Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 06. Aug. 2018 - L 11 AS 712/18 NZB

bei uns veröffentlicht am06.08.2018
vorgehend
Sozialgericht Würzburg, S 18 AS 475/17, 01.06.2018

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 01.06.2018 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

Streitig ist zuletzt noch die Anrechnung von Einkommen der Mutter des Klägers auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Monate Juni (87,13 €), Juli (87,13 €) und August (87,19 €) 2017.

Der 1999 geborene Kläger lebte bis 01.09.2017 in einer Bedarfsgemeinschaft mit seiner Mutter im Zuständigkeitsbereich der Beklagten. Ab 01.06.2017 nahm sie am T. eine bis 31.12.2017 befristete geringfügige Tätigkeit auf (Verdienst brutto: 405,00 €, für Kost und Logis wurden 290,52 € monatlich vom Lohn abgezogen). Ab 06.07.2017 besuchte sie einen Integrationskurs in der Nähe des T.s. Zum 01.10.2017 meldete sie sich mit Erstwohnsitz am T. an, wo sie zuvor bereits mit Zweitwohnsitz gemeldet gewesen war.

Mit Änderungsbescheid vom 16.06.2018 bewilligte die Beklagte vorläufig Alg II für die Zeit vom 01.06.2017 bis 31.01.2018 an den Kläger sowie seine Mutter unter Anrechnung des damals noch nicht genau bekannten Einkommens der Mutter. Dagegen erhob auch der Kläger Widerspruch, da bei ihm ein Teil des zu berücksichtigenden Einkommens der Mutter als Einkommen angerechnet wurde.

Nach Aufhebung der Leistungsbewilligung an die Mutter wegen Wohnsitzverlegung zum T. ab 01.09.2017 bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 03.08.2017 endgültig Alg II für die Zeit vom 01.09.2017 bis 31.01.2018 ohne Annahme des Bestehens einer Bedarfsgemeinschaft mit der Mutter und damit ohne Anrechnung deren Einkommens und Übernahme der gesamten Unterkunfts- und Heizungskosten. Für Juni 2017 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 21.11.2017 die Leistungen endgültig und forderte eine Überzahlung in Höhe von 82,01 € zurück.

Dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 16.06.2018 gab die Beklagte teilweise statt. Sie berücksichtigte die von der Mutter des Klägers aufgrund ihres geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses zu zahlenden Rentenversicherungsbeiträge als Absetzbetrag. Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch hinsichtlich der als Absetzbeträge vom Einkommen zu berücksichtigenden Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung und damit auch der Verpflegungsmehraufwendungen zurück. Für das Widerspruchsverfahren würden keine Kosten erhoben werden (Teilabhilfebescheid vom 25.09.2017). Der Mutter des Klägers sei ein Umzug zum T. bereits ab Beginn der geringfügigen Beschäftigung zumutbar gewesen, so dass die Kosten der doppelten Haushaltsführung nicht vom Einkommen absetzbar seien. Absetzungen für „Spesen“ könnten bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen nicht berücksichtigt werden.

Dagegen hat unter anderem der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben. Nachdem ein Umzug während der Probezeit nicht zumutbar sei, seien die Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung und Verpflegung als Absetzbeträge vom Einkommen zu berücksichtigen, so dass kein Einkommen mehr anrechenbar sei. Das SG hat mit Urteil vom 01.06.2018 die Klage abgewiesen. Der Mutter des Klägers sei ein Umzug zum T. von Anfang an zumutbar gewesen. Sie sei auch tatsächlich im Oktober 2017 umgezogen. Damit seien die Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung nicht als Absetzbetrag zu berücksichtigen. Die Berufung hat das SG nicht zugelassen.

Dagegen hat der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) erhoben und eine grundsätzliche Bedeutung der Angelegenheit hinsichtlich der Frage der einkommensmindernden Berücksichtigung der Kosten für eine doppelte Haushaltsführung und der Zumutbarkeit eines Umzuges geltend gemacht. Insbesondere zur Frage der Zumutbarkeit eines Umzuges bei einem geringfügigen und befristeten Beschäftigungsverhältnis gebe es keine Rechtsprechung.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 145 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, sachlich aber nicht begründet. Es gibt keinen Grund, die gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG wegen des Wertes des Beschwerdegegenstandes ausgeschlossene Berufung zuzulassen. Der Beschwerdewert wird nicht erreicht. Auch sind nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).

Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage abstrakter Art aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern, wobei ein Individualinteresse nicht genügt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer/ Schmidt, SGG, 12.Auflage, § 144 RdNr. 28). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, die sich nach der Gesetzeslage und dem Stand der Rechtsprechung und Literatur nicht ohne weiteres beantworten lässt. Nicht klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn die Antwort auf sie so gut wie unbestritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr. 17) oder praktisch von vornherein außer Zweifel steht (BSG SozR 1500 § 160a Nr. 4).

Vorliegend ist eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht zu erkennen. Hinsichtlich der Frage, welche Beträge vorliegend vom Einkommen der Mutter abzusetzen sind, regelt § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB II, dass die notwendigen Ausgaben hierunter fallen. Zur Auslegung der Frage, welche Aufwendungen notwendig sind, sind in einem ersten Schritt die steuerrechtlichen Grundsätze heranzuziehen und in einem zweiten Schritt ist zu hinterfragen, ob sich aus dem SGB II geltenden Grundsätze Besonderheiten ergeben (Schmidt in Eicher/Luik, SGB II, 4. Auflage, § 11b RdNr. 23). Zu diesen notwendigen Ausgaben gehören unstreitig auch die Kosten der doppelten Haushaltsführung, soweit im Einzelfall ein Umzug nicht zumutbar ist. Streitig ist daher vorliegend allein die Frage, wann ein Umzug zumutbar ist. Die Entscheidung, ob es sich um notwendige Aufwendungen handelt, d. h. ob vorliegend ein Umzug nicht zumutbar ist, stellt aber eine auf die Besonderheiten des Einzelfalles abstellende Einzelfallentscheidung dar, deren Klärung nicht im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (Leitherer a.a.O.). Es handelt sich bei der Frage der Notwendigkeit der Aufwendungen wie auch vorliegend bei der Frage der Zumutbarkeit eines Umzuges um unbestimmte Rechtsbegriffe, die jeweils auf den konkreten Einzelfall anzuwenden sind. Das SG ist dabei unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles (u.a. Alter des Klägers, nur eine Familienheimfahrt, Besuch eines Integrationskurses in der Nähe des Beschäftigungsortes etc., aber auch des befristeten Beschäftigungsverhältnisses) davon ausgegangen, dass der Mutter des Klägers von Anfang an ein Umzug zumutbar gewesen sei und damit die Kosten der doppelten Haushaltsführung inklusive der Verpflegungsmehraufwendungen nicht als notwendige Aufwendungen abzusetzen seien. Auf die Frage der Anwendbarkeit der Regelung über „Spesen“ auf geringfügige Beschäftigungsverhältnisse - wie von der Beklagten vorgenommen - war daher nicht einzugehen. Das SG ist daher zurecht davon ausgegangen, dass auf die jeweilige konkrete Situation abzustellen ist, wenn es einen von Anfang an zumutbaren Umzug in vorliegenden Einzelfall gerade wegen des Vorgehens der Mutter des Klägers annimmt.

Ein (bewusstes) Abweichen des SG von der obergerichtlichen Rechtsprechung ist ebenfalls nicht ersichtlich. Zwar handelt es sich bei dem - trotz der unzutreffenden Kostenentscheidung - als Widerspruchsbescheid auszulegenden Teilabhilfebescheid vom 25.09.2017 weiterhin um eine vorläufige Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01.06.2017 bis 31.08.2017; für die Zeit ab 01.09.2017 erhielt der Kläger endgültige Leistungen ohne Berücksichtigung des Vorliegens einer Bedarfsgemeinschaft und damit ohne Berücksichtigung des Einkommens der Mutter (Bescheid vom 03.08.2017). Der „Teilabhilfebescheid“ vom 25.09.2017 enthält nämlich keine endgültige Regelung für die Zeit vom 01.07.2017 bis 31.08.2017, denn im Rahmen der Begründung ist darin ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass eine endgültige Entscheidung noch zu treffen sei. Für Juni 2017 wurde mit Bescheid vom 22.11.2017 eine abschließende Regelung getroffen, die entsprechend der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 05.07.2017 - B 14 AS 36/16 R - veröffentlicht in juris) Gegenstand des Widerspruchsverfahrens bzw. -wie vorliegenddes Klageverfahrens gemäß § 96 SGG geworden ist und über die das SG mit zu entscheiden gehabt hätte. Dabei ist nicht zu erkennen, ob die Beklagte diesen Bescheid vom 22.11.2017 dem SG zusammen mit den Akten übermittelt hat. Zudem beruht das Urteil des SG nicht auf dieser Nichteinbeziehung dieses Bescheides, denn in materiell-rechtlicher Hinsicht hätte sich hierdurch am Urteil nichts geändert.

Verfahrensmängel werden vom Kläger nicht geltend gemacht und sind für den Senat auch nicht ersichtlich.

Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 96


(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. (2) Eine Abschrift des neuen Ver

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 11b Absetzbeträge


(1) Vom Einkommen abzusetzen sind1.auf das Einkommen entrichtete Steuern,2.Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung,3.Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, s

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Bundessozialgericht Urteil, 05. Juli 2017 - B 14 AS 36/16 R

bei uns veröffentlicht am 05.07.2017

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 13. September 2016 wird zurückgewiesen.

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(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Vom Einkommen abzusetzen sind

1.
auf das Einkommen entrichtete Steuern,
2.
Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung,
3.
Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind; hierzu gehören Beiträge
a)
zur Vorsorge für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit für Personen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht versicherungspflichtig sind,
b)
zur Altersvorsorge von Personen, die von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind,
soweit die Beiträge nicht nach § 26 bezuschusst werden,
4.
geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 des Einkommensteuergesetzes, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86 des Einkommensteuergesetzes nicht überschreiten,
5.
die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben,
6.
für Erwerbstätige ferner ein Betrag nach Absatz 3,
7.
Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen bis zu dem in einem Unterhaltstitel oder in einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festgelegten Betrag,
8.
bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, deren Einkommen nach dem Vierten Abschnitt des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder nach § 67 oder § 126 des Dritten Buches bei der Berechnung der Leistungen der Ausbildungsförderung für mindestens ein Kind berücksichtigt wird, der nach den Vorschriften der Ausbildungsförderung berücksichtigte Betrag.
Bei der Verteilung einer einmaligen Einnahme nach § 11 Absatz 3 Satz 4 sind die auf die einmalige Einnahme im Zuflussmonat entfallenden Beträge nach den Nummern 1, 2, 5 und 6 vorweg abzusetzen.

(2) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die erwerbstätig sind, ist anstelle der Beträge nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 ein Betrag von insgesamt 100 Euro monatlich von dem Einkommen aus Erwerbstätigkeit abzusetzen. Beträgt das monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit mehr als 400 Euro, gilt Satz 1 nicht, wenn die oder der erwerbsfähige Leistungsberechtigte nachweist, dass die Summe der Beträge nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 den Betrag von 100 Euro übersteigt.

(2a) § 82a des Zwölften Buches gilt entsprechend.

(2b) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist anstelle der Beträge nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 der Betrag nach § 8 Absatz 1a des Vierten Buches von dem Einkommen aus Erwerbstätigkeit abzusetzen bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die

1.
eine nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung durchführen,
2.
eine nach § 57 Absatz 1 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung, eine nach § 51 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähige berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme oder eine nach § 54a des Dritten Buches geförderte Einstiegsqualifizierung durchführen,
3.
einem Freiwilligendienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder dem Jugendfreiwilligendienstegesetz nachgehen oder
4.
als Schülerinnen und Schüler allgemein- oder berufsbildender Schulen außerhalb der in § 11a Absatz 7 genannten Zeiten erwerbstätig sind; dies gilt nach dem Besuch allgemeinbildender Schulen auch bis zum Ablauf des dritten auf das Ende der Schulausbildung folgenden Monats.
Bei der Anwendung des Satzes 1 Nummer 3 gilt das Taschengeld nach § 2 Nummer 4 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes und nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Jugendfreiwilligendienstegesetzes als Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Bei Leistungsberechtigten, die das 25. Lebensjahr vollendet haben, tritt in den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 an die Stelle des Betrages nach § 8 Absatz 1a des Vierten Buches der Betrag von 250 Euro monatlich. Sofern die unter Satz 1 Nummer 1 bis 4 genannten Personen die in § 11a Absatz 3 Satz 2 Nummer 3 bis 5 genannten Leistungen, Ausbildungsgeld nach dem Dritten Buch oder einen Unterhaltsbeitrag nach § 10 Absatz 2 des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes erhalten, ist von diesen Leistungen für die Absetzbeträge nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 ein Betrag in Höhe von mindestens 100 Euro abzusetzen, wenn die Absetzung nicht bereits nach Satz 1 oder nach Absatz 2 Satz 1 erfolgt ist. Satz 4 gilt auch für Leistungsberechtigte, die das 25. Lebensjahr vollendet haben.

(3) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die erwerbstätig sind, ist von dem monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit ein weiterer Betrag abzusetzen. Dieser beläuft sich

1.
für den Teil des monatlichen Erwerbseinkommens, der 100 Euro übersteigt und nicht mehr als 520 Euro beträgt, auf 20 Prozent,
2.
für den Teil des monatlichen Erwerbseinkommens, der 520 Euro übersteigt und nicht mehr als 1 000 Euro beträgt, auf 30 Prozent und
3.
für den Teil des monatlichen Erwerbseinkommens, der 1 000 Euro übersteigt und nicht mehr als 1 200 Euro beträgt, auf 10 Prozent.
Anstelle des Betrages von 1 200 Euro tritt für erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die entweder mit mindestens einem minderjährigen Kind in Bedarfsgemeinschaft leben oder die mindestens ein minderjähriges Kind haben, ein Betrag von 1 500 Euro. In den Fällen des Absatzes 2b ist Satz 2 Nummer 1 nicht anzuwenden.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 13. September 2016 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits für beide Rechtszüge zur Hälfte zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Statthaftigkeit eines Widerspruchs gegen die eine vorläufige Entscheidung ersetzende abschließende Entscheidung für Januar 2014.

2

Das beklagte Jobcenter bewilligte dem Kläger unter Verweis auf den insoweit noch offenen Heizkostenabschlag für Januar 2014 Alg II zunächst vorläufig vom 1.10.2013 bis 31.1.2014 (Bescheid vom 25.9.2013). Den gegen diesen Bescheid insgesamt vom Kläger eingelegten Widerspruch erfasste der Beklagte als Widerspruchsverfahren W 1247/13. Während dieses Widerspruchsverfahrens bewilligte er dem Kläger für Januar 2014 höheres Alg II und berücksichtigte hierdurch die Regelbedarfserhöhung ab 1.1.2014 (Änderungsbescheid vom 23.11.2013). Anschließend bewilligte der Beklagte dem Kläger während dieses Widerspruchsverfahrens für Januar 2014 höheres Alg II als zuletzt durch den Bescheid vom 23.11.2013 bewilligt, den er insoweit aufhob, und berücksichtigte hierbei neben der Regelbedarfserhöhung den neuen Heizkostenabschlag (Änderungsbescheid vom 12.12.2013). In dem das Widerspruchsverfahren W 1247/13 beendenden Widerspruchsbescheid vom 18.12.2013 stellte der Beklagte ua fest, "dass sich der Widerspruch gegen die vorläufige Bewilligung in dem Bescheid vom 25.09.2013 nach Erteilung des Änderungsbescheides vom 12.12.2013 für den Monat Januar 2014 erledigt hat". Zur Begründung verwies er darauf, dass durch den Bescheid vom 12.12.2013 die Leistungen des Klägers für Januar 2014 endgültig festgesetzt worden seien, wodurch sich die vorläufige Bewilligung durch Bescheid vom 25.9.2013 erledigt habe, weshalb insoweit eine Entscheidung in der Sache nicht mehr ergehen könne. Die Klage gegen diesen - auch andere Zeiträume betreffenden - Widerspruchsbescheid ist noch am SG anhängig (S 12 AS 59/14).

3

Den gegen den Bescheid vom 12.12.2013 eingelegten Widerspruch erfasste der Beklagte als Widerspruchsverfahren W 105/14 und verwarf ihn als unzulässig, weil verfristet (Widerspruchsbescheid vom 26.3.2014). Der Widerspruch sei zwar statthaft, wahre aber die Monatsfrist des § 84 SGG nicht.

4

Die Klage gegen den Bescheid vom 12.12.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.3.2014 mit dem Begehren nach höherem Alg II für Januar 2014 hat das SG unter Zulassung der Berufung abgewiesen (Urteil vom 13.9.2016): Die Verwerfung des Widerspruchs als unzulässig sei im Ergebnis zu Recht erfolgt, weil die abschließende Entscheidung über Alg II für Januar 2014 durch Bescheid vom 12.12.2013 nach § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen die vorläufige Entscheidung durch Bescheid vom 25.9.2013 geworden und darüber durch den hierauf ergangenen Widerspruchsbescheid vom 18.12.2013 entschieden worden sei. Auf Antrag des Klägers und mit Zustimmung des Beklagten ließ das SG die Sprungrevision gegen sein Urteil zu (Beschluss vom 7.11.2016).

5

Mit seiner Sprungrevision rügt der Kläger eine Verletzung von § 86 SGG. Der Bescheid vom 12.12.2013 sei nicht Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 25.9.2013 geworden, denn der endgültige Leistungsbescheid vom 12.12.2013 sei ein neuer, ersetzender Verwaltungsakt und ändere den vorläufigen Leistungsbescheid vom 25.9.2013 nicht nur iS des § 86 SGG ab. § 86 SGG erfasse indes, anders als § 96 SGG, nach seinem Wortlaut nur Verwaltungsakte, die im Widerspruchsverfahren streitige Verwaltungsakte abänderten. Der danach statthafte Widerspruch sei auch nicht verfristet gewesen.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 13. September 2016 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung des Bescheids vom 12. Dezember 2013 und Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 26. März 2014 zu verurteilen, ihm für Januar 2014 höheres Arbeitslosengeld II zu zahlen.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er schließt sich dem Revisionsvorbringen zur Statthaftigkeit des Widerspruchs an, hält den Widerspruch indes für verfristet.

Entscheidungsgründe

9

Die Sprungrevision des Klägers ist zulässig, aber unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Das SG hat zu Recht seine Klage gegen den Bescheid vom 12.12.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.3.2014 abgewiesen, weil auf diese nicht über die Höhe des Anspruchs des Klägers auf Alg II im Januar 2014 zu entscheiden war.

10

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind neben dem Urteil des SG der Bescheid des Beklagten vom 12.12.2013 und der Widerspruchsbescheid vom 26.3.2014, durch den der Widerspruch des Klägers als unzulässig, weil verfristet verworfen worden war. Der Kläger verfolgt in der Revisionsinstanz sein Begehren nach höherem Alg II für Januar 2014 weiter.

11

2. Die Sprungrevision ist zulässig. Nach § 161 Abs 1 Satz 1 SGG steht den Beteiligten die Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie vom SG im Urteil oder auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird. Das SG hat auf Antrag des Klägers die Sprungrevision durch Beschluss vom 7.11.2016 zugelassen. Hieran ist der Senat gebunden (§ 161 Abs 2 Satz 2 SGG).

12

3. Über das vom Kläger verfolgte Begehren nach höherem Alg II für Januar 2014 ist dem Senat eine Sachentscheidung verwehrt, weil dieses Begehren nicht in zulässiger Weise im vorliegenden Verfahren eingeklagt werden konnte.

13

Zwar hat der Beklagte durch den angefochtenen Bescheid vom 12.12.2013 über den Leistungsanspruch des Klägers im Januar 2014 eine abschließende Entscheidung getroffen, nachdem er zunächst durch Bescheid vom 25.9.2013 ua für Januar 2014 eine vorläufige Entscheidung getroffen hatte (dazu a). Der Bescheid vom 12.12.2013 war indes kraft Gesetzes Gegenstand des gegen den Bescheid vom 25.9.2013 geführten Widerspruchsverfahrens W 1247/13 geworden, weshalb das spätere, dem vorliegenden Verfahren vorangegangene Widerspruchsverfahren W 105/14, das durch den Widerspruchsbescheid vom 26.3.2014 endete, unstatthaft und in ihm eine Sachentscheidung über das Leistungsbegehren des Klägers nicht zu treffen war (dazu b). Auf die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage der Fristgemäßheit dieses unstatthaften Widerspruchs kommt es nicht an.

14

a) Der Bescheid vom 12.12.2013 enthält ungeachtet seiner Bezeichnung als Änderungsbescheid eine abschließende Entscheidung über den Leistungsanspruch des Klägers im Januar 2014 (zu den Anforderungen an die Auslegung eines Änderungsbescheids als eine "abschließende Entscheidung" vgl BSG vom 29.4.2015 - B 14 AS 31/14 R - SozR 4-4200 § 40 Nr 9 RdNr 26; zur Bescheidauslegung, die auch dem Revisionsgericht obliegt, vgl BSG vom 28.6.1990 - 4 RA 57/89 - BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11). Denn der Bescheid knüpft an den im Bescheid vom 25.9.2013 genannten Vorläufigkeitsgrund an, bewilligt höhere Leistungen und setzt deren Höhe insgesamt fest.

15

Diese abschließende Entscheidung durch Bescheid vom 12.12.2013 ersetzte und erledigte mit ihrem Erlass iS des § 39 Abs 2 SGB X die vorläufige Entscheidung über den Leistungsanspruch des Klägers im Januar 2014 durch Bescheid vom 25.9.2013 (vgl § 40 SGB II iVm § 328 SGB III; seit 1.8.2016: § 41a SGB II), ohne dass es einer Aufhebung oder Änderung dieser vorläufigen Entscheidung bedurft hätte (stRspr; vgl nur BSG vom 22.8.2012 - B 14 AS 13/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 64 RdNr 12; BSG vom 26.7.2016 - B 4 AS 54/15 R - SozR 4-4225 § 1 Nr 3 RdNr 14).

16

b) Dieser Bescheid vom 12.12.2013 war kraft Gesetzes Gegenstand des gegen den Bescheid vom 25.9.2013 geführten Widerspruchsverfahrens W 1247/13 geworden.

17

Gegen die vorläufige Entscheidung durch Bescheid vom 25.9.2013 hatte der Kläger Widerspruch eingelegt, über den der Beklagte bei Erlass seiner abschließenden Entscheidung durch Bescheid vom 12.12.2013 noch nicht entschieden hatte. Die vorläufige Entscheidung über Leistungen für Januar 2014 war aufgrund ihrer Erledigung durch die abschließende Entscheidung nicht mehr Gegenstand des Widerspruchsverfahrens. Doch war aufgrund von § 86 SGG der den Bescheid vom 25.9.2013 insoweit ersetzende und erledigende Bescheid vom 12.12.2013 Gegenstand des laufenden, gegen den Bescheid vom 25.9.2013 geführten Widerspruchsverfahrens geworden, das durch den Widerspruchsbescheid vom 18.12.2013 endete.

18

Nach seinem Wortlaut erfasst § 86 SGG zwar nur Bescheide, durch die während des Widerspruchsverfahrens der angefochtene Verwaltungsakt abgeändert wird, und bestimmt, dass auch der neue Bescheid Gegenstand des Widerspruchsverfahrens wird. Dies unterscheidet den für das Widerspruchsverfahren geltenden § 86 SGG von dem für das gerichtliche Verfahren geltenden § 96 Abs 1 SGG, der nach seinem Wortlaut nach Erlass des Widerspruchsbescheids ergangene Bescheide erfasst, durch die der angefochtene Verwaltungsakt abgeändert oder ersetzt wird, und bestimmt, dass nach Klageerhebung der neue Bescheid Gegenstand des Klageverfahrens wird.

19

Dies steht indes der Einbeziehung des Bescheids vom 12.12.2013 in das laufende Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 25.9.2013 nicht entgegen. Denn eine Abänderung iS des § 86 SGG ist auch die Ersetzung eines mit Widerspruch angefochtenen Bescheids - wie hier die Ersetzung der vorläufigen durch die abschließende Entscheidung über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für Januar 2014. Die für das Widerspruchsverfahren geltende Vorschrift des § 86 SGG ist insoweit in Entsprechung zu der für das gerichtliche Verfahren geltenden Vorschrift des § 96 Abs 1 SGG dahin auszulegen, dass jene ebenso wie diese nicht nur abändernde, sondern auch ersetzende Verwaltungsakte in das laufende Verfahren einbezieht.

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Diese Auslegung ist mit dem aufgezeigten Wortlautunterschied vereinbar, weil sich zum einen unter einer Abänderung eines Bescheids auch dessen Ersetzung verstehen lässt (vgl zum Ersetzen als "radikalste Form" des Abänderns Bayerisches LSG vom 2.12.2011 - L 16 AS 877/11 B ER - juris RdNr 34). Dafür, § 86 SGG so zu verstehen, wie § 96 Abs 1 SGG formuliert ist, streitet zum anderen und entscheidend der Sinn und Zweck, der prägend sowohl für das Verhältnis von vorläufiger und abschließender Entscheidung als auch für §§ 86 und 96 SGG ist, nämlich den Beteiligten in verfahrens- und prozessökonomischer Weise eine möglichst baldige und endgültige Klärung ihrer Rechtsbeziehung zu verschaffen(vgl BSG vom 19.8.2015 - B 14 AS 13/14 R - BSGE 119, 265 = SozR 4-4200 § 22 Nr 86, RdNr 16; zur Effektivierung des Rechtsschutzes und Prozessökonomie vgl B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 86 RdNr 2, § 96 RdNr 1a).

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Vor diesem Hintergrund ist prägend für die Auslegung des § 86 SGG nicht, ob und ggf wie sich die Bedeutung der Wörter "abändern" und "ersetzen" voneinander abgrenzen lässt, sondern dessen Ziel der Verfahrensökonomie: Wird zu der mit einem Widerspruch angefochtenen Regelung - hier die Bewilligung von Leistungen für Januar 2014 - im laufenden Widerspruchsverfahren eine weitere Regelung getroffen - ob abändernd, ändernd, anpassend, aufhebend oder ersetzend -, ist im laufenden Widerspruchsverfahren auch über diese weitere Regelung zu entscheiden, wenn sie die Beschwer nicht beseitigt. Zu diesem Ziel stände es in Widerspruch, wenn ein gegen eine vorläufige Entscheidung über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts geführtes Widerspruchsverfahren durch den Erlass der abschließenden Entscheidung unzulässig würde und ein neues Widerspruchsverfahren gegen die abschließende Entscheidung über diese Leistungen eingeleitet werden müsste, obwohl im bereits laufenden Widerspruchsverfahren zwischen denselben Beteiligten für denselben Zeitraum über den Anspruch auf Leistungen gestritten wird und das Jobcenter ohne Weiteres alle in diesem Rechtsverhältnis bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids ergangenen Entscheidungen über Leistungen überprüfen kann und muss (vgl hierzu BSG vom 17.6.2008 - B 8 AY 11/07 R - juris, RdNr 10; BSG vom 9.12.2016 - B 8 SO 14/15 R - juris, RdNr 11).

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Die Anwendung des § 86 SGG auf nicht nur abändernde, sondern auch auf ersetzende Verwaltungsakte insoweit in Entsprechung zu § 96 Abs 1 SGG ist danach angezeigt, weil die Abänderung und Ersetzung eines Bescheids nicht nur sprachlich, sondern vor dem Hintergrund des Regelungsziels auch in der Sache vergleichbar sind(vgl BSG vom 17.6.2008 - B 8 AY 11/07 R - juris, RdNr 10; BSG vom 19.11.2009 - B 13 R 113/08 R - SozR 4-2600 § 307b Nr 10 RdNr 12; BSG vom 14.4.2011 - B 8 SO 12/09 R - juris, RdNr 11 ; BSG vom 4.3.2014 - B 1 KR 64/12 R - BSGE 115, 158 = SozR 4-2500 § 186 Nr 4, RdNr 9; BSG vom 9.12.2016 - B 8 SO 14/15 R - juris, RdNr 11 § 86 sgg zum 2008 geänderten § 96 sgg>; LSG Baden-Württemberg vom 28.10.2013 - L 13 AS 437/13 B - juris RdNr 7; SG Neubrandenburg vom 28.4.2016 - S 6 SO 1/13 - juris RdNr 12 ff; J. Becker in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 86 RdNr 11; Behrend in Hennig, SGG, § 86 RdNr 1, 6, Stand Oktober 2013; Binder in Lüdtke/Berchtold, SGG, 5. Aufl 2017, § 86 RdNr 2; Breitkreuz in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 86 RdNr 3; B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 86 RdNr 3; aA SG Berlin vom 16.5.2012 - S 205 AS 11726/09 - juris RdNr 35, 37; SG Berlin vom 19.11.2014 - S 30 R 1853/13 - juris RdNr 24 ff; strenger auch SG Dresden vom 18.5.2015 - S 48 AS 1942/13 - juris RdNr 22 ff; Hintz in BeckOK-SGG, § 86 vor RdNr 1, RdNr 1, Stand März 2017, der indes in RdNr 3 eine Ersetzung als Änderung versteht). Diese entsprechende Anwendung ist zudem für die Ersetzung vorläufiger durch abschließende Entscheidungen über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts aus Gründen der Verfahrensökonomie auch sachlich geboten (vgl LSG Sachsen-Anhalt vom 24.6.2014 - L 4 AS 55/12 - juris RdNr 18 ff; LSG Nordrhein-Westfalen vom 11.3.2015 - L 19 AS 240/15 NZB - juris RdNr 19; LSG Berlin-Brandenburg vom 10.11.2016 - L 20 AS 2378/15 - juris RdNr 44 ff; zur Anwendbarkeit des § 86 SGG in diesen Fällen vgl auch Aubel in jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 40 RdNr 75.2; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 40 RdNr 377, Stand Juni 2012; Wehrhahn in Estelmann, SGB II, § 40 RdNr 108, Stand Dezember 2011).

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4. Damit war über den die Höhe des Leistungsanspruchs des Klägers im Januar 2014 regelnden Bescheid vom 12.12.2013 in dem Widerspruchsverfahren zu entscheiden, das durch den Widerspruchsbescheid vom 18.12.2013 endete. Nicht dieser ist indes vorliegend mit der Klage angefochten, sondern der Widerspruchsbescheid vom 26.3.2014. Der Widerspruchsbescheid vom 18.12.2013 ist Gegenstand eines noch am SG anhängigen Klageverfahrens.

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5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. Die hälftige Kostenerstattungspflicht des Beklagten berücksichtigt, dass er durch seine unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid vom 12.12.2013 - Widerspruch - und seine Verfahrensweise - Feststellung der Erledigung des Widerspruchs für Januar 2014 im Widerspruchsbescheid vom 18.12.2013 - das vorliegende Verfahren mit veranlasst hat. Denn der Beklagte hat es unterlassen, den Kläger auf die Erledigung der vorläufigen durch die abschließende Entscheidung während des gegen die vorläufige Entscheidung geführten Widerspruchsverfahrens und auf die Einbeziehung der abschließenden Entscheidung in das laufende Widerspruchsverfahren kraft Gesetzes nach § 86 SGG vor der Entscheidung über den Widerspruch hinzuweisen, um diesem im Sinne der bezweckten Verfahrensökonomie Gelegenheit zur sachgerechten Fortführung des Widerspruchsverfahrens zu geben.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.