Amtsgericht Köln Urteil, 13. Okt. 2014 - 142 C 639/12

Gericht
Tenor
Das Versäumnisurteil des Gerichtes vom 11.11.2013 wird aufrechterhalten.
Die Klägerin trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreites.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Ohne Tatbestand gemäss § 313 a ZPO
2Entscheidungsgründe
3Der gegen das die Klage abweisende, der Klägerin am 03.12.2013 zugestellte Versäumnisurteil des Gerichtes vom 11.11.2013, mit Schriftsatz vom 05.12.2013 - bei Gericht am 17.12.2013 eingegangene - Einspruch der Klägerin ist form- und fristgerecht, mithin zulässig. Der Einspruch ist indes erfolglos.
4Über die Klage war trotz Rücknahme durch die Klägerin mit Schriftsatz vom 29.04.2014 in der Sache zu entscheiden, da die Rücknahme nach der mündlichen Verhandlung vom 10.03.2014 erfolgte und die Beklagte innerhalb der gesetzten Frist von zwei Wochen (Zustellung: 17.05.2014) der Rücknahme ausdrücklich mit bei Gericht am 23.05.2014 eingegangenen Schreiben vom 19.05.2014 nicht zustimmte.
5Die Klage ist zulässig aber unbegründet.
6Das Amtsgericht Köln ist örtlich zuständig. Die Beklagte hat ihr Bestreiten eines Vertragsschlusses mit der Klägerin unter Einbeziehung der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin, die in Ziffer 8 eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung für Kaufleute mit Köln als Gerichtsstand vorsehen, fallengelassen.
7Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung eines Veröffentlichungsentgeltes in Höhe von 30,00 Euro zzgl. MwSt. für die Veröffentlichung der Jahresabschlüsse der Beklagten in dem von der Klägerin betriebenen Bundesanzeiger für das Geschäftsjahr 2010 aus einem zwischen den Parteien geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag iVm §§ 675, 631 BGB gemäss Rechnung der Klägerin vom 17.04.2012 zu.
8Zwar ist – nachdem die Beklagte auch insoweit ihr Bestreiten fallengelassen hat - unstreitig, dass der Auftrag zur Veröffentlichung der Jahresabschlüsse durch den Steuerberater der Beklagten namens und im Auftrag der Beklagten erteilt wurde; dem Anspruch der Klägerin steht aber entgegen, dass das von ihr aufgrund ihres Preisliste geforderte Entgelt der Ermessensprüfung des § 315 BGB analog unterliegt und sich danach als unbillig erweist.
9Dabei ist zunächst festzustellen, dass einer entsprechenden Anwendung des § 315 BGB nicht entgegensteht, dass der Auftrag der Beklagten zur Veröffentlichung der Jahresabschlüsse unter Einbeziehung der Preisliste der Klägerin erfolgte und daher über 30,00 Euro eine Vergütungsvereinbarung geschlossen worden ist.
10Es ist anerkannt, dass Tarife und sonstige Entgeltregelungen von Unternehmen mit Monopolstellung, die mittels eines privatrechtlich ausgestalteten Benutzungsverhältnisses Leistungen anbieten, auf deren Inanspruchnahme der andere Vertragsteil angewiesen ist, nach billigem Ermessen festgesetzt werden müssen und die Billigkeitskontrolle in entsprechender Anwendung des § 315 BGB zu erfolgen hat (BGH NJW-RR 2006, 133-135 m.w.N.). Die Notwendigkeit einer Billigkeitskontrolle in solchen Fällen findet ihre Rechtfertigung darin, dass der Kunde, der auf die Inanspruchnahme dieser Leistungen angewiesen ist, einem Kontrahierungszwang unterliegt und er keine andere Wahl hat, als sich mit der durch einseitige Leistungsbestimmung zustande gekommenen Preisgestaltung des (Monopol-)Unternehmens einverstanden zu erklären. Die Heranziehung des § 315 BGB zur Prüfung der Angemessenheit der Konditionen derartiger Verträge ist in diesen Fällen die gebotene Kompensation für die Einschränkung der Vertragsfreiheit.
11Diese insbesondere für den Bereich der Daseinsvorsorge entwickelten und auf staatlich regulierte Entgeltregelungen von Versorgungsunternehmen anwendbaren Grundsätze sind auch im vorliegenden Fall anwendbar. Zwar bietet die Klägerin keine Leistungen der Daseinsvorsorge an, gleichwohl handelt es sich um staatlich regulierte Entgelte, die auf einer einseitigen Preisgestaltung beruhen, der sich die Kunden der Klägerin nicht entziehen können.
12Unternehmen sind gesetzlich nach den §§ 325 ff HGB verpflichtet, ihre Jahresabschlüsse beim Betreiber des Bundesanzeigers zur Offenlegung einzureichen. Mit der Aufgabe des Betriebes des Bundesanzeigers wurde die Klägerin aufgrund von Verträgen mit dem Bundesministerium der Justiz (BMJ) betraut. Zu diesem Zweck stellt die Klägerin eine entsprechende elektronische Publikationsplattform zur Verfügung, auf der sich die Unternehmen registrieren lassen müssen, den Auftrag elektronisch ausfüllen müssen und die Jahresabschlüsse elektronisch übermitteln müssen. Die Entgelte werden dabei nach Massgabe der Verträge mit dem BMJ festgelegt. Hieraus folgt, dass die Beklagte als zur Veröffentlichung der Jahresabschlüsse verpflichtetes Unternehmen keine Wahl zwischen verschiedenen Publikationsorganen hat sondern ihrer gesetzlichen Verpflichtung nur durch einen Vertragsschluss mit der Klägerin nachkommen kann. Die Veröffentlichungsentgelte unterliegen aber aufgrund der Beauftragung durch das BMJ einer staatlichen Regulierung und Kontrolle, so dass nach den oben dargestellten Grundsätzen § 315 BGB entsprechende Anwendung findet.
13Die danach entsprechend § 315 BGB vorzunehmende Kontrolle führt zu dem Ergebnis, dass für den vorliegenden Fall eine Unbilligkeit des angesetzten Entgeltes von 30,00 Euro vorliegt.
14Bei der Bestimmung des Entgeltes im Rahmen des § 315 BGB steht dem Berechtigten ein Entscheidungsspielraum zu. Die Prüfung der Billigkeit beschränkt sich daher darauf, ob das eingeräumte Ermessen ausgeübt wurde und die bei der Ausübung im konkreten Fall zu berücksichtigenden Kriterien in die vorzunehmende Abwägung einbezogen wurden. Hierzu gehört bei Leistungsverhältnissen, mit den öffentlich rechtliche Vorgaben erfüllt werden sollen aber von Seiten des Staates privatrechtlich ausgestaltet sind, auch die Berücksichtigung des Kostendeckungsprinzipes (BGH a.a.O). Das Kostendeckungsprinzip kann insbesondere dann verletzt sein, wenn die Gesamtheit des verlangten Entgelts die Gesamtheit der Aufwendungen übersteigt. Darlegungs- beweisbelastet dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, ist derjenige, der dieses Recht für sich in Anspruch nimmt. Er muss daher auch darlegen, ob und wenn ja welche Kriterien bei der Ermessensausübung zugrunde lagen.
15Vorliegend hat die Klägerin trotz des erteilten Hinweises nicht weiter zu den bei der Bemessung des Entgeltes herangezogenen Kriterien vorgetragen, sie hat nur pauschal behauptet, dass die Entgeltbemessung aufwandsgerecht erfolgt. Mangels substantiierten Vortrages ist die Klägerin damit bereits ihrer Darlegungslast zur Billigkeit des in der Preisliste für die Veröffentlichung enthaltenen Entgeltes in Höhe von 20,00 Euro nicht nachgekommen. Die Rechtsfolge ist, dass sich die Klägerin auf das in der Preisliste enthaltene Entgelt nicht berufen kann.
16Eine Bestimmung des Entgeltes durch das Gericht entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB kommt nicht in Betracht. Diese Vorschrift setzt voraus, dass eine Unbilligkeit festgestellt wurde. Dies ist hier nicht der Fall, da mangels Substantiierung keine Feststellungen getroffen werden konnten. Zudem bedarf die Leistungsbestimmung durch das Gericht zumindest einer Willensäusserung des Bestimmungsberechtigten dahingehend, dass er für den Fall der Feststellung der Unbilligkeit eine Bestimmung durch das Gericht begehrt. Die Leistungsbestimmung durch das Gericht ohne eine solche Äusserung würde die Dispositionsmaxime der Parteien im Zivilprozess verletzen.
17Da die Klage hinsichtlich der Hauptforderung unbegründet ist, stehen der Klägerin auch die geltend gemachten Nebenforderungen nicht zu.
18Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 713 ZPO.
19Streitwert: 35,70 Euro
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(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des § 671 Abs. 2 entsprechende Anwendung.
(2) Wer einem anderen einen Rat oder eine Empfehlung erteilt, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis, einer unerlaubten Handlung oder einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersatz des aus der Befolgung des Rates oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet.
(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, die Anmeldung oder Registrierung des anderen Teils zur Teilnahme an Gewinnspielen zu bewirken, die von einem Dritten durchgeführt werden, bedarf der Textform.
(1) Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.
(2) Gegenstand des Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein.
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.
(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.