Amtsgericht München Endurteil, 01. Juli 2016 - 191 C 28518/15

bei uns veröffentlicht am01.07.2016

Gericht

Amtsgericht München

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.08.2015 sowie weitere 334,75 € zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 3.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rückzahlung einer Reservierungsgebühr.

Der Beklagte war Eigentümer der Einzimmerwohnung Nr. 37 in der Liegnitzer Straße 19 in 10999 Berlin, die er zum Kaufpreis von 141.000 € zum Verkauf anbot. Der Kläger interessierte sich für die Wohnung. Nach den ersten Verkaufsgesprächen unterzeichnete der Kläger und seine Ehefrau am 29.05.2015 eine Reservierungsvereinbarung, die auszugsweise wie folgt lautet:

„1. Der Kaufpreis beträgt € 140.740,–. Darüber hinaus ist vom Käufer bei Kaufvertragsabschluss eine Provision an die Firmen Muro Bauplanungs GmbH, Berlin, und Reco Immobilienbüro, Berlin, in Höhe von insgesamt 7,14 % inklusive gesetzlicher MwSt, somit € 10.049,00 zu bezahlen. Dem Käufer ist bekannt, dass eine wirtschaftliche Verflechtung zwischen dem Verkäufer und der Fa. Muro GmbH besteht.

(...)

Sollte der notarielle Kaufvertrag aus Gründen, die der Käufer zu vertreten hat, zwischen den Parteien nicht zustande kommen, so steht der Betrag entsprechend Ziffer 3 als pauschalierter Schadenersatz dem Verkäufer zu.“

Der Kläger und seine Ehefrau zahlten die Reservierungsgebühr in Höhe von 3.000,00 € an den Beklagten. Die Reservierungsfrist wurde durch den Beklagten bis zum 22.07.2015 verlängert. Der Kläger bat den Beklagten per Email vom 29.07.2015 um eine Reduzierung des Kaufpreises und bot dem Beklagten nach Einholung eines Sachverständigengutachtens einen Kaufpreis von 110.000,00 €. Der Beklagte lehnte sämtliche Verhandlungen über den Kaufpreis ab und erklärte die Vertragsverhandlungen für gescheitert. Mit E-Mail vom 31.07.2015 forderte der Kläger den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 15.08.2015 auf, die erhaltene Reservierungsgebühr in Höhe von 3.000 € zurückzuzahlen. Mit E-Mail vom 05.08.2015 lehnte der Beklagte jegliche Rückzahlung ab. Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 01.09.2015 sowie vom 07.10.2015 wurde der Beklagte aufgefordert, die einbehaltene Reservierungsgebühr an den Kläger zurückzuzahlen. Der Beklagte ließ beide Schriftsätze unbeantwortet.

Der Kläger ist der Ansicht, die Reservierungsgebühr sei wegen Formnichtigkeit unwirksam. Die Vereinbarung übe einen unangemessen wirtschaftlichen Druck auf den Käufer aus und sei mangels notarieller Berurkundung nach § 125 BGB unwirksam. Darüber hinaus handele es sich um vorformulierte Vertragsbedingungen, die den Käufer unangemessen benachteiligten.

Der Kläger beantragt:

I. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.000,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.08.2015 zu zahlen.

II. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 334,75 EUR zu zahlen.

Der Beklagte beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Beklagte ist der Ansicht, dass die Reservierungsvereinbarung keinem Formzwang unterliege, da sie in der vereinbarten Höhe keinen Druck zum Erwerb des Grundstücks ausübe. Bei der Reservierungsvereinbarung handele es sich um eine individualvertragliche Vereinbarung, auf die die §§ 305 ff. BGB nicht anzuwenden sei. Doch auch bei Annahme von AGB liege keine unangemessene Benachteiligung vor. Im Übrigen sei der Kläger nicht Anspruchsinhaber der Forderung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.04.2016 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I. Das Amtsgericht München ist sowohl sachlich als auch örtlich zuständig, §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG, §§ 12, 13 ZPO.

II. Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Rückzahlung der Reservierungsgebühr in Höhe von 3.000 € aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zu.

1. Der Kläger ist aktivlegitimiert, da er Inhaber der geltend gemachten Forderung ist. Die Ehefrau des Klägers hat mit Abtretungsvereinbarung vom 27.10.2015 ihren Anspruch gegen den Beklagten auf Rückzahlung der Reservierungsgebühr wirksam gemäß § 398 BGB an den Kläger abgetreten.

2. Der Beklagte hat durch die Leistung des Klägers die Reservierungsgebühr in Höhe von 3.000 € ohne Rechtsgrund erlangt.

a) Die von den Parteien unterzeichnete Reservierungsvereinbarung ist gemäß §§ 125 S. 1, 311 b Abs. 1 S. 1 BGB wegen Formnichtigkeit unwirksam, da keine notarielle Beurkundung erfolgte.

Die Reservierungsvereinbarung bedurfte der notariellen Beurkundung gemäß § 311 b Abs. 1 S. 1 BGB. Der Beurkundungszwang soll die Parteien auf die Bedeutung des Geschäfts hinweisen und vor dem Eingehen übereilter Verpflichtungen schützen (Warnfunktion). Zudem soll eine sachkundige Beratung der Parteien sichergestellt werden (Beratungsfunktion). Daher erstreckt sich die Pflicht zur notariellen Beurkundung nach § 311 b Abs. 1 S. 1 BGB auf die Gesamtheit aller Verträge und Vereinbarungen, sofern diese rechtlich eine Einheit bilden. Das ist dann der Fall, wenn die Vereinbarungen nach dem Willen der Parteien nicht für sich alleine gelten, sondern miteinander „stehen und fallen“ sollen (vgl. Grüneberg/Palandt, BGB, 75. Aufl., § 311 b Rn. 2, 32). Ein Kaufvertrag über eine Immobilie und eine in diesem Zusammenhang geschlossene Reservierungsvereinbarung bilden eine solche rechtliche Einheit, da die Vereinbarung zum Zwecke eines späteren Kaufvertrages geschlossen wird.

Unabhängig vom Zweck des Beurkundungszwangs, hat eine Beurkundung in jedem Fall dann zu erfolgen, wenn das in der Vereinbarung versprochene Entgelt 10 bis 15 % der vereinbarten Provision übersteigt (vgl. BGH Urteil vom 02.07.1986, Az.: IV a, ZR 102/85). Daraus ergibt sich, dass ein Vergleich zwischen Maklerprovision und Reservierungsvereinbarung anzustellen ist, und nicht etwa, wie von der Beklagtenpartei angenommen, die Reservierungsgebühr ins Verhältnis zum Kaufpreis zu setzen ist. Der Formzwang gilt auch für einen Vertrag, mit dem über die Vereinbarung eines empfindlichen Nachteils ein mittelbarer Zwang ausgeübt werden soll, Immobilien zu erwerben oder zu veräußern.

Vorliegend macht die Reservierungsgebühr 29,7 % der Maklerprovision aus. Die maßgeblichen Grenzwerte sind damit weit überschritten. Auch übte die Zahlungsverpflichtung in Höhe von 3.000 € einen unangemessenen Druck auf den Kläger aus, die Immobilie zu erwerben. Durch die Verpflichtung, wonach der Verkäufer den Zahlbetrag einbehalten darf, wenn es nicht zum Abschluss des Kaufvertrages kommt, wird der Kläger in seiner Entscheidungsfreiheit erheblich eingeschränkt, da er nutzlose Aufwendungen zu befürchten hat. Durch das unterzeichnete Vertragsstrafeversprechen wurde der Kläger mittelbar zum Kaufvertragsschluss gedrängt (vgl. BGH Urteil vom 02.07.1986, Az.: IV a, ZR 102/85).

b) Darüber hinaus ist die Reservierungsvereinbarung wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, da der Kläger unangemessen benachteiligt wird.

aa) Bei der Vereinbarung über die Zahlung der Reservierungsgebühr handelt es sich um vorformulierte Vertragsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 S. 1 BGB, die die Beklagtenpartei der Klagepartei bei Abschluss gestellt hat. Entgegen der Auffassung des Beklagten liegt keine Individualabrede im Sinne des § 305 b BGB vor, da die Vertragsbedingungen zwischen den Parteien im Einzelnen nicht ausgehandelt wurden. Ein Aushandeln einzelner Vertragsbedingungen ändert an dem Vorliegen von AGB grundsätzlich nichts. Vorliegend hat die Beklagtenpartei den Kerngehalt seiner Bedingungen nicht ernsthaft zur Dispostion gestellt und der Klagepartei keine Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen und Verhandlungsspielraum eingeräumt.

bb) Die Vereinbarung über die Reservierungsgebühr stellt eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB dar. Eine unangemessene Benachteiligung ist dann anzunehmen, wenn der Verwender allgemeiner Geschäftsbedingungen durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen. Die Unangemessenheit ist zu verneinen, wenn die Benachteiligung des Vertragspartners durch zumindest gleichwertige Interessen des Verwenders der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gerechtfertigt ist.

Die dabei erforderliche Interessenabwägung führt vorliegend zu dem Ergebnis, dass die Pflicht zur Zahlung der Reservierungsgebühr bzw. der ausnahmslose Ausschluss der Rückzahlung dieses Entgelts bei Nichtzustandekommen des Kaufvertrags über die Wahrung schutzwürdiger Interessen des Beklagten hinausgeht und aus diesem Grund eine unangemessene Benachteiligung der Klagepartei vorliegt (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 2010 – III ZR 21/10; BGH, Urteil vom 10. Februar 1988 – IV a ZR 268/86, BGHZ 103, 235, 239 f).

Der Beklagte sicherte sich durch die Vereinbarung eine erfolgsunabhängige Vergütung. Dieser Leistung des Klägers stand kein gleichwertiges Äquivalent entgegen. Vom Wortlaut der Vereinbarung bestand seitens des Beklagten keine Unterlassungspflicht, die Wohnung einem Dritten anzubieten und an diesen zu veräußern. Die Klagepartei zahlt damit einen nicht ganz unerheblichen Betrag, ohne dafür die Gewähr zu haben, das fragliche Objekt erwerben zu können. Diese Tatsache begrenzt den Nutzen der Vereinbarung für den Kläger in unangemessener Weise (BGH a.a.O.).

Für diese Beurteilung ist es nicht von ausschlaggebender Bedeutung, welche Rechtsnatur der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung zukommt und ob bei der vorliegenden Konstellation die Anwendung maklerrechtlicher Grundsätze gerechtfertigt ist (vgl. BGH Urteil vom 23.09.2010, Az.: III ZR 21/10). Entgegen der Auffassung des Beklagten finden die vorgenannten Grundsätze nicht nur auf Reservierungsvereinbarungen im Rahmen von Maklerverträgen Anwendung, sondern auch im vorliegenden Fall zwischen zwei Privatpersonen. Dies gilt dann umso mehr, wenn zwischen Makler und Verkäufer eine wirtschaftliche Verflechtung besteht.

III. Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderung gründet sich auf §§ 280 Abs. 2, 286, 288 Abs. 1 BGB, da sich der Beklagte mit der Zahlung seit dem 16.08.2015 in Verzug befand. Dem Beklagten wurde eine Zahlungsfrist bis zum 15.08.2015 gesetzt.

Die von der Klagepartei geltend gemachten vorgerichtlichen Kosten sind schlüssig dargetan und ergeben sich aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1 BGB. Gerechtfertigt ist ein Ansatz einer 1,3 Geschäftsgebühr nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer, was sich bei einem Streitwert von 3.000,00 € auf 334,75 € beläuft.

IV. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, 2 ZPO.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305 Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag


(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 398 Abtretung


Eine Forderung kann von dem Gläubiger durch Vertrag mit einem anderen auf diesen übertragen werden (Abtretung). Mit dem Abschluss des Vertrags tritt der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 125 Nichtigkeit wegen Formmangels


Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig. Der Mangel der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form hat im Zweifel gleichfalls Nichtigkeit zur Folge.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 12 Allgemeiner Gerichtsstand; Begriff


Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 23


Die Zuständigkeit der Amtsgerichte umfaßt in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit sie nicht ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes den Landgerichten zugewiesen sind:1.Streitigkeiten über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Gelde

Zivilprozessordnung - ZPO | § 13 Allgemeiner Gerichtsstand des Wohnsitzes


Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.

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Bundesgerichtshof Urteil, 23. Sept. 2010 - III ZR 21/10

bei uns veröffentlicht am 23.09.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 21/10 Verkündet am: 23. September 2010 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB §§ 307 B

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Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig. Der Mangel der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form hat im Zweifel gleichfalls Nichtigkeit zur Folge.

Die Zuständigkeit der Amtsgerichte umfaßt in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit sie nicht ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes den Landgerichten zugewiesen sind:

1.
Streitigkeiten über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert die Summe von fünftausend Euro nicht übersteigt;
2.
ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes:
a)
Streitigkeiten über Ansprüche aus einem Mietverhältnis über Wohnraum oder über den Bestand eines solchen Mietverhältnisses; diese Zuständigkeit ist ausschließlich;
b)
Streitigkeiten zwischen Reisenden und Wirten, Fuhrleuten, Schiffern oder Auswanderungsexpedienten in den Einschiffungshäfen, die über Wirtszechen, Fuhrlohn, Überfahrtsgelder, Beförderung der Reisenden und ihrer Habe und über Verlust und Beschädigung der letzteren, sowie Streitigkeiten zwischen Reisenden und Handwerkern, die aus Anlaß der Reise entstanden sind;
c)
Streitigkeiten nach § 43 Absatz 2 des Wohnungseigentumsgesetzes; diese Zuständigkeit ist ausschließlich;
d)
Streitigkeiten wegen Wildschadens;
e)
(weggefallen)
f)
(weggefallen)
g)
Ansprüche aus einem mit der Überlassung eines Grundstücks in Verbindung stehenden Leibgedings-, Leibzuchts-, Altenteils- oder Auszugsvertrag.

Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.

Eine Forderung kann von dem Gläubiger durch Vertrag mit einem anderen auf diesen übertragen werden (Abtretung). Mit dem Abschluss des Vertrags tritt der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 21/10
Verkündet am:
23. September 2010
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 307 Bm, CI, 652
Zur Wirksamkeit der in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Klausel
, wonach der am Erwerb einer Immobilie interessierte Kunde ein "Tätigkeitsentgelt"
für die Reservierung (Absehen von weiterem Anbieten) des Kaufobjekts
an den mit dem Verkaufsinteressenten verflochtenen Verwender zu zahlen hat,
das auch bei Nichtzustandekommen des Kaufvertrags dem Verwender verbleiben
soll.
BGH, Urteil vom 23. September 2010 - III ZR 21/10 - LG München I
AG München
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. September 2010 durch den Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter
Wöstmann, Hucke, Seiters und Tombrink

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 8. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Kläger interessierten sich für den Kauf einer von der Beklagten im Namen und für Rechnung der B. B. AG, für die sie als Baubetreuerin tätig war, errichteten Eigentumswohnung. Am 8. Juli 2008 unterzeichneten sie einen "Auftrag zur Vorbereitung eines notariellen Kaufvertrages und Finanzierungsbearbeitung", in dem der vorgesehene Kaufpreis von insgesamt 296.000 € handschriftlich eingetragen war und den die Beklagte am 10. Juli 2008 gegenzeichnete. Soweit hier von Bedeutung, wurde darin vereinbart : "Auftrag und Zahlungsverpflichtung Der Kaufinteressent beauftragt hiermit die B. B. GmbH, die den Verkaufsinteressenten als Betreuer vertritt, sämtliche notwendigen Vorbereitungen zur Beurkundung des Kaufvertrages zwischen dem Verkaufsinteressenten und ihm zu treffen. Die B. B. GmbH wird somit im einzelnen beauftragt:
a) die Beurkundung des Kaufvertrages vorzubereiten;
b) die Finanzierungsunterlagen des Kaufinteressenten zu bearbeiten (…);
c) mit Unterzeichnung dieses Auftrages die Wohnung/das Eigenheim anderweitig nicht mehr anzubieten, sondern sie/es für den Kaufinteressenten reserviert zu halten. Für diese Tätigkeit verpflichtet sich der Kaufinteressent, an die B. B. GmbH einen Betrag von € 1.500,- zu bezahlen. Dieser Betrag ist mit Unterschrift auf diesem Auftrag zur Zahlung fällig … Bei Abschluss des Kaufvertrages wird dieser Betrag mit der ersten Kaufpreisrate verrechnet. Kommt es nicht zum Abschluss des Kaufvertrages, sind € 750,- als Tätigkeitsentgelt für die Reservierung (Verzicht auf weiteres Anbieten) verdient. Die weiteren € 750,- gelten als Ausgleich für die Vorbereitung des notariellen Kaufvertrages und werden nur anteilig je nach Bearbeitungsstand zurückerstattet. …"
2
Mit Schreiben vom 21. Juli 2008 teilten die Kläger der Beklagten mit, dass sie am Erwerb der Wohnung nicht mehr interessiert seien und verlangten die von ihnen bereits gezahlten 1.500 € zurück. Die Beklagte erstattete den Klägern „kulanterweise“ 750 € mit dem Bemerken, dass sie die ihr zwischenzeitlich entstandenen Aufwendungen nicht in Abzug gebracht habe. Die Forderung auf Rückzahlung der restlichen 750 € lehnte sie ab.
3
Auf die daraufhin erhobene Klage hat das Amtsgericht die Beklagte zur Zahlung dieses Betrages verurteilt. Ihre hiergegen gerichtete Berufung blieb ohne Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter; sie ist der Auffassung, das allein noch im Streit befindliche Reservierungsentgelt könne auch im Rahmen Allgemeiner Geschäftsbedingungen wirksam vereinbart werden.

Entscheidungsgründe


4
Die Revision der Beklagten ist zulässig, in der Sache bleibt sie jedoch ohne Erfolg.

I.


5
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung unter anderem wie folgt begründet: Zwar sei die Beklagte nicht als Maklerin tätig geworden und aufgrund ihrer Verflechtung mit der Verkäuferin von einer derartigen Tätigkeit ausgeschlossen gewesen. Die von der Rechtsprechung für den Maklervertrag entwickelten Grundsätze seien aber auf die vorliegende Vermittlungstätigkeit durch die Beklagte erst recht anzuwenden. Danach könne in Allgemeinen Geschäftsbedingungen , wie sie auch hier vorlägen, eine erfolgsunabhängige Provision nicht wirksam vereinbart werden. Als solche stelle sich das "Tätigkeitsentgelt für die Reservierung" dar, das die Beklagte nach der getroffenen Regelung bei Nichtabschluss eines Kaufvertrags für bloßes Nichtstun einbehalten könne. Entsprechendes gelte für die weiteren 750 €, die als Ausgleich für die Vorbereitung des notariellen Kaufvertrags zu zahlen gewesen seien. Eine dahingehende Übereinkunft lasse den Bezug zu den tatsächlich ersatzfähigen Aufwendungen vermissen und sei auch der Höhe nach nicht mehr angemessen. Der Zusatz, dass dieser Betrag "anteilig je nach Bearbeitungsstand" zurückerstattet werde, eröffne zudem der Beklagten die Möglichkeit, allein unter Berufung auf den Be- arbeitungsstand nach eigenem Gutdünken einen bestimmten Betrag zurückzuerstatten.

II.


6
Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision im Ergebnis stand. Beide Vorinstanzen haben den geltend gemachten Rückzahlungsanspruch zu Recht als begründet angesehen, weil die Beklagte das Reservierungsentgelt von 750 € rechtsgrundlos einbehalten hat.
7
1. Nachdem die Beklagte 750 € an die Kläger zurückerstattet hat und dabei ausdrücklich nicht den ihr entstandenen Aufwand in Anschlag bringen wollte, bezieht sich der noch einbehaltene Betrag von weiteren 750 € allein auf das so bezeichnete "Tätigkeitsentgelt" für den Verzicht auf weiteres Anbieten des fraglichen Kaufobjekts. Die Revision, die sich zu der in derselben Höhe vorgesehenen Zahlung für den Aufwand bezüglich der Vorbereitung des beabsichtigten Kaufvertrags nur vorsorglich geäußert hat, sieht dies letztlich nicht anders. Demnach bildet allein das Tätigkeitsentgelt den Streitgegenstand.
8
2. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Klausel über die Verpflichtung zur Zahlung eines "Reservierungsentgelts" für den Fall des Nichtzustandekommen eines Kaufvertrags, das bereits mit der Unterzeichnung des Auftrags zu entrichten war, wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist. Das fragliche Entgelt ist Teil der vorformulierten Vertragsbedingungen der Beklagten, die, wie sie selbst nicht in Abrede stellt, als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu qualifizieren sind.
9
a) Die Klausel unterliegt gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle. Nach dieser Vorschrift sind davon nur Bestimmungen über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistung einschließlich Vereinbarungen über das zu erbringende Entgelt, insbesondere soweit sie dessen Höhe betreffen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2001 - V ZR 452/99, BGHZ 146, 331, 338), ausgenommen. Nicht kontrollfähige Leistungsbeschreibungen in diesem Sinne sind nur solche Bestimmungen, die Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistung festlegen. Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen einschränken, ausgestalten oder modifizieren, sind hingegen inhaltlich zu kontrollieren (vgl. BGH, Urteile vom 12. Juni 2001 - XI ZR 274/00, BGHZ 148, 74, 78 m.w.N., und vom 20. Mai 2010 - Xa ZR 68/09, NJW 2010, 2719 Rn. 26).
10
Vorliegend diente die Beauftragung durch die Kläger dem Zweck, unter Vermittlung der Beklagten einen Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung mit der B. B. AG, der "Verkaufsinteressentin", zustande zu bringen. Diese "Vermittlungs-Dienstleistung" der Beklagten - die allerdings wegen der zwischen der Beklagten und der Verkaufsinteressentin bestehenden Verflechtung nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats nicht als Maklerleistung im Sinne des § 652 Abs. 1 Satz 1 BGB angesehen werden kann (vgl. Urteil vom 19. Februar 2009 - III ZR 91/08, NJW 2009, 1809 Rn. 9 m.w.N.) - stellt, wie schon das Amtsgericht zutreffend festgestellt hat, die eigentliche Hauptleistung dar. Ungeachtet des Umstands, dass diese Leistung nach den Vereinbarungen der Vertragsparteien nicht besonders zu vergüten ist, erweist sich im Verhältnis dazu die Reservierungsvereinbarung als bloße Nebenabrede, so dass die insoweit getroffene "Nebenentgeltregelung" kontrollfähig ist.
11
b) Die Regelung, wonach die Beklagte den sogleich mit Unterschriftsleistung auf dem Auftrag zu erbringenden Betrag von 750 € für den Verzicht auf weiteres Anbieten des Kaufobjekts in jedem Fall in voller Höhe behalten darf, wenn es nicht zum Abschluss des Kaufvertrags kommt, benachteiligt die Kaufinteressenten unangemessen und ist deshalb gemäß § 307 BGB unwirksam. Für diese Beurteilung ist es nicht von ausschlaggebender Bedeutung, welche Rechtsnatur der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung zukommt und ob mit dem Berufungsgericht bei der vorliegenden Fallkonstellation die Anwendung maklerrechtlicher Grundsätze gerechtfertigt ist. Denn die streitige Klausel hält in keinem Falle der Inhaltskontrolle stand.
12
aa) Eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB ist dann anzunehmen, wenn der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen. Die Unangemessenheit ist zu verneinen, wenn die Benachteiligung des Vertragspartners durch zumindest gleichwertige Interessen des Verwenders der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gerechtfertigt ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH, Urteil vom 1. Februar 2005 - X ZR 10/04, NJW 2005, 1774, 1775; Senatsurteil vom 18. März 2010 - III ZR 254/09, MDR 2010, 637, 638 m.w.N.; Urteil vom 27. Mai 2010 - VII ZR 165/09, NJW 2010, 2272 Rn. 23).
13
Die dabei erforderliche Interessenabwägung führt im Streitfall zu dem Ergebnis, dass die Pflicht zur Zahlung des Reservierungsentgelts bzw. der ausnahmslose Ausschluss der Rückzahlung dieses Entgelts bei Nichtzustandekommen des Kaufvertrags über die Wahrung schutzwürdiger Interessen der Beklagten hinausgeht und aus diesem Grund eine unangemessene Benachtei- ligung der Kunden vorliegt (so in der Tendenz für Maklerverträge bereits Urteil vom 10. Februar 1988 - IVa ZR 268/86, BGHZ 103, 235, 239 f). Allgemein gehört es im Vertragsrecht zu den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, bei Abwicklung gegenseitiger Verträge auf das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung angemessen Rücksicht zu nehmen. (vgl. BGH, Urteile vom 2. Oktober 1981 - I ZR 201/79, NJW 1982, 181 und vom 5. April 1984 - VII ZR 196/83, NJW 1984, 2162, 2163). Diese Grundsätze sind vorliegend nicht ausreichend beachtet.
14
bb) Die streitgegenständliche Klausel stellt letztlich den Versuch der Beklagten dar, sich für den Fall des Scheiterns ihrer - die Hauptleistung darstellenden - Vermittlungsbemühungen gleichwohl eine (erfolgsunabhängige) Vergütung zu sichern, ohne dass dabei gewährleistet ist, dass sich aus dieser entgeltpflichtigen Reservierungsvereinbarung für den Kunden nennenswerte Vorteile ergeben oder seitens der Beklagten eine geldwerte Gegenleistung zu erbringen ist.
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Das Versprechen der Beklagten, die Eigentumswohnung nicht mehr anderweitig anzubieten, lässt das Recht der Verkaufsinteressentin unberührt, ihre Verkaufabsichten aufzugeben oder das Objekt ohne Einschaltung der Beklagten an Dritte zu veräußern. Der Kunde zahlt damit einen nicht ganz unerheblichen Betrag, ohne dafür die Gewähr zu haben, das fragliche Objekt erwerben zu können. Der Nutzen dieser Vereinbarung für den Kunden ist mithin sehr eingeschränkt (vgl. Stoffels in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 5. Aufl. 2009, Klauseln M 8; Christensen in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl. 2006, Anh. § 310, Rn. 584; ebenso Staudinger/Reuter, BGB, Neubearb. 2010, §§ 652, 653, Rn. 205, der im übrigen der Auffassung ist, dass sich eine Reservierung letztlich in einer "bevorzugten Behandlung" erschöpft, die mangels in- haltlicher Präzisierung nicht den schuldrechtlichen Anforderungen an die Bestimmbarkeit von Art und Umfang der Leistungspflicht genügt; zustimmend Schwerdtner/Hamm, Maklerrecht, 5. Aufl. 2008, Rn. 845 ). Dieser allenfalls geringe Vorteil wird aus Sicht des Kunden weiter dadurch gemindert, dass die Zahlung eines derartigen Entgelts regelmäßig geeignet ist, Einfluss auf seine wirtschaftliche Dispositionsfreiheit im Sinne der Förderung des Kaufentschlusses zu nehmen, um nicht die bereits erfolgte Zahlung verfallen zu lassen, sondern im Wege der Verrechnung mit dem Kaufpreis verwerten zu können (vgl. auch BGH, Urteil vom 10. Februar 1988 aaO).
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Demgegenüber erbringt die Beklagte durch die zugesagte Reservierung keine ins Gewicht fallende Verzichtsleistung (Christensen aaO). Von einer solchen könnte allenfalls dann gesprochen werden, wenn die Zeitdauer der Reservierung so lange wäre, dass die Gefahr, das Eigenheim nicht mehr anderweitig zu dem ins Auge gefassten Kaufpreis veräußern zu können, nennenswert erhöht wäre. Davon kann regelmäßig keine Rede sein, da der Zeitraum zwischen der Äußerung der konkreten Kaufabsicht und dem Beurkundungstermin im Allgemeinen überschaubar ist. Hinzukommt, dass nach dem klaren Wortlaut der Klausel die Reservierungsgebühr in voller Höhe verdient ist, wenn der Auftrag unterzeichnet ist. Sie ist also auch dann zu zahlen bzw. kann nicht zurückgefordert werden, wenn der Kaufinteressent so kurz nach Unterzeichnung der Vereinbarung seine Kaufabsicht aufgibt, dass es faktisch ausgeschlossen ist, in der Zwischenzeit einen anderen (aufgrund der Reservierungsvereinbarung zurückzuweisenden ) Kaufinteressenten zu finden.
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Die einseitige Berücksichtigung der Interessen der Beklagten wird noch dadurch verstärkt, dass nach der vorgesehenen Regelung auch dann ein Anspruch auf Rückerstattung des gezahlten Reservierungsentgelts ausgeschlos- sen ist, wenn die Kaufinteressenten das Nichtzustandekommen eines Vertragsschlusses nicht zu vertreten haben, sondern die Beklagte selbst oder die mit ihr verflochtene Verkaufsinteressentin für das Scheitern des Kaufs verantwortlich ist.
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3. Bei dieser Sachlage bedarf die mit der Vereinbarung einer Reservierungsgebühr im Zusammenhang stehende Frage der Beurkundungsbedürftigkeit nach § 311b Abs. 1 BGB, weil damit auf den Kaufinteressenten im Hinblick auf die Höhe des geforderten Entgelts möglicherweise ein unangemessener Druck zum Erwerb der Wohnung ausgeübt werden kann (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 2. Juli 1986 - IVa ZR 102/85, NJW 1987, 54, 55; vom 10. Februar 1988 - IVa ZR 268/86, BGHZ 103, 235, 239; und vom 18. März 1992 - IV ZR 41/91, NJW-RR 1992, 817, 818; MünchKommBGB/Roth, 5. Aufl. 2009, § 652 Rn. 60, 62 f; Staudinger/Reuter, aaO, Rn. 205), im Streitfall keiner abschließenden Beurteilung. Es kann deshalb offen bleiben, ob insoweit auf den von der Klägerin gezahlten Gesamtbetrag von 1.500 € oder nur auf den Betrag des Reservierungsentgelts abzustellen wäre. Denn der festgestellte Unwirksamkeitsgrund aus § 307 Abs. 1 BGB besteht selbständig und unabhängig von ei- nem etwaigen Formzwang nach § 311b Abs. 1 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 1988, aaO, S. 240; Stoffels aaO Rn. M 8).
Schlick Wöstmann Hucke
Seiters Tombrink
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 15.07.2009 - 262 C 9732/09 -
LG München I, Entscheidung vom 08.12.2009 - 13 S 14899/09 -

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.