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| Der am ... 1977 in K. geborene Angeklagte K ist ledig und ohne Kinder. Er ist selbständiger Veranstaltungskaufmann und organisiert mit seiner kleinen Firma und vier Teilzeitangestellten Kultur-Events. Die Firma betreibt er als Einzelkaufmann. Für seinen persönlichen Bedarf gewährt er sich ein Gehalt von ca. 600 bis 700,00 EUR im Monat, wobei er ca. 250 EUR für seine Mietwohnung aufwendet. |
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| In der Vergangenheit ist der Angeklagte bereits wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten: |
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| 1. Am 01.08.2001, rechtskräftig seit dem 04.09.2001, verhängte das Amtsgericht H-H gegen den Angeklagten wegen gemeinschaftlicher Sachbeschädigung eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen. |
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| 2. Am 18.07.2003, rechtskräftig seit dem 07.08.2003, verhängte das Amtsgericht H-B gegen den Angeklagten wegen Betruges eins Geldstrafe von 40 Tagessätzen. |
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| 3. Am 05.08.2004, rechtskräftig seit dem 16.02.2005, verhängte das Amtsgericht H-W gegen den Angeklagten wegen falscher Verdächtigung eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen. |
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| 4. Am 23.04.2007, rechtskräftig seit dem 25.06.2007, verhängte das Amtsgericht K gegen den Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis eines Geldstrafe von 30 Tagessätze. Diesem Straferkenntnis lag zugrunde, dass Angeklagte am 26.06.2006 gegen 14.04 Uhr auf der Bundesautobahn 5 Frankfurt/Basel, km 629, mit einem Pkw fuhr, obwohl – wie er wusste – gegen ihn aufgrund eines Bußgeldbescheides ein Fahrverbot bestand. |
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| 5. Am 03.07.2007, rechtskräftig seit dem 11.07.2007, verhängte das Amtsgericht C gegen den Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis eine Geldstrafe 100 Tagessätzen, sprach die Entziehung der Fahrerlaubnis aus und setzte eine Sperrfrist von sieben Monaten für Neuerteilung der Fahrerlaubnis fest. Diesem Straferkenntnis lag zugrunde, dass der Angeklagte am 26.04.2006, gegen 10.24 Uhr, in C mit einem Pkw fuhr, obwohl – wie er wusste – gegen ihn aufgrund eines Bußgeldbescheides ein Fahrverbot bestand. Seinen Führerschein hatte der Angeklagte nur zwei Tage zuvor an die Verwaltungsbehörde zur Verwahrung abgesendet. |
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| Darüber hinaus ist der Angeklagte in der Vergangenheit mehrfach wegen erheblicher Verkehrsordnungswidrigkeiten in Erscheinungen getreten. Im Verkehrszentralregister befinden sich diesbezüglich insgesamt 11 Eintragungen davon 10 wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und 1 wegen Unterschreitens des Sicherheitsabstands, allesamt rechtskräftig vor dem 03.07.2007. Die erste dieser Taten beging der Angeklagte am 30.01.2004, die mit einer Entscheidung vom 27.04.2007, rechtskräftig seit dem 15.05.2004, geahndet wurde. Die letzte dieser Taten beging der Angeklagte am 04.01.2006, die mit einer Entscheidung vom 19.05.2006, rechtskräftig seit dem 05.02.2007, geahndet wurde. Im Übrigen lag zwischen den Daten der Rechtskraft der Entscheidungen nie mehr als 1 Jahr. |
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| Der Angeklagte K fuhr am 03.07.2007, gegen 17.30 Uhr, auf der Bundesautobahn 5 in der Gemarkung F als Führer des eines Lkw, amtliches Kennzeichen EU-... …, obwohl er – wie er wusste – nicht im Besitz der dafür erforderlichen Fahrerlaubnis war. |
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| Aufgrund der zahlreichen Verkehrsordnungswidrigkeiten war ihm die Fahrerlaubnis nämlich mit Bescheid der Stadt C vom 06.10.2006 zuvor entzogen worden. Sein dagegen gerichteter Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums C vom 26.04.2007 zurückgewiesen. Nachdem dieser Widerspruchsbescheid bestandskräftig geworden war, hatte der Angeklagte mit Schreiben vom 12.06.2007, eingegangen am 14.06.2007, seinen Führerschein an die Stadt C zur Vernichtung übersandt, um einem bereits angedrohten Zwangsgeld zuvorzukommen. Seitdem hat der Angeklagte in Deutschland keine Fahrerlaubnis mehr erworben. |
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| 1. Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten sowie dessen Vorstrafen und Verkehrsverstößen beruhen auf seinen eigenen glaubhaften Angaben sowie auf der Verlesung der eingeholten Auszüge aus dem Bundes- und dem Verkehrszentralregister den Angeklagten betreffend. Darüber wurden der Strafbefehl des Amtsgericht K vom 23.04.2007 und das Urteil des Amtsgerichts C vom 03.07.2007 bezüglich der Feststellungen zur Tat unter II. verlesen. |
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| 2. Der Angeklagte räumt zwar ein mit dem Lkw gefahren zu sein. Er bestreitet jedoch, dies im Bewusstsein, nicht mehr im Besitz einer Fahrerlaubnis zu sein, getan zu haben. Vielmehr sei er davon ausgegangen, dass sein Rechtsanwalt einen Aufschub des „Fahrverbotes“ erwirkt habe. Ihm sei auch nicht bewusst gewesen, dass ihm die Fahrerlaubnis bereits eine behördliche Entscheidung wirksam entzogen gewesen sei und er seinen Führerschein deshalb abgegeben habe. Er habe aufgrund seiner Geschäftstätigkeit sehr viel „um die Ohren“, weshalb ihm dies wohl entfallen sei. |
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| Aufgrund der Gesamtumstände ist diese Einlassung als Schutzbehauptung zu werten. Der Angeklagten bestätigte auf Vorhalt der Entziehungsentscheidung der Stadt C vom 06.10.2006, die in ihrem Tenor verlesen wurde, dass ihm bewusst war, dass er bereits zahlreiche mit Punkten bewährte Verkehrsordnungswidrigkeiten begangen hat und ihm bekannt war, dass deshalb gegen ihn ein Verfahren wegen Entziehung der Fahrerlaubnis lief. Er gab schließlich weiter zu, gegen den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums C vom 26.04.2007, der in seinem Tenor verlesen wurde, nicht vorgegangen zu sein. Ferner bestätigte er auf Vorhalt, dass das Schreiben vom 12.06.2007, das verlesen wurde, seine Unterschrift trägt. In dem Schreiben heißt es: |
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„ Sehr geehrte Damen und Herren, |
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anbei mein Führerschein mit der Bitte das Zwangsgeld zurückzunehmen. Bitte teilen Sie mir die weitere Verfahrensweise mit. |
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[eigenhändige Unterschrift] |
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| Aus den weiteren Umständen, insbesondere aus dem auf diesem Schreiben handschriftlich angebrachten Vermerk, der verlesen wurde, wonach der Führerschein vernichtet worden sei, ergibt sich zweifelsfrei, dass der Führerschein des Angeklagten diesem Schreiben auch belegt war. |
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| Nach alldem ist die Behauptung des Angeklagten, ihm sei nicht bewusst gewesen, dass ihm die Fahrerlaubnis bereits entzogen war und er sich noch im Besitz des Führerscheins wähnte unglaubwürdig und widerlegt. |
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| Dass der Angeklagte seit der behördlichen Entziehung seiner Fahrerlaubnis in Deutschland keine mehr erworben hat, bestätigte er ausdrücklich auf Nachfrage des Gerichts. Ferner behauptet er, sich auch im Ausland nicht um eine Fahrerlaubnis bemüht zu haben. |
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| Der Angeklagte K hat somit |
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| vorsätzlich im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug geführt, obwohl er nicht im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis war, |
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| 1. Bei der Strafzumessung ist vom Strafrahmen des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (§ 21 Abs. 1 StVG), der Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe vorsieht, auszugehen. Innerhalb dieses Strafrahmens hat sich das Gericht bei der Straffindung von folgenden Erwägungen leiten lassen: |
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| Zugunsten des Angeklagten ist lediglich festzustellen, dass er die objektiven Umstände der Tat eingeräumt hat und deshalb eine Beweisaufnahme durch Vernehmung des ihn kontrollierenden Polizeibeamten entbehrlich wurde. Darüber hinaus konnte keine Umstände festgestellt werden, die für den Angeklagten sprechen. |
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| Gegen den Angeklagten spricht, dass nur wenige Monate zuvor wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Erlaubnis gegen ihn eine Geldstrafe verhängt wurde. Außerdem war zur Tatzeit ein weiteres Strafverfahren wegen des Vorwurfs des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis anhängig. Zwar ergibt sich aus dem verlesenen Protokoll über die Fortsetzung der Hauptverhandlung im Strafverfahren vor dem Amtsgericht C, Az. 18 Cs 530 Js 35742/06, dass der Angeklagte an diesem Fortsetzungstermin nicht teilnahm und somit auch nicht davon auszugehen ist, dass er bei der hier abzuurteilenden Tat vom dort ergangenen Urteil Kenntnis hatte. Jedoch muss ihm bewusst gewesen sein, mit welchen Rechtsfolgen er zu rechnen hatte. Denn der zunächst in diesem Verfahren ergangene und rechtzeitig mit Einspruch angefochtene Strafbefehl vom 07.03.2007, der verlesen wurde, war ihm nach eigenem Bekunden bekannt. Die Beschuldigung lautete dort bereits auf vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis, wobei eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen verhängt und die Entziehung der Fahrerlaubnis ausgesprochen wurde. Strafschärfend muss sich darüber hinaus auswirken, dass die behördliche Entziehung der Fahrerlaubnis des Angeklagten nur wenige Wochen vor der hier abzuurteilenden Tat bestandskräftig wurde und er seinen Führerschein schließlich nur wenige Tage vor dem 03.07.2007 an die Verwaltungsbehörde zur Vernichtung absendete. |
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| Dies alles zeugt von einer besonderen rechtsfeindlichen Einstellung und Unbelehrbarkeit des Angeklagten, weshalb das Gericht eine Geldstrafe nicht mehr als ausreichend erachtet, sondern es für unerlässlich hält, gegen den Angeklagten eine kurzfristige Freiheitsstrafe zu verhängen, um auf ihn einzuwirken (§ 47 Abs. 1 StGB). |
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| Nach alldem hält das Gericht eine |
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| Freiheitsstrafe von 4 Monaten |
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| für tat- und schuldangemessen, wobei diese Freiheitsstrafe |
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| Es handelt sich um die erste Freiheitsstrafe, die gegen den Angeklagten verhängt wurde. Außerdem gibt seine persönliche und soziale Situation grundsätzlich keinen Anlass für Straftaten gleich welcher Art. Deshalb geht das Gericht davon aus, dass sich der Angeklagte die Verhängung der Freiheitsstrafe nunmehr zur Warnung dienen lässt und künftig keine, insbesondere keine einschlägigen Straftaten mehr begeht. |
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| 2. Diese Freiheitsstrafe war nicht mit der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts C vom 03.07.2007 auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen. Dies ist nach § 55 Abs. 1 StGB nur dann möglich, wenn die neue Tat vor der früheren Verurteilung begangen wurde. Dies ist hier nicht der Fall. Das Urteil des Amtsgerichts C wurde zwar am selben Tag, aber zu einer früheren Stunde, verkündet, als die hier abgeurteilte Tat beendet war. Aus dem verlesenen Protokoll über die Fortsetzung der Hauptverhandlung des Strafverfahrens vor dem Amtsgericht C ergibt sich nämlich, dass die Sitzung von 13.55 Uhr bis 14.35 Uhr dauerte. Die Fahrt des Angeklagten war hingegen erst mit der Kontrolle gegen 17.30 Uhr beendet. |
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| Der Angeklagte hat sich durch die Tat als charakterlich ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen, wobei diese charakterliche Ungeeignetheit auch heute noch fortbesteht, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung nach den §§ 69, 69 a StGB anzuordnen war: |
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| 1. Bei der vom Angeklagten begangenen Tat des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis handelt es sich um eine typische Verkehrsstraftat, in der regelmäßig die charakterliche Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen zum Ausdruck kommt. Dabei ist es unerheblich, dass dieses Delikt nicht im Katalog des § 69 Abs. 2 StGB genannt ist. Denn wem die Erlaubnis fehlt, mit dem Pkw am öffentlichen Straßenverkehr teilzunehmen, der verletzt, wenn er es trotzdem tut, eine typische Pflicht im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs - Teilnahme am öffentlichen Verkehr nur mit Erlaubnis - in besonders augenfälliger Weise (BGH NStZ-RR 2007, 40). Dabei kann im Einzelfall, bei besonderen Umständen, eine andere Beurteilung in Betracht kommen. Solche besonderen Umständen konnten vorliegend jedoch nicht festgestellt werden. Im Gegenteil zeugt es von einer besonderen rechtsfeindlichen Einstellung, die einen Fahrzeugführer von der Teilnahme am fahrerlaubnispflichtigen Kraftfahrzeugverkehr disqualifiziert, wenn diesem Fahrzeugführer – wie hier dem Angeklagten – die Fahrerlaubnis nur wenige Wochen zuvor durch behördliche Entscheidung aufgrund eines überhöhten Punktekontos im Verkehrszentralregister bestandskräftig entzogen wurde und er seinen Führerschein nur wenige Tage vor der Tat zur Vernichtung abgegeben hat. |
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| 2. Die für die Tatzeit festzustellenden und durch die Tat selbst zum Ausdruck gekommene charakterliche Ungeeignetheit des Angeklagten zum Führer von Kraftfahrzeugen besteht auch heute noch fort. Zwar liegen keine Hinweise dafür vor, dass der Angeklagte seit der bereits über sieben Monate zurückliegenden Tat erhebliche Verkehrsverstöße oder gar Straftaten im Zusammenhang mit dem Führen von Kraftfahrzeugen begangen hat. Jedoch rechtfertigt dies allein nicht die Annahme, dass die durch Tat zutage getretene charakterliche Ungeeignetheit nunmehr entfallen wäre. Dagegen spricht zunächst, dass sich die Charaktermängel des Angeklagten nicht nur einmalig in der hier abzuurteilenden Tat gezeigt haben, sondern der Angeklagte darüber hinaus bereits zweimal zuvor als Führer eines fahrerlaubnispflichtigen Fahrzeugs am Straßenverkehr teilgenommen, obwohl ihm dies aufgrund eines Fahrverbotes untersagt war. Ferner hat sich durch die zahlreichen, nur innerhalb von weniger als drei Jahren begangenen erheblichen Verkehrsverstöße, die letztendlich zur behördlichen Entziehung der Fahrerlaubnis führten, gezeigt, dass beim Angeklagten eine tief sitzende, den wesentlichen Regeln für die Teilnahme am Straßenverkehr feindliche Grundhaltung vorliegt. Diese Grundhaltung kam auch noch in der Hauptverhandlung zum Ausdruck, in der der Angeklagte mit der fadenscheinigen Behauptung, ihm sei entfallen, dass er seinen Führerschein bereits abgegeben habe, versuchte, sich vor der strafrechtlichen Verantwortung zu drücken. Damit hat er gezeigt, dass der gegebenenfalls über eine längere Zeit einsetzende Prozess der Einsicht in sein unrechtmäßiges Verhalten noch nicht eingesetzt, geschweige denn abgeschlossen ist. Unter diesen Umständen müssen jegliche berufliche Einschränkungen, die mit einem Verzicht auf die Fahrerlaubnis verbunden sind, vor dem Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit zurücktreten, zumal diese Einschränkungen im Rahmen einer Maßregel der Besserung und Sicherung ohnehin grundsätzlich nicht zu berücksichtigen sind. |
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| 3. Das Gericht hielt es für geboten, die Entziehung einer Fahrerlaubnis des Angeklagten vorsorglich nach § 69 Abs. 1 StGB auszusprechen und einen etwaigen Führerschein einzuziehen, obwohl nicht feststeht, ob der Angeklagten derzeit überhaupt im Besitz einer Fahrerlaubnis ist. |
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| a. Nach § 69 Abs. 1 StGB hat eine Entziehung der Fahrerlaubnis zu erfolgen, wenn sich – wie hier – aus der Tat ergibt, dass der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Die Anordnung ist zwingend; ein Ermessen ist dem Gericht nicht eingeräumt (Fischer, StGB, 55. Auflage, § 69, Rn. 51 m.w.N.). Damit soll zum Schutze der Allgemeinheit und der Verkehrssicherheit sichergestellt werden, dass Personen, deren charakterliche Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen und damit Gefährlichkeit festgestellt wurde, nicht mit fahrerlaubnispflichtigen Kraftfahrzeugen am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen. Dabei beschränkt sich der Gesetzgeber gerade nicht auf ein vorübergehendes Verbot der Teilnahme am Straßenverkehr, sondern er hält es für erforderlich, dass solche Personen in jedem Fall eine neue Eignungsprüfung nach den einschlägigen verwaltungsrechtlichen Vorschriften durchlaufen sollen. Dies ist nur mit einer Entziehung der Fahrerlaubnis möglich. |
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| b. Nach dieser Maßgabe ist es bei fehlenden Feststellungen zum tatsächlichen Bestehen einer Fahrerlaubnis zulässig und erforderlich, die Entziehung der Fahrerlaubnis auch vorsorglich auszusprechen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Täter dennoch im Besitz einer Fahrerlaubnis ist. |
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| i. Die strafgerichtliche Praxis hat gezeigt, dass es immer wieder zu Entscheidungen kommt, in denen zwar die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen im Sinne des § 69 StGB festgestellt wurde, mangels Erkenntnissen über das Bestehen einer Fahrerlaubnis aber lediglich nach § 69 a Abs. 1 Satz 3 StGB eine isolierte Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis ausgesprochen wird. Stellt sich nun nachträglich heraus, dass der Täter zum Zeitpunkt der Entscheidung doch im Besitz einer Fahrerlaubnis war, so kann diese isolierte Sperrfrist nicht in eine Entziehung der Fahrerlaubnis umgedeutet werden (Fischer, StGB, 55. Auflage, § 69 a, Rn. 5 m.w.N.). Im Ergebnis bleibt der Täter im Besitz seiner Fahrerlaubnis und kann davon grundsätzlich Gebrauch machen, ohne sich einer neuen behördlichen Eignungsprüfung zu stellen. Das Ziel der Maßregel wäre somit nicht erreicht. |
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| ii. Umso unbefriedigender ist dieses Ergebnis in den Fällen, in denen der Bestand einer Fahrerlaubnis vom Täter absichtlich verschwiegen wird, um einer gerichtlichen Entziehung zu entgehen. Zwar dürfte dies bei einer in Deutschland ausgestellten Fahrerlaubnis aufgrund der bestehenden Abfragemöglichkeiten nur geringe Aussicht auf Erfolge haben. Anders verhält es sich aber bei einer im Ausland erteilten Fahrerlaubnis. Hier ist nur mit erheblichem, kaum zu vertretenen Aufwand – schon was allein alle EU-Mitgliedstaaten betrifft – in Erfahrung zu bringen, ob dem Täter dort eine Fahrerlaubnis erteilt wurde. |
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| iii. Praktische Relevanz hat dieses Problem mit dem sogenannten „Führerscheintourismus“ erlangt. Dabei erwerben in Deutschland ansässige Personen im EU-Ausland eine Fahrerlaubnis, weil sie die in Deutschland vorgeschriebenen strengen Eignungsprüfungen (z.B. eine Medizinisch-psychologische Untersuchung) nicht bestehen oder ihnen der Aufwand dafür zu hoch ist. Die Regelungen § 28 Abs. 4 FeV, die unter bestimmten Bedingungen, insbesondere wenn die Fahrerlaubnis behördlich entzogen wurde (Nr. 3) oder ein Verbot der Erteilung einer Fahrerlaubnis besteht (Nr. 4) kann dieser Praxis nur bedingt Einhalt gebieten (allgemein zu den Rechtsfragen des Führerscheintourismus: Hailbronner, NJW 2007, 1089). Jedenfalls kann in der hier zu entscheidenden Fallgestaltung, das Ziel der Maßregel nicht vollständig und vor allem nicht nachhaltig erreicht werden. Zwar mag einer solchen, verheimlichten Fahrerlaubnis über § 28 Abs. 4 Nr. 4 FeV die Wirkung für die Dauer der isolierten Sperrfrist genommen sein, was im Übrigen noch einer abschließenden Klärung durch den EuGH bedarf. Nach Ablauf der Sperrfrist, kann aber wieder von der Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch gemacht werden, und zwar ohne dass der Inhaber in irgendeiner Weise seine Fahreignung nachweisen muss. |
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| iv. Dem kann nur wirksam begegnet werden, wenn bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 69 StGB nicht nur eine isolierte Sperrfrist ausgesprochen wird, sondern darüber hinaus vorsorglich die – womöglich bestehende – Fahrerlaubnis entzogen und ein etwaiger Führerschein eingezogen wird. Soweit für das Gericht ersichtlich, ist diese Rechtsfrage bislang weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur erörtert worden. Durchgreifende Bedenken bestehen gegen eine solche Lösung jedoch nicht. |
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| Nach dem Wortlaut und dem systematischen Verhältnis zwischen der Entziehung der Fahrerlaubnis verbunden mit einer Sperrfrist für die Neuerteilung und der isolierten Sperrfrist für den Fall, dass keine Fahrerlaubnis besteht, dürfte zwar der Gesetzgeber bei der Regelung des § 69 StGB davon ausgegangen sein, dass diese nur dann anwendbar ist, wenn das Bestehen einer Fahrerlaubnis festgestellt wurde. Allerdings dürfte der Gesetzgeber bei Einführung dieser Vorschrift im Jahre 1952 auch nicht an solche Fallkonstellationen gedacht haben, wie sie hier zu beurteilen sind. Unter Berücksichtigung des Zwecks der Maßregel ist daher eine erweiterte Auslegung im dargelegten Sinne geboten. |
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| Eine solche Auslegung verstößt auch nicht gegen das Analogieverbot, weil sie im Ergebnis nicht zu Lasten des Angeklagten erfolgt. Denn besteht tatsächlich eine Fahrerlaubnis, so wäre eine Entziehung nach § 69 StGB ohnehin möglich. Besteht hingegen keine Fahrerlaubnis, so geht die vorsorgliche Entziehung ins Leere und der Angeklagte ist nicht beschwert. |
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| c. Nach alldem ist die vorsorgliche Entziehung einer Fahrerlaubnis des Angeklagten nicht nur zulässig, sondern geboten. Da dem Angeklagten seine deutsche Fahrerlaubnis aufgrund eines überhöhten Punktestandes behördlich entzogen wurde, käme eine Neuerteilung in Deutschland wahrscheinlich nur nach einer erneuten Eignungsprüfung aufgrund einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) in Betracht (§ 11 Abs 3 Nr. 4 FeV). Der Angeklagte lebt in C, also in unmittelbarer Nähe zu Tschechien, welches als vornehmliches Ziel für den Führerscheintourismus bekannt ist. Unter diesen Umständen liegt die Annahme nahe, dass der Angeklagte bereits dort eine neue Fahrerlaubnis erworben hat, auch wenn er dies auf ausdrückliche Nachfrage bestritten hat. |
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| 4. Hinsichtlich der Dauer der Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis hat das Gericht es nach den Gesamtumständen mit dem gesetzlichen Mindestmaß von sechs Monaten (§ 69 a Abs. 1 Satz 1 StGB) bewenden lassen. Trotz der Verurteilung durch Amtsgericht C vom 03.07.2007, verbunden mit der Entziehung der Fahrerlaubnis und der Festsetzung einer Sperrfrist nach § 69 a StGB, lag kein Fall des § 69 Abs. 3 StGB vor, wonach sich das gesetzliche Mindestmaß auf ein Jahr erhöhen würde. Dafür wäre nämlich erforderlich, dass diese Verurteilung zum Zeitpunkt der neuen, hier abzuurteilenden Tat, bereits rechtskräftig war (Fischer, StGB, 55. Auflage, § 69 a, Rn. 11). Rechtskräftig wurde das Urteil des Amtsgerichts C aber erst am 11.07.2007, mithin nach der neuen Tat. |
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| 5. Besondere Umstände, die nach § 69 a Abs. 2 StGB die Ausnahme von bestimmten Arten von Kraftfahrzeugen von Sperrfrist rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich. |
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| Da der Angeklagte verurteilt wurde, trägt er die Kosten des Verfahrens sowie seine notwendigen Auslagen (§ 465 StPO). |
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