Amtsgericht Köln Urteil, 18. Aug. 2014 - 142 C 601/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in der gleichen Höhe geleistet hat.
1
Tatbestand
2Die Klägerin nimmt die Beklagte auf anteilige Rückbeförderungskosten und weitere Mehr- und Zusatzkosten im Zusammenhang mit einer Klassenfahrt nach Griechenland in Anspruch.
3Die Klägerin ist eine auf Studien-, Schul- und Klassenfahrten spezialisierter Reiseveranstalterin. Die beklagte Stadt ist nach § 6 Abs. 3 Schulgesetz NRW rechtlich zuständiger Schulträger der F Schule Köln. Unter dem 17.01.2011 wurde bei der Klägerin für eine Klasse der F Schule eine Gruppenreise nach Griechenland im Zeitraum vom 14. bis zum 23.10.2011 gebucht. Das Buchungsformular enthält den fettgedruckten Hinweis "Hiermit buchen wir verbindlich und unter Anerkennung ihrer Reisebedingungen folgende Gruppenreise und wurde von der Klassenlehrerin Frau U-L unterschrieben. Weiter wurde auf dem Formular bei der Unterschrift der Klassenlehrerin ein Stempel der Schule verwendet. Wegen der weiteren Einzelheiten des Formulars wird auf Bl. 53 d.A. Bezug genommen. Der Buchung zugrunde lag die Ausschreibung der Klägerin "L-tour Peloponnes". Die Klägerin verwendet AGB, in denen es unter Ziffer 2 Satz 2 und 3 heisst: Der Anmeldende vertritt bei Vornahme der Buchung sowie bei der gesamten weiteren Abwicklung des Reisevertrages sämtliche Mitglieder der Reisegruppe (Kunden), die namentlich zu nennen sind. Ist der Anmeldende Lehrer einer öffentlichen oder privaten Bildungseinrichtung, vertritt der Anmeldende den jeweiligen Träger, der Vertragspartner von DUT wird. Wegen der weiteren Einzelheiten der Ausschreibung und der AGB wird auf Bl. 50, 51 d.A. Bezug genommen. Die Klägerin bestätigte die Buchung mit Schreiben vom 03.02.2011. Der Klägerin wurde am 23.09.2011 eine Namensliste der Reiseteilnehmer vor Reisebeginn überlassen, die mit dem Stempel der Schule und der Unterschrift der Oberstudienrätin S versehen war. Unter dem 05.10.2011 übersandte die Klägerin die Reiseunterlagen und wies auf mögliche Streiks in Griechenland hin. Die Klasse trat die Reise an. Die Reisegruppe konnte aufgrund eines Generalstreikes in Griechenland, der auch von den Fähren unterstützt wurde, nicht die geplante Rückreise antreten. Mit Schreiben vom 21.10.2011 - gerichtet an die Klassenlehrerin - trat die Klägerin wegen des Streikes unter Berufung auf höhere Gewalt von dem Reisevertrag zurück. Die Rückreise verschob sich zunächst um zwei Tage, was einen längeren Aufenthalt im Hotel G nach sich zog. Dann musste die Gruppe - anstatt mit der Fähre von Patras nach Ancona überzusetzen - den Landweg mit Bus für die Rückreise wählen. Dabei wurden zwei zusätzliche Übernachtungen in Belgrad und Pula erforderlich. Da in Athen eine Schülerin erkrankte, konnte nicht die gesamte Gruppe die Rückreise antreten. Die Klägerin organisierte einen Hotelaufenthalt sowie einen Rückflug von Athen nach Köln/Bonn für drei Personen, die erkrankte Schülerin, die Lehrerin Frau U-L sowie eine weitere Begleitperson.
4Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Reisevertrag bezüglich der Studienreise nach Griechenland zwischen ihr und der F Schule Köln zustande gekommen sei, so dass die Beklagte als Schulträgerin passivlegitimiert sei. Die F Schule Köln sei ordnungsgemäß durch Frau U-L vertreten worden. Dies ergebe sich bereits aus einer gesetzlichen Vertretung dem Gesetz. Nach § 59 II Nr.1 Schulgesetz NRW vertrete die Schulleitung die Schule nach außen im Rahmen des Bildungsauftrags und nach § 60 III Schulgesetz NRW könne sie dies auf die Lehrer übertragen. Diese Übertragung sei im Hinblick auf die Studienfahrt nach Griechenland erfolgt. Hierbei handle es sie sich um eine Schulveranstaltung iSv § 65 II Nr. 6 Schulgesetz NRW, welche im Rahmen des schulischen Bildungsauftrags nach § 59 II Nr. 2 Schulgesetz NRW erfolgt sei. Auch aus Nr. 5.1 der Richtlinien für Schulfahrten ergebe sich, dass der Vertrag im Namen der Schule und nicht im eigenen Namen der Lehrerin oder im Namen der Erziehungsberechtigten abschlossen worden sei. Weiter sei die Klassenlehrerin bevollmächtigt gewesen. Die Vertretung der Beklagten ergebe sich aber auch aus den AGB der Klägerin, wonach der Anmeldende den jeweiligen Träger der Bildungseinrichtung vertrete. Die AGB seien wirksam in den Vertrag einbezogen worden. Jedenfalls habe die Klägerin aufgrund der Verwendung des Schulstempels auf Buchung und Namensliste davon ausgehen dürfen, dass ein Vertrag zwischen der Klägerin und der F Schule Köln zustande gekommen sei. Die Oberstudienrätin S gehöre der Schulleitung an. Der durch die Erkrankung einer Schülerin erforderliche Hotelaufenthalt und der Rückflug seien durch die Klassenlehrerin mit Vollmacht im Namen der Schulleitung beauftragt worden. Die Klägerin ist weiter der Ansicht, dass sie den Reisevertrag wirksam nach § 651j I BGB durch Telefax vom 21.10.2011 wegen höherer Gewalt gekündigt habe. Sie ist der Ansicht, dass der Generalstreik höhere Gewalt iSv § 651j BGB darstelle, denn der Streikaufruf sei von der griechischen Gewerkschaft ausgegangen, sodass es sich hierbei um ein von außen kommendes unabwendbares Ereignis handle. Die Beklagte habe daher zunächst die Mehrkosten für die Rückreise zu tragen. Diese bestehen aus 690,00 Euro zusätzliche Hotelkosten in Griechenland, 807,00 Euro hälftige Hotelkosten auf der Fahrt nach Deutschland und 375,00 Euro hälftige Buskosten nach Verrechnung mit ersparten Fährkosten, insgesamt 1.872,00 Euro. Weiter seien die Kosten für die drei gesondert reisenden Personen für Hotelaufenthalt und Flüge in Höhe von 560,00 Euro von der Beklagte vollständig zu übernehmen.
5Die Klägerin beantragt,
6die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2432 Euro nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.01.2012 zu zahlen
7die Beklagte zu verurteilen, weitere außergerichtliche Verzugskosten von 229,30 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.12.2013 zu zahlen.
8hilfsweise,
9die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 229,30 Euro freizustellen.
10Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Die Beklagte ist der Ansicht, dass ein Lehrer bei der Buchung einer Klassenfahrt als Vertreter der Schüler bzw. derer Eltern handle. Die Beklagte ist der Ansicht, dass der Fährbetrieb ein Leistungsträger der Klägerin sei, sodass der Streik einen betrieblichen Zusammenhang aufweise und ein Fall höherer Gewalt ausscheide. Zudem sei der Streik für die Klägerin vorhersehbar gewesen. Darüber hinaus ist die Beklagte der Ansicht, dass die aufgrund der Erkrankung einer Schülerin entstandenen Mehrkosten auf einem vom ursprünglichen Reisevertrag isoliert zu betrachtenden Vertrag beruhen, den die Klägerin mit Frau U-L als Vertreterin der betroffenen Schüler abschloss.
13Weiter wird Bezug genommen auf die wechselseitig zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen.
14Entscheidungsgründe
15Die Klage ist unbegründet.
16I.
17Der Klägerin steht kein Anspruch auf Zahlung von Mehrkosten gemäss § 651j Abs. 2 iVm § 651e Abs.3 BGB wegen der aufgrund des Fährstreikes abgeänderten Rückreise der Gruppe in Höhe von 1.872,00 Euro gegen die Beklagte zu.
18Die Beklagte ist nicht passivlegitimiert. Sie ist nicht Vertragspartnerin der bei der Klägerin gebuchten Gruppenreise geworden. Vielmehr ist ein Vertrag mit den einzelnen Reisenden der Gruppe geschlossen worden.
19Bei einer Gruppenreise tritt der die Reise Anmeldende in der Regel als Vertreter der einzelnen Reiseteilnehmer auf. Wird eine Reise von einer Person gebucht, bei der nicht nur diese Person sondern auch weitere Personen Teilnehmer sind, stellt sich gerade aus Sicht des Reisveranstalters als Empfängerin eines Angebotes auf Abschluss eines Reisevertrages die Frage, ob der Anmeldende in eigenem Namen für alle handelt oder ob er nur für sich selbst und hinsichtlich der weiteren Personen in deren Namen handelt. Soweit die Vertretungsverhältnisse bei der Buchung nicht angegeben werden, ist dies nach den Umständen der Buchung zu beurteilen (§ 164 Abs. 1 BGB). Abzustellen ist nicht auf den inneren Willen der Erklärenden sondern darauf, wie sich die zu würdigenden Buchungsumstände für die Beklagte als Erklärungsempfängerin darstellen. Bei einer Gruppe entspricht es auch ohne ausdrückliche Klarstellung dem bei der Buchung hervorgerufenen objektiven Eindruck, dass derjenige, der mit den weiteren Reiseteilnehmern weder verwandt noch sonst in einer engen Beziehung steht, nicht den Willen hat, sich selbst zu verpflichten. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um eine grosse Gruppe handelt und die Reisekosten hoch sind (vgl. BGH, Urteil vom 06. April 1978 – VII ZR 104/76 –, juris). Dementsprechend wird bei Klassenfahrten ohne Hinzutreten weiterer Umstände allgemein angenommen, dass der eine solche Fahrt anmeldende Lehrer in der Regel als Vertreter der mitfahrenden Schüler bzw. deren gesetzlicher Vertreter handelt (Führich. Reiserecht, 6.Aufl., Rn 118; OLG Hamm, NJW 1986, 1943; OLG Frankfurt NJW 1986, 1941 f.) Es kann - für den Reiseveranstalter in der Regel auch erkennbar - nicht angenommen werden, dass der Lehrer eine eigene Zahlungspflicht über die bei einer grossen Gruppe hohen Reisekosten eingehen will, vielmehr liegt es nahe, dass diejenigen, die mitreisen, zur Zahlung ihres Reisepreisanteiles verpflichte werden sollen, zumal sie als Mitreisende auch ein Interesse daran haben, eigene Ansprüche gegen den Veranstalter auf Durchführung der Reise zu halten.
20So liegt der Fall auch hier. Die Klägerin ist auf Gruppenreisen spezialisiert. Auch die von ihr verwendeten Buchungsanmeldungen sind dementsprechend gestaltet. So heisst es dort (Bl. 52/53 d.A.), dass „wir“ buchen und nicht nur der Anmeldende. Sodann ist die Anzahl der Reiseteilnehmer genauso anzugeben wie der Preis pro Person und nicht etwa ein Gesamtpreis. Dass die Namen der Reisenden zu diesem Zeitpunkt noch nicht benannt wurden steht der Annahme eines Vertretergeschäftes nicht entgegen, denn der Vertretene muss nicht ausdrücklich genannt werden, seine Bestimmbarkeit genügt. Dementsprechend forderte die Klägerin die die Reise Anmeldende Klassenlehrerin Frau U-L mit der als Annahmeerklärung anzusehenden Buchungsbestätigung vom 03.02.2011 gemäss der beigefügten Checkliste (Bl. 55 d.A.) zur Abgabe einer Teilnehmerliste mit Namen 12 Wochen vor Reisebeginn auf. Diese Namensliste wurde mit Datum vom 23.09.2011 (Bl. 61 f d.A.) überreicht. Zuletzt konnte die Klägerin auch nicht davon ausgehen, dass die anmeldende Lehrerin sich zur Zahlung der ohne Zusatzkosten bei 13.974,00 Euro liegenden Reisekosten entsprechend der Rechnung vom 17.11.2011 (Bl. 9 d.A. ) in eigenem Namen verpflichten wollte.
21Besondere Umstände, die vorliegend ausnahmsweise zu einer vertraglichen Bindung der Beklagten und nicht der Reiseteilnehmer führten, liegen nicht vor. Bei der Klassenlehrerin bestand weder eine gesetzliche noch eine entweder auf ausdrücklicher Bevollmächtigung beruhende oder aber durch Allgemeine Geschäftsbedingungen bergründete rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht. Auch die Grundsätze der Duldungs- und Anscheinsvollmacht sind nicht einschlägig.
22Eine gesetzliche Vertretungsmacht der Klassenlehrerin Frau U-L, die sie zum rechtsgeschäftlichen Handeln für die Beklagte bei dem Abschluss eines Vertrages über die Durchführung einer Klassenfahrt ermächtigt hätte, bestand nicht.
23Nach §§ 59 Abs. 2 Nr. 1 SchulG NRW wird die Schule nach aussen durch die Schulleiterin oder den Schulleiter vertreten. Hiermit wird die rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht der Schulleitung geregelt. Sowohl die Rechtsbegriffe "Vertretung nach Aussen" sowie die Verwendung in einem Gesetz sprechen dagegen, dass es sich hierbei lediglich um die Regelung einer repräsentativen Vertretung handelt (so aber wohl OLG Düsseldorf VersR 1987, 508) Im Rahmen dieser rechtsgeschäftlichen Vertretungsmacht ist der Schulleiter daher in der Lage den nach § 6 Abs. 3 Schulgesetz NRW zuständigen Schulträger zu verpflichten. dem steht nicht entgegen, dass die Schulleiterin oder der Schulleiter Landesbeamter ist und die als Schulträger fungierende Kommune gemäss § 79 SchulGNRW in erster Linie nur für Bereitstellung und Unterhalt der Schulanlage zuständig ist. Es ist keine Frage der Wirksamkeit des rechtsgeschäftlichen Handelns der Schulleitung nach aussen wer Kostenträger hierdurch ausgelöster Verbindlichkeiten ist, die Kommune oder das Land. Hauptaufgabe der Schulleitung ist vielmehr die Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrages (vgl. Schulrechtshandbuch Nordrhein-Westfalen, Jülich/ van den Hövel, § 59 Rn. 8, 9; vgl. auch § 59 Abs. 2 Nr. 2 SchulGNRW), wie sie in § 2 SchulG NRW bzw. der Landesverfassung ihren Niederschlag gefunden haben. Teil dieses Auftrages sind auch Schulveranstaltungen ausserhalb des Unterrichtes wie sich aus § 65 Abs. 2 Nr. 6 SchulG NRW ergibt. Schulfahrten sind Schulveranstaltungen, wenn sie entsprechend Ziffer 3 der Richtlinien für Schulfahrten als Schulveranstaltung gemäss dem Runderlass vom 19.03.1997 durch die Schulleitung genehmigt wurden.
24Damit ist der Klägerin für den vorliegenden Fall zwar zuzugestehen, dass Klassenfahrten als Schulveranstaltungen in NRW Gegenstand einer vertraglichen Bindung der Schule selbst und damit der Gemeinde als Schulträger sein können. Allerdings setzt dies ein Handeln der Schulleitung voraus, das vorliegend nicht dargetan ist. Unstreitig handelt es sich bei Frau U – L um kein Mitglied der Schulleitung. Soweit die Klägerin auf die Oberstudienrätin S abstellt, kann dahinstehen, ob diese zur Schulleitung gehört, denn sie war am Vertragsschluss nicht beteiligt, sondern hat lediglich die nach Vertragsschluss überreichte Namensliste vom 23.09.2011 abgezeichnet.
25Eine rechtsgeschäftliche Vollmacht der Frau U - L, die sie bevollmächtigt hätte, die Beklagte zu vertreten, kann zwar dem Grunde nach vorliegen, sie ist im konkreten Fall aber nicht substantiiert dargetan.
26Die Möglichkeit für den einzelnen Lehrer im Rahmen einer rechtsgeschäftlichen Vollmacht für die Schulleitung und damit für den Schulträger zu handeln ergibt sich allerdings nicht unmittelbar aus dem SchulG NRW. Nach § 60 Abs. 3 SchulGNRW können von der Schulleiterin oder dem Schulleiter nur einzelne Leitungsaufgaben auf Lehrer und Lehrerinnen zur eigenständigen Wahrnehmung übertragen werden. Die Verwendung des Begriffes Leitungsaufgaben zeigt, dass mit dieser Norm lediglich die Übertragung von schulinternen Aufgaben gemeint ist und nicht die Erteilung einer rechtsgeschäftlichen Vollmacht zur Vertretung nach Aussen an Stelle des Schulleiters. Indes schliesst diese Norm die Erteilung einer ausdrücklichen rechtsgeschäftlichen Vollmacht durch die Schulleitung oder den Schulträger selbst nicht aus. Daneben ist ein Vertretung des Schulleiters nach Aussen durch einen Lehrer ist nach § 60 Abs. 2 Satz 2 SchulGNRW nur vorgesehen, wenn ein Vertretungsfall vorliegt. Indes sieht Ziffer 5 „Vertragsabschluss“ der Richtlinien für Schulfahrten in Ziffer 5.1. vor, dass Verträge mit Beförderungs- und Beherbergungsunternehmen im Namen der Schule und nicht im Namen der Lehrer oder im Namen der Schüler abgeschlossen werden. Weiter ist nach Ziffer 5.2 der Richtlinien vorgesehen, dass bei mehrtägigen Veranstaltungen die Zustimmung der Eltern einzuholen ist und sie sich zu verpflichten haben, die Kosten zu tragen. Indem aber Ziffer 5.1 ein Handeln in eigenem Namen der Lehrer sowie im Namen der Eltern ausschliesst und ein Handeln im Namen der Schule vorgibt, ergibt sich eine Vertretungsregelung dergestalt, dass Verträge die zur Durchführung für nach Massgabe der Richtlinien genehmigte Schulfahrten geschlossen werden, im Namen der Schule geschlossen werden sollen. Da es sich bei den Richtlinien aber nur um eine interne Rahmenvorschrift im Sinne einer Handlungsanweisung handelt, ergibt sich aus ihnen lediglich die Möglichkeit, dass ein Lehrer bei dem Abschluss eines Vertrages über die Durchführung einer genehmigten Schulfahrt die Schule und den Schulträger wirksam vertritt. Ob dies aber im Einzelfall tatsächlich geschehen ist richtet sich weiter alleine nach § 164 BGB und danach ob der Wille für einen anderen zu Handeln nach Aussen hervorgetreten ist bzw. wenn der Wille nicht erkennbar geworden ist, wie das Handeln für den Empfänger seinem objektiven Erklärungswert nach aufgefasst werden durfte.
27Für den vorliegenden Fall ist zunächst festzustellen, dass nicht ersichtlich oder vorgetragen ist, dass Frau U – L vorliegend ausdrücklich von der Schulleitung der F Schule oder der Beklagten als Schulträgerin unmittelbar bevollmächtigt worden wäre, die Klassenfahrt bei der Klägerin zu buchen. Soweit die Klägerin eine Bevollmächtigung durch Zeugnis der Frau U – L unter Beweis gestellt hat, war dem nicht nachzugehen, da es sich um eine Behauptung ins Blaue hinein handelt. Konkrete Umstände, wann durch wenn genau diese Bevollmächtigung in welcher Form erfolgt sein soll, werden nicht genannt. Es wird auch nicht substantiiert, ob die Bevollmächtigung von der Schulleitung oder der Beklagten selbst erfolgt sein soll. Eine Vernehmung von Frau U – L in dieser Situation würde auf unzulässige Ausforschung hinauslaufen. Ebenfalls nicht ersichtlich ist, dass Frau U - in Vertretung der Schulleitung nach § 60 Abs. 2 SchulGNRW handelte. Ein Vertretungsfall wie in der Norm vorgesehen wird von der Klägerin auch nicht behauptet. Zuletzt führt die damit notwendig werdende Auslegung dazu, dass die Klägerin von dem Regelfall einer Gruppenreise ausgehen musste, bei der die einzelnen Reiseteilnehmer durch den Anmeldenden verpflichtet werden sollten. Der Buchung ist nicht zu entnehmen, dass der Anmeldung der Klassenfahrt eine Genehmigung als Schulveranstaltung vorausgegangen ist. Allein die Nennung der Schule in dem Buchungsformular und die Nutzung des Schulstempels reicht für die Annahme einer genehmigten Schulveranstaltung und einer damit nach Massgabe der Richtlinie bestehenden Vollmacht der Lehrerin nicht aus. Die Angabe der Schule, der die Gruppe angehört, und der Schulstempel sind von der Klägerin in dem Formular vorgegeben, ohne dass sich daraus ergibt, dass hiermit der Vertragspartner festgelegt werden soll. Diese Angaben dienen vielmehr alleine der Konkretisierung im Rahmen der Reiseplanung um damit ggfs. Vergünstigungen bei den Anbietern zu erhalten, wie sie gerade bei Gruppenreisen üblich sind (OLG Frankfurt a.a.O.). Die Klägerin trägt auch nicht vor, dass ihr bekannt gewesen wäre, dass es sich um eine nach den Richtlinien für Schulfahrten genehmigte Reise handelte. Es ist bereits nicht dargetan, dass dies überhaupt der Fall gewesen wäre.
28Weiter ergibt sich eine rechtsgeschäftliche Vertretung der Beklagten durch die Klassenlehrerin auch nicht aus Ziffer 2 der AGB der Klägerin, wonach bei Anmeldung durch einen Lehrer einer öffentlichen oder privaten Bildungseinrichtung der Anmeldende den jeweiligen Träger vertritt. Dabei kann dahinstehen ob die AGB wirksam in den Vertrag eingebunden wurden, denn sie sind nach § 307 BGB unwirksam.
29§ 307 Abs. 1 erklärt Allgemeine Geschäftsbedingungen für unwirksam, die den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligen. Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 ist eine unangemesse Benachteiligung insbesondere dann anzunehmen, wenn sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen werden soll, nicht vereinbar ist.
30Dies ist hier der Fall. Mit der Regelung wird ein an dem Vertragsschluss selbst nicht beteiligter Dritter Vertragspartei durch eine fingierte Vertretungsmacht des Reiseanmelders. Damit kommt unter Umständen ein Vertrag gegen die Willen des Dritten zustande. Ein Vertrag, mit dem ein Dritter ohne seine Mitwirkung unmittelbar vertraglich verpflichtet wird, ist indes unzulässig. Ein solcher Vertrag zu Lasten Dritter ist mit den Grundsätzen der Privatautonomie nicht vereinbar und daher unzulässig (vgl. Palandt, 73. Aufl. 2014, Grüneberger, Einf. v. § 328, Rn. 10).
31Ebenso scheidet eine Duldungs- oder Anscheinsvollmacht der Lehrerin Frau U – L aus.
32Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Duldungsvollmacht fehlen. Dass die Schulleitung der F Schule oder die Beklagte selbst es wissentlich geschehen liess, dass Frau U – L in der Vergangenheit Reiseverträge für Klassenfahrten der F Schule mit der Klägerin schloss, ist nicht dargetan und wird von der Klägerin auch nicht behauptet.
33Auch eine Anscheinsvollmacht liegt nicht vor. Eine Anscheinsvollmacht ist gegeben, wenn der Vertretene das Handeln des Scheinvertreters nicht kennt, er es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können und der andere Teil annehmen durfte, der Vertretene dulde und billige das Handeln des Vertreters. Voraussetzung ist, dass schuldhaft ein Rechtsschein verursacht wurde (vgl. Palandt, 73. Aufl. 2014, Ellenberger, § 172, Rn. 11). Dass Frau U – L bereits in der Vergangenheit bei der Klägerin Reise anmeldete und der Beklagten dies hätte auffallen müssen bzw. sie es hätte unterbinden können, ist nicht dargetan. Alleine die Nutzung des Schulstempels sowie die Unterschrift der Oberstudienrätin Frau S auf der erst nach Vertragsschluss erstellten Namensliste setzen keinen ausreichenden Rechtsschein zur Annahme einer solchen Anscheinsvollmacht zu Lasten der Beklagten.
34Aber selbst wenn man annehmen wollte, dass eine Passivlegitimation der Beklagten gegeben wäre, würde ein Anspruch der Klägerin aus § 651j Abs. 2 iVm § 651e Abs. 3 BGB ausscheiden.
35Zwar läge dann ein Reisevertrag iSv § 651a BGB zwischen den Parteien des Rechtsstreits vor. Auch würde das Telefax vom 21.20.2011 eine Kündigungserklärung nach § 651 j BGB darstellen. Allerdings würde kein Kündigungsgrund gemäß § 651j BGB vorliegen, denn die im Rahmen des Generalstreik in Griechenland eingetretene Bestreikung des Fährverkehres nach Italien stellt keine höhere Gewalt im Sinne diese Vorschrift dar.
36Unter höherer Gewalt versteht man im Reisevertragsrecht ein von außen kommendes und keinen betrieblichen Zusammenhang aufweisendes, nicht voraussehbares und auch durch äußerste vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht abwendbares Ereignis (vgl. Palandt, 73. Aufl. 2014, Sprau, § 651j, Rn. 3). Die Definition unterscheidet sich von der Definition der höheren Gewalt im Rahmen der Fluggastrechte nach EU VO 241/2004. Dort liegt nach Auffassung des BGH gemäss Art. 5 Abs. 3 EU VO 241/20014 höhere Gewalt auch dann vor, wenn ein Streik innerhalb des Betriebes erfolgt. Der Streikaufruf wirkt sann - auch soweit er zu einem Ausstand der eigenen Beschäftigten führt - "von außen" auf das Luftverkehrsunternehmen ein und ist nicht Teil der normalen Ausübung seiner Tätigkeit. Denn er zielt gerade darauf, als Kampfmittel der Auseinandersetzung um einen neuen oder anderen Tarifvertrag die "normale Ausübung der Tätigkeit" zu beeinträchtigen und wenn möglich vollständig lahmzulegen. Er betrifft demgemäß in aller Regel auch nicht nur einen einzelnen oder einzelne Flüge, sondern typischerweise die gesamte oder zumindest wesentliche Teile der gesamten Tätigkeit des Luftverkehrsunternehmens (BGH, Urteil vom 21. August 2012 – X ZR 138/11 –, BGHZ 194, 258-271). Diese - im Übrigen vom EuGH noch nicht bestätigte Definition - lässt sich indes auf das Reisevertragsrecht nicht übertragen, denn § 651 j BGB ist zugunsten der Reisenden enger auszulegen als Art. 4 Abs. 6 der, den §§ 651 a ff BGB zugrundeliegenden Pauschalreiserechts Richtlinie. Diese unterscheidet nicht danach, ob das ungewöhnliche nicht vorhersehbare Ereignis von aussen kommt. Für den § 651 j BGB ist indes anerkannt, dass Streiks nur dann höhere Gewalt darstellen, wenn sie sich auf Bereiche beziehen, für deren Funktionieren der Veranstalter vertraglich nicht einzustehen hat. Anders verhält es sich hingegen bei einem Streik des eigenen Personals bzw. im Bereich der Leistungsträger (vgl. Palandt, 73. Aufl. 2014, Sprau, § 651j, Rn. 3). Leistungsträger erbringen entweder eine bestimmt Art von Leistungen, eine Einzelleistung oder ein Bündel von Einzelleistungen, die im Rahmen des Reisevertrages Teilleistungen des Veranstalters sind (vgl. Palandt, 73. Aufl. 2014, Sprau, § 651a, Rn. 10). Erfüllungsgehilfen des Veranstalters sind neben seinen eigenen Leuten auch Leistungsträger und ihre Hilfspersonen, soweit sie reisevertraglich vereinbarte Leistungen erbringen (vgl. Palandt, 73. Aufl. 2014, Sprau, § 651a, Rn. 11).
37Bei dem von den Fährbetrieben mitgetragenen griechischen Generalstreik handelt es sich danach im Rahmen der nach § 651 j BGB gebotenen Betrachtung nicht um ein von außen kommendes Ereignis ohne betrieblichen Zusammenhang, da der streikende Fährbetrieb T Ferries ein Leistungsträger bzw. Erfüllungsgehilfe der Klägerin war. Dies ergibt sich aus den Reiseinformationen, die die Klägerin der Frau U – L hat zukommen lassen (Bl. 56 ff. d.A.). Hiernach wurde unter anderem die Fährleistung von Ancona nach Patras und von Patras nach Ancona als zu erbringende Leistung der Klägerin dargelegt. Dass die Klägerin ion diesem Zusammenhang einen Vertrag mit der W Seereisen- Agentur GmbH geschlossen hat, ändert an der Annahme eines betrieblichen Zusammenhangs nichts. T Ferries stellt nämlich - auch wenn über die Firma W Seereisen vermittelt - eine Hilfsperson des Leistungsträgers W Seereisen dar, die die reisevertraglich vereinbarte Leistungen zu erbringen hatte. Da das Vorliegen einer höheren Gewalt bereits am betrieblichen Zusammenhang des Ereignisses scheitert, kann offen bleiben, ob der Streik für die Klägerin unvorhersehbar war.
38II.
39Der Klägerin steht ebenso kein Anspruch auf Rückerstattung der aufgrund der Erkrankung einer Schülerin und der dadurch erforderlich werdenden Begleitung durch Frau U – L und einer weiteren Schülerin entstandenen Mehrkosten gegen die Beklagte aus § 651 a BGB zu.
40Insoweit ist zunächst festzustellen, dass es sich um einen von dem Ursprungsvertrag unabhängigen neuen Reisevertrag handelt, der anlässlich der Erkrankung einer Schülerin und der dadurch erforderlich werdenden Umplanung von Griechenland aus geschlossen wurde. Indes fehlt es auch diesbezüglich an einer Passivlegitimation der Beklagten. Erkennbar standen die hier gebuchten Leistungen in keinem Zusammenhang mehr mit den Reiseleistungen gemäss der unter dem 17.01.2011 gebuchten Gruppenreise. Eine irgendwie geartete Beteiligung der Schulleitung der F Schule oder der Beklagten selbst ist bei dieser zusätzliche Buchung nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen. Allein aus einer telefonischen Rücksprache mit der Schulleitung bezüglich des weiteren Vorgehens kann nicht auf eine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht der Lehrerin geschlossen werden. Im Übrigen gelten die obigen Ausführungen zur fehlenden Passivlegitimation der Beklagte entsprechend.
41III.
42Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO
43Streitwert: 2.432,00 Euro
ra.de-Urteilsbesprechung zu Amtsgericht Köln Urteil, 18. Aug. 2014 - 142 C 601/13
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Die in § 651i Absatz 3 bezeichneten Ansprüche des Reisenden verjähren in zwei Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Tag, an dem die Pauschalreise dem Vertrag nach enden sollte.
(1) Der Reisende kann innerhalb einer angemessenen Frist vor Reisebeginn auf einem dauerhaften Datenträger erklären, dass statt seiner ein Dritter in die Rechte und Pflichten aus dem Pauschalreisevertrag eintritt. Die Erklärung ist in jedem Fall rechtzeitig, wenn sie dem Reiseveranstalter nicht später als sieben Tage vor Reisebeginn zugeht.
(2) Der Reiseveranstalter kann dem Eintritt des Dritten widersprechen, wenn dieser die vertraglichen Reiseerfordernisse nicht erfüllt.
(3) Tritt ein Dritter in den Vertrag ein, haften er und der Reisende dem Reiseveranstalter als Gesamtschuldner für den Reisepreis und die durch den Eintritt des Dritten entstehenden Mehrkosten. Der Reiseveranstalter darf eine Erstattung von Mehrkosten nur fordern, wenn und soweit diese angemessen und ihm tatsächlich entstanden sind.
(4) Der Reiseveranstalter hat dem Reisenden einen Nachweis darüber zu erteilen, in welcher Höhe durch den Eintritt des Dritten Mehrkosten entstanden sind.
(1) Eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen. Es macht keinen Unterschied, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt oder ob die Umstände ergeben, dass sie in dessen Namen erfolgen soll.
(2) Tritt der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervor, so kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht.
(3) Die Vorschriften des Absatzes 1 finden entsprechende Anwendung, wenn eine gegenüber einem anderen abzugebende Willenserklärung dessen Vertreter gegenüber erfolgt.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
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mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
Die in § 651i Absatz 3 bezeichneten Ansprüche des Reisenden verjähren in zwei Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Tag, an dem die Pauschalreise dem Vertrag nach enden sollte.
(1) Der Reisende kann innerhalb einer angemessenen Frist vor Reisebeginn auf einem dauerhaften Datenträger erklären, dass statt seiner ein Dritter in die Rechte und Pflichten aus dem Pauschalreisevertrag eintritt. Die Erklärung ist in jedem Fall rechtzeitig, wenn sie dem Reiseveranstalter nicht später als sieben Tage vor Reisebeginn zugeht.
(2) Der Reiseveranstalter kann dem Eintritt des Dritten widersprechen, wenn dieser die vertraglichen Reiseerfordernisse nicht erfüllt.
(3) Tritt ein Dritter in den Vertrag ein, haften er und der Reisende dem Reiseveranstalter als Gesamtschuldner für den Reisepreis und die durch den Eintritt des Dritten entstehenden Mehrkosten. Der Reiseveranstalter darf eine Erstattung von Mehrkosten nur fordern, wenn und soweit diese angemessen und ihm tatsächlich entstanden sind.
(4) Der Reiseveranstalter hat dem Reisenden einen Nachweis darüber zu erteilen, in welcher Höhe durch den Eintritt des Dritten Mehrkosten entstanden sind.
(1) Durch den Pauschalreisevertrag wird der Unternehmer (Reiseveranstalter) verpflichtet, dem Reisenden eine Pauschalreise zu verschaffen. Der Reisende ist verpflichtet, dem Reiseveranstalter den vereinbarten Reisepreis zu zahlen.
(2) Eine Pauschalreise ist eine Gesamtheit von mindestens zwei verschiedenen Arten von Reiseleistungen für den Zweck derselben Reise. Eine Pauschalreise liegt auch dann vor, wenn
- 1.
die von dem Vertrag umfassten Reiseleistungen auf Wunsch des Reisenden oder entsprechend seiner Auswahl zusammengestellt wurden oder - 2.
der Reiseveranstalter dem Reisenden in dem Vertrag das Recht einräumt, die Auswahl der Reiseleistungen aus seinem Angebot nach Vertragsschluss zu treffen.
(3) Reiseleistungen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
die Beförderung von Personen, - 2.
die Beherbergung, außer wenn sie Wohnzwecken dient, - 3.
die Vermietung - a)
von vierrädrigen Kraftfahrzeugen gemäß § 3 Absatz 1 der EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung vom 3. Februar 2011 (BGBl. I S. 126), die zuletzt durch Artikel 7 der Verordnung vom 23. März 2017 (BGBl. I S. 522) geändert worden ist, und - b)
von Krafträdern der Fahrerlaubnisklasse A gemäß § 6 Absatz 1 der Fahrerlaubnis-Verordnung vom 13. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1980), die zuletzt durch Artikel 4 der Verordnung vom 18. Mai 2017 (BGBl. I S. 1282) geändert worden ist,
- 4.
jede touristische Leistung, die nicht Reiseleistung im Sinne der Nummern 1 bis 3 ist.
(4) Keine Pauschalreise liegt vor, wenn nur eine Art von Reiseleistung im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 1 bis 3 mit einer oder mehreren touristischen Leistungen im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 4 zusammengestellt wird und die touristischen Leistungen
- 1.
keinen erheblichen Anteil am Gesamtwert der Zusammenstellung ausmachen und weder ein wesentliches Merkmal der Zusammenstellung darstellen noch als solches beworben werden oder - 2.
erst nach Beginn der Erbringung einer Reiseleistung im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ausgewählt und vereinbart werden.
(5) Die Vorschriften über Pauschalreiseverträge gelten nicht für Verträge über Reisen, die
- 1.
nur gelegentlich, nicht zum Zwecke der Gewinnerzielung und nur einem begrenzten Personenkreis angeboten werden, - 2.
weniger als 24 Stunden dauern und keine Übernachtung umfassen (Tagesreisen) und deren Reisepreis 500 Euro nicht übersteigt oder - 3.
auf der Grundlage eines Rahmenvertrags für die Organisation von Geschäftsreisen mit einem Reisenden, der Unternehmer ist, für dessen unternehmerische Zwecke geschlossen werden.
Die in § 651i Absatz 3 bezeichneten Ansprüche des Reisenden verjähren in zwei Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Tag, an dem die Pauschalreise dem Vertrag nach enden sollte.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin verlangt Ausgleichszahlungen nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c, Art. 5 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 (ABl. EG L 46 vom 17. Februar 2004 S. 1 ff.; nachfolgend: Verordnung oder Fluggastrechteverordnung).
- 2
- Sie buchte bei der Beklagten für sich und ihren Lebensgefährten, der seine Ansprüche an sie abgetreten hat, einen Flug von Düsseldorf nach Miami und zurück. Der Rückflug war für den 22. Februar 2010 vorgesehen. Für den Zeitraum vom 22. bis 25. Februar 2010 wurde von der Pilotenvereinigung Cockpit am 17. Februar 2010 ein Streik angekündigt. Die Beklagte annullierte daraufhin den Rückflug und buchte die Reisenden um, was der Klägerin am 19. Februar 2010 mitgeteilt wurde. Die Reisenden trafen schließlich am 25. Februar 2010 in Düsseldorf ein.
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- Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe von 1.200 € (2 x 600 €) nebst Zinsen stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist zurückgewiesen worden. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten , mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe:
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- I. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Beklagte schulde die in der Fluggastrechteverordnung vorgesehene Ausgleichszahlung, da die Annullierung des gebuchten Rückflugs nicht durch ein außergewöhnliches Ereignis im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der Verordnung verursacht worden sei. Zwar habe die Beklagte hinreichend dargetan, alles Zumutbare zur Vermeidung der Annullierung getan zu haben. Ein Streik eigener Mitarbeiter des ausführenden Luftverkehrsunternehmens stelle jedoch kein außergewöhnliches Ereignis dar. Mit der Verordnung sollten die Rechte der Fluggäste gestärkt werden, weswegen bei der Beurteilung, welche Ereignisse als außergewöhnlich anzusehen seien, mit der Folge, dass der grundsätzlich bei Annullierungen vorgesehene Ausgleichsanspruch entfalle, enge Maßstäbe anzulegen seien. Bei einem Streik einer deutschen Gewerkschaft, mit der die Beklagte in Tarifverhandlungen stehe , handle es sich um äußere Umstände, die als Betriebsrisiko dem normalen Geschäftsbetrieb der Beklagten zuzurechnen seien. Mit Streiks müsse bei Ta- rifverhandlungen grundsätzlich gerechnet werden und damit auch mit dem Ausfall und der Annullierung von Flügen. Insoweit handle es sich um ein typisches, in Ausübung der betrieblichen Tätigkeit zu erwartendes und nicht um ein außergewöhnliches Ereignis im Sinne der Verordnung.
- 5
- II. Dies hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt im Streitfall in Betracht, dass die geltend gemachten Ausgleichsansprüche unbegründet sind, weil außergewöhnliche Umstände zu einer von der Beklagten nicht zu vermeidenden Annullierung des gebuchten Flugs geführt haben.
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- 1. Der Klägerin und ihrem Mitreisenden stehen wegen der Annullierung des Fluges von Miami nach Düsseldorf keine Ansprüche auf eine Ausgleichszahlung nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c, Art. 5 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung zu, wenn sich die Beklagte auf außergewöhnliche Umstände im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der Verordnung berufen kann, die diesen Anspruch ausschließen. Nach dieser Vorschrift ist ein ausführendes Luftverkehrsunternehmen nicht verpflichtet , Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.
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- 2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann der Streikaufruf einer Gewerkschaft im Rahmen einer Tarifauseinandersetzung wie die angekündigte Arbeitsniederlegung der der Vereinigung Cockpit angehörenden Piloten der Beklagten, auf den die Annullierung nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts zurückgeht, außergewöhnliche Umständen im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der Verordnung begründen.
- 8
- a) Der Begriff der außergewöhnlichen Umstände ist weder in Art. 2, der verschiedene Begriffsbestimmungen enthält, noch in sonstigen Vorschriften der Verordnung definiert. Inhalt und Reichweite des Tatbestands sind daher im Wege der Auslegung des Art. 5 Abs. 3 der Verordnung zu ermitteln.
- 9
- Dabei sind die Bedeutung und die Tragweite von Begriffen, die das Unionsrecht nicht definiert, entsprechend ihrem Sinn, dem gewöhnlichen Sprachgebrauch und unter Berücksichtigung des Zusammenhangs, in dem sie verwendet werden, und der mit der betreffenden Regelung verfolgten Ziele zu bestimmen. Auch die Erwägungsgründe eines Unionsrechtsakts können seinen Inhalt präzisieren und sind daher zur Auslegung heranzuziehen. Bestimmungen , die eine Ausnahme von unionsrechtlichen Verbraucherschutzvorschriften darstellen, sind ferner eng, d.h. so auszulegen, dass das vom Unionsgesetzgeber gewollte Schutzniveau gewahrt bleibt (vgl. nur EuGH, Urteil vom 10. März 2005, C-336/03, Slg. 2005, I-1947, Rn. 21 - easyCar; Urteil vom 10. Januar 2006, C-344/04, NJW 2006, 351, Rn. 76 - IATA und ELFAA; Urteil vom 22. Dezember 2008 - C-549/07, Slg. 2008 I-11061 = NJW 2009, 347 = RRa 2009, 35, Rn. 16-18 - Wallentin-Hermann/Alitalia).
- 10
- b) Nach seinem Wortlaut, der - im Unionsrecht nicht anders als im deutschen Recht - den Ausgangspunkt der Auslegung bildet, kennzeichnet es die gegebenenfalls zu einem Wegfall der Ausgleichsverpflichtung führenden Umstände, dass sie außergewöhnlich (englisch "extraordinary", französisch "extraordinaires") sind, d.h. nicht dem gewöhnlichen Lauf der Dinge entsprechen , sondern außerhalb dessen liegen, was üblicherweise mit dem Ablauf der Personenbeförderung im Luftverkehr verbunden ist oder verbunden sein kann.
- 11
- Der Unionsgesetzgeber hat damit einen Begriff gewählt, der - im Ausgangspunkt ähnlich wie das auch in Betracht gezogene (Begründung des Rates zum Gemeinsamen Standpunkt (EG) Nr. 27/2003 vom 18. März 2003, ABl. EU Nr. C125 E v. 27. Mai 2003, S. 70) Kriterium der höheren Gewalt - auf die Erfassung von Ereignissen abzielt, die nicht mit dem Luftverkehr verbunden sind, sondern als - jedenfalls in der Regel von außen kommende - besondere Um- stände seine ordnungs- und plangemäße Durchführung beeinträchtigen oder unmöglich machen können. Den dem Begriff der höheren Gewalt immanenten Gesichtspunkt der Unabwendbarkeit hat der Gesetzgeber dabei in der Weise berücksichtigt, dass außergewöhnliche Umstände nicht per se zum Wegfall der Ausgleichspflicht führen. Dies ist vielmehr nur dann der Fall, wenn sich die außergewöhnlichen Umstände auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn von dem Luftverkehrsunternehmen alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Dies macht zugleich deutlich, dass ein bestimmtes außergewöhnliches Ereignis wie beispielsweise ein Erdbeben oder ein Orkan nicht schon für sich genommen zur Entlastung des Luftverkehrsunternehmens führt, sondern nur dann, wenn die hierdurch hervorgerufenen Bedingungen für die Durchführung eines geplanten Flugs auch bei Aufbietung aller möglichen und zumutbaren Mittel nicht in der Weise verändert oder sonst beeinflusst werden können, dass der Flug planmäßig durchgeführt werden kann (vgl. EuGH, WallentinHermann /Alitalia Rn. 22).
- 12
- Dies entspricht der Zielsetzung der Verordnung, den Verbraucher vor dem "Ärgernis" insbesondere von Annullierungen zu bewahren, die aus der Sicht des Luftverkehrsunternehmens wirtschaftlich vernünftig sind, die sich aber im Interesse der betroffenen Reisenden bei der gebotenen Rücksichtnahme auf deren Belange und der Aufbietung aller zumutbaren Mittel vermeiden ließen. Nach Erwägungsgrund 12 sollen das Ärgernis und die Unannehmlichkeiten, die Fluggästen durch die Annullierung von Flügen entstehen, dadurch verringert werden, dass die Luftverkehrsunternehmen veranlasst werden, die Fluggäste vor der planmäßigen Abflugzeit über Annullierungen zu unterrichten und ihnen darüber hinaus eine zumutbare anderweitige Beförderung anzubieten, so dass die Fluggäste umdisponieren können. (Nur) wenn dies nicht möglich ist oder nicht geschieht, sollen die Luftverkehrsunternehmen den Fluggästen einen Ausgleich leisten.
- 13
- Indem er für die Befreiung von der Ausgleichspflicht außergewöhnliche Umstände verlangt, lässt der Gesetzgeber zudem nicht jedes unvermeidbare Ereignis genügen, sondern weist auch unvermeidbare Hindernisse für die planmäßige Durchführung eines Flugs der Risikosphäre des Luftverkehrsunternehmens zu, sofern sie nicht als außergewöhnlich aus den üblichen und erwartbaren Abläufen des Luftverkehrs herausragen. Ein technischer Defekt, wie er beim Betrieb eines Flugzeugs auftreten kann, begründet daher regelmäßig auch dann, wenn das Luftverkehrsunternehmen alle Wartungsintervalle eingehalten und die Wartung ordnungsgemäß durchgeführt hat, regelmäßig keine außergewöhnlichen Umstände im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (BGH, Urteil vom 12. November 2009 - Xa ZR 76/07, NJW 2010, 1070 = RRa 2010, 34, Rn. 23). Hierdurch wird dem angestrebten Verbraucherschutz zu praktischer Wirksamkeit verholfen, denn die Vermeidbarkeit eines technischen Defekts kann von den hierdurch betroffenen Verbrauchern regelmäßig nicht beurteilt werden und wäre auch in einem gerichtlichen Verfahren nur mit unverhältnismäßigem Aufwand und ungewissem Ausgang zu klären, was sich zugleich , käme es hierauf an, regelmäßig als Hindernis für die Durchsetzung berechtigter Ansprüche erwiese.
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- c) Erwägungsgrund 14 der Verordnung bestätigt und bekräftigt dieses sich aus Wortlaut und Zweck der Norm ergebende Verständnis. Danach können außergewöhnliche Umstände insbesondere bei politischer Instabilität, mit der Durchführung des betreffenden Fluges nicht zu vereinbarenden Wetterbedingungen , Sicherheitsrisiken, unerwarteten Flugsicherheitsmängeln und den Betrieb eines ausführenden Luftverkehrsunternehmens beeinträchtigenden Streiks eintreten. Nach Erwägungsgrund 15 "sollte" sogar vom Vorliegen außergewöhnlicher Umstände ausgegangen werden, wenn eine Entscheidung des Flugverkehrsmanagements zu einem einzelnen Flugzeug an einem bestimmten Tag zur Folge hat, dass es, obgleich alle zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung dieser Folge ergriffen wurden, bei einem oder mehreren Flügen des be- treffenden Flugzeugs zu einer großen Verspätung, einer Verspätung bis zum nächsten Tag oder zu einer Annullierung kommt. Beide Erwägungsgründe zeigen , dass für die Qualifikation der Umstände als außergewöhnlich weder ihre - möglicherweise vielfältigen - Ursachen noch ihre Herkunft aus dem Verantwortungsbereich des Luftverkehrsunternehmens oder eines Dritten oder ihre generelle Unbeeinflussbarkeit entscheidend sind, sondern vielmehr der Umstand, dass sie sich von denjenigen Ereignissen unterscheiden, mit denen typischerweise bei der Durchführung eines einzelnen Fluges gerechnet werden muss.
- 15
- d) In der Rechtssache Wallentin-Hermann/Alitalia, in der es um die Frage ging, ob ein bei einem Flugzeug aufgetretenes technisches Problem außergewöhnliche Umstände begründen könne, hat der Gerichtshof der Europäischen Union die Vorschrift in Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen ausgelegt : Auch wenn der Gemeinschaftsgesetzgeber "unerwartete Flugsicherheitsmängel" in die Aufzählung nach Erwägungsgrund 14 aufgenommen habe und ein technisches Problem eines Flugzeugs zu solchen Mängeln gezählt werden könne, könnten die Umstände im Zusammenhang mit einem solchen Vorkommnis dennoch nur dann als "außergewöhnlich" im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der Verordnung qualifiziert werden, wenn sie ein Vorkommnis beträfen, das wie die in Erwägungsgrund 14 aufgezählten nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftverkehrsunternehmens und aufgrund seiner Natur oder Ursache von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen sei (Rn. 23). Angesichts der besonderen Bedingungen, unter denen der Luftverkehr durchgeführt werde, und des Maßes an technischer Komplexität der Flugzeuge sähen sich die Luftverkehrsunternehmen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit gewöhnlich verschiedenen technischen Problemen gegenüber, die der Betrieb solcher Maschinen unausweichlich mit sich bringe und zu deren Vermeidung diese regelmäßigen und strikten Kontrollen unterlägen, die Bestandteil der gewöhnlichen Betriebsbedingungen der Luftverkehrsunternehmen seien. Die Behebung eines technischen Problems, das auf die fehlerhafte Wartung einer Maschine zurückzuführen sei, sei daher Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des Luftverkehrsunternehmens. Folglich könnten technische Probleme, die sich bei der Wartung von Flugzeugen zeigten oder infolge einer unterbliebenen Wartung aufträten, als solche keine außergewöhnlichen Umstände darstellen (Rn. 24 f.). Es lasse sich indessen nicht ausschließen, dass technische Probleme zu solchen außergewöhnlichen Umständen zu rechnen seien, soweit sie auf Vorkommnisse zurückzuführen seien, die nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftverkehrsunternehmens und von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen seien. So verhielte es sich z.B. dann, wenn der Hersteller der Maschinen, aus denen die Flotte des betroffenen Luftverkehrsunternehmens bestehe, oder eine zuständige Behörde entdeckte, dass die bereits in Betrieb genommenen Maschinen mit einem versteckten Fabrikationsfehler behaftet seien, der die Flugsicherheit beeinträchtige, und Gleiches würde bei durch Sabotageakte oder terroristische Handlungen verursachten Schäden an den Flugzeugen gelten (Rn. 26).
- 16
- Der Bundesgerichtshof hat hieraus abgeleitet, dass technische Defekte, wie sie beim Betrieb eines Flugzeugs typischerweise auftreten, grundsätzlich keine außergewöhnlichen Umstände begründen, und zwar auch dann nicht, wenn das Luftverkehrsunternehmen alle vorgeschriebenen oder sonst bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt gebotenen Wartungsarbeiten frist- und ordnungsgemäß ausgeführt hat. Solche Defekte sind Teil der normalen Tätigkeit des betroffenen Luftverkehrsunternehmens (BGH, Urteil vom 12. November 2009 - Xa ZR 76/07, NJW 2010, 1070 = RRa 2010, 34, Rn. 23). Anders verhält es sich dann, wenn ein technischer Defekt ein nicht beherrschbares Vorkommnis zur Folge hat, das außerhalb des Rahmens der normalen Betriebstätigkeit des Luftverkehrsunternehmens liegt. Dies kann sich zum einen daraus ergeben, dass nicht nur ein einzelnes Flugzeug betroffen ist, sondern der gesamte über einen Flughafen abgewickelte Luftverkehr oder die gesamte Flotte eines Luftverkehrsunternehmens, beispielsweise weil die technischen Einrichtungen eines Flughafens versagen oder ein versteckter Fabrikationsfehler die gesamte oder einen wesentlichen Teil der Flotte des Luftverkehrsunternehmens betrifft. Solche Fälle sind nicht Teil der normalen Betriebstätigkeit; in diesen Fällen kommt der Luftverkehr oder die Betriebstätigkeit eines oder mehrerer Luftverkehrsunternehmen vielmehr ganz oder teilweise zum Erliegen. Die Außergewöhnlichkeit der Umstände kann sich zum anderen aber auch aus der Natur eines - gegebenenfalls nur ein einzelnes Flugzeug betreffenden - Vorkommnisses ergeben, das wie ein Sabotageakt oder ein terroristischer Anschlag außerhalb dessen liegt, womit im Rahmen der normalen Betriebstätigkeit eines Luftverkehrsunternehmens gerechnet werden muss.
- 17
- e) Die Prüfung, ob ein technisches Problem in diesem Sinne auf ein Vorkommnis zurückzuführen ist, das nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftverkehrsunternehmens und von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen ist, hat der Gerichtshof dem nationalen Richter überantwortet (EuGH, Wallentin-Hermann/Alitalia Rn. 27); sie ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters.
- 18
- f) Die vom Gerichtshof für technische Defekte entwickelten Maßstäbe sind auch dann heranzuziehen, wenn Vorkommnisse, wie etwa die in Erwägungsgrund 14 - beispielhaft (EuGH, Wallentin-Hermann/Alitalia Rn. 22) - genannten Fälle politischer Instabilität, mit der Durchführung eines Flugs nicht zu vereinbarende Wetterbedingungen, Sicherheitsrisiken, und den Betrieb eines Luftverkehrsunternehmens beeinträchtigende Streiks als Ursache außergewöhnlicher Umstände in Betracht kommen. Auch insoweit ist maßgeblich, ob die Annullierung auf ungewöhnliche, außerhalb des Rahmens der normalen Betriebstätigkeit des Luftverkehrsunternehmens liegende und von ihm nicht zu beherrschende Gegebenheiten zurückgeht.
- 19
- Sofern - wie im Streitfall - ein Streik in Rede steht, kommt es dabei - jedenfalls im Grundsatz - nicht darauf an, ob der Betrieb des Luftverkehrsunter- nehmens durch eine Tarifauseinandersetzung zwischen Dritten, beispielsweise durch einen Streik von Beschäftigten des Flughafenbetreibers oder eines mit betriebswesentlichen Aufgaben wie etwa der Sicherheitskontrolle beauftragten anderen Unternehmens oder dadurch beeinträchtigt wird, dass eigene Mitarbeiter des ausführenden Luftverkehrsunternehmens wie Bodenpersonal oder fliegendes Personal in den Ausstand treten. Weder der Wortlaut des Art. 5 Abs. 3 der Verordnung noch Erwägungsgrund 14 oder der vorstehend dargestellte Sinn und Zweck der Vorschrift bieten für eine solche Unterscheidung einen Anhaltspunkt.
- 20
- Auch der Streik eigener Mitarbeiter geht typischerweise von einer Gewerkschaft aus, die von dem auf der Gegenseite stehenden Tarifpartner, der der Arbeitgeber der Mitarbeiter, aber auch eine Arbeitgeberorganisation sein kann, verbesserte Arbeitsbedingungen oder höhere Löhne erstreiten will. Zu diesem Zweck ruft sie ihre Mitglieder zur Teilnahme am Arbeitskampf auf. Ein solcher Arbeitskampf ist Mittel der unionsrechtlich geschützten Koalitionsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 und Art. 28 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union [ABl. C 364/1 ff. vom 18. Dezember 2000, vgl. hierzu Streinz, EUV/AEUV, 2. Aufl., Art. 28 GR-Charta, Rn. 4]) und suspendiert, jedenfalls soweit zur Ermöglichung des Arbeitskampfes erforderlich, die sonst bestehenden Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag. Der Streikaufruf wirkt - auch soweit er zu einem Ausstand der eigenen Beschäftigten führt - "von außen" auf das Luftverkehrsunternehmen ein und ist nicht Teil der normalen Ausübung seiner Tätigkeit. Denn er zielt gerade darauf, als Kampfmittel der Auseinandersetzung um einen neuen oder anderen Tarifvertrag die "normale Ausübung der Tätigkeit" zu beeinträchtigen und wenn möglich vollständig lahmzulegen. Er betrifft demgemäß in aller Regel auch nicht nur einen einzelnen oder einzelne Flüge, sondern typischerweise die gesamte oder zumindest wesentliche Teile der gesamten Tätigkeit des Luftverkehrsunternehmens. Der Zweck der Verordnung, die Fluggäste - auch durch die Pflicht zu Ausgleichszahlungen - vor dem "Ärgernis" (EuGH, IATA und ELFAA Rn. 69; Wallentin-Hermann/Alitalia Rn. 18) - grundsätzlich - vermeidbarer Annullierungen zu schützen, kommt bei einem solchen Streik ebenso wenig zum Tragen wie in denjenigen Fällen, in denen ein externer Arbeitskampf oder ein sonstiges Ereignis dazu führt, dass die normale Betriebstätigkeit eines Luftverkehrsunternehmens ganz oder zu wesentlichen Teilen zum Erliegen kommt. Im Übrigen können, wie ein vom West London County Court entschiedener Fall belegt, in dem Mitarbeiter eines Luftverkehrsunternehmens in einen wilden Streik traten, weil der Flughafenbetreiber die Betrauung des Luftverkehrsunternehmens mit der GepäckBodenbeförderung nicht fortsetzen wollte (zitiert nach Galán, www.mondaq.com/article.asp?articleid=82136), beide Konstellationen ineinander übergehen.
- 21
- g) Der Senat kann die vorstehende Auslegung der Verordnung seiner weiteren Sachprüfung zugrunde legen, ohne zuvor eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union einzuholen. Denn das dargelegte Normverständnis ergibt sich, wie ausgeführt, aus Wortlaut und Zweck der Verordnung und steht in Einklang mit der Auslegung des Art. 5 Abs. 3 der Verordnung durch die bereits ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofs. Die Erwägungen , auf die der Gerichtshof die Auslegung der Vorschrift in den oben angeführten Entscheidungen gestützt hat, greifen auch im Streitfall. Der Senat hat auf der Grundlage dieser Rechtsprechung keine Zweifel, dass der Gerichtshof für außergewöhnliche Umstände, die aufgrund eines Streiks eintreten, zu keiner anderen Beurteilung gelangt als für die übrigen in Erwägungsgrund 14 der Verordnung beispielhaft aufgezählten Fallgestaltungen.
- 22
- Dem steht nicht entgegen, dass das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit einigen Stimmen in der Literatur (s. etwa Bartlik, RRa 2009, 272, 278; Schmid, NJW 2006, 1841, 1843; A. Staudinger, RRa 2006, 254, 255 f. [anders derselbe in: Staudinger, BGB, 13. Bearb. 2012, § 651j Rn. 22 f.]) zu einem ab- weichenden Ergebnis gelangt ist. Denn dies wird, soweit es näher begründet wird, zum einen mit einer entsprechenden Auslegung des Art. 19 des Montrealer Übereinkommens gerechtfertigt, zum anderen mit der Annahme, dass Tarifkonflikte mit den eigenen Mitarbeitern zum allgemeinen Betriebsrisiko des Luftverkehrsunternehmens zählten. Auf beide Gesichtspunkte kommt es indessen weder nach dem Wortlaut der Verordnung noch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union entscheidend an.
- 23
- 3. Im Streitfall war die Streikankündigung der Vereinigung Cockpit, wie der Senat aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts selbst beurteilen kann, geeignet, außergewöhnliche Umstände im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der Verordnung herbeizuführen.
- 24
- a) Im Streitfall musste die Beklagte damit rechnen, dass die überwiegende Zahl ihrer angestellten Piloten dem Streikaufruf nachkommen würde. Es ging also nicht darum, einen etwa durch Krankheit eingetretenen Ausfall einer geringen Anzahl von Mitarbeitern zu kompensieren, sondern auf einen drohenden Ausfall zumindest eines erheblichen Teils des Pilotenpersonals zu reagieren. Die Beklagte musste davon ausgehen, dass ihr als Folge des Streiks keine zur Einhaltung des gesamten Flugplans ausreichende Anzahl von Piloten zur Verfügung stehen würde und deshalb eine nicht unerhebliche Zahl der von ihr geplanten Flüge nicht oder nicht wie vorgesehen würde durchgeführt werden können; sie hatte deshalb Anlass, bereits auf die Ankündigung des Streiks zu reagieren und den Flugplan so zu reorganisieren, dass zum einen die Beeinträchtigungen der Fluggäste durch den Streik so gering wie unter den gegebenen Umständen möglich ausfallen würden und sie zum anderen in der Lage sein würde, nach Beendigung des Streiks sobald wie möglich zum Normalbetrieb zurückzukehren. Eine solche Situation kann nicht zur normalen Tätigkeit eines Luftverkehrsunternehmens gerechnet werden.
- 25
- b) Die Berufung der Beklagten auf außergewöhnliche Umstände scheidet nicht deswegen aus, weil die Situation für die Beklagte beherrschbar war.
- 26
- In aller Regel kann eine außergewöhnliche Umstände ausschließende Beherrschbarkeit der Situation bei einer Tarifauseinandersetzung nicht angenommen werden. Die Entscheidung, einen Streik durchzuführen, wird von der Arbeitnehmerseite im Rahmen der ihr zukommenden Tarifautonomie getroffen und damit außerhalb des Betriebs des ausführenden Luftverkehrsunternehmens. Daraus folgt, dass das Luftverkehrsunternehmen regelmäßig auch bei eigenen Mitarbeitern keinen rechtlich erheblichen Einfluss darauf hat, ob gestreikt wird oder nicht. Dabei verfängt das Argument nicht, das ausführende Luftverkehrsunternehmen habe es bei betriebsinternen Streiks in der Hand, den Forderungen nachzukommen und dadurch den Streik abzuwenden. Damit würde von dem Luftverkehrsunternehmen verlangt, auf seine unionsrechtlich geschützte Koalitionsfreiheit zu verzichten und sich im Arbeitskampf von vornherein in die Rolle des Unterlegenen zu begeben. Dies wäre weder dem Luftverkehrsunternehmen zumutbar noch läge es im längerfristigen Interesse der Fluggäste.
- 27
- Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich nichts dafür, dass im Streitfall etwas anderes gelten könnte.
- 28
- III. Das Berufungsurteil kann demnach keinen Bestand haben, und die Sache ist zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO), weil das Berufungsgericht keine Feststellungen zu der Frage getroffen hat, ob die Beklagte alle zumutbaren Maßnahmen im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der Verordnung ergriffen hat, um die Annullierung des von der Klägerin gebuchten Flugs zu vermeiden.
- 29
- 1. Welche Maßnahmen einem ausführenden Luftverkehrsunternehmen zuzumuten sind, also in persönlicher, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht erwartet werden können, um zu vermeiden, dass außergewöhnliche Umstände zur Annullierung eines bestimmten Fluges führen, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls zu diesem Zeitpunkt (EuGH, Wallentin-Hermann/Alitalia Rn. 42; Urteil vom 12. Mai 2011 - Rs. C-294/10, NJW 2011, 2865 = RRa 2011, 125 Rn. 25, 29 f. - Eglītis und Ratnieks). Der Gerichtshof geht von einem flexiblen und vom Einzelfall abhängigen Begriff der zumutbaren Maßnahme aus, wobei es Sache des nationalen Gerichts ist zu beurteilen, ob in dem ihm vorliegenden Fall angenommen werden kann, dass das Luftverkehrsunternehmen die der Situation angemessenen Maßnahmen getroffen hat (EuGH, Eglītis und Ratnieks, Rn. 30). Auch bei einer streikbedingten Beeinträchtigung des Flugplans sind demgemäß die konkreten Umstände des Einzelfalls maßgeblich.
- 30
- 2. Das Berufungsgericht hat zwar im Rahmen der Begründung der Zulassung der Revision ausgeführt, die im Streitfall relevante Rechtsfrage, ob ein Streik des eigenen Personals zu außergewöhnlichen Umständen nach Art. 5 Abs. 3 der Verordnung führen könne, sei entscheidungserheblich, weil die Beklagte hinreichend dargelegt habe, alles Zumutbare zur Vermeidung der Annullierung getan zu haben. Diese allgemeine Äußerung zur Leistung des Zumutbaren ersetzt aber nicht Feststellungen zu den von der Beklagten zur Vermeidung der Annullierung angeblich durchgeführten Maßnahmen, zumal das Amtsgericht den Vortrag der Beklagten hierzu als nicht ausreichend erachtet hat. Durch die Zurückverweisung erhält das Berufungsgericht Gelegenheit, die erforderlichen Feststellungen nachzuholen.
- 31
- IV. Dabei wird das Berufungsgericht Folgendes zu berücksichtigen haben :
- 32
- 1. Lassen außergewöhnliche Umstände besorgen, dass dem Luftverkehrsunternehmen demnächst ein erheblicher Teil seiner Piloten nicht zur Ver- fügung stehen wird, können an die Darlegung der Gründe, warum ein bestimmter Flug annulliert worden ist, keine hohen Anforderungen gestellt werden.
- 33
- In einer solchen Situation steht das Luftverkehrsunternehmen vor der Aufgabe, den Betriebsablauf möglichst schon im Vorfeld entsprechend zu reorganisieren. Hierbei hat es wie bereits dargelegt vor allem darauf hinzuwirken, dass die Beeinträchtigung für die Gesamtheit der Fluggäste möglichst gering ausfällt und dass nach dem Wegfall der Beeinträchtigungen möglichst schnell wieder der Normalbetrieb aufgenommen werden kann. Schöpft das Luftverkehrsunternehmen unter Einhaltung dieser Anforderungen die ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen in dem gebotenen Umfang aus, kann die Nichtdurchführung eines einzelnen Fluges in der Regel nicht allein deshalb als vermeidbar angesehen werden, weil stattdessen ein anderer Flug hätte annulliert werden können. In Anbetracht der komplexen Entscheidungssituation, bei der eine Vielzahl von Flügen sowie deren Verknüpfung untereinander zu berücksichtigen sind, ist dem Luftverkehrsunternehmen vielmehr der erforderliche Spielraum bei der Beurteilung der zweckmäßigen Maßnahmen zuzubilligen. Eine Verkürzung der Verbraucherrechte ist hierdurch nicht zu besorgen, da es nicht zuletzt im eigenen wirtschaftlichen Interesse des Luftverkehrsunternehmens liegt, die Auswirkungen des Streiks und die streikbedingten Beeinträchtigungen der Fluggäste so gering wie möglich zu halten.
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- 2. Soweit es um die Möglichkeit geht, Aushilfspersonal einzusetzen, wird das Luftverkehrsunternehmen in der Regel nur dann Anlass zu detaillierterem Vortrag haben, wenn sich aus dem unstreitigen Sachverhalt oder aus dem Vortrag der Gegenseite konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die kurzfristige Verpflichtung von Aushilfspiloten möglich und zumutbar war.
Vorinstanzen:
AG Köln, Entscheidung vom 25.10.2010 - 142 C 153/10 -
LG Köln, Entscheidung vom 27.10.2011 - 6 S 282/10 -
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.