Amtsgericht Ratingen Urteil, 30. Dez. 2014 - 8 C 296/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des insgesamt zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Sicherheitsleistungen können auch durch unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft einer auf dem Gebiet der Europäischen Union geschäftsansässigen Bank, Genossenschaftsbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbracht werden.
1
Tatbestand:
2Der Beklagte ist Miteigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft der Klägerin. Ohne Zustimmung der übrigen Miteigentümer errichtete er einen Anbau/Wintergarten auf seine zur Wohnung Nummer 73 der Teilungserklärung gehörenden Terrasse. Mit Schreiben vom 02.10.2013 wurde der Beklagte durch die Verwaltung aufgefordert, den Wintergarten zu entfernen. Der Beklagte kam dem nicht nach. Auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 22.05.2014 fasste die Wohnungseigentümergemeinschaft unter Tagesordnungspunkt 6 folgenden Beschluss:
3"Die Wohnungseigentümergemeinschaft ermächtigt die Verwaltung, die
4Rechtsanwaltskanzlei L-T-Q-T Rechtsanwälte und Notare, Tstraße,
5N, zu beauftragen, die Ansprüche der Ge-
6meinschaft auf Entfernung des Wintergartens gegen den Miteigentümer
7M gerichtlich und außergerichtlich durchzusetzen.“
8Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie als Verband berechtigt sei, einen Anspruch auf Entfernung des Wintergartens gegen den Beklagten geltend zu machen. Sie behauptet, dass unter Tagesordnungspunkt 6 der Wohnungseigentümerversammlung vom 22.05.2014 ein entsprechender Beschluss, mit welchem die Klägerin die Verfolgung von Beseitigungsansprüchen an sich gezogen hat, gefasst worden wäre.
9Die Klägerin beantragt,
101. den Beklagten zu verurteilen, den zu seiner Wohnung laut Teilungserklärung Nummer 73, ohne Zustimmung der Klägerin erstellt und an der Außenmauer des Gebäudes angebrachten Anbau/Wintergarten zu entfernen und den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen;
112. den Beklagten zu verurteilen, die vorgerichtlichen Kosten der Inanspruchnahme des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in Höhe von 492,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Zustellung der Klageschrift zu zahlen.
12Der Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Der Beklagte ist der Ansicht, dass die Klägerin nicht klagebefugt sei. Er trägt insoweit vor, dass es an einer entsprechenden Beschlussfassung fehle. Darüber hinaus erhebt der Beklagte die Einrede der Verjährung. Außerdem behauptet er, dass die Rechte der Wohnungseigentümer nicht über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt würden. Die anderen Wohnungseigentümer könnten den Wintergarten nicht sehen mit Ausnahme des Eigentümers U, welcher sich nicht gestört fühle.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst den überreichten Unterlagen Bezug genommen.
16Entscheidungsgründe:
17Die Klage ist unbegründet.
18Die Klägerin als Verband ist nicht Inhaberin der Ansprüche, welche sie im Klagewege geltend macht.
19Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass Ansprüche auf Entfernung von Störungen nur den einzelnen Wohnungseigentümern zustehen, die Gemeinschaft aber nach § 10 Abs. 6 Satz 3 2. Alternative WEG die Ausübung des Anspruchs durch Beschluss an sich ziehen kann.
20An einem derartigen Beschluss fehlt es vorliegend. Ausweislich des in Kopie vorgelegten Protokolls über die ordentliche Wohnungseigentümerversammlung der Eigentümergemeinschaft vom 22.05.2014 wurde unter Tagesordnungspunkt 6 ausschließlich der Beschluss gefasst: "Die Wohnungseigentümergemeinschaft ermächtigt die Verwaltung, die Rechtsanwaltskanzlei L-T-Q-T Rechtsanwälte und Notare, Tstraße, N, zu beauftragen, die Ansprüche der Gemeinschaft auf Entfernung des Wintergartens gegen den Miteigentümer M gerichtlich und außergerichtlich durchzusetzen." Einen Mehrheitsbeschluss, mit welchem die Klägerin die Verfolgung von Beseitigungsansprüchen an sich zieht und zu einer gemeinschaftlichen Angelegenheit macht, haben die Wohnungseigentümer auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 22.05.2014 hingegen nicht gefasst. Etwas derartiges lässt sich der Formulierung unter Tagesordnungspunkt 6 der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 22.05.2014 nicht entnehmen. Es wurde lediglich beschlossen, die Verwalterin zu ermächtigen, die Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu beauftragen, die Ansprüche der Gemeinschaft auf Entfernung des Wintergartens gegen den Beklagten außergerichtlich und gerichtlich durchzusetzen.
21Der unter Tagesordnungspunkt 6 der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 22.05.2014 gefasste Mehrheitsbeschluss ist auch nicht dahingehend auslegungsfähig, dass hiermit Ansprüche der einzelnen Wohnungseigentümer auf Entfernung des Wintergartens auf die Klägerin als Verband übertragen werden sollten. Hierzu hätte es einer konkreten Beschlussfassung bedurft, weil die einzelnen Wohnungseigentümer im Falle der Vergemeinschaftung von Individualansprüchen auf eine eigene, individuelle Verfolgung des ihnen zustehenden Beseitigungsanspruchs verzichten.
22Da eine ausdrückliche Beschlussfassung betreffend die Vergemeinschaftung der Individualansprüche der einzelnen Wohnungseigentümer gegen den Beklagten auf Entfernung des Wintergartens fehlt, ist die Klägerin nicht prozessführungsbefugt.
23Mangels Bestehen einer Hauptforderung steht der Klägerin gegen den Beklagten auch kein Anspruch auf Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu.
24Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
25Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
26Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
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(1) Jeder Wohnungseigentümer ist gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet,
- 1.
die gesetzlichen Regelungen, Vereinbarungen und Beschlüsse einzuhalten und - 2.
das Betreten seines Sondereigentums und andere Einwirkungen auf dieses und das gemeinschaftliche Eigentum zu dulden, die den Vereinbarungen oder Beschlüssen entsprechen oder, wenn keine entsprechenden Vereinbarungen oder Beschlüsse bestehen, aus denen ihm über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus kein Nachteil erwächst.
(2) Jeder Wohnungseigentümer ist gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern verpflichtet,
- 1.
deren Sondereigentum nicht über das in Absatz 1 Nummer 2 bestimmte Maß hinaus zu beeinträchtigen und - 2.
Einwirkungen nach Maßgabe des Absatzes 1 Nummer 2 zu dulden.
(3) Hat der Wohnungseigentümer eine Einwirkung zu dulden, die über das zumutbare Maß hinausgeht, kann er einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.