Amtsgericht Witten Urteil, 19. Aug. 2014 - 2 C 1456/13
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten um die Haftung aus einem Verkehrsunfall vom 12.08.2010.
3Am 12.08.2010 gegen 22.45 Uhr kam es auf der Straße Auf dem Schnee in Witten, kurz hinter der Einmündung Tulpenstr., zu dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall. Beteiligt an diesem Unfall war der Kläger mit seinem VW Touran mit dem amtlichen Kennzeichen EN-GW 2401 sowie der Beklagte zu 3) als Fahrer des von dem Beklagten zu 2) gehaltenen und bei der Beklagten zu 1) versicherten Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen DO-MW 8810. Die streitgegenständliche Straße liegt in einer 30er Zone. Am Fahrbahnrand waren Fahrzeuge geparkt. Der Kläger befuhr die Straße Auf dem Schnee in Richtung Ardeystraße. An der Straße Tulpenweg verlangsamte er sein Fahrzeug wegen der herrschenden Rechts-vor-links-Regelung. Er bremste sein Fahrzeug fast vollständig ab, um in die Straße Tulpenweg sehen zu können. Er fuhr dann wieder an und überquerte die Einmündung. Kurz hinter der Einmündung fuhr der Kläger nach Betätigung des Fahrtrichtungsanzeigers nach links und der Beklagte zu 3) fuhr mit seinem Fahrzeug in die Fahrerseite des klägerischen Fahrzeugs. Die genauen Umstände des Verkehrsunfalls sind zwischen den Parteien streitig.
4Der Kläger macht folgende Schadenspositionen geltend:
5Reparaturkosten netto 3.505,38 Euro
6Gutachterkosten netto 478,10 Euro
7pauschale Auslagen 20,45 Euro
8Wertminderung 650,00 Euro
9gesamt 4.653,93 Euro.
10Die Beklagte regulierte hierauf insgesamt einen Betrag von 2.064,02 Euro. Sie geht dabei von einer 50 %igen Mithaftung des Klägers aus und erkennt als Reparaturkosten gem. eigenem Rechnungsprüfungsbericht lediglich 2.974,93 Euro netto an.
11Der Kläger behauptet, er habe hinter der Einmündung Tulpenweg ein dort abgeparktes Fahrzeug umfahren wollen. Bis kurz vor diesem Fahrzeug sei er noch möglichst weit rechts gefahren, habe sodann links geblinkt und sei dann ausgeschert. In diesem Moment sei es zur Kollision gekommen. Der Beklagte zu 3) habe ihn überholt. Er sei zu keinem Zeitpunkt stehengeblieben, sein Fahrzeug habe sich im Rollen befunden. In der letzten eingezeichneten Parkbox hinter der Einmündung Tulpenweg habe ein Fahrzeug gestanden.
12Der Kläger beantragt,
13die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn 2.589,91 Euro
14nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweils gültigen Basiszinssatz
15seit dem 08.09.2010 nebst außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in
16Höhe von 182,- Euro nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweils
17gültigen Basiszinssatz seit dem 23.01.2014 zu zahlen.
18Die Beklagten beantragen,
19die Klage abzuweisen.
20Die Beklagten behaupten, in der letzten eingezeichneten Parkbox auf der Straße Auf dem Schnee hinter der Einmündung Tulpenweg habe kein Fahrzeug gestanden. Der Kläger habe sich nach Überqueren der Einmündung Tulpenweg in diese Parkbox eingeordnet. Der Beklagte zu 3) sei dann nach Betätigung des linken Fahrtrichtungsanzeigers an dem Fahrzeug des Klägers, an welchem bereits die Bremsleuchten zu sehen gewesen seien, vorbeigefahren. In diesem Moment sei der Kläger wieder losgefahren, so dass es zur Kollision gekommen sei. Die Beklagte zu 3) verweist den Kläger im Übrigen auf eine markengebundene Fachwerkstatt in Dortmund und ist der Ansicht, UPE-Aufschläge sowie Verbringungskosten würden nicht anfallen.
21Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
22Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugin I. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 29.07.2014 (Bl. 60 d. A.) Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe:
24Die zulässige Klage ist unbegründet.
25Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen weiteren Schadensersatzanspruch gem. §§ 7 Abs. 1, 18 StVG i.V. m. § 115 VVG. Die dem Kläger grundsätzlich zustehenden Schadensersatzansprüche sind durch Regulierung in Höhe von 50 % seines Schadens durch die Beklagte zu 3) ausreichend reguliert. Der Verkehrsunfall ist unaufklärbar. Jedenfalls konnte der Kläger nicht beweisen, dass der Unfall für ihn unvermeidbar gewesen wäre oder ein Verschulden des Beklagten zu 3) vorgelegen hätte, welches eine Haftung von mehr als 50 % ausgemacht hätte. Dem Kläger ist die Beweisführung nicht gelungen. Als derjenige, der sich auf eine für ihn günstige Behauptung beruft, trägt der Kläger nach den allgemeinen Regeln die Beweislast. Aufgrund der Beweisaufnahme vermochte das Gericht im Rahmen der ihm nach § 286 Abs. 1 S. 1 ZPO zustehenden freien Beweiswürdigung nicht zu der Überzeugung gelangen, dass die streitige Behauptung als bewiesen anzusehen ist. Danach ist der Beweis erst erbracht, wenn das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Ergebnisses der Beweisaufnahme von der Richtigkeit einer Tatsachenbehauptung überzeugt ist und alle vernünftigen Zweifel ausgeräumt sind. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall.
26Vielmehr hat die Zeugin I ausgesagt, sie meine sich zu erinnern, dass der Kläger dort habe einparken wollen. Die Aussage der Zeugin I ist überwiegend unergiebig, da sie sich nicht mit der zur Überzeugungsbildung des Gerichts im Rahmen des § 286 ZPO ausreichenden Sicherheit an die Vorgänge erinnern konnte. Die Schilderungen des Klägers und des Beklagten wie der Beklagten zu 3) widersprechen sich.
27Auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens würde nicht zur Sachverhaltsaufklärung beitragen. Dass beide Fahrzeuge in Bewegung waren sowie dass das Klägerfahrzeug in einer linksgerichteten Fahrweise unterwegs war, ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Stellung der Fahrzeuge im Verhältnis zu den örtlichen Gegebenheiten kann auch ein Sachverständigengutachten nicht aufklären, insbesondere lässt sich nicht aufklären, ob in der letzten eingezeichneten Parkbox der Straße Auf dem Schnee hinter der Einmündung Tulpenweg ein Fahrzeug abgeparkt war oder ob der Kläger sein Fahrzeug dort hineinlenkte, zum Stillstand abbremste, um dann wieder anzufahren. Hierauf kommt es aber streitentscheidend an.
28Der Kläger muss sich auch auf die von der Beklagten zu 3) benannte günstigere markengebundene Fachwerkstatt verweisen lassen. Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, kann der Geschädigte vom Schädiger gem. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag beanspruchen. Die Erforderlichkeit im Sinne dieser Vorschrift richtet sich danach, wie ein verständiger, wirtschaftlich denkender Fahrzeugeigentümer sich in der Lage des Geschädigten verhalten würde (BGH in NJW 2010, 606). Der Geschädigte darf seiner (fiktiven) Schadensberechnung grundsätzlich die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrundelegen, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger ermittelt hat (BGH in NJW 2010, 2941). Dieser Grundsatz gilt unabhängig davon, ob er den Pkw tatsächlich gar nicht oder in einer günstigeren Werkstatt hat reparieren lassen (BGH in NJW 2003, 2086). Die Beklagte zu 3) kann den Kläger aber unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gem. § 254 Abs. 2 BGB auf die günstigere Reparaturmöglichkeit der Firma W in Dortmund verweisen. Es handelt sich (unbestritten) um einen VW-Vertragshändler, mithin eine markengebundene Fachwerkstatt. Die von der Beklagten zu 3) zugrundegelegten Stundenverrechnungssätze sind (unbestritten) frei zugänglich. Gründe, warum dem Kläger eine Reparatur in dieser Referenzwerkstatt unzumutbar sei, trägt der Kläger nicht vor.
29Auch die weiteren von der Beklagten zu 3) getätigten Abzüge sind gerechtfertigt. Verbringungskosten und UPE-Aufschläge können bei fiktiver Abrechnung nicht geltend gemacht werden, da sie tatsächlich nicht anfallen (Palandt/Grüneberg, 70. Auflage, § 249, Rnr. 14). Der Kläger hat auch nicht dargelegt, dass diese in einer regionalen markengebundenen Fachwerkstatt üblicherweise anfallen.
30Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Ersatz weiterer vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Die Beklagte zu 3) hat die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nach der begründeten Hauptsacheforderung berechnet und insoweit reguliert.
31Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1, 2 ZPO.
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(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.
(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.
(1) Der Dritte kann seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen,
- 1.
wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt oder - 2.
wenn über das Vermögen des Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden ist oder - 3.
wenn der Aufenthalt des Versicherungsnehmers unbekannt ist.
(2) Der Anspruch nach Absatz 1 unterliegt der gleichen Verjährung wie der Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer beginnt; sie endet jedoch spätestens nach zehn Jahren von dem Eintritt des Schadens an. Ist der Anspruch des Dritten bei dem Versicherer angemeldet worden, ist die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung des Versicherers dem Anspruchsteller in Textform zugeht. Die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung des Anspruchs gegen den Versicherer wirken auch gegenüber dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer und umgekehrt.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.