Amtsgericht Köln Urteil, 18. Dez. 2014 - 209 C 349/14


Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin..
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird gestattet, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 120% des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
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T A T B E S T A N D
2Die Beklagten mieteten mit Vertrag vom 24./25.05.2004 die im Eigentum der Klägerin stehende Wohnung im 3.OG des Hauses C Str. 23 in Köln. Die Wohnung im 1.OG wird vom ältesten Sohn der Klägerin bewohnt. Im 4. OG wohnen die Mieter I/T. Die Wohnung im 2. OG wurde renoviert und stand deshalb vom 31.10.2012 bis zum 01.01.2014 leer. Mit Vertrag vom 02.12.2013 wurde die Wohnung an die Mieter T/T vermietet.
3Mit Schreiben vom 13.12.2013 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs zum 30.09.2014. zur Begründung führte sie aus, sie benötige die Wohnung für ihren Sohn G, der ab dem 01.03.2014 an der RFH Köln studieren werde. Die tägliche Anfahrt von seinem bisherigen Wohnort in Hennef sei ihm nicht zuzumuten. Die Beklagten widersprachen mit Schreiben vom 23.07.2014.
4Die Klägerin behauptet, die derzeit von den Beklagten bewohnte Wohnung solle von ihrem Sohn G bezogen werden. Die Zulassungsmitteilung der RFH vom 29.11.2013 sei ihm am 03.12.2013 zugegangen. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit den Mietern T/T – mit denen sie seit November 2011 in Vertragsverhandlungen gestanden habe – sei nicht absehbar gewesen, daß ihr Sohn einen Studienplatz an der RFH erhalten werde.
5Die Klägerin beantragt,
6die Beklagten zu verurteilen, die im 3.OG des Hauses C Str. 23, Köln, gelegene Wohnung, bestehend aus 3 Zimmern, Küche, Diele, Bad., WC nebst dazugehörigem Kellerraum geräumt an sie herauszugeben.
7Die Beklagten beantragen,
8die Klage abzuweisen.
9Sie behaupten, der geltend gemachte Eigenbedarf sei nur vorgeschoben, weil im Jahr 2013 zwischen den Parteien eine Auseinandersetzung wegen der Aufnahme einer dritten Person in die Wohnung stattgefunden habe.
10Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
11E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E
12Die Klage ist unbegründet.
13Die Beklagten sind nicht gem. § 546 BGB zur Herausgabe der Wohnung verpflichtet, denn das Mietverhältnis ist durch die Kündigung der Klägerin vom 13.12.2013 wirksam beendet worden. Die Kündigungsvoraussetzungen des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB sind nicht erfüllt. Zwar hat die Klägerin nachvollziehbare und vernünftige Gründe für den geltend gemachten Eigenbedarf vorgetragen.
14Allerdings ist die Kündigung rechtsmißbräuchlich und daher unwirksam. Der wegen Eigenbedarfs berechtigt kündigende Vermieter muß dem Mieter eine andere freie Wohnung im gleichen Haus zur Anmietung anbieten, sofern diese weiterhin vermietet werden soll. Bei der Kündigung einer Mietwohnung wegen Eigenbedarfs ist zwar grundsätzlich die Entscheidung des Vermieters, wie er eine ihm gehörende Wohnung nutzen will, zu respektieren (vgl. auch BVerfG NJW 1994, 435). Es kann jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, daß die Kündigung von Wohnraum in die Lebensführung eines Mieters besonders stark eingreift. Der Vermieter ist deshalb gehalten, diesen Eingriff abzumildern, soweit ihm dies möglich ist. Ausnahmsweise ist eine Kündigung daher dann rechtsmißbräuchlich, wenn dem Vermieter eine andere Wohnung im selben Anwesen zur Vermietung zur Verfügung steht und er diese dem Mieter nicht anbietet, obwohl er sie wieder vermieten will (BGH, Urteil vom 9. Juli 2003 - VIII ZR 311/02).
15Die Zulassungsmitteilung der RFH datiert vom 29.11.2013, einem Freitag. Zwanglos kann davon ausgegangen werden, daß sich der Sohn der Klägerin weit vor November 2013 um einen Studienplatz bei der RFH beworben hatte, also zu einer Zeit, als die Wohnung im 2.OG leer stand. Ob sich der Sohn der Klägerin auch an anderen Fachhochschulen um einen Studienplatz beworben hatte und deshalb mit Zu- oder Absagen zu rechnen war, erschließt sich aus dem Klagevortrag nicht. Jedenfalls konnte die Klägerin erwarten, daß ihr Sohn einen Studienplatz an der RFH erhalten wird. Hätte sie gegenüber den Mietern T/T im Dezember 2013 eine Eigenbedarfskündigung erklärt, so wäre diese in jedem Fall unwirksam gewesen, da die Klägerin die Wohnung wegen des absehbaren Eigenbedarfs nicht hätte vermieten dürfen (BGH, Urteil vom 20. März 2013 - VIII ZR 233/12). Dann aber kann im Verhältnis zu den Beklagten nichts anderes gelten. Nach den vom Bundesgerichtshof aufgestellten Wertungsmaßstäben hätte die Klägerin mit der Vermietung der Wohnung im 2. OG warten müssen, bis Klarheit über die studentische Zukunft ihres Sohnes G bestand. Daß ihr hierdurch ein nicht wieder gut zu machender Vermögensschaden wäre, trägt die nicht vor.
16Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
17Streitwert: 6.300,00 €
18Rechtsbehelfsbelehrung:
19Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
20a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
21b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
22Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
23Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.
24Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
25Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.


Annotations
(1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist ausgeschlossen.
(2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn
- 1.
der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat, - 2.
der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt oder - 3.
der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde; die Möglichkeit, durch eine anderweitige Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen, bleibt außer Betracht; der Vermieter kann sich auch nicht darauf berufen, dass er die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will.
(3) Die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters sind in dem Kündigungsschreiben anzugeben. Andere Gründe werden nur berücksichtigt, soweit sie nachträglich entstanden sind.
(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.