Amtsgericht Kempten (Allgäu) Teilurteil, 03. Dez. 2015 - 3 C 1040/14

published on 03/12/2015 00:00
Amtsgericht Kempten (Allgäu) Teilurteil, 03. Dez. 2015 - 3 C 1040/14
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Gericht

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Tenor

1. Die Beklagten werden samtverbindlich verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 617,85 € zu bezahlen, der Beklagte zu 1) nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.10.2014, die Beklagte zu 2) nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 18.1.2015.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung aus dem Urteil durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil insgesamt zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger macht als Vermieter gegen die Beklagten als Mieter Ansprüche auf Bezahlung restlicher Mieten für den Zeitraum Januar 2014 bis September 2014 geltend, in denen die Beklagten die Miete aufgrund Baulärms gemindert haben.

Der Kläger ist Vermieter der von der Beklagten innegehaltenen Wohnung M.-straße ... in K.

Der monatliche Mietzins betrug 531,74 € zzgl. Nebenkostenvorauszahlung in Höhe von 151,45 € zzgl. Tiefgarage in Höhe von 81,81 €, mithin insgesamt 765,00 €.

Auf dem Grundstück, das direkt an das von den Beklagten bewohnte Anwesen angrenzt, wurden mehrere Gebäude niedergerissen und dort ein Neubau in einer Entfernung von ca. 20 m zur Wohnung der Beklagten errichtet.

Die Bauarbeiten begannen im Herbst 2013. Begonnen wurde mit dem Abbruch des Altgebäudes, der Sicherung des Baugrundes durch Einrammen von Spundbohlen, Erdarbeiten zur Erstellung der Baugrube, Bodenaustausch und Verdichtungsarbeiten mittels Raupenbagger und Rüttelverdichter.

Anschließend wurden die Arbeiten fortgesetzt mit dem Betonieren und Verdichten des Betons für die Bodenplatte und der Zwischendecken sowie dem Einbringen von Verfüllmaterial zwischen Spundwand und Gebäude, Verdichten des Füllmaterials mittels schwerem Verdichtungsgerät und Ziehen der Spundbohlen.

Es wurde in einer Entfernung von jedenfalls 10 m zum Balkon der Beklagten ein Baukran aufgestellt. Raupenfahrzeuge mit lauten Dieselmotoren verkehrten vor dem Balkon der Beklagten. Eine Schneidemaschine wurde in der Nähe zum Balkon betrieben, Bauabfälle wurden in Containern entsorgt, die sich unmittelbar vor dem Balkon der Beklagten befanden. Holzlatten wurden mit Motorsägen unterhalb der Wohnung des Beklagten passend geschnitten.

Die Fenster mussten aufgrund des Lärms und der von der Baustelle ausgehenden Schmutzentwicklung geschlossen bleiben.

Mit Schreiben des Mietervereins Kempten vom 27.12.2013 wurde eine Minderung der Miete in Höhe von 25% geltend gemacht.

Die Beklagten leisteten im Folgenden Zahlungen wie folgt:

Januar 2014

495,00 €

Februar 2014

595,00 €

März 2014

595,00 €

April 2014

341,50 €

Mai 2014

421,50 €

Juni 2014

421,50 €

Juli 2014

421,50 €

August 2014

421,50 €

September 2014

421,50€.

Eine ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung zwischen den Parteien hinsichtlich der Beschaffenheit der Wohnung, insbesondere zur Frage von Umwelteinwirkungen, enthält der Mietvertrag zwischen den Parteien nicht.

Nachdem der Kläger angesichts der unstreitigen Beeinträchtigungen zunächst allenfalls ein Minderungsrecht in Höhe von 12% der Bruttomiete ohne Garage für angemessen hielt, vertrat er im Weiteren die Ansicht, dass der gegenständliche Baulärm von den Beklagten zu dulden sei. Dies stelle ein allgemeines Lebensrisiko dar.

Der Kläger hat mit Betriebskostenabrechnung vom 4.12.2014 für den Zeitraum vom 1.6.2013 bis 31.5.2014 die Betriebskosten abgerechnet.

Der Kläger beantragt zuletzt:

Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger 2.424,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragten zuletzt

kostenpflichtige Klageabweisung.

Die Beklagten tragen vor, die Bauarbeiten hätten an 6 Tagen in der Woche stattgefunden, täglich seien 12 bis 13 Stunden gearbeitet worden, am Samstag von 7:00 Uhr bis 14:00 Uhr. Die Zufahrt zu der Baustelle habe sich direkt vor der Wohnung der Beklagten befunden. Der Baukran sei nur in 5 m Entfernung zum Balkon der Beklagten aufgestellt worden. Der Balkon sei während der Durchführung der Bauarbeiten nicht nutzbar gewesen.

Das Bauvorhaben sei vom Kläger selbst durchgeführt worden.

Die Beklagte zu 2) habe ein chronisches Schmerzleiden, der Baulärm habe eine massive Einschränkung dargestellt, wofür ein materieller Ausgleich erforderlich sei.

Mit Schriftsatz vom 3.2.2015 (Bl. 79 ff.) erhoben die Beklagten Widerklage, über die im Rahmen dieses Teilurteiles nicht zu entscheiden war.

Hinsichtlich des übrigen Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf die Schriftsätze der Parteien sowie Protokolle über die mündlichen Verhandlungen.

Gründe

A

Die Klage ist zulässig.

Insbesondere ist das angerufene Gericht gemäß §§ 23 Nr. 2 a GVG sachlich und gemäß § 29 a ZPO örtlich zuständig.

B

Die Klage ist nur teilweise begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagten einen Anspruch auf Mietzahlung in Höhe von noch 617,85 € zu, § 535 Abs. 2 BGB.

Die Beklagten waren berechtigt, die Miete in den Monaten Januar 2014 bis September 2014 zu mindern.

„Gemäß § 536 I BGB ist die vereinbarte Miete kraft Gesetzes gemindert, wenn die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel aufweist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder (erheblich) mindert oder ein solcher Mangel während der Mietzeit entsteht. Ein derartiger Mangel ist dann gegeben, wenn der tatsächliche Zustand der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand abweicht. Der vertraglich geschuldete Zustand bestimmt sich in erster Linie nach den Beschaffenheitsvereinbarungen der Mietvertragsparteien, die auch durch schlüssiges Verhalten (konkludent) getroffen werden können. Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung können dabei auch Umstände sein, die von außen auf die Mietsache unmittelbar einwirken (sog Umweltfehler), wie etwa Immissionen, denen die Mietsache ausgesetzt ist. Soweit allerdings Parteiabreden zur Beschaffenheit der Mietsache fehlen, wird der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand unter Berücksichtigung des vereinbarten Nutzungszwecks und des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nach der Verkehrsanschauung bestimmt (zum Ganzen Senat, NJW 2013, 680 = NZM 2013, 184 Rn. 8 m. w. N.).“ (BGH, Urteil vom 29.04.2015, VIII ZR 197/14).

Zwischen den Parteien wurde nach unstreitigem Sachvortrag eine Beschaffenheitsvereinbarung weder ausdrücklich noch konkludent getroffen.

Mithin bestimmt sich vorliegend die Frage der Berechtigung zur Mietminderung nach der Verkehrsanschauung unter Berücksichtigung des vereinbarten Nutzungszweckes und des Grundsatzes von Treu und Glauben.

„Die nach § 535 I 1 BGB durch den Mietvertrag entstehende Verpflichtung des Vermieters, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren, gestaltet § 535 I 2 BGB zum einen dahin aus, dass der Vermieter die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen hat (Überlassungspflicht). Zum anderen trifft den Vermieter danach auf Dauer die Verpflichtung, die Mietsache während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten (Erhaltungspflicht), was zugleich die Pflicht beinhaltet, eine nach Überlassung eingetretene Verschlechterung der Mietsache zu beseitigen und den zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand wiederherzustellen (BGH, NJW 2015, 699 = NZM 2015, 245 Rn. 25 m. w. N.; NZM 2003, 472).

Das dem Vermieter durch diese Regelungen auferlegte Besitzverschaffungsrisiko (vgl. § 276 I 1 BGB) hat jedoch nicht notwendig zur Folge, dass die Überlassungs- und die Erhaltungspflicht in jeder Hinsicht deckungsgleich sind. Während die Überlassungspflicht an einen gegenwärtigen Zustand der Mietsache anknüpft, über den der Vermieter sich ohne Weiteres vergewissern und dessen Beherrschung ihm deshalb auch ohne Weiteres zugemutet werden kann, bedarf es zur Erhaltungspflicht und der Beherrschbarkeit der dabei jedenfalls durch äußere Einflüsse auf die Mietsache einwirkenden Risiken eines prognostischen Blicks in die Zukunft, deren Entwicklung nicht in jeder Hinsicht überschaubar ist.

Dementsprechend bedarf es für den Umfang der Erhaltungspflicht einer differenzierteren Betrachtung. Denn auch für die Beurteilung eines übernommenen Beschaffungsrisikos ist es anerkannt, dass dieses sich bei Fehlen gegenteiliger Anhaltspunkte nicht darauf erstreckt, schlechthin für jedes Unvermögen zur Erfüllung der übernommenen Pflichten einstehen zu wollen, sondern nur auf die Fähigkeit zur Überwindung der typischen Beschaffungshindernisse bei Geschäften der fraglichen Art (BT-Drs. 14/6040, 132; BeckOK BGB/Lorenz, 1.3.2011, § 276 Rn. 42; Erman/Westermann, § 276 Rn. 19 m. w. N.). Die Übernahme eines Beschaffungsrisikos schließt deshalb insbesondere die Berücksichtigung des unvorhergesehenen Eintritts höherer Gewalt oder ähnlicher Umstände nicht aus, welche nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) das Verlangen des Gläubigers nach uneingeschränkter Leistung als unbillig und ungerechtfertigt erscheinen lassen (RGZ 99, 1 [2]; vgl. auch Senat, NJW 1972, 1702 = WM 1972, 1251 [unter III 1? b]; NJW 1994, 515 = WM 1994, 301 [unter II 2? b]). Es ist in diesen Fällen vielmehr bereits durch Auslegung des Vertrags zu ermitteln, wie weit eine im Vertrag übernommene Beschaffungspflicht nach diesen Maßstäben reicht (MüKoBGB/Grundmann, 6. Aufl., § 276 Rn. 179 m. w. N.). [39] Dieser Gesichtspunkt ist auch bei der hier vorzunehmenden - ergänzenden - Auslegung des Mietvertrags der Parteien zur Beantwortung der Frage zu berücksichtigen, was im Einzelnen zu dem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand der in Rede stehenden Mietwohnung gehört, den die Kl. insbesondere nach deren Lage und deren beabsichtigter Nutzung sowie der Verkehrsanschauung unter Beachtung des in § 242 BGB normierten Grundsatzes von Treu und Glauben gem. § 535 I 2 BGB während der Mietzeit in Bezug auf Geräuschimmissionen zu erhalten haben.“ (BGH a. a. O.).

Folglich ist gemäß der Rechtsprechung des BGH zu fragen, ob die Parteien unter Berücksichtigung des hier streitgegenständlichen Baulärmes diesen bei Vertragsschluss als den geschuldeten Zustand hingenommen hätten oder ob die Parteien den Kläger als verpflichtet angesehen hätten, den Mietgebrauch entsprechend dem bei Vertragsschluss bestehenden Standard aufrechtzuerhalten.

Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall bereits dadurch von der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, als hier nicht eine dauerhafte Veränderung der Umwelt, sondern lediglich eine kurzfristige Beeinträchtigung durch einen zwischenzeitlich abgeschlossenen Bau auf dem Nachbargrundstück erfolgte.

So ist allgemein anerkannt, dass ein Mieter grundsätzlich Baulärm von einem Nachbargrundstück als vertragsgemäß hinzunehmen hat, wenn die künftige Bebauung bei Vertragsschluss zur Bestimmung des Soll-Zustands der Mietsache in den Parteiwillen aufgenommen wurde (Beschaffenheitsvereinbarung), das ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände zu prüfen (Schmidt-Futterer, § 536, Rn. 138).

„In der Instanzrechtsprechung wird Baustellenlärm regelmäßig als Mangel der Mietsache angesehen. Nur soweit derartige Lärmbelästigungen voraussehbar und für den Mieter erkennbar waren, wurde den Mietern das Minderungsrecht abgesprochen. An die Erkennbarkeit müssen aber hohe Anforderungen gestellt werden (vgl. dazu § 536 b Rdn. 9). Es reicht nicht aus, dass für den Mieter Art und Umfang der Baumaßnahmen abschätzbar sind. Vielmehr ist erforderlich, dass sich der Mieter auch über die Intensität und die zeitliche Perspektive der Lärmbeeinträchtigung realistische Vorstellungen machen konnte. Selbst wenn diese Voraussetzungen vorliegen sollten, rechtfertigt nur eine übliche Beeinträchtigung durch zu erwartenden Baulärm den Ausschluss der Minderung. [...] Häufig lassen sich aus der Umgebung allein gar keine Erkenntnisse über zukünftige Bauarbeiten ableiten. Daher müssen schon bei Vertragsschluss konkrete Anhaltspunkte für bevorstehende Bauarbeiten vorliegen. Wegen seiner Sach- und Ortsnähe ist es zudem die Aufgabe des Vermieters, den Mieter auf künftige Bauarbeiten nach Art, Umfang Dauer und Intensität in der Nachbarschaft hinzuweisen (vgl. dazu Rdn. 12). Kann der Vermieter dies nicht leisten, fällt dieser Umstand unter sein Vermieterrisiko. Konnte er den Mieter aufklären, dann kennt der Mieter die zu erwartenden Beeinträchtigungen und ist regelmäßig gem. § 536 b BGB mit Gewährleistungsrechten ausgeschlossen. Verkennt der Mieter dabei das Ausmaß der Maßnahmen, fällt dies in seinen Risikobereich. [...]Soweit übermäßiger Baulärm das Öffnen der Fenster unmöglich macht oder sich auf die Abendstunden und das Wochenende erstreckt, geht diese Beeinträchtigung über die zu erwartenden Störungen durch einen bevorstehenden Neubau hinaus. Langwierige, mit erheblichen Eingriffen in die vorhandene Infrastruktur verbundene Straßenbaumaßnahmen und Großbaustellen in der Nähe der Wohnung sind ebenfalls nicht mehr vertragsgemäß“ (S-F, a. a. O.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, insbesondere aufgrund fehlenden Vortrages über eine mögliche konkrete Absehbarkeit des Abrisses des Nachbargebäudes und der Errichtung ein Neubaus einerseits und des unstreitigen Sachverhaltes des Vorliegens einer Großbaustelle in direkter Nähe der Wohnung andererseits, die ein Öffnen der Fenster unmöglich machte, und die sich über eine lange Zeit hin erstreckte, ist im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung aller Umstände von einem Minderungsrecht der Beklagten auszugehen.

Aber auch unter Berücksichtigung der in der genannten Rechtsprechung des BGH geforderten Abwehrmöglichkeit des Vermieters gemäß § 906 BGB gegenüber der Beeinträchtigung ist vorliegend vom Bestehen eines Minderungsrechtes auszugehen.

Da die Bauarbeiten zwischenzeitlich abgeschlossen wurden, ist eine sachverständige Klärung, insbesondere Messung von konkreten Geräuschemissionen nicht mehr möglich Das Gericht wies die Parteien jedoch in der Verhandlung vom 10.6.2015 darauf hin, dass die gemachten Erfahrungen hinsichtlich einer Bautätigkeit im unmittelbaren Umfeld des Gerichtsgebäudes als Schätzgrundlage für die Beeinträchtigung heranziehen wird. Dies blieb von den Parteien unbeanstandet. Da die genannten Zeugen lediglich zum Beweis für die Tatsachen der Bautätigkeiten, nicht aber konkret zum Beweis für die Intensität des Lärmes benannt wurden, wurde von einer Vernehmung der Zeugen abgesehen.

Unter Berücksichtigung des Vorgenannten geht das Gericht davon aus, dass die Bautätigkeit, wie hier gegenständlich, eine mehr als nur unwesentliche Beeinträchtigung im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB darstellten, so dass der Klägerseite ein Abwehranspruch oder zumindest ein Ausgleichsanspruch gemäß § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB als zustehend zu erachten ist.

Hinsichtlich der Höhe der berechtigten Mietminderung geht das Gericht davon aus, dass eine solche in Höhe von 20% für die Monate Januar und Februar 2014 berechtigt war und für die Folgemonate von März bis September 2014 aufgrund der weiteren zusätzlichen Unbenutzbarkeit des Balkons in den Sommermonaten eine solche von 25%.

Das Gericht ließ sich bei der Bemessung der Höhe der Minderung neben dem unstreitigen Sachvortrag zum einen von den eigens gemachten Wahrnehmungen, wie erwähnt, leiten, zum anderen von Instanzrechtsprechung wie folgt:

- AG Eschweiler, Urteil vom 19.5.1994, 5 C 114/94, WuM 1994, 427: Fehlende Benutzbarkeit der Terrasse wegen Bauarbeiten während der Sommermonate: 15%

- LG Siegen, 9.11.1989, 3 S 87/89, WuM 1990, 17: Lärmbelästigung und Verschmutzung durch langjährige Straßenbaumaßnahmen in der Nähe der Wohnung: 15%. Dabei wurden die äußerst langwierigen Arbeiten mit erheblichen Eingriffen in die vorhandene Infrastruktur und Umgebung einerseits sowie eine Entfernung von nur 35 bis 40 m von den Fenstern der angemieteten Wohnung andererseits berücksichtigt. Hier wurden die Bautätigkeiten in einer Entfernung von ca 20 m zum Balkon der Beklagten durchgeführt, was zwischen den Parteien unstreitig gestellt wurde (Bl. 110d. A.).

- AG Regensburg, 16.4.1991, 4 C 275/91, WuM 1992, 476: Baulärm und Schmutz vom Nachbargrundstück: 20%. Das Gericht ging von üblichem Baulärm, wie er von Kränen, Baggern, Zurufen usw. ausgeht, davon aus, dass diese Geräusche eine erhebliche zusätzliche Belastung zum gewöhnlichen kontinuierlichen Verkehrslärm darstellen würden. Im vorliegenden Fall ist dabei noch zu berücksichtigen, dass die Wohnung der Beklagten der Straße abgewandt ist.

- LG Hamburg, 6.7.2001, WuM 2001, 444: Erhebliche Lärmbelästigung durch benachbarte Großbaustelle (Bau der 4. Elbtunnelröhre): 35%.

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Minderungsquoten ergeben sich daher geschuldete Mieten wie folgt:

Januar und Februar 2014

2 × 80% aus 683,19 € =

2 × 546,55 €

= 1.093,10 €

März bis September,

7 × 75% aus 683,19 € =

7 × 512,39 €

= 3.586,75 €

ergibt eine geschuldete Miete im Zeitraum Januar bis September 2014 von

insgesamt

4.679,85 €.

Unstreitig leisteten die Beklagten im Zeitraum Januar bis September 2014 auf die geschuldeten Mieten einen Betrag von 4.062,00 €, ergibt einen Nachzahlungsbetrag in Höhe von 617,85 €.

Dem Einwand der Beklagtenseite im Schriftsatz vom 17.11.2015 (Bl. 135 d. A.), der Kläger könne für den Zeitraum bis 31.5.2014 die Betriebskostenvorauszahlungen nicht fordern, steht der Ansatz der Berechnungsgröße der Mietminderung entgegen. Danach berechnet sich die Mietminderung aus der Bruttomiete, also dem Mietzins einschließlich aller Nebenkosten. Dabei ist unerheblich, ob die Betriebskosten als Pauschale oder als Vorauszahlung geschuldet werden (BGH, Urteil vom 6.4.2005, XIIZR 225/03, NJW 2005, 1713). Eine nachträgliche Abänderung dieser Bemessungsgrundlage durch Nebenkostenabrechnung steht der gesetzlichen Systematik der Mietminderung entgegen. § 536 BGB bewirkt eine Minderung kraft Gesetzes. Diese Minderung kraft Gesetzes der Bruttomiete trat im Zeitraum Januar bis September 2014 ein, zu diesem Zeitpunkt waren Vorauszahlungen geschuldet.

C

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

D

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit erging gemäß § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 Euro übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Kempten (Allgäu)

Residenzplatz 4-6

87435 Kempten (Allgäu)

einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
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published on 29/04/2015 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 197/14 Verkündet am: 29. April 2015 Vorusso, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: j
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published on 11/05/2016 00:00

Tenor 1. Auf die Berufung des Klägers wird das Teilurteil des Amtsgerichts Kempten (Allgäu) vom 03.12.2015, Az. 3 C 1040/14, abgeändert: Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 2.083,00 € zuzüglich Zin
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Annotations

(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.

(2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.

(1a) Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese auf Grund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient.

(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt.

(3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.