Amtsgericht Köln Beschluss, 23. Nov. 2018 - 612 AR 49/18
Gericht
Tenor
ist der Antrag der beiden Angeklagten vom 30.10.2018, die Richterin am Amtsgericht Dr. V. wegen Besorgnis der Befangenheit in dieser Sache von der Ausübung des Richteramts auszuschließen, begründet.
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G r ü n d e :
2Der zulässige Ablehnungsantrag ist gemäß § 24 Abs. 2 StPO begründet.
3Nach § 24 Abs. 2 StPO findet wegen Besorgnis der Befangenheit die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen in die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Ein derartiges Misstrauen ist gerechtfertigt, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zur Annahme hat, dass der abgelehnte Richter ihm gegenüber eine innere Haltung einnimmt, die seine Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann. Dabei kommt es zwar auf den Standpunkt des Ablehnenden an, nicht aber auf seinen subjektiven Eindruck und ggf. unzutreffende Vorstellungen vom Sachverhalt. Maßgebend sind vielmehr die Sichtweise eines vernünftigen Ablehnenden und die Vorstellungen, die sich ein geistig gesunder Prozessbeteiligter bei der ihm zumutbaren ruhigen Prüfung der Sachlage machen kann. Der Ablehnende muss daher Gründe für sein Befangenheitsgesuch vorbringen, die jedem besonnenen unbeteiligten Dritten unmittelbar einleuchten (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, § 24 Rn. 8 m.w.Nachw.). Die Gründe sind grundsätzlich glaubhaft zu machen (§ 26 Abs. 2 StPO).
4Die Verteidiger der beiden Angeklagten stützen den Befangenheitsantrag auf die Unterbrechung der in der Hauptverhandlung vom 30.10.2018 seitens der Verteidigerin zu 2 erfolgten Vernehmung des Nebenklägers als Zeugen durch die abgelehnte Richterin mit dem Hinweis, sie wisse nicht, ob das Sinn mache mit deren Fragen, denn sie halte die Aussage des Zeugen soweit für sehr überzeugend. Die Richterin hat dieses Verhalten in ihrer dienstlichen Stellungnahme im Kern bestätigt und gegenüber dem Unterzeichner angesichts der insoweit abweichenden Darlegung der Staatsanwaltschaft klargestellt, dass es sich nicht um ein (gesondertes) Rechtsgespräch gehandelt hat. Ausweislich des Sitzungsprotokolls hat sie die Verteidigerin unterbrochen, als diese gerade einige Fragen zum vorgeworfenen Tatgeschehen gestellt hatte. Dann aber konnten die Angeklagten die Äußerung der Richterin tatsächlich nur so verstehen, dass sie sich unabhängig vom weiteren Verlauf der Vernehmung des Nebenklägers und der sonstigen geladenen Zeugen bereits auf eine abschließende Würdigung der Zeugenaussage des Nebenklägers zu ihrem Nachteil festgelegt hat. Gegen die Vorläufigkeit dieser Beweiswürdigung spricht insbesondere, dass die Äußerung der Richterin gerade weitere Fragen der Verteidigung an den Nebenkläger verhindern sollte und mitten in der laufenden Vernehmung erfolgt ist. Auf diesem Hintergrund ist aus der maßgebenden Sicht der Angeklagten die Besorgnis der Befangenheit nachvollziehbar und das Ablehnungsgesuch daher begründet.
5Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 28 Abs. 1 StPO).
6Köln, 23. November 2018
7Amtsgericht, Abt. 612
8Richter am Amtsgericht
9Ausgefertigt
10, Justizbeschäftigte
11als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Annotations
(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.
(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.
(3) Das Ablehnungsrecht steht der Staatsanwaltschaft, dem Privatkläger und dem Beschuldigten zu. Den zur Ablehnung Berechtigten sind auf Verlangen die zur Mitwirkung bei der Entscheidung berufenen Gerichtspersonen namhaft zu machen.
(1) Das Ablehnungsgesuch ist bei dem Gericht, dem der Richter angehört, anzubringen; es kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Das Gericht kann dem Antragsteller aufgeben, ein in der Hauptverhandlung angebrachtes Ablehnungsgesuch innerhalb einer angemessenen Frist schriftlich zu begründen.
(2) Der Ablehnungsgrund und in den Fällen des § 25 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 die Voraussetzungen des rechtzeitigen Vorbringens sind glaubhaft zu machen. Der Eid ist als Mittel der Glaubhaftmachung ausgeschlossen. Zur Glaubhaftmachung kann auf das Zeugnis des abgelehnten Richters Bezug genommen werden.
(3) Der abgelehnte Richter hat sich über den Ablehnungsgrund dienstlich zu äußern.
(1) Der Beschluß, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, ist nicht anfechtbar.
(2) Gegen den Beschluß, durch den die Ablehnung als unzulässig verworfen oder als unbegründet zurückgewiesen wird, ist sofortige Beschwerde zulässig. Betrifft die Entscheidung einen erkennenden Richter, so kann sie nur zusammen mit dem Urteil angefochten werden.