vollstreckungsgericht gehört zum ersten Rechtszug.

(2) Ein Schriftsatz, durch den ein Rechtsmittel eingelegt wird, ist dem Prozessbevollmächtigten des Rechtszuges zuzustellen, dessen Entscheidung angefochten wird. Wenn bereits ein Prozessbevollmächtigter für den höheren Rechtszug bestellt ist, ist der Schriftsatz diesem zuzustellen. Der Partei ist selbst zuzustellen, wenn sie einen Prozessbevollmächtigten nicht bestellt hat.

(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit dem Tag nach der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit dem Tag nach der Eröffnung oder Verkündung.

(2) Eine nach Tagen bestimmte Frist endet mit dem Ablauf ihres letzten Tages, eine nach Wochen oder Monaten bestimmte Frist mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Fehlt dem letzten Monat der entsprechende Tag, so endet die Frist mit dem Monat.

(3) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktags.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat. Der Beschluß, der die Wiedereinsetzung bewilligt, ist unanfechtbar.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.