Arbeitsgericht Bielefeld Urteil, 21. Jan. 2015 - 3 Ca 1553/14
Gericht
Tenor
- 1.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 2.593,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 26.06.2014 zu zahlen.
- 2.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 2.349,90 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 08.12.2014 zu zahlen.
- 3.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die Vergütung entsprechend der Entgeltgruppe E9 des TVÖD Bund/Land zu gewähren und die entsprechenden in dieser Vergütungsgruppe zu gewährenden Entgelterhöhungen an den Kläger weiterzugeben.
- 4.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
- 5.
Der Streitwert wird auf 16.919,28 € festgesetzt.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Eingruppierung in die Regelungen des TVÖD Bund/Land.
3Die Beklagte erbringt soziale Dienstleistungen, insbesondere im Bereich der Berufsförderung.
4Der Kläger ist seit dem …….. bei der Beklagten als Sozialpädagoge beschäftigt und in diesem Bereich tätig.
5Grundlage des Beschäftigungsverhältnisses ist ein Anstellungsvertrag aus dem Jahr 1987.
6§ 3 des Anstellungsvertrages lautet hinsichtlich der Vergütung wie folgt:
7“Die Vergütung erfolgt in Anlehnung an die Arbeitsvertragsrichtlinie des Deutschen Caritasverbandes (AVR) in der jeweils gültigen Fassung. Der Dienstnehmer wird in die Vergütungsgruppe V b, ST 6 der AVR eingestuft.“
8§ 7 zu „ Sonstige Vereinbarungen“ lautet auszugsweise wie folgt:
9“Es besteht Einigkeit darüber, dass die Arbeitsvertragsrichtlinien des Deutschen Caritasverbandes nur die Höhe der Vergütung nach § 3 dieses Vertrages, den Urlaub und die Arbeitszeit regeln“…
10Wegen weiterer Einzelheiten des Vertrages wird auf die Anlage zur Klageschrift (Bl. 5 der Akte) verwiesen.
11Die Parteien vereinbarten am 20.02.1990, dass die Vergütung künftig nach den Regelungen des Bundesangestelltentarifvertrages Bund/Land erfolgen sollte.
12Die entsprechende Mitteilung vom 20.02.1990 über die Umstellung lautet auszugsweise wie folgt:
13„Gemäß § 7 Dienstvertrag regeln die Arbeitsvertragsrichtlinien des Deutschen Caritasverbandes, (AVR) die Höhe der Vergütung, den Urlaub und die Arbeitszeit.
14Diese Regelungen sollen durch die analogen des Bundesangestelltentarifvertrages (Bund/Land/BAT Bund/Land) für alle Mitarbeiter des Kolpingbildungswerk Diözesanverband R e. V. ersetzt werden.
15Wegen der entsprechenden rechtlichen Bestimmungen muss bei der Umstellung mindestens die Höhe der Vergütung, die Arbeitszeit und der Urlaubsanspruch mindestens beibehalten werden. Eine Verschlechterung darf und wird nicht eintreten.“
16Konkret heißt das, dass ab 01.01.1990 folgende Regelungen des BAT (Bund/Land) geltend.“
17Es folgt eine Bezugnahme auf die Regelungen des Bundes Angestelltentarifvertrages betreffend die Arbeitszeit, Vergütung und den Urlaub.
18Wegen der Einzelheiten des Schreibens vom 20.02.1990 wird auf die Anlage zur Klageschrift (Bl. 9 ff.) verwiesen.
19Mit Wirkung zum 01.01.1990 wurde der Kläger in die Gehaltsgruppe IV b, ST 9 des BAT Bund/Land eingruppiert.
20Die im Bereich des BAT Bund/Land vereinbarte Vergütungserhöhungen wurden bis zum Inkrafttreten des TVÖD am 01.10.2005 an den Kläger weitergegeben.
21Ab dem Jahr 2006 erhielt der Kläger gleichbleibend eine Vergütung bestehend aus einer Grundvergütung i. H. v. 2.383,15 €, einem Ortszuschlag i. H. v. 502,36 €,
22einem Kinderzuschlag i. H. v. 90,57 € sowie einer Tarifzulage i. H. v. 114,60 €. Das entspricht einem Gesamtbetrag i. H. v. 3.090,68 €.
23Wäre eine Überleitung vom BAT in den TVÖD erfolgt wäre der Kläger in Entgeltgruppe E 9 TVÖD Bund/Land einzugruppieren.
24Das Vergleichsentgelt beläuft sich auf insgesamt 3.000,11 € brutto. Der Differenzbetrag für die Monate Januar und Februar 2014 beträgt einschließlich des Kinderzuschlages, der als Besitzstandszulage weiter zu gewähren wäre, jedenfalls 359,54 €.
25Für die Zeit ab dem 01.03.2014 beläuft sich der Differenzbetrag aufgrund einer Vergütungserhöhung i .H. v. 2,96 % auf 469,98 €.
26Wegen der diesbezüglichen Berechnung wird auf die Ausführungen in der Klageschrift (Bl. 3 der Akte) verwiesen.
27Mit der am 20. Juni 2014 eingegangenen Klage begehrt der Kläger Zahlung der
28Differenzbeträge für die Monate Januar bis Juni 2014 und mit der Klageerweiterung vom 30.11.2014 für die Monate Juli bis einschließlich November 2014. Zugleich
29begehrt er die Feststellung, dass er in Entgeltgruppe E 9 des TVÖD Bund/Land
30einzugruppieren ist und entsprechende Vergütungserhöhungen an ihn weiterzugeben sind.
31Der Kläger ist der Ansicht, er sei in die Entgeltgruppe E9 des TVÖD einzugruppieren. Die Beklagte habe auch entsprechende Vergütungserhöhungen an ihn weiterzugeben.
32Er ist insbesondere der Ansicht, bei der Regelung des Ausgangsvertrages handele es sich um eine dynamische Verweisung auf die Regelungen der AVR des Caritasverbandes. Durch die Umstellung der Vergütung auf die Regelungen des BAT ab dem 01.01.1990 mit dem Schreiben vom 20.02.1990 sei keine statische Verweisung eingetreten und vereinbart worden. Die Umstellung habe an der Dynamik der Verweisung nichts geändert. Mit Inkrafttreten des TVÖD sei hinsichtlich der Vergütung einer Regelungslücke entstanden, die durch die Anwendung der Regelungen des TVÖD Bund/Land zu schließen sei.
33Der Kläger beantragt,
34- 1.35
Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 2.593,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 26.06.2014 zu zahlen.
- 2.37
Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 2.349,90 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 08.12.2014 zu zahlen.
- 3.39
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die Vergütung entsprechend der Vergütungsgruppe E9 des TVÖD Bund/Land zu gewähren und die in dieser Entgeltgruppe zu gewährenden Entgelterhöhungen an den Kläger weiterzugeben.
Die Beklagte beantragt,
41die Klage abzuweisen.
42Die Beklagte ist der Ansicht, dem Kläger stehe ein Anspruch auf Zahlung einer Vergütung nach den Regelungen des TVÖD Bund/Land und ein Anspruch auf Weitergabe der entsprechenden Vergütungserhöhungen nicht zu.
43Jedenfalls sei mit der Umstellung der Vergütung mit Schreiben vom 20. Februar 1990 eine statische Verweisung auf die Regelungen des BAT zu dem entsprechenden Zeitpunkt erfolgt. Das Schreiben vom 20.02.1990 enthalte keine Anhaltspunkte für eine dynamische Verweisung auf die Regelungen des BAT. Liege eine dynamische Verweisung nicht vor, komme auch eine ergänzende Vertragsauslegung, die zur Anwendung des TVÖD Bund/Land führen könne, nicht in Betracht.
44Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
45Entscheidungsgründe:
46Die Klage ist zulässig.
47Das gilt insbesondere auch für den Feststellungsantrag. Es handelt sich um eine Eingruppierungsfeststellungsklage, die regelmäßig zulässig ist, wenn durch ein Feststellungsurteil der Streit zwischen den Parteien endgültig beigelegt wird (BAG, Urteil vom 3. Juli 2013, 4 AZR 41/2012, zitiert nach juris).
48Diese Voraussetzungen lagen hier sowohl hinsichtlich der Grundvergütung als auch hinsichtlich der Vergütungserhöhungen vor. Die Parteien streiten über die Eingruppierung, nicht aber über die Berechnung der entsprechenden Zahlungsansprüche.
49Der Feststellungsantrag ist dahingehend auszulegen, dass er die Vergütung ab dem 01.12.2014 erfasst. Der vorangegangene Zeitraum war von den konkreten Zahlungsanträgen erfasst.
50Die Klage ist sowohl hinsichtlich des Feststellungsantrages als auch hinsichtlich der Zahlungsanträge begründet.
51Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung der Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 TVÖD Bund/Land.
52Das ergibt sich aus der ergänzenden Auslegung des Ausgangsvertrages in Verbindung mit der Vereinbarung vom 20.02.1990.
53Die ergänzende Vertragsauslegung ist möglich, wenn die Ausgangsregelung eine dynamische Verweisung enthält, die zum Eintreten einer Regelungslücke führt und diese Regelungslücke durch ergänzende Vertragsauslegung geschlossen werden kann.
54So lag der vorliegende Fall.
55Der Anstellungsvertrag enthält zunächst eine dynamische Verweisung auf die Vergütungsregelungen der AVR des Caritasverbandes. Wird – wie hier – in einer arbeitsvertraglichen Klausel pauschal und ohne Nennung fester Beträge geregelt, dass der Arbeitnehmer nach einer bestimmten Vergütungsgruppe vergütet wird, liegt eine dynamische Verweisung auf die jeweilige Vergütungsgruppe vor (BAG, Urteil vom 10. November 2010, 5 AZR 633/2009, zitiert nach juris).
56Dafür spricht auch, dass § 7 des Dienstvertrages nicht nur komplett auf die Vergütungsregelungen der AVR verweist, sondern auch weitere Regelungen hinsichtlich des Urlaubs und der Arbeitszeit den Regelungen der AVR unterfallen sollen.
57Die Dynamik ist insoweit auch von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen worden.
58An einer dynamischen Verweisung hat sich auch durch die Umstellung der Vergütung auf die Regelungen des BAT mit Wirkung zum 01.01.1990 nichts geändert.
59Mit der Vereinbarung vom 20.02.1990 sollte lediglich eine Umstellung von den Regelungen der AVR auf die Regelungen des BAT erfolgen. Weitere Änderungen waren aber nicht erfolgt und nicht beabsichtigt. Insbesondere waren keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass aus der dynamischen Verweisung auf die AVR nunmehr eine statische Verweisung auf die Regelungen des BAT vorliegen sollte.
60Das ergibt die Auslegung der Vereinbarung vom 20.02.1990.
61Mit Wirkung zum 01.01.1990 wird lediglich die Umstellung der Regelungsgegenstände der Vergütung, der Arbeitszeit und des Urlaubs auf die Regelungen des BAT geregelt. Das betrifft die Bereiche, die zuvor durch Bezugnahme auf die AVR geregelt waren. Die Dynamik folgt auch aus dem allgemeinen Hinweis einer Einstufung in Vergütungsgruppe 4b Stufe 9 BAT. Soweit die Höhe der Vergütung und einzelne Vergütungsbestandteile nachfolgend genannt werden, bezieht sich dieser Hinweis nur auf die Lage zum 01.01.1990.
62Die Fortgeltung der Dynamik wird auch dadurch dokumentiert, dass in der Folgezeit bis zum Inkrafttreten des TÖD Vergütungserhöhungen des BAT Bund/Land an den Kläger weitergegeben wurden.
63Zwar führt die Auslegung des Vertrages i. V. m. der Vereinbarung vom 20.02.1990 allein noch nicht dazu, dass die In-Bezugnahme der Vergütungsgruppe des BAT auch die Nachfolgeregelungen des TVÖD erfasst. Damit würde an sich die Verweisung automatisch zu einer statischen Verweisung. Es entsteht jedoch durch die Ablösung des BAT durch den TVÖD eine Regelungslücke, die durch ergänzende Vertragsauslegung geschlossen werden kann (vergleiche BAG a. a. O).
64Eine Regelungslücke liegt hinsichtlich Vergütungsregelung vor. Das folgt daraus, dass die Parteien eine Umstellung des BAT auf eine grundlegende neue tarifliche Regelung des TVÖD nicht bedacht haben.
65Die Regelungslücke kann auch durch Anwendung der Vergütungsregelungen des TVÖD geschlossen werden, da hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Parteien hinsichtlich der Vergütung die Anwendung des TVÖD statt des BAT in der Zeit 1990 vereinbart hätte, wenn sie die Ersetzung des BAT durch den TVÖD hätten voraussehen können. Die Parteien wollten von vornherein eine dynamische Verweisung. Sie haben gerade eine komplette Bezugnahme auf die Regelungen der Vergütung nach dem BAT vereinbart.
66Die Möglichkeit, die Regelungslücke entsprechend zu schließen, scheidet auch nicht deshalb aus, weil die Arbeitsvertragsparteien nicht auf alle zentralen Regelungsgegenstände des öffentlichen Dienstes pauschal Bezug genommen haben (vergleiche BAG, Urteil vom 3. Juli 2013, 4 AZR 41/2012, zitiert nach juris).
67Jedenfalls hinsichtlich der Vergütung und auch hinsichtlich der weiteren Regelungsgegenstände wie der Arbeitszeit und des Urlaubs haben die Parteien auf den BAT verwiesen. Ein entsprechender Parteiwille, wie die Regelungslücke zu schließen war, war erkennbar.
68Betrifft die In-Bezugnahme den Bereich der Hauptleistungspflicht der Vergütung
69kann es nach Ansicht des Gerichts keinen Unterschied machen, ob auf sämtliche Regelungsgegenstände des BAT komplett Bezug genommen wird, oder nur auf
70einen wesentlichen Teil der Regelungsgegenstände. Es reicht, wenn- wie hier-
71einschränkungslos auf die gesamte Vergütungsregelung des BAT Bezug genommen wird.
72Die Regelungslücke kann durch die Anwendung der Regelungen des TVÖD Bund/Land geschlossen werden. Entgegen der Ansicht der Beklagte kommt nicht gleichermaßen ein Rückgriff auf die AVR des Caritasverbandes in Betracht. Die Parteien haben abschließend am 20.2.1990 den Wechsel zu den Bestimmungen des öffentlichen Dienstes vereinbart. Dabei sollte es auch bleiben, bis die Regelungen durch den TVÖD ersetzt wurden und die Regelungslücke entstand.
73Die Differenzbeträge für die Monate Januar und Februar und insbesondere der
74Differenzbetrag für die Folgezeit i. H. von 469,98 € sind unter Berücksichtigung der entsprechend Vergütungsbestandteile und unter Berücksichtigung der Besitzstandszulage richtig ermittelt worden. Die Berechnung ist zwischen den Parteien ebenfalls nicht streitig. Mit der Klage wurden auch nur die Beträge geltend gemacht, die noch nicht verfallen waren. Die klageweise Geltendmachung erfolgte innerhalb der sechsmonatigen Verfallfrist.
75Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288, 286, 284 BGB.
76Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 Arbeitsgerichtsgesetz i. V. m. § 91 ZPO.
77Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 46 Abs. 2 ArbGG i. V. m. § 3 ZPO und
78§ 42 G KG. Danach war der 36fache Differenzbetrag in der zuletzt ermittelten Höhe als Gesamtstreitwert zugrunde zu legen.
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(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
Anstelle des Schadensersatzes statt der Leistung kann der Gläubiger Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung gemacht hat und billigerweise machen durfte, es sei denn, deren Zweck wäre auch ohne die Pflichtverletzung des Schuldners nicht erreicht worden.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.
(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.