Arbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 08. Juli 2016 - 4 Ca 365/16

ECLI:ECLI:DE:ARBGD:2016:0708.4CA365.16.00
bei uns veröffentlicht am08.07.2016

Tenor

1.Die Klage wird abgewiesen.

2.Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3.Streitwert: 10.000,00 €.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 15 Entschädigung und Schadensersatz


(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Wegen eines Schadens,

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 61 Inhalt des Urteils


(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest. (2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 1 Ziel des Gesetzes


Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 22 Beweislast


Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 82 Leistungen zur Förderung der Verständigung


Leistungen zur Förderung der Verständigung werden erbracht, um Leistungsberechtigten mit Hör- und Sprachbehinderungen die Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Leistungen umfassen insbesondere Hilf

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Landesarbeitsgericht Hamburg Urteil, 19. Feb. 2014 - 3 Sa 39/13

bei uns veröffentlicht am 19.02.2014

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 2. Mai 2013 – 5 Ca 370/12 – wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 23. Aug. 2012 - 8 AZR 285/11

bei uns veröffentlicht am 23.08.2012

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. November 2010 - 17 Sa 1410/10 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08

bei uns veröffentlicht am 22.07.2010

Tenor Auf die Revision des Beklagten, die Anschlussrevision und die Revision der Klägerin wird das Schlussurteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. November 2008 -

Bundesarbeitsgericht Urteil, 28. Jan. 2010 - 2 AZR 764/08

bei uns veröffentlicht am 28.01.2010

Tenor 1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 17. Juli 2008 - 16 Sa 544/08 - aufgehoben.

Referenzen

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten, die Anschlussrevision und die Revision der Klägerin wird das Schlussurteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. November 2008 - 15 Sa 517/08 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in zwei in der Revisionsinstanz verbundenen Verfahren darüber, ob der Klägerin für die Vergangenheit und die Zukunft ein Schadensersatzanspruch wegen geschlechtsspezifischer Benachteiligung bei einer Beförderungsentscheidung und zu dessen künftiger Bezifferung Auskunftsansprüche gegen den Beklagten zustehen. Darüber hinaus verlangt die Klägerin immateriellen Schadensersatz und stellt einen Feststellungsantrag betreffend Schadensersatz für den Zeitraum ab Dezember 2006.

2

Der Beklagte ist ein rechtsfähiger wirtschaftlicher Verein. Er gliedert sich in zehn Bezirksdirektionen und zwei Generaldirektionen. Eine Generaldirektion befindet sich in B, die andere in M. Beide haben eigenständige Personalverwaltungen, denen jeweils eine Person vorsteht, die - mit Ausnahme der Klägerin - bis zum 9. Dezember 2006 als Personalleiter/in bezeichnet wurden. Übergeordnet war die Personaldirektion mit dem Personaldirektor. Dieser wird seit dem 10. Dezember 2006 als Personalleiter, die Personaldirektion als Personalabteilung bezeichnet.

3

Die 1961 geborene Klägerin hat 1986 eine Ausbildung zur „staatlich geprüften Betriebswirtin“ erfolgreich beendet. Sie war bei früheren Arbeitgebern ua. in der Personalentwicklungsarbeit tätig. Seit Mitte 2007 ist sie als Schwerbehinderte anerkannt.

4

Die Klägerin war am 1. Januar 1993 bei dem Beklagten als Personalreferentin eingestellt worden. Zum 1. Juli 1995 wurde ihr die Stellvertretung für die Personalverwaltung in B mit 340 Mitarbeitern übertragen. Ab Mai 2001 war die Klägerin in Teilzeit für die Beklagte tätig. Mit Wirkung ab 1. Januar 2006 wurde sie zur Abteilungsleiterin der Abteilung Personalverwaltung in der Personaldirektion B ernannt. Auf Basis einer „Zusatzvereinbarung“ zum Anstellungsvertrag wurde sie ab 1. Oktober 2006 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35,79 Stunden beschäftigt. Im Jahre 2007 erhielt sie eine monatliche Bruttovergütung von 4.647,24 Euro. In Zwischenzeugnissen vom 31. Januar 1999 und 16. Februar 2007 wurde der Klägerin bescheinigt, dass sie „stets“ bzw. „jederzeit“ ihre Aufgaben „zu unserer vollen Zufriedenheit“ erledigt habe.

5

Mitte der 1990-iger Jahre war Personalleiterin der Generaldirektion B Frau G und der Generaldirektion M Frau S. Beide sind Juristinnen. Hierarchisch stellte der Beklagte die Personalleiter den Abteilungsdirektoren gleich. Frau S ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und war 1990 vom Beklagten als Personalreferentin eingestellt worden. Zum 1. April 1994 übernahm Frau G kommissarisch die Leitung der Personaldirektion und Frau S wurde zu ihrer Stellvertreterin berufen. Frau G schied Ende September 1999 bei dem Beklagten aus. Faktisch leitete die Klägerin im Jahre 1999 die Personalverwaltung der Generaldirektion B für fünf Monate bis Dr. Mü von dem Beklagten als Nachfolger für Frau G eingestellt wurde. Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht. Mit Wirkung vom 1. Januar 2001 wurde ihm die Amtsbezeichnung „Personaldirektor“ verliehen. Wegen Mutterschutzes und Erziehungsurlaubs/Elternzeit war die Personalleiterin der Generaldirektion M S vom 14. August 1999 bis 7. Juli 2005 nicht berufstätig. Seither arbeitet sie in Teilzeit. Ihr obliegt im Wesentlichen die juristische Sachbearbeitung der Personaldirektion (ab Dezember 2006: Personalabteilung). Aufgaben der Personalleitung nimmt sie seither nicht mehr wahr. Wegen ihres absehbaren Ausfalles suchte der Beklagte mit Anzeige von Anfang August 1999 befristet für ca. zwei Jahre eine/n Personalleiter/in für M. In der Anzeige wurde ein Schwerpunkt „konzeptionelle Personalarbeit“ ebenso wenig erwähnt, wie das Erfordernis eines Hochschulabschlusses. Nachdem an einer befristeten Einstellung kein Bewerber Interesse gezeigt hatte, wurde zum 1. Januar 2000 Herr R als Personalleiter der Generaldirektion M unbefristet mit einer 40-Stunden-Woche eingestellt. Der 1960 geborene und an einer Hochschule ausgebildete Diplom-Ökonom mit dem Ausbildungsschwerpunkt Personalwesen, Unternehmensführung und Organisation war bei dem Beklagten von Anfang an der Ebene der Abteilungsdirektoren, dh. mindestens einer Ebene über der Klägerin, zugeordnet. Zwischen dem 1. Januar 2007 und dem 31. Juli 2008 verdiente Herr R 28.214,66 Euro mehr als die Klägerin. Darin enthalten ist eine variable Vergütung für 2007 in Höhe von 8.291,00 Euro. Bei dieser Differenzberechnung ist die Teilzeittätigkeit der Klägerin entsprechend berücksichtigt.

6

Zum 1. Juli 2001 wurde der Personalleiter der Generaldirektion B und Personaldirektor Dr. Mü mit gleichbleibendem Aufgabenbereich nach M versetzt. Nachdem er zunehmend Justitiariatsaufgaben erfüllte, übernahm die Klägerin spätestens ab Sommer 2003 - nach ihrem Vorbringen ab 2002 - die Aufgaben der Personalverwaltung B. Entsprechend wurde sie in den Jahrbüchern des Beklagten als zuständig für die Personalverwaltung B bezeichnet und zwar ab 2002 als Personalreferentin und ab 2006 als Abteilungsleiterin.

7

Zu ihren Aufgaben im Bereich der Personalentwicklung gehörte ua. im Jahre 1994 die Erstellung eines Anforderungsprofils zur Einführung eines elektronischen Zeiterfassungssystems. 1993/1994 und 1999 entwickelte sie ein Konzept zur Erstellung von Stellen- und Tätigkeitsbeschreibungen. Für den Standort B führte sie konzeptionell und organisatorisch Mitarbeiterbeurteilungsgespräche durch. Nach der Übertragung der Traineeausbildung in den Jahren 1999/2000 auf den Personalbereich entwickelte die Klägerin hierzu ein Konzept. Auch führte sie Weiterbildungsmaßnahmen und Schulungen zur DIDAS-Datenbank durch.

8

Zu den Aufgaben, welche die Klägerin und Herr R jedenfalls bis zum 9. Dezember 2006 beide wahrgenommen hatten, gehörte die Leitung der Personalverwaltung der jeweiligen Generaldirektion. Dazu zählte ua. die Personalbetreuung mit dem Führen von Bewerbungsgesprächen, Abfassen von Abmahnungen, Betriebsratsanhörungen vor Kündigungen, die Kontroll- und Verantwortungsfunktion für die unterstellten Mitarbeiter sowie Tätigkeiten der eigenen allgemeinen Personalentwicklungsarbeit. Beide waren im selben Umfange zeichnungsberechtigt.

9

Anfang 2006 teilte Dr. Mü der Klägerin mit, dass er wohl die Leitung der neu zu gründenden Rechtsabteilung übernehmen werde. Als sein Nachfolger für die Personaldirektion komme aus seiner Sicht Herr R oder ein Externer in Betracht.

10

Im Dezember 2006 hatte die Personalstruktur beim Beklagten folgende Gestalt:

        

        

Männer

Frauen

Gesamt

        

Vorstand

3       

0       

3       

        

Direktoren

15    

0       

15    

        

Bezirksdirektoren

9       

0       

9       

        

Abteilungsdirektoren

8       

4       

12    

        

Stellv. Bezirksdirektoren

3       

1       

4       

        

Abteilungsleiter

12    

19    

31    

        

Fachreferenten

2       

3       

5       

        

Fachjuristen

6       

1       

7       

        

sonstige AT-Mitarbeiter

34    

24    

58    

        

gesamter AT-Bereich

92    

52    

144     

        

Gesamtbelegschaft

348     

780     

1128   

        

Gesamtbelegschaft in %

31 %   

69 %   

        
11

Zu dieser Zeit waren in den höchsten zwei Gehaltsstufen des nachwirkenden Tarifvertrages und im außertariflichen Bereich 2/3 aller Männer und 1/3 aller Frauen eingruppiert. 95 % der Teilzeitkräfte waren Frauen. Der Aufsichtsrat des Beklagten bestand aus 19 Männern und zwei Frauen.

12

Am 9. Dezember 2006 erfuhr die Klägerin von Dr. Mü, dass Herr R sein Nachfolger werden solle. Mit E-Mail vom 10. Dezember 2006 bat der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin ua. um schriftliche Präzisierung der geplanten Maßnahme und um Mitteilung, wie sich künftig die Stellung der Klägerin in der Betriebshierarchie und ihre Befugnisse darstellen sollten. Mit Aushang vom 10. Dezember 2006 informierte der Beklagte darüber, dass Herr Personalleiter R „mit sofortiger Wirkung zusätzlich zur Personalleitung der GD M die Personalleitung für die GD B und die Bezirksdirektionen“ übernehme.

13

Mit Schreiben vom 17. Dezember 2006 wies die Klägerin gegenüber dem Vorstandsmitglied Dr. H ua. darauf hin, dass ihr nicht klar sei, wie sich ihre Stellung in der Betriebshierarchie darstelle und mit welchen Verantwortlichkeiten sie ausgestattet bleibe und werde. Darüber hinaus sehe sie eine frauenspezifische Benachteiligung bei der Beförderungsentscheidung. Auch kämen auf der wirklichen Führungsebene Frauen nicht an, obwohl das Unternehmen weiblich dominiert sei.

14

Anlässlich eines Gespräches am 20. Dezember 2006 in B zwischen Herrn R, der Klägerin und den drei weiteren dort tätigen Mitarbeiterinnen der Personalverwaltung erläuterte Herr R, dass es künftig die Begriffe Personaldirektion und Personalverwaltung nicht mehr geben werde. Stattdessen existiere nur noch eine Personalabteilung, die aus der „Personalabteilung M“, die er leite, sowie aus der „Personalabteilung B“, welche die Klägerin leite, bestehe. Die Klägerin bat darum, ihr diese unveränderte hierarchische Einordnung schriftlich zu bestätigen, was Herr R zusagte.

15

Am Nachmittag dieses Tages äußerte Herr R in einem weiteren Gespräch mit der Klägerin, sie solle sich überlegen, wie sie ihre berufliche Zukunft sehe. Über dieses Gespräch hat die Klägerin einen Aktenvermerk gefertigt.

16

Das Mitglied des Vorstandes der Beklagten Dr. H teilte der Klägerin mit Schreiben vom 3. Januar 2007 ua. Folgendes mit:

        

„Der Vorstand hat entschieden, die Personaldirektion in ‚Personalabteilung‘ umzubenennen. ‚Personalabteilung‘ ist ein feststehender Begriff und für die Funktion in zahlreichen Unternehmen gebräuchlich.

        

Die fachliche und disziplinarische Leitung der Personalabteilung übernimmt der Personalleiter, Herr R.

        

Weiterhin hat der Vorstand entschieden, den Begriff ‚Personalverwaltung‘ abzuschaffen. Im Ergebnis gibt es innerhalb der GE eine Personalabteilung, welche zukünftig als Einheit GE-weit als Dienstleister tätig ist. Sie selbst sind innerhalb der Personalabteilung weiterhin als Abteilungsleiterin tätig. In dieser Funktion unterstehen Sie fachlich und disziplinarisch dem Personalleiter.

        

Die Besetzung der Position des Personalleiters durch Herrn R wurde ausschließlich aus fachlichen Erwägungen heraus getroffen. Gründe für eine Benachteiligung wegen des Geschlechts sind nicht gegeben. ...

        

Ich fordere Sie daher auf, Ihren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zukünftig nachzukommen und im Rahmen Ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtungen den Weisungen Ihres Vorgesetzten, Herrn Personalleiter R, nachzukommen. Dies bedeutet insbesondere, die durch den Vorstand beschlossene neue Organisationsstruktur des Personalbereichs im Rahmen der mittelfristigen Unternehmensplanung aktiv unternehmensintern und -extern mit umzusetzen.“

17

Diesem Schreiben heftete ein Klebezettel von Herrn R an, wonach er den Inhalt mit Dr. Mü abgesprochen habe und keine arbeitsrechtlichen Bedenken bestünden.

18

Mit Schreiben ihrer damaligen Prozessbevollmächtigten vom 6. Februar 2007 lies die Klägerin darauf hinweisen, dass sie als Frau diskriminiert worden sei. So erhalte sie insbesondere ein deutlich geringeres Gehalt als Herr R und sei bei dessen Beförderung diskriminierend übergangen worden. Auch seien ihre Kompetenzen und Befugnisse beschränkt worden. Gleichzeitig machte sie Ansprüche auf Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens geltend, den sie auch bezifferte. Hierauf antwortete die Prozessbevollmächtigte des Beklagten mit Schreiben vom 8. Februar 2007 ua., dass sich durch die Umbenennung der Personaldirektion in „Personalabteilung“ an der Position der Klägerin zunächst nichts verändere. Sie sei beauftragt mitzuteilen, dass derzeit unternehmensintern geprüft werde, ob aufgrund der vollzogenen Änderungen weitere Maßnahmen, insbesondere auch auf der Leitungsebene in M und B erforderlich seien. Die im Schreiben des Vorstandes vom 3. Januar 2007 enthaltene Anmahnung zur Einhaltung der vertraglichen Pflichten sei kein Vorwurf der Schlecht- bzw. Minderleistung. Es habe nur bedeutet, dass die Klägerin verpflichtet sei, innerhalb der bestehenden Hierarchie und Organisationsstrukturen ihren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen und den Weisungen ihres direkten Vorgesetzten, Herrn R, nachzukommen.

19

Am 11. April 2007 traf sich in M eine Projektgruppe „Gehaltsbänder“, deren Lenkungsgremium die Klägerin angehörte. Die Einladungen der Teilnehmer waren mittels zweier E-Mails durch Frau Ha erfolgt. In den Adresszeilen waren ua. die Namen der Klägerin und des Herrn R aufgeführt. Auf die Äußerung der Klägerin: „Guten Morgen, Herr R“ erwiderte dieser den Gruß nicht, sondern entgegnete: „Was wollen Sie denn hier? Wer hat Sie denn eingeladen? Ich hätte Sie nicht eingeladen.“ Bei einem Treffen am nächsten Tag in B erläuterte Herr R seine Äußerungen dahingehend, dass die Klägerin an solchen Veranstaltungen künftig per Videokonferenz teilnehmen solle. Dies diene der Kostenersparnis und ihrem effizienteren Einsatz. Als die Klägerin entgegnete, dass sie eine weitere Teilnehmerin aus dem B Haus über die Möglichkeit der Videokonferenz unterrichten wolle, antwortete Herr R, dass dies etwas ganz anderes sei.

20

Nach Einreichung der Klage mit Schriftsatz vom 4. Mai 2007 (Klageeingang am selben Tage) fand am 22. August 2007 in M ein außergerichtliches Vergleichsgespräch statt. In dessen Verlauf äußerte Dr. Mü, die Klägerin solle sich genau überlegen, ob sie einen längeren Rechtsstreit durchstehen könne, weil solche Prozesse für Arbeitnehmer generell sehr belastend seien. Auch solle sie prüfen, ob sie das körperlich und seelisch aushalte. Der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin erklärte hierzu, ein längerer Prozess könne auch für die vom Beklagten benannten Zeugen unangenehm sein. Während dieses Wortwechsels erklärte Dr. Mü auch, seine Ausführungen erfolgten „off records“.

21

Mit Aushang vom 7. Januar 2008 machte der Beklagte bekannt, dass Herr R „Personalleiter der GD B, GD M und der Bezirksdirektionen“ mit Wirkung ab 1. Januar 2008 zum „Direktor Personal ernannt“ wurde.

22

Bis zur Schließung der Bezirksdirektion Ha am 30. September 1997 war Frau W dort als Bezirksdirektorin beschäftigt. Sodann wurde ihr die Position einer Sachgebietsleiterin (organisatorisch unter dem Bezirksdirektor eingestuft) in der Bezirksdirektion N angeboten, welche sie auch annahm. Drei Monate später wurde dort die Position der Leitung der Bezirksdirektion an Herrn Ba, Direktor der Direktion Außendienst in der Generaldirektion M, ohne Ausschreibung neu vergeben.

23

Mit Anzeige vom 9. April 2005 suchte der Beklagte für den Standort D eine/n Bezirksdirektor/in. Bewerber/Bewerberinnen sollten über ein Studium der Wirtschaftswissenschaften verfügen. Die Bewerbung der Frau Gr, der dortigen stellvertretenden Bezirksdirektorin, fand keine Berücksichtigung, obwohl sie über das gewünschte Studium verfügte. Nachdem zum Bewerbungsgespräch nur männliche Bewerber eingeladen worden waren, wurde ein Bewerber eingestellt, der über kein Hochschulstudium verfügt, sondern staatlich geprüfter Betriebswirt ist.

24

Anlässlich einer Abteilungsvideokonferenz im April 2008 zwischen den Standorten B und M sprach Herr R auf einen Beitrag der Klägerin diese als „Frau C“ an. Nachdem die Klägerin klargestellt hatte, dass sie sich gemeldet hatte, antwortete dieser: „Na dann wird uns Frau K in einem halben Jahr mal über den Stand unterrichten“.

25

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass sie wegen ihres Geschlechts bei der Besetzung der Leitungsstelle der bundesweit tätigen Personaldirektion (später: Personalabteilung) des Beklagten im Dezember 2006 übergangen worden sei und dass sie vom Beklagten nach Wahrnehmung ihrer Rechte nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wiederum diskriminiert, insbesondere eingeschüchtert worden sei und ihr seitens des Beklagten Kompetenzen entzogen würden. Sie meint, Indiz für ihre Diskriminierung sei ua., dass im Zusammenhang mit der Besetzung der Stelle in D im April 2005 und ihrer Nachfrage, weshalb Frau Gr nicht in Betracht käme, Herr Dr. Mü sinngemäß bezogen auf ein damaliges Vorstandsmitglied geantwortet habe: „Sie kennen ja Herrn Dr. Kr. Der will halt keine Frauen“. Ein weiteres Indiz ergebe sich aus dem zahlenmäßigen Vergleich der Zusammensetzung von Gesamtbelegschaft nach Geschlechtszugehörigkeit einerseits und der der Direktorenstellen andererseits. Unter Verwendung der konkreten Beschäftigungszahlen beim Beklagten und unter Berücksichtigung der allgemein anerkannten wissenschaftlichen Grundsätze für Wahrscheinlichkeitsrechnungen liege die Wahrscheinlichkeit der Geschlechterdiskriminierung einer Frau bei der Beförderung auf eine der Direktorenstellen zwischen 98,7 und 100 %. Die Wahrscheinlichkeit der Geschlechterdiskriminierung bei dem Beklagten ergebe sich auch aus den von ihr eingereichten Privatgutachten des Diplom-Mathematikers Sch vom 10. Mai 2008 und vom 26. Juli 2008. Weiteres Indiz sei die Nichtberücksichtigung von Frau S bei der Beförderung.

26

Auch sei sie durch den Aushang vom 10. Dezember 2006 betriebsöffentlich erniedrigt worden. Für ihre Benachteiligung durch den Beklagten sei auch ihre Teilzeittätigkeit und damit mittelbar ihr Geschlecht verantwortlich gewesen. Für ihre Diskriminierung sprächen ferner Vorgänge, an denen sie als Leiterin der Personalverwaltung B - im Gegensatz zu früheren Gepflogenheiten - nicht beteiligt worden sei. Als Reaktion auf die Geltendmachung ihrer Rechte versuche der Beklagte, ihr Kompetenzen zu entziehen. Auch habe Herr R bei dem Gespräch am Nachmittag des 20. Dezember 2006 keinen Zweifel daran gelassen, dass er eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit ihr gerade wegen ihrer Berufung auf das AGG als nicht mehr möglich ansehe. Mit Schreiben vom 3. Januar 2007 habe der Beklagte den falschen Eindruck erweckt, sie habe in der Vergangenheit ihre Pflichten nicht erfüllt.

27

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

1.    

den Beklagten zu verurteilen, ihr 28.214,66 Euro brutto nebst Zinsen zu zahlen,

        

2.    

den Beklagten zu verurteilen, ihr in Zukunft über das bezogene Gehalt hinaus monatlich weitere 1.467,86 Euro brutto zu zahlen,

        

3.    

hilfsweise für den Fall der Zurückweisung des Antrages zu 1. und 2., den Beklagten zu verurteilen, ihr in Zukunft nach Maßgabe der Auskunft über die Vergütung des Herrn R (Gehalt bis 9. Dezember 2006) gleich dem Herrn R zu zahlen,

        

4.    

den Beklagten zu verurteilen, ihr eine Entschädigung nach dem Ermessen des Gerichts zu zahlen, mindestens jedoch 60.000,00 Euro,

        

5.    

soweit nicht durch die Anträge zu 2., 3. und 4. bereits ausgeglichen, festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr die materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihr im Zeitraum zwischen Dezember 2006 und Juli 2008 durch das Verhalten des Beklagten entstanden sind oder künftig entstehen werden aufgrund der Verletzung des Gebots der Gleichbehandlung von Mann und Frau (Art. 3 Abs. 3 GG, Art. 141 EGV, § 1 AGG) durch die unterbliebene Beförderung auf die Stelle einer Leiterin der bundesweit tätigen Personalabteilung des Beklagten sowie durch die sonstigen Benachteiligungen, die Maßnahmen nach § 16 AGG darstellen, aufgrund der Verletzung der Gesundheit und aufgrund der Verletzung des Persönlichkeitsrechts,

        

6.    

den Beklagten zu verurteilen, ihr über die Höhe des Herrn R gezahlten variablen Entgelts für das laufende Jahr jeweils bis Ablauf des ersten Quartals im Folgejahr, beginnend mit dem 31. März 2009, Auskunft zu erteilen.

28

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

29

Er behauptet, Herr R sei Anfang 2000 beim Beklagten eingestellt worden, um die konzeptionelle Personalarbeit voranzutreiben. Er habe sich schon bei seinen früheren Arbeitgebern im Bereich der konzeptionellen, strategischen Personalarbeit einen Namen gemacht. Dies ergebe sich auch aus seinen Zeugnissen. Herr R habe ab dem Jahre 2000 für den Beklagten schwerpunktmäßig konzeptionelle Personalarbeit erbracht und ein Personalentwicklungskonzept erarbeitet, welches dem Vorstand mit Schreiben vom 1. September 2000 zugeleitet worden sei, der die Umsetzung befürwortet habe. Die Klägerin habe demgegenüber keine Erfahrungen in der Erarbeitung von strategischen, konzeptionellen Personalprojekten. Die Vorkenntnisse und Erfahrungen des Herrn R seien nicht nur für die ursprüngliche Einstellung, sondern auch für die Beförderung im Dezember 2006 maßgeblich gewesen. Schon von der Ausbildung, der sonstigen Vorbildung und den Kenntnissen her seien er und die Klägerin nicht vergleichbar. Daher sei die Klägerin als Bewerberin bei der Beförderung im Dezember 2006 schon objektiv nicht geeignet gewesen. Zwar habe ein konkretes Anforderungsprofil nicht schriftlich vorgelegen, doch habe bei den Entscheidungsträgern Einverständnis darüber bestanden, dass der neue Personalleiter Berufserfahrung in der strategischen, konzeptionellen Personalarbeit und ein einschlägiges Universitätsstudium mit Schwerpunkt Personalwesen oder ein juristisches Studium aufweisen müsse.

30

Ziel des Aushanges vom 10. Dezember 2006 sei es gewesen, die Umbenennung der Personaldirektion in Personalabteilung und die Übernahme der ehemals von Dr. Mü ausgeführten Arbeiten durch Herrn R mitzuteilen. Die Position der Klägerin als Leiterin der Personalverwaltung B sei hierdurch nicht berührt worden, insbesondere seien ihr keine Kompetenzen entzogen worden. Der Aushang sei insofern allenfalls missverständlich, jedenfalls nicht diskriminierend.

31

Soweit mit dem Schreiben der damaligen Beklagtenvertreterin vom 8. Februar 2007 weitere Maßnahmen angedeutet worden seien, sei dies Ausdruck der unternehmerischen Freiheit. Im Übrigen sei dieses Schreiben dem Beklagten im Sinne des Diskriminierungsrechts nicht zuzurechnen, da die Rechtsanwältin als Dritte gehandelt habe.

32

Die Teilnahme der Klägerin am 11. April 2007 am Treffen der Projektgruppe „Gehaltsbänder“ sei nicht notwendig gewesen. Dies zeige sich schon an ihren geringen Wortmeldungen. Es sei auch darum gegangen, die Notwendigkeit von Dienstreisen genau zu prüfen. Die Nachfrage von Herrn R beruhe darauf, dass er über die Einladung der Klägerin nicht informiert gewesen sei.

33

Bei der Nichtberücksichtigung von Frau Gr bei Bewerbungsverfahren für den Standort D im Jahre 2005 habe der ausgewählte Kandidat in dieser größten Bezirksdirektion Impulse für andere Bezirke geben sollen. Die hierfür erforderlichen Kenntnisse seien intern nicht vorhanden gewesen. Insbesondere habe Frau Gr über keine Erfahrung im externen Bereich verfügt. Das von der Klägerin vorgelegte Zahlenmaterial zum Verhältnis weibliche/männliche Mitarbeiter beim Beklagten allein sei nicht geeignet, den Nachweis einer Diskriminierung zu erbringen. Vorliegend sei schon nicht ersichtlich, wie viele Männer und/oder Frauen sich jeweils zu früheren Zeiten beworben hätten.

34

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Zunächst hat das Landesarbeitsgericht mit Teilurteil vom 30. Juli 2008 die Berufung der Klägerin insoweit zurückgewiesen als sie sich gegen die Abweisung ihrer Klage auf Zahlung der Differenz zur Vergütung des Herrn R für den Zeitraum 1. Januar 2000 bis 9. Dezember 2006 gerichtet hatte. Einen Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Zahlung der Gehaltsdifferenz unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots hat das Landesarbeitsgericht verneint, weil die Klägerin keine der Tätigkeit des Mitarbeiters R gleichwertige Arbeit geleistet habe. Eine Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Geschlechts hat das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang nicht gesehen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht den Beklagten durch Schlussurteil zur Zahlung der Differenz zwischen der Vergütung der Klägerin und der des Herrn R vom 1. Januar 2007 bis 31. Juli 2008 in Höhe von insgesamt 28.214,66 Euro brutto und zeitlich unbegrenzt für die Zukunft zur Zahlung von monatlich 1.467,86 Euro brutto verurteilt. Darüber hinaus hat es den Beklagten zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 20.000,00 Euro und zur künftigen Auskunftserteilung über die Höhe des Herrn R jeweils für das vergangene Jahr gezahlten variablen Entgelts verurteilt. Im Übrigen hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der teilweise vom Landesarbeitsgericht und teilweise vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte Klageabweisung in vollem Umfange. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Revision und Hilfsanschlussrevision im Wesentlichen ihre in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter und beantragt im Übrigen die Zurückweisung der Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe

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Die Revisionen und die Anschlussrevision sind begründet.

36

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Beklagte sei der Klägerin nach § 15 Abs. 1 AGG zum Schadensersatz in Höhe von 28.214,66 Euro brutto nebst Zinsen für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis 31. Juli 2008 verpflichtet, weil er sie bei der Besetzung einer Beförderungsstelle im Dezember 2006 wegen ihres Geschlechts benachteiligt habe. Die Klägerin habe mit der vorgelegten Statistik über das Verhältnis zwischen dem Frauenanteil der Belegschaft des Beklagten einerseits und dem Frauenanteil in oberen Führungspositionen andererseits Indizien dargelegt, welche ihre Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten ließen. Als ausreichendes Indiz iSd. § 22 AGG für die Geschlechterdiskriminierung bei der Beförderung genüge, dass beim Beklagten alle 27 Führungspositionen mit Männern besetzt seien, obwohl Frauen 2/3 der Belegschaft stellten. Dies könne nicht darauf beruhen, dass Familie und Beruf schwer vereinbar seien, weil dies sich nur darauf auswirke, ob eine Frau sich überhaupt für die Berufstätigkeit entscheide, nicht jedoch darauf, welche Hierarchiestufe sie erreiche. Aus signifikanten Zuständen der Vergangenheit, dass nämlich auch Frau G die Funktion der Personaldirektorin nur kommissarisch übertragen worden sei und dass es seit 1976 keine weitere Direktorin, Bezirksdirektorin oder Vorstandsfrau beim Beklagten gebe, könne auf die Gegenwart geschlossen werden. Demgegenüber sei dem Beklagten nicht der Nachweis gelungen, dass kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot vorgelegen habe. Insbesondere sei sein Vortrag, es sei bei den wesentlichen Entscheidungsträgern klar gewesen, dass Voraussetzung für die streitgegenständliche Beförderung ein einschlägiges juristisches oder ein Universitätsstudium mit Schwerpunkt Personalwesen sowie Kenntnisse und Erfahrungen in der Personalentwicklungsarbeit sei, unsubstantiiert. Da der Beklagte seine Auswahlkriterien vorab nicht nach außen dokumentiert habe, könne er sich auch nicht mehr auf diese berufen. Dies gelte auch, soweit er damit die mangelnde objektive Eignung der Klägerin begründen wolle. Von der mangelnden Eignung der Klägerin könne auch deshalb nicht ausgegangen werden, weil diese wie Herr R bereits zuvor die Personalverwaltung einer Generaldirektion geleitet habe. Bei diskriminierungsfreier Auswahl wäre die Klägerin die am besten geeignete Bewerberin gewesen. Die Höhe des materiellen Schadensersatzes entspreche der Differenz zwischen der tatsächlich erhaltenen Vergütung und der Vergütung, die auf der höherwertigen Stelle gezahlt werde. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die Pflichtverletzung nicht zu vertreten habe und für ein Mitverschulden der Klägerin lägen nicht vor.

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Die Klage auf Zahlung der künftigen Gehaltsdifferenzen iHv. monatlich 1.467,86 Euro brutto sei zulässig und begründet, weil die Besorgnis bestehe, dass der Beklagte die Zahlung nicht freiwillig erbringen werde. Dieser Anspruch sei zeitlich unbegrenzt, weil die Rechtsgedanken der § 628 BGB, §§ 9, 10 KSchG hier nicht einschlägig seien. Aus denselben Erwägungen sei auch die Klage auf Auskunft über die Höhe des an Herrn R gezahlten variablen Entgelts begründet.

38

Ferner sei der Beklagte verpflichtet, an die Klägerin eine Entschädigung iHv. 20.000,00 Euro wegen einer schwerwiegenden Verletzung des Persönlichkeitsrechts, Art. 1, 2 GG iVm. § 823 BGB, zu zahlen. Sie sei bei der Beförderung wegen ihres Geschlechts benachteiligt worden, weshalb eine Entschädigung iHv. 4.000,00 Euro gerechtfertigt und angemessen sei. Schließlich werde die Klägerin, nachdem sie sich gegen den Eindruck des Kompetenzentzuges durch den Aushang vom 10. Dezember 2006 und eine Diskriminierung bei der Beförderungsentscheidung wehre, herabgewürdigt und bewusst unter Druck gesetzt. Dies zeige die Bemerkung des Herrn R vom 20. Dezember 2006, dass die Klägerin über ihre berufliche Zukunft nachdenken solle, und das Schreiben vom 3. Januar 2007, in dem sie aufgefordert wurde, zukünftig ihren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nachzukommen und der daran befindliche Klebezettel. Dafür spreche auch das Schreiben vom 8. Februar 2007, in dem Überlegungen zu Änderungen auf der Leitungsebene angekündigt wurden, das Verhalten des Herrn R am 11. April 2007 und bei der Videokonferenz im April 2008 sowie der Einschüchterungsversuch des Herrn Dr. Mü beim außergerichtlichen Vergleichsgespräch am 22. August 2007. Die entsprechenden Verhaltensweisen seien auch dem Beklagten zuzurechnen. Für die zeitlich der unterbliebenen Beförderung nachfolgenden Handlungen sei eine Entschädigung von 16.000,00 Euro gerechtfertigt. Der darüber hinausgehende, von der Klägerin geltend gemachte Entschädigungsanspruch stehe ihr nicht zu.

39

Der geltend gemachte Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht des Beklagten für die der Klägerin bis Juli 2008 entstandenen materiellen und immateriellen Schäden sei in großen Teilen unzulässig, weil nicht ersichtlich sei, welche weiteren materiellen und immateriellen Ansprüche über die bereits geltend gemachten hinaus in Betracht kommen könnten.

40

B. Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit es der Klage stattgegeben hat, und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

41

I. Die Klage auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 28.214,66 Euro brutto nebst Zinsen ist zwar zulässig, aber nicht zur Endentscheidung reif.

42

1. Die Klage ist ausreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Aus den in der Berufungsverhandlung vom 30. Juli 2008 eingereichten Vergütungstabellen, in deren Kontext der Antrag erstmals beziffert worden ist, ergibt sich, dass er sich auf entgangenen Mehrverdienst für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis einschließlich 31. Juli 2008 bezieht und die dem Mitarbeiter R im Jahre 2007 gezahlte variable Vergütung in Höhe von 8.291,00 Euro enthält. Auch der Übergang von der Stufenklage zur bezifferten Zahlungsklage in der zweiten Instanz war zulässig. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass es sich hierbei nicht um eine Klageänderung gehandelt hat (vgl. BGH 21. Februar 1991 - III ZR 169/88 - NJW 1991, 1893).

43

2. Den Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz in Höhe von 28.214,66 Euro brutto nebst Zinsen hat das Landesarbeitsgericht mit einer Begründung bejaht, die einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht standhält.

44

a) Zu Recht geht das Landesarbeitsgericht zunächst davon aus, dass die Begründetheit des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs nach dem AGG zu beurteilen ist. Gem. § 33 AGG ist auf mögliche Benachteiligungen eines Beschäftigten wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, welche seit dem 18. August 2006 stattgefunden haben, das AGG anzuwenden. Die Nichtberücksichtigung der Klägerin bei der streitbefangenen Personalentscheidung erfolgte nicht vor dem 9. Dezember 2006 und damit nach dem 17. August 2006.

45

b) Die Klägerin ist Beschäftigte iSd. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGG, ohne dass es hierfür darauf ankäme, ob sie für die Position der Leiterin der übergeordneten Personalabteilung objektiv geeignet war. Die objektive Eignung eines Bewerbers ist keine Tatbestandsvoraussetzung für einen Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 oder Abs. 2 AGG(Senat 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - DB 2010, 1534).

46

c) Die zweimonatige Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG und die dreimonatige des § 61b Abs. 1 ArbGG für die schriftliche und die gerichtliche Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs sind durch das Schreiben der Klägerin vom 6. Februar 2007, dem Beklagten spätestens am 8. Februar 2007 zugegangen, und die am 4. Mai 2007 eingegangene Klage gewahrt. Dabei kann offenbleiben, ob § 61b Abs. 1 ArbGG Schadensersatzansprüche gem. § 15 Abs. 1 AGG überhaupt erfasst. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wurde der Klägerin am 9. Dezember 2006 telefonisch mitgeteilt, dass der Mitarbeiter R definitiv Nachfolger des Personaldirektors Dr. Mü werde. Damit begann die Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 ArbGG erst ab diesem Zeitpunkt zu laufen, § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG.

47

d) Ein Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG setzt voraus, dass der Anspruchsgegner gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG verstoßen hat(vgl. Senat 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - AP AGG § 8 Nr. 1 = EzA AGG § 8 Nr. 1 zum Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG).

48

Der Begründung des Landesarbeitsgerichts, warum die Nichtberücksichtigung der Klägerin bei der Übertragung der Aufgaben des Dr. Mü auf einen Nachfolger eine Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Geschlechts (§ 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG) darstellt, folgt der Senat nicht.

49

aa) Die Klägerin macht geltend, sie sei deshalb nicht Nachfolgerin des Dr. Mü geworden, weil sie eine Frau sei.

50

Eine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 AGG liegt dann vor, wenn die sich nachteilig auswirkende Maßnahme direkt an das verbotene Merkmal anknüpft(vgl. Senat 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - DB 2010, 1534). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Anknüpfung verdeckt oder offen erfolgt. Eine verdeckte Diskriminierung ist nicht stets eine mittelbare Diskriminierung iSd. § 3 Abs. 2 AGG. Sowohl die unmittelbare als auch die mittelbare Benachteiligung können offen oder verdeckt erfolgen, je nachdem, ob direkt an ein verbotenes (unmittelbare Diskriminierung) bzw. nur dem Anschein nach neutrales Merkmal (mittelbare Diskriminierung) offen oder verdeckt angeknüpft wird (vgl. Schleusener in Schleusener/Suckow/Voigt AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 14; Richardi NZA 2006, 881). Die Frage, ob es sich bei verdeckter Diskriminierung in Form von tatsächlich unmittelbar an das Geschlecht anknüpfenden Beförderungsentscheidungen um eine mittelbare oder eine unmittelbare Diskriminierung handelt, war nicht gem. Art. 267 AEUV dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorzulegen.

51

Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es nämlich letztlich nicht darauf an, ob eine verdeckte Benachteiligung eine mittelbare oder eine unmittelbare Benachteiligung darstellt, weil die Beweislastregel des § 22 AGG allgemein für Benachteiligungen iSd. AGG und damit entsprechend der Vorgabe des Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (Neufassung) (im Folgenden: RL 2006/54/EG) sowohl für eine unmittelbare als auch für eine mittelbare Diskriminierung gilt.

52

bb) Zutreffend kommt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, dass die Klägerin ungünstiger behandelt worden ist als der Mitarbeiter R, dem als Nachfolger von Dr. Mü die Leitung der Personalabteilung übertragen worden ist. In dieser Maßnahme des Beklagten lag eine Beförderung, die nach dem anzulegenden objektiven Maßstab vorteilhaft war. Die Übertragung höherwertiger oder verantwortungsvollerer Tätigkeiten stellt grundsätzlich eine günstige Behandlung in Form des beruflichen Aufstiegs dar. Dies gilt insbesondere, wenn - wie im Streitfalle - einem Arbeitnehmer Funktionen eines Mitarbeiters übertragen werden, der auf einer höheren Hierarchiestufe angesiedelt war. Dr. Mü war als Personaldirektor auf der Ebene der Direktoren angesiedelt. Dementsprechend wurde auch der Mitarbeiter R nach Übertragung der von jenem ausgeübten Tätigkeiten zum 1. Januar 2008 zum „Direktor Personal“ ernannt.

53

Für die Annahme einer Benachteiligung der Klägerin ist es unmaßgeblich, dass sie sich für die Position des Personalleiters nicht beworben hatte. Eine Benachteiligung iSd. § 3 AGG kann auch vorliegen, wenn eine Bewerbung deshalb unterblieben ist, weil der Arbeitgeber - wie im Streitfalle - seine Auswahl ohne eine Ausschreibung der Stelle oder eine Aufforderung zu Bewerbungen getroffen hat.

54

cc) Ebenfalls zutreffend nimmt das Landesarbeitsgericht an, die Klägerin sei in einer vergleichbaren Situation schlechter behandelt worden als der Mitarbeiter R.

55

Das Vorliegen einer vergleichbaren Situation iSd. § 3 Abs. 1 AGG setzt voraus, dass die Klägerin objektiv für die Position der Leiterin der Personalabteilung geeignet war, denn vergleichbar(nicht: gleich) ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen. Maßgeblich für die objektive Eignung ist dabei nicht das formelle Anforderungsprofil, welches der Arbeitgeber erstellt hat, sondern die Anforderungen, welche der Arbeitgeber an einen Stellenbewerber stellen durfte. Zunächst ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber über den der Stelle zugeordneten Aufgabenbereich und die dafür geforderten Qualifikationen des Stelleninhabers frei entscheiden darf. Durch das Stellen von Anforderungen an Bewerber, die nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung durch die Erfordernisse der wahrzunehmenden Aufgaben unter keinem nachvollziehbaren Gesichtspunkt gedeckt sind, darf er allerdings die Vergleichbarkeit der Situation nicht willkürlich gestalten und dadurch den Schutz des AGG de facto beseitigen (Bestätigung und Fortführung von: Senat 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - DB 2010, 1534). Die objektive Eignung ist zu trennen von der individuellen fachlichen und persönlichen Qualifikation des Bewerbers, die nur als Kriterium der Auswahlentscheidung auf der Ebene der Kausalität zwischen Benachteiligung und verbotenem Merkmal eine Rolle spielt.

56

Das Landesarbeitsgericht hat die objektive Eignung der Klägerin mit einer Hauptbegründung und einer Hilfsbegründung bejaht. Zumindest letztere hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

57

So geht das Landesarbeitsgericht in dieser davon aus, dass von der objektiven Eignung der Klägerin für die Leitung der Personalabteilung vor dem Hintergrund ihrer bisherigen Tätigkeit ausgegangen werden müsse. Ob dieses Merkmal, wie das Landesarbeitsgericht annimmt, nur dann zu verneinen ist, wenn die Eignung offensichtlich fehlt, braucht ebenso wenig entschieden zu werden wie die Anwendbarkeit der Beweislastregel des § 22 AGG in diesem Zusammenhang. Der Beklagte wäre bereits nach den allgemeinen Grundsätzen des § 138 ZPO gehalten gewesen darzulegen, inwiefern die Klägerin objektiv für die Position der übergeordneten Personalleitung nicht geeignet war. Sie war unstreitig seit 1995 stellvertretende Leiterin der Personalverwaltung der Generaldirektion B mit 340 Mitarbeitern, leitete diese Ende der 1990er-Jahre bereits für fünf Monate faktisch, übernahm jedenfalls ab 2003 die Aufgaben der Leitung offiziell und wurde zum 1. Januar 2006 zur Abteilungsleiterin der Generaldirektion B ernannt. Sie war dabei im gleichen Umfange wie ihr Kollege R zeichnungsberechtigt und nahm klassische Aufgaben der Personalleitung, wie etwa die Durchführung von Bewerbungsgesprächen, das Verfassen von Abmahnungen oder die Fertigung von Betriebsratsanhörungen vor Kündigungen wahr. Sowohl bei früheren Arbeitgebern als auch bei dem Beklagten führte sie Tätigkeiten durch, welche dem Bereich der Personalentwicklung zuzuordnen waren. Bei dieser Sachlage hätte es dem Beklagten oblegen, im Einzelnen darzutun, inwieweit sich die bisher von der Klägerin ausgeführten Tätigkeiten von denen unterscheiden, die ihr Kollege R bislang erledigt hatte, und welche weiteren fachlichen und/oder persönlichen Anforderungen der Mitarbeiter R im Gegensatz zur Klägerin erfüllte. Der Beklagte hat sich aber nur abstrakt darauf berufen, Voraussetzungen für die Leitung der Personalabteilung seien ein einschlägiges Universitätsstudium und Vorkenntnisse im Bereich der konzeptionellen, strategischen Personalarbeit gewesen. Hinsichtlich der anfallenden Tätigkeiten führt er nur aus, der Personalleiter agiere als Bindeglied zum Vorstand und berate diesen rechtlich. Weiter obliege ihm die mittelfristige Unternehmensplanung im Hinblick auf die Personalstrategie sowie die alleinige konzeptionelle Verantwortung. Dies ist im Hinblick auf die hierfür erforderlichen Fähigkeiten und die Kenntnisse des Stelleninhabers nicht aussagekräftig. Auch erläutert der Beklagte nicht eindeutig, was er unter „moderner“ oder „strategisch konzeptioneller“ Personalarbeit versteht, die nach seinem Vortrag vor der Einstellung des Dr. Mü im Jahre 1999 bei ihm nicht stattgefunden hat.

58

dd) Die Eignung der Klägerin ist auch nicht infolge des Teilurteils des Landesarbeitsgerichts vom 30. Juli 2008 zu verneinen. Mit Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 11. Februar 2009 (- 5 AZN 1023/08 -) ist das Teilurteil formell rechtskräftig geworden, weil die von der Klägerin eingelegte Verfassungsbeschwerde kein Rechtsmittel darstellt und den Eintritt der formellen und materiellen Rechtskraft nicht hemmt (BAG 16. Januar 2003 - 2 AZR 735/00 - AP ZPO § 322 Nr. 38 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 166). Der ausschlaggebende, die Klageabweisung tragende Grund wird Teil des in Rechtskraft erwachsenden Entscheidungssatzes und ist nicht allein ein Element der Entscheidungsbegründung (BGH 24. Juni 1993 - III ZR 43/92 - NJW 1993, 3204). Auch wenn insofern die tatsächlichen Feststellungen nicht an der Rechtskraft der gefällten Entscheidung teilhaben, darf diese nicht mit dem Vorbringen ausgehöhlt werden, das rechtskräftige Urteil gründe sich auf unrichtige tatsächliche Feststellungen. Zu den Rechtskraftwirkungen gehört deshalb die Präklusion der im ersten Prozess vorgetragenen Tatsachen, welche zu einer Abweichung von einer rechtskräftig festgestellten Rechtsfolge führen sollen (BGH 11. November 1994 - V ZR 46/93 - NJW 1995, 967). Die Feststellung im Teilurteil, die Positionen, auf welche die Klägerin einerseits und der Mitarbeiter R andererseits ursprünglich eingestellt worden seien, seien nicht auf der gleichen Hierarchiestufe angesiedelt gewesen, sagt jedoch über die objektive Eignung der Klägerin für die im Dezember 2006 besetzte Beförderungsstelle nichts aus. Gleiches gilt für die unterschiedliche Qualität der jeweils absolvierten Ausbildungen, von der das Teilurteil ausgeht, und wegen der es ua. auch die Gleichwertigkeit der bisherigen Tätigkeiten der Klägerin und des Mitarbeiters R verneint hat. Es ist nämlich unklar, welche zusätzlichen Kenntnisse und Fähigkeiten die Beförderungsstelle erfordert.

59

ee) Die Verfahrensrüge des Beklagten gegen die tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zur Eignung der Klägerin greift nicht durch. Auch soweit er die richterliche Aufklärungspflicht nach § 139 ZPO für verletzt hält, weil das Landesarbeitsgericht seinen Vortrag als unsubstantiiert angesehen und keinen Beweis erhoben habe, ohne vorher von seinem Fragerecht Gebrauch zu machen, ist die Verfahrensrüge ebenfalls unbegründet. Von einer Begründung seiner Entscheidung sieht der Senat insoweit gem. § 564 ZPO iVm. § 72 Abs. 5 ArbGG ab.

60

ff) Erfolg hat jedoch die Rüge des Beklagten gegen die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Benachteiligung der Klägerin sei wegen ihres Geschlechts erfolgt.

61

Eine unzulässige Benachteiligung nach § 7 AGG kann bereits dann vorliegen, wenn einer der in § 1 AGG genannten Gründe, zu denen auch das Geschlecht zählt, Bestandteil eines Motivbündels war, das die streitbefangene Entscheidung beeinflusst hat(st. Rspr., vgl. Senat 20. Mai 2010 - 8 AZR 287/08 (A) - NZA 2010, 1006; 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - DB 2010, 1534).

62

Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann eine solche Mitursächlichkeit nicht angenommen werden.

63

Der Beklagte rügt zu Recht, das Berufungsgericht habe § 286 ZPO durch die Annahme verletzt, bereits das zahlenmäßige Geschlechterverhältnis in seiner Belegschaft einerseits und die ausschließlich männliche Besetzung von 27 Positionen auf der Ebene des Vorstandes, der Direktoren und der Bezirksdirektoren andererseits sei ein ausreichendes Indiz dafür, dass das Geschlecht der Klägerin(auch) Motiv für die unterbliebene Beförderung gewesen sei.

64

Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Würdigung, ob die Klägerin Tatsachen vorgetragen hat, die ihre Benachteiligung wegen eines verpönten Merkmals iSd. § 1 AGG vermuten lassen(§ 22 AGG), ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist, gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt und ob alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände in sich widerspruchsfrei beachtet worden sind (Senat 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - EzA AGG § 15 Nr. 6).

65

Nach der gesetzlichen Beweislastregelung des § 22 AGG genügt es, dass der Anspruchssteller Indizien vorträgt und im Streitfalle beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. An diese Vermutungsvoraussetzungen ist kein zu strenger Maßstab anzulegen. Es ist nicht erforderlich, dass die Tatsachen einen zwingenden Indizienschluss für eine Verknüpfung der Benachteiligung mit einem Benachteiligungsmerkmal zulassen. Vielmehr reicht es aus, wenn nach allgemeiner Lebenserfahrung hierfür eine überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht (Senat 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - EzA AGG § 15 Nr. 6).

66

Hat der Antragssteller ein Indiz vorgetragen, welches die überwiegende Wahrscheinlichkeit begründet, dass er wegen eines verpönten Merkmals benachteiligt worden ist, muss nunmehr der Arbeitgeber seinerseits den vollen Beweis führen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat (Senat 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - EzA AGG § 15 Nr. 6). Die Würdigung, ob der Anspruchssteller der durch § 22 AGG modifizierten Darlegungslast genügt hat, unterliegt damit ebenso der freien Überzeugung des Tatsachengerichts nach § 286 Abs. 1 ZPO wie dies hinsichtlich der Erbringung des „Vollbeweises“ durch die darlegungs- und beweispflichtige Partei der Fall ist(vgl. zu § 611a BGB aF: Senat 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6).

67

Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Würdigung des Berufungsgerichts jedoch nicht stand.

68

Zunächst ist dessen Annahme, dass sich auch aus Statistiken grundsätzlich Indizien für eine Geschlechterdiskriminierung ergeben können, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. So weist bereits die Gesetzesbegründung zu § 22 AGG ausdrücklich darauf hin, dass „auch die Ergebnisse von Statistiken … im Rahmen der richterlichen Würdigung des Sachverhalts einen tatsächlichen Anhaltspunkt“ für eine Benachteiligung „darstellen können“(BT-Drucks. 16/1780 S. 47). Eine Begrenzung auf Fälle mittelbarer Diskriminierung ist der Gesetzesbegründung nicht zu entnehmen und auch nicht geboten. Ausreichend sind nämlich für die Vermutungswirkung des § 22 AGG solche Indizien, die aus einem regelhaft einem Merkmalsträger gegenüber geübten Verhalten auf eine solchermaßen(mit) motivierte Entscheidung schließen lassen (vgl. Senat 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6). Eine Vermutung für ein derartig regelhaftes Verhalten kann sich aus statistischen Daten aber nur dann ergeben, wenn sie sich konkret auf den betreffenden Arbeitgeber beziehen und im Hinblick auf dessen Verhalten aussagekräftig sind. Gegen die Berücksichtigung von Statistiken im Rahmen des § 22 AGG spricht nicht, dass damit möglicherweise von in der Vergangenheit erfolgten Diskriminierungen auf die Gegenwart geschlossen wird. Ein regelhaft einem Geschlecht gegenüber geübtes Verhalten kann nämlich gerade nur durch die Betrachtung der Vergangenheit ausgemacht werden. Auch in der Literatur wird ganz überwiegend angenommen, dass aussagekräftige Statistiken im Rahmen des § 22 AGG eine Rolle spielen können(Wendeling-Schröder/Stein AGG § 22 Rn. 25; Schiek/Kocher AGG § 22 Rn. 30; Rühl/Schmid/Viethen AGG S. 169; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 22 Rn. 29; Boemke/Dankow AGG im Arbeitsrecht § 10 Rn. 14; Grobys NZA 2006, 898; Windel RdA 2007, 1; Bauer/Evers NZA 2006, 893; Bayreuther NJW 2009, 806; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 2. Aufl. § 22 Rn. 11; Dahm BB 2010, 1792).

69

Nichts anderes ergibt sich aus dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18. Oktober 2005 (- 3 AZR 506/04 - BAGE 116, 152 = AP BetrAVG § 1 Unverfallbarkeit Nr. 13 = EzA EG-Vertrag 1999 Art. 141 Nr. 19). Dort wird die Heranziehung von Statistiken nicht generell abgelehnt, sondern vorgelegtes Datenmaterial für die Vermutung der behaupteten Diskriminierung als nicht hinreichend aussagekräftig bewertet.

70

Die Klägerin macht als unmittelbares Indiz für ihre Benachteiligung eine „gläserne Decke“ zwischen der Hierarchieebene, auf der sie tätig ist (Abteilungsleiterebene), und derjenigen, auf die sie bei benachteiligungsfreier Auswahl nach ihrer Meinung hätte aufsteigen müssen (Direktorenebene), geltend. Damit behauptet sie, dass Frauen regelhaft nicht in bestimmte Hierarchieebenen des Beklagten aufsteigen können. Darüber, ob eine solche Vermutung begründet ist, kann nur die statistische Betrachtung der Beförderungspolitik des Arbeitgebers Aufschluss geben, soweit sie die fraglichen Hierarchieebenen betrifft.

71

Das Landesarbeitsgericht hat nicht alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände in sich widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denkgesetze berücksichtigt. Es hat aus der Besetzung der Positionen auf der Ebene oberhalb der Abteilungsdirektoren mit Männern und Frauen im Verhältnis zum Frauenanteil an der Gesamtbelegschaft darauf geschlossen, dass der unstreitig weit unterdurchschnittliche Frauenanteil in den oberen Führungsebenen des Beklagten auf einer „gläsernen Decke“ beruhe. Daraus hat das Berufungsgericht auf eine regelhafte Benachteiligung von Frauen wegen des Geschlechts in der Vergangenheit geschlossen. Allein das Verhältnis zwischen dem Frauenanteil der Gesamtbelegschaft und dem in oberen Führungspositionen lässt allerdings einen Rückschluss auf die Ungleichbehandlung von Frauen beim beruflichen Aufstieg in bestimmte Hierarchieebenen eines Unternehmens nicht zu. Der Schluss auf eine regelhafte Nichtberücksichtigung von Frauen bei Beförderungsentscheidungen macht zwar nicht erforderlich, dass vom Bewerber im Rahmen der Darlegung von Indizien (§ 22 Halbs. 1 AGG) oder vom Arbeitgeber im Rahmen der Vermutungswiderlegung (§ 22 Halbs. 2 AGG) alle konkreten Bewerbersituationen bei den bisherigen Beförderungsentscheidungen dargelegt werden. Eine Benachteiligung kann nämlich auch gerade in der Gestaltung des dem Bewerbungsverfahren zeitlich vorgelagerten Verfahrens liegen (vgl. BVerfG 16. November 1993 - 1 BvR 258/86 - BVerfGE 89, 276). Um beurteilen zu können, ob signifikant weniger Frauen als Männer die Hierarchiestufe oberhalb einer angenommenen „gläsernen Decke“ erreichen, bedarf es allerdings der Feststellung, wie viele Frauen überhaupt unterhalb dieser angekommen sind. Darüber gibt der Anteil von Frauen an der Gesamtbelegschaft keinen Aufschluss.

72

Es ist nicht frei von Denkfehlern, wenn das Landesarbeitsgericht ergänzend zu dem Gesamtanteil an der Belegschaft darauf abstellt, bei dem Beklagten wäre mit einem Frauenanteil von 44 % auf den Ebenen vom Abteilungsdirektor abwärts bis zu den sonstigen AT-Beschäftigen „ein genügend großes Reservoire zur Beförderung auch von Frauen“ vorhanden gewesen. Hierfür müsste nämlich feststehen, welche Positionen auf den Ebenen „Abteilungsdirektor aufwärts“ im Einzelnen existieren und von welchen Positionen darunter liegender Ebenen tatsächlich eine Beförderung dorthin denkbar war und ist. So wird beispielsweise die Personalleiterin einer Generaldirektion üblicherweise nicht auf die Position einer Marketingdirektorin befördert. Auch ansonsten besteht nicht für jeden Inhaber einer Position einer niedereren Ebene objektiv betrachtet eine Beförderungsmöglichkeit auf eine höhere Ebene.

73

Selbst unter der Prämisse, es existiere aufgrund des Frauenanteils beim Beklagten tatsächlich ein Reservoire für Beförderungen von Frauen auf die Führungsebenen oberhalb der behaupteten „gläsernen Decke“, berücksichtigt das Landesarbeitsgericht in seiner Annahme, es bestehe mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine „gläserne Decke“, nicht alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände. Als mögliche Gründe für die mangelnde Repräsentation von Frauen oberhalb einer bestimmten Ebene geht das Landesarbeitsgericht nämlich im Ergebnis nur von echtem Zufall oder einer diskriminierenden Haltung des Beklagten aus. So wertet es den Einwand des Beklagten, zahlreiche Direktoren hätten Betriebszugehörigkeiten von mehr als 30 Jahren, lediglich als Eingeständnis, in der Vergangenheit sei möglicherweise „eine Politik der Benachteiligung von Frauen“ vorhanden gewesen. Allein die Tatsache, dass bei einem Arbeitgeber in Führungspositionen zahlreiche Männer mit sehr langen Betriebszugehörigkeiten arbeiten, begründet ohne weitere Anhaltspunkte nicht die Vermutung für eine frühere diskriminierende Haltung des Arbeitgebers gegenüber Frauen.

74

Soweit das Landesarbeitsgericht die gesellschaftlichen Verhältnisse bei seiner Würdigung der Geschlechterverteilung nicht berücksichtigen will, hält auch dies einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht übersieht dabei, dass ein Arbeitgeber gar nicht in der Lage, geschweige denn verpflichtet ist, gesellschaftliche Gegebenheiten, die der Erwerbstätigkeit und/oder dem beruflichen Aufstieg von Frauen entgegenstehen, durch seine Personalpolitik auszugleichen. Insoweit widerspricht es allgemeinen Erfahrungssätzen, wenn das Berufungsgericht annimmt, die schlechte Vereinbarkeit von Familie und Beruf könne sich nicht auf den Anteil von Männern und Frauen in höheren Hierarchieebenen auswirken, weil damit allenfalls erklärt werde, dass Frauen sich generell nicht im selben Maße wie Männer für eine Berufstätigkeit entscheiden. Es entspricht vielmehr allgemeiner Lebenserfahrung, dass ein beruflicher Aufstieg häufig eine nicht unerhebliche Flexibilität voraussetzt (zB Bereitschaft zur Leistung von Überstunden, Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen und Tagungen, Durchführung von Dienstreisen und Versetzungsbereitschaft an andere Standorte), welche sich mit der häufig von Frauen ausschließlich oder überwiegend wahrgenommenen Kindererziehung nicht oder nur schlecht vereinbaren lässt, und die auf niedrigeren Hierarchiestufen nicht in gleichem Maße gefordert wird. Auch wirken sich längere Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit wegen Arbeitsfreistellungen infolge von Schwangerschaft, Mutterschutz und (bislang überwiegend von Frauen in Anspruch genommener) Elternzeit negativ auf die Chancen zum beruflichen Aufstieg aus, obwohl der Arbeitsplatz als solcher während dieser Zeiten der Arbeitnehmerin grundsätzlich garantiert ist. Dabei müssen solche Aufstiegsvoraussetzungen bzw. „-hindernisse“ durchaus nicht ihrerseits immer verbotene Diskriminierungen von Arbeitnehmerinnen darstellen. Häufig könne diese iSd. § 3 Abs. 2 AGG sachlich gerechtfertigt oder in Einzelfällen sogar nach § 8 Abs. 1 AGG zulässig sein.

75

Dass nicht die genannten Faktoren, sondern eine regelhaft diskriminierende Beförderungspolitik des Beklagten mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Grund für die fehlende Repräsentation von Frauen auf den Führungsebenen der Beklagten ist, ist auch nicht aus den vom Landesarbeitsgericht angeführten Vergleichszahlen anderer Unternehmen zu folgern. Der Vergleich des Anteils von Frauen auf Führungspositionen bei anderen Unternehmen stellt kein Indiz für das Vorliegen einer „gläsernen Decke“ beim Beklagten dar. Es fehlt insoweit an vergleichbarem und damit aussagekräftigem Tatsachenmaterial. Insbesondere soweit das Berufungsgericht zum Vergleich den hohen Anteil von weiblichen Führungskräften bei privaten Banken, im Gesundheits- und Sozialwesen, in der privaten Dienstleistungsbranche und bei obersten Bundesbehörden anführt, ist festzustellen, dass der Beklagte als Verwertungsgesellschaft urheberrechtlicher Nutzungsrechte an Musikwerken grundsätzlich andere Aufgaben wahrnimmt als die vom Landesarbeitsgericht zum Vergleich herangezogenen Unternehmen und es somit an einer Vergleichbarkeit der Branchen fehlt. In der Regel muss nämlich nach Vergleichszahlen in der jeweils vergleichbaren Branche und Berufsgruppe gefragt werden (Bayreuther NJW 2009, 806). Selbst bei Heranziehung von Vergleichszahlen aus derselben Branche zeigen diese nur, welcher Frauenanteil dort üblich ist. Für die Vermutung, dass im hier zu entscheidenden Einzelfalle eine Frauendiskriminierung vorliegt, reicht dies aber nicht aus. Es fehlt sowohl an der Üblichkeit als auch an irgendwelchen rechtlichen Vorgaben dafür, dass auf allen Hierarchieebenen eines Unternehmens eine annähernd gleiche Verteilung der Geschlechter vorliegen muss. Dazu sind die Tätigkeiten in Führungspositionen und solche in unteren Ebenen (zB Produktion, Verwaltung) zu unterschiedlich. Dies gilt vor allem auch hinsichtlich des Anforderungsprofils, das an die Stelleninhaber zu stellen ist.

76

Da das AGG bei der Überprüfung von Beförderungsentscheidungen auf den Einzelfall abstellt, genügt es im Regelfall auch nicht für ein „Indiz“ iSd. § 22 AGG, wenn lediglich „auffällige Ungleichgewichte“ beim Frauenanteil in verschiedenen Hierarchieebenen eines Unternehmens vom Anspruchssteller anhand von Statistiken bewiesen sind(vgl. auch Wendeling-Schröder FS Pfarr S. 158). Für die Annahme einer geschlechtsbezogenen Diskriminierung von Frauen bei Beförderungsentscheidungen bedarf es über die bloße Statistik hinaus weiterer Anhaltspunkte.

77

Zudem ist unklar, auf welchen Zeitraum sich die Zahlenangaben des Landesarbeitsgerichts beziehen und inwieweit der vom Landesarbeitsgericht verwendete Begriff der „Führungsposition“ mit den streitbefangenen „Führungspositionen“ beim Beklagten vergleichbar ist. Gleiches gilt, soweit das Landesarbeitsgericht ganz allgemein auf den Frauenanteil in „Betrieben mit 500 und mehr Beschäftigten“ oder auf „Großunternehmen (mindestens 20 Mio. € Jahresumsatz und/oder über 200 Beschäftigte)“ abstellt.

78

Die Frage, ob eine „gläserne Decke“ die Vermutung für eine Benachteiligung der Klägerin iSd. § 22 AGG begründen kann, oder unter welchen Voraussetzungen auf das Vorliegen einer solchen zu schließen ist, war nicht gem. Art. 267 AEUV dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorzulegen. Diese Fragen sind zwar entscheidungserheblich, betreffen aber nicht die Auslegung von Gemeinschaftsrecht. Vielmehr stellt die Beweiswürdigung iSd. § 22 AGG durch das nationale Gericht ausschließlich die Anwendung nationalen Rechts dar, die durch das Gemeinschaftsrecht gerade keine Regelung erfahren hat und damit dem nationalen Gericht vorbehalten bleibt. Art. 19 Abs. 1 der RL 2006/54/EG bestimmt, dass die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem System ihrer nationalen Gerichtsbarkeit die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, nach denen dann, wenn Personen, die sich durch die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert halten und bei einem Gericht Tatsachen glaubhaft machen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung vermuten lassen, es dem Beklagten obliegt zu beweisen, dass keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorgelegen hat. Der Erfüllung dieser europarechtlichen Vorgabe dient § 22 AGG. Wann das nationale Gericht eine glaubhaft gemachte Tatsache als ausreichendes Indiz für die behauptete Diskriminierung anzusehen hat, ist nicht Regelungsgegenstand der RL 2006/54/EG. Dies macht Nr. 30 der Erwägungen zur Richtlinie deutlich. Dort heißt es: „Es ist jedoch klarzustellen, dass die Bewertung der Tatsachen, die das Vorliegen einer mittelbaren oder unmittelbaren Diskriminierung vermuten lassen, weiterhin der einschlägigen einzelstaatlichen Stelle im Einklang mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten obliegt“.

79

Auch die Hilfsbegründung des Landesarbeitsgericht hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht nimmt hilfsweise an, die fehlende weibliche Besetzung von Führungspositionen zusammen mit der Tatsache, dass der früheren Mitarbeiterin G die Funktion der Personaldirektorin nur kommissarisch übertragen worden sei und es seit 1976 keine weitere Direktorin mehr bei dem Beklagten gegeben habe, lasse es als überwiegend wahrscheinlich erscheinen, dass das Geschlecht der Klägerin Motiv für die unterbliebene Beförderung gewesen sei. Bei dieser Würdigung lässt das Landesarbeitsgericht wesentliche Umstände außer Betracht. Wie dargelegt kommt allein dem Anteil der Frauen in der Ebene oberhalb der Abteilungsleiter nicht die vom Landesarbeitsgericht angenommene Vermutungswirkung zu. Die Tatsache, dass seit 30 Jahren bei dem Beklagten keine Frau Direktorin war, hat ohne Zahlenmaterial darüber, ob und ggf. in welchem Umfange es externe oder interne Bewerbungen von Frauen oder im Betrieb für die Beförderungsstelle geeignete Mitarbeiterinnen gegeben hat, keine Aussagekraft. Es kann nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht vermutet werden, dass in den vergangenen 30 Jahren so viele geeignete Mitarbeiterinnen zur Verfügung gestanden haben, dass die mangelnde Besetzung von Direktorenstellen mit Frauen auf Diskriminierungen beruht hat. Auch insoweit hat das Landesarbeitsgericht zu Unrecht gesellschaftliche Faktoren nicht in seine Würdigung mit einbezogen.

80

Die nur kommissarische Übertragung der Funktion der Personaldirektorin auf die frühere Mitarbeiterin G in den 1990er-Jahren entfaltet keine Vermutungswirkung für eine „gläsernen Decke“. Als Indiz iSd. § 22 AGG für ein generell frauenfeindliches Umfeld ist diese, über zehn Jahre zurückliegende nur kommissarische Übertragung der Direktorenposition auf die Mitarbeiterin G nicht geeignet.

81

3. Die Verletzung des § 22 AGG iVm. § 286 Abs. 1 ZPO führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils(§ 563 ZPO), weil dieses sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 561 ZPO).

82

a) Das Urteil erweist sich nicht deshalb als zutreffend, weil etwa Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Klägerin im Zusammenhang mit der Beförderung des Mitarbeiters R unter Verstoß gegen § 4 Abs. 1 TzBfG wegen ihrer Teilzeitbeschäftigung und der dadurch möglicherweise bedingten geringeren Kenntnisse und Erfahrungen in der konzeptionellen Personalarbeit benachteiligt worden ist. Insbesondere kann die Übertragung der Aufgaben der konzeptionellen Personalarbeit auf den Mitarbeiter R statt auf die Klägerin im Januar 2000 nicht darauf beruht haben, dass die Klägerin teilzeitbeschäftigt war. Ihre Arbeitszeitverringerung erfolgte nämlich nach der bindenden Feststellung des Landesarbeitsgerichts erst ab Mai 2001. Soweit der Beklagte erstinstanzlich vorgetragen hat, die Klägerin habe wegen ihrer Teilzeittätigkeit aus zeitlichen Gründen ab dem Jahre 2000 nicht die Möglichkeit gehabt, Aufgaben der konzeptionellen Personalarbeit zu erledigen, beruht dieser Sachvortrag ersichtlich auf einem Versehen.

83

b) Der Senat ist nicht in der Lage, im Hinblick auf die weiteren vom Berufungsurteil festgestellten und als Indizien für eine Diskriminierung der Klägerin in Betracht kommenden Umstände in der Sache selbst zu entscheiden, § 563 Abs. 3 ZPO, weil er seine Würdigung der Indizien nach § 286 ZPO nicht an die Stelle der Würdigung durch das Tatsachengericht setzen darf. Das Landesarbeitsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - keine abschließende Aufklärung und Gesamtbetrachtung aller von der Klägerin vorgetragenen Hilfstatsachen vorgenommen. Werden aber von dem Arbeitnehmer, der eine Benachteiligung geltend macht, Hilfstatsachen vorgetragen, die jeweils für sich allein betrachtet nicht ausreichen, um die Vermutungswirkung des § 22 AGG herbeizuführen, ist vom Tatsachengericht eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, ob diese Hilfstatsachen zur Begründung der Vermutungswirkung geeignet sind(vgl. zu § 611a BGB aF: Senat 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6). Hierbei wird das Landesarbeitsgericht bei seiner Würdigung, ob die Gesamtbetrachtung der von der Klägerin vorgetragenen Umstände es als überwiegend wahrscheinlich erscheinen lässt, dass bei dem Beklagten ein Umfeld gegeben ist, das dem beruflichen Aufstieg von Frauen generell ablehnend gegenüber steht, ua. folgende Umstände mit einzubeziehen haben: die Vergabe der Funktion der Leitung der Bezirksdirektion N an den Mitarbeiter Ba statt an die vormalige Bezirksdirektorin der geschlossenen Bezirksdirektion Ha, W, im Jahre 1997, die unterbliebene Berücksichtigung der stellvertretenden Bezirksdirektorin des Standortes D, Gr, auf die Position der Bezirksdirektorin des Standortes zugunsten eines männlichen Bewerbers, der nicht über das geforderte Hochschulstudium verfügte im Jahre 2005, und die Tatsache, dass nur Männer als Beobachter für das 2007 durchgeführte Entwicklungsaudit für die Ebenen Abteilungsdirektor/Abteilungsleiter fungierten. Des Weiteren könnte es eine Indizwirkung iSd. § 22 AGG entfalten, wenn es zuträfe, dass Dr. Mü der Klägerin im Zusammenhang mit der nicht erfolgten Beförderung der Mitarbeiterin Gr bezogen auf ein damaliges Vorstandsmitglied mitgeteilt hatte, dass dieser keine Frauen wolle, und wenn Männer bei dem Beklagten stets spätestens nach zwei Jahren bei entsprechender Tätigkeit den Direktorentitel verliehen erhielten. Hinsichtlich der zeitlich nach Klageerhebung liegenden Vorfälle wird das Berufungsgericht insbesondere auch berücksichtigen müssen, inwieweit diese Indizien für die Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Geschlechts sind oder lediglich - wenn auch möglicherweise das Persönlichkeitsrecht der Klägerin verletzende - Reaktionen auf einen bestehenden Konflikt darstellen und als solche mit dem Geschlecht der Klägerin nicht im Zusammenhang stehen.

84

II. Die Revision des Beklagten ist auch begründet, soweit er sich gegen seine Verurteilung zu einer monatlichen Zahlung von 1.467,86 Euro brutto wendet.

85

Ein entsprechender Anspruch der Klägerin gem. §§ 1, 7 Abs. 1, § 15 Abs. 1 AGG kann mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts nicht bejaht werden. Dessen Schlussfolgerung, die Klägerin sei wegen ihres Geschlechts nicht befördert und damit unzulässig benachteiligt worden, hält - wie oben dargelegt - einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

86

C. Begründet sind die Revisionen der Klägerin und des Beklagten soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 20.000,00 Euro richten.

87

I. Der auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klageantrag ist zulässig, insbesondere ist er hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

88

Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin die von ihr begehrte Entschädigung in das Ermessen des Gerichts gestellt hat. Ein solcher Klageantrag ist hier zulässig, weil die Bestimmung der Höhe des Anspruchs von billigem Ermessen abhängt und damit dem Gericht ein Beurteilungsspielraum eingeräumt wird. Ist die Höhe des Anspruchs nach billigem Ermessen des Gerichts zu bestimmen, ist ein unbezifferter Klageantrag zulässig, wenn der Kläger Tatsachen benennt, die das Gericht bei seiner Ermessensentscheidung heranziehen soll, und die Größenordnung der Forderung angibt (vgl. Senat 24. September 2009 - 8 AZR 705/08 - mwN, EzA AGG § 3 Nr. 1). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin hat einen Sachverhalt dargelegt, den das Gericht bei seiner Ermessensentscheidung heranziehen soll und der es grundsätzlich ermöglicht, eine Entschädigung zu bestimmen. Ferner hat die Klägerin Angaben zur Größenordnung der Entschädigung, nämlich mindestens 60.000,00 Euro, gemacht.

89

II. Die Verurteilung des Beklagten durch das Landesarbeitsgericht zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 20.000,00 Euro an die Klägerin hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

90

1. Zutreffend geht das Berufungsgericht bei der Prüfung der Begründetheit der Entschädigungsklage davon aus, dass sich aus einer schwerwiegenden Verletzung des Persönlichkeitsrechts ein Entschädigungsanspruch ergeben kann. Dabei hat es auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu Entschädigungsansprüchen bei „Mobbing“ Bezug genommen. Danach ist „Mobbing“ kein Rechtsbegriff und damit auch keine Anspruchsgrundlage für Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber oder gegen Arbeitskollegen (Senat 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 42 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 8). Nicht alles, was als „Mobbing“ bezeichnet wird, ist von rechtlicher, insbesondere arbeitsrechtlicher oder schadensrechtlicher Relevanz. Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche aufgrund „Mobbings“ geltend, muss vielmehr jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den genannten Einzelfällen arbeitsvertragliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers iSd. § 823 Abs. 1 BGB, ein Schutzgesetz iSd. § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung iSd. § 826 BGB begangen hat. Bei dieser Prüfung gilt es weiter zu beachten, dass es Fälle gibt, in denen die einzelnen vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen oder seiner Vorgesetzten bzw. des Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzung darstellen, die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen jedoch zu einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung aufgrund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechts des Arbeitnehmers führt (vgl. Senat 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - aaO). Eine solche Systematik und Zielrichtung ist dann anzunehmen, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Dies entspricht weitgehend der nunmehr vom Gesetzgeber in § 3 Abs. 3 AGG(in Kraft seit 18. August 2006) gewählten Definition des Begriffes „Belästigung“. Danach ist eine Belästigung eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 AGG genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Damit hat der Gesetzgeber auch den Begriff des „Mobbings“ umschrieben, jedenfalls soweit dieses an die nach § 1 AGG verpönten Merkmale anknüpft(vgl. Senat 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - aaO). Entsprechend kann für die Fälle des „Mobbings“ eines Arbeitnehmers, gleich aus welchen Gründen, an § 3 Abs. 3 AGG angeknüpft werden. Diese Norm zeigt vor allem, dass es grundsätzlich auf die Zusammenschau der einzelnen „unerwünschten” Verhaltensweisen ankommt, um zu beurteilen, ob „Mobbing” vorliegt. § 3 Abs. 3 AGG stellt nämlich darauf ab, ob ein durch die unerwünschten Handlungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Ein Umfeld wird aber grundsätzlich nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen. Damit sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Deshalb dürfen einzelne zurückliegende Handlungen/Verhaltensweisen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden. Wesensmerkmal der als „Mobbing” bezeichneten Form der Rechtsverletzung des Arbeitnehmers ist damit die systematische, sich aus vielen einzelnen Handlungen/Verhaltensweisen zusammensetzende Verletzung, wobei den einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen für sich allein betrachtet oft keine rechtliche Bedeutung zukommt (Senat 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - BAGE 124, 295 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 7). Bei dieser Würdigung ist zu berücksichtigen, dass im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, die sich auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können, von der rechtlichen Bewertung auszunehmen sind. Vielmehr sind die kritischen Verhaltensweisen aufgrund einer objektiven Betrachtungsweise und ohne Rücksicht auf das subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers zu bewerten. Dies gilt auch im Verhältnis zu Vorgesetzten. Entsprechend stellen Weisungen, die sich im Rahmen des Direktionsrechts des Arbeitgebers bewegen, und denen sich nicht eindeutig eine schikanöse Tendenz entnehmen lassen, in der Regel keine Verletzung des Persönlichkeitsrechts dar. Gleiches kann für den Rahmen des Direktionsrechts überschreitende Weisungen gelten, denen jedoch sachlich nachvollziehbare Erwägungen des Arbeitgebers zugrunde liegen. Daneben kann es an der die einzelnen Handlungen zusammenfassenden Systematik fehlen, wenn verschiedene Vorgesetzte handeln und nicht zusammenwirken oder wenn zwischen den einzelnen Teilakten lange zeitliche Zwischenräume liegen (vgl. Senat 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6).

91

2. Ob ein Gesamtverhalten als eine einheitliche Verletzung von Rechten des Arbeitnehmers zu qualifizieren ist und ob einzelne Handlungen oder Verhaltensweisen für sich genommen oder in der Gesamtschau einen rechtsverletzenden Charakter haben, unterliegt der tatrichterlichen Würdigung und ist damit nur eingeschränkt revisionsrechtlich überprüfbar. Ob Rechte des Arbeitnehmers verletzt worden sind, muss von den Tatsachengerichten aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Diese Würdigung darf dem Berufungsgericht nicht entzogen werden. Daher kann das Revisionsgericht nur überprüfen, ob das Landesarbeitsgericht Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt, alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles beachtet und hinreichend gewürdigt hat und ob es in die vorzunehmende Güter- und Interessenabwägung die wesentlichen Umstände des Einzelfalles in nachvollziehbarer Weise mit einbezogen hat sowie ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (vgl. Senat 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 42 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 8).

92

3. Das Landesarbeitsgericht hat bei der Festsetzung der Höhe einer Entschädigung in Höhe von 20.000,00 Euro zugunsten der Klägerin zu Unrecht in seine Gesamtschau eine Persönlichkeitsrechtsverletzung der Klägerin durch die unterbliebene Beförderung mit einbezogen. Wie oben dargelegt durfte das Landesarbeitsgericht mit der von ihm gegebenen Begründung eine solche Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht bejahen. Durch diese unzulässige Miteinbeziehung dieses Sachverhalts erweist sich die gesamte Bewertung der vom Landesarbeitsgericht angenommenen Persönlichkeitsrechtsverletzung als rechtsfehlerhaft.

93

Insbesondere verstößt das Landesarbeitsgericht dadurch gegen das Erfordernis einer Gesamtschau, dass es für den Fall, dass in der unterbliebenen Beförderung der Klägerin keine Persönlichkeitsrechtsverletzung zu sehen sein sollte, für die nachfolgenden Handlungen des Beklagten „zumindest eine Entschädigung in Höhe von 16.000,00 Euro“ als „gerechtfertigt“ ansieht.

94

Eine solche getrennte Beurteilung ist nicht zulässig, weil die von der Klägerin geltend gemachten Persönlichkeitsrechtsverletzungen nicht eindeutig in solche aufgespaltet werden können, die im Zusammenhang mit der streitbefangenen Nichtbeförderung der Klägerin stehen, und in solche die möglicherweise mit der unterbliebenen Beförderung nichts zu tun haben. Alle von der Klägerin vorgetragenen Verletzungen stehen in einem Zusammenhang und wären deshalb - soweit das Landesarbeitsgericht in ihnen Bestandteile einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin sieht - im Rahmen der erforderlichen Gesamtschau zu berücksichtigen gewesen. Von einem solchen Zusammenhang der von der Klägerin zur Stützung ihres Vorwurfs der Persönlichkeitsrechtsverletzung durch den Beklagten herangezogenen Vorfälle ist auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen. So nimmt es beispielsweise an, dass der Beklagte mit dem Aushang vom 10. Dezember 2006 den Eindruck eines „Kompetenzentzuges“ im Zusammenhang mit der getroffenen Personalentscheidung zugunsten des Mitarbeiters R erweckt hat und dieser trotz der Schreiben vom 3. Januar 2007 und 8. Februar 2007 an die Klägerin nach außen hin „weiter aufrechterhalten“ worden ist. Des Weiteren nimmt das Berufungsgericht an, dass die Klägerin, nachdem sie sich gegen den Eindruck „des Kompetenzentzuges“ und einer Diskriminierung bei der Beförderungsentscheidung gewehrt hatte, einer Behandlung ausgesetzt worden ist, die „sie herabwürdigt und bewusst unter Druck“ gesetzt hat. Damit stellt das Landesarbeitsgericht alle nach der streitbefangenen Beförderungsentscheidung seitens des Beklagten der Klägerin gegenüber getätigten Äußerungen und Verhaltensweisen in einen Zusammenhang mit der als Persönlichkeitsverletzung gewerteten Nichtbeförderung der Klägerin. Auch bei der Beurteilung der Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung stellt das Landesarbeitsgericht darauf ab, dass „ein Großteil des Verhaltens des Beklagten als Reaktion auf die Wahrnehmung vermeintlicher Rechte durch die Klägerin nach dem AGG angesehen werden kann“.

95

4. Eine abschließende Entscheidung in der Sache ist dem Senat verwehrt, weil das Landesarbeitsgericht weder eine zutreffende Gesamtbetrachtung der vorgetragenen Tatsachen/Geschehnisse vorgenommen noch alle anderen von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen, die als einzelne Handlungen oder in der Gesamtschau rechtsverletzenden Charakter haben könnten, berücksichtigt hat.

96

So fehlen bereits Ausführungen dazu, ob das Landesarbeitsgericht aufgrund einer einzelnen Handlung oder erst auf der Basis einer Gesamtschau mehrerer Handlungen eine Persönlichkeitsrechtsverletzung angenommen hat und insbesondere, ob es insgesamt ein systematisches Verhalten sieht, durch welches ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen worden ist. Die Würdigung, ob insgesamt ein systematisches Verhalten vorliegt, ist gerade deshalb nötig, weil hier mehrere Personen gehandelt haben, so dass grundsätzlich geklärt werden muss, ob diese zusammengewirkt haben. Auch dazu fehlen weitgehend Ausführungen im angefochtenen Urteil. Lediglich bezüglich des Schreibens vom 3. Januar 2007 nimmt das Landesarbeitsgericht ein Zusammenwirken zwischen Dr. Mü, Dr. H und Herrn R an. Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht auch einige von der Klägerin vorgetragene Tatsachen nicht berücksichtigt. So ist es deren Behauptung nicht nachgegangen, dass im Zusammenhang mit der Besetzung der Stelle in D im April 2005 und ihrer Nachfrage, weshalb Frau Gr nicht in Betracht komme, Dr. Mü sinngemäß bezogen auf ein damaliges Vorstandsmitglied geantwortet haben soll: „Sie kennen ja Herrn Dr. Kr, der will halt keine Frauen“. Sollte diese Äußerung gefallen sein, könnte dies nicht nur auf eine beim Beklagten nicht unübliche Frauendiskriminierung, sondern möglicherweise in der Gesamtschau mit den Verhaltensweisen ab Dezember 2006 auch auf ein „frauenfeindliches Umfeld“ beim Beklagten hindeuten. Ferner hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, dass die Klägerin, obwohl die Personalbetreuung nebst Abfassen von Abmahnungen zu ihren Aufgaben gehört, bei dem Gespräch des Herrn R im Februar 2008 mit dem Mitarbeiter C. in B über die Aufhebung dessen Arbeitsvertrages nicht beteiligt war und die von ihr im Januar 2008 für A K. formulierte Ermahnung Frau S zur Prüfung vorgelegt wurde. Auch dies könnte in der Gesamtschau auf eine Persönlichkeitsverletzung hindeuten.

97

III. Die Revision des Beklagten ist auch begründet, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Auskunftserteilung über das dem Arbeitnehmer R gezahlte variable Entgelt richtet.

98

1. Die Klage auf Auskunft ist zulässig.

99

a) Der Klageantrag wurde zwar in dieser Form erstmals in der Berufungsverhandlung vom 30. Juli 2008 gestellt. Ob es sich dabei um eine nachträgliche Klageänderung gehandelt hat, kann dahinstehen. Auch eine solche wäre nämlich nach § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 533 ZPO zulässig gewesen, weil der Beklagte sich hierauf widerspruchslos eingelassen hat und deshalb nach § 267 ZPO seine Einwilligung zur Klageänderung anzunehmen ist. Ob der Antrag auf Tatsachen gestützt wird, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hatte, kann ebenfalls offen bleiben. Ob und inwiefern die Berücksichtigung neuer Tatsachen im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren zulässig ist, richtet sich nicht nach § 531 Abs. 2 ZPO, sondern nach der Spezialregelung in § 67 ArbGG(BAG 25. Januar 2005 - 9 AZR 44/04 - BAGE 113, 247 = AP AEntG § 1 Nr. 22 = EzA AEntG § 1 Nr. 8). Hat das Berufungsgericht - wie hier - Vorbringen zugelassen, ist dies im Revisionsverfahren unanfechtbar und das vom Landesarbeitsgericht zugelassene Sachvorbringen zu berücksichtigen, weil die Beschleunigungswirkung, der die Präklusionsvorschrift des § 67 ArbGG dient, nicht wieder herstellbar ist(vgl. BAG 19. Februar 2008 - 9 AZN 1085/07 - AP ArbGG 1979 § 72a Nr. 60 = EzA ArbGG 1979 § 72 Nr. 37).

100

b) Der Antrag ist als Klage auf zukünftige Leistung nach § 258 ZPO zulässig. Er dient dem Ziel, den Klageantrag zu 2) um den Betrag der zukünftigen variablen Vergütung des Mitarbeiters R zu ergänzen.

101

2. Das Landesarbeitsgericht hat den Auskunftsanspruch jedoch mit einer nicht tragenden Begründung bejaht. Auch insoweit wirkt sich die unzutreffende Würdigung des Berufungsgerichts im Rahmen der angenommen Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Geschlechts aus.

102

IV. Auf die Revision der Klägerin war das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit es die Klage auf Feststellung abgewiesen hat, dass der Beklagte zum Ersatz der durch sein Verhalten bis Juli 2008 der Klägerin entstandenen und entstehen werdenden materiellen und immateriellen Schäden verpflichtet ist.

103

1. Der Feststellungsantrag ist nicht bereits „in großen Teilen unzulässig“, wie das Landesarbeitsgericht gemeint hat.

104

a) So besteht für den Feststellungsantrag in der in der Revisionsinstanz gestellten (beschränkten) Fassung insbesondere das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.

105

Die Annahme eines Feststellungsinteresses setzt voraus, dass dem betroffenen Recht oder der Rechtslage eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht. Dies wird bei der Feststellung einer Schadensersatzpflicht angenommen, wenn zukünftige, noch nicht bezifferbare Schäden möglich sind. Dies gilt auch, wenn ihre Art, ihr Umfang und ihr Eintritt noch ungewiss sind. Allerdings muss eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts bestehen. Dafür genügt die nicht eben entfernt liegende Möglichkeit künftiger Verwirklichung der Ersatzpflicht durch Auftreten weiterer, bisher noch nicht erkennbarer oder voraussehbarer Leiden (Senat 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6). Solches erscheint bezogen auf die Formulierung im Feststellungsantrag „durch die unterbliebene Beförderung auf die Stelle einer Leiterin der bundesweit tätigen Personalabteilung des Beklagten“ für die Zeit ab Dezember 2006 als möglich.

106

b) Gleiches gilt für „sonstige Benachteiligungen, die Maßnahmen nach § 16 AGG darstellen“.

107

c) Darüber hinaus ist der Antrag hinreichend bestimmt gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

108

Der Klageantrag muss den erhobenen Anspruch nach Inhalt und Umfang konkret bezeichnen und die Klageart ergeben. Insoweit ist bei Feststellungsanträgen erforderlich, dass sich für den Fall der Klagestattgabe der objektive Umfang der Bindungswirkung der gerichtlichen Entscheidung hinreichend feststellen lässt (BAG 23. Januar 2007 - 9 AZR 557/06 - AP BGB § 611 Mobbing Nr. 4). Dabei muss der Streitgegenstand so genau bezeichnet werden, dass die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entschieden werden kann (BAG 17. Juni 1997 - 1 ABR 10/97  -). Ausreichend ist allerdings, wenn der Antrag in einer dem Bestimmtheitserfordernis genügenden Weise ausgelegt werden kann. Das Gericht ist daher gehalten, eine entsprechende Auslegung des Antrages vorzunehmen, wenn hierdurch eine vom Kläger erkennbar erstrebte Sachentscheidung ermöglicht wird. Dabei darf es sich jedoch nicht über einen eindeutigen Antrag hinwegsetzen (vgl. BAG 17. Juni 1997 - 1 ABR 10/97  -). Darüber hinaus gilt es bei der Beurteilung der hinreichenden Bestimmtheit zu beachten, dass ein Feststellungsantrag einerseits der Hemmung der Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB dient und andererseits den Grund des klägerischen Schadensersatzanspruchs klärt, so dass im Falle späterer Folgeschäden nur noch der Ursachenzusammenhang mit dem Schadensereignis und die Schadenshöhe nachzuweisen sind. Vor diesem Hintergrund sind die Anforderungen an die Bestimmtheit des Antrages festzusetzen. Soll ein späterer Rechtsstreit über den Grund des Schadensersatzanspruchs vermieden werden, muss dieser klar aus dem Feststellungsantrag hervorgehen. Insofern war der ursprüngliche Feststellungsantrag - wie von der Klägerin in der Revisionsinstanz klargestellt - so auszulegen, wie es sich aus dem Tatbestand (Ziff. 5 der Anträge) ergibt.

109

2. Ob das von der Klägerin geltend gemachte schadensersatzbegründende Verhalten des Beklagten tatsächlich vorliegt, ist eine Frage der Begründetheit der Feststellungsklage und kann durch den Senat aufgrund der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht abschließend entschieden werden.

110

D. Das Landesarbeitsgericht wird bei seiner Kostenentscheidung auch über die Kosten der Revision mitzuentscheiden haben.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Die ehrenamtliche Richterin
Morsch ist wegen Ausscheiden
aus dem Amt an der
Unterschriftsleistung verhindert.
Hauck    

        

    N. Schuster    

                 

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 2. Mai 2013 5 Ca 370/12 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung einer Entschädigung wegen behaupteter Benachteiligung bei einer Stellenbewerbung. Die Klägerin ist über 50 Jahre alt und russischer Herkunft. Sie hat ein Informatikstudium absolviert.

2

Die Klägerin ist im Zusammenhang mit Klagen auf Zahlung von Entschädigungen wegen behaupteter Diskriminierung bundesweit aktiv. Auch die Beklagte war bereits in der Vergangenheit zweimal von der Klägerin auf Zahlung von Entschädigung gerichtlich in Anspruch genommen worden, jeweils erfolglos. Im Zusammenhang damit ist nach wie vor ein Anspruch der Beklagten gegenüber der Klägerin auf Kostenerstattung offen.

3

Am 5. Juli 2012 schrieb die Beklagte eine Stelle als Softwareentwickler Microsoft.Net (w/m) ..... und eine Stelle als Softwareentwickler Microsoft.Net (w/m) ..... aus. Auf diese Positionen bewarb sich die Klägerin mittels des von der Beklagten eingerichteten Onlinebewerbungstools.

4

Nach Abschluss des Bewerbungsverfahrens lehnte die Beklagte die Klägerin als Kandidatin für beide ausgeschriebene Stellen mit Schreiben vom 5. Oktober 2012 ab.

5

Mit der Klage vom 19. September 2012 hat die Klägerin von der Beklagten ursprünglich die Bescheidung über ihre Bewerbungen begehrt. Nach Erhalt der Ablehnungen hat die Klägerin die Klage mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2012 auf Zahlung einer zeitlich unbegrenzten monatlichen Entschädigung in Höhe von € 1.000,00 € umgestellt. Mit Klagerweiterung vom 12. November 2012 hat die Klägerin eine zeitlich unbegrenzte Entschädigungszahlung in Höhe von € 3.000,00 monatlich begehrt.

6

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass sie von der Beklagten wegen der Merkmale „Geschlecht“, „Alter“ und „russischer Herkunft“ nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen und damit mehrfach diskriminiert worden sei.

7

Die Klägerin hat insoweit geltend gemacht, das Pflichteingabefeld "Anrede", welches einzig das Geschlecht des Bewerbers abfrage, und das Pflichteingabefeld "Geburtsdatum" würden indizieren, dass sie, die Klägerin, hinsichtlich ihres Geschlechts und ihres Alters diskriminiert worden sei. Ferner sei die Stellenausschreibung nicht geschlechtsneutral formuliert. Allein der Hinweis „(w/m)“ genüge nicht. Außerdem seien Frauen in der IT-Branche stark unterrepräsentiert. Ihre Anfragen an das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung und an die Bundesagentur für Arbeit hätten ergeben, dass in Deutschland in der Berufsordnung 774 (Datenverarbeitungsfachleute) nur 18,5% Frauen beschäftigt würden. Hiervon bilde die Beklagte keine Ausnahme.

8

Weiter sei die Klägerin wegen der Abfrage der Sprachkenntnisse – „Muttersprache, Fließend, Fortgeschritten, Grundkenntnisse“ hinsichtlich des Merkmals „ethnische Herkunft“ benachteiligt worden.

9

Ferner sei ein weiteres starkes Indiz für die Diskriminierung das Vorverhalten der Beklagten. Die Klägerin habe sich bereits mehrmals bei der Beklagten beworben und sei immer abgelehnt worden. In zwei vorherigen Gerichtsverfahren habe sich die Beklagte geweigert, Auskunft über damals erfolgte Einstellungen zu gewähren.

10

Die Klägerin hat beantragt,

11

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zeitlich unbegrenzt Monatsgehalt von mindestens € 3.000,00 als Entschädigung für die vollständige zeitlich unbegrenzte Ausgrenzung wegen der Merkmale des § 1 AGG zu zahlen.

12

Die Beklagte hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Die Beklagte hat geltend gemacht:

15

Die Abfrage der Anredeform sei allein deswegen erfolgt, weil die webbasierten Bewerbungsmanagementsysteme auch den späteren Schriftverkehr mit den Bewerbern automatisiert übernähmen und nur auf diese Weise die richtige Anredeform bestimmt werden könne. Eine Vorauswahl aufgrund dieser Eingabe habe nicht stattgefunden.

16

Die Angabe des Geburtsdatums sei marktüblich und nicht aus Diskriminierungsgründen erfolgt. Gemeinsam mit dem Namen und der Anrede diene das Geburtsdatum mit zur Identifizierung der Person. Überdies werde das Geburtsdatum bereits aus den eingereichten Unterlagen wie Zeugnisse bekanntgeben.

17

Die Frage nach der Qualifikation der Sprachkenntnisse verfolge den Zweck, eine erste Einschätzung bezüglich der Einsetzbarkeit des Bewerbenden treffen zu können.

18

Die Beklagte habe die Klägerin nicht aus den von ihr behaupteten bzw. gemutmaßten Gründen nicht berücksichtigt, sondern ihr unter anderem deshalb eine Absage erteilt, weil die Qualifikationen der Klägerin die Beklagte nicht hätten überzeugen können. Seit Beginn ihrer Arbeitslosigkeit im Jahr 2003 sei die Klägerin nicht mehr als Softwareentwicklerin tätig. Dies stelle gerade im Bereich der Softwareentwicklung ein erhebliches Defizit dar. Darüber hinaus hätte man nach den bereits vorangegangenen früheren prozessualen Auseinandersetzungen ohnehin nicht mehr von einer gedeihlichen Zusammenarbeit ausgehen können. Sie, die Beklagte, habe auch kein Interesse an der Beschäftigung der Klägerin, da diese ihr aus einer titulierten Kostenerstattungsforderung noch Geld schulde.

19

Außerdem hat die Beklagte bestritten, dass die Klägerin sich subjektiv ernsthaft auf die ausgeschriebenen Positionen beworben habe. Insoweit hat die Beklagte auf weitere anhängige Gerichtsverfahren der Klägerin gegenüber zahlreiche Unternehmen wegen angeblicher Diskriminierung im Bewerbungsverfahren verwiesen und geltend gemacht, die Klägerin versuche, den Diskriminierungsschutz des AGG systematisch und professionell als dauerhafte Einnahmequelle zu missbrauchen. Dies dokumentiere auch der wohl versehentlich zu den Gerichtsakten gelangte Schriftsatz der Klägerin betreffend ein anderes Verfahren, in dem die Klägerin von einer anderen Firma zeitlich unbegrenzt einen monatlichen Betrag von mindestens € 1.000,00 als Entschädigung „für die vollständige zeitlich unbegrenzte Ausgrenzung wegen der Merkmale des § 1 AGG“ verlange. Das gesamte Verhalten der ständig gleichzeitig von verschiedenen Firmen Entschädigungszahlungen fordernden Klägerin mache jedenfalls deutlich, dass sie mit den streitgegenständlichen Bewerbungen vom Juli 2012 zu keiner Zeit ernsthaft die Absicht verfolgt habe, einen Arbeitsvertrag mit der Beklagten abzuschließen, zumal sie bereits zuvor von der Beklagten mehrmals Absagen erhalten habe und nicht dafür Sorge trage, ihre Schulden gegenüber der Beklagten zu begleichen.

20

Mit Urteil vom 2. Mai 2013 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

21

Gegen das ihr am 8. Mai 2013 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 24. Mai 2013 bei Gericht eingegangenen und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 8. August 2013 am 7. August 2013 begründeten Berufung.

22

Die Klägerin rügt, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts lägen erhebliche Indizien für eine Diskriminierung vor. Die Abfrage des Geschlechts und des Geburtsdatums in einem automatischen Bewerbungssystem führe zu einer erheblich leichteren Sortierung und Bearbeitung von Bewerbern. Das Argument der Beklagten, dem sich das Arbeitsgericht angeschlossen habe, dass es eine sichere Unterscheidung von Bewerbern geben müsse, sei überhaupt nicht nachvollziehbar. Dies könne einfach mittels Vergabe einer laufenden ID-Nummer gewährleistet werden, was in der elektronischen Datenverarbeitung üblich sei.

23

Weiter macht die Klägerin geltend, auch allgemeine Statistiken könnten ein Indiz für eine Diskriminierung sein, und bestreitet mit Nichtwissen, dass die von ihr vorgelegten Statistiken auf die Beklagte nicht zuträfen.

24

Schließlich macht die Klägerin geltend, es lägen entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts auch Indizien für eine Diskriminierung wegen ihrer russischen Herkunft vor. Dies ergebe sich daraus, dass die Beklagte danach gefragt habe, ob Deutsch die Muttersprache sei.

25

Die Klägerin beantragt,

26

das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 2. Mai 2013 – Az. 5 Ca 370/12 – abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin bis einschließlich September 2028 monatlich € 3.000,00 zu zahlen.

27

Die Beklagte beantragt,

28

die Berufung zurückzuweisen.

29

Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen.

30

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien und die Sitzungsniederschriften verwiesen.

Entscheidungsgründe

31

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

I.

32

Die Berufung der Klägerin ist gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 b) ArbGG statthaft. Sie ist zudem gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit auch im Übrigen zulässig.

II.

33

Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen.

34

1. Ein etwaiger Entschädigungsanspruch der Klägerin wäre schon unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) ausgeschlossen.

35

Der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) bildet eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung, wobei eine gegen § 242 BGB verstoßende Rechtsausübung oder Ausnutzung einer Rechtslage wegen der Rechtsüberschreitung als unzulässig angesehen wird. § 242 BGB eröffnet damit die Möglichkeit, jede atypische Interessenlage zu berücksichtigen, bei der ein Abweichen von der gesetzlichen Rechtslage zwingend erscheint. Zur Konkretisierung atypischer Interessenlagen wurden Fallgruppen gebildet, in denen ein rechtsmissbräuchliches Verhalten nahe liegt. Hierzu zählt die Fallgruppe des unredlichen Erwerbs der eigenen Rechtsstellung. Im Falle von Ansprüchen nach § 15 AGG kann unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls der Erwerb der Rechtsstellung als Bewerber dann als unredlich erscheinen, wenn die Bewerbung allein deshalb erfolgte, um Entschädigungsansprüche zu erlangen (BAG vom 13. Oktober 2011 – 8 AZR 608/10 – m.w.N., juris).

36

In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist die Klage als rechtsmissbräuchlich zu bewerten. Die Bewerbung der Klägerin bei der Beklagten diente nach Überzeugung der Kammer in erster Linie dazu, einen Anlass für die Erhebung einer weiteren Entschädigungsklage zu schaffen, ohne dass die Klägerin ernsthaft die Absicht hatte, von der Beklagten als Bewerberin berücksichtigt zu werden. Die Überzeugung der Kammer ergibt sich aus Folgendem:

37

Unstreitig tritt die Klägerin in einer Vielzahl von Verfahren bundesweit als sog. AGG-Klägerin auf. Hierin allein liegt allerdings kein ausreichender Umstand, der die Bewerbung bei der Beklagten als subjektiv nicht ernsthaft erscheinen ließe (vgl. BAG vom 13. Oktober 2011 a.a.O.). Jedenfalls im vorliegenden Verfahren kommen jedoch weitere Umstände hinzu, die das Vorgehen der Klägerin als rechtsmissbräuchlich erkennen lassen.

38

Die Klägerin hatte die Beklagte bereits in der Vergangenheit zu Unrecht auf Zahlung von Entschädigungen verklagt. Überdies schuldet sie der Beklagten nach wie vor die Kostenerstattung aus einer dieser Rechtsstreitigkeiten. Der Klägerin musste von daher von vornherein klar sein, dass ihre Bewerbung erfolglos bleiben würde, denn von einem Arbeitgeber kann nicht erwartet werden, dass er eine Bewerbung berücksichtigt oder dies auch nur ernsthaft in Erwägung zieht, wenn die Bewerberin ihn schon mehrfach zu Unrecht verklagt hat und ihm darüber hinaus die Kostenerstattung schuldig geblieben ist. Dass sich die Klägerin gleichwohl erneut bei der Beklagten beworben hat, deutet bereits darauf hin, dass es ihr letztlich nur darum ging, einen Anlass für die Erhebung einer Entschädigungsklage zu schaffen.

39

Hinzu kommen die von der Klägerin mit der Klage verfolgten Rechtsschutzziele. Zunächst hat die Klägerin am 19. September 2012 Klage auf Berücksichtigung und Beantwortung ihrer Bewerbungen vom 10. Juli 2012 erhoben, obwohl sie die Beklagte noch am 6. September 2012 an ihre Bewerbungen erinnert hatte. Eine Bewerberin, der es ernsthaft darum gegangen wäre, dass ihre Bewerbungen Berücksichtigung finden, wäre nicht so vorgegangen wie die Klägerin, sondern hätte zunächst abgewartet, ob in angemessener Zeit nach dem 6. September 2012 eine Absage oder eine sonstige Reaktion der Beklagten erfolgt wäre. Angemessen wäre insofern zumindest ein Zeitraum von einem Monat gewesen, denn Bewerbungsprozesse benötigen erfahrungsgemäß mitunter erhebliche Zeit, abhängig von der Anzahl der Bewerbungen und der Komplexität des Auswahlverfahrens. Die Erhebung der Klage weniger als zwei Wochen, nachdem die Klägerin an ihre Bewerbungen erinnert hatte, verdeutlicht, dass es der Klägerin letztlich auf eine erneute gerichtliche Auseinandersetzung mit der Beklagten ankam.

40

Auch der dann geänderte Klagantrag weist darauf hin, dass es der Klägerin mit ihren Bewerbungen letztlich darum ging, einen Anlass für eine weitere Entschädigungsklage zu schaffen und damit den Diskriminierungsschutz aus § 1 AGG als Einnahmequelle zu missbrauchen. Den Antrag, die Beklagte zu verurteilen, ihr zeitlich unbegrenzt monatlich € 1.000,00 (später erhöht auf monatlich € 3.000,00) zu zahlen, hat die Klägerin damit begründet, es sei nach den vorausgegangenen Absagen der Beklagten in den Jahren 2003, 2010 und 2011 offensichtlich, dass ihre Bewerbungen bei der Beklagten unabhängig von ihrer Qualifikation aussichtslos seien, und es sei ihr unzumutbar, sich weiter auf die ständig veröffentlichten Stellenanzeigen der Beklagten zu bewerben und Absagen zu bekommen. Deswegen müsse die Beklagte ihr zeitlich unbegrenzt den geforderten monatlichen Betrag zahlen. Die Beklagte habe es in der Hand, diese Verpflichtung zu beenden, indem sie die Klägerin ohne Probezeit einstelle. Mit diesen Ausführungen hat die Klägerin deutlich gemacht, dass sie selbst kein ernsthaftes Interesse an den streitbefangenen Bewerbungen hatte, sondern lediglich einen Grund dafür suchte, sich von der Beklagten künftig ihren Lebensunterhalt finanzieren zu lassen; eine Bewerberin, die ernsthaft an einer Stelle interessiert ist, würde dem Arbeitgeber nicht ansinnen, sie ohne Probezeit einzustellen.

41

Nachdem die Beklagte erstinstanzlich der Klägerin vorgehalten hatte, ihr Vorgehen sei rechtsmissbräuchlich, hat die Klägerin erwidert, es stehe der Beklagten frei, selbst auszuprobieren, wie es denn sei, dauerhaft arbeitslos zu sein, von Hartz IV zu leben, zahllose Bewerbungen zu schreiben und Absagen zu bekommen usw. Dann werde die Beklagte am besten verstehen, was man in einer Situation wie derjenigen der Klägerin alles machen könne und wolle und wie es sich anfühle. Diese Ausführungen der Klägerin zeigen letztendlich eine weitere Zielrichtung der Klage. Die Klägerin, die nach eigenem Bekunden mittellos ist und sehr hohe Schulden hat, erhebt eine Klage mit einem Zahlungsantrag, der zu einem sehr hohen Streitwert und für die Beklagte wegen der spätestens in zweiter Instanz erforderlichen anwaltlichen Vertretung zu Kosten von mindestens € 4.500,00 führt. Chancen, dass die Beklagte entsprechende Kostenerstattung von der Klägerin erlangt, bestehen angesichts der finanziellen Situation der Klägerin nicht. „Was man alles machen kann“ und „wie es sich anfühlt“, ist damit deutlich: Die Klägerin schädigt die Beklagte mit ihrer Klage, ohne dass eine realistische Aussicht auf Ersatz dieses Schadens besteht. Dabei macht sich die Klägerin den Umstand zu nutze, dass im arbeitsgerichtlichen Verfahren (abgesehen von Verfahren nach § 9 Abs. 2 Satz 2 ArbGG) – anders als im Verfahren der ordentlichen Gerichtsbarkeit – Vorschüsse nicht erhoben werden, selbst wenn eine Vielzahl zuvor erhobener Klagen erfolglos war und die sich hieraus ergebenden Kosten nicht beglichen sind. Ein solches Vorgehen, das letztlich dem Versuch der Erlangung einer Einnahmequelle und zugleich der Schädigung des Prozessgegners dient, ist rechtsmissbräuchlich.

42

2. Im Übrigen ist ein Verstoß der Beklagten gegen das Benachteiligungsverbot des § 1 AGG von der Klägerin nicht schlüssig vorgetragen worden.

43

Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch gemäß § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) ist, dass der Arbeitgeber gegen das sich aus § 7 Abs. 1 i. V. m. § 1 AGG ergebende Benachteiligungsverbot verstößt. Erforderlich ist also eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität. Die Klägerin hat nicht schlüssig vorgetragen, dass eine Benachteiligung aus einem dieser Gründe erfolgt wäre oder dies jedenfalls vermutet werden könnte.

44

Nach der gesetzlichen Beweislastregelung des § 22 AGG genügt es, dass der Anspruchssteller Indizien vorträgt und im Streitfalle beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. An diese Vermutungsvoraussetzungen ist kein zu strenger Maßstab anzulegen. Es ist nicht erforderlich, dass die Tatsachen einen zwingenden Indizienschluss für eine Verknüpfung der Benachteiligung mit einem Benachteiligungsmerkmal zulassen. Vielmehr reicht es aus, wenn nach allgemeiner Lebenserfahrung hierfür eine überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht. Hat der Antragssteller ein Indiz vorgetragen, welches die überwiegende Wahrscheinlichkeit begründet, dass er wegen eines verpönten Merkmals benachteiligt worden ist, muss nunmehr der Arbeitgeber seinerseits den vollen Beweis führen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen (BAG vom 22.07.2010 - 8 AZR 1012/08, zitiert nach juris).

45

Die Klägerin hat keine hinreichenden Indizien für eine Diskriminierung aufgrund eines in § 1 AGG genannten Merkmals vorgetragen.

46

Die Klägerin stützt ihren Entschädigungsanspruch darauf, dass in dem Online-Bewerbungsformular unter anderem Angaben zu Alter, Geschlecht und Sprachkenntnisse gemacht werden konnten oder sollten. Das ist kein ausreichendes Indiz für eine Diskriminierung.

47

Jeder Mensch verfügt zwangsläufig über die Merkmale Alter und Geschlecht, die zusammen mit einer Fülle anderer Merkmale kennzeichnend für seine Person sind. Für eine Bewerbung ist es selbstverständlich erforderlich, die Merkmale zu kennen, die die Person individualisieren. Von keinem der erfragten Merkmale ist erkennbar, dass es auf eine Diskriminierung hindeutet. Das Alter ist für die Personalstruktur des Unternehmens wichtig, das Geschlecht für die Frauenförderung und der Umfang der Deutschkenntnisse für die Einsetzbarkeit.

48

Der Klägerin kann auch nicht darin gefolgt werden, der Umstand, dass bei der Frage nach Deutschkenntnissen nach muttersprachlichen, fließenden oder fortgeschrittenen Kenntnissen bzw. Grundkenntnissen unterschieden wird, weise auf eine Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft hin. Es ist keinerlei Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass die Frage nach deutschen Sprachkenntnissen dazu dienen soll, nach der Herkunft der Bewerber zu differenzieren. Bezüglich der Sprachkenntnisse macht es einen Unterschied, ob eine Sprache die Muttersprache ist oder ob sie – wenngleich möglicherweise fließend – eine Fremdsprache darstellt. Dies gilt nicht nur bei der Frage nach deutschen Sprachkenntnissen, sondern auch nach Kenntnissen anderer Sprachen, so wie die Beklagte in ihrem Online-Bewerbungsformular auch nach englischen Sprachkenntnissen fragt. Je nach Aufgabengebiet kann es auf bestmögliche Beherrschung einer Sprache ankommen, so dass es nicht zu beanstanden ist, dass die Beklagte auch nach der Grundlage der deutschen Sprachkenntnisse gefragt hat. Die Klägerin übersieht insofern, dass sich die Beklagte eines Online-Bewerbungsportals bedient, also eines formalisierten Verfahrens, und die Frage nach den Sprachkenntnissen sich auf die Qualifikation sämtlicher Bewerber für eine Vielzahl möglicher Stellen bezieht.

49

Es müssten daher von der Klägerin weitere Umstände vorgetragen werden, aus denen sich die überwiegende Wahrscheinlichkeit ergibt, dass zumindest einer der von der Klägerin geltend gemachten Gründe (mit)ursächlich für die nachteilige Behandlung war. Ein solcher weiterer Umstand liegt nicht bereits darin, dass die Klägerin nach ihrer Behauptung für die Stelle geeignet ist bzw. die in der Stellenausschreibung geforderten Anforderungen erfüllt. Dass ein Bewerber, der zwar sämtlichen in der Stellenausschreibung geforderten Anforderungen genügt, nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wird, begründet nicht den ersten Anschein, dass dies auf einem der Gründe des § 1 AGG (mit) beruht. Vielmehr kann dies vielfältige andere Ursachen haben. Dabei ist zu beachten, dass das AGG nicht die unsachliche Behandlung aus anderen als den in § 1 AGG genannten Gründen verbietet und von dem Arbeitgeber nicht verlangt, nur objektiv geeignete Bewerber bei seiner Auswahlentscheidung zu berücksichtigen. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich die Klägerin als Frau im fortgeschrittenen Alter mit russischer Herkunft in der IT-Branche beworben hat, gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch (auch) wegen eines der in § 1 AGG genannten Gründe unterblieben ist.

50

Allein das pauschale Vorbringen der Klägerin, in der IT-Branche würden Frauen diskriminiert, kann keine Indizwirkung für eine Benachteiligung der Klägerin wegen des Geschlechts entfalten. Soweit ihr Vortrag dahin zu verstehen ist, dass im IT-Bereich mehr Männer als Frauen beschäftigt werden, kann dies vielfältige Gründe haben, u.a. den, dass sich weniger Frauen als Männer um entsprechende Stellen bewerben (vgl. BAG vom 20.05.2010 - 8 AZR 287/08 (A), zitiert nach juris).

51

Soweit die Klägerin meint, die Tatsache, dass die Stellen als Vollzeitstellen ausgeschrieben worden seien, begründe die Vermutung einer Benachteiligung wegen des Geschlechts, weil Frauen häufiger als Männer daran gehindert seien, in Vollzeit zu arbeiten, ist dies abwegig. Mit derselben Argumentation könnten männliche Bewerber sich auf eine angebliche Diskriminierung wegen ihres Geschlechts berufen, wenn ein Arbeitgeber eine Teilzeitstelle ausschreibt. Die Ausschreibung als Vollzeitstelle macht lediglich deutlich, welchen Arbeitszeitumfang die Beklagte auf den ausgeschriebenen Positionen benötigt.

52

Auch die Tatsache, dass im Text der Stellenausschreibung von „Mitarbeiter“ bzw. „Mitarbeitern“ die Rede ist, ohne dass jeweils auch die weibliche Sprachform verwendet wird, ist kein Indiz für eine Diskriminierung wegen des Geschlechts. Durch die hervorgehobene Positionsbezeichnung in den Stellenausschreibungen mit dem Klammerzusatz (W/M) wird hinreichend deutlich, dass diese sich an Frauen wie Männer richten.

53

Wenn die Klägerin schließlich geltend macht, die Formulierung in beiden Stellenanzeigen, wonach die Beklagte „gute Entwicklungsperspektiven in einem dynamischen Zukunftsmarkt“ biete, stelle ein weiteres Indiz für eine Diskriminierung wegen des Alters dar, ist dies gleichfalls abwegig. Die Formulierung bezieht sich ersichtlich auf das Geschäftsfeld der Beklagten und nicht auf ein bevorzugtes Alter der Bewerber.

54

3. Selbst wenn im Übrigen davon ausgegangen würde, die Klägerin hätte das Vorliegen von Indizien im Sinne des § 22 AGG dargelegt, hätte die Beklagte den Beweis geführt, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat. Die Beklagte hat sich insofern darauf berufen, dass sie die Klägerin schon deswegen nicht eingestellt hätte, weil die Klägerin sie in der Vergangenheit mehrfach zu Unrecht verklagt hat und ihr überdies die Kostenerstattung aus einem der Vorverfahren nach wie vor schuldig geblieben ist. Dass dies bereits die Entscheidung der Beklagten, die Klägerin erst gar nicht zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen und sie nicht einzustellen, motiviert hat, leuchtet unmittelbar ein. Ein Arbeitgeber, der mehrfach zu Unrecht von einer Stellenbewerberin verklagt worden ist und überdies den sich hieraus für ihn ergebenden wirtschaftlichen Schaden selbst tragen muss, hat keinerlei Veranlassung, mit einer solchen Bewerberin in vertragliche Beziehungen zu treten. Eine gedeihliche Zusammenarbeit war insofern von vornherein nicht zu erwarten.

III.

55

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 S.1 ArbGG.

IV.

56

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, da die hierfür gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 17. Juli 2008 - 16 Sa 544/08 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 30. Oktober 2007 - 3 Ca 749/07 - wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat auch die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer von der Insolvenzschuldnerin (im Folgenden: Schuldnerin) ausgesprochenen ordentlichen Kündigung. Dabei steht die Frage im Vordergrund, ob die Kündigung den Kläger wegen seiner ethnischen Herkunft benachteiligt.

2

Der 1948 in Spanien geborene und dort aufgewachsene Kläger trat 1978 in die Dienste der Schuldnerin. Diese betrieb bis zur - am 1. August 2009 erfolgten - Insolvenzeröffnung ein Unternehmen der Automobilzulieferer-Industrie mit etwa 300 Arbeitnehmern. Bei der Schuldnerin besteht ein Betriebsrat.

3

Der Kläger arbeitete in der Spritzgussabteilung. Pro Schicht waren dort etwa 20 bis 30 Werker und ein Einrichter an mehreren Maschinen tätig. Zu den Hauptaufgaben des Klägers zählten das Überwachen der automatischen Behälterfüllung, das Einpacken von Teilen sowie die Produktionskontrolle, jeweils nach mündlichen und schriftlichen Anweisungen. Er sollte ggf. Fehler und Störungen an den Produktionsanlagen und an den Produkten erkennen und melden. In einer am 30. Oktober 2001 erstellten und vom Kläger unterschriebenen Stellenbeschreibung war unter „Anforderungen an den Stelleninhaber“ auch die Kenntnis der deutschen Sprache in Wort und Schrift aufgeführt.

4

Die von ihm verlangten Prüfungen nahm der Kläger nur nach Augenschein, unspezifisch und nicht nach Maßgabe des von der Schuldnerin vorgegebenen Prüfplans vor. Die Fehlercheckliste füllte er unvollständig aus. Zu der an sich vorgesehenen sog. messenden Prüfung war er nicht in der Lage. Sie wurde von einer dritten Person erledigt.

5

Im September 2003 besuchte der Kläger auf Kosten der Schuldnerin während der Arbeitszeit einen Deutschkurs. Einen ihm aufgrund seines geringen Kenntnisstandes und der Einschätzung des Lehrers empfohlenen Folgekurs lehnte er ab. Im Juli 2004 forderte die Schuldnerin ihn auf, an einem als Firmenseminar angebotenen Deutschkurs im Hause teilzunehmen. Dem kam der Kläger nicht nach. Eine Praxisveranstaltung zur Werkerselbstprüfung - worunter die Prüfung der Arbeitsergebnisse durch die Arbeiter selbst verstanden wird - schloss der Kläger mit dem Gesamtergebnis „ungenügend“ ab. Bei mehreren sog. internen Audits wurde festgestellt, dass der Kläger nicht in der Lage war, Arbeits- und Prüfanweisungen zu lesen und zu verstehen, da ihm die geforderten Deutschkenntnisse fehlten. Im September 2005 ermahnte die Schuldnerin ihn und forderte ihn auf, seine Deutschkenntnisse zu verbessern. Im Februar 2006 machte ihn die Schuldnerin darauf aufmerksam, er müsse mit einer betriebsbedingten Kündigung seines Arbeitsverhältnisses rechnen, wenn er die nötigen Sprachkenntnisse nicht nachweisen könne. Ein Audit kam im April 2007 zu dem Ergebnis, dass der Kläger nicht in der Lage sei, die vom Kunden geforderten Vorgaben und Spezifikationen einzuhalten. Am 18. Mai 2007 kündigte die Schuldnerin das Arbeitsverhältnis mit Zustimmung des Betriebsrats zum 31. Dezember 2007.

6

Der Kläger hat geltend gemacht, er habe seit 29 Jahren seine Arbeit beanstandungsfrei ausgeübt. Die Qualitätsnormen erforderten nicht notwendig deutsche Sprachkenntnisse in Wort und Schrift. Die wesentlichen Arbeitsabläufe seien gleichgelagert, auch die auftauchenden Fehler seien in gleichgelagerte Kategorien einzuteilen. An seinem Arbeitsplatz könnten Vorgaben auch unter Zuhilfenahme mündlicher Erklärungen umgesetzt werden, die keinen großen Zeitaufwand erforderten.

7

Der Kläger hat beantragt

        

1.   

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 18. Mai 2007 nicht zum 31. Dezember 2007 aufgelöst wird, sondern fortbesteht;

        

2.   

den Beklagten zu verurteilen, ihn zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Maschinenbediener in der Abteilung Spritzguss in Vollzeit weiterzubeschäftigen.

8

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, und vorgetragen, die Schuldnerin sei seit 2004 - unstreitig - nach den Qualitätsnormen ISO 9001 und ISO/TS 16949 zertifiziert. Aufgrund der voranschreitenden Entwicklung in der Autozulieferer-Industrie müssten die Arbeitnehmer die Herstellung unterschiedlicher Produkte beherrschen. Allein im Arbeitsbereich des Klägers (Spritzguss) setze sie ca. 40 unterschiedliche Maschinen mit etwa 1.500 aktiven Einzelteilen ein. Deshalb müssten die Arbeitnehmer schriftliche Arbeits- und Prüfanweisungen nicht nur lesen, sondern auch verstehen können. Ohne Lektüre der sich stetig ändernden prozessbegleitenden Dokumente könne der Kläger seine Arbeit nicht ausführen. Nach dem Hauptaudit, aufgrund dessen die Zertifizierung für den gesamten Betrieb vergeben worden sei, fänden in regelmäßigen Abständen sog. Rezertifizierungsaudits statt. Würden Mängel festgestellt, müsse sie einen Maßnahmeplan vorlegen, durch den innerhalb von 90 Tagen die Normabweichung abgestellt werde. Mängel in den Produktionsverfahren könnten zum Auftragsverlust oder dazu führen, dass Neuaufträge nicht mehr erteilt würden. Freie Arbeitsplätze, auf denen der Kläger mit seinen Sprachkenntnissen eingesetzt werden könnte, seien nicht vorhanden.

9

Das Arbeitsgericht hat nach Beweiserhebung über die Behauptung des Beklagten, die Fähigkeit, schriftliche in Deutsch abgefasste Arbeitsanweisungen und Dokumente lesen zu können, sei notwendig, die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers nach den Klageanträgen erkannt. Mit der Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet und führt zur Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils. Die Klage ist unbegründet. Die Kündigung hat das Arbeitsverhältnis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist aufgelöst.

11

I. Die Kündigung ist durch Gründe in der Person des Klägers gerechtfertigt (§ 1 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. KSchG).

12

1. Mit der Befugnis zur personenbedingten Kündigung soll dem Arbeitgeber die Möglichkeit eröffnet werden, das Arbeitsverhältnis aufzulösen, wenn der Arbeitnehmer nicht (mehr) die erforderliche Eignung oder Fähigkeit besitzt, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Die Erreichung des Vertragszwecks muss durch den in der Sphäre des Arbeitnehmers liegenden Umstand nicht nur vorübergehend zumindest teilweise unmöglich sein (Senat 18. September 2008 - 2 AZR 976/06 - Rn. 22, EzA KSchG § 1 Personenbedingte Kündigung Nr. 23; 18. Januar 2007 - 2 AZR 731/05 - Rn. 15, BAGE 121, 32).

13

2. Diese Voraussetzungen sind gegeben. Die ausreichende Kenntnis der deutschen Schriftsprache war eine wesentliche Anforderung an die persönliche Eignung des Klägers für die von ihm zu verrichtende Arbeit. Dieses Verlangen der Schuldnerin stellt keine mittelbare Diskriminierung aus ethnischen Gründen iSd. § 3 AGG dar. Der Kläger erfüllte die genannte Anforderung nicht. Mit einer Behebung dieses Mangels war nicht zu rechnen. Eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit bestand nicht.

14

a) Nach den Feststellungen im Tatbestand des Berufungsurteils gehört zu den Hauptaufgaben des Klägers die Ausführung der ihm übertragenen Arbeiten gemäß mündlicher und schriftlicher Anweisung. Unstreitig ist der Kläger nicht in der Lage, in deutscher Sprache abgefasste Anweisungen zu lesen und zu verstehen. Ihm fehlt damit eine persönliche Fähigkeit zur Erfüllung jedenfalls eines wesentlichen Teils seiner vertraglichen Pflichten.

15

b) Die von der Schuldnerin gestellte Anforderung, nach schriftlichen, in deutscher Sprache abgefassten Arbeitsanweisungen zu arbeiten, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Ob sie auf einer vertraglichen Vereinbarung - wie es möglicherweise die Stellenbeschreibung vom 30. Oktober 2001 ist - beruhte oder auf der Ausübung des Direktionsrechts, kann offenbleiben. Weder als Vereinbarung über eine an die Fähigkeiten des Klägers gestellte Anforderung noch als Ausübung des vertraglichen Weisungsrechts (§ 106 GewO) verstößt sie gegen das Verbot der Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft (§ 3 Abs. 2, § 1 AGG).

16

aa) Eine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 1 AGG liegt nicht vor. Die Anforderung, die deutsche Schriftsprache in dem verlangten Umfang zu beherrschen, knüpft nicht an eines der in § 1 AGG genannten Merkmale an. Die deutsche Schriftsprache kann unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer Ethnie beherrscht werden, gleichgültig, wie man den Begriff der Ethnie im Einzelnen abgrenzt.

17

bb) Es liegt auch keine mittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 2 AGG vor. Ob der Kläger, allein weil er in Spanien geboren und dort zur Schule gegangen ist, das Diskriminierungsmerkmal der Zugehörigkeit zu einer „Ethnie“ erfüllt - wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat - kann dahinstehen. Selbst wenn dies so wäre und selbst wenn, was angenommen werden mag, die Anforderung deutscher Schriftsprachkenntnisse spanische Arbeitnehmer - im Vergleich zu deutschen Arbeitnehmern - iSd. § 3 Abs. 2 Satz 1 AGG in besonderer Weise benachteiligen kann(vgl. Bissels/Lützeler BB 2009, 833; aA offenbar Hunold Anmerkung zur Entscheidung des LAG Hamm vom 17. Juli 2008 NZA-RR 2009, 13, 17; vgl. auch ArbG Berlin 29. September 2007 - 14 Ca 10356/07 - AuR 2008, 112; dazu kritisch: Maier AuR 2008, 112; Tolmein jurisPR-ArbR 4/2008 Anm. 3; Greßlin BB 2008, 115; vgl. auch ArbG Berlin 11. Februar 2009 - 55 Ca 16952/08 - NZA-RR 2010, 16), so war doch die Anforderung hier durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und waren auch die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

18

(1) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass im Streitfall ein rechtmäßiges Ziel iSd. § 3 Abs. 2 AGG vorlag.

19

(a) Rechtmäßige Ziele iSd. § 3 Abs. 2 AGG können alle nicht ihrerseits diskriminierenden(vgl. EuGH 31. März 1981 - C-96/80 - [J.P. Jenkins] Rn. 11, Slg. 1981, 911) und auch sonst legalen Ziele sein. Dazu gehören auch privatautonom bestimmte Ziele des Arbeitgebers, zB betriebliche Notwendigkeiten und Anforderungen an persönliche Fähigkeiten des Arbeitnehmers (vgl. Schleusener in Schleusener/Suckow/Voigt AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 74 f.; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 32 f.; ErfK/Schlachter 10. Aufl. § 3 AGG Rn. 8, 9; BeckOK R/G/K/U/Roloff AGG § 3 Rn. 20; Lingemann/Müller BB 2007, 2006; Hunold Anmerkung zur Entscheidung des LAG Hamm vom 17. Juli 2008 NZA-RR 2009, 13, 17; Herbert/Oberrath DB 2009, 2434). Das Ziel ist im Wortlaut des Gesetzes nicht weiter eingeschränkt als durch die Bestimmung, dass es rechtmäßig sein muss. In der Gesetzesbegründung findet sich lediglich der Hinweis, es müsse ein sachlicher Grund gegeben sein (BR-Drucks. 329/06 vom 18. Mai 2006 S. 34). Damit ist auf die bis dahin bestehende Rechtslage zu § 611a BGB verwiesen, nach der jedes rechtmäßige, seinerseits nicht diskriminierende Ziel ausreichend war.

20

(b) Das von der Schuldnerin mit der Forderung ausreichender Kenntnisse der deutschen Schriftsprache verfolgte Ziel bestand nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts in der Erfüllung der Norm ISO/TS 16949. Aus dieser Norm ergibt sich die berufliche Anforderung der Kenntnis der deutschen Schriftsprache für die von der Schuldnerin im Spritzguss beschäftigten Werker. Der Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass die Erfüllung dieser Norm deshalb von Bedeutung ist, weil andernfalls keine Aufträge mehr akquiriert werden können. Damit liegt ein Ziel vor, das nicht diskriminierend und auch sonst rechtmäßig ist.

21

(c) Sieht man als Ziel des Verlangens nach deutscher Schriftsprache iSd. § 3 Abs. 2 AGG nicht die Erfüllung der ISO-Norm als solche, sondern - unabhängig von deren Vorgaben - die möglichst optimale Erledigung der anfallenden Arbeit, so ist auch dieses Ziel rechtmäßig. Der Arbeitgeber hat ein durch Art. 12 GG geschütztes Recht, seiner unternehmerischen Tätigkeit so nachzugehen, dass er damit am Markt bestehen kann. Er darf auch die sich daraus ergebenden beruflichen Anforderungen an seine Mitarbeiter stellen. Wenn er dabei aus nicht willkürlichen Erwägungen schriftliche Arbeitsanweisungen gibt und Schriftkenntnisse voraussetzende Prüftätigkeiten seiner Arbeiter vorsieht, ist das nicht zu beanstanden. Es ist nicht Sinn der Diskriminierungsverbote, dem Arbeitgeber eine Arbeitsorganisation vorzuschreiben, die nach seiner Vorstellung zu schlechten Arbeitsergebnissen führt. Die Diskriminierungsverbote sollen vielmehr das wirtschaftliche Geschehen von sachlich nicht gerechtfertigten und vernunftgebundene Entscheidungen hemmenden, zB auf Vorurteilen beruhenden Erwägungen der Marktteilnehmer freihalten und auf diese Weise gerade im Gegenteil die Dynamik rationaler, sachbezogener, rechtmäßiger Erwägungen erhöhen (vgl. von Hoff SAE 2009, 293).

22

(2) Das Mittel zur Erreichung dieses legitimen Ziels - die Forderung ausreichender Kenntnisse der deutschen Schriftsprache - war entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts erforderlich iSd. § 3 Abs. 2 AGG. Erforderlich ist ein Mittel zur Erreichung eines Ziels, wenn das Ziel ohne das Mittel nicht erreicht werden kann. So liegt es hier. Die Schuldnerin konnte die Erfüllung der Norm ISO/TS 16949 nicht nachweisen bzw. ihr unternehmerisches Ziel nicht erreichen, wenn die als Werker beschäftigten Arbeitnehmer die schriftlichen Arbeitsanweisungen und Prüfaufträge nicht lesen und verstehen und deshalb ihre Aufgaben nicht wie vorgesehen erfüllen können. Wenn das Landesarbeitsgericht demgegenüber meint, der Kläger habe in den vergangenen 29 Jahren seine „Fähigkeit“ unter Beweis gestellt und die meisten Fehler müssten ihm auch ohne genaue schriftliche Prüfanweisung sofort auffallen, dann misst es die „Erforderlichkeit“ des Mittels - nämlich der Anforderung, die deutsche Sprache zu beherrschen - nicht, wie nach § 3 Abs. 2 AGG geboten, an dem vom Arbeitgeber verfolgten Ziel, sondern an eigenen Vorstellungen von den Fähigkeiten, die ein Arbeitnehmer haben muss, um in etwa seinen Aufgaben gerecht zu werden. Außerdem darf der Arbeitgeber sowohl im Interesse seiner Wettbewerbsfähigkeit als auch in dem der Produktqualität und -sicherheit anstreben, nicht nur „die meisten“, sondern alle Fehler zu vermeiden. Dass dies - die vollständige Vermeidung von Fehlern - regelmäßig nicht gelingt, heißt nicht, dass es gar nicht erst beabsichtigt werden darf. Zu Unrecht würde dem Arbeitgeber sonst angesonnen, aus Gründen des Diskriminierungsschutzes Qualitätseinbußen bei seinen Produkten in Kauf zu nehmen und damit von der Verfolgung seiner rechtmäßigen Ziele abzusehen. Das steht mit den Vorgaben des Gesetzes nicht im Einklang.

23

(3) Das Mittel zur Erreichung des Ziels ist auch angemessen. Ein weniger belastendes Mittel ist nicht ersichtlich. Die Vorstellung, die Tätigkeit des Klägers müsse im Interesse der Diskriminierungsfreiheit gewissermaßen aufgespalten werden in solche Bestandteile, die er ohne deutsche Sprachkenntnisse erledigen kann, und solche, bei denen er Deutsch lesen können muss, ist nicht richtig, macht aber besonders deutlich, dass die Forderung von Deutschkenntnissen unumgänglich ist: Wäre es anders, so müsste der Schuldnerin nicht - wie es das Landesarbeitsgericht aber tut - zugemutet werden, - offenbar zweisprachiges - Personal für die Übersetzung und mündliche Erläuterung von Arbeitsanweisungen vorzuhalten und weitere Kräfte für an sich von ihm zu erbringende Teiltätigkeiten (Messen) einzusetzen. Das Gesetz verlangt vom Arbeitgeber derart weitgehende organisatorische Umgestaltungen nicht.

24

cc) § 3 Abs. 2 AGG verstößt in der hier zugrunde gelegten Auslegung nicht gegen Unionsrecht.

25

(1) Auch der Europäische Gerichtshof misst die Rechtfertigung mittelbarer Diskriminierungen daran, ob die unterschiedliche Behandlung auf Gründen beruht, die ihrerseits nicht diskriminierend sind. So hat er bei der mittelbaren Geschlechtsdiskriminierung persönliche Leistungsfähigkeit und Arbeitsqualität ausdrücklich als zulässige Unterscheidungsmerkmale anerkannt (26. Juni 2001 - C-381/99 - Rn. 72, Slg. 2001, I-4961).

26

(2) Zwar ist nach den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 5. März 2009 (- C-388/07 - [Age Concern England] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 9) und vom 18. Juni 2009 (- C-88/08 - [Hütter] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 11) fraglich geworden, ob nur noch Maßnahmen und Regelungen zur Förderung des Allgemeinwohls iSd. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der RL 2000/78/EG als Rechtfertigungsgründe für unterschiedliche Behandlungen wegen des Alters herangezogen werden können. Im Streitfall kommt es auf die in diesem Zusammenhang erörterten Fragen jedoch nicht an. Zum einen steht hier keine Altersdiskriminierung, sondern eine Benachteiligung aufgrund ethnischer Herkunft in Rede, so dass nicht Art. 6 der RL 2000/78/EG betroffen ist, sondern Art. 2 und Art. 4 der RL 2000/43/EG. Zu letzterer verhalten sich die genannten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs nicht. Zum anderen betrifft Art. 6 Abs. 1 der RL 2000/78/EG allein unmittelbare - nicht aber mittelbare - Diskriminierungen, worauf der Europäische Gerichtshof ausdrücklich hingewiesen hat(5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 62, aaO; vgl. BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 40, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 200 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 31). Für sachliche Rechtfertigungen hat der Europäische Gerichtshof bei der Prüfung mittelbarer Diskriminierungen als entscheidend angesehen, dass die Rechtfertigungen nicht auf ihrerseits diskriminierenden Gründen beruhen dürfen. Er hat weiter ausgeführt, dass die betreffenden Maßnahmen jedenfalls durch solche Ziele gerechtfertigt werden, die auch unmittelbare Benachteiligungen rechtfertigen (5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 65 f., aaO). Da § 8 AGG in Übereinstimmung mit Art. 4 der hier einschlägigen RL 2000/43/EG wesentliche und entscheidende berufliche Anforderungen als Rechtfertigungsgrund für unmittelbare Diskriminierungen nennt, kann kein Zweifel bestehen, dass die hier in Betracht kommende Rechtfertigung dem Unionsrecht genügt.

27

dd) Die Forderung von Kenntnissen der deutschen Schriftsprache verstößt auch nicht gegen Art. 39 Abs. 2 EGV. Nach dieser Vorschrift ist die auf der Staatsangehörigkeit beruhende unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer unzulässig. Für den Zugang zu Beschäftigungsverhältnissen sieht jedoch Art. 3 Abs. 1 Satz 2 VO 1612/68(Freizügigkeitsverordnung) vor, dass eine Ausnahme für Bedingungen gilt, welche die in Anbetracht der Besonderheit der zu vergebenden Stelle erforderlichen Sprachkenntnisse betreffen.

28

c) Nach den Umständen des vorliegenden Falls war mit einer zukünftigen Behebung der durch die fehlenden Sprachkenntnisse des Klägers eingetretenen Vertragsstörung nicht zu rechnen. Einer „Abmahnung“ bedurfte es nicht. Bei personenbedingten Kündigungen sind „Abmahnungen“ jedenfalls dann entbehrlich, wenn der Arbeitnehmer keine Bereitschaft zeigt, an der an sich möglichen Behebung des personenbedingten Leistungshindernisses mitzuwirken (vgl. Senat 18. September 2008 - 2 AZR 976/06 - Rn. 33, EzA KSchG § 1 Personenbedingte Kündigung Nr. 23). Der Kläger wusste seit 2001, dass die Schuldnerin Kenntnisse der deutschen Schriftsprache von ihm erwartete. Sie hat danach mehrere Versuche unternommen, ihm die nötigen Kenntnisse zu verschaffen. Sie hat ihn in den Jahren 2004, 2005 und 2006 darauf hingewiesen, dass er seine Sprachkenntnisse verbessern müsse. Sprachkurse wurden ihm immer wieder angeboten. Der Kläger ist darauf nicht eingegangen. Er kann sich nicht erfolgreich darauf berufen, die Kurse seien nicht geeignet gewesen, seine Sprachmängel zu beseitigen. Er bezieht sich dazu auf einen Bericht der Firma M vom 23. April 2007. Aus diesem sind Anzeichen für Qualitätsmängel der angebotenen Sprachkurse nicht erkennbar.

29

d) Anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten auf freien Arbeitsplätzen bestanden nicht. Der Kläger hat insoweit allgemein auf den „Bereich Nacharbeit“ und den Versand verwiesen. Der Beklagte hat erwidert, auf diesen Arbeitsplätzen seien die Anforderungen an die deutsche Sprache eher höher als im bisherigen Arbeitsbereich des Klägers.

30

3. Die abschließende Interessenabwägung führt zu keinem dem Kläger günstigen Ergebnis. Zu seinem Vorteil fallen sein fortgeschrittenes Lebensalter und die lange Beschäftigungszeit ins Gewicht. Diesem Umstand hat die Schuldnerin aber bereits dadurch Rechnung getragen, dass sie ihm mehrere Jahre Zeit zur Anpassung gegeben hat. Wenn der Kläger, ohne dass er irgendwelche Gründe hierfür genannt hätte, alle diese Angebote ausschlug, kann er nicht verlangen, dass die Schuldnerin ihren betrieblichen Ablauf letztlich allein deshalb entgegen ihren rechtmäßigen Interessen organisiert, weil er auf einem vertragswidrigen, wenn auch möglicherweise menschlich verständlichen Standpunkt verharrt.

31

II. Die Kosten des Rechtsstreits fallen dem Kläger nach § 91 Abs. 1 ZPO zur Last.

        

    Kreft    

        

    Eylert    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Röder    

        

    Niebler    

                 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. November 2010 - 17 Sa 1410/10 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch, den der Kläger geltend macht, weil er sich wegen seines Alters bei einer Bewerbung benachteiligt sieht.

2

Unter dem 22. Juni 2009 schrieb die Beklagte Stellen über ein Internetportal aus. In der Stellenanzeige heißt es ua. (wörtliche Wiedergabe):

        

„Die Firma M GmbH entwickelt seit 1995 kundenspezifische Datenbanklösungen basierend auf dem MS SQL Server (2000/2005) vorwiegend für industrielle Prozessanwendungen (z. B. Betriebsdatenerfassung, SAP, Leitsysteme etc.).

        

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3

Der am 27. März 1956 geborene Kläger bewarb sich erfolglos auf eine der Stellen. Nachdem die Beklagte zumindest einen Bewerber aus Berlin zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hatte, sah sie letztlich von einer Einstellung von Mitarbeitern ab.

4

Mit der am 27. Oktober 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Beklagte auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 26.400,00 Euro in Anspruch genommen.

5

Er behauptet, die Beklagte habe ihn wegen seines Alters benachteiligt. Dafür spreche der Inhalt der Stellenausschreibung. Für die ausgeschriebenen Stellen sei er objektiv geeignet gewesen.

6

Der Kläger beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 26.400,00 Euro zu zahlen.

7

Die Beklagte beantragt Klageabweisung. Sie bestreitet, den Kläger wegen dessen Alters benachteiligt zu haben. Dieser habe in der ihr vorgelegten Projekthistorie lediglich sieben Monate Projekterfahrung mit der erforderlichen Software VB.Net und der Datenbank MS SQL Server 2005 vorweisen können. Andere Bewerber hätten mehr Erfahrung als der Kläger gehabt. Die weiteren vom Kläger nachgewiesenen Kenntnisse und Fähigkeiten seien weder notwendig noch durch die Ausschreibung gefordert gewesen. Dem Kläger fehle daher die objektive Eignung für die ausgeschriebenen Stellen. Auch habe sich der Kläger nicht subjektiv ernsthaft beworben, was sich daraus ergebe, dass bei einer ernsthaften Bewerbung die Bewerbungsunterlagen ausführlicher gewesen und stärker die Vorzüge des Klägers dargelegt worden wären. Auch sei deshalb von einem „AGG-Hopping“ auszugehen, weil der Kläger überzogene Vergütungsvorstellungen habe, wie sich aus der Klageforderung mit einem vermeintlich entgangenen Gehalt von 8.800,00 Euro brutto monatlich ergebe. Letztlich sei der Kläger auch aufgrund seines Wohnsitzes für die ausgeschriebene „Stelle“ nicht infrage gekommen.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Entschädigungsklage mit einer nicht tragfähigen Begründung abgewiesen.

10

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Dem Kläger stehe ein Anspruch nach § 15 Abs. 2 AGG nicht zu. Eine unmittelbare Benachteiligung eines nicht zum Zuge gekommenen Stellenbewerbers iSd. § 3 Abs. 1 AGG setze ua. voraus, dass die ausgeschriebene Stelle tatsächlich besetzt wurde. Eine gegen § 1 AGG verstoßende Stellenausschreibung bedeute für sich genommen noch keine Benachteiligung. Deshalb könne dahinstehen, ob der Kläger für die Stelle objektiv geeignet gewesen wäre, da er keine schlechtere Behandlung als die übrigen Bewerber erfahren habe, die ebenfalls nicht eingestellt worden seien.

11

B. Die Revision des Klägers ist zulässig. Insbesondere ist sie ausreichend iSd. § 551 ZPO iVm. § 72 Abs. 5 ArbGG begründet.

12

Die Revisionsbegründung enthält zwar keine Auseinandersetzung mit dem Urteil des Landesarbeitsgerichts. Der Kläger durfte allerdings auf die Begründung seiner Nichtzulassungsbeschwerde Bezug nehmen (§ 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 2 ZPO).

13

Soll eine solche Bezugnahme zur Zulässigkeit der Revision führen, muss zum einen die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde den inhaltlichen Anforderungen an eine Revisionsbegründung entsprechen, zum anderen muss diese Bezugnahme innerhalb der Zweimonatsfrist des § 72a Abs. 6 Satz 3 iVm. § 74 Abs. 1 Satz 1 ArbGG bei Gericht eingehen(BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 875/08 - AP ArbGG 1979 § 72 Nr. 54).

14

Die Revisionsbegründung, welche die Bezugnahme auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde enthält, ist innerhalb der Zweimonatsfrist nach Zustellung des Zulassungsbeschlusses des Senats an den Kläger eingegangen. In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde führt der Kläger unter Bezugnahme auf Entscheidungen des Senats aus, dass eine ungünstigere Behandlung bereits in der Versagung einer Chance liegen könne, sodass es auf die anschließende Einstellungsentscheidung des Arbeitgebers nicht mehr ankomme. Dies stellt eine ausreichende Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des Landesarbeitsgerichts dar.

15

C. Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Berufung des Klägers nicht zurückgewiesen werden.

16

I. Zunächst ist das Landesarbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei dem vom Kläger geltend gemachten Entschädigungsanspruch um einen solchen nach § 15 Abs. 2 AGG handelt. Ob ein solcher jedoch besteht, konnte der Senat aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden.

17

1. Als Bewerber ist der Kläger nach § 6 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 AGG „Beschäftigter“ und fällt in den persönlichen Anwendungsbereich des AGG. Unerheblich ist, dass sich die Ausschreibung vorrangig auf eine „freiberufliche Mitarbeit“ bezog und ein Arbeitsverhältnis nur für den Fall der Eignung in Aussicht gestellt wurde (vgl. BAG 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - AP AGG § 7 Nr. 2 = EzA AGG § 15 Nr. 6). § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGG bezieht in die durch das AGG geschützten Beschäftigungsverhältnisse nämlich auch arbeitnehmerähnliche Personen ein. Außerdem erstreckt § 6 Abs. 3 AGG die Anwendbarkeit der §§ 7 bis 18 AGG auch auf Selbständige, soweit es die Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit sowie den beruflichen Aufstieg betrifft.

18

Für den persönlichen Anwendungsbereich nach § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG ist es unerheblich, ob der Bewerber für die in Aussicht genommene Stelle objektiv geeignet ist(vgl. BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - EzA AGG § 15 Nr. 16; 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12). Für den Bewerberstatus ist zudem die subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung keine Voraussetzung. Vielmehr kann die fehlende subjektive Ernsthaftigkeit allenfalls den Einwand des Rechtsmissbrauchs nach § 242 BGB begründen(vgl. BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - aaO).

19

2. Die Beklagte ist als „Arbeitgeberin“ passivlegitimiert. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG ist Arbeitgeber im Sinne des Gesetzes, wer „Personen nach Absatz 1“ des § 6 AGG „beschäftigt“. Arbeitgeber ist also derjenige, der um Bewerbungen für ein von ihm angestrebtes Beschäftigungsverhältnis bittet (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - AP SGB IX § 81 Nr. 19 = EzA AGG § 15 Nr. 11).

20

3. Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG ist ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG. Für die Voraussetzungen des Anspruchs ist auf § 15 Abs. 1 AGG zurückzugreifen(vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21). Entgegen der Meinung des Landesarbeitsgerichts scheitert eine unmittelbare Benachteiligung des Klägers nicht allein daran, dass die Beklagte auf die ausgeschriebenen Stellen letztlich niemanden eingestellt hat.

21

a) Nach § 3 Abs. 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine weniger günstige Behandlung erfordert das Zufügen eines Nachteils. Eine bloße Ungleichbehandlung genügt hierfür nicht (vgl. BAG 25. Februar 2010 - 6 AZR 911/08 - BAGE 133, 265 = AP AGG § 3 Nr. 3 = EzA AGG § 10 Nr. 3). Ob die Zufügung eines Nachteils vorliegt, bestimmt sich objektiv aus der Sicht eines verständigen Dritten (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 553/10 - EzA AGG § 3 Nr. 7) und in Relation zur Vergleichsperson.

22

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt ein Nachteil im Rahmen einer Auswahlentscheidung, insbesondere bei einer Einstellung oder Beförderung, bereits dann vor, wenn der Beschäftigte nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgeschieden wird. Die Benachteiligung liegt in der Versagung einer Chance (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - mwN, NZA 2012, 667). Wie sich aus § 15 Abs. 2 AGG ergibt, ist auch dann, wenn der Bewerber selbst bei diskriminierungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre, ein Entschädigungsanspruch nicht ausgeschlossen, sondern nur der Höhe nach begrenzt. Selbst eine später vorgenommene Einstellung oder tatsächliche Beschäftigung eines zuvor benachteiligten Bewerbers beseitigt dessen ungünstigere Behandlung nicht (vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - AP AGG § 15 Nr. 3 = EzA AGG § 15 Nr. 7).

23

Da die ungünstigere Behandlung bereits in der Versagung einer Chance liegt, ist es irrelevant, ob es im Zuge des Auswahlverfahrens später tatsächlich zu einer Einstellung oder Beschäftigung eines anderen Bewerbers kommt (vgl. MüKoBGB/Thüsing 6. Aufl. § 15 AGG Rn. 20; Däubler/Bertzbach-Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 51; MünchKommBGB/Müller-Glöge 4. Aufl. 2005 § 611a BGB Rn. 64; aA LAG Rheinland-Pfalz 30. November 2006 - 4 Sa 727/06 -; LAG Düsseldorf 1. Februar 2002 - 9 Sa 1451/01 - NZA-RR 2002, 345). Die Auslegung der Norm darf nicht dazu führen, dass es der Arbeitgeber in der Hand hat, durch geeignete Verfahrensgestaltung, etwa das vorläufige Absehen von einer Stellenbesetzung, die Chancen von Bewerbern wegen ihrer Merkmale nach § 1 AGG so zu mindern, dass seine Entscheidung praktisch unangreifbar wird(vgl. BVerfG 21. September 2006 - 1 BvR 308/03 - BVerfGK 9, 218 = AP BGB § 611a Nr. 24 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 4 für geschlechtsbezogene Benachteiligungen). Der Bewerber hat Anspruch auf ein diskriminierungsfreies Bewerbungsverfahren (vgl. BAG 3. April 2007 - 9 AZR 823/06 - BAGE 122, 54 = AP SGB IX § 81 Nr. 14 = EzA SGB IX § 81 Nr. 15), der unabhängig von dessen Ausgang besteht (vgl. MüKoBGB/Thüsing aaO; MünchKommBGB/Müller-Glöge aaO).

24

b) Nach diesen Grundsätzen liegt eine ungünstigere Behandlung des Klägers vor. Diese besteht darin, dass der Kläger aus dem Auswahlverfahren ausgeschieden und er anders als mindestens ein anderer Bewerber von der Beklagten nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden ist. Dem Kläger wurde damit bereits im Vorfeld der eigentlichen Besetzungsentscheidung die Chance auf Einstellung genommen. Dies stellt eine ungünstigere Behandlung dar, unabhängig davon, ob der Kläger bei „passendem“ Alter eingestellt worden wäre (vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - mwN, AP AGG § 15 Nr. 3 = EzA AGG § 15 Nr. 7). Unerheblich ist es deshalb, dass sich die Beklagte später entschlossen hat, keinen Bewerber einzustellen. Hierdurch wurde die bereits zuvor erfolgte Benachteiligung des Klägers nicht beseitigt.

25

II. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, § 563 Abs. 3 ZPO. Das Landesarbeitsgericht hat die Frage der objektiven Eignung des Klägers für die ausgeschriebenen Stellen dahinstehen lassen und hierzu auch keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Die fehlenden Feststellungen wird das Landesarbeitsgericht nachzuholen und bei der Frage der vergleichbaren Situation iSv. § 3 Abs. 1 AGG ua. Folgendes zu beachten haben:

26

1. Das Vorliegen einer vergleichbaren Situation setzt voraus, dass der Kläger objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet war, denn vergleichbar (nicht: gleich) ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen (vgl. BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - EzA AGG § 15 Nr. 16). Für das Vorliegen einer Benachteiligung ist es erforderlich, dass eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet wäre, nicht ausgewählt oder schon nicht in Betracht gezogen wurde. Könnte auch ein objektiv ungeeigneter Bewerber immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen, stünde dies nicht im Einklang mit dem Schutzzweck des AGG. Das AGG will vor ungerechtfertigter Benachteiligung schützen, nicht eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers sanktionieren. Die objektive Eignung ist also keine ungeschriebene Voraussetzung der Bewerbereigenschaft, sondern Kriterium der „vergleichbaren Situation“ iSd. § 3 Abs. 1 AGG(vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12).

27

2. Grundsätzlich darf der Arbeitgeber über den der Stelle zuzuordnenden Aufgabenbereich und die dafür geforderten Qualifikationen des Stellenbewerbers frei entscheiden. Durch das Stellen von Anforderungen an Bewerber, die nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung durch die Erfordernisse der wahrzunehmenden Aufgaben unter keinem nachvollziehbaren Gesichtspunkt gedeckt sind, darf der Arbeitgeber aber die Vergleichbarkeit der Situation nicht willkürlich gestalten und dadurch den Schutz des AGG de facto beseitigen (BAG 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08 - AP AGG § 22 Nr. 2 = EzA AGG § 22 Nr. 2). Deshalb ist für die objektive Eignung nicht (allein) das Anforderungsprofil maßgeblich, welches der Arbeitgeber erstellt hat, sondern die Anforderungen, welche an die jeweilige Tätigkeit nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung gestellt werden (vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13). Im Übrigen ist die objektive Eignung von der individuellen und persönlichen Qualifikation des Bewerbers zu trennen, die nur als Kriterium der Auswahlentscheidung auf der Ebene der Kausalität zwischen Benachteiligung und verbotenem Merkmal eine Rolle spielt (vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - aaO). Bewerber, welche die auf der zu besetzenden Stelle auszuübenden Tätigkeiten grundsätzlich verrichten können, ohne aber jede Voraussetzung des Anforderungsprofils zu erfüllen, bedürfen des Schutzes vor Diskriminierung, weil gerade Anforderungsprofile in Stellenanzeigen häufig Qualifikationen benennen, deren Vorhandensein der Arbeitgeber sich für den Idealfall zwar wünscht, die aber keinesfalls zwingende Voraussetzung einer erfolgreichen Bewerbung sind (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12). Ebenfalls keinen Einfluss auf die Beurteilung der Vergleichbarkeit der Situation kann aus gesetzessystematischen Erwägungen das Vorliegen des verbotenen Merkmals selbst haben (BAG 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - AP AGG § 8 Nr. 2 = EzA AGG § 8 Nr. 2).

28

3. Unter Berücksichtigung der für den Nachweis der objektiven Eignung geltenden abgestuften Darlegungs- und Beweislast (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08 - AP AGG § 22 Nr. 2 = EzA AGG § 22 Nr. 2; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 49) wird das Landesarbeitsgericht unter Beachtung der genannten Maßstäbe zu prüfen haben, ob der Kläger für die ausgeschriebenen Stellen objektiv geeignet war.

29

4. Sollte das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass der Kläger für die ausgeschriebenen Stellen objektiv geeignet war und damit nach § 3 Abs. 1 AGG unmittelbar benachteiligt wurde, wird es weiter zu prüfen haben, ob dies - wie vom Kläger behauptet - wegen seines Alters, dh. wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist.

30

a) Eine weniger günstige Behandlung wegen des Alters ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an das Alter anknüpft oder durch sie motiviert ist. Ausreichend ist, dass das Alter Bestandteil eines Motivbündels war, das die Entscheidung beeinflusst hat. Auf ein schuldhaftes Handeln oder gar eine Benachteiligungsabsicht kommt es nicht an (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10).

31

b) Das Landesarbeitsgericht wird zu beachten haben, dass hinsichtlich der Kausalität zwischen Nachteil und dem verpönten Merkmal in § 22 AGG eine Beweislastregelung getroffen ist, die sich auch auf die Darlegungslast auswirkt.

32

aa) Der Beschäftigte genügt seiner Darlegungslast, wenn er Indizien vorträgt, die seine Benachteiligung wegen eines verpönten Merkmals vermuten lassen. Dies ist der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen aus objektiver Sicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung wegen dieses Merkmals erfolgt ist. Durch die Verwendung der Wörter „Indizien“ und „vermuten“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass es hinsichtlich der Kausalität zwischen einem der in § 1 AGG genannten Gründe und einer ungünstigeren Behandlung genügt, Hilfstatsachen vorzutragen, die zwar nicht zwingend den Schluss auf die Kausalität zulassen, die aber die Annahme rechtfertigen, dass die Kausalität gegeben ist(BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3).

33

bb) Die Verletzung der Verpflichtung, einen Arbeitsplatz nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG auszuschreiben(§ 11 AGG), kann die Vermutung begründen, die Benachteiligung sei wegen des in der Ausschreibung bezeichneten Merkmals erfolgt (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10).

34

cc) Wenn die festgestellten Tatsachen eine Benachteiligung wegen eines verpönten Merkmals iSd. § 1 AGG(hier: des Alters) vermuten lassen, trägt die Beklagte nach § 22 AGG die Beweislast dafür, dass eine solche Benachteiligung nicht vorgelegen hat. Sie muss das Gericht davon überzeugen, dass die Benachteiligung des Klägers nicht (auch) auf dessen Alter beruht hat. Damit muss sie Tatsachen vortragen und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich ergibt, dass es ausschließlich andere Gründe waren als das Alter, die zu der weniger günstigen Behandlung des Klägers geführt haben (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10) und in ihrem Motivbündel dessen Alter keine Rolle gespielt hat.

35

5. Das Landesarbeitsgericht wird ggf. weiter zu prüfen haben, ob der Kläger den von ihm geltend gemachten Entschädigungsanspruch rechtzeitig nach § 15 Abs. 4 AGG schriftlich geltend gemacht und seine Klage innerhalb der Dreimonatsfrist des § 61b Abs. 1 ArbGG erhoben hat.

36

6. Sollte das Berufungsgericht einen Entschädigungsanspruch des Klägers dem Grunde nach bejahen, so wird es auch zu prüfen haben, ob der Entschädigungsanspruch des Klägers ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB)ausgeschlossen ist.

37

Entschädigungsansprüche nach § 15 Abs. 2 AGG können unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles dann wegen Verstoßes gegen das Verbot des Rechtsmissbrauchs nach § 242 BGB ausgeschlossen sein, wenn die Bewerbung allein deshalb erfolgt ist, um Entschädigungsansprüche zu erlangen. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sich der Bewerber nicht ernsthaft beworben hat und der Anspruch nach § 15 AGG sonach ausnahmsweise ausgeschlossen ist, trägt der Arbeitgeber. Er muss dafür Indizien vortragen, die geeignet sind, den Schluss auf die fehlende Ernsthaftigkeit zuzulassen (vgl. BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - EzA AGG § 15 Nr. 16).

38

7. Sollte sich danach ergeben, dass dem Kläger ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG zusteht, wird das Berufungsgericht auch über die Höhe der Entschädigung zu befinden haben. Bei der Festsetzung der angemessenen Entschädigung sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Zu diesen zählen etwa die Art und Schwere der Benachteiligung, ihre Dauer und Folgen, der Anlass und der Beweggrund des Handelns, der Grad der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers, etwa geleistete Wiedergutmachung oder erhaltene Genugtuung und das Vorliegen eines Wiederholungsfalles. Ferner ist auch der Sanktionszweck der Norm zu berücksichtigen, sodass die Höhe auch danach zu bemessen wäre, was zur Erzielung einer abschreckenden Wirkung erforderlich ist. Dabei ist zu beachten, dass die Entschädigung geeignet sein muss, eine wirklich abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber zu haben und dass sie in einem angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden stehen muss (vgl. BAG 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - AP AGG § 7 Nr. 2 = EzA AGG § 15 Nr. 6; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - mwN, BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1).

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8. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten der Revision mitzuentscheiden haben.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Der ehrenamtliche Richter Brückmann ist wegen Ende der Amtszeit an der Unterschriftsleistung verhindert.
Hauck    

        

    Bloesinger    

        

        

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Leistungen zur Förderung der Verständigung werden erbracht, um Leistungsberechtigten mit Hör- und Sprachbehinderungen die Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Leistungen umfassen insbesondere Hilfen durch Gebärdensprachdolmetscher und andere geeignete Kommunikationshilfen. § 17 Absatz 2 des Ersten Buches bleibt unberührt.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.

(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.

(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.