Amtsgericht Kerpen Urteil, 27. Juni 2014 - 104 C 106/14


Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
(Gemäß § 495a Abs. 2 S. 1 ZPO ohne Tatbestand.)
1
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
2Die Klage ist nicht begründet.
3Zwischen dem Kläger und den Beklagten ist es nicht zu einem wirksamen Vertragsschluss bekommen.
4Die seit dem 1.1.2009 gültigen Allgemeinen Nutzungsbedingungen für eBay Kleinanzeigen lauten auszugsweise:
5„... eBay Kleinanzeigen ist eine Webseite der N BV, Xstraat XXX-X, XXXX EO B, O1. Diese Nutzungsbedingungen regeln das Vertragsverhältnis zwischen N BV und den Nutzern, welche die Dienstleistungen von N BV in Anspruch nehmen.
6§ 1 Registrierung und Nutzerkonto
71. ...
82. Die von N BV bei der Registrierung abgefragten Daten sind vollständig und korrekt anzugeben. Die Registrierung erfolgt unter Angabe einer gültigen E-Mail-Adresse und der Wahl eines persönlichen Passworts. ...
9§ 2 Nutzung der eBay Kleinanzeigen Website
101. ...
11Nutzer sind verpflichtet Anzeigen (Gesuche und Angebote) in die passende Kategorie einzustellen und mit Worten und Bildern vollständig und wahrheitsgemäß zu beschreiben.
122. Es ist verboten Anzeigen oder sonstige Inhalte auf eBay Kleinanzeigen zu veröffentlichen, die gegen gesetzliche Vorschriften, Rechte Dritter oder gegen die guten Sitten verstoßen. Beachten Sie dabei, dass es verboten ist:
13 ...
14unehrlich oder irreführend zu handeln
15 ...“
16Gegen diese Grundsätze hat der Kläger unstreitig verstoßen, indem er im Rahmen seiner Anmeldung bei eBay falsche Angaben machte. So gab er als angemeldete Adresse bzw. Kontaktadresse an: B1 G, Fweg XX, XXXXX X1, E. Unter der angegebenen Anschrift wohnt keine entsprechende Person, es handelt sich unstreitig um fingierte Angaben des Klägers.
17Nach Auffassung des Gerichts führt dieser Vorstoß dazu, dass kein wirksamer Vertrag zu Stande gekommen ist.
18Zu den wesentlichen, unverzichtbaren Bestandteilen eines Vertrages (den sog. essentialia negotii) gehört, zwischen welchen Personen überhaupt eine Einigung zu Stande kommen soll. Bei Verträgen, welche unter Inanspruchnahme der eBay-Plattform geschlossen werden, kommt dabei den Nutzungsbedingungen eine entscheidende Bedeutung zu. Für die Frage, unter welchen Umständen eine Auktion vorzeitig beendet werden kann, entspricht dies der Rechtsprechung des BGH (vgl. dazu das Urteil vom 8.6.2011 - VIII ZR 305/10). Die Nutzungsbedingungen haben aber auch Einfluss darauf, ob überhaupt von einem wirksam geschlossenen Vertrag ausgegangen werden kann. Im Wege der Auslegung besteht dabei kein Zweifel daran, dass der Vertrag zwischen den Personen zustande kommen soll, auf welche die Anmeldedaten verweisen. Diese Daten werden dabei freilich nicht „veröffentlicht“, im Internet agieren die beteiligten Personen unter einem von ihnen gewählten Pseudonym. Bei der durch eBay vermittelten Einigung treten daher zunächst die persönlichen Daten eines Nutzers vollständig in den Hintergrund. Dieser Umstand ändert aber nichts an ihrer rechtlichen Relevanz. So bilden die bei eBay hinterlegten Daten die entscheidenden Anknüpfungspunkte, um überhaupt feststellen zu können, zwischen welchen Personen ein Vertrag zu Stande gekommen sein soll, welche Personen sich also hinter denen von ihnen gewählten Pseudonymen befinden.
19Werden dort nun aber falsche Angaben gemacht, so ist es dem „vermeintlichen Vertragspartner“ nicht möglich, überhaupt auf die Person zuzugreifen, mit welcher der „Vertrag“ zustandegekommen sein soll. Diese Person kann vielmehr allenfalls im Wege von aufwändigen Recherchen, etwa über die so genannte IP-Adresse des Computers, ausfindig gemacht werden. Selbst ein solcher Versuch ist zum Scheitern verurteilt, falls zum Beispiel ein öffentliches WLAN Netz benutzt wurde.
20Der Richtigkeit der bei eBay hinterlegten Daten kommt daher für die Abwicklung eines Vertrages entscheidende Bedeutung zu; dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn es zu juristischen Auseinandersetzungen zwischen den Beteiligten kommen sollte.
21Dies alles macht die Personen, welche bei eBay Waren anbieten oder kaufen wollen schutzwürdig. Zu berücksichtigen ist dann auch, dass es nach den Nutzungsbedingungen von eBay insbesondere verboten ist, „unehrlich oder irreführend zu handeln“ (vgl. dazu schon oben). Auf eine solche Irreführung ist aber das Vorgehen des Klägers ausgerichtet. Seine falschen Angaben dienen der Täuschung im Rechtsverkehr, mit ihnen verbirgt er seine wahre Identität gegenüber anderen Nutzern der Plattform.
22Nach Auffassung des Gerichts richtet sich nun aber die Offerte, welche der Beklagte durch die Einstellung seines Angebots bei eBay gemacht hat, nur an solche Personen, welche ihrerseits die Nutzungsbedingungen einhalten und nicht im Internet mit irreführenden und täuschenden Angaben auftreten. Die von dem Beklagten gemachte Offerte richtete sich deshalb schon gar nicht an den Kläger. Die Nutzungsbedingungen bei eBay lassen daher nicht nur Rückschlüsse darauf zu, unter welchen Bedingungen etwa eine Aktion abgebrochen werden kann (vgl. dazu die schon zitierte BGH Entscheidung), sondern auch darauf, welchen Personen überhaupt die Plattform zum Abschluss von Verträgen dienen soll. Nach der Interpretation der Nutzungsbedingungen durch das Gericht sind alle Personen von der Nutzung ausgeschlossen, die bei der Anmeldung ihre wahre Identität verbergen und zur Täuschung dazu falsche Angaben machen.
23Soweit für den Kläger ausgeführt worden ist, dass es anderen Nutzern der eBay-Plattform letztlich egal sei, ob von dem Kläger wahrheitsgemäße Angaben zu seiner Person hinterlegt sind oder nicht, stoßen die Ausführungen beim Gericht auf Unverständnis. Wörtlich ist von dem Klägervertreter dazu unter anderem ausgeführt worden:
24„Soweit der Kläger - wie hier - als Käufer auftritt, ist einem Vertragspartner sogar völlig gleichgültig, wer - der Käufer oder ein Dritter - den von ihm zur Versteigerung angebotenen Artikel bezahlt.“
25Der Klägervertreter versucht damit zu suggerieren, dass dem als Verkäufer auftretenden potentiellen Vertragspartner des Klägers letztlich kein Schaden drohe.
26Diese Einschätzung ist offensichtlich falsch. Denn auch bei Vertragsschlüssen unter der Benutzung der eBay-Plattform ist nämlich zwischen dem Zu-Stande-Kommen eines Vertrages und seiner Erfüllung zu unterscheiden. Sollte der Kläger daher unter Benutzung seines Pseudonyms einen Artikel ersteigern, so lässt die von ihm derzeit praktizierte Handhabung das Risiko aufkommen, dass der Kläger danach schlicht nicht seiner Zahlungspflicht nachkommt. Genau in solchen Fällen greift dann aber der potentielle Verkäufer „ins Leere“, weil eben die Person des Klägers über die von ihm hinterlegten Daten nicht ausfindig gemacht werden kann. Dadurch kann es auch für den Anbieter von Waren durchaus zu Schäden kommen, weil durch das Mitbieten des Klägers das Zu-Stande-Kommen eines anderen Vertrages verhindert worden sein kann. Auch wenn es daher dem Verkäufer in aller Regel egal sein wird, mit wem der Vertrag „zur Durchführung kommt“, so bleibt ein absolut schutzwürdiges Interesse aller eBay-Nutzer daran bestehen, nur mit solchen Personen überhaupt Verträge zu schließen, die zu ihrer Person bei der Anmeldung wahrheitsgemäße Angaben gemacht haben.
27Einer solchen Auslegung steht nicht entgegen, dass auch der Beklagte Interesse an dem Zu-Stande-Kommen eines Vertrages mit dem Kläger gehabt haben könnte. Aus Sicht des Gerichts lässt sich nämlich der Schutz des „Vertragspartners“ ohne weiteres über die Grundsätze der Haftung aus culpa in contrahendo (vgl. dazu etwa Ellenberger, in: Palandt, BGB, 73. Auflage, Einführung vor § 145 Rz. 18) sicherstellen. Der Beklagte kann daher auch ohne einen Vertrag von dem Kläger verlangen so gestellt zu werden, als wenn ein solcher zu Stande gekommen wäre.
28Vollkommen unerheblich ist für die Entscheidung des Rechtsstreits, in welchem Umfang es in der Vergangenheit für vermeintliche Vertragspartner des Klägers zu Schwierigkeiten gekommen ist. Auch wenn der Kläger gegenwärtig 177 positive Bewertungen (100 %) haben sollte, kann er keinesfalls als „zuverlässiger eBayer“ angesehen werden. Ein „zuverlässiger eBayer“ täuscht nämlich nicht falsche Kontaktdaten vor.
29Vollkommen unerheblich ist auch, ob es dem Kläger heute noch möglich ist, seinen (eingeräumten) vor ca. 10 Jahren begangenen Fehler, der in der Hinterlegung falscher Kontaktdaten lag, noch zu beseitigen. Das Gericht hat jedenfalls keinen Zweifel daran, dass es dem Kläger damals darum ging, sich gegebenenfalls hinter falschen Kontaktdaten „verstecken zu können“; ungeachtet der positiven Bewertungen, welche der Kläger in den letzten Jahren bekommen haben mag, begleitet jeden potentiellen Vertragspartner von ihm das Risiko, vom Kläger gegebenenfalls „ausgebremst zu werden“. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass dieses Risiko je nach Gestaltung (tritt der Kläger als Käufer oder als Verkäufer auf usw.) unterschiedlich hoch ausfallen wird. Letztlich kommt es darauf aber aus den dargestellten Gründen gar nicht an.
30Gründe, die Berufung zuzulassen, liegen nicht vor.
31Die prozessualen Entscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
32Das Gericht leitet die Akte jetzt von Amts wegen der Staatsanwaltschaft Köln zu. So besteht immerhin der Verdacht, dass der Kläger gegen § 269 StGB verstoßen haben könnte (vgl. dazu etwa KG, Urteil vom 22.7.2009 - (4) 1 Ss 181/09 (130/09).
33Streitwert: 100 €
34(Rau)

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Das Gericht kann sein Verfahren nach billigem Ermessen bestimmen, wenn der Streitwert 600 Euro nicht übersteigt. Auf Antrag muss mündlich verhandelt werden.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr beweiserhebliche Daten so speichert oder verändert, daß bei ihrer Wahrnehmung eine unechte oder verfälschte Urkunde vorliegen würde, oder derart gespeicherte oder veränderte Daten gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) § 267 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.