Amtsgericht Konstanz Beschluss, 04. Mai 2007 - UR II 61/07

bei uns veröffentlicht am04.05.2007

Tenor

Der Antrag der Antragstellerin vom ... auf Gewährung von Beratung nach dem Gesetz über Rechtsberatung und Vertretung für Bürger mit geringem Einkommen (BerHG) vom 18. Juni 1980 wird zurückgewiesen.

Gründe

 
Mit o.a. Antrag begehrt der Antragsteller Beratungshilfe für eine „Erbangelegenheit“.
Das Gericht hat vor der Erteilung eines Beratungshilfescheines u.a. zu prüfen, ob dem Rechtsuchenden nicht andere Möglichkeiten für eine Hilfe zur Verfügung stehen, deren Inanspruchnahme dem Rechtssuchenden zuzumuten ist und die Wahrnehmung der Rechte nicht mutwillig ist, § 1 Absatz 1 Nr. 2 und Nr. 3. und ob die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Beratungshilfe gegeben sind.
1. Das AG Konstanz erklärt sich für unzuständig. Allein örtlich zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Rechtssuchende seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Dieser richtet sich nach den §§ 12 ff. ZPO.Gem. § 13 ZPO i.V.m. § 7 - 11 BGB kommt es hier auf den Wohnsitz an. Eine einfache Auskunft ergab, dass der Antragsteller zuletzt in der „... “ bzw. unter „...“ gemeldet war. Nur ersatzweise ist gem. § 4 Abs. 1 Satz 2 BerHG das AG zuständig, in dessen Bezirk ein Bedürfnis für die Beratungshilfe auftritt. Dies ist dann der Fall, wenn der Rechtssuchende im Inland keinen allgemeinen Wohnsitz hat. Hierfür ist nach Sachlage kein Anhaltspunkt gegeben.
2. Der Antragsteller darf die erforderlichen Mittel nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht selbst aufbringen können. In einem vergleichbaren gerichtlichen Verfahren müsste dem Rechtsuchenden Prozesskostenhilfe ohne einen eigenen Beitrag zu den Kosten zu gewähren sein.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse sind nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Es bedarf der Vorlage geeigneter Belege, etwa wie Kontoauszüge, Mietvertrag.
Vorliegend müsste entsprechend versichert werden, dass weder ein Konto vorliegt, noch sonstige Unterstützung bzw. sonstiges Einkommen neben dem Arbeitsverdienst in der JVA gegeben ist.
Freie Unterkunft und freie Verpflegung sind ebenfalls zu verwerten. Da der Rechtsuchende kostenfrei wohnt, wären als (fiktives) Einkommen bzgl. des Naturalunterhalts Beträge nach der SachBezV zu berücksichtigten: (Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl. § 115 Rn 9 – 11a; AG Bad Oeynhausen, (richterlicher) Beschl. 04.02.2004, Az.: 2 II 596/03 (BH), nicht veröffentlicht)
Bei Strafgefangenen ist sodann nach Abzug des Überbrückungsgeldes und des Freibetrages für Erwerbstätige ( wenn der Antragsteller in der JVA arbeitet ) der allgemeine Freibetrag nach § 115 Abs.1 S.3 Nr.2 nur in Höhe des Taschengeldanspruchs nach § 46 StrVollzG abzusetzen ( OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.09.1997, 16 WF 58/97, FamRZ 1998, 248). Ob sich daraus dann letztendlich ein Betrag geringer als 15 Euro/Monat ergibt, ist fraglich.
3. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG dürfen keine anderweitigen Hilfsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, welche dem Rechtsuchenden zuzumuten sind. Aufgrund der Subsidiarität der Beratungshilfe gegenüber anderen zumutbaren Auskunftsmöglichkeiten kann der Rechtsuchende im Einzelfall nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG auch auf die Beratung durch andere Stellen verwiesen werden, wie z.B. Sozialverwaltung mit den familien- und sozialrechtlichen Informationsstellen, Arbeitsagentur, Jugendamt, Erziehungsberatungsstellen, Amt für Ausbildungsförderung, Ausländerbehörde, Beratungszentren für Flüchtlinge, Notariat, Caritas, Diakonie, Deutscher Kinderschutzbund, amtlich bestellte Betreuer, Leitungen von Pflege- und Übergangsheimen, Beratungsstellen der gesetzlichen Krankenkassen, Berufs- und Interessenvertretungen u. a.. Auch Behörden des Bundes und der Länder sind zur Hilfeleistung bei Anträgen und zu Rechtsauskünften verpflichtet. (Kalthoener/Büttner Rn. 946 ff.) Beispielsweise käme – anhand der bislang vagen Angelegenheitsformulierung – auch das Nachlassgericht in Frage. Zudem käme ggf. die Anstaltsverwaltung im Strafvollzug in Betracht. Gem. §§ 5, 73, 108 StVollzG ist diese verpflichtet, den Gefangenen in der Wahrnehmung seiner Rechte und Pflichten zu unterstützen.
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In § 2 Satz der BerHVordruckVO ist die Verpflichtung festgelegt, den Sachverhalt anzugeben. Hieran sind zumindest gewisse Anforderungen zu stellen. Die Angelegenheit ist genau zu bezeichnen . Die Angelegenheit muss von anderen Angelegenheiten abgrenzbar sein (Angaben wie „erbrechtliche Angelegenheit“ genügen daher nicht). Solche allgemeinen Aussagen führen in Konsequenz dazu, dass der Antrag abzulehnen ist. Es muss zumindest feststellbar sein:
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- ob andere Hilfsmöglichkeiten in Betracht kommen
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- ob durch sofortige Auskunft/Antragsaufnahme die Sache erledigt werden kann
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- ob die Angelegenheit mutwillig ist.
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Da hinsichtlich der Unzuständigkeit keine Heilung möglich ist, war der Antrag direkt abzulehnen.

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Referenzen - Gesetze

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 13 Allgemeiner Gerichtsstand des Wohnsitzes


Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 7 Wohnsitz; Begründung und Aufhebung


(1) Wer sich an einem Orte ständig niederlässt, begründet an diesem Ort seinen Wohnsitz. (2) Der Wohnsitz kann gleichzeitig an mehreren Orten bestehen. (3) Der Wohnsitz wird aufgehoben, wenn die Niederlassung mit dem Willen aufgehoben wird, sie auf

Beratungshilfegesetz - BeratHiG | § 1 Voraussetzungen


(1) Hilfe für die Wahrnehmung von Rechten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens und im obligatorischen Güteverfahren nach § 15a des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung (Beratungshilfe) wird auf Antrag gewährt, wenn 1. Rechts

Beratungshilfegesetz - BeratHiG | § 4 Verfahren


(1) Über den Antrag auf Beratungshilfe entscheidet das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Rechtsuchenden ihren allgemeinen Gerichtsstand haben. Haben Rechtsuchende im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand, so ist das Amtsgericht zuständig, in dessen

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 108 Beschwerderecht


(1) Der Gefangene erhält Gelegenheit, sich mit Wünschen, Anregungen und Beschwerden in Angelegenheiten, die ihn selbst betreffen, an den Anstaltsleiter zu wenden. Regelmäßige Sprechstunden sind einzurichten. (2) Besichtigt ein Vertreter der Aufsicht

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 5 Aufnahmeverfahren


(1) Beim Aufnahmeverfahren dürfen andere Gefangene nicht zugegen sein. (2) Der Gefangene wird über seine Rechte und Pflichten unterrichtet. (3) Nach der Aufnahme wird der Gefangene alsbald ärztlich untersucht und dem Leiter der Anstalt oder der Auf

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 73 Hilfe während des Vollzuges


Der Gefangene wird in dem Bemühen unterstützt, seine Rechte und Pflichten wahrzunehmen, namentlich sein Wahlrecht auszuüben sowie für Unterhaltsberechtigte zu sorgen und einen durch seine Straftat verursachten Schaden zu regeln.

Referenzen

Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.

(1) Wer sich an einem Orte ständig niederlässt, begründet an diesem Ort seinen Wohnsitz.

(2) Der Wohnsitz kann gleichzeitig an mehreren Orten bestehen.

(3) Der Wohnsitz wird aufgehoben, wenn die Niederlassung mit dem Willen aufgehoben wird, sie aufzugeben.

(1) Über den Antrag auf Beratungshilfe entscheidet das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Rechtsuchenden ihren allgemeinen Gerichtsstand haben. Haben Rechtsuchende im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand, so ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk ein Bedürfnis für Beratungshilfe auftritt.

(2) Der Antrag kann mündlich oder schriftlich gestellt werden; § 130a der Zivilprozessordnung und auf dessen Grundlage erlassene Rechtsverordnungen gelten entsprechend. Der Sachverhalt, für den Beratungshilfe beantragt wird, ist anzugeben.

(3) Dem Antrag sind beizufügen:

1.
eine Erklärung der Rechtsuchenden über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere Angaben zu Familienstand, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten, sowie entsprechende Belege und
2.
eine Versicherung der Rechtsuchenden, dass ihnen in derselben Angelegenheit Beratungshilfe bisher weder gewährt noch durch das Gericht versagt worden ist, und dass in derselben Angelegenheit kein gerichtliches Verfahren anhängig ist oder war.

(4) Das Gericht kann verlangen, dass Rechtsuchende ihre tatsächlichen Angaben glaubhaft machen, und kann insbesondere auch die Abgabe einer Versicherung an Eides statt fordern. Es kann Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlegung von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen. Zeugen und Sachverständige werden nicht vernommen.

(5) Haben Rechtsuchende innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet, so lehnt das Gericht die Bewilligung von Beratungshilfe ab.

(6) In den Fällen nachträglicher Antragstellung (§ 6 Absatz 2) können die Beratungspersonen vor Beginn der Beratungshilfe verlangen, dass die Rechtsuchenden ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse belegen und erklären, dass ihnen in derselben Angelegenheit Beratungshilfe bisher weder gewährt noch durch das Gericht versagt worden ist, und dass in derselben Angelegenheit kein gerichtliches Verfahren anhängig ist oder war.

(1) Hilfe für die Wahrnehmung von Rechten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens und im obligatorischen Güteverfahren nach § 15a des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung (Beratungshilfe) wird auf Antrag gewährt, wenn

1.
Rechtsuchende die erforderlichen Mittel nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht aufbringen können,
2.
keine anderen Möglichkeiten für eine Hilfe zur Verfügung stehen, deren Inanspruchnahme den Rechtsuchenden zuzumuten ist,
3.
die Inanspruchnahme der Beratungshilfe nicht mutwillig erscheint.

(2) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 sind gegeben, wenn den Rechtsuchenden Prozeßkostenhilfe nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung ohne einen eigenen Beitrag zu den Kosten zu gewähren wäre. Die Möglichkeit, sich durch einen Rechtsanwalt unentgeltlich oder gegen Vereinbarung eines Erfolgshonorars beraten oder vertreten zu lassen, ist keine andere Möglichkeit der Hilfe im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2.

(3) Mutwilligkeit liegt vor, wenn Beratungshilfe in Anspruch genommen werden soll, obwohl Rechtsuchende, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen keine Beratungshilfe beanspruchen können, bei verständiger Würdigung aller Umstände der Rechtsangelegenheit davon absehen würden, sich auf eigene Kosten rechtlich beraten oder vertreten zu lassen. Bei der Beurteilung der Mutwilligkeit sind die Kenntnisse und Fähigkeiten der Rechtsuchenden sowie ihre besondere wirtschaftliche Lage zu berücksichtigen.

(1) Beim Aufnahmeverfahren dürfen andere Gefangene nicht zugegen sein.

(2) Der Gefangene wird über seine Rechte und Pflichten unterrichtet.

(3) Nach der Aufnahme wird der Gefangene alsbald ärztlich untersucht und dem Leiter der Anstalt oder der Aufnahmeabteilung vorgestellt.

Der Gefangene wird in dem Bemühen unterstützt, seine Rechte und Pflichten wahrzunehmen, namentlich sein Wahlrecht auszuüben sowie für Unterhaltsberechtigte zu sorgen und einen durch seine Straftat verursachten Schaden zu regeln.

(1) Der Gefangene erhält Gelegenheit, sich mit Wünschen, Anregungen und Beschwerden in Angelegenheiten, die ihn selbst betreffen, an den Anstaltsleiter zu wenden. Regelmäßige Sprechstunden sind einzurichten.

(2) Besichtigt ein Vertreter der Aufsichtsbehörde die Anstalt, so ist zu gewährleisten, daß ein Gefangener sich in Angelegenheiten, die ihn selbst betreffen, an ihn wenden kann.

(3) Die Möglichkeit der Dienstaufsichtsbeschwerde bleibt unberührt.