Amtsgericht Zeitz Urteil, 01. Dez. 2015 - 13 OWi 712 Js 209328/15

ECLI:ECLI:DE:AGZEITZ:2015:1201.13OWI712JS209328.0A
bei uns veröffentlicht am01.12.2015

Tenor

Der Betroffene ist gemäß dem Bußgeldbescheid der Zentralen Bußgeldstelle im Technischen Polizeiamt vom 07.07.2015 - 38.08.066477.0 - des Führens eines Kraftfahrzeugs unter Wirkung des berauschenden Mittels (Methamphetamin 49 ng/ml, Methylendioxyamphetamin 26 ng/ml, Methylendioxymethamphetamin 523 ng/ml) schuldig.

Er wird zu einer Geldbuße von € 1.100,- verurteilt.

Dem Betroffenen wird gestattet, die Geldbuße in 11 monatlichen Raten á € 100,- zu zahlen, zahlbar jeweils bis zum 15. eines jeden Monats, beginnend mit dem 15.02.2016.

Der Betroffene hat die Kosten des Verfahrens sowie seine notwendigen Auslagen zu tragen.

Angewandte Vorschriften: §§ 24a Abs. 2, 3 StVG, 46 OWiG, 465 StPO, BKat Nr. 242.

Gründe

1

I. Das Fahreignungsregister weist folgende Voreintragungen des Betroffenen auf:

2

Tat Nr.: 1

3

Datum der Entscheidung: 26.08.2014
Datum der Rechtskraft 13.09.2014
Datum der Tat: 14.07.2014
Zuwiderhandlung: Sie überschritten die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 022 km/h. Zulässige Geschwindigkeit: 130 km/h. Festgestellte Geschwindigkeit (nach Toleranzabzug): 152 km/h.
Betrag des Bußgelds: 70,00 Euro

4

Tat Nr.: 2

5

Datum der Entscheidung: 22.12.2014
Datum der Rechtskraft 14.01.2015
Datum der Tat: 21.11.2014
Zuwiderhandlung: Sie überschritten die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften urn 021 km/h. Zulässige Geschwindigkeit: 050 km/h. Festgestellte Geschwindigkeit (nach Toleranzabzug): 071 km/h.
Betrag des Bußgelds: 120,00 Euro

6

Der Betroffene verfügt über ein normales Arbeitseinkommen.

7

II. Der Betroffene ist gemäß dem Bußgeldbescheid der Zentralen Bußgeldstelle im Technischen Polizeiamt vom 07.07.2015 - 38.08.066477.0 - des Führens eines Kraftfahrzeugs unter Wirkung des berauschenden Mittels (Methamphetamin 49 ng/ml, Methylendioxyamphetamin 26 ng/ml, Methylendioxymethamphetamin 523 ng/ml) schuldig.

8

III. Mit dem in der Hauptverhandlung auf die Rechtsfolgen beschränkten Einspruch strebt der Betroffene eine Vermeidung des Regelfahrverbots an. Damit hat der Betroffene Erfolg.

9

Soweit der Tatrichter ein Absehen vom Regelfahrverbot aus beruflichen oder wirtschaftlichen Gründen des Betroffenen für angemessen erachtet, rechtfertigt nur eine Härte ganz außergewöhnlicher Art, die ggf. im Verlust der wirtschaftlichen Existenz zu sehen ist, den Verzicht auf ein Fahrverbot. Davon kann hier nicht ausgegangen werden.

10

Gleichwohl ginge von einem Fahrverbot eine unverhältnismäßige Härte für den Betroffenen aus, die dem mit Verfassungsrang ausgestatteten rechtsstaatlichen Übermaßverbot widerspräche.

11

Der Betroffene hat nämlich einen Bruch in seinem Leben vollzogen, den er konsequent umsetzt. Es ist anerkannt, dass ein Fahrverbot seine ihm vom Gesetzgeber zugedachte Funktion als Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme (vgl. BT-Drucksache V/1319, S. 90) nur erfüllen kann, wenn es sich in einem angemessenen zeitlichen Abstand zur Tat auf den Täter auswirkt, d.h. nach großem zeitlichen Abstand nicht mehr. Ein Bruch im Leben, wie ihn der Betroffene bewusst vollzogen hat, stellt indes noch eine größere Differenz zwischen Tatzeitzustand und Istzustand dar, als ein bloßer Zeitablauf bewirken kann. Das Fahrverbot wäre daher sinn- und zweckfrei (vgl. AG Zeitz, Urteil vom 31. Juli 2013 - 13 OWi 721 Js 204479/13 -, juris); an einer Erforderlichkeit des Fahrverbots zur erzieherischen Einwirkung auf den Betroffenen fehlt es.

12

Der Betroffene hat einen Vertrag über den freiwilligen Nachweis einer Drogenabstinenz vom 30.06.2015 vorgelegt. Ausweislich der Bescheinigung des TÜV Thüringen vom 24.11.2015 hat am 14.07. und 07.09.2015 jeweils ein Urinscreening stattgefunden, bei dem Cannabinoide, Opiate, Cocain-Metabolilt, Amphetamine, Methadon-Metabolit oder Benzodiazepine nicht nachweisbar waren (Bl. 45 d.A.) . Der Betroffene hat außerdem ein Zeugnis seines Arbeitgebers vom 19.11.2015 (Bl. 44 d.A.) vorgelegt, dem u.a. zu entnehmen ist, dass der Betroffene, der u.a. Montagefahrzeuge und Baufahrzeuge führt, noch eine Fahrerlaubnis der Klasse C1E erwerben soll.

13

Der Betroffene hat glaubhaft dargestellt, dass er vom Erstkonsum im April 2015 bis zur Polizeikontrolle am 15.05.2015 in erheblichem Umfang Drogen konsumiert hat. Dazu sei es gekommen, nachdem sein Opa Ende März verstorben sei, zu dem er eine besondere Beziehung gehabt habe, weil er wegen der Berufstätigkeit beider Eltern weitgehend bei den Großeltern aufgewachsen sei. Im April habe er mit vier Bekannten zusammengesessen und getrunken. Einer habe dann Drogen zur Verfügung gestellt und er habe mitgemacht. Den Drogenkonsum habe er fortgesetzt. Als er am 15.05.2015 losgefahren sei, habe er sich keine Gedanken gemacht. Erst als er angehalten worden sei, sei ihm bewusst geworden, was er eigentlich getan habe. Er meine, auch wenn er sich unendlich geschämt habe, sei es das Beste, was ihm passiert sei, dass er angehalten worden sei. Er habe nichts mehr mit Drogen zu tun. Zu den Leuten von damals habe er keinerlei Kontakt mehr. Er habe auch deren Handynummern nicht mehr. Er wisse jetzt, dass Drogen für nichts eine Lösung seien. Er konsumiere auch selten Alkohol. Wenn er das einmal tue, dann in der Disco in Form eines Mixgetränks. Dann fahre er aber nicht. Meistens fahre er aber und trinke nichts. Er sei froh über seine gute Arbeit. Der Kontakt zu seinen Eltern sei enger geworden. Er habe jetzt auch eine feste Freundin.

14

Nach alledem ist von einem Bruch im Leben auszugehen, der weit schwerer wiegt als ein bloßer zweijähriger Zeitablauf seit einer Ordnungswidrigkeit. Gerade der Umstand, dass der Betroffene sich auf eigene Kosten Drogenscreenings unterzieht, zeigt, dass er sich auch selbst sehr sicher ist, keine Drogen mehr zu konsumieren.

15

Gemäß § 4 Abs. 4 BKatV war das Bußgeld angemessen zu erhöhen. Angemessen war unter Berücksichtigung des normalen Arbeitseinkommens zunächst eine Verdoppelung der Regelgeldbuße. Die verdoppelte Regelgeldbuße war wegen der Voreintragungen nochmals zu erhöhen, so dass die Geldbuße insgesamt 1.100,- € beträgt.

16

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 OWiG, 465 StPO.


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Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 46 Anwendung der Vorschriften über das Strafverfahren


(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsge

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 24a 0,5 Promille-Grenze


(1) Ordnungswidrig handelt, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalk

Bußgeldkatalog-Verordnung - BKatV 2013 | § 4 Regelfahrverbot


(1) Bei Ordnungswidrigkeiten nach § 24 Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes kommt die Anordnung eines Fahrverbots (§ 25 Absatz 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes) wegen grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers in der Regel in Betr

Referenzen

(1) Ordnungswidrig handelt, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Eine solche Wirkung liegt vor, wenn eine in dieser Anlage genannte Substanz im Blut nachgewiesen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt.

(3) Ordnungswidrig handelt auch, wer die Tat fahrlässig begeht.

(4) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu dreitausend Euro geahndet werden.

(5) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz mit Zustimmung des Bundesrates die Liste der berauschenden Mittel und Substanzen in der Anlage zu dieser Vorschrift zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies nach wissenschaftlicher Erkenntnis im Hinblick auf die Sicherheit des Straßenverkehrs erforderlich ist.

(1) Bei Ordnungswidrigkeiten nach § 24 Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes kommt die Anordnung eines Fahrverbots (§ 25 Absatz 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes) wegen grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers in der Regel in Betracht, wenn ein Tatbestand

1.
der Nummern 9.1 bis 9.3, der Nummern 11.1 bis 11.3, jeweils in Verbindung mit Tabelle 1 des Anhangs,
2.
der Nummern 12.6.3, 12.6.4, 12.6.5, 12.7.3, 12.7.4 oder 12.7.5 der Tabelle 2 des Anhangs,
3.
der Nummern 19.1.1, 19.1.2, 21.1, 21.2, 39.1, 41, 50, 50.1, 50.2, 50.3, 50a, 50a.1, 50a.2, 50a.3, 83.3, 89b.2, 132.1, 132.2, 132.3, 132.3.1, 132.3.2, 135, 135.1, 135.2, 152.1 oder
4.
der Nummern 244, 246.2, 246.3 oder 250a
des Bußgeldkatalogs verwirklicht wird. Wird in diesen Fällen ein Fahrverbot angeordnet, so ist in der Regel die dort bestimmte Dauer festzusetzen.

(2) Wird ein Fahrverbot wegen beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers zum ersten Mal angeordnet, so ist seine Dauer in der Regel auf einen Monat festzusetzen. Ein Fahrverbot kommt in der Regel in Betracht, wenn gegen den Führer eines Kraftfahrzeugs wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h bereits eine Geldbuße rechtskräftig festgesetzt worden ist und er innerhalb eines Jahres seit Rechtskraft der Entscheidung eine weitere Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h begeht.

(3) Bei Ordnungswidrigkeiten nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes ist ein Fahrverbot (§ 25 Absatz 1 Satz 2 des Straßenverkehrsgesetzes) in der Regel mit der in den Nummern 241, 241.1, 241.2, 242, 242.1 und 242.2 des Bußgeldkatalogs vorgesehenen Dauer anzuordnen.

(4) Wird von der Anordnung eines Fahrverbots ausnahmsweise abgesehen, so soll das für den betreffenden Tatbestand als Regelsatz vorgesehene Bußgeld angemessen erhöht werden.

(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsgesetzes.

(2) Die Verfolgungsbehörde hat, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, im Bußgeldverfahren dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten.

(3) Anstaltsunterbringung, Verhaftung und vorläufige Festnahme, Beschlagnahme von Postsendungen und Telegrammen sowie Auskunftsersuchen über Umstände, die dem Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, sind unzulässig. § 160 Abs. 3 Satz 2 der Strafprozeßordnung über die Gerichtshilfe ist nicht anzuwenden. Ein Klageerzwingungsverfahren findet nicht statt. Die Vorschriften über die Beteiligung des Verletzten am Verfahren und über das länderübergreifende staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister sind nicht anzuwenden; dies gilt nicht für § 406e der Strafprozeßordnung.

(4) § 81a Abs. 1 Satz 2 der Strafprozeßordnung ist mit der Einschränkung anzuwenden, daß nur die Entnahme von Blutproben und andere geringfügige Eingriffe zulässig sind. Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von § 81a Absatz 2 Satz 1 der Strafprozessordnung keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Ordnungswidrigkeit begangen worden ist

1.
nach den §§ 24a und 24c des Straßenverkehrsgesetzes oder
2.
nach § 7 Absatz 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes in Verbindung mit einer Vorschrift einer auf Grund des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes erlassenen Rechtsverordnung, sofern diese Vorschrift das Verhalten im Verkehr im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes regelt.
In einem Strafverfahren entnommene Blutproben und sonstige Körperzellen, deren Entnahme im Bußgeldverfahren nach Satz 1 zulässig gewesen wäre, dürfen verwendet werden. Die Verwendung von Blutproben und sonstigen Körperzellen zur Durchführung einer Untersuchung im Sinne des § 81e der Strafprozeßordnung ist unzulässig.

(4a) § 100j Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 der Strafprozessordnung, auch in Verbindung mit § 100j Absatz 2 der Strafprozessordnung, ist mit der Einschränkung anzuwenden, dass die Erhebung von Bestandsdaten nur zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zulässig ist, die gegenüber natürlichen Personen mit Geldbußen im Höchstmaß von mehr als fünfzehntausend Euro bedroht sind.

(5) Die Anordnung der Vorführung des Betroffenen und der Zeugen, die einer Ladung nicht nachkommen, bleibt dem Richter vorbehalten. Die Haft zur Erzwingung des Zeugnisses (§ 70 Abs. 2 der Strafprozessordnung) darf sechs Wochen nicht überschreiten.

(6) Im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende kann von der Heranziehung der Jugendgerichtshilfe (§ 38 des Jugendgerichtsgesetzes) abgesehen werden, wenn ihre Mitwirkung für die sachgemäße Durchführung des Verfahrens entbehrlich ist.

(7) Im gerichtlichen Verfahren entscheiden beim Amtsgericht Abteilungen für Bußgeldsachen, beim Landgericht Kammern für Bußgeldsachen und beim Oberlandesgericht sowie beim Bundesgerichtshof Senate für Bußgeldsachen.

(8) Die Vorschriften zur Durchführung des § 191a Absatz 1 Satz 1 bis 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes im Bußgeldverfahren sind in der Rechtsverordnung nach § 191a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes zu bestimmen.