Amtsgericht Köln Urteil, 19. Okt. 2015 - 142 C 232/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 100 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckbaren Betrages abzuwenden, soweit nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages geleistet hat
1
Tatbestand
2Die Klägerin nimmt den Beklagten auf die Zahlung einer Vergütung für die Teilnahme an einem Fremdsprachenseminar in Anspruch.
3Die Klägerin betreibt eine Sprachschule in Palma de Mallorca. Dabei wendet die Klägerin die sogenannte B.-Methode an. Diese gestaltet sich wie folgt: Jeder Kurstag beginnt mit einem einstündigen Sprachunterricht, der von einem Sprachlehrer gehalten wird. Den übrigen Vormittag verbringen die Teilnehmer mit dem Auswendiglernen von Karteikarten. Nachmittags wird die Lektion vom Vormittag in einem Kinosaal per Video wiederholt. Dazu leuchtet die Leinwand in grellen Farben begleitet von lauter Musikuntermalung, was das Unterbewusstsein der Teilnehmer öffnen soll. Sodann werden unter leiser Musikbegleitung die Vokabeln und Sätze in Schrift und Ton wiedergegeben, später wird nur in Schrift wiederholt. Dabei soll das auf der Leinwand angezeigte Wort nicht gelesen, sondern als Bild von den Teilnehmern aufgenommen werden. Die Freundin des Beklagten, die Zeugin T., holte im Februar 2013 bei einem Mitarbeiter der Klägerin für den Beklagten Informationen über den angebotenen Sprachkurs ein. Zum damaligen Zeitpunkt bewarb die Klägerin ihre Lernmethode u.a. im Bordmagazin einer deutschen Fluggesellschaft. Wegen der Einzelheiten dieser Werbung wird auf Bl. 60 d.A. Bezug genommen. Der Beklagte meldete sich am 11.02.2013 bei der Klägerin für ein sechstägiges Spanisch-Seminar vom 11.02.2013 bis 16.02.2013 zum Preis von 1.800,00 Euro an. Wegen der Einzelheiten der Anmeldung wird auf Bl. 24 d.A. Bezug genommen. Am ersten Kurstag fand ein Einführungsseminar statt, in dessen Rahmen die Lernmethode und die Lernphasen erläutert wurden. Der Beklagte nahm an dem Seminar teil. Er erlernte dabei keine 900 Vokabeln.
4Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe seine Anmeldung erst nach dem Einführungsseminar unterzeichnet. In diesem sei der Beklagte über die Lernmethode und die Umsetzung der Lernphasen aufgeklärt worden. Es sei ihm gesagt worden, dass je nach Sprachlevel bis zu 900 Vokabeln gelernt werden können und sollte der Lernerfolg nicht eintreten, die Möglichkeit einer kostenlosen Nachschulung bestehe. Sie ist der Ansicht, dass es nicht darauf ankommen, dass bei dem Beklagten kein Lernerfolg eingetreten sei, da es sich um einen Dienstvertrag handele, bei dem kein Erfolg geschuldet ist. Der Beklagte sei daher verpflichtet, die Kursgebühr in Höhe von 1.800,00 Euro zu zahlen.
5Die Klägerin beantragt,
6den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 1.800,00 Euro zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 9.5.2013 sowie 229,55 Euro vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.
7Der Beklagte beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Der Beklagte erklärt die Aufrechnung mit einem Schadenersatzanspruch in Höhe der Kursgebühr. Dazu behauptet er, die Klägerin habe ein Erlernen von 900 Vokabeln garantiert. Diese Garantie hätten Mitarbeiter gegenüber der Zeugin T. telefonisch sowie auch ihm gegenüber vor Ort ausgesprochen. Zum Zeitpunkt des Einführungsseminars habe er den Vertrag schon unterzeichnet. Er behauptet ferner, dass eine Nachschulung durch die Klägerin sinnlos sei, da die Lernmethode ungeeignet sei. Er ist weiter der Ansicht, dass auf den Vertrag spanisches Recht anzuwenden sei.
10Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschlüssen vom 18.11.2013 (Bl. 27 f. d. A.), vom 31.3.2014 (Bl. 63 f. d. A.) und vom 10.11.2014 (Bl. 110 f. d. A.) durch Vernehmung der Zeugen T., O., S., U., G. und N.. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme der Zeugin wird auf das Sitzungsprotokoll des Gerichtes vom 27.01.2014 (Bl. 36 ff d.A.) verwiesen; hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme betreffend des Zeugen O. wird auf das Protokoll der Sitzung des Rechtshilfegerichtes AG Kassel vom 16.10.2014 (Bl. 98 f d.A.) und betreffend der Zeugen U. und S. auf das Protokoll der Sitzung des Rechtshilfegerichtes AG Kirchheim unter Teck vom 21.01.2015 (Bl. 120 ff d.A.) verwiesen. Nachdem die angeordnete schriftliche Vernehmung der Zeugen G. und N. ohne Erfolg blieb, da schriftliche Aussagen der Zeugen nicht eingingen hat das Gericht mit Verfügung vom 10.06.2015 die Vernehmung im Wege der internationalen Rechthilfe durch die spanischen Gerichte angeordnet. Der hierzu von der Klägerin angeforderte Vorschuss in Höhe von 300,00 Euro wurde nicht eingezahlt.
11Die Klägerin reichte nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 15.10.2015, bei Gericht eingegangen am 16.10.2015 schriftliche Aussagen der Zeugen N. und G..
12Es wird weiter auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
13Entscheidungsgründe
14Die Klage ist unbegründet.
15Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Zahlung i.H.v. 1.800,00 Euro aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Unterrichtvertrag iVm § 611 Abs. 1 BGB zu, da der Beklagte der Klägerin einen Anspruch auf Befreiung von der Verbindlichkeit von 1.800,00 Euro aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei der Vertragsanbahnung gemäss §§ 311 Abs. 2, 241 Abs.2, 249 BGB entgegenhalten kann.
16I.
17Auch wenn die Klägerin ihren Sitz auf Mallorca hat und der streitgegenständliche Sprachunterricht dort stattfand, ist aufgrund einer entsprechenden Rechtswahl der Parteien auf den vorliegenden Rechtsstreit deutsches Recht anzuwenden.
18Nach Art. 3 Abs. 1 Rom I-VO unterliegt der Vertrag dem von den Parteien gewählten Recht. Die Rechtswahl muss ausdrücklich erfolgen oder sich eindeutig aus den Bestimmungen des Vertrags oder aus den Umständen des Falles ergeben. Solche Umstände können sich aus dem Ort des Vertragsschlusses, der verwendeten Sprache, dem Vertragsgegenstand, den näheren Umständen des Zustandekommens und etwaigen schriftlichen Vertragsunterlagen ergeben.
19Vorliegend wurde eine ausdrückliche Rechtswahl nicht getroffen, aus der Anmeldung vom 11.02.2013 ergibt sich aber dass die Klägerin zum einen die Anmeldung in der deutschen Sprache verfasst hat und weiter konkret auf deutsches Recht Bezug nimmt, in dem Geschäftsbedingungen in deutscher Sprache gestellt werden und in ihnen auch auf deutsches Recht Bezug genommen wird, wie z.B. die Geltung der §§ 651g, 651h BGB. Damit korrespondiert, dass die Klägerin wie aus der Anmeldung ersichtlich auch eine Kombination zwischen Sprachkurs und Hotelunterbringung anbietet und auch als Reiseveranstalter auftritt. Nimmt man noch hinzu, dass sich das Angebot der Klägerin spanisch zu lernen speziell an deutsche Kunden richtet. Schliesslich berufen sich auch beide Parteien in der vorliegenden Auseinandersetzung auf deutsches Recht in dem sie deutsche Rechtsbegriffe wie Dienstvertrag und Aufrechnung verwenden. Insoweit verhält sich der Beklagte widersprüchlich wenn er sich einerseits auf eine Aufrechnung mit einem Schadenersatzanspruch nach deutschem Recht beruft aber andererseits ohne Darstellung des spanischen Rechtes dessen Anwendbarkeit behauptet. Ausser dem Ort, wo der Kurs stattfindet (Mallorca) und der Tatsache, dass die Klägerin eine juristische Person spanischen Rechtes ist, lassen sich aber keine Bezüge zum spanischen Recht erkennen oder werden solche von dem Beklagten behauptet. Rechtsform und Ort sind aber für die Gestaltung der Rechtsbeziehung zwischen den Parteien nur von untergeordneter Bedeutung, so dass eine konkludente Einigung auf die Geltung deutschen Rechtes vorliegt.
20Aufgrund des wirksam zwischen den Parteien geschlossenen Unterrichtvertrages sowie der Durchführung des Spanisch-Kurses vom 11.02.2013 bis 16.02.2013 und der Teilnahme des Beklagten an dem Kurs ist der Anspruch der Klägerin auf die vereinbarte Vergütung in Höhe von 1.800,00 Euro iVm §§ 611, 614 BGB fällig. Die Fälligkeit scheitert nicht bereits daran, dass der Beklagte keine 900 Vokabeln erlernte. Die Klägerin schuldete insoweit keinen Erfolg.
21Bei einem Unterrichtsvertrag handelt es sich in der Regel um einen Dienstvertrag gemäss § 611 BGB, bei dem ein Erfolg nicht geschuldet ist. Vertragsgegenstand ist nur die Vermittlung von Fähigkeiten und nicht, dass am Ende des Unterrichtes, die Fähigkeiten tatsächlich erworben wurden, zumal der Erwerb der Fähigkeiten von Umständen in der Person des Schülers abhängen, auf die der Unterrichtende wenn überhaupt nur beschränkten Einfluss hat. Indes steht es auch den Parteien eines Unterrichtsvertrages frei, die Fälligkeit der Vergütung von dem Erreichen eines bestimmten Lernerfolges abhängig zu machen. Wird daher konkret vereinbart, dass die Vergütung nur zu entrichten ist, wenn der Schüler ein bestimmtes Lernniveau nachprüfbar erreicht hat – etwa in Gestalt des erfolgreichen Bestehens einer Prüfung - so ist ein Erfolg geschuldet und liegt ein Werkvertrag vor, bei dem Fälligkeit erst vorliegt, wenn der Erfolg erreicht wurde.
22Vorliegend ist indes eine solche erfolgsbezogene Vereinbarung nicht ersichtlich. Der Vortrag des Beklagten zu einer Lerngarantie bezieht sich nicht auf den von ihm selbst am 11.02.2013 geschlossenen Vertrag sondern betrifft die Aussagen der Klägerin im Vorfeld der Anmeldung des Beklagten. Der Anmeldung selber ist nicht zu entnehmen, dass die Klägerin dem Beklagten gegenüber garantiert hat, dass er nach Absolvierung des Kurses 900 Vokabeln beherrscht. Dass eine entsprechende Zusage dem Beklagten gegenüber seitens der Klägerin gerade bei Abgabe der Anmeldung vom 11.02.2013 gemacht wurde, behauptet auch der Beklagte nicht.
23Dem Vergütungsanspruch der Klägerin steht aber ein Anspruch des Beklagten gegen die Klägerin auf Befreiung von der Verbindlichkeit über 1.800,00 Euro aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei der Vertragsanbahnung gemäss §§ 311 Abs. 2, 241 Abs.2, 249 BGB entgegen. Die Klägerin hat ihr gegenüber dem Beklagten obliegende vorvertragliche Pflichten verletzt, indem sie einerseits in wettbewerbswidriger Weise für ihre Sprachkurse eine Erfolgsgarantie bewarb und den Beklagten dadurch auf ihr Angebot aufmerksam machte, andererseits vor dem Abschluss des Vertrages trotz einer sie treffenden Pflicht den Beklagten nicht darüber aufklärte, dass es entgegen den Werbeaussagen keine Erfolgsgarantie gibt, sondern es von dem jeweiligen Sprachlevel abhängt, ob der Beklagte 900 Vokabeln lernt.
24Die Klägerin warb in wettbewerbswidriger Weise mit einem garantiertem Lernerfolg bei Teilnahme an von ihr für die von ihr unter Einsatz der von ihr durchgeführten "B. - Methode" veranstalteten Spanisch Sprachkurse und bewegte den Beklagten dadurch zu einer Teilnahme an dem Kurs.
25Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichtes fest, dass die Klägerin mit einer Lernerfolgsgarantie warb. Die Zeugin T., die Lebensgefährtin des Beklagten, hat bekundet, dass ihr ein Mitarbeiter der Klägerin während eines Telefonats gesagt habe, dass das Erlernen von 900 bis 1000 Vokabeln innerhalb einer Woche versprochen werde. Der Zeuge O., ebenfalls ein Kursteilnehmer, hat bekundet, dass die Klägerin damit werbe, dass man in einer Woche 900 Vokabeln beigebracht bekomme und dieser Lernerfolg garantiert sei. Der Zeuge S., der auch an dem von dem Beklagten besuchten Kurs teilnahm, hat bekundet, dass die Zahl 900 überall draufstand und es so auch plakatiert wurde. Der Zeuge U., auch er ein Teilnehmer des Kurses, hat schliesslich bekundet, dass auf den Autos der Klägerin mit dem garantierten Lernerfolg geworben worden sei. Auch in einer E-Mail der Klägerin sei die Lerngarantie erwähnt worden. Vor der Kursteilnahme habe er mit einem Mitarbeiter der Klägerin telefoniert, der ihm gesagt habe, dass es mit dieser Lernmethode jeder lernt und sich danach auch auf Spanisch unterhalten kann. Er hat sich nicht erinnert, ob im Einführungsseminar von 900 Vokabeln die Rede war. Die gegenbeweislich benannten Zeugen N. und G. konnten bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung am 21.09.2015 nicht vernommen werden. Die schriftliche Vernehmung blieb erfolglos, weil schriftliche Aussagen bis zum 21.09.2015 nicht eingereicht wurden. Die angeordnete Vernehmung im Wege der internationalen Rechtshilfe konnte nicht durchgeführt werden, weil der mit Verfügung vom 10.06.2015 binnen einer Frist von drei Wochen angeforderte Vorschuss nicht eingezahlt wurde. Auf entsprechenden Hinweis im Termin vom 21.09.2015 hat der Terminsvertreter der Klägerin verhandelt. Der Inhalt der nach Schluss der mündlichen Verhandlung kurz vor dem Verkündungstermin eingegangenen schriftlichen Aussagen der Zeugen N. und G. konnte, da verspätet, nicht berücksichtigt werden.
26Die Aussagen der vernommenen Zeugen sind glaubhaft. Die Zeugin T. hatte natürliche Erinnerungslücken. Dass sie sich noch so genau an den Inhalt des Telefonats mit der Klägerin erinnern konnte ist nachvollziehbar. Sie zweifelte selbst, dass das Erlernen von 900 Vokabeln binnen einer Woche – insbesondere bei älteren Personen – überhaupt möglich ist und den Mitarbeiter der Klägerin diesbezüglich auch befragte. Konkrete Anhaltspunkte, die an der Glaubwürdigkeit der Zeugin zweifeln liessen, liegen nicht vor. Allein die Tatsache, dass die Zeugin die Lebensgefährtin des Beklagten ist, genügt dafür nicht. Auch die Aussage des Zeugen O. ist glaubhaft, da sie in sich schlüssig ist und er auch direkt mitgeteilt hat, dass er nicht wisse, ob konkret der Beklagte über die sog. B.-Methode aufgeklärt worden sei bzw. er sich nicht mal mehr an den Beklagten erinnern könne. Weiter ist der Aussage des Zeugen S. glaubhaft. Es ist plausibel, dass der Zeuge S. dem genauen Wortlaut keine nähere Beachtung schenkte, denn für ihn stand nur die Teilnahme an einem Sprachkurs im Vordergrund, den er zu einem stark vergünstigten Preis gebucht hatte. Zuletzt erweist sich auch die Aussage des Zeugen U. als glaubhaft. Seine gute Erinnerung an das Telefonat ist nachvollziehbar, da er einer Freundin davon erzählt hat, die ihn auslachte. Seine Erinnerungslücken bezüglich des Einführungsseminars sind plausibel, da er das Unterrichtshonorar bereits beglichen hatte und dies daher für ihn nicht mehr von Interesse gewesen ist. Die Aussagen der Zeugin T. und des Zeugen O. bestätigen den Vortrag des Beklagten, dass die Klägerin das Erlernen von 900 Vokabeln garantiert hat. Auch den Ausführungen der Zeugen S. und U. ist zu entnehmen, dass die Klägerin mit "900" bzw einem garantierten Lernerfolg warb. Dass die Klägerin eine Erfolgsgarantie ausgesprochen hat ergibt sich auch aus dem damaligen Werbeauftritt der Klägerin im Bordmagazin einer Fluggesellschaft. In dem Werbetext heißt es: „(…) mit Lerngarantie!“. Ferner wird mit Zitaten geworben, die u.a. lauten: „Lernen ohne zu pauken. 900 Vokabeln in nur sechs Tagen! Geht das? 800 C. Flugbegleiter haben es getestet. Und sprechen jetzt perfekt Spanisch“. Indem dieses Zitat ohne weitere Anmerkung in die Werbeanzeige aufgenommen wurde, wird vor dem Hintergrund der erwähnten „Lerngarantie“ der Eindruck erweckt, dass das Erlernen von 900 Vokabeln in sechs Tagen garantiert wird. Es bestehen daher insgesamt keine Zweifel, dass die Lerngarantie seinerzeit die zentrale Aussage der Klägerin bei der Bewerbung ihrer Sprachkurse und der von ihr angepriesenen B. Methode war.
27Das Werben mit einem auf diese Weise garantierten Lernerfolg im Rahmen des an Verbraucher gerichteten Angebots von Sprachkursen ist indes eine wettbewerbswidrige Handlung zur Anbahnung von Geschäften gemäss §§ 2, 5 UWG.
28Eine Irreführung nach § 5 UWG liegt vor, wenn sie nicht der für den Unternehmer geltenden fachlichen entspricht und geeignet ist, die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers in wettbewerblich relevanter Weise zu beeinträchtigen. Abzuwägen sind die konkreten Werbeangaben unter Berücksichtigung des heutigen Verbraucherleitbildes ausgehend von einem durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher.
29Dies ist hier der Fall. Mit der Werbung "garantierte Lernerfolg" sprach die Klägerin gezielt deutsche Interessenten an, die Spanisch lernen wollten. Diese Werbeaussage diente dem geschäftlichen Ziel (§ 2 UWG), eine Steigerung des Interesses an der Teilnahme an den angebotenen Spanisch Kursen zu fördern. Die Aussage ist auch geeignet bei einem nicht unerheblichen Teil des angesprochenen Personenkreises - deutsche Touristen auf Mallorca oder Deutsche, die Langzeitaufenthalte auf Mallorca planen oder durchführen - den Eindruck zu erwecken, dass die Klägerin besonders qualifiziert ist und aufgrund der von ihr angepriesenen besonderen Methode auch in der Lage ist, einem ein schnelles Erlernen der spanischen Sprache nicht nur zu ermöglichen, sondern auch sicherzustellen. Dabei tritt in den Hintergrund, dass das Erlernen jeder Sprache von den individuellen Fähigkeiten des Einzelnen abhängt, mit der Folge, dass ein Lernerfolg - schon gar nicht unter Angabe einer bestimmten Zahl von erlernten Vokabeln - garantiert werden kann (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 29.01.2013, 4 U 171/12 zitiert nach juris). Die Klägerin erweckte dadurch die unrichtige Vorstellung, dass nach Teilnahme an ihren Sprachkursen aufgrund der von ihr angebotenen Methode ein sicherer Lernerfolg zu erwarten ist.
30Der Beklagte ist durch diese Werbung veranlasst worden, sich für den Kurs der Klägerin zu interessieren und die Klägerin in Mallorca aufzusuchen.
31Die Zeugin T. hat - auch insoweit - bekundet, dass der Beklagte den Wunsch geäussert habe Spanisch zu lernen und man dann auf die Klägerin gekommen sei. Von dieser habe man Mails und Informationsmaterial gesehen. Der Beklagte habe auch entsprechende Informationen über die Klägerin erhalten. Auf Vorhalt hat die Zeugin erinnert, dass eines der von der Klägerin geschalteten Inserate in der Zeitschrift der Fluggesellschaft den Beklagten veranlasste sie auf die Klägerin anzusprechen, was dann das Telefonat der Zeugin mit der Klägerin nach sich zog, in dem - wie dargelegt - das Erlernen von 900 bis 1000 Vokabeln in einer Woche versprochen wurde.
32Die Klägerin war indes angesichts der von ihr praktizierten wettbewerbswidrigen Zusage eines Lernerfolges verpflichtet, den Beklagten vor dem Abschluss des Vertrages über die Unrichtigkeit dieser Werbeaussage aufzuklären.
33Im Rahmen eines Vertragsverhältnisses treffen die Parteien Nebenpflichten. Dazu gehören Aufklärungspflichten dergestalt, dass der eine Teil der anderen unaufgefordert über entscheidungserhebliche Umstände informiert. Dies gilt insbesondere in dem Bereich der Vertragsverhandlungen und Geschäftsanbahnung. Der eine Teil muss dem potentiellen Vertragspartner die notwendigen Informationen zur Verfügung stellen, von denen er weiss oder annehmen muss, dass sie dem potentiellen Vertragspartner nicht zur Verfügung stehen, deren Kenntnis es aber bedarf um eine ausreichende Grundlage zu schaffen, auf der der potentielle Vertragspartner in die Lage versetzt wird, eine selbstbestimmte Entscheidung zu treffen, ob er den Vertrag schliesst oder nicht. Dieses Aufklärungs- und Informationsbedürfnis besteht insbesondere dann, wenn im Vorfeld bereits Aussagen durch den einen Teil erfolgt sind, von denen er weiss, dass sie geeignet sind bei dem potentiellen Vertragspartner falsche Vorstellungen zu wecken. Ein solcher Fall liegt vor, wenn der eine Teil sich bei der Vertragsanbahnung irreführender und damit wettbewerbswidriger Aussagen bedient. Denn die Bestimmungen des UWG dienen nicht nur dem Interesse der Mitbewerber auf dem Markt an einem lauteren Wettbewerb sondern auch dem Schutz der eigentlichen Adressaten von unlauterer Werbung, den Verbrauchern (§ 1 UWG). In einem Fall unlauterer Werbung besteht erst recht die Pflicht des Unternehmens hierdurch möglicherweise bei dem potentiellen Vertragspartner verursachte Irrtümer durch Aufklärung vor Vertragsschluss zu beseitigen.
34Dieser Aufklärungspflicht ist die Klägerin nicht nachgekommen. Sie vermochte nicht nachzuweisen, dass sie den Beklagten über das realistisch zu erwartende Ergebnis einer Teilnahme an dem Sprachkurs unter der Verwendung der B. Methode aufklärte. Soweit sie behauptet hat, diese Aufklärung sei im Rahmen des Einführungsseminars vor Unterzeichnung der Anmeldung durch den Beklagten erfolgt, ist sie beweisfällig geblieben. Die - wie oben bereits dargelegt - erst nach dem Schuss der mündlichen Verhandlung auch zu dieser Beweisfrage eingegangenen Aussagen der von der Beklagten angebotenen Zeugen N. und G. konnten, da verspätet, nicht verwertet werden.
35Die Rechtsfolge der Aufklärungspflichtverletzung im Rahmen der Vertragsanbahnung ist gemäss § 249 BGB, dass der Beklagte so zu stellen ist, wie er gestanden hätte, wenn er ordnungsgemäss aufgeklärt worden wäre. Dabei streitet zu seinen Gunsten die Vermutung aufklärungsgerechtem Verhaltens dergestalt, dass er bei Kenntnis von dem unsicheren Erfolg der Lernmethode der Klägerin - wie von ihm auch vorgetragen - an dem Kurs nicht teilgenommen hätte. Diese Vermutung ist durch die Klägerin nicht widerlegt worden. Sie hat keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass der Beklagte auch in Kenntnis eines nicht sicheren Lernerfolges mit der Methode der Klägerin den Kurs gebucht hätte. Hätte der Beklagte den Kurs nicht gebucht, wäre eine Vergütung über 1.800,00 Euro nicht entstanden. Von dieser Verbindlichkeit ist der Beklagte daher zu befreien, ohne dass es auf die erklärte Aufrechnung ankäme.
36Da sich der Befreiungsanspruch bereits aus §§ 311 Abs. 2, 241 Abs.2, 249 BGB wegen eines Verschuldens bei der Vertragsanbahnung ergibt, kann dahinstehen, ob sich ein entsprechender Schadenersatzanspruch auch aus §§ 823 Abs. 2 BGB iVm §§ 2,5 UWG ergibt (vgl. dazu LG Bonn, 8 S 46/14 - Urteil vom 05.09.2014 - zitiert nach juris).
37II.
38Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1; 708 Nr. 11 Alt. 2, 711 ZPO.
39Streitwert: 1.800,00 Euro
40Rechtsbehelfsbelehrung:
41Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
421. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
432. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
44Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
45Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.
46Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
47Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
48Köln, 30.11.2015
49Amtsgericht
50Richter am Amtsgericht
ra.de-Urteilsbesprechung zu Amtsgericht Köln Urteil, 19. Okt. 2015 - 142 C 232/13
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(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.
(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch
- 1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, - 2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder - 3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.
(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.
(1) Übersteigt die im Vertrag nach § 651f Absatz 1 vorbehaltene Preiserhöhung 8 Prozent des Reisepreises, kann der Reiseveranstalter sie nicht einseitig vornehmen. Er kann dem Reisenden jedoch eine entsprechende Preiserhöhung anbieten und verlangen, dass der Reisende innerhalb einer vom Reiseveranstalter bestimmten Frist, die angemessen sein muss,
Satz 2 gilt für andere Vertragsänderungen als Preiserhöhungen entsprechend, wenn der Reiseveranstalter die Pauschalreise aus einem nach Vertragsschluss eingetretenen Umstand nur unter erheblicher Änderung einer der wesentlichen Eigenschaften der Reiseleistungen (Artikel 250 § 3 Nummer 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) oder nur unter Abweichung von besonderen Vorgaben des Reisenden, die Inhalt des Vertrags geworden sind, verschaffen kann. Das Angebot zu einer Preiserhöhung kann nicht später als 20 Tage vor Reisebeginn, das Angebot zu sonstigen Vertragsänderungen nicht nach Reisebeginn unterbreitet werden.(2) Der Reiseveranstalter kann dem Reisenden in einem Angebot zu einer Preiserhöhung oder sonstigen Vertragsänderung nach Absatz 1 wahlweise auch die Teilnahme an einer anderen Pauschalreise (Ersatzreise) anbieten. Der Reiseveranstalter hat den Reisenden nach Maßgabe des Artikels 250 § 10 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche zu informieren. Nach dem Ablauf der vom Reiseveranstalter bestimmten Frist gilt das Angebot zur Preiserhöhung oder sonstigen Vertragsänderung als angenommen.
(3) Tritt der Reisende vom Vertrag zurück, findet § 651h Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 entsprechende Anwendung; Ansprüche des Reisenden nach § 651i Absatz 3 Nummer 7 bleiben unberührt. Nimmt er das Angebot zur Vertragsänderung oder zur Teilnahme an einer Ersatzreise an und ist die Pauschalreise im Vergleich zur ursprünglich geschuldeten nicht von mindestens gleichwertiger Beschaffenheit, gilt § 651m entsprechend; ist sie von gleichwertiger Beschaffenheit, aber für den Reiseveranstalter mit geringeren Kosten verbunden, ist im Hinblick auf den Unterschiedsbetrag § 651m Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(1) Vor Reisebeginn kann der Reisende jederzeit vom Vertrag zurücktreten. Tritt der Reisende vom Vertrag zurück, verliert der Reiseveranstalter den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis. Der Reiseveranstalter kann jedoch eine angemessene Entschädigung verlangen.
(2) Im Vertrag können, auch durch vorformulierte Vertragsbedingungen, angemessene Entschädigungspauschalen festgelegt werden, die sich nach Folgendem bemessen:
- 1.
Zeitraum zwischen der Rücktrittserklärung und dem Reisebeginn, - 2.
zu erwartende Ersparnis von Aufwendungen des Reiseveranstalters und - 3.
zu erwartender Erwerb durch anderweitige Verwendung der Reiseleistungen.
(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 3 kann der Reiseveranstalter keine Entschädigung verlangen, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen. Umstände sind unvermeidbar und außergewöhnlich im Sinne dieses Untertitels, wenn sie nicht der Kontrolle der Partei unterliegen, die sich hierauf beruft, und sich ihre Folgen auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden wären.
(4) Der Reiseveranstalter kann vor Reisebeginn in den folgenden Fällen vom Vertrag zurücktreten:
- 1.
für die Pauschalreise haben sich weniger Personen als die im Vertrag angegebene Mindestteilnehmerzahl angemeldet; in diesem Fall hat der Reiseveranstalter den Rücktritt innerhalb der im Vertrag bestimmten Frist zu erklären, jedoch spätestens - a)
20 Tage vor Reisebeginn bei einer Reisedauer von mehr als sechs Tagen, - b)
sieben Tage vor Reisebeginn bei einer Reisedauer von mindestens zwei und höchstens sechs Tagen, - c)
48 Stunden vor Reisebeginn bei einer Reisedauer von weniger als zwei Tagen,
- 2.
der Reiseveranstalter ist aufgrund unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände an der Erfüllung des Vertrags gehindert; in diesem Fall hat er den Rücktritt unverzüglich nach Kenntnis von dem Rücktrittsgrund zu erklären.
(5) Wenn der Reiseveranstalter infolge eines Rücktritts zur Rückerstattung des Reisepreises verpflichtet ist, hat er unverzüglich, auf jeden Fall aber innerhalb von 14 Tagen nach dem Rücktritt zu leisten.
Die Vergütung ist nach der Leistung der Dienste zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen, so ist sie nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten.
(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.
(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch
- 1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, - 2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder - 3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.
(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.
(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist
- 1.
„geschäftliche Entscheidung“ jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt, tätig zu werden; - 2.
„geschäftliche Handlung“ jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen unmittelbar und objektiv zusammenhängt; als Waren gelten auch Grundstücke und digitale Inhalte, Dienstleistungen sind auch digitale Dienstleistungen, als Dienstleistungen gelten auch Rechte und Verpflichtungen; - 3.
„Marktteilnehmer“ neben Mitbewerber und Verbraucher auch jede weitere Person, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen tätig ist; - 4.
„Mitbewerber“ jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht; - 5.
„Nachricht“ jede Information, die zwischen einer endlichen Zahl von Beteiligten über einen öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienst ausgetauscht oder weitergeleitet wird; nicht umfasst sind Informationen, die als Teil eines Rundfunkdienstes über ein elektronisches Kommunikationsnetz an die Öffentlichkeit weitergeleitet werden, soweit diese Informationen nicht mit dem identifizierbaren Teilnehmer oder Nutzer, der sie erhält, in Verbindung gebracht werden können; - 6.
„Online-Marktplatz“ ein Dienst, der es Verbrauchern ermöglicht, durch die Verwendung von Software, die von einem Unternehmer oder in dessen Namen betrieben wird, einschließlich einer Website, eines Teils einer Website oder einer Anwendung, Fernabsatzverträge (§ 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs) mit anderen Unternehmern oder Verbrauchern abzuschließen; - 7.
„Ranking“ die von einem Unternehmer veranlasste relative Hervorhebung von Waren oder Dienstleistungen, unabhängig von den hierfür verwendeten technischen Mitteln; - 8.
„Unternehmer“ jede natürliche oder juristische Person, die geschäftliche Handlungen im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit vornimmt, und jede Person, die im Namen oder Auftrag einer solchen Person handelt; - 9.
„unternehmerische Sorgfalt“ der Standard an Fachkenntnissen und Sorgfalt, von dem billigerweise angenommen werden kann, dass ein Unternehmer ihn in seinem Tätigkeitsbereich gegenüber Verbrauchern nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der anständigen Marktgepflogenheiten einhält; - 10.
„Verhaltenskodex“ jede Vereinbarung oder Vorschrift über das Verhalten von Unternehmern, zu welchem diese sich in Bezug auf Wirtschaftszweige oder einzelne geschäftliche Handlungen verpflichtet haben, ohne dass sich solche Verpflichtungen aus Gesetzes- oder Verwaltungsvorschriften ergeben; - 11.
„wesentliche Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des Verbrauchers“ die Vornahme einer geschäftlichen Handlung, um die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, spürbar zu beeinträchtigen und damit den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
(2) Für den Verbraucherbegriff ist § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anwendbar.
(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
(2) Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält:
- 1.
die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen; - 2.
den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird; - 3.
die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmers wie Identität, Vermögen einschließlich der Rechte des geistigen Eigentums, den Umfang von Verpflichtungen, Befähigung, Status, Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen, Auszeichnungen oder Ehrungen, Beweggründe für die geschäftliche Handlung oder die Art des Vertriebs; - 4.
Aussagen oder Symbole, die im Zusammenhang mit direktem oder indirektem Sponsoring stehen oder sich auf eine Zulassung des Unternehmers oder der Waren oder Dienstleistungen beziehen; - 5.
die Notwendigkeit einer Leistung, eines Ersatzteils, eines Austauschs oder einer Reparatur; - 6.
die Einhaltung eines Verhaltenskodexes, auf den sich der Unternehmer verbindlich verpflichtet hat, wenn er auf diese Bindung hinweist, oder - 7.
Rechte des Verbrauchers, insbesondere solche auf Grund von Garantieversprechen oder Gewährleistungsrechte bei Leistungsstörungen.
(3) Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn
- 1.
sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen einschließlich vergleichender Werbung eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder Dienstleistung oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft oder - 2.
mit ihr eine Ware in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist.
(4) Angaben im Sinne von Absatz 1 Satz 2 sind auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung sowie bildliche Darstellungen und sonstige Veranstaltungen, die darauf zielen und geeignet sind, solche Angaben zu ersetzen.
(5) Es wird vermutet, dass es irreführend ist, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, sofern der Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist. Ist streitig, ob und in welchem Zeitraum der Preis gefordert worden ist, so trifft die Beweislast denjenigen, der mit der Preisherabsetzung geworben hat.
(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist
- 1.
„geschäftliche Entscheidung“ jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt, tätig zu werden; - 2.
„geschäftliche Handlung“ jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen unmittelbar und objektiv zusammenhängt; als Waren gelten auch Grundstücke und digitale Inhalte, Dienstleistungen sind auch digitale Dienstleistungen, als Dienstleistungen gelten auch Rechte und Verpflichtungen; - 3.
„Marktteilnehmer“ neben Mitbewerber und Verbraucher auch jede weitere Person, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen tätig ist; - 4.
„Mitbewerber“ jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht; - 5.
„Nachricht“ jede Information, die zwischen einer endlichen Zahl von Beteiligten über einen öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienst ausgetauscht oder weitergeleitet wird; nicht umfasst sind Informationen, die als Teil eines Rundfunkdienstes über ein elektronisches Kommunikationsnetz an die Öffentlichkeit weitergeleitet werden, soweit diese Informationen nicht mit dem identifizierbaren Teilnehmer oder Nutzer, der sie erhält, in Verbindung gebracht werden können; - 6.
„Online-Marktplatz“ ein Dienst, der es Verbrauchern ermöglicht, durch die Verwendung von Software, die von einem Unternehmer oder in dessen Namen betrieben wird, einschließlich einer Website, eines Teils einer Website oder einer Anwendung, Fernabsatzverträge (§ 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs) mit anderen Unternehmern oder Verbrauchern abzuschließen; - 7.
„Ranking“ die von einem Unternehmer veranlasste relative Hervorhebung von Waren oder Dienstleistungen, unabhängig von den hierfür verwendeten technischen Mitteln; - 8.
„Unternehmer“ jede natürliche oder juristische Person, die geschäftliche Handlungen im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit vornimmt, und jede Person, die im Namen oder Auftrag einer solchen Person handelt; - 9.
„unternehmerische Sorgfalt“ der Standard an Fachkenntnissen und Sorgfalt, von dem billigerweise angenommen werden kann, dass ein Unternehmer ihn in seinem Tätigkeitsbereich gegenüber Verbrauchern nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der anständigen Marktgepflogenheiten einhält; - 10.
„Verhaltenskodex“ jede Vereinbarung oder Vorschrift über das Verhalten von Unternehmern, zu welchem diese sich in Bezug auf Wirtschaftszweige oder einzelne geschäftliche Handlungen verpflichtet haben, ohne dass sich solche Verpflichtungen aus Gesetzes- oder Verwaltungsvorschriften ergeben; - 11.
„wesentliche Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des Verbrauchers“ die Vornahme einer geschäftlichen Handlung, um die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, spürbar zu beeinträchtigen und damit den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
(2) Für den Verbraucherbegriff ist § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anwendbar.
(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.
(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.
(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch
- 1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, - 2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder - 3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.
(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Siegburg vom 31.01.2014 – 118 C 124/13 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Gründe
2I.
3Die Klägerin macht gegen die Beklagte die Vergütung für eine Eintragung der Beklagten in ein elektronisches Branchenverzeichnis mit dem Namen „F.de“ geltend.
4Die Klägerin ist Inhaberin des Verlages für elektronische Medien N. Dieser betreibt im Internet das vorgenannte elektronische Branchenverzeichnis „F.de“. Die Beklagte betreibt in F2 die Firma „M2“, bei der es sich um ein Ladengeschäft für so genannte „Bio-Produkte“ mit angeschlossenem Restaurant handelt. Ihre Firma verfügt über eine Internetpräsenz (Homepage), auf der sowohl die telefonischen als auch die postalischen Kontaktdaten hinterlegt sind.
5Am 03.05.2013 rief ein Mitarbeiter der Klägerin, Herr S, von sich aus und ohne vorangegangenen Kontakt bei der Beklagten in deren Ladengeschäft an und bot der Beklagten einen entgeltlichen Eintrag ihres Gewerbes in dem elektronischen Branchenverzeichnis „F.de“ mit einer Laufzeit von 36 Monaten, beginnend am 03.05.2013, Laufzeitende am 02.05.2016, zu einem Gesamtpreis von 728,28 Euro inklusive Mehrwertsteuer an. Die Beklagte signalisierte bereits in diesem Gespräch ihr grundsätzliches Interesse an einem solchen Eintrag zu den vorgenannten Bedingungen. Ungeachtet dessen wurde in jenem Gespräch vereinbart, dass es noch zu einem weiteren Gespräch kommen solle, in welchem die Details besprochen würden. Noch am selben Tag rief eine Mitarbeiterin der Klägerin, Frau Q, die Beklagte erneut an. Dieses zweite Telefonat wurde mit Zustimmung der Beklagten aufgezeichnet.
6In jenem Telefonat nahm die Mitarbeiterin der Beklagten Bezug auf das vorangegangene Gespräch und die hierbei grundsätzlich bereits erzielte Einigung über eine entgeltliche Eintragung der Beklagten zu den vorgenannten Konditionen. Die Beklagte bejahte dies. Ebenso bestätigte die Beklagte ihre bereits im ersten Gespräch mitgeteilten Firmendaten, die Rubriken, unter denen ihre Firma bei der Klägerin eingetragen werden solle, die Laufzeit der Eintragung und die hierfür zu erbringenden Vergütung in Höhe von 612 Euro netto (728,28 Euro brutto), wobei eine monatliche Zahlungsweise mit Raten á 17 Euro netto (20,23 Euro brutto) vereinbart wurde. Sie bestätigte auf Nachfrage desweiteren, dass es sich bei ihr persönlich um die Inhaberin der Firma „M2“ handele sowie die Richtigkeit der Rechnungsadresse. Schließlich wurde die Beklagte auf den Umstand, dass die Rechnung allein den Gesamtbetrag der Kosten für die Eintragung enthalten werde, hingewiesen, wie auch auf die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin, welche die Beklagte im Internet auf der Homepage der Klägerin abrufen könne.
7In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin ist in § 6 eine Vorleistungspflicht des Kunden festgelegt. Ein Rücktritts- oder Widerrufrecht sehen die Bedingungen nicht vor.
8Die daraufhin durch die Klägerin erstellte und der Beklagten übersandte Rechnung vom 06.05.2013 über einen Betrag in Höhe von 728,28 Euro brutto hat die Beklagte spätestens am 08.05.2013 erhalten. Zahlungen hierauf erbrachte sie trotz eines Mahnschreibens vom 24.05.2013 mit Fristsetzung zum 03.06.2013 keine.
9Bis zum heutigen Tage hat die Klägerin eine Eintragung der Beklagten in ihrem elektronischen Branchenverzeichnis „F.de“ nicht veranlasst, so dass die Beklagte dort auch nicht zu finden ist.
10Mit Schreiben vom 24.05.2013 hat die Beklagte durch ihren Prozessbevollmächtigten die Anfechtung eines mit der Klägerin geschlossenen Vertrages wegen Irrtums und arglistiger Täuschung erklärt. Mit ihrer Klageerwiderung vom 20.12.2013 hat die Beklagte zudem hilfsweise die Aufrechnung gegenüber etwaigen Forderungen der Klägerin mit einem behaupteten Schadensersatzanspruch vor dem Hintergrund eines unerbetenen Werbeanrufs (so genannter „Cold Call“) erklärt.
11Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts zum Sach- und Streitstand in der angefochtenen Entscheidung gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
12Die Klägerin hat im ersten Rechtszug beantragt,
13die Beklagte zu verurteilen, an sie 728,28 Euro nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.06.2013 zu zahlen.
14Hilfsweise hat die Klägerin im ersten Rechtszug beantragt,
15die Beklagte zu verurteilen, an sie 182,07 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2014 und im Zeitraum von Februar 2014 bis April 2016 monatlich 20,23 Euro zu zahlen.
16Die Beklagte hat in der ersten Instanz beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Mit dem der Beklagten am 10.02.2014 zugestellten Urteil vom 31.01.2014 hat das Amtsgericht Siegburg die Klage vor dem Hintergrund des Einwandes des nichterfüllten Vertrages (§ 320 BGB) abgewiesen, soweit sie sich auf durch die Klägerin von der Beklagten begehrte Zahlungen aus der Vergangenheit bezogen hat, und im Übrigen die Beklagte verurteilt, an die Klägerin für den Zeitraum Februar 2014 bis April 2016 jeweils am Monatsende 20,23 Euro zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits (erster Instanz) hat es zu 25 % der Klägerin und zu 75 % der Beklagten auferlegt.
19Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Amtsgericht ausgeführt, die Parteien hätten in dem Telefonat vom 03.05.2013 einen wirksamen Vertrag über die Einbeziehung des „Bioladens“ der Beklagten in das Branchenverzeichnis „F.de“ der Klägerin geschlossen. Dabei handele es sich um einen Dienstvertrag mit werkvertraglichen Elementen in Form des Erstellens und Einstellens der Anzeige in das Verzeichnis. Die Parteien hätten sich auf die Erstellung und Einstellung in das Verzeichnis für eine Laufzeit von drei Jahren zum Preis von 728,23 Euro (brutto), zahlbar in monatlichen Beträgen zu je 20,23 Euro (brutto) geeinigt. Aus dem Mitschnitt des Telefonats ergebe sich, dass das Angebot der Klägerin sämtliche wesentlichen Vertragsbestandteile enthalten habe. Darüber hinausgehende Angaben seien nicht erforderlich gewesen. Die Beklagte habe das Angebot mit den Worten „Ja, das ist richtig“ angenommen, wobei an dem Beweiswert des Telefonmitschnitts keine Zweifel bestünden. Der Vertrag sei auch nicht nach § 138 Abs. 1 BGB unwirksam. Weder verstoße eine entgeltliche Eintragung in ein elektronisches Branchenverzeichnis gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden, noch ergebe sich aus den Umständen des Vertragsschlusses ein solcher Verstoß. Namentlich sei ein Vertragsschluss über das Internet nicht zu beanstanden. Im Hinblick auf eine Nichtigkeit nach § 138 Abs. 2 BGB sei nicht substantiiert genug vorgetragen worden. Insbesondere an einem Vortrag zu einem eklatanten Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung mangele es. Der Anspruch auf Vergütung sei auch nicht infolge einer Anfechtung des Vertrages erloschen, da ein Anfechtungsgrund nicht gegeben sei. Weder ein Inhalts- oder Erklärungsirrtum könne erkannt werden, noch liege eine arglistige Täuschung seitens der Klägerin vor. Kosten seien nicht verschleiert worden, das Leistungsspektrum sei nicht unrichtig dargestellt worden. Der Anspruch sei auch nicht infolge einer Aufrechnung mit eigenen Schadensersatzansprüchen der Beklagten gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 7 UWG erloschen, da ein Verstoß gegen ein Schutzgesetz nicht vorliege. Eine unzumutbare Belästigung der Beklagten, bei der es sich um eine gewerbliche Marktteilnehmerin handele, die ihre Kontaktdaten u.ä. auf einer eigenen Internetpräsenz bereit halte, liege nicht vor. Ein sachliches Interesse der Beklagten als Angerufener an dem Angebot der Klägerin habe jedenfalls vermutet werden können. Hierfür spreche nicht zuletzt der erfolgte Vertragsschluss. Der Vergütungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte für die Vergangenheit sei jedoch durch die von der Beklagten erhobene Einrede des nicht erfüllten Vertrages gemäß § 320 BGB gehemmt. Bei dem Dienstvertrag sei zunächst die geschuldete Leistung zu erbringen und sodann erst die Vergütung zu entrichten. Abweichend von den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin hätten die Parteien telefonisch auch eine Vereinbarung getroffen, wonach die Beklagte am Monatsende nach empfangener Leistung zu zahlen habe. Die Klägerin habe ihre Leistung jedoch bislang nicht erbracht, die Beklagte sei in das Branchenverzeichnis nicht aufgenommen worden, wobei der Beklagten ein Berufen auf die Einrede des nichterfüllten Vertrages auch nicht wegen eigenen vertragswidrigen Verhaltens verwehrt sei. Die Klägerin könne jedoch von der Beklagten für die Zeit von Februar 2014 bis April 2016 die künftige Zahlung verlangen. Für die Klage auf künftige Zahlung komme es auf die Fälligkeit der Forderung nicht an. § 259 ZPO setze allein voraus, dass die Verpflichtung zur künftigen Leistung in ihrem Bestand gewiss sei, was hier angesichts des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages mit fester Laufzeit der Fall sei. Werde die Klägerin ihrerseits auch künftig ihrer Leistungspflicht nicht nachkommen, so müsse die Beklagte die Vollstreckungsabwehrklage erheben.
20Die Beklagte wendet sich mit ihrer am 19.02.2014 eingelegten und am 02.04.2014 begründeten Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Siegburg, soweit sie hierin zur Zahlung für die Zukunft verurteilt worden ist. Sie begehrt die vollumfängliche Abweisung der Klage und trägt zur Begründung vor, dass das erstinstanzliche Gericht verkannt habe, dass in dem aufgezeichneten Anruf gerade nicht die essentialia negotii des Vertrages besprochen worden seien. Insbesondere sei nicht mitgeteilt worden, welche Daten wo genau und wann eingetragen würden. Es sei in dem Mitschnitt lediglich von einer „Eintragung“ die Rede. Die Beklagte habe sich zudem über die Identität des Anrufers aufgrund der Begleitumstände geirrt. Die Irrtümer der Beklagten seien durch die Klägerin im Prozess nicht einmal bestritten worden. So sei der Irrtum über die Identität der Klägerin durch diese überhaupt nicht bestritten worden, ein Irrtum über den Kostenhinweis lediglich als „unerfindlich“ abgetan worden, worin kein Bestreiten des Irrtums liege, der naturgemäß nur mit Nichtwissen bestritten werden könne. Die pauschalen Ausführungen der Klägerin in ihrer Klageschrift zu einem etwaigen Irrtum der Beklagten reichten für ein Bestreiten nicht aus. Jedenfalls aber habe sich das Gericht mit der Frage einer Parteivernehmung der Beklagten auseinandersetzen müssen (§ 448 ZPO). Ergänzend trägt die Beklagte zum allgemeinen Geschäftsgebaren der Klägerin unter Einreichung eines Konvoluts von Fragebögen vor, welche der Prozessbevollmächtigte der Beklagten durch weitere Mandanten, die gleichfalls durch die Klägerin in Anspruch genommen werden, hat ausfüllen lassen. Den durch unerwünschte Anrufe der Klägerin betroffenen Geschäftsleuten werde regelmäßig vorgespiegelt, es gehe bei dem Anruf um Arbeiten an ihrer Homepage. Die Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichts zur Frage des unerbetenen Werbeanrufs und eines hieraus resultierenden und zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzanspruchs gingen zudem komplett an der Sache vorbei. Eine Einwilligung von anderen Marktteilnehmern müsse sich nicht auf die Nützlichkeit des Produkts beziehen, sondern auf die Form der Werbung. Weder ein ausdrückliches noch ein konkludentes Einverständnis der Beklagten zur telefonischen Kontaktaufnahme der Klägerin habe vorgelegen. Von einem mutmaßlichen Einverständnis könne man nicht ausgehen, denn aus Sicht der Klägerin hätten keine Umstände die Annahme begründet, die Beklagte erwarte einen solchen Anruf oder stehe diesem positiv gegenüber. Auch die Erwartung, der Eintrag müsse so schnell erworben werden, dass ein Beschreiten des Briefweges nicht möglich gewesen wäre, ist weder vorgetragen noch im Übrigen anzunehmen. Folge des unzulässigen „Cold Calls“ sei ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 7 UWG, der in seiner Höhe der durch die Klägerin geltend gemachten Forderung entspreche. Schließlich liege auch ein Verstoß gegen das Verschleierungsverbot (§ 4 Nr. 3 UWG) sowie gegen das Irreführungsverbot (§ 5 Abs. 1 UWG) vor.
21Die Beklagte beantragt,
22das Urteil des Amtsgerichts Siegburg zum Aktenzeichen 118 C 124/13 vom 31.01.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen
23Die Klägerin beantragt,
24die Berufung als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.
25Die Klägerin verteidigt das amtsgerichtliche Urteil, soweit die Beklagte für die Zukunft verurteilt wurde. Sie führt ergänzend aus, dass in der Aufzeichnung des zulässig telefonisch geschlossenen Vertrages alle notwendigen Details hinreichend bezeichnet worden seien, so dass ein Fehlen der essentialia negotii nicht zu erkennen, der Vertrag vielmehr wirksam geschlossen worden sei. Ein Irrtum der Beklagten habe nicht vorgelegen und sei durch die Klägerin auch nicht zugestanden. Im Gegenteil: Bereits in der Anspruchsbegründung habe die Klägerin das Vorliegen von Anfechtungsvoraussetzungen deutlich abgestritten und ausgeführt, dass hierzu nicht substantiiert vorgetragen worden sei. Gegen die Vernehmung der Beklagten als Partei wende sich die Klägerin und widerspreche einer solchen. Bei § 7 UWG handele es sich zudem um eine wettbewerbsrechtliche Norm, die für den zivilrechtlichen Rechtsstreit keine Rolle spiele, wobei ergänzend auszuführen sei, dass bei der Beantwortung der Frage nach einer mutmaßlichen Einwilligung eines Marktteilnehmers sämtliche Umstände des Einzelfalles heranzuziehen seien, die möglicherweise ein solches Einverständnis – von dem auch hier ausgegangen werden müsse – begründen könnten. Die diesbezügliche Würdigung des Amtsgerichts sei zutreffend. Bei der Beklagten habe es sich außerdem nicht um eine besonders schutzwürdige Verbraucherin gehandelt. Ungeachtet dessen handele es sich aber bei dem UWG um eine (wettbewerbs-) rechtliche Sondermaterie, ein Verstoß hiergegen begründe keine Schadensersatzpflicht nach § 823 Abs. 2 BGB, zumal die Voraussetzungen des UWG bspw. zur Irreführung gänzlich andere seien als diejenigen des BGB zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Die Beklagte habe ihr (mutmaßliches) Einverständnis mit dem Werbeanruf der Klägerin auch nicht später einfach widerrufen können. Das jetzige Verhalten verstoße jedenfalls gegen § 242 BGB, da es in eindeutigem Widerspruch zu dem früheren Verhalten der Beklagten stehe.
26II.
27Die Berufung der Beklagten ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
281.
29An der Zulässigkeit der Berufung bestehen keine Zweifel. Insbesondere erreicht die Beschwer der Klägerin angesichts der zugleich erfolgten Entscheidung über die hilfsweise zur Aufrechnung gestellte Schadensersatzforderung den nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 BGB erforderlichen Wert. Auf die Ausführungen hierzu im Beschluss zur vorläufigen Streitwertfestsetzung der Kammer vom 03.04.2014 wird verwiesen.
302.
31Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg, denn die Klage ist zwar zulässig, jedoch im Ergebnis nicht begründet, da ein Vergütungsanspruch der Klägerin infolge der hilfsweise erklärten Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch der Beklagten erloschen ist.
32a)
33Der Klägerin stand gegen die Beklagte zwar ursprünglich ein Anspruch auf Vergütung für die Eintragung der Beklagten in dem durch sie geführten Branchenverzeichnis „F.de“ gemäß § 611 Abs. 1 BGB zu, dieser ist jedoch infolge der Aufrechnung mit einem eigenen Schadensersatzanspruch der Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 7 Nr. 2 UWG erloschen (§§ 387, 389 BGB).
34aa)
35Ausweislich des in seiner Authentizität durch die Beklagte jedenfalls nicht substantiiert bestrittenen Telefonmitschnitts bestehen am Zustandekommen einer vertraglichen Vereinbarung dergestalt, dass die Beklagte die Klägerin beauftragt hat, ihre Firmendaten in das durch sie, die Klägerin, geführte Branchenverzeichnis „F.de“ gegen Entgelt einzutragen, keine Zweifel. Entgegen der Auffassung der Beklagten wurden die essentialia negotii in dem Telefongespräch hinreichend bezeichnet. So ging es namentlich um den „Auftrag, die Firmendaten (der Beklagten) unter den Rubriken Bioläden, Naturkostläden und Onlinedienste, Onlinehandel in das elektronische Branchenverzeichnis F.de eintragen zu lassen“, dies über eine „Laufzeit von 3 Jahren“ und bei einer „Gesamtgebühr von 612 Euro netto“, wobei die Gebühr aufgeteilt werden sollte in eine monatliche Gebühr von 17 Euro. Desweiteren wurde die Rechnungsanschrift noch einmal überprüfend abgefragt, auf die AGB und nähere Informationen zu dem Unternehmen der Klägerin und deren Erreichbarkeit im Internet verwiesen und es wurden nähere Details zur Rechnungstellung erläutert. Weiterer Angaben insbesondere zum Beginn der Einstellung bedurfte es nicht, zumal jedenfalls nahe liegt – ungeachtet des Umstandes, dass tatsächlich eine Einstellung bis heute nicht erfolgt ist –, dass eine solche kurzfristig nach Zahlungseingang erfolgen kann. Was genau Gegenstand des Vertrages werden sollte, war ebenso konkret bezeichnet wie das „wo“ der Einstellung, nämlich im Branchenverzeichnis „F.de“.
36Dem Vertragsschluss steht auch nicht entgegen, dass dieser über das Telefon fernmündlich erfolgte, da das Gesetz (vgl. § 147 Abs. 1 S 2 BGB) grundsätzlich den fernmündlichen Vertragsschluss kennt und besondere Formvorschriften angesichts des spezifischen Inhalts der Vereinbarung nicht vorliegen.
37In der Sache handelt es sich bei dem Vertrag um einen Dienstvertrag (das Aufrechterhalten und Pflegen des Eintrags der Beklagten im Branchenverzeichnis der Klägerin) mit werkvertraglichen Elementen (der einmaligen Einstellung in dem Branchenverzeichnis), so dass die Vergütung in Höhe von insgesamt 612 Euro netto (728,28 Euro brutto) nach § 611 Abs. 1 BGB durch die Beklagte geschuldet ist.
38bb)
39Der Vertrag erweist sich nicht gemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot als nichtig.
40Insoweit kann an dieser Stelle dahinstehen, ob ein im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss in Rede stehender Verstoß gegen eine Vorschrift des UWG als einzig in Betracht kommendes Verbotsgesetz vorliegt, da aus einem etwaigen Gesetzesverstoß jedenfalls nicht die Nichtigkeit des gesamten Vertrages folgt. Verträge, die durch unlauteren Wettbewerb zustande gekommen sind, sind als solche in der Regel nicht nach § 134 BGB nichtig (BGH NJW 1991, 287, 291 f.; Münchener Kommentar-Armrbüster, BGB, 6. Aufl. 2012, § 134 Rn. 67 m.w.N.). Hintergrund hierfür ist, dass § 134 BGB die gesetzliche Folge daran knüpft, dass derInhalt eines Rechtsgeschäfts gegen ein gesetzliches Verbot verstößt (vgl. BGH, a.a.O.). Der Inhalt des hier zu beurteilenden Vertrages, der Erbringung einer Dienstleistung in Form der Eintragung in ein Branchenverzeichnis gegen Entgelt, verstößt jedoch gegen kein gesetzliches Verbot. Allenfalls die Art und Weise des Zustandekommens des Vertrages könnte gegen eine Vorschrift des UWG verstoßen. Dies führt jedoch nicht zur Nichtigkeit des Vertrags selbst nach § 134 BGB (BGH, a.a.O.).
41Das UWG selbst ordnet eine entsprechende Rechtsfolge – Nichtigkeit der unter Verstoß hiergegen zustande gekommen Verträge – nicht an.
42cc)
43Der Vertrag ist auch nicht aufgrund von Sittenwidrigkeit gemäß § 138 BGB nichtig.
44Der Inhalt der vertraglichen Vereinbarung – die Eintragung in ein Branchenverzeichnis gegen Entgelt – verstößt nicht gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden. Soweit im Rahmen des § 138 BGB darüber hinaus sich die Sittenwidrigkeit des Geschäfts auch aus dem Gesamtcharakter desselben und einer Gesamtwürdigung des Inhalts, des Zweckes, der Beweggründe und der Umstände des Zustandekommens des Rechtsgeschäfts ergeben kann (vgl. BGHZ 86, 88; BGH NJW 1990, 590), führt auch dies nicht zur Annahme einer Sittenwidrigkeit. Selbst wenn der Vertrag unter wettbewerbsrechtlich unzulässiger Anbahnung mittels eines so genannten „Cold Call“ zustande gekommen sein sollte, verstößt ein derartiges Verhalten jedenfalls nicht in einer derartigen Art und Weise gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden, dass die Unwirksamkeit der vertraglichen Vereinbarung als Folge geboten wäre. Eine Unvereinbarkeit mit grundlegenden Wertungen der Sitten- und Rechtsordnung ist hierin nicht zu erkennen, mag sich ein solcher „Cold Call“ auch als lästig und gegebenenfalls wettbewerbsrechtlich unzulässig erweisen.
45Für eine Sittenwidrigkeit wegen des eklatanten Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung (Wucher) ist durch die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht hinreichend vorgetragen worden. Allein der Umstand, dass auch andere Anbieter Branchenverzeichnisse mit Suchfunktionen bereithalten und deren Reichweite über derjenigen der Klägerin liegt und zugleich günstiger zu erhalten sind, begründet nicht ein zur Annahme von Wucher berechtigendes eklatantes Missverhältnis. Dies gilt umso mehr, als die vereinbarte Vergütung in der absoluten Summe auch nicht als außerordentlich hoch beurteilt werden kann.
46dd)
47Der Vertrag ist auch nicht infolge der erklärten Anfechtung mit ex tunc Wirkung als von Anfang an nichtig zu betrachten (§ 142 BGB).
48Insoweit bestehen im Hinblick auf einen möglichen Erklärungs- oder Inhaltsirrtum (§ 119 BGB) bereits durchgreifende Zweifel am Vorliegen einer gemäß § 121 BGB rechtzeitigen und fristgerechten Anfechtungserklärung.
49Gemäß § 121 BGB muss die Anfechtung ohne schuldhaftes Zögern erfolgen (unverzüglich), nachdem der Anfechtungsberechtigte Kenntnis von dem Anfechtungsgrund erlangt hat, wobei die Obergrenze in der Regel eine Frist von zwei Wochen ist (OLG Hamm NJW-RR 1990, 523; OLG Jena OLG-NL 2000, 37). Hier versandte die Klägerin der Beklagten unter dem 06.05.2013 die Rechnung, womit spätestens nunmehr der Beklagten klar geworden sein muss, dass sie in dem Telefongespräch vom 03.05.2013 einen verbindlichen Vertrag über die entgeltliche Eintragung in ein Branchenverzeichnis zu einem Preis vom 728,28 Euro brutto geschlossen hat. Die Beklagte hat die Rechnung innerhalb der üblichen Postlaufzeit, mithin spätestens am 08.05.2013, erlangt. Soweit sie – nach eigenen Angaben – davon ausgegangen sein sollte, es habe sich hierbei um einen Irrläufer gehandelt und diesem deshalb keine Beachtung geschenkt habe, vermag sie dies nicht zu exkulpieren. Im Gegenteil: Als Gewerbetreibender muss der Beklagten die Bedeutung einer solchen Rechnung bewusst sein oder zumindest Anlass geben, unmittelbar hierauf weitere Maßnahmen, wie beispielsweise eine Anfechtung, zu erklären. Dies gilt umso mehr, als sie unstreitig das aufgezeichnete Telefonat vom 03.05.2013 mit einer Mitarbeiterin der Beklagten geführt hat.
50Die Anfechtungserklärung hat sie sodann erst mit Schreiben vom 24.05.2013 durch ihren Prozessbevollmächtigten an die Beklagte versandt, und zwar nach Erhalt der ersten Mahnung. Zu diesem Zeitpunkt war die Frist von 14 Tagen jedoch bereits verstrichen.
51Ungeachtet dessen hat sich die Beklagte jedoch auch weder in einem Erklärungs- noch in einem Inhaltsirrtum befunden.
52Ein solcher ist zum einen durch die Klägerin nicht zugestanden und mithin nicht als unstreitig zugrunde zu legen. Die Klägerin hat bereits in ihrer Klage das Vorliegen eines Anfechtungsgrundes in Abrede gestellt und konnte dies auch ohne Rücksicht auf den Umstand, dass die Beklagte zu diesem Zeitpunkt sich im Verfahren noch nicht auf das Vorliegen eines Irrtums berufen hat, denn aufgrund der vorprozessualen Korrespondenz und der bereits erklärten Anfechtung war für die Klägerin absehbar, die Beklagte werde sich hierauf berufen. Im Übrigen hat die Klägerin auch in der Folge wiederholt vorgetragen, dass die Beklagte alles genau verstanden habe und sich der Folgen ihres Handelns bewusst gewesen sei, worin ein zulässiges sinngemäßes Bestreiten eines Irrtums von Seiten der Klägerin zu erkennen ist.
53Zum anderen fehlt es bereits an einem hinreichenden Vortrag der insoweit beweisbelasteten Beklagten zum Vorliegen eines Irrtums über den Inhalt der Erklärung (Inhaltsirrtum) bzw. über die Abgabe einer Erklärung solchen Inhalts (Erklärungsirrtum). Dass die Beklagte gegebenenfalls über die Person der Klägerin bzw. der Anruferin im Unklaren war, begründet einen solchen Irrtum jedenfalls nicht. Für den zweiten, hier aufgezeichneten Anruf mit einer Mitarbeiterin der Klägerin wird auch nicht konkret und fallbezogen vorgetragen, inwieweit sich die Beklagte über die Abgabe einer Erklärung oder den Inhalt derselben in einem Irrtum befunden haben will. Die Aufzeichnung vermittelt vielmehr – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der wiederholten Nachfragen von Seiten der Klägerin – den Eindruck, die Klägerin habe sehr wohl gewusst, dass und was sie sage und erkläre. Jedenfalls aber hat die Beklagte für das Vorliegen eines solchen Irrtums in ihrer Person keinen hinreichenden Beweis angetreten. Sie hat wiederholt allein die Vernehmung ihrer selbst als Partei beantragt. Da die Klägerin einer solchen Vernehmung widersprochen hat und damit eine einverständige Vernehmung im Sinne des § 447 ZPO ausgeschlossen ist, käme allenfalls eine Vernehmung von Amts wegen nach § 448 ZPO in Betracht. Die hierzu notwendige Anfangswahrscheinlichkeit (der so genannte „An-Beweis“; vgl. BGH NJW 1997, 3230; 1998, 814) ist angesichts des ohnehin kursorischen Vortrages zum Vorliegen eines Irrtums und des Inhalts der Gesprächsaufzeichnung jedoch nicht gegeben.
54Auch eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) kam nicht in Betracht, denn die Beklagte hat es insoweit bereits nicht vermocht, die Voraussetzungen eines derartigen Anfechtungsgrundes hinreichend substantiiert darzulegen. Die eingereichten Fragebögen einer Mehrzahl von Mandanten des Prozessbevollmächtigten der Beklagten sind für die Beurteilung des Rechtsstreits in vorliegender Sache ohne jede Relevanz. Es handelt sich hierbei um allgemeine, vom Fall losgelöste Behauptungen, die einen schlüssigen Sachvortrag in vorliegender Sache nicht ersetzen. Ebenso wenig genügt der Vortrag der Beklagten, sie habe angenommen, der Erstanruf stamme von ihrem Inhalte-Provider, Herrn M, den Anforderungen an die Darlegung einer arglistigen Täuschung. Dabei kann es letztlich dahinstehen, inwieweit eine anlässlich des ersten Anrufs eventuell erfolgte Täuschung überhaupt auf den Vertragsschluss im zweiten Anruf angesichts dessen konkreten und eindeutigen Inhalts fortgewirkt hat. Zugleich kann auch unterstellt werden, die Klägerin sei bei dem ersten Anruf tatsächlich davon ausgegangen, es habe sich um Herrn M gehandelt (wobei diese Fehlvorstellung schon deshalb im zweiten Anruf nicht unmittelbar fortgewirkt haben kann, da das Gespräch zum einen mit einer Frau geführt wurde und diese auf ein vorangegangenes Gespräch mit einem Herrn S Bezug genommen hat). Die Beklagte trägt jedoch – außer Allgemeinplätzen und Vermutungen – nicht konkret vor, welche bewusst unwahre Tatsachenbehauptung die Klägerin bezogen auf ihre Person und / oder den Anlass ihres Anrufs und / oder den Inhalt des Vertrags sie zu welcher Zeit konkret gegenüber der Beklagten geäußert hat. Das mitgeschnittene Telefonat enthält eine solche jedenfalls nicht.
55b)
56Der Anspruch ist jedoch entgegen der Auffassung des Amtsgericht und der Auffassung des Landgerichts Kassel in dem durch die Klägerin eingereichten Hinweisbeschluss vom 13.06.2014 (1 S 118/14) infolge der hilfsweise erklärten Aufrechnung mit einem eigenen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 7 Nr. 2 UWG erloschen (§§ 387, 389 BGB). Insoweit geht die Aufrechnung auch einer etwaigen Hemmung wegen der Einrede des nicht erfüllten Vertrages (§ 320 BGB) vor, da die Aufrechnung zum endgültigen Erlöschen der Forderung führt und daher nach sachgerechter Auslegung die hilfsweise Erklärung derselben der Berücksichtigung von lediglich rechtshemmenden Einreden vorgehen sollte.
57aa)
58Die Beklagte hat mit Klageerwiderung vom 20.12.2013 die hilfsweise Aufrechnung im Sinne des § 388 BGB erklärt.
59bb)
60Es lag auch eine Aufrechnungslage im Sinne des § 387 BGB vor.
61(1)
62Die Beklagte war berechtigt, gegenüber der gesamten Restforderung der Klägerin die Aufrechnung mit eigenen Schadensersatzansprüchen zu erklären und zwar ungeachtet des Umstandes, dass die Parteien hier eine ratenweise Begleichung bis in das Jahr 2016 vereinbart haben. Diese Vereinbarung hatte lediglich die für die Beklagte günstige Folge, dass die Forderung der Klägerin ihr gegenüber vollständig nicht sofort fällig, sondern vielmehr erst monatlich in Höhe von jeweils 20,23 Euro (brutto) fällig wurde. Die Fälligkeit der Hauptforderung, gegenüber der die Beklagte als Schuldnerin hier die Aufrechnung erklärt hat, ist jedoch keine Voraussetzung für die Wirksamkeit der Aufrechnung bzw. für das Vorliegen einer Aufrechnungslage (BGH NJW 2006, 3631). Notwendig, aber auch ausreichend ist, dass die Forderung erfüllbar ist. Dies ist hier im Hinblick auf die gesamte Forderung der Klägerin der Fall. Gemäß § 271 Abs. 2 BGB ist im Zweifel anzunehmen, dass der Schuldner einer Forderung diese auch vor der Leistungszeit, mithin vor Fälligkeit, bewirken kann. Anhaltspunkte, die im konkreten Fall einer solch vorzeitigen Erfüllbarkeit entgegen stehen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere besitzt die Klägerin kein berechtigtes Interesse an einer erst späteren Erfüllung, anders als beispielsweise ein Darlehensgeber mit dem berechtigten Zinsinteresse, so dass in solchen Fällen ausnahmsweise und entgegen § 271 Abs. 2 BGB wegen des möglichen Zinsausfallschadens eine vorzeitige Erfüllung nicht möglich ist. Da der der Forderung zugrunde liegende Vertrag einschließlich der damit einhergehenden Zahlungsverpflichtung auch bereits verbindlich geschlossen wurde, handelte es sich bei den Raten auch nicht um künftige Ansprüche, denen gegenüber eine Aufrechnung jedenfalls nicht ohne Weiteres erklärt werden kann (vgl. BGH NJW 1988, 2542; NJW 2004, 3118), sondern um einen gegenwärtigen Anspruch, dessen Fälligkeit allein aufgeschoben wurde im Rahmen der getroffenen Ratenzahlungsvereinbarung.
63(2)
64Der Beklagten steht gegen die Klägerin eine gleichartige, wirksame und fällige Zahlungsforderung in Gestalt eines Schadensersatzanspruchs in Höhe von 728,28 Euro wegen deliktischer Schutzgesetzverletzung durch die Beklagte gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG zu, denn die Beklagte hat gegen das Verbot unzulässiger Telefonwerbung nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG schuldhaft verstoßen und hierdurch kausal und zurechenbar bei der Beklagten eine Schaden in Höhe des sie treffenden Vergütungsanspruchs verursacht.
65(a)
66Entgegen der Beurteilung des Landgerichts Kassel (Beschl. v. 13.06.2014 – 1 S 118/14) handelt es sich bei den Vorschriften des UWG um Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, die neben dem Schutz der übrigen Mittbewerber, dem so genannten horizontalen, wettbewerbsrechtlichen Schutz auch den Schutz von Verbrauchern und übrigen Marktteilnehmern als durch wettbewerbswidrige Maßnahmen unmittelbar vertikal Betroffene dienen.
67Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung aus dem Jahre 1964 (NJW 1964, 1369) zum UWG a.F. allgemein und ohne Einschränkung ausgeführt, dass „nach einhelliger Auffassung die Vorschriften des UWG Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB“ seien. Von dieser Auffassung ist er bislang nicht abgerückt. Im Gegenteil: In weiteren – zum Teil vorangehenden, zum Teil späteren – Entscheidungen wird ausdrücklich der Schutzgesetzcharakter der §§ 1 und 3 UWG bestätigt (vgl. BGH NJW 1955, 382; NJW 1967, 1558; NJW 2006, 830, 838), so dass auch die Literatur jedenfalls mit Blick auf §§ 1 und 3 UWG deren Schutzgesetzcharakter im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB anerkannt hat (vgl. nur Münchener Kommentar-Wagner, BGB, 6. Aufl. 2013, § 823 Rn. 424).
68Der vorgenannte Schutzgesetzcharakter der Normen des UWG ist auch im Hinblick auf das neue UWG (BGBl. I 2004, 1414) anzuerkennen. Von dem Schutzbereich umfasst werden hierbei nicht allein die Mitbewerber, sondern auch die Adressaten unlauterer Wettbewerbsmethoden, mithin Verbraucher und die so genannten übrigen Marktteilnehmer. Dies folgt unmittelbar aus dem in § 1 UWG normierten Zweck des Gesetzes selbst. Danach dient das Gesetz „dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb“. Der insoweit eindeutige Wortlaut verdeutlicht, dass der Schutzbereich des gesamten UWG nicht allein den Markt als solchen und die übrigen Mittbewerber umfasst, sondern auch und insbesondere die Adressaten unlauterer Wettbewerbsmethoden. Dies wird letztlich auch durch die Gesetzesbegründung bestätigt. Hierin heißt es unter anderem, dass durch die Schutzzweckbestimmung in § 1 UWG klargestellt werden sollte, dass nicht allein der Mitbewerber individuell geschützt werden soll, sondern die Marktteilnehmer überhaupt, namentlich die Verbraucher und die übrigen Marktteilnehmer (vgl. BR-Drs. 301/03, 27 f.). Der eigentliche Zweck des UWG liege darin, das Marktverhalten der Unternehmen im Interesse der Marktteilnehmer, insbesondere der Mitbewerber, aber auch der Verbraucher (und damit auch der gleichrangig erwähnten übrigen Marktteilnehmer) an einem unverfälschten Wettbewerb zu regeln.
69In Anbetracht dessen weisen die Normen des UWG drittschützenden Charakter im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB auf mit Blick auf die Verbraucher und übrigen Marktteilnehmer.
70(b)
71Ob die Klägerin durch ihr Verhalten (auch) gegen § 4 Nr. 3 UWG (Verschleierung des Werbecharakters) oder § 5 Abs. 1 UWG (irreführende geschäftliche Handlung) verstoßen hat, kann letztlich dahin stehen, denn jedenfalls dürfte ein Verstoß gegen § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG vorliegen, denn bei dem Erstanruf der Klägerin handelte es sich um einen unzulässigen so genannten „Cold Call“.
72Da eine ausdrückliche Einwilligung der Beklagten als Gewerbetreibende und damit sonstige Marktteilnehmerin im Sinne des UWG nicht vorlag, war der unstreitig erfolgte Werbeanruf nur dann zulässig, wenn eine mutmaßliche Einwilligung der Beklagten angenommen werden konnte. Dies ist jedoch nicht der Fall.
73Das Vorliegen einer mutmaßlichen Einwilligung ist anhand der Umstände vor dem Anruf sowie anhand der Art und des Inhalts der Werbung festzustellen. Die mutmaßliche Einwilligung muss sich auch auf die Art der Werbung, nämlich mittels Telefonanruf, beziehen (Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, 32. Aufl. 2014, § 7 Rn. 163). Maßgeblich ist, ob der Werbende bei verständiger Würdigung der Umstände annehmen durfte, der Anzurufende erwarte einen solchen Anruf oder werde ihm jedenfalls aufgeschlossen gegenüberstehen (BGH GRUR 2007, 607; 2008, 189; BGH GRUR 2010, 939; Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O.). Ist dies zu verneinen, so kommt es grundsätzlich nicht mehr darauf an, ob der Anruf zu einer sonstigen Belästigung oder zu einem Vertragsschluss geführt hat (BGH GRUR 2007, 607). Denn für die lauterkeitsrechtliche Bewertung ist auf die Umstände vor dem Anruf abzustellen (Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O.).
74Erforderlich ist, dass „auf Grund konkreter Umstände ein sachliches Interesse des Anzurufenden“ am Anruf durch den Anrufer vermutet werden kann (BGH GRUR 2001, 1181, 1183; 2004, 520, 521; 2010, 939). Eine mutmaßliche Einwilligung ist jedoch im Allgemeinen noch nicht dann anzunehmen, wenn der Anruf lediglich eine „allgemeine Sachbezogenheit“ aufweist, da diese nahezu immer gegeben sein dürfte und damit die Telefonwerbung fast unbegrenzt möglich wäre (BGH GRUR 2001, 1181, 1183; 2007, 607; 2010, 939; Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O., § 7 Rn. 165). Auch eine typisierende oder generalisierende Unterscheidung zwischen Anrufen, die die eigentliche Geschäftstätigkeit betreffen, und solchen, die sich auf Hilfsmittel beziehen, ist nicht statthaft. Denn weder ist bei ersteren stets ein sachliches Interesse generell zu vermuten noch bei letzteren stets zu verneinen (BGH GRUR 1991, 764, 765). Vielmehr ist darauf abzustellen, ob im Einzelfall der Werbende bei verständiger Würdigung davon ausgehen kann, der Anzurufende erwarte den Anruf oder stehe ihm jedenfalls positiv gegenüber (BGH GRUR 1991, 764, 765; 2001, 1181, 1183; 2008, 189. Es ist also zu fragen, ob ein konkreter, aus dem Interessenbereich des Anzurufenden herzuleitender Grund vorliegt, der den Werbeanruf rechtfertigen könnte (BGH GRUR 2001, 1181, 1183). Das bezieht sich sowohl auf die Art der Werbung, nämlich mittels Telefonanruf, als auch auf den Inhalt der Werbung (Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O.).
75Hierbei spielt auch eine Rolle, ob die Angelegenheit so eilig ist, dass sie eines Telefonanrufs bedarf (OLG Hamburg GRUR 1987, 60, 61; OLG Stuttgart NJW-RR 1998, 184). Eine Rolle kann auch spielen, ob der Angerufene von sich aus mit dem Werbenden in Kontakt treten kann, etwa unter Nutzung von Suchmaschinen, und dies auch zu erwarten ist.
76Der Anrufer trägt zudem grundsätzlich das Risiko einer subjektiven Fehleinschätzung (OLG München WRP 2011, 1216, 1217).
77Speziell im Hinblick auf einen „Cold Call“, der einen Werbeanruf zur Aufnahme in eine Suchmaschine beinhaltet, hat der BGH in seinem Urteil vom 20.09.2007 (GRUR 2008, 189, 190 f.) ausgeführt:
78„Auf Grund des einmaligen kostenlosen Eintrags der G-GmbH in der Suchmaschine der Bekl. ist es nur zu einer sehr schwachen Geschäftsverbindung gekommen. Diese mag ihrer Art nach die Annahme gerechtfertigt haben, die G-GmbH werde mit einem Anruf zur Überprüfung des eingespeicherten Datenbestands einverstanden sein. Wenn aber der telefonische Weg gewählt wurde, um zugleich das Angebot einer entgeltlichen Leistung zu unterbreiten, war dies nach den sonstigen Umständen für den Anzurufenden unzumutbar belästigend. Die Bekl. konnte nicht mit einem besonderen Interesse der G-GmbH rechnen, gerade im Verzeichnis der Suchmaschine der Bekl. gegen Vergütung mit einem erweiterten Eintrag aufgeführt zu sein. In gleicher Weise wie bei der Bekl. ist ein kostenloser Eintrag über die G-GmbH bei weiteren 450 Suchmaschinen gespeichert. Die Bekl. behauptet selbst nicht, dass ihre Suchmaschine, die nur eine unter einer Vielzahl anderer ist, über eine besondere Bekanntheit verfüge. Angesichts der großen Zahl gleichartiger Suchmaschinen und der Verbreitung kostenloser Unternehmenseinträge in den Verzeichnissen von Suchmaschinen musste die Bekl. vor einem Anruf berücksichtigen, dass für einen Gewerbetreibenden die Gefahr besteht, in seinem Geschäftsbetrieb durch eine Vielzahl ähnlicher Telefonanrufe empfindlich gestört zu werden.“
79Nach dieser Maßgabe durfte die Klägerin nicht von einem mutmaßlichen Interesse der Beklagten am Erhalt des Angebots der Klägerin zum entgeltpflichtigen Eintrag in ein elektronisches Branchenbuch auf telefonischem Wege ausgehen. Insoweit ist es zunächst von allenfalls untergeordneter Bedeutung, dass die Beklagte einen eigenen Internetauftritt unterhält, da dies inzwischen auf die weit überwiegende Mehrzahl der Gewerbetreibenden zutrifft, ohne dass dies ohne Weiteres zur Zulässigkeit von unaufgeforderten Anrufen des hier gegenständlichen Inhalts führt. Demgegenüber war es der Klägerin gerade aufgrund des Internetauftritts der Beklagten möglich, mit dieser auch via Brief, E-Mail oder Fax in Kontakt zu treten. Ein auch nur ansatzweise nachvollziehbarer Anhaltspunkt, der unter Berücksichtigung dessen die Kontaktaufnahme via Telefon – etwa wegen Eilbedürftigkeit – als geboten erscheinen lassen würde, ist nicht ersichtlich. Dass die Klägerin davon ausgehen durfte, der Anzurufende erwarte den Anruf oder stehe ihm jedenfalls positiv gegenüber, ist nicht ersichtlich. Dies gilt umso mehr, als es sich bei dem Angebot der Klägerin um ein solches handelt, wie es vielfach im Internet mit zum Teil deutlich geringeren Gebühren und deutlich größerer Breitenwirkung aufzufinden ist, was auch der Klägerin bei Anruf bewusst gewesen sein muss. Dass schließlich tatsächlich ein Vertrag geschlossen wurde, kann demgegenüber nicht als Indiz dafür herhalten, dass die Beklagte mit dem hier maßgeblichen Erstanruf mutmaßlich einverstanden war, denn der Vertragsschluss im kurz darauf erfolgten zweiten Anruf beruhte letztlich auf Grundlage und vor dem Hintergrund der Überrumpelung durch den ersten Anruf, vor welcher § 7 Abs. 2 UWG gerade schützen will.
80Insoweit ist es auch ohne Bedeutung, dass die Klägerin im Hinblick auf den zweiten, aufgezeichneten Anruf eventuell von einer (mutmaßlichen) Einwilligung der Beklagten ausgehen durfte. Entscheidend ist allein der erste Anruf. Dieser erfolgte ohne Einwilligung – hierin wurden zugleich aber auch bereits sämtliche Grundlagen des späteren Vertragsschlusses gelegt. Dies wird schon darin deutlich, dass die Klägerin sich in dem zweiten Anruf nicht allein auf den ersten Anruf bezogen hat, sondern darüber hinaus auch mitgeteilt hat, der „Auftrag“ sei in diesem ersten Anruf bereits „erteilt“ worden.
81(c)
82Der Erstanruf als unzulässiger „Cold Call“ war schließlich auch kausal für die Eingehung der Verbindlichkeit durch die Beklagte, so dass ein Schaden in Höhe des Vergütungsanspruchs entstanden ist. Ohne den Erstanruf wäre es nicht zu dem zweiten Anruf gekommen, in dem ausdrücklich auf den ersten Anruf Bezug genommen wurde mit den Worten, dort sei der Auftrag bereits erteilt worden und somit auch nicht zu dem dort spätestens erfolgten Abschluss der vertraglichen Vereinbarung.
83Der Schaden wird auch nicht durch eine tatsächlich erfolgte Leistung der Klägerin – Einstellung in das Verzeichnis – minimiert, da die Klägerin die Beklagte bislang nicht in ihr Verzeichnis eingestellt hat.
84cc)
85Der Beklagten ist es auch nicht aus Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) vor dem Hintergrund des Gedankens rechtsmissbräuchlichen Verhaltens verwehrt, sich auf den vorgenannten Schadensersatzanspruch zu berufen und diesen zur Aufrechnung zu stellen. Die Beklagte hat zwar einen Vertrag über die Einstellung in das Verzeichnis der Klägerin geschlossen. Dieser Vertragsschluss beruhte indes auf einer gezielt geschaffenen und rechtswidrigen Überrumpelungssituation, weshalb er nicht treuwidrig ist, wenn sich die Beklagte auf einen Schadensersatzanspruch beruft, um den Folgen dieses Vertragsschlusses zu begegnen.
863.
87Mangels Hauptsacheanspruchs ist auch der ergänzend geltend gemachte Anspruch auf Ersatz von Verzugszinsen gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB nicht begründet.
88III.
89Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
90IV.
91Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
92V.
93Die Revision war zuzulassen, da die Sache grundsätzliche Bedeutung hat und die Zulassung zugleich zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist (§ 543 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO). Bei der Frage des vertikalen Schutzgesetzcharakters der Normen des UWG im Allgemeinen und von § 7 UWG mit Blick über die Wettbewerber hinausgehend auf die Verbraucherinnen und Verbraucher und die Marktteilnehmer im Übrigen handelt es sich um eine klärungsbedürftige, bislang höchstrichterlich so noch nicht entschiedene Frage, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist. Sie wird zugleich von einzelnen Gerichten abweichend von der hier vertretenen Auffassung beantwortet, so dass auch zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Revision geboten erscheint.
94Wert des Berufungsverfahrens: 728,28 Euro