Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 11. Sept. 2017 - L 11 AS 511/17 NZB

bei uns veröffentlicht am11.09.2017

Tenor

I. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 02.03.2017 - S 17 AS 886/14 - wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu erstatten.

Gründe

I.

Streitig ist im Rahmen des Beschwerdeverfahrens die Übernahme um 85,20 € monatlich höherer Unterkunfts- und Heizungskosten durch den Beklagten für die Zeit vom 01.08.2014 bis 30.11.2014.

Die Kläger beziehen im Rahmen einer Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Beklagten. Heizmaterial wird von ihnen selbst beschafft. Die tatsächlichen Unterkunftskosten samt kalter Nebenkosten betragen 460,00 €. Der Beklagte berücksichtigte diesbezüglich zunächst den Wert der Wohngeldtabelle zuzüglich 10%, somit 387,20 €.

Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 27.04.2014 hin bewilligte der Beklagte Alg II für die Zeit vom 01.06.2014 bis 30.11.2014, wobei er als reine Unterkunftskosten für die Zeit ab August 2014 lediglich 309,00 € monatlich als aufgrund eines schlüssigen Konzeptes festgestellter Mietobergrenze berücksichtigte (Bescheid vom 30.05.2014 in der Fassung der Bescheide vom 17.07.2014, der Bescheide vom 14.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2014 sowie des Bescheides vom 15.01.2015, im Rahmen dessen die reinen Unterkunftskosten ab 01.08.2014 von zunächst 302,00 € auf 309,00 € monatlich erhöht wurden). Heizkosten fielen in diesem Zeitraum nicht an. Mit weiterem Bescheid vom 14.08.2014 in der Fassung des Bescheides vom 15.01.2015, den der Beklagte nicht an das SG übersandt hatte, bewilligte der Beklagte zudem Leistungen auch für die Zeit vom 01.12.2014 bis 31.01.2015 (Unterkunftskosten dabei in Höhe von 309,00 €). Wegen der Zeit vom 01.12.2014 bis 31.01.2015 stellten die Kläger einen Antrag gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).

Gegen den Bescheid vom 30.05.2014 in der Fassung der Bescheide vom 17.07.2014 und 14.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2014 haben die Kläger Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben und höhere Unterkunftskosten für die Zeit vom 01.08.2014 bis 30.11.2014 begehrt. Das SG hat nach Beiziehung der Indexfortschreibung des schlüssigen Konzeptes von 2012 mit Urteil vom 02.03.2017 den Beklagten verurteilt, für die Zeit vom 01.08.2014 bis 30.11.2014 monatlich um 85,20 € höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zu bezahlen. Die Kläger hätten einen Anspruch auf Unterkunfts- und Heizungskosten in Höhe von 387,20 € monatlich für die Zeit vom 01.08.2014 bis 30.11.2014. Vorliegend entspreche das der Indexfortschreibung zugrunde liegende Konzept des Beklagten aus Dezember 2013 nicht den Anforderungen des Bundessozialgerichts (BSG) an die Festlegung eines Vergleichsraums, wenn innerhalb dieses Vergleichsraums noch eine Clusterbildung stattfinde, wobei diese Clusterbildung nicht der Vergleichsraumbildung dienen solle. Nach der Rechtsprechung des BSG müsse ein schlüssiges Konzept bei grundsätzlicher Methodenfreiheit bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Insbesondere dürfe die Datenerhebung ausschließlich in den genau eingegrenzten und müsse über den gesamten Vergleichsraum erfolgen. Nachdem nach den Darlegungen zum Datenschutz im Konzept des Beklagten alle personenbezogenen Daten (Adressdaten) umgehend gelöscht worden seien, sei es dem Gericht auch nicht möglich, neue Vergleichsräume zu bilden und die vorhandenen Daten sodann diesen Vergleichsräumen zuzuordnen. Fehlten die Adressdaten, könne eine Zuordnung zu homogenen Räumen der Wohnbebauung naturgemäß im Nachhinein nicht mehr erfolgen. Bereits aus diesem Grund könne eine Indexfortschreibung des ursprünglichen Konzeptes nicht als schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung angesehen werden. Darüber hinaus bestünden erhebliche Zweifel an der Art der Fortschreibung. Die Berufung hat das SG nicht zugelassen.

Dagegen hat der Beklagte Nichtzulassungsbeschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) erhoben. Die Berufung sei zuzulassen, denn der Rechtsstreit habe grundsätzliche Bedeutung. Klärungsbedürftig sei, ob ein Gericht eigene Feststellungen zum Vergleichsraum treffen dürfe, wenn durch den Grundsicherungsträger/Landkreis bereits eine Festlegung des Vergleichsraumes erfolgt sei und ob die grundsätzliche Festlegung des Vergleichsraumes des Landkreises durch die Methodenfreiheit gedeckt sei. Klärungsbedürftig sei auch, ob für den Datenerhebungsraum der gesamte Landkreis den Vergleichsraum bilden könne, welche Bezugspunkte hinsichtlich der verkehrstechnischen Verbundenheit herzustellen seien, insbesondere ob auf Mittel-/Oberzentren abzustellen sei oder die gesamte Ost-West- bzw. Nord-Süd-Ausrichtung des Landkreises einzubeziehen sei, ob die vom BSG herausgearbeitete Definition für den Vergleichsraum auch auf Flächenlandkreise Anwendung finden könne oder ob eine abweichende Definition gewählt werden müsse und ob und unter welchen Voraussetzungen eine Indexfortschreibung eines schlüssigen Konzeptes möglich sei.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 145 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, sachlich aber nicht begründet. Es gibt keinen Grund, die gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG wegen des Wertes des Beschwerdegegenstandes ausgeschlossene Berufung zuzulassen. Der Beschwerdewert wird nicht erreicht. Auch sind nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Streitgegenstand ist auch der Bescheid vom 15.01.2015, den die Beklagte nicht an das SG übersandt hat. Die Kläger haben dabei aber den Streitgegenstand auf die Zeit bis 30.11.2014 ausdrücklich begrenzt. Nicht streitgegenständlich ist damit die Zeit vom 01.12.2014 bis 31.01.2015, denn die Kläger haben für diese Zeit im Rahmen des Rechtstreites keine höheren Leistungen begehrt. Zudem haben sie hinsichtlich der Zeit vom 01.12.2014 bis 31.01.2015 einen Antrag auf Überprüfung an den Beklagten gestellt. Über diesen Antrag ist noch nicht entschieden.

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).

Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage abstrakter Art aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern, wobei ein Individualinteresse nicht genügt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer/ Schmidt, SGG, 12.Aufl, § 144 RdNr. 28). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, die sich nach der Gesetzeslage und dem Stand der Rechtsprechung und Literatur nicht ohne weiteres beantworten lässt. Nicht klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn die Antwort auf sie so gut wie unbestritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr. 17) oder praktisch von vornherein außer Zweifel steht (BSG SozR 1500 § 160a Nr. 4).

Vom Beklagten wird im Wesentlichen allein eine grundsätzliche Bedeutung des Rechtsstreites geltend gemacht. Hinweise auf eine Abweichung des SG von der obergerichtlichen Rechtsprechung oder auf wesentliche Verfahrensfehler, auf denen das Urteil des SG beruhen kann, sind für den Senat auch nicht ersichtlich.

Die vom Beklagten aufgeworfenen Rechtsfragen sind allerdings vorliegend nicht klärungsbedürftig bzw. klärungsfähig. Die Rechtsfrage, ob ein Gericht eigene Festlegungen zum Vergleichsraum treffen könne, ist geklärt. Das BSG hat zuletzt mit Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R - (veröffentlicht in juris) ausgeführt, dass der Begriff der „Angemessenheit“ als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle unterliege. Dabei habe das damals zuständige Berufungsgericht bei der Festlegung des örtlich maßgebenden Vergleichsraumes die Vorgaben des BSG beachtet. Bereits hieraus wird deutlich, dass das BSG davon ausgeht, dass die Tatsachengerichte die Festlegungen zum Vergleichsraum zu überprüfen haben, dass also eine Prüfungspflicht der Tatsachengerichte hinsichtlich der Vergleichsraumbildung besteht. Sollte sich hierbei das Konzept bereits als unschlüssig erweisen, so wären weitere Ermittlungen unter Zuhilfenahme der den Beklagten vorliegenden Daten vorzunehmen und gegebenenfalls ein schlüssiges Konzept für für zutreffend gehaltene Vergleichsräume zu entwickeln. Erst wenn dies nicht möglich ist, könne auf die Wohngeldtabelle zurückgegriffen werden (vgl. hierzu auch die Ausführungen des BSG im Urteil vom 20.08.2009 - 14 AS 41/08 - veröffentlicht in juris).

Die Frage, welche Bezugspunkte hinsichtlich verkehrstechnischer Verbundenheit herzustellen sind und ob die vom BSG herausgearbeitete Definition für den Vergleichsraum auch auf Flächenlandkreise Anwendung finden könne oder ob eine abweichende Definition gewählt werden müsse, ist ebenfalls bereits durch das Urteil des BSG vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R - geklärt. Nach dieser Rechtsprechung ist bei der Festlegung der Raumschaft „Umland F“ der Vergleichsraum aufgrund räumlicher Nähe, mit zusammenhängender Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit festgelegt worden. Der Vergleichsraum müsse insgesamt betrachtet einen homogenen Lebens- und Wohnbereich darstellen. Damit aber hat sich das BSG bereits zur Festlegung des Vergleichsraumes in einem Flächenlandkreis geäußert.

Die Frage, ob für den Datenerhebungsraum der gesamte Landkreis den Vergleichsraum bilden könne, stellt keine klärungsbedürftige Rechtsfrage dar. Dies hängt jeweils von den Verhältnissen im jeweiligen Landkreis und damit von der Bildung des Vergleichsraumes ab.

Die Rechtsfrage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Indexfortschreibung zur Fortschreibung eines schlüssigen Konzeptes möglich sei, ist vorliegend nicht klärungsfähig, wenn bereits das dieser Indexfortschreibung zugrunde liegende Konzept nicht schlüssig ist.

Nachdem im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens auch keine Hinweise vom Beklagten daraufhin gegeben worden sind, dass noch entsprechendes Datenmaterial entgegen der Ausführungen im Konzept vorhanden sei ( vgl zum Ganzen auch die Beschlüsse des Senates vom 28.03.2017 - L 11 AS 201/17 NZB - und vom 04.07.2016 - L 11 AS 369/16 NZB - veröffentlicht in juris), ist die Nichtzulassungsbeschwerde mit der Folge zurückzuweisen, dass das Urteil des SG rechtskräftig ist (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

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Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

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(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbrach

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Tenor

I. Der Beklagte wird verurteilt, den Klägern unter Abänderung des Bescheides vom 14.08.2014 und des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2014 für den Zeitraum vom 01.08.2014 bis 30.11.2014 monatlich um 85,20 € höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zu bezahlen.

II. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II - Grundsicherung für Arbeitsuchende) im Zeitraum 01.08.2014 bis 30.11.2014 unter dem Gesichtspunkt der Kosten für Unterkunft.

Die Kläger bezogen zunächst getrennt voneinander Leistungen nach dem SGB II beim Beklagten; seit 01.04.2013 werden sie vom Beklagten als Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. c SGB II geführt.

Der Kläger zu 1 hatte am 25.06.2012 einen Mietvertrag über nicht näher bezeichnete Räume im Haus M. Str., K., mit Mietbeginn 01.07.2012 abgeschlossen. Hierfür sollten eine Nettokaltmiete in Höhe von 180,00 € sowie Betriebskosten in Höhe von 70,00 € entrichtet werden; Heizmittel (Holz und Kohle) sollten durch den Kläger zu 1 selbst erfolgen. Die Mietzahlung sollte aufgrund selbst vorzunehmender Renovierungsarbeiten durch den Kläger zu 1 erst am 01.11.2012 beginnen. Der Kläger zu 2 hatte am 04.07.2012 einen Mietvertrag gleichen Inhalts, jedoch mit Mietbeginn 01.08.2012 abgeschlossen. Laut Mietbescheinigung vom 28.12.2012 handelt es sich bei der Wohnung des Klägers zu 1 das Obergeschoss eines freistehenden Zweifamilienhauses mit einer Wohnfläche von 54 qm.

Mit Bewilligungsbescheid vom 04.12.2012 für den Kläger zu 2 für den Zeitraum 01.10.2012 bis 31.03.2013 forderte der Beklagte den Kläger zu 2 zur Senkung der für unangemessen gehaltenen Kosten für Unterkunft und Heizung auf eine Bruttokaltmiete in Höhe von 225,00 € auf. Die nämliche Aufforderung erging an den Kläger zu 1 mit Bewilligungsbescheid vom 10.01.2013 für den Zeitraum 01.12.2012 bis 31.05.2013.

Am 13.05.2013 schlossen beide Kläger mit dem Vermieter rückwirkend zum 01.04.2013 einen neuen Mietvertrag über zwei Zimmer, Küche, Bad und Flur im Haus M. Str., K., zu einer Nettokaltmiete von insgesamt 360,00 € und einer Betriebskostenpauschale von insgesamt 100,00 € sowie der Vereinbarung, dass die Kläger das Heizmaterial selbst beschaffen. Mit Schreiben vom 29.05.2013 und 30.05.2013 teilten die Kläger mit, je mit dem anderen in einer Lebenspartnerschaft zu leben. Der Beklagte vollzog die Lebenssituation mit Änderungsbescheid vom 04.06.2013 für die Zeit ab 01.04.2013 nach und führte die Kläger ab dato als Bedarfsgemeinschaft. Nach einer Auseinandersetzung über die Nutzbarkeit des Hauses, die der Beklagte zum Anlass für eine Senkung der von ihm zu gewährenden Kosten für Unterkunft und Heizung nahm, bewilligte der Beklagte den Klägern mit Änderungsbescheid vom 17.10.2013 für den Zeitraum vom 01.06.2013 bis 30.11.2013 Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich je 193,60 €, insgesamt 387,20 € (Höchstbetrag der Tabelle zu § 12 Wohngeldgesetz - WoGG zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10%). Zur Begründung führte er aus, es handele sich bei diesem Betrag um die Unterkunftskosten im Rahmen der Angemessenheitsgrenze.

Mit Urteil vom 18.03.2015 im Verfahren S 17 AS 1082/13 verpflichtete das Sozialgericht Bayreuth den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 19.09.2013 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 17.10.2013 sowie des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2013 zur Gewährung der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 460,00 € für den Zeitraum vom 01.06.2013 bis 30.11.2013. Hierin wies das Gericht darauf hin, dass der Beklagte den Klägern einen Hinweis auf die neue Mietobergrenze als Bedarfsgemeinschaft erstmals im Änderungsbescheid vom 17.10.2013 gegeben habe.

Mit Bescheid vom 10.12.2013 für den Zeitraum 01.12.2013 bis 31.05.2014 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen für Unterkunft und Heizung wiederum in Höhe von 387,20 € und teilte mit, er gehe davon aus, dass die Unterkunftskosten nicht angemessen seien. Eine Neuberechnung werde durchgeführt, sobald ein neues Konzept vorliege.

Am 03.01.2014 teilte der Vermieter mit, das Haus werde nach einer Renovierungsmaßnahme nunmehr mit Öl beheizt. Die Beschaffung des Öls erfolgte weiter durch die Kläger selbst nach Bedarf.

Mit Schreiben vom 16.01.2014 forderte der Beklagte die Kläger unter Hinweis auf die neuen, seit 01.01.2014 geltenden Angemessenheitsgrenzen des Landkreises W. zur Senkung der Unterkunftskosten auf 302,00 € auf; er führte weiter aus, die bisherigen Kosten könnten maximal für sechs Monate übernommen werden.

Auf den Weiterbewilligungsantrag der Kläger vom 01.05.2014 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 30.05.2014 Leistungen für den Zeitraum 01.06.2014 bis 30.11.2014, und zwar in Höhe von 387,20 € für Juni und Juli 2014 und in Höhe von 302,00 € ab 01.08.2014. Hiergegen legten die Kläger am 10.06.2014 Widerspruch ein; eine Begründung erfolgte entgegen vorheriger Ankündigung nicht.

Mit Bescheiden vom 17.07.2014 hob der Beklagte die Leistungsbewilligungen zugunsten der Kläger ab 01.08.2014 ganz auf, da diese zu zwei Terminen bei ihrem Arbeitsvermittler am 03.07.2014 und 14.07.2014 nicht erschienen seien. Er führte aus, es werde davon ausgegangen, dass die Kläger an einer Vermittlung und / oder Leistungsgewährung kein Interesse mehr hätten und dass anscheinend keine Hilfebedürftigkeit mehr vorliege. Darin liege eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen, welche eine Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) rechtfertige. Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass aufgrund dieser Aufhebung ein neuer Antrag zu stellen sei, um wieder Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu erhalten.

Am 13.08.2014 beantragten die Kläger die Weiterbewilligung von Leistungen, welche ihnen der Beklagte mit Bescheid vom 14.08.2014 für den Zeitraum 01.08.2014 bis 31.01.2015 bewilligte und hierbei wiederum Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 302,00 € berücksichtigte. Zeitgleich legten sie Widerspruch gegen den Aufhebungsbescheid vom 17.07.2014 ein, welchem der Beklagte mit Bescheid vom 19.08.2014 abhalf.

Den Widerspruch der Kläger gegen den Bescheid vom 30.05.2014 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.08.2014 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, die von den Klägern zu zahlenden Unterkunftskosten in Höhe von 460,00 € brutto kalt seien unangemessen teuer; die Angemessenheitsgrenze für das Jahr 2014 für einen Zwei-Personen-Haushalt in K. betrage 302,00 € monatlich. Dieser Betrag sei im aktuellen Konzept zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung des Landkreises W. enthalten. Das zugrundeliegende Gutachten der Firma A. und K. berücksichtige die Anforderungen des Bundessozialgerichts an ein schlüssiges Konzept. Eine Kostensenkungsaufforderung sei bereits am 16.01.2014 ergangen. Es sei davon auszugehen, dass eine Kostensenkung möglich und zuzumuten sei; daher sei ab 01.08.2014 nur eine Bruttokaltmiete bis zur Angemessenheitsgrenze in Höhe von 302,00 € zu gewähren gewesen.

Hiergegen haben die Kläger am 18.09.2014 Klage zum Sozialgericht Bayreuth erhoben. Sie haben zur Begründung ihrer Klage ausgeführt, streitgegenständlich sei der Zeitraum vom 01.06.2014 bis 30.11.2014, da die ursprüngliche Bewilligung vom 30.05.2014 diesen Zeitraum umfasst habe und der neue Bewilligungsbescheid vom 14.08.2014 insoweit gemäß § 86 Sozialgerichtsgesetz Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden sei. Hinsichtlich des Zeitraums vom 01.12.2014 bis 31.01.2015 werde Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X gestellt. Die Kläger hätten Anspruch auf Erstattung zumindest höherer Kosten der Unterkunft, da ihre tatsächlichen Kosten sich nicht als unangemessen darstellten. Es werde bestritten, dass es sich bei dem Gutachten der Firma A. und K. (A & K) um ein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts handele. Die Daten seien mit Stichtag 01.06.2012 erhoben worden und daher bereits jetzt als veraltet anzusehen. Es sei zu bezweifeln, dass dieser Umstand durch eine Indexfortschreibung ausgeglichen werden könne. Die Fortschreibung des Konzepts sei zudem anhand des bayernweiten Mietwertindex erfolgt; dies stehe im Widerspruch zu dem Vortrag des Beklagten, ein bayernweiter Trend könne nicht auf den Landkreis W. übertragen werden.

Die Kläger beantragen zuletzt,

den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 30.05.2014 und 14.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2014 zu verurteilen, den Klägern für den Zeitraum 01.08.2014 bis 30.11.2014 Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 387,20 € zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er ausgeführt, die Argumentation für die Schlüssigkeit des Konzepts ergebe sich bereits aus dem Gutachten selbst. Für die Zeit ab 01.06.2014 erfolge eine Fortschreibung des Konzepts. Hierzu sei anzumerken, dass der Mietpreistrend im Landkreis W. gleich bleibe und in einigen Städten sogar rückläufig sei. Sofern Besprechungsbedarf hinsichtlich der Schlüssigkeit des bestehenden Konzepts bestehe, werde um Ladung des sachverständigen Zeugen der Firma A. und K., Herrn O. S., gebeten.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Beiziehung des „Berichts vom Dezember 2013 - Konzept zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft“ sowie des „Berichts vom November 2014 zur Indexfortschreibung des schlüssigen Konzepts 2012“ der Firma A. und K., auf welche verwiesen wird. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird im Übrigen auf die Akten des Beklagten und die Sozialgerichtsakte verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Die Kläger haben im Zeitraum vom 01.08.2014 bis 30.11.2014 Anspruch auf höhere Kosten für Unterkunft und Heizung in der tenorierten Höhe.

I.

Die Zulässigkeit der subjektiven Klagehäufung ergibt sich aus § 74 SGG i.V.m. §§ 59, 60 Zivilprozessordnung (ZPO), da die Kläger, die das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft im streitgegenständlichen Zeitraum nicht bestreiten, hinsichtlich der Kosten für Unterkunft aus demselben tatsächlichen Grund berechtigt sind.

Streitgegenstand sind aufgrund der ausdrücklich vorgenommenen Beschränkung hierauf allein Leistungen für Unterkunft und Heizung, wobei Bedarfe für selbst zu beschaffende Brennstoffe im streitgegenständlichen Zeitraum nicht entstanden sind.

Zeitlich betrifft der Streitgegenstand Unterkunftsbedarfe für den Zeitraum 01.06.2014 bis 30.11.2014. Dies ergibt sich daraus, dass mit dem ursprünglichen, mit Widerspruch vom 10.06.2014 angegriffenen Bescheid vom 30.05.2014 Leistungen für diesen Zeitraum bewilligt worden waren. Der Aufhebungsbescheid ab 01.08.2014 ist mit Abhilfebescheid vom 19.08.2014 beseitigt worden, so dass die ursprüngliche Leistungsbewilligung vom 30.05.2014 insoweit wieder auflebte und sich die neue Bewilligungsentscheidung für den längeren Zeitraum vom 01.08.2014 bis 31.01.2014 vom 14.08.2014 ex post für den Zeitraum 01.08.2014 bis 30.11.2014 lediglich als wiederholende Verfügung darstellte. Somit ist der Bescheid vom 14.08.2014 für den genannten Zeitraum gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens W geworden.

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist statthaft als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG), da die Kläger neben der Abänderung der angegriffenen Verwaltungsakte gleichzeitig eine Leistung begehren, auf die ein Rechtsanspruch bestehen kann.

II.

Die Begründetheit der Klage folgt daraus, dass die Kläger im Zeitraum vom 01.08.2014 bis 30.11.2014 einen Anspruch auf Übernahme höherer Kosten für Unterkunft und Heizung haben, und zwar in Höhe von insgesamt 387,20 € monatlich.

1. Beide Kläger erfüllen je in ihrer Person die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Sie haben das 15. Lebensjahr vollendet, nicht jedoch das 67. Lebensjahr (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 7a Satz 2 SGB II), sind nach den zutreffenden Ermittlungen des Beklagten erwerbsfähig (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II) und hilfebedürftig (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II) und haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II). Die Kläger haben im streitgegenständlichen Zeitraum über anrechenbares Einkommen oder Vermögen nicht verfügt.

2. Für die Kläger sind im streitgegenständlichen Zeitraum weitere Kosten für Unterkunft in der tenorierten Höhe zu übernehmen. Soweit die Bescheide vom 30.05.2014 und 14.08.2014 sowie der Widerspruchsbescheid vom 20.08.2014 dem entgegenstehen, sind sie rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten.

Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Den im Einzelfall angemessenen Umfang übersteigende Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sind nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es […] der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

Die Angemessenheit der Bedarfe für Unterkunft ist unter Zugrundelegung der sogenannten Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu konkretisieren. Es ist zunächst die angemessene Wohnungsgröße zu ermitteln. Sodann ist festzustellen, ob die angemietete Wohnung dem Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard entspricht, der sich in der Wohnungsmiete niederschlägt. Vergleichsmaßstab sind insoweit die räumlichen Gegebenheiten am Wohnort des Hilfebedürftigen, wobei die örtlichen Gegebenheiten auf dem Wohnungsmarkt zu ermitteln und zu berücksichtigen sind (st. Rspr. des BSG, vgl. nur die Urteile vom 18.11.2014, B 4 AS 9/14 R und vom 16.06.2015, B 4 AS 44/14 R). Der Begriff der „Angemessenheit“ unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle (BSG, Urteile vom 07.11.2006, B 7b AS 10/06 R, vom 17.12.2009, B 4 AS 27/09 R und vom 16.06.2015, B 4 AS 44/14 R).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, vgl. zuletzt Urt. vom 16.06.2015, B 4 AS 45/14 R) ist die Angemessenheit von Kosten der Unterkunft unter Zugrundelegung der sog. Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu bestimmen. Bei der Ermittlung des abstrakt angemessenen Bedarfs für die Unterkunft ist zunächst die angemessene Wohnungsgröße zu bestimmen (a). Dann ist der maßgebliche örtliche Vergleichsraum festzulegen (b) und unter Berücksichtigung des angemessenen einfachen Wohnungsstandards (c) festzustellen, welche Nettokaltmiete pro m² Wohnfläche für die angemessene Wohnungsgröße auf dem Wohnungsmarkt des maßgeblichen Vergleichsraums zu zahlen ist (d). Zu der so ermittelten Nettokaltmiete sind noch die kalten Betriebskosten hinzuzurechnen. Kann kein abstrakt angemessener Bedarf für die Unterkunft ermittelt werden, sind die tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen, gedeckelt im Sinne einer Angemessenheitsgrenze nach oben durch die Tabellenwerte der rechten Spalte zu § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10%.

a) Zur Bestimmung der angemessenen Wohnfläche im hier streitigen Zeitraum hat nach ständiger Rechtsprechung eine Orientierung an den landesrechtlichen Vorschriften zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus zu erfolgen (vgl. BSG, Urt. vom 07.11.2006, B 7b AS 10/06 R; BSG, Urt. vom 19.02.2009, B 4 AS 30/08 R; BSG, Urt. vom 18.02.2010, B 14 AS 73/08 R; Urt. vom 16.06.2015, B 4 AS 45/14 R). In Bayern ist orientiert an Nr. 22.2 Satz 1 der Wohnraumförderungsbestimmungen 2012 (Bekanntmachung der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern vom 11.01.2012, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 01.12.2015, AllMBl. S. 545) eine Wohnfläche von bis zu 65 m² für zwei Personen als angemessen anzusehen. Der Bedarfsdeckungsgrundsatz erfordert allenfalls die Berücksichtigung eines besonderen, etwa behinderungs- oder pflegebedingten Raumbedarfs (vgl. Bayer. Landessozialgericht, Urt. vom 20.12.2011, L 11 AS 608/09). Hierfür ist im Fall der Kläger jedoch nichts ersichtlich oder vorgetragen. Somit überschritte die Gesamtfläche des angemieteten Zweifamilienhauses mit 108 m² die in diesem Sinn definierte angemessene Wohnfläche, soweit eine Bewohnbarkeit des gesamten Hauses zwischenzeitlich angenommen werden kann. Dies würde für sich betrachtet jedoch noch nicht zur Unangemessenheit der Unterkunftskosten führen, weil auf das Produkt von Wohnfläche und Quadratmetergröße abzustellen ist.

b) Vorliegend genügt bereits das der Indexfortschreibung zugrunde liegende Konzept des Beklagten aus Dezember 2013 (im Folgenden: ursprüngliches Konzept) nicht den Anforderungen des BSG an die Festlegung eines Vergleichsraums als örtlichem Referenzraum der Datenerhebung. Für die Festlegung des räumlichen Vergleichsmaßstabes entscheidend ist die Bildung ausreichend großer Räume der Wohnbebauung, die aufgrund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und insbesondere ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden (vgl. BSG, Urt. vom 19.02.2009, B 4 AS 30/08 R; Urt. vom 18.02.2010, B 14 AS 73/08 R). Das Konzept von A & K deklariert als Vergleichsraum, welcher der Datenerhebung zugrunde liege, den Landkreis W.; die Datenerhebung innerhalb dieses Vergleichsraums ist sodann durch Abfrage bei großen Wohnungsunternehmen und durch eine schriftliche Befragung kleiner, privater Vermieter erfolgt. Unter dem Gesichtspunkt der Clusteranalyse ist weiter eine „empirische Differenzierung innerhalb des Vergleichsraumes, d.h. des Landkreises W.“ erfolgt (vgl. S. 8 des Konzepts); das als Vergleichsraum definierte Gebiet wird hierdurch weiter unterteilt in Gebiete gleicher Wohnungsmarkt- und Mietpreisstrukturen, welche als „Wohnungsmarkttypen“ bezeichnet werden. Im Konzept selbst ist dargelegt, dass es sich bei den Wohnungsmarkttypen nicht um einen homogenen Wohn- und Lebensbereich (also im Sinne der obigen Definition um einen Vergleichsraum) handele, sondern dass der homogene Wohn- und Lebensbereich selbst immer sowohl Teile des eigenen Wohnungsmarkttyps als auch anderer Wohnungsmarkttypen umfassen könne.

Diese Argumentation ist bereits unter Anwendung denkgesetzlicher Grundsätze selbstwidersprüchlich: Es kann nicht gleichzeitig der Landkreis W. insgesamt einen Vergleichsraum bilden, und andererseits im Wege der Clusteranalyse gefundene Wohnungsmarkttypen, welche notwendig kleinere Ausschnitte aus dem angenommenen Vergleichsraum darstellen, mangels Erfüllung der hierfür vom BSG vorgegebenen Kriterien keinen Vergleichsraum darstellen. Die Überlegungen auf S. 10 f. des Konzepts führen somit zu Ende gedacht zu der Schlussfolgerung, dass es sich beim Landkreis W. schon zur Auffassung der Verfasser des Konzepts eben nicht um einen homogenen Wohn- und Lebensbereich, vulgo einen Vergleichsraum, handelt.

Zur Auffassung der Kammer ist diese Einschätzung auch zutreffend. Der gesamte Landkreis W. bildet schon mangels infrastrukturellen Zusammenhangs keinen Vergleichsraum im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Bei Betrachtung des Liniennetzplans der Verkehrsgemeinschaft erschließt sich nicht, wie etwa S. mit M. oder A. mit B. als dergestalt verkehrstechnisch verbunden angesehen werden könnten, dass von einem homogenen Wohn- und Lebensbereich gesprochen werden könnte. Zwar können nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in kleineren Landkreisen gegebenenfalls größere Gebiete zusammengefasst werden als nur die unmittelbare Wohnsitzgemeinde. Grenzen ergeben sich aber bei nach § 140 Abs. 4 Satz 2 SGB III zu bestimmenden unzumutbaren Pendelzeiten; die Unzumutbarkeitsgrenze liegt danach bei zweieinhalb Stunden Pendelzeit hin und zurück. Pendelzeiten zwischen an entgegengesetzten Grenzen des Landkreises W. liegenden Gemeinden wie etwa zwischen F. und C. betragen aktuell mindestens 1:45 Stunden einfach, hin und zurück damit dreieinhalb Stunden.

Die unzutreffende Vergleichsraumbildung wird auch nicht durch die Clusteranalyse geheilt, denn hier werden gerade Gemeinden zu Wohnungsmarkttypen zusammengefasst, die ihrerseits teils an genau entgegengesetzten Grenzen des Flächenlandkreises liegen. Die Clusteranalyse soll nach dem Gutachten wie nach ihrem Zweck als statistische Methode auch nicht der Zusammenfassung homogener Lebensbereiche, sondern der Verbreiterung einer möglicherweise ansonsten unzureichenden Datenbasis dienen, da mit ihrer Hilfe solche Gebiete zusammengefasst werden, von denen unter statistischen Gesichtspunkten aufgrund der Ähnlichkeit bestimmter Indikatoren wie Bevölkerungsdichte, Bevölkerungsentwicklung, Siedlungsstruktur, Pro-Kopf-Einkommen, Neubautätigkeit, Bodenpreis, Entfernung zum nächsten Oberzentrum und Tourismus vergleichbare Wohnungsmärkte und damit vergleichbare Mietpreisstrukturen zu erwarten sind. Mit Hilfe des statistischen Verfahrens der Clusteranalyse könnten auch Gebiete ähnlicher Struktur in Oberfranken und etwa Brandenburg oder Sachsen-Anhalt zu Zwecken der Datenerhebung zusammengefasst werden, falls die Datenbasis in einem Gebiet nicht ausreichend wäre, naturgemäß ohne dass damit eine Vergleichsraumbildung im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bewerkstelligt wäre.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass der gesamte Landkreis W. mangels verkehrstechnischer Verbundenheit als Vergleichsraum ausscheidet und dass die Wohnungsmarkttypbildung durch Clusteranalyse nach ihrer Zielrichtung weder der Vergleichsraumbildung dienen soll noch kann.

Nachdem nach den Darlegungen zum Datenschutz im Konzept von A & K alle personenbezogenen Daten (Adressdaten) umgehend gelöscht worden sind (vgl. S. 6 des ursprünglichen Konzepts), ist es dem Gericht auch nicht möglich, neue Vergleichsräume zu bilden und die vorhandenen Daten sodann etwa diesen Vergleichsräumen zuzuordnen. Fehlen die Adressdaten, kann eine Zuordnung zu homogenen Räumen der Wohnbebauung naturgemäß im Nachhinein nicht mehr erfolgen.

c) Bei der Bestimmung des Wohnungsstandards ist auf solche Wohnungen abzustellen, die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Anforderungen genügen und keinen gehobenen Wohnstandard aufweisen.

d) Vorliegend ist der pro Quadratmeter für eine Wohnung der genannten Größe mit einfachem Wohnstandard im homogenen Wohn- und Lebensumfeld der Kläger zu zahlende Bruttokaltmietpreis jedoch nicht auf der Grundlage eines schlüssigen Konzepts im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ermittelt worden.

Bei der Ermittlung des angemessenen Mietwertes pro Quadratmeter muss der Beklagte nach einem Konzept vorgehen, das die hinreichende Gewähr dafür bietet, dass es die aktuellen Verhältnisse auf dem relevanten örtlichen Mietwohnungsmarkt abbildet.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts muss ein solches „schlüssiges“ Konzept - bei grundsätzlicher Methodenfreiheit vgl. BSG, Urt. vom 18.11.2014, B 4 AS 9/14 R) - folgenden Kriterien genügen (st. Rechtsprechung des BSG, vgl. exemplarisch Urt. vom 23.03.2012, B 4 AS 16/11 R; Urt. vom 11.12.2012, B 4 AS 44/12 R):

- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen,

- Es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen einbezogen sind, differenziert nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettokaltmiete,

- Es müssen Angaben über den Beobachtungszeitraum gemacht werden,

- Die Art und Weise der Datenerhebung muss festgelegt werden,

- Der Umfang einbezogener Daten muss repräsentativ sein,

- Die Datenerhebung muss valide sein,

- Es müssen anerkannte mathematisch-statistische Grundsätze der Datenauswertung eingehalten werden und

- Angaben über die gezogenen Schlüsse müssen gemacht werden, etwa ob ein Spannoberwert oder eine Kappungsgrenze bestimmt worden ist.

Für das ursprüngliche Konzept fehlt es bereits am ersten Kriterium, dass nämlich die Datenerhebung ausschließlich in einem dem Begriff des BSG vom örtlichen Vergleichsraum genügenden Bereich erfolgt wäre. Hierzu und zur praktischen Unmöglichkeit der Neuordnung der erhobenen Daten wird auf die Ausführungen oben unter a) verwiesen. Schon aus diesem Grund kann eine Indexfortschreibung des ursprünglichen Konzepts nicht als schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts angesehen werden.

Die Kammer teilt darüber hinaus die erheblichen Zweifel anderer Gerichte daran, dass eine Fortschreibung eines Konzepts auf der Grundlage eines bayernweiten Preisindex, und handele es sich auch um einen mietpreisbezogenen Spezialindex, grundsicherungsrechtlich zur Bestimmung angemessener örtlicher Unterkunftskosten herangezogen werden kann. Hierzu wird auf die Argumentation der 4. Kammer des Sozialgerichts Bayreuth (Urt. vom 26.05.2015, S 4 AS 102/15) und des SG Augsburg (Urt. vom 07.12.2015, S 8 AS 860/15, Urt. vom 15.06.2016, S 11 AS 92/16) verwiesen, dass die Fortschreibung der zum 30.06.2012 ermittelten Richtwerte mittels eines bayernweiten Preisindex nicht den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des BSG genüge. Ein solches Vorgehen bietet auch zur Auffassung der 17. Kammer des Sozialgerichts Bayreuth nicht die Gewähr, dass die Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes abgebildet werden (vgl. hierzu insbesondere die Erwägungen des Sozialgerichts Augsburg, Urt. vom 07.12.2015, S 8 AS 860/15, juris, Rdnr. 54 - 58).

Nicht entschieden werden muss vorliegend die zwischen den genannten Gerichten streitige Frage, ob es sich bei einem schlüssigen Konzept um eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift handele, welche der Veröffentlichung bedürfe (so SG Bayreuth, Urt. vom 26.05.2015, S 4 AS 102/15; dagegen SG Augsburg in den genannten Urteilen). Die 17. Kammer des Sozialgerichts Bayreuth hat jedoch gewisse Zweifel an der Einordnung eines Konzepts zur Bestimmung als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift gleich denen, die der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) im Urteil vom 05.11.2004 zugrunde lagen (Az. 5 CN 1.03). Dort war es um Ausführungsbestimmungen zur Sozialhilfepauschalierung gegangen, durch welche grundsätzlich allen Empfängern von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Anstalten, Heimen und gleichartigen Einrichtungen für die Bedarfe Wohnen, Bekleidung und Schule, von Härtefällen abgesehen, nicht als einmalige Leistungen, sondern als monatliche Pauschale (für Erwachsene 29,00 €) gewährt werden sollten. Anders als in dem vom BVerwG entschiedenen Fall gibt das Konzept zur Bestimmung der örtlich angemessenen Vergleichsmiete zur Auffassung der Kammer dem Anspruch eines Leistungsberechtigten nach dem SGB II in Bezug auf die Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach der gesetzgeberischen Konzeption des § 22 SGB II noch keine abschließende Gestalt. Nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II resultiert eine Kostensenkungsaufforderung erst, wenn die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen. Die Kostensenkungsaufforderung ist damit auch unter Einbeziehung von Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gerade nicht zwingende Folge eines Überschreitens der im Konzept dargelegten Angemessenheitsgrenze; vielmehr ist in einem logisch vorgängigen Schritt individuell die konkrete Angemessenheit zu prüfen. Erst als Resultat dieser Prüfung ergeht - möglicherweise - eine Kostensenkungsaufforderung. An einer unmittelbaren, gesetzesgleichen Wirkung des Konzepts als grundsätzliches Verwaltungsbinnenrecht für Dritte bestehen aus diesem Grund zumindest Zweifel (vgl. zum Ganzen BSG, Urt. vom 19.10.2010, B 14 AS 2/10 R, Rdnr. 20 und jetzt Berlit in: Münder, SGB II, 6. Aufl. 2017, Rdnr. 84 zu § 22 mit Hinweis auf die normlogische Differenzierung zur Satzungslösung nach § 22a SGB II).

In der Konsequenz liegt jedenfalls weder ein schlüssiges Konzept des Beklagten zur Bestimmung des für die Kläger anzuwendenden abstrakt angemessenen Quadratmetermietpreises vor, noch ist das Gericht in der Lage, die Referenzmiete durch eigene Ermittlungen zu überprüfen.

Damit sind für die Bestimmung der Mietobergrenze im Falle der Kläger die Werte nach § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10% an-zusetzen (zur Anwendung des Sicherheitszuschlages auch für die Tabellenwerte nach § 12 WoGG vgl. BSG, Urt. vom 12.12.2013, B 4 AS 87/12 R und für die ab 01.01.2016 geltenden Tabellenwerte Bayer. LSG, Beschl. vom 18.01.2016, L 7 AS 869/15 B ER).

Dass im streitgegenständlichen Zeitraum nicht gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II die tatsächliche Bruttokaltmiete anzusetzen ist, ergibt sich daraus, dass den Klägern eine Kos-tensenkung möglich und zumutbar war. Sie waren mit gesondertem Schreiben vom 16.01.2014 zur Senkung ihrer Unterkunftskosten unter Verweis auf die vom Beklagten für angemessen gehaltenen Werte aufgefordert worden. Es ist von den Klägern auch nicht vorgetragen und unter Beweis gestellt worden, dass eine angemessene Unterkunft für sie nicht verfügbar gewesen wäre. Sie haben nicht konkret dargelegt, dass sie sich intensiv, aber vergebens um eine Unterkunftsalternative bemüht haben. Darüber hinaus haben die Kläger auch nur Unterkunftskosten in der tenorierten Höhe beantragt, so dass auf Basis des Grundsatzes ne eat iudex ultra petita partium höhere Leistungen auch nicht hätten zugesprochen werden können.

Hinsichtlich der Heizkosten besteht im streitgegenständlichen Zeitraum kein Anspruch, weil kein Bedarf an selbst beschafftem Heizöl entstanden ist.

Der Leistungsbewilligung des Beklagten sind damit für den Zeitraum von August bis November 2015 Bedarfe für Unterkunft in Höhe von insgesamt 387,20 € zugrunde zu legen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG; sie entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.

IV.

Da der potentielle Wert des Beschwerdegegenstandes 340,80 € beträgt (Differenz zwischen den bewilligten und den beantragten sowie im Urteil tenorierten Kosten der Unterkunft in Höhe von 85,20 € monatlich, multipliziert mit vier Monaten), bedürfte die Berufung gem. § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG der Zulassung. Gründe für eine Zulassung der Berufung bestehen zur Überzeugung der erkennenden Kammer nicht; insbesondere handelt es sich bei der vorliegend streitentscheidenden Frage, ob das vom Beklagten angewandte Konzept zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze von Unterkunftskosten ein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts darstellt, um eine Tatsachenfrage.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Tenor

Auf die Revisionen der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. März 2014 - L 2 AS 3878/11 - aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig sind höhere Leistungen für Kosten der Unterkunft (KdU) und Heizung in der Zeit vom 15.4. bis 30.9.2009.

2

Die 1978 geborene Klägerin zu 1 ist die Ehefrau des 1982 geborenen M. A., der als Student vom SGB II-Bezug ausgeschlossen ist. Gemeinsam mit dem im Jahre 2007 geborenen Sohn I. A. (Kläger zu 2) und der am 3.7.2009 geborenen Tochter M. (Klägerin zu 3) lebten die Eheleute bis Mitte April 2009 in F. Die Kläger erhielten zunächst von der Arbeitsgemeinschaft Stadt F. (ARGE) SGB II-Leistungen. Wegen der Schwangerschaft der Klägerin zu 1 bestätigte die ARGE die Notwendigkeit eines Wohnungswechsels. Die Familie bezog Mitte 2009 eine 85,75 qm große Vier-Zimmer-Wohnung in dem ca 10 km entfernt liegenden Ma./Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald. Die Miete hierfür betrug 910 Euro einschließlich nicht aufgeschlüsselter Neben-, Betriebs-, Heizungs- und Warmwasserkosten in Höhe von 210 Euro. Der vorab beteiligte Beklagte (bis zum 31.12.2010 noch die vormalige ARGE Breisgau-Hochschwarzwald, im Folgenden Beklagter) lehnte die Erteilung einer Zusicherung zum Umzug ab, weil die Wohnung nicht angemessen sei.

3

Der Beklagte berücksichtigte - wegen der Schwangerschaft der Klägerin zu 1 bereits ab 15.4.2009 - eine Wohnfläche von 90 qm für einen Vier-Personen-Haushalt und legte für die Bedarfsgemeinschaft und den Ehemann als angemessene Unterkunfts- und Heizkosten 713,38 Euro, also jeweils 178,35 Euro für die Kläger zu 1 bis 3, zugrunde (Bescheide vom 8.4.2009, 19.8.2009 und 12.1.2010, Widerspruchsbescheid vom 4.2.2010, Teilanerkenntnis vor dem SG vom 23.5.2011). Dem lagen eine Mietobergrenze für die Kaltmiete in Höhe von 519,30 Euro, Heizkosten in Höhe von 86 Euro (1 Euro je qm) abzüglich einer Warmwasserpauschale in Höhe von insgesamt 15,92 Euro und Nebenkosten in Höhe von 124 Euro zugrunde. Zur Festlegung der angemessenen Unterkunftskosten in dem vom Beklagten bestimmten Vergleichsraum "Umland F.", der die Gemeinden Gl., Go., Gu., H., Ma., Me. und U. umfasst, hat der Beklagte die tatsächlichen Quadratmeterpreise auf der Datengrundlage Bestandswohnungen der Leistungsbezieher nach dem SGB II, SGB XII und AsylbLG ermittelt.

4

Das SG hat die Klagen abgewiesen (Urteil vom 8.8.2011). Im Berufungsverfahren hat das LSG dem Beklagten aufgegeben, ergänzend die Unterkunftskosten der Wohngeldempfänger einzubeziehen, Ausreißermieten ausgehend vom arithmetischen Mittelwert zu eliminieren und den dann ermittelten Spannenoberwert zu benennen. Dem ist der Beklagte nachgekommen; er hat nach Bildung von Korridoren von plus und minus 20 % aus den verbleibenden Datensätzen wiederum Durchschnittswerte gebildet und für einen Vier-Personen-Haushalt in Ma. eine Kaltmietobergrenze von 512,40 Euro festgestellt. Eine weitere Nachberechnung unter Zugrundelegung des Spannenoberwerts hat er ebenso wie die Vorlage seiner Daten abgelehnt.

5

Das LSG hat die Berufungen der Kläger zurückgewiesen (Urteil vom 26.3.2014 - L 2 AS 378/11). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Kläger hätten im streitigen Zeitraum vom 15.4.2009 bis 30.9.2009 keinen Anspruch auf (weitere) höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung. Bei der Bestimmung der angemessenen KdU sei wegen der Schwangerschaft der Klägerin zu 1 bereits ab 15.4.2009 als angemessene Wohnungsgröße eine solche für einen Vier-Personen-Haushalt von 90 qm zu berücksichtigen. Auch sei es sachgerecht, als maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum die Raumschaft "Umland F." zu wählen. Grundsätzlich nicht zu beanstanden sei es, dass der Beklagte mit seinem seit 1.5.2009 in Kraft getretenen Konzept auf Bestandsmieten von Leistungsempfängern nach dem SGB II, SGB XII, AsylbLG in seinem Bezirk zurückgreife. Allerdings sei die Bildung eines Durchschnittswertes bei Wohnungen des unteren Preissegments rechtlich nicht zulässig, wenn - wie hier - nur die Wohnungen der Leistungsempfänger nach dem SGB II und dem SGB XII als Datengrundlage herangezogen würden. Der Senat habe erfolglos versucht, das Konzept vom Beklagten schlüssig machen zu lassen. Den Vorgaben entsprechend habe er zwar die bereits erhobenen Daten um diejenigen von Wohngeldbeziehern ergänzt, jedoch erneut einen Durchschnittswert gebildet, der dem unteren Preissegment zugeordnet werden müsse. Zur Vermeidung eines Zirkelschlusses hätte vom Spannenoberwert ausgegangen werden müssen. Ferner fehle es an einem einheitlichen Mietbegriff, weil der Beklagte hinsichtlich der Wohnungen von Wohngeldempfängern - anders als bei den übrigen Wohnungen - nicht nach Brutto- und Nettokaltmieten unterschieden habe. Da er eine weitere Mitwirkung ablehne, könne ein schlüssiges Konzept nicht mehr erstellt werden und sei von einem Erkenntnisausfall bei der Ermittlung der Höhe der angemessenen Unterkunftskosten auszugehen. Zur Bestimmung der Angemessenheitsobergrenze erfolge daher ein Rückgriff auf die Höchstbeträge der Wohngeldtabelle nach § 12 WoGG zuzüglich eines "Sicherheitszuschlags" von 10 %. Für die Wohnung der Kläger (vier Personen) ergebe sich für die Wohngemeinde Ma., die nach der Anlage zu § 1 Abs 3 der Wohngeldverordnung (WoGV) im Kreis Breisgau-Hochschwarzwald der Mietenstufe III zugeordnet sei, ein Betrag in Höhe von 556 Euro zuzüglich 10 %. Die tatsächlichen Heizkosten seien nicht bestimmbar. Es sei nicht nachgewiesen, dass diese höher gewesen seien, als vom Beklagten pauschal mit 86 Euro (86 qm x 1 Euro) zugrunde gelegt. Da die Kläger keine Betriebs- und Nebenkostenabrechnungen vorgelegt hätten, könne nicht ersatzweise auf den niedrigsten Grenzbetrag des bundesweiten Heizkostenspiegels von 2010 (Abrechnungsjahr 2009) zurückgegriffen werden, wonach sich maximal abstrakte angemessene Heizkosten für eine 90 qm Wohnung in Höhe von 108,90 Euro monatlich errechneten und zudem ein weiterer Abzug für die Warmwasserbereitung nicht gerechtfertigt sei. Unabhängig davon, ob die Kosten in Höhe von 20 Euro für einen Stellplatz zu übernehmen seien, seien die tatsächlichen Unterkunfts- und Heizungskosten in Höhe von 910 Euro nicht angemessen. Auch eine temporäre Übernahme der tatsächlichen Kosten komme nicht in Betracht, weil die Kläger keine Zusicherung für den Umzug erhalten hätten und über die Unangemessenheit der Kosten informiert gewesen seien.

6

Mit ihrer Revision machen die Kläger geltend, der für die Anwendbarkeit der Angemessenheitsobergrenze nach § 12 WoGG konstitutive Erkenntnisausfall liege nicht vor, weil aus den vorhandenen Daten ein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung entwickelt werden könne. Unabhängig hiervon sei bei der Heranziehung des Wertes nach § 12 WoGG nicht die Mietenstufe der Wohngemeinde (Stufe III), sondern die höchste im Vergleichsgebiet vorkommende Mietenstufe (Stufe VI) zu berücksichtigen. Die Bestimmung der Höhe des Sicherheitszuschlags bedürfe einer kritischen Überprüfung. Die Schätzung der Heizkosten sei in rechtswidriger Weise zu ihren Lasten erfolgt.

7

Die Kläger beantragen,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. März 2014 - L 2 AS 3878/11 - und des Sozialgerichts Freiburg vom 8. August 2011 - S 7 AS 1218/10 - aufzuheben sowie den Beklagten zu verurteilen, ihnen unter Abänderung des Bescheides vom 8. April 2009 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 19. August 2009 und 12. Januar 2010, diese in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2010 sowie des Teilanerkenntnisses vom 23. Mai 2011, für den Zeitraum vom 15. April bis zum 30. September 2009 Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen monatlichen Aufwendungen zu erbringen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er trägt vor, entgegen der Ansicht der Kläger bestehe keinerlei Möglichkeit, das im Streit stehende Konzept schlüssig zu machen. Die vom LSG vorgeschlagenen Neuauswertungen und Berechnungsvarianten seien insofern nicht zielführend. Im Übrigen seien die einschlägigen Datengrundlagen für die Raumschaft "Umland F." bereits in der ersten Instanz vollumfänglich vorgelegt worden. Die Angemessenheitsobergrenze müsse sich an der Wohngemeinde und deren Mietenstufe nach dem WoGG orientieren. Mangels Kenntnis der tatsächlich anfallenden Heizkosten und angesichts vergeblicher Versuche, diese in Erfahrung zu bringen, habe er eine Pauschalierung der Heizkosten entsprechend der einschlägigen Richtlinien des Städte- und Landkreistages Baden-Württemberg zu den KdU vornehmen dürfen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, in welcher Höhe den Klägern in der Zeit vom 15.4. bis 30.9.2009 weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen. Zwar ist auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht zu beanstanden, dass es von einem Erkenntnisausfall hinsichtlich der Ermittlung der angemessenen Referenzmiete ausgegangen ist (siehe hierzu 5), der nach der Rechtsprechung der beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG den Rückgriff auf die Tabellenwerte des § 12 WoGG im Sinne einer Angemessenheitsobergrenze erforderlich macht. Aufgrund der Gegebenheiten in dem örtlich maßgebenden Vergleichsraum Raumschaft "Umland F." (vgl hierzu 4) ist die Angemessenheitsobergrenze jedoch unter Berücksichtigung der Mietenstufe VI zu bestimmen (vgl hierzu 6). Eine abschließende Entscheidung über die Höhe der angemessenen KdU kann der Senat dennoch nicht treffen, weil weitere Ermittlungen des LSG insbesondere zur Festlegung der neben der Bruttokaltmiete zu übernehmenden Heizkosten sowie einer eventuellen (vorübergehenden) Unmöglichkeit oder subjektiver Unzumutbarkeit einer Kostensenkung erforderlich sind (vgl hierzu 7 bis 9).

11

1. Streitgegenstand sind höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung im Zeitraum vom 15.4. bis 30.9.2009, als sie der Beklagte mit den Bescheiden vom 8.4.2009, 19.8.2009 und 12.1.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4.2.2010 sowie des Teilanerkenntnisses vom 23.5.2011 anerkannt hat. Die Kläger haben den Streitgegenstand zulässigerweise auf die Leistungen der Unterkunft und Heizung beschränkt. Bei diesen handelt es sich um abtrennbare Verfügungen der hier erfassten Bescheide (stRspr seit BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f; Urteil des Senats vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 16).

12

2. Die Klägerin zu 1 sowie ihre 2007 und im Juli 2009 geborenen Kinder (Kläger zu 2 und 3), die ihre Bedarfe nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen decken können, bilden eine Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs 3 Nr 1, 4 SGB II) und sind Berechtigte iS des § 7 Abs 1 SGB II, weil sie im streitigen Zeitraum nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 S 1 SGB II erfüllten.

13

Zu den nach dem SGB II zu erbringenden Leistungen gehören auch solche für Unterkunft und Heizung, die in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit diese angemessen sind (vgl § 22 Abs 1 S 1 SGB II). Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle. Zur Festlegung der abstrakt angemessenen Leistungen für die Unterkunft ist zunächst die angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche örtliche Vergleichsraum zu ermitteln. Angemessen ist eine Wohnung nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 24; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 15; vgl zuletzt Urteile des Senats vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 19 ff und vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81 RdNr 13 ff).

14

3. Als angemessene Wohnfläche im hier streitigen Zeitraum hat das LSG in Anlehnung an das Wohnungsbindungsrecht in Baden-Württemberg eine solche von 90 qm Wohnfläche für einen Vier-Personen-Haushalt zugrunde gelegt. Allerdings ist die angemessene Wohnungsgröße nach der Rechtsprechung des BSG auch bei Bewohnern einer Familie nicht nach der Größe des Haushalts (hier: vier Personen), sondern an der Größe der Bedarfsgemeinschaft zu orientieren. Die absolute Zahl der Nutzer einer Wohnung erlangt Bedeutung bei der Aufteilung der tatsächlichen Wohnkosten nach Kopfzahl. Die auf die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft danach entfallenden tatsächlichen Kosten sind an den abstrakt angemessenen Kosten zu messen (BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 73/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 34 RdNr 23 f). Dies wird das LSG bei seiner erneuten Entscheidung zu berücksichtigen haben, ohne dass dies Einfluss auf die Zurückverweisungsentscheidung des Senats hat (vgl hierzu unter 7). In zeitlicher Hinsicht ist - entsprechend den Ausführungen des LSG - bereits ab 15.4.2009 die abstrakt angemessene Wohnungsgröße für eine aus drei Personen bestehende Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigen. Die Notwendigkeit des Auszugs aus der alten Wohnung ist durch die ARGE F. bestätigt worden und der Umzug wegen der Schwangerschaft der Klägerin zu 1 nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) bereits ab 15.4.2009 erforderlich gewesen.

15

Es ist nicht zu beanstanden, dass das LSG für die Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße auf die Werte der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg zur Sicherung von Bindungen in der sozialen Wohnraumförderung (VwV-SozWo) vom 12.2.2002 (Gemeinsames ABl 2002, 240) idF vom 22.1.2004 (Gemeinsames ABl 2004, 248) zurückgegriffen hat. Hiernach ist für einen Vier-Personen-Haushalt eine Wohnungsgröße von bis zu 90 qm, für einen Drei-Personen-Haushalt eine solche von bis zu 75 qm angemessen. Zur Festlegung der angemessenen Wohnfläche ist auf die Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen (stRspr des BSG; vgl nur Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3). Die Angemessenheit der Wohnungsgröße richtet sich grundsätzlich nach den Werten, welche die Länder aufgrund des § 10 Wohnraumförderungsgesetz vom 13.9.2001 (BGBl I 2376) festgelegt haben (vgl nur BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70, RdNr 20). Das Landesgesetz zur Förderung von Wohnraum und Stabilisierung von Quartierstrukturen in Baden-Württemberg (Landeswohnraumförderungsgesetz ) vom 11.12.2007 (GBl 581) enthält im Zusammenhang mit den Belegungs- und Mietbindungen bei gefördertem Mietwohnraum keine gesetzlich festgelegten und nach Personenzahl differenzierten qm-Größen angemessener Wohnungen (vgl § 15 LWoFG). Die Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße in Anlehnung an die VwV-SozWo ist daher mangels anderweitiger gesetzlicher Ausführungsbestimmungen (vgl LSG Baden-Württemberg Urteil vom 28.11.2014 - L 12 AS 1547/14 - Juris RdNr 36) nicht zu beanstanden ist, wenngleich diese Verwaltungsvorschrift bereits im Jahre 2009 außer Kraft getreten ist (zur grundsätzlichen Anwendbarkeit der VwV-SozWo vgl BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 14; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 20).

16

4. Bei der Festlegung der Raumschaft "Umland F." als örtlich maßgebenden Vergleichsraum zur Ermittlung der abstrakt angemessenen Bruttokaltmiete hat das LSG die Vorgaben des BSG beachtet. Nach der Rechtsprechung der beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG sind bei der Bestimmung des Vergleichsraumes ausreichend große Räume der Wohnbebauung aufgrund räumlicher Nähe, mit zusammenhängender Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit festzulegen. Der Vergleichsraum muss insgesamt betrachtet einen homogenen Lebens- und Wohnbereich darstellen.

17

Ausgehend von dem rechtlich zutreffenden Prüfungsmaßstab zur Bildung von Vergleichsräumen hat das Berufungsgericht in tatsächlicher Hinsicht festgestellt und gewürdigt (vgl zum eingeschränkten Prüfungsumfang BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81), dass sich die Gemeinde Ma. mit 8614 Einwohnern (Stand 31.12.2008) im ländlichen Raum ca 10 km von F. entfernt befindet und zu klein ist, um einen eigenen Mietwohnungsmarkt abbilden zu können. Es begegnet daher keinen Bedenken, wenn der Beklagte in seinem Flächenlandkreis mit 1378,33 qkm und vielen Klein- und Kleinstgemeinden, in denen Mietspiegel nicht vorliegen, Gemeinden im Umkreis von 10 bis 20 km im ländlichen Raum in sog "Raumschaften" zusammengefasst hat. Die Raumschaft "Umland F." umfasst nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) jeweils gut durch ein öffentliches Verkehrsnetz angebundene Gemeinden um die Stadt F. Es ist auch nicht zu erkennen, dass der Beklagte den Vergleichsraum "Umland F." hinsichtlich der dahinter stehenden Einwohnerzahl (Stand Dezember 2008: 36 709) mit den einbezogenen Gemeinden Gl. (3052), Gu. (11 554), Go. (2501), H. (1020), Ma. (8614), Me. (4751) und U. (5217) zu eng bestimmt hat (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 21; BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3; BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 22).

18

5. Das LSG ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass das für diesen Vergleichsraum erstellte Konzept des Beklagten nicht den Mindestanforderungen an die Schlüssigkeit von Konzepten zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten nach dem SGB II entspricht und im Ergebnis eine Nachbesserung wegen Zeitablaufs nicht mehr erfolgen kann.

19

Nach den Grundsätzen, welche die beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG im Zusammenhang mit der Feststellung eines Ausfalls der lokalen Erkenntnismöglichkeiten entwickelt haben, ist die umfassende Ermittlung der Daten sowie deren Auswertung im Sinne der Erstellung eines schlüssigen Konzepts Angelegenheit des Grundsicherungsträgers und bereits für die sachgerechte Entscheidung im Verwaltungsverfahren notwendig. Im Rechtsstreit muss der Grundsicherungsträger sein Konzept auf Anforderung durch das Gericht vorlegen. Entscheidet er ohne ein solches schlüssiges Konzept, ist er im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 S 1 2. Halbs SGG gehalten, dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und ggf eine unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen (BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 73 RdNr 24; vgl BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 21; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 29 RdNr 25). Liegen dennoch keine ausreichenden Daten vor, brauchen insbesondere für weit zurückliegende Zeiträume nicht unverhältnismäßig aufwändige Ermittlungen durchgeführt zu werden. Die Amtsermittlungspflicht der Tatsacheninstanzen ist in diesen Fällen begrenzt, sofern nachvollziehbare Darlegungen dazu erfolgen, warum ein schlüssiges Konzept auf der Grundlage der vorhandenen Erkenntnisse und Daten nicht (mehr) entwickelt werden kann.

20

Bei seiner revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Wertung hat das LSG die Rechtsprechung des erkennenden Senats berücksichtigt, nach der ein Konzept zur Ermittlung der angemessenen Bruttokaltmiete ein planmäßiges Vorgehen im Sinne einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenn auch orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Raum erfordert (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 19). Von der Schlüssigkeit eines Konzepts ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG auszugehen, sofern die folgenden Mindestvoraussetzungen erfüllt sind (vgl zuletzt BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 28 mwN):
- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen;
- Es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung (Art von Wohnungen, Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete/Vergleichbarkeit, Differenzierung nach Wohnungsgröße);
- Angaben über den Beobachtungszeitraum;
- Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel);
- Repräsentativität des Umfangs der einbezogenen Daten;
- Validität der Datenerhebung;
- Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung;
- Angaben über die gezogenen Schlüsse (zB Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

        
21

Das LSG ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht gegeben sind. Ausgehend vom ursprünglichen Ansatz des Beklagten zur Erstellung eines schlüssigen Konzepts auf der Grundlage von Bestandsdatensätzen der Bedarfs- bzw Einstandsgemeinschaften mit Leistungsbezug nach dem SGB II bzw SGB XII im Vergleichsraum ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass es sich hierbei um einen Rückgriff auf Daten aus dem sogenannten einfachen Segment handelt und bei diesem Auswertungsdatensatz der Spannenoberwert, dh der obere Wert der ermittelten Mietpreisspanne, zu berücksichtigen ist. Dies gilt auch nach der - auf Veranlassung des LSG erfolgten - Einbeziehung von Wohngeldempfängern. Werden nur diese Wohnungen von Leistungsempfängern als Datengrundlage herangezogen und wird von den so erhaltenen Werten nochmals der Durchschnitt gebildet, so errechnet sich ein Angemessenheitswert, der unter dem Wert liegt, der für einen Teil der Leistungsempfänger als angemessen akzeptiert wird. Um diesen Zirkelschluss zu vermeiden, ist bei einer Dateneinbeziehung von Wohnungen nur einfachen Standards als Angemessenheitsgrenze dann aber die obere Preisgrenze dieses Segments zu wählen (BSG Urteil vom 23.8.2011 - B 14 AS 91/10 R - Juris RdNr 24; vgl zu Mietspiegeldatensätzen BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 33).

22

Unabhängig hiervon führt jedoch bereits die alleinige Anknüpfung an den Bezug von SGB II- bzw SGB XII-Leistungen bzw Wohngeld hier bereits deshalb zu einer unzureichenden Datenbasis, weil von vornherein kein realitätsgerechtes Abbild der aktuellen Situation bei Neuanmietungen ermöglicht wird. Es ist nicht erkennbar, ob und inwieweit die einbezogenen Daten auch für die Höhe des Mietpreises bei Neuvermietungen repräsentativ sein konnten. Bei der Festlegung der Angemessenheitsobergrenze müssen auch Angebotsmieten einbezogen werden. Anders ist dies nur bei einem Rückgriff auf Mietspiegeldaten, weil hier von vornherein nur solche Mieten berücksichtigt werden, die in den letzten vier Jahren vor dem Stichtag der Datenerhebung geändert oder neu vereinbart worden sind (vgl zur Aktualität von Mietspiegeldaten: BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 30 mwN; vgl zur Vermeidung eines Zirkelschlusses durch Einbeziehung sowohl der Daten der Bestandsmieten der Leistungsempfänger nach dem SGB II und SGB XII als auch der Daten eines qualifizierten Mietspiegels sowie dem Erfordernis regelmäßiger Nacherhebungen BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81 RdNr 22, 30). Insofern ist auch für die Festlegung der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung durch Satzungsregelung in § 22c Abs 1 S 3 SGB II idF des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches in der Neufassung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 13.5.2011 (BGBl I 850) nunmehr ausdrücklich bestimmt, dass in die Auswertung sowohl Neuvertrags- als auch Bestandsmieten einfließen sollen. Weitere Selektionsschritte, die hier zudem eine weitere Verringerung des ohnehin geringen Datenbestands zur Folge hätten, hat der Beklagte nicht durchgeführt. Die von ihm vorgenommene Ergebniskontrolle durch Auswertung der Wohnungsangebote in den unentgeltlichen Anzeigeblättern "Schnapp" und "Zypresse" in den Monaten Oktober bis Dezember 2008 kann eine systematische Einbeziehung des Faktors der Neuvertragsmieten von vornherein, dh bereits bei den Grundlagen der Datenerhebung, nicht ersetzen.

23

Ferner fehlt es - auch dies hat das Berufungsgericht zu Recht hervorgehoben - im Konzept des Beklagten an einer Vergleichbarkeit der einbezogenen Daten, weil er keinen einheitlichen Begriff der Miete verwendet hat. Auch wenn davon auszugehen ist, dass es in dem hier streitigen Zeitraum noch zulässig war, den von ihm gewählten Vergleichsmaßstab einer Nettokaltmiete zugrunde zu legen (vgl Urteil des Senats vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 43 mwN), entstehen vorliegend Verzerrungen durch die unterschiedlichen Maßstäbe bei der Absetzung der kalten Nebenkosten zur Ermittlung der tatsächlich aufgewandten Nettokaltmieten. Während der Beklagte die Nettokaltmieten von Wohngeldempfängern fiktiv unter Heranziehung des Betriebskostenspiegels des Deutschen Mieterbundes bestimmt hat, sind bei den SGB II/SGB XII-Leistungsberechtigten jeweils neben den von ihm als angemessen angesehenen Nettokaltmiete die kalten und warmen Nebenkosten in tatsächlicher Höhe übernommen und entsprechend abgesetzt worden. Nachträglich, also im Jahre 2015 für das Jahr 2009, diesen Maßstab auch bei den Mieten von Wohngeldempfängern zugrunde zu legen, also die tatsächlich aufgewandten kalten Nebenkosten abzusetzen erscheint - unbesehen des erheblichen Aufwandes - schon deshalb nicht möglich, weil im Rahmen der Wohngeldstatistik nur Bruttokaltmieten erhoben werden.

24

Insoweit kann dahingestellt bleiben, welche Konsequenzen eine fehlende Mitwirkung des Grundsicherungsträgers bei der Erstellung eines schlüssigen Konzepts hat und ob die Datenbasis hier insgesamt zu gering war (vgl allgemein zum Umfang der Datenerhebung unter Berücksichtigung des Datenmaterials und der örtlichen Gegebenheiten BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - Juris RdNr 15, 17; BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 30 zur grundsätzlichen Eignung der hinter einem Mietspiegel liegenden Daten, die grundsicherungsrechtliche Angemessenheitsgrenze zu bestimmen).

25

6. Der Erkenntnisausfall hinsichtlich der angemessenen Referenzmiete macht den Rückgriff auf die Tabellenwerte des § 12 WoGG zzgl eines "Sicherheitszuschlags" nach generell-abstrakten Kriterien im Sinne einer Angemessenheitsobergrenze erforderlich. Insofern gehen die Kläger zu Recht davon aus, dass aufgrund der Gegebenheiten in dem örtlich maßgebenden Vergleichsraum Raumschaft "Umland F." die Mietenstufe VI und nicht die von dem Beklagten berücksichtigte Mietenstufe III heranzuziehen ist. Die Mietenstufe III spiegelt das Mietenniveau für den gesamten Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald wider, nicht jedoch für den um ein Vielfaches kleineren Vergleichsraum Raumschaft "Umland F.", in dem die Wohngemeinde des Klägers Ma. liegt.

26

Die hier erforderliche Berücksichtigung der Mietenstufe VI beruht im Ergebnis auf dem Verfahren der Festlegung der Mietenstufen nach dem WoGG und den vorliegend besonderen regionalen Gegebenheiten. § 12 Abs 1 WoGG sieht monatliche Höchstbeträge für Miete und Belastung nach der Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder und der jeweils gültigen Mietenstufe vor. Das Mietenniveau wird vom Statistischen Bundesamt allerdings nur für Gemeinden mit einer Einwohnerzahl von 10 000 und mehr gesondert festgestellt und einer Einwohnerzahl von weniger als 10 000 und gemeindefreien Gebieten nach Kreisen zusammengefasst ausgewiesen (vgl § 12 Abs 3 S 1 Nr 1 und 2 WoGG). Dem folgend hat die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats in der WoGV idF der Bekanntmachung vom 19.10.2001 (BGBl I 2722) für alle Gemeinden in der Bundesrepublik Deutschland Mietenstufen festgelegt (vgl § 38 Nr 2 WoGG). Das Mietenniveau ist die durchschnittliche prozentuale Abweichung der Quadratmetermieten von Wohnraum in Gemeinden (bzw Landkreisen) vom Durchschnitt der Quadratmetermieten des Wohnraums im Bundesgebiet (§ 12 Abs 4 S 1 WoGG). Die insgesamt sechs Mietenstufen für Gemeinden unterscheiden sich damit nach bestimmten, unterschiedlichen Abweichungsstufen der Quadratmetermieten von Wohnraum in den Gemeinden (bzw Kreisen) nach Abs 3 S 1 vom Durchschnitt der Quadratmetermieten des Wohnraums im Bundesgebiet (Stadler/Gutekunst/Dietrich/Fröba, Wohngeldgesetz, § 12 RdNr 21, Stand August 2014).

27

Bezogen auf den hier maßgebenden örtlichen Vergleichsraum ist ausschließlich für die Gemeinde Gu. als Mietenniveau aufgrund der Auswertung der Wohngeldstatistik durch das Statistische Bundesamt (vgl § 12 Abs 4 WoGG) die Mietenstufe VI gesondert festgestellt worden. Entsprechend § 12 Abs 3 S 1 Nr 2 WoGG ist (wegen einer Einwohnerzahl von unter 10 000) weder für die Wohngemeinde der Kläger in Ma. noch für eine der anderen Gemeinden des Vergleichsraums (Gl., Go., H., Me., U.) ein eigenständiges Mietenniveau bestimmt worden. Vielmehr wird jeweils das Mietenniveau für den gesamten Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald, also die Mietenstufe III, zugrunde gelegt.

28

Unter Berücksichtigung der hier gegebenen regionalen Verhältnisse kann allein die in den Vergleichsraum einbezogene Gemeinde Gu. und deren Mietenstufe VI als für die Verhältnisse im Vergleichsraum repräsentativ angesehen werden. Der erkennende Senat hat bereits darauf hingewiesen, dass die regionalen Verhältnisse auch bei einem Rückgriff auf die Tabelle zu § 12 WoGG durch die Bildung von Mietenstufen einfließen (BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 73 RdNr 28-29; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 22). Es ist allerdings wertend einzubeziehen, dass die Bemessung der zuschussfähigen Höchstbeträge für die Miete im Rahmen des Wohngeldrechts - anders als bei den angemessenen KdU nach dem SGB II - nicht allein nach dem Mietenniveau im Vergleichsraum bzw den regionalen Wohnungsmärkten erfolgt, sondern maßgeblich (auch) von der Zuordnung zu Gemeindegrößenklassen abhängig ist (vgl zu Reformüberlegungen beim Wohngeldrecht bereits BT-Drucks 10/1144 S 3; zur Ablehnung einer Begrenzung der angemessenen KdU auf die monatlichen Höchstbeträge nach § 12 Abs 1 WoGG im Gesetzgebungsverfahren zum Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - BT-Drucks 17/3982 S 7 f).

29

Die in den Vergleichsraum einbezogene Gemeinde Gu. kann sowohl hinsichtlich ihrer Einwohnerzahl (Stand Dezember 2008: 11 554) als auch für die tatsächlichen, durch die Nähe zur Stadt F. geprägten Verhältnisse im Vergleichsraum mit insgesamt 36 709 Einwohnern (Stand Dezember 2008) als repräsentativ angesehen werden. Demgegenüber ist die Mietenstufe III des gesamten Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald mit insgesamt 250 132 Einwohnern (Stand Dezember 2008) in deutlich geringerem Umfang repräsentativ für die Bestimmung der Angemessenheitsobergrenze im Vergleichsraum. Die Mietenstufe VI ist daher auch für die weiteren Gemeinden in dem gebildeten Vergleichsraum, also auch die Gemeinde Ma., heranzuziehen. Insofern konkretisiert der Senat die bisherige Rechtsprechung des BSG zur hilfsweisen Heranziehung der Tabellenwerte des § 12 WoGG bezogen auf Vergleichsräume, in denen für die Wohngemeinde nicht zugleich eine eigene Mietenstufe festgelegt worden ist.

30

Der Senat hat bereits entschieden, dass wegen der nur abstrakten, vom Einzelfall und den konkreten Umständen im Vergleichsraum losgelösten Begrenzung der angemessenen Bruttokaltmiete im Wohngeldrecht (§ 9 Abs 1 WoGG) auf den jeweiligen Höchstbetrag der Tabelle, also die rechte Spalte, zurückzugreifen und ein "Sicherheitszuschlag" unter Berücksichtigung genereller, abstrakter Kriterien in Höhe von 10 % festzulegen ist (BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 73 RdNr 25 f; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 20 ff). Unter Berücksichtigung der Mietenstufe VI ergibt sich eine Angemessenheitsobergrenze für die Bruttokaltmiete für den Drei-Personen-Haushalt der Kläger (vgl oben unter 3) von 653,40 Euro (594 Euro zzgl eines Sicherheitszuschlags von 10 %) bzw 217,80 Euro je Bedarfsgemeinschaftsmitglied (für den vom LSG zu Unrecht bei der Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße zugrunde gelegten Vier-Personen-Haushalt von 762,30 Euro <693 Euro zzgl eines Sicherheitszuschlags von 10 %> ergäbe sich ein kopfteiliger angemessener Leistungsbetrag von 190,58 Euro).

31

7. Eine abschließende Entscheidung über die Höhe der angemessenen Leistungen nach § 22 Abs 1 S 1 SGB II konnte der Senat jedoch nicht treffen, weil insbesondere weitere Ermittlungen - die Beträge nach § 12 WoGG ergänzend - zur Festlegung der tatsächlich zu tragenden Heizkosten erforderlich sind.

32

Die Prüfung der Angemessenheit der Heizkosten muss getrennt von derjenigen der Bruttokaltmiete erfolgen (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 18). Auch bei nicht näher aufgeschlüsselten monatlichen Betriebs- und Heizkosten gilt der Grundsatz, dass ein Anspruch auf Leistungen für Heizung als Teil der Gesamtleistung grundsätzlich in Höhe der konkret-individuell geltend gemachten tatsächlichen Aufwendungen besteht, soweit diese angemessen sind. Bedarfsrelevant sind allein die zu leistenden Vorauszahlungen für Miete und Heizung (vgl hierzu grundlegend BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81 RdNr 34 f). Da nachträgliche Betriebs- oder Heizkostenabrechnungen keine Auswirkungen auf die allein bedarfsrelevanten Vorauszahlungen haben (vgl BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81, RdNr 35; BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 52/09 R - Juris RdNr 23), kommt der fehlenden Vorlage der späteren Heiz- und Betriebskostenabrechnungen durch die Kläger - unbesehen einer konkreten Anrechnung von Betriebs- und Heizkostennachzahlungen im jeweils aktuellen Bewilligungsabschnitt (vgl hierzu § 22 Abs 3 SGB II) - keine Bedeutung für den hier streitigen Zeitraum zu. Dabei ist die Angemessenheit der Aufwendungen für die Heizung so lange zu bejahen, wie die Kosten unter dem Grenzbetrag eines kommunalen oder bundesweiten Heizspiegels liegen (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 41 ff mwN).

33

Da die Höhe der konkret-individuellen Aufwendungen für die Heizung aufgrund der einheitlichen Vorauszahlung der monatlichen Betriebs- und Heizkosten im streitigen Zeitraum vorliegend nicht beziffert waren, sind in einem ersten Schritt als aufgewandt anzusehende Heizkosten in der Weise zu ermitteln, dass von den Vorabzahlungen - hier in Höhe von 210 Euro - die abstrakt angemessenen Betriebskosten (je qm) abzusetzen sind (BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81 RdNr 34). Ausgehend von seinem rechtlichen Standpunkt hat das Berufungsgericht keine Feststellungen zu den abstrakt angemessenen kalten Betriebskosten für eine 90-qm-Wohnung im streitigen Zeitraum getroffen. Den Feststellungen des LSG ist lediglich zu entnehmen, dass der Beklagte den Betrag in Höhe von 210 Euro für die Neben- und Betriebskosten sowie die Heizungs- und Warmwasserkosten in der Weise "aufgeteilt" hat, dass er einen Betrag in Höhe von 124 Euro den kalten Nebenkosten zugeordnet und den Restbetrag in Höhe von 86 Euro als Heizkosten berücksichtigt hat. Auf welcher Grundlage der Beklagte die Höhe der kalten Nebenkosten festgelegt hat und ob es sich hierbei um die abstrakt angemessenen Betriebskosten handelt, ist den Feststellungen des LSG nicht zu entnehmen. Bei den noch erforderlichen Feststellungen kann auf bereits vorliegende Daten aus Betriebskostenübersichten zurückgegriffen werden, wegen der regionalen Unterschiede insbesondere bei Ver- und Entsorgungsdienstleistungen allerdings im Ausgangspunkt auf örtliche Übersichten und insoweit auf die sich daraus ergebenden Durchschnittswerte (vgl hier näher BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 34). Ist vorliegend ein geringerer Betrag für die abstrakt angemessenen kalten Betriebskosten anzusetzen, könnten sich bei einer Absetzung derselben von den Vorauszahlungen höhere Heizkosten ergeben, die zugunsten der Kläger kopfteilig ergänzend neben dem Wert der Referenzmiete nach § 12 WoGG in Höhe von 653,40 Euro für den Drei-Personen-Haushalt zu berücksichtigen wären.

34

Der demnach verbleibende Betrag, der den Heizungskosten zuzurechnen ist, ist mit den Grenzwerten aus den bundesweiten Heizspiegeln für 2009 für öl-, erdgas- und fernwärmebeheizte Wohnungen abzugleichen, soweit keine "kommunalen Heizspiegel" existieren. Der Grenzwert errechnet sich als Produkt aus dem Wert, der auf extrem hohe Heizkosten bezogen auf den jeweiligen Energieträger und die Größe der Wohnanlage hindeutet, und dem Wert, der sich für den Haushalt des Hilfebedürftigen als abstrakt angemessene Wohnfläche ergibt (vgl BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 22; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 42). Bei einer Warmwasserzubereitung über die Heizung ist derjenige Anteil, der für die Warmwasserbereitung im Rahmen der Haushaltsenergie in der Regelleistung enthalten ist, abzusetzen. Der von dem Beklagten bei den Klägern bisher - gleichfalls ohne weitere Begründung und Angabe der Heizungsart und der beheizten Gesamtwohnfläche des Hauses - zugrunde gelegte Wert für Heizkosten von 1 Euro je qm liegt jedenfalls unterhalb der Grenzwerte für sämtliche Heizarten aus dem bundesweiten Heizspiegel für 2009.

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8. Bei seiner erneuten Prüfung der Angemessenheit der KdU für den hier streitigen Zeitraum wird das LSG auch über die bisher offen gelassene Frage entscheiden müssen, ob die Kosten in Höhe von 20 Euro für einen Stellplatz von dem Beklagten zu übernehmen sind. Ausgangspunkt ist dabei die mietvertragliche Vereinbarung der Klägerin zu 1 und ihres Ehemannes. Abzustellen ist auf dasjenige, was zu Wohnzwecken angemietet wurde oder untrennbarer Gegenstand der Mietvereinbarung ist (BSG Urteil vom 6.8.2014 - B 4 AS 37/13 R - FEVS 66, 348 ff). Dabei ist zu prüfen, ob es sich bei den geltend gemachten Kosten um solche Betriebskosten handelt, die von § 2 der Verordnung über die Aufstellung von Betriebskosten - Betriebskostenverordnung -(BGBl I 2003, 2346) erfasst sind. Für die vergleichbare Fallgestaltung einer Garage hat das BSG eine Ausnahme nur für Fallgestaltungen angenommen, in denen die Wohnung ohne eine solche nicht anmietbar ist und der Mietpreis sich bei fehlender "Abtrennbarkeit" der Garage noch innerhalb des Rahmens der Angemessenheit für den maßgeblichen Wohnort bewegt (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 28).

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9. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das LSG weiter zu prüfen haben, ob die ggf zu hohen tatsächlichen Unterkunftskosten für eine Übergangszeit zu übernehmen sind, weil den Klägern eine Kostensenkung nicht möglich oder nicht zumutbar war. Nach § 22 Abs 1 S 3 SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) sind auch unangemessene Unterkunftskosten vom Grundsicherungsträger zu übernehmen, wenn es dem Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Von einer Kostensenkung kann für eine Übergangszeit unter der Voraussetzung abgesehen werden, dass eine solche nicht möglich oder subjektiv nicht zumutbar ist (vgl zum Ausnahmecharakter der Regelung und den Anforderungen an die Auslegung der Tatbestandsmerkmale der Unmöglichkeit und der Unzumutbarkeit: BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 32 ff). Eine vorübergehende subjektive Unzumutbarkeit eines erneuten Umzugs könnte sich aus der Schwangerschaft der Klägerin zu 1 und der Geburt der Klägerin zu 3 nur drei Monate nach dem von der ARGE F. für erforderlich gehaltenen Umzugs aus der alten Wohnung ergeben. Insofern fehlt es an Feststellungen des LSG zu den näheren Umständen des Zusammenwirkens der ARGE F. und des Beklagten bei der Anmietung der neuen Wohnung.

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10. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

I.

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 19.10.2016 in der Fassung des Beschlusses vom 08.11.2016 - S 13 AS 361/16 - wird zugelassen.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde wird als Berufung fortgeführt.

Gründe

Streitig ist die Höhe der vom Beklagten festgelegten Mietobergrenze bezüglich der Kosten für Unterkunft und Heizung im Rahmen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II). Das Sozialgericht Nürnberg (SG) hat das von der Beklagten erstellte Konzept zur Festlegung der Mietobergrenze nicht beigezogen. Auch auf das Vorliegen der vom Beklagten erstellten Nachholung des schlüssigen Konzeptes findet sich in den Akten des SG kein Hinweis. Dies aber ist zur Prüfung der Schlüssigkeit erforderlich. Zudem hat das SG nicht versucht, aus den vorliegenden bzw. noch zu erhebenden Daten unter Mitwirkung des Beklagten ein solches schlüssiges Konzept zu erstellen, obwohl es hierzu nach der Rechtsprechung (u.a. BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R - Juris) verpflichtet wäre. Erst wenn festgestellt wird, dass keine ausreichenden Daten vorliegen, wird die Amtsermittlungspflicht begrenzt, sofern nachvollziehbare Darlegungen dazu erfolgen, warum ein schlüssiges Konzept auf der Grundlage der vorhandenen Erkenntnisse und Daten nicht (mehr) entwickelt werden kann (vgl. BSG aaO).

Damit weicht das SG von der obergerichtlichen Rechtsprechung ab und es liegt ein wesentlicher Verfahrensfehler wegen Verletzung der Amtsermittlungspflicht vor.

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, denn hierüber ist im Rahmen des Berufungsverfahrens zu entscheiden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

Tenor

I.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 11.05.2016 - S 13 AS 1185/15 - wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu tragen.

Gründe

I. Streitig ist die Übernahme um 25,30 EUR monatlich höherer Unterkunfts- und Heizungskosten für die Zeit von November 2015 bis Februar 2016. Die Klägerin zu 1. lebt mit ihrem 1993 geborenen Sohn, dem Kläger zu 2., in einer 58,26 qm großen Wohnung, für die sie nach einer Mieterhöhung um 39,05 EUR ab 01.05.2015 monatlich 456,30 EUR Bruttokaltmiete und 45,00 EUR Heizkosten zahlen. Nach Hinweis des Beklagten auf die angemessenen Unterkunftskosten bewilligte dieser mit Bescheid vom 11.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.09.2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) unter Berücksichtigung der gesamten zu zahlenden Unterkunfts- und Heizungskosten bis Oktober 2015. Von November 2015 bis Februar 2016 wurden aber lediglich die angemessenen Unterkunftskosten in Höhe von 431,00 EUR monatlich und zusätzlich die Heizungskosten in Höhe von 45,00 EUR übernommen. Mit Änderungsbescheiden vom 25.11.2015, 29.11.2015 und 10.03.2016 änderte der Beklagte die Höhe des Regelbedarfes der Kläger wegen Einkommenserzielung der Klägerin zu 1. ab. Die Unterkunfts- und Heizungskosten waren hiervon in ihrer Höhe nicht betroffen. Allein wegen der Unterkunfts- und Heizungskosten im Rahmen des Bescheides vom 11.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.09.2015 haben die Kläger am 23.10.2015 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Das SG hat ohne weitere Ermittlungen und nach Hinweis an die Beteiligten, dass die Bescheide vom 25.11.2015, 29.11.2015 und 10.03.2016 die Unterkunfts- und Heizungskosten nicht änderten und daher nicht Gegenstand des Verfahrens geworden seien, den Beklagten verurteilt, für die Zeit von November 2015 bis Februar 2016 Alg II unter Berücksichtigung der tatsächlich zu zahlenden Unterkunftskosten zu gewähren. Das vorgelegte Konzept zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten sei nicht schlüssig, so dass die Werte der Wohngeldtabelle heranzuziehen seien. Diese sähen für 2016 Unterkunftskosten nach Mietstufe 3 in Höhe von 473,00 EUR ohne den Sicherheitszuschlag und zzgl. der Heizungskosten vor. Für 2015 sei nach der Wohngeldtabelle in der vom 01.01.2011 bis 31.12.2015 geltenden Fassung ein Wert von 402,00 EUR anzusetzen, der vorliegend um 15% im Hinblick auf die zunehmende Verschlechterung des Wohnungsmarktes zu erhöhen sei, so dass bis Ende 2015 ebenfalls die vollen Unterkunftskosten sowie zusätzliche Heizungskosten in Höhe von 45,00 EUR zu übernehmen seien. Die Berufung hat das SG nicht zugelassen. Dagegen hat der Beklagte Nichtzulassungsbeschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben. Die Frage, ob es sich bei den im Auftrag des Beklagten erstellten Konzept um ein schlüssiges im Sinne der Rechtsprechung handle, sei von grundsätzlicher Bedeutung und betreffe eine Vielzahl von Fällen. Zudem habe das SG einen Verfahrensfehler begangen, denn es habe die Bescheide vom 25.11.2015, 29.11.2015 und 10.03.2016 nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Diese Bescheide hätten den ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 11.08.2015 auch hinsichtlich der Unterkunfts- und Heizungskosten ersetzt. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II. Die fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 145 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, sachlich aber nicht begründet. Es gibt keinen Grund, die gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG wegen des Wertes des Beschwerdegegenstandes ausgeschlossene Berufung zuzulassen. Der Beschwerdewert wird nicht erreicht. Auch sind nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).

Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage abstrakter Art aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern, wobei ein Individualinteresse nicht genügt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11.Aufl, § 144 RdNr. 28). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, die sich nach der Gesetzeslage und dem Stand der Rechtsprechung und Literatur nicht ohne weiteres beantworten lässt. Nicht klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn die Antwort auf sie so gut wie unbestritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr. 17) oder praktisch von vornherein außer Zweifel steht (BSG SozR 1500 § 160a Nr. 4). Der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Frage, ob es sich um ein schlüssiges Konzept handle, stellt nämlich keine Rechtsfrage, sondern eine Frage der tatrichterlichen Beweiswürdigung dar (vgl. dazu BSG, Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - veröffentlicht in juris). Die Rechtsfrage, welche Anforderungen an ein schlüssiges Konzept zu stellen sind, hat das BSG bereits ausführlich geklärt (vgl. BSG a. a. O. m. w. N.). Deshalb ist vorliegend nicht darauf einzugehen, ob das SG Anlass gehabt hätte, weitere Ermittlungen vorzunehmen (inkl. einer Nachbesserungsmöglichkeit des Konzepts durch den Beklagten - vgl. dazu: BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 4 AS 16/11 R - veröffentlicht in juris), und ob die Würdigung der Schlüssigkeit des Konzeptes durch das SG ausreichend und zutreffend war. Für ein bewusstes Abweichen des SG von der obergerichtlichen Rechtsprechung fehlen ebenfalls Anhaltspunkte. Dazu müsste das SG einen abstrakten Rechtssatz aufgestellt haben, der mit einem abstrakten Rechtssatz der Obergerichte nicht übereinstimmt; es muss ein Widerspruch im Grundsätzlichen bestehen, ein Rechtsirrtum im Einzelfall genügt nicht (Leitherer a. a. O., § 160 RdNr. 13, 14). Ein solches Abweichen wird vom Beklagten nicht geltend gemacht. Insbesondere aber weicht die Nichteinbeziehung der Änderungsbescheide vom 25.11.2015, 29.11.2015 und 10.03.2016 vorliegend nicht von der obergerichtlichen Rechtsprechung ab, auch wenn das SG seine Auffassung nicht näher begründet, obwohl hierzu Anlass bestanden hätte. Die Entscheidung des Beklagten zu den Unterkunfts- und Heizungskosten kann Gegenstand eines gesonderten Verfahrens sein. Die erlassenen Änderungsbescheide betreffen diese Leistungen im streitgegenständlichen Verfahren jedoch nicht. Deshalb kann - muss aber nicht - in den Ausführungen des Beklagten im Rahmen der Änderungsbescheide zu den - unveränderten - Unterkunfts- und Heizungskosten lediglich die Wiederholung eines Verfügungssatzes gesehen werden, der eine eigene Verwaltungsaktqualität nicht zukommt (vgl. dazu BSG, Beschluss vom 04.02.2014 - B 13 R 161/13 B - veröffentlicht in juris). Die Änderungsbescheide beziehen sich dann lediglich auf die Höhe der Regelleistung nach Einkommensanrechnung, die aber Gegenstand eines gesonderten Verfahrens sein können und vorliegend auch waren (vgl. dazu auch BSG, Urteil vom 12.01.2015 - B 14 AS 34/14 R -; BSG, Urteil vom 05.06.2014 - B 4 AS 49/13 R - veröffentlicht jeweils in juris). Auch hinsichtlich der Höhe des auf die Werte der Wohngeldtabelle aufzuschlagenden Sicherheitszuschlages - das SG hat einen Aufschlag um 15% wegen Verschlechterung des Mietwohnungsmarktes berücksichtigt - ist kein solches Abweichen zu erkennen, denn das BSG hat die Höhe des Aufschlages nicht ausdrücklich auf 10% begrenzt (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R -: „etwa von 10%“; BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 4 AS 16/11 R - veröffentlicht in juris mit Hinweis auf die dabei nicht zu berücksichtigenden Kriterien). Der Hinweis des SG auf die Veränderung am Mietwohnungsmarkt - dies drückt sich auch in der deutlichen Erhöhung der Werte der Wohngeldtabelle aus - erscheint dabei durchaus als erwägenswert. Ein bewusstes Abweichen des SG von der obergerichtlichen Rechtsprechung durch Bildung eines eigenen, von der obergerichtlichen Rechtsprechung abweichenden Rechtssatzes liegt jedoch nicht vor. Der Beklagte macht vorliegend auch lediglich einen Verfahrensfehler geltend. Er trägt vor, das SG hätte die Änderungsbescheide vom 25.11.2015, 29.11.2015 und 10.03.2016 zum Gegenstand des Verfahrens machen müssen. Damit rügt er eine Verletzung des § 96 SGG. Bei dieser Rüge ist neben der Darlegung eines Verfahrensmangels erforderlich, dass die Entscheidung des SG auf diesen Verfahrensfehler beruhen kann (Leitherer a. a. O. § 144 Rn. 36, § 160 Rn. 23). Soweit die mangelnde Einbeziehung der Änderungsbescheide überhaupt einen Verfahrensmangel darstellt (vgl. oben), kann er nur zur Zulassung der Berufung führen, wenn die Entscheidung auf ihm beruhen kann, also die Möglichkeit besteht, dass er die Entscheidung beeinflusst hat (vgl. Leitherer a. a. O. § 144 Rn. 35). Diese Darlegung ist vorliegend nicht durch den Beklagten erfolgt. Das Urteil des SG ist aber auch durch den - unterstellten - Verfahrensmangel tatsächlich nicht beeinflusst worden. Eine andere Entscheidung des SG wäre auch bei Einbeziehung der Änderungsbescheide hinsichtlich der jeweiligen Verfügungen zu den Unterkunfts- und Heizungskosten nicht getroffen worden. Eine Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes durch das SG (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 4 AS 16/11 R - veröffentlicht in juris) macht der Beklagte nicht geltend. Nach alledem war die Beschwerde mit der Folge zurückzuweisen, dass das Urteil des SG rechtskräftig ist (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

(1) Die Nichtzulassung der Berufung durch das Sozialgericht kann durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten einzulegen.

(2) Die Beschwerde soll das angefochtene Urteil bezeichnen und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Landessozialgericht entscheidet durch Beschluss. Die Zulassung der Berufung bedarf keiner Begründung. Der Ablehnung der Beschwerde soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Mit der Ablehnung der Beschwerde wird das Urteil rechtskräftig.

(5) Läßt das Landessozialgericht die Berufung zu, wird das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Darauf ist in dem Beschluß hinzuweisen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.