Amtsgericht Mannheim Urteil, 23. Dez. 2009 - 21 OWi 506 Js 19870/09 - AK 445/09

bei uns veröffentlicht am23.12.2009

Tenor

Der Betroffene wird wegen einer vorsätzlichen Ordnungswidrigkeit des Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu der

Geldbuße von 80,- EUR

verurteilt.

Der Betroffene hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

 
I.
Der am … 1946 in Birkenweißbuch geborene Angeklagte lebt in Friedrichsdorf.
Sein Verkehrszentralregister weist keinen Eintrag auf.
II.
Am 25.10.2008 um 11.25 Uhr befuhr der Betroffene in Mannheim bei km 566,125 die BAB 6 Richtung Heilbronn mit dem PKW mit dem amtlichen Kennzeichen … und überschritt dabei die zulässige Geschwindigkeit von 60 km/h um toleranzbereinigte 22 km/h, wobei er sich in einer Baustelle mit Verschwenkungsfahrbahn bewegte, auf die ein sog. Geschwindigkeitstrichter (100 - 80 - 60 km/h) ab km 565,300 hindeutete und wobei der Baustellenbereich mit Warnbarken versehen war.
Der Betroffene nahm dabei als im Zweifel ortsunkundiger, aber aufgrund langer Lebensfahrzeit erfahrener Fahrzeuglenker zumindest billigend in Kauf, dass er in einer Baustelle schneller fuhr als erlaubt.
III.
1. Der Betroffene hat keine Angaben gemacht.
2. Das Gericht hält den festgestellten Sachverhalt nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung für bewiesen.
a) Gegenstand der Beweisaufnahme waren die Ausführungen der sachverständigen Zeugen F. Sch. von der Herstellerfirma des verwandten Geschwindigkeitsmessgeräts Vitronic Bildverarbeitungssysteme GmbH und Dr. F. J. von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig, die dessen Bauart im Juni 2006 zugelassen hatte, des Sachverständigen V. Sch. sowie die Verlesung des Messprotokolls, des Eichscheins, der Schulungsbescheinigung des Messbeamten T. B. und des Verkehrszentralregisterauszugs des Betroffenen, und schließlich die Inaugenscheinnahme des Messbildes.
b) Die konkrete Messstelle am Tattag war aus vielen Ordnungswidrigkeitenverfahren dem Gericht wie im verlesenen Bußgeldbescheid beschrieben außerdem gerichtsbekannt.
c) Die notwendige Sachkunde des Sachverständigen Sch., selbst kein öffentlich bestellter Sachverständiger für Messtechnik, ergibt sich aus seiner siebzehnjährigen Tätigkeit für das Sachverständigenbüro Dr. L. & K. in F., in denen er sich mit verschiedenen Messverfahren einschließlich umfangreicher Tests und der Teilnahme und schließlich Leitung von Tagungen und Seminaren beschäftigt hat.
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d) Die Betroffeneneigenschaft folgt aus der Inaugenscheinnahme des Lichtbilds Bl. 23 d. A., auf das wegen der Identifizierung des Betroffenen mit dem abgelichteten Fahrer ausdrücklich Bezug genommen wird. Der dort abgelichtete Fahrer und der Betroffene sind identisch, das Bild ist von guter Qualität und enthält genügend erkennbare Merkmale, um einen Vergleich möglich zu machen.
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3. Das verwandte Messverfahren, ein mobiles Lasergerät Vitronic PoliScan Speed, hat zuverlässig einen Messwert von 85 km/h ermittelt, der um 3 km/h auf 82 km/h bereinigt wurde (bei einer Verkehrsfehlergrenze von 3 km/h bei Fahrgeschwindigkeiten unter 100 km/h und 3 % des angezeigten Wertes bei Fahrgeschwindigkeiten von über 100 km/h).
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a) An der rechtlichen Zulässigkeit der Messung bestand im Hinblick auf verdachtsabhängig veranlasste, auch automatische Bildaufzeichnungen bei Verkehrsüberwachungsmaßnahmen kein Zweifel. Die Ermächtigungsgrundlage ist § 163 b Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 46 Abs. 1 OWiG. Das Gerät detektiert alle im Messstrahl in einem Bereich von 10 bis 75 Metern in einem horizontalen Blickwinkel von 45 Grad vor dem Messgerät fahrende Fahrzeuge, ein Messwert, der zu einer Bilddokumentation führt, erfolgt jedoch nur ab einem vom Betreiber zuvor festgelegten Referenzwert.
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b) Eine Messwertbildung kommt folgendermaßen zustande: der Erfassungsbereich liegt zwischen 10 und 75 Metern vor dem Gerät. Es werden Laserstrahlen im Infrarotbereich ausgesendet, 158 Strahlen mit einer Wiederholrate von 100/s und mit einer Aufweitung auf 45 mal 140 Zentimeter auf 75 Meter. Fährt in diese Strahlaufweitung ein Fahrzeug hinein, startet eine Laser-Puls-Laufzeit-Messung. Die dabei ermittelte Objektkontur ergibt sich daraus, dass das Fahrzeug die Lichtimpulse mit verschiedenen Teilen reflektiert und zurücksendet, womit sich ein dreidimensionales Bild ergibt. Dieses wird in einem kartesischen System erfasst und mit einer Regressionsgeraden versehen, aus der sich letztlich die Durchschnittsfahrgeschwindigkeit ergibt, die auf einer Strecke zwischen 50 bis 20 Metern vor der Kamera errechnet wird. Die Qualität der Messwertbildung hängt dabei von der Anzahl der einzelnen Messwerte und deren Streuung ab, üblich werden rund 500 Messwerte im Einzelfall verlangt. Eine Messwertbildung kommt nur zustande, wenn innerhalb der gesamten Berechnungsstrecke eine durchgängige Erfassung über 10 Meter gewährleistet war und unmittelbar vor der tatsächlichen Messwertbildung über 5 Meter vor Auslösen der Kamera eine tatsächliche zusammenhängende Erfassung des gemessenen Fahrzeugs erfolgt ist. Auch darf innerhalb der gesamten Berechnungsstrecke von 50 bis 20 Metern höchstens eine Strecke von 15 Metern oder eine Zeit von maximal 2 Sekunden liegen, in der keine Signale ausgesandt bzw. empfangen werden. Damit wird eine breite Streubreite an Daten sichergestellt. Bei einer Schrägfahrt von mehr als 5 Grad wird eine Messung verworfen. Das Gerät kann verschiedene Fahrzeug mit einer Differenzgeschwindigkeit von unter einem km/h „erkennen“ und unterscheiden. Die Durchschnittsgeschwindigkeit darf nicht mehr als 10 % schwanken, da sonst die Messung verworfen wird.
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Bei der Zulassung durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt Braunschweig wird der sog. Quellcode geprüft, damit sind die Grenzwertbedingungen und die Messwertbildungskriterien bekannt und geprüft. Dies ist wichtig, da die technischen Aufzeichnungen bei der Einzelmessung durch die Anlage überschrieben werden und die genaue Messstelle jedenfalls derzeit (eine Änderung ist für 2010 vorgesehen) nicht rekonstruierbar ist. Bei der vorgegebenen Anzahl von Einzelmesswerten in exakt bestimmten Ort-Zeit-Positionen gibt es jedoch genügend Datenimpulse, um eine statistische Absicherung des errechneten Messwerts zu gewährleisten.
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Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt hat zu keinem Zeitpunkt Bedenken hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Messergebnisse geäußert.
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c) Herkömmlicherweise wird u.a. aus der Anzahl und der Gründe, aus denen ein Geschwindigkeitsmessgerät Einzelmessungen verwirft (annulliert), Rückschlüsse auf die Güte einer Messreihe gezogen. Bei dem Lasermessgerät werden die Art und Anzahl der Annullationen vom Gerät jedoch nicht aufgezeichnet. Es sind zwei Annullationsgründe werksseitig vorgegeben. Einmal sind dies solche, in denen kein Lichtbild erstellt wurde, so bei Verdeckungsfällen oder aus fototechnischen Gründen, bei denen das Gerät bei hohen Fallzahlen wegen Überlastung nicht mehr Schritt halten kann. Zum anderen wird die Gesamtmessung annulliert, wenn messtechnische Gründe vorliegen, etwa die 10-Meter-Strecke nicht erreicht wurde. Die sog. „Verdeckungsannullation“ ist dabei lediglich eine Komfortfunktion des Geräts, die nicht so sensibel eingestellt ist, dass nicht doch Messbilder ausgeworfen werden, die in der Vergangenheit Fragen aufgeworfen haben. Diese führen jedoch nicht zu Zweifeln an der Zuverlässigkeit der Messwertbildung an sich.
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d) Wenn die Durchschnittsgeschwindigkeit eines Fahrzeugs ermittelt ist, wird berechnet, welche Position das Fahrzeug (wenn es auf 10 % genau so schnell in die gleiche Richtung weiterfährt) zum Auslösen des Messphotos haben wird. Dort wird dann die sog. Auswertehilfe eingeblendet. Befindet sich dass Fahrzeug auf dem Messphoto in einer korrekten Position relativ zum Auswerterahmen, lässt dies die sichere Zuordnung des Fahrzeugs zum errechneten Geschwindigkeitswert zu. Es müssen wie hier bei Messung im ankommenden Verkehr sich der untere Rahmen der Auswertehilfe unterhalb der Vorderräder des gemessenen Fahrzeugs und das vordere Kennzeichen zumindest teilweise innerhalb der Auswertehilfe befinden und innerhalb des gesamten Auswerterahmens dürfen keine Teile eines weiteren Fahrzeugs zu sehen sein. Dies traf hier zu.
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Da somit die Kriterien der Messwertbildung festliegen, insbesondere alle 100 Millisekunden in einem Messzyklus eine Ort-Zeit-Berechnung stattfindet, die Fünf-Meter-Streckenüberwachung Auslösekriterium ist und die maximale Photoverzögerung 40 Millisekunden beträgt, ist hier von der zutreffenden Zuordnung der Messung zum Betroffenen auszugehen.
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e) Das Gerät selbst war ausweislich des verlesenen Eichscheins der Hessischen Eichdirektion vom 06.10.2008 wenige Wochen vor der Messung ordnungsgemäß geeicht und die Selbsttests vom Gerät durchgeführt worden, das Messprotokoll selbst und der Datensatz des Messtages enthielten keine Auffälligkeiten. Der Messbeamte B. war, wie sich aus dem verlesenen Zertifikat der Herstellerfirma vom 14.02.2008 ergibt, in Wirkweise und Betrieb des Geräts geschult. Aufgrund seiner Angaben im verlesenen Messprotokoll ist davon auszugehen, dass das Gerät gemäß der Bedienungsanweisung der Herstellerfirma und der Bauartzulassung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt Braunschweig aufgestellt und betrieben wurde.
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Das Fahrzeug des Betroffenen war korrekt als PKW und auf der zutreffenden Spur erkannt worden.
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f) Der einzig denkbare Fall einer Fehlidentifizierung durch Einfahren in einen „fremden“ Rahmen, bei dem ein Fahrzeug in die „vorgerechnete“ Position eines anderen detektierten Fahrzeugs hinein fährt, liegt in einem Geschwindigkeitsbereich von 10 bis 20 km/h. Die Photoauslösung der ersten Spur liegt bei etwa 10 bis 15 Meter zur Kamera, bei der zweiten Spur bei etwa 20 Meter und der dritten mit etwa 27 Meter zum Gerät, vorauseilend während der Messung mit anschließender Nachberechnung. Daten werden nur bei einem Photoauftrag gespeichert, wobei die Sperrung der Kamera bis zur Blitzbereitschaft bei einer halben Sekunde liegt bei einer typischen Bildverzögerungszeit von 0,01 und einer maximalen von 0,04 Sekunden.
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Problematische Fälle, die einer genaueren Untersuchung bedürften, wären Messungen auf der dritten Fahrspur oder in Kurvenbereichen, da beide keiner praktischen Referenzprüfung durch die PTB Braunschweig unterzogen wurden, sondern lediglich Simulationsprüfungen unter Laborbedingungen. Solche Bedingungen waren vorliegend jedoch nicht gegeben.
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g) Zweifel bestehen auch nicht hinsichtlich der Dokumentation des Messvorgangs beziehungsweise des Messergebnisses. Richtig ist, dass bei vorliegender Methode übliche Plausibilitätskriterien wie die Überprüfung einer Messreihe, eines Messfilms auf beispielsweise Leerphotos oder der Annullationsquote nicht greifen, weil außer den Datensätzen (bislang) keine weiteren Daten gespeichert werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass keine hinreichende Kontrollierbarkeit des Einzelfalls gegeben ist. Nicht ausreichend wäre die technische Prüfung durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt im Rahmen der Bauartzulassung, weil sie keine zuverlässige Aussage zu Mängeln der Bedienung im praktischen Betrieb zulässt. Das Geschwindigkeitsmessgerät ist aber keine Black Box, die Ergebnisse auswirft, die keiner Überprüfung zugänglich wären. Die Funktionsweise und die Messwertbildung sind nachvollziehbar und gerade die Annullationskriterien, die aufgrund der neuen Funktionsweise zwangsläufig andere sind als herkömmlich, zeigen im praktischen Betrieb, dass bei strikter Einhaltung der Auswertehilfe keine Fehlmessungen oder Fehlzuordnungen vorkommen, jedenfalls dann, wenn keine niedrige Fahrgeschwindigkeit, keine Kurvenfahrt und keine Identifizierung von PKW in LKW oder umgekehrt vorliegen.
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Im denktechnisch extremsten Fall, dass zwei Fahrzeuge exakt mit gleicher Geschwindigkeit und exakt parallel nebeneinander herfahren und damit für das Gerät identisch sind, würde das Gerät sie als ein Objekt erfassen und beide in den Auswerterahmen stellen sowie im Zweifel wegen der maximalen Fahrzeugbreite eines PKW von 3,8 Metern als LKW identifizieren. Nach den vorgegebenen Kriterien der Auswertehilfe wäre die Messung damit zu verwerfen.
25 
Der Betroffene hat sich daher der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit schuldig gemacht, §§ 41 Abs. 2, 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO, 24 StVG.
IV.
26 
Der Verstoß wurde vorsätzlich begangen. Abgesehen von der zugunsten des Betroffenen zu unterstellenden Ortsunkenntnis, die durch die Fahrpraxis kompensiert wird, sind keine Anhaltspunkte für nur fahrlässiges Verhalten zu erkennen gewesen.
27 
Die eindeutige Verkehrsführung einschließlich der deutlichen Beschilderung lässt nur den Schluss zu, dass der Betroffene wusste, dass er schneller fuhr als erlaubt oder dies zumindest billigend in Kauf genommen hat.
V.
28 
Die Geldbuße in Höhe von 80 EUR ist angemessen und entspricht dem Grad des vorwerfbaren Handelns des Betroffenen (§ 17 OWiG). Dabei war einerseits zu bedenken, dass der Verstoß schon längere Zeit zurückliegt, andererseits jedoch auch, dass der Bußgeldkatalog für einen entsprechenden fahrlässigen Verstoß die Hälfte der verhängten Geldbuße zur Tatzeit als Regelbußgeld vorsah.
VI.
29 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 71 Abs. 1 OWiG, 465 Abs. 1 StPO.

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Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 46 Anwendung der Vorschriften über das Strafverfahren


(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsge

Straßenverkehrs-Ordnung - StVO 2013 | § 41 Vorschriftzeichen


(1) Wer am Verkehr teilnimmt, hat die durch Vorschriftzeichen nach Anlage 2 angeordneten Ge- oder Verbote zu befolgen. (2) Vorschriftzeichen stehen vorbehaltlich des Satzes 2 dort, wo oder von wo an die Anordnung zu befolgen ist. Soweit die Zeich

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 17 Höhe der Geldbuße


(1) Die Geldbuße beträgt mindestens fünf Euro und, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, höchstens eintausend Euro. (2) Droht das Gesetz für vorsätzliches und fahrlässiges Handeln Geldbuße an, ohne im Höchstmaß zu unterscheiden, so kann fahrlässi

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 71 Hauptverhandlung


(1) Das Verfahren nach zulässigem Einspruch richtet sich, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung, die nach zulässigem Einspruch gegen einen Strafbefehl gelten. (2) Zur besseren Aufklärung der Sa

Referenzen

(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsgesetzes.

(2) Die Verfolgungsbehörde hat, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, im Bußgeldverfahren dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten.

(3) Anstaltsunterbringung, Verhaftung und vorläufige Festnahme, Beschlagnahme von Postsendungen und Telegrammen sowie Auskunftsersuchen über Umstände, die dem Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, sind unzulässig. § 160 Abs. 3 Satz 2 der Strafprozeßordnung über die Gerichtshilfe ist nicht anzuwenden. Ein Klageerzwingungsverfahren findet nicht statt. Die Vorschriften über die Beteiligung des Verletzten am Verfahren und über das länderübergreifende staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister sind nicht anzuwenden; dies gilt nicht für § 406e der Strafprozeßordnung.

(4) § 81a Abs. 1 Satz 2 der Strafprozeßordnung ist mit der Einschränkung anzuwenden, daß nur die Entnahme von Blutproben und andere geringfügige Eingriffe zulässig sind. Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von § 81a Absatz 2 Satz 1 der Strafprozessordnung keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Ordnungswidrigkeit begangen worden ist

1.
nach den §§ 24a und 24c des Straßenverkehrsgesetzes oder
2.
nach § 7 Absatz 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes in Verbindung mit einer Vorschrift einer auf Grund des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes erlassenen Rechtsverordnung, sofern diese Vorschrift das Verhalten im Verkehr im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes regelt.
In einem Strafverfahren entnommene Blutproben und sonstige Körperzellen, deren Entnahme im Bußgeldverfahren nach Satz 1 zulässig gewesen wäre, dürfen verwendet werden. Die Verwendung von Blutproben und sonstigen Körperzellen zur Durchführung einer Untersuchung im Sinne des § 81e der Strafprozeßordnung ist unzulässig.

(4a) § 100j Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 der Strafprozessordnung, auch in Verbindung mit § 100j Absatz 2 der Strafprozessordnung, ist mit der Einschränkung anzuwenden, dass die Erhebung von Bestandsdaten nur zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zulässig ist, die gegenüber natürlichen Personen mit Geldbußen im Höchstmaß von mehr als fünfzehntausend Euro bedroht sind.

(5) Die Anordnung der Vorführung des Betroffenen und der Zeugen, die einer Ladung nicht nachkommen, bleibt dem Richter vorbehalten. Die Haft zur Erzwingung des Zeugnisses (§ 70 Abs. 2 der Strafprozessordnung) darf sechs Wochen nicht überschreiten.

(6) Im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende kann von der Heranziehung der Jugendgerichtshilfe (§ 38 des Jugendgerichtsgesetzes) abgesehen werden, wenn ihre Mitwirkung für die sachgemäße Durchführung des Verfahrens entbehrlich ist.

(7) Im gerichtlichen Verfahren entscheiden beim Amtsgericht Abteilungen für Bußgeldsachen, beim Landgericht Kammern für Bußgeldsachen und beim Oberlandesgericht sowie beim Bundesgerichtshof Senate für Bußgeldsachen.

(8) Die Vorschriften zur Durchführung des § 191a Absatz 1 Satz 1 bis 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes im Bußgeldverfahren sind in der Rechtsverordnung nach § 191a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes zu bestimmen.

(1) Wer am Verkehr teilnimmt, hat die durch Vorschriftzeichen nach Anlage 2 angeordneten Ge- oder Verbote zu befolgen.

(2) Vorschriftzeichen stehen vorbehaltlich des Satzes 2 dort, wo oder von wo an die Anordnung zu befolgen ist. Soweit die Zeichen aus Gründen der Leichtigkeit oder der Sicherheit des Verkehrs in einer bestimmten Entfernung zum Beginn der Befolgungspflicht stehen, ist die Entfernung zu dem maßgeblichen Ort auf einem Zusatzzeichen angegeben. Andere Zusatzzeichen enthalten nur allgemeine Beschränkungen der Gebote oder Verbote oder allgemeine Ausnahmen von ihnen. Die besonderen Zusatzzeichen zu den Zeichen 283, 286, 277, 290.1 und 290.2 können etwas anderes bestimmen, zum Beispiel den Geltungsbereich erweitern.

(1) Die Geldbuße beträgt mindestens fünf Euro und, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, höchstens eintausend Euro.

(2) Droht das Gesetz für vorsätzliches und fahrlässiges Handeln Geldbuße an, ohne im Höchstmaß zu unterscheiden, so kann fahrlässiges Handeln im Höchstmaß nur mit der Hälfte des angedrohten Höchstbetrages der Geldbuße geahndet werden.

(3) Grundlage für die Zumessung der Geldbuße sind die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf, der den Täter trifft. Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters kommen in Betracht; bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten bleiben sie jedoch in der Regel unberücksichtigt.

(4) Die Geldbuße soll den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen. Reicht das gesetzliche Höchstmaß hierzu nicht aus, so kann es überschritten werden.

(1) Das Verfahren nach zulässigem Einspruch richtet sich, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung, die nach zulässigem Einspruch gegen einen Strafbefehl gelten.

(2) Zur besseren Aufklärung der Sache kann das Gericht

1.
einzelne Beweiserhebungen anordnen,
2.
von Behörden und sonstigen Stellen die Abgaben von Erklärungen über dienstliche Wahrnehmungen, Untersuchungen und Erkenntnisse (§ 77a Abs. 2) verlangen.
Zur Vorbereitung der Hauptverhandlung kann das Gericht auch dem Betroffenen Gelegenheit geben, sich innerhalb einer zu bestimmenden Frist dazu zu äußern, ob und welche Tatsachen und Beweismittel er zu seiner Entlastung vorbringen will; § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 ist anzuwenden.