Amtsgericht Hamm Beschluss, 28. März 2014 - 3 F 37/14
Gericht
Tenor
Haupt- und Hilfsantrag werden zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Gegenstandswert für das Verfahren wird auf 4.000 EUR festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2I.
3Die Kindeseltern, der Antragsteller und die Antragsgegnerin heirateten am 00.00..2008 in I, Ostfriesland. Der Antragsteller ist niederländischer, die Antragsgegner deutsche Staatsangehörige.
4Aus ihrer Ehe ist zunächst am 00.00.2008 N, geboren in F/ Deutschland hervorgegangen, wo die Mutter zu diesem Zeitpunkt lebte. Ab dem 28.2.2009 lebte die Familie hauptsächlich in T/Österreich in einem Haus in den Bergen. Mutter und Kind pendelten auch nach N2/ Deutschland. Einzelheiten sind streitig.
5Am 00.00.2010 wurde B in C/ Österreich geboren. Sie hat ebenso wie N die deutsche Staatsangehörigkeit.
6Im Rahmen einer Urlaubsreise nach Irland kam es im Oktober 2011 zum Streit der Eheleute. Sie einigten sich darauf, dass die Mutter zusammen mit den Kindern eine Zeitlang nach N2 gehen sollte. Die Mutter beantragte am 08.11.2011 beim Amtsgericht Marl das Aufenthaltsbestimmungsrecht, Az. dann AG Hamm 3 F 49/12. Sie flog am 09.11.2011 mit den Kindern zusammen von Irland nach Düsseldorf und begab sich nach N2.
7Am 10.11.2011 informierte die Mutter den Vater über die Trennung. Der Vater forderte die Rückkehr der Kinder, die Mutter beantragte beim AG Marl am 22.11.2011 (späteres AZ. AG Hamm, 3 F 48/12) eine einstweilige Anordnung Aufenthaltsbestimmungsrecht.
8In dem vom Vater im Dezember 2011 eingeleiteten Rückführungsverfahren AG Hamm, Az. 3 F 329/11 einigten die Eltern sich am 23.01.2012, dass unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hatten und der Vater mit dem Auslandsumzug nicht einverstanden war, so dass die österreichischen Gerichte über den Lebensmittelpunkt der Kinder zu entscheiden hatten, darauf, dass die Mutter bis zum 13.02.2012 mit den Kinder in die Umgebung von T eine Wohnung nehmen sollte bis die Zukunftsperspektive durch Einigung oder Gerichtsentscheidung geklärt war. N sollte den Kindergarten in T besuchen und im wöchentlichen Wechsel seinen Lebensmittelpunkt bei Vater bzw. Mutter haben. B sollte ebenfalls wechseln, zunächst wegen ihres jungen Alters von Samstag bis Montag bei dem Vater, sonst bei der Mutter sein und später dann auch hälftig wechseln. Die in Deutschland anhängigen Sorgerechtsverfahren nahm die Mutter zurück.
9Die Mutter erklärte nach Vergleichsabschluss, die in der Vereinbarung abgegebenen tatsächlichen Erklärungen zu Lebensmittelpunkt und Verwurzelungen erfolgten ohne Präjudiz für spätere Verfahren.
10Im Februar 2012 kamen Mutter und Kinder nach Österreich. Die Mutter mietete sich eine Ferienwohnung in der Nähe des Berghauses. Bis 12.02.2013 wechselten die Kinder zwischen den Eltern, zumeist wöchentlich. N besuchte von März 2012 bis jedenfalls März 2013 den Kindergarten in Österreich.
11Vom 13.02.2013 bis 04.03.2013 waren die Kinder mit der Mutter in N2/ Deutschland, sodann vom 04.03.2013 bis zur österreichischen Gerichtsverhandlung am 05.04.2013 ist Österreich, in der Regel wöchentlich zwischen den Eltern wechselnd.
12Am 05.04.2013 schlossen die Eltern vor dem Bezirksgericht Bruck an der Mur, Az. 3 Ps 79/12 d einen Vergleich, der lautet:
13„Die Obsorge für den minderjährigen N, geboren am 00.00. 2008, sowie für die minderjährige B, geboren am 00.00. 2010, kommt in Hinkunft beiden Kindeseltern gemeinsam zu.
14Der hauptsächliche Aufenthalt der beiden Minderjährigen befindet sich beim Kindesvater.
15Der Kindesvater erklärt sich bereits jetzt damit einverstanden, dass die Kindesmutter am 01. Juni 2013 gemeinsam mit den Minderjährigen in ihre Wohnung in N2, H-gasse ##, #### N2, zieht.
16Der Kindesvater wird ehestmöglich Wohnsitz in I2 in den Niederlanden nehmen.
17Einvernehmlich legen die Kindeseltern fest, dass der Kindesmutter ein Kontaktrecht zu den beiden Minderjährigen, beginnend am Freitag jeder geraden Woche in der Dauer von einer Woche bis Freitag jeder ungeraden Woche, eingeräumt wird, während dem Kindesvater ein Kontaktrecht beginnend am Freitag jeder ungeraden Woche und endend am Freitag jeder geraden Woche für eine Woche eingeräumt wird, so dass sich die Kontaktausübung der Eltern so darstellt, dass die Minderjährigen die Hälfte der Zeit bei der Kindesmutter, die andere Hälfte der Zeit beim Kindesvater aufhältig sind.
18Der Kindesvater verpflichtet sich, die Minderjährigen zu Beginn der Woche des Kontaktrechtes der Kindesmutter am Freitag um 13:00 Uhr zur Wohnung der Kindesmutter zu bringen und am Ende des Kontaktrechtes der Kindesmutter am darauffolgenden Freitag nach Kindergartenschluss beim evangelischen Kindergarten „L“, M Weg ###, ##### N2, abzuholen.
19Die Kindeseltern kommen überein, dass während der Wochen des Aufenthaltes der Minderjährigen beim Kindesvater diese nicht den Kindergarten in N2 besuchen müssen.
20Die Kindeseltern kommen ferner darin überein, dass der Kindesvater bis zum Schulbeginn des minderjährigen N, das wird im Herbst 2015 sein, einen Wohnsitz im Umkreis von maximal 50 Kilometern von N2 nehmen.“
21Im Anschluss an den Vergleich wurde zunächst die bisherige Regelung weitergeführt, wobei die Kinder ein Mal drei Wochen beim Vater waren. Die Eltern einigten sich, dass die Mutter zu einem früheren Zeitpunkt als im Vergleich angegeben, mit den Kinder nach N2 gehen konnte.
22Am 25.05.2013 ging die Mutter mit den Kinder nach N2, ab 28.05.2013 besuchten die Kinder dort den Kindergarten, wobei der Vater hiermit nicht einverstanden war. Der in Österreich verglichene wöchentliche Wechsel zwischen den Eltern fand nicht statt. Die Kinder waren vom 15.06.2013 bis 19.07.2013 beim Vater. Einen von der Mutter am 02.07.2013 beim Bezirksgericht Leoben/Österreich gestellten Rückführungsantrag wies das Gericht mit Beschluss vom 16.07.2013 zurück mit der Begründung, der Vater habe die Entscheidungsbefugnis den Aufenthalt der Kinder zu bestimmen.
23Vom 19.07.2013 bis 23.08.2013 waren die Kinder in N2 bei der Mutter und besuchten den dortigen Kindergarten, vom 24.08.2013 bis 30.08.2013 waren die Kinder beim Vater, waren mit ihm in den Niederlanden.
24Vom 31.08.2013 bis 13.09.2013 waren die Kinder bei der Mutter in N2, gingen in den Kindergarten.
25Vom 14.09.2013 bis 12.12.2013 waren die Kinder beim Vater, dabei ab 29.09.2013 mit diesem in den Niederlanden. Mit Beschluss vom 23.10.2013 ersetzte das Bezirksgericht Bruck an der Mur, Az. 3 PS 79/12 d-100 auf Antrag des Vaters die Zustimmung der Mutter zur Beantragung von Reisepässen in den Niederlanden für die Kinder. Ab 01.10.2013 besuchte N die Schule in den Niederlanden und B den Kindergarten. Mit Beschluss vom 30.09.2013 heißt es in den Gründen einer Kostenentscheidung des Bezirksgerichts Bruck an der Mur, Az. 3 PS 79/12 d-96, zukünftige Verfahren müssten aufgrund des gewöhnlichen Aufenthalts der Kinder in Deutschland dort geführt werden. Der Vater leitete in den Niederlanden ein Umgangsverfahren ein, das noch nicht abgeschlossen ist.
26Am 13.12.2013 wechselten die Kinder zur Mutter nach N2. Es war vereinbart, dass der Vater sie am 05.01.2014 dort abholt.
27Am 05.01.2014 verweigerte die Mutter die Herausgabe der Kinder. Seitdem besteht trotz väterlicher Bemühungen kein Kontakt zwischen dem Vater und den Kindern. Dieser erstattete Strafanzeige gegen die Mutter.
28Seit 23.01.2014 besuchen beide Kinder eine Tagesmutter.
29Der Vater beantragte am 03.02.2014 Vollstreckbarerklärung des Vergleichs vom 18.06.2013, AG Hamm, Az. 3 F 25/14. Das Bezirksgericht Bruck an der Mur lehnte am 24.02.2014 eine Bescheinigung nach Art. 39 Brüssel IIa-VO betreffend den Satz „Der hauptsächliche Aufenthalt der beiden minderjährigen Kinder befindet sich beim Vater.“ ab.
30Am 17.02.2014 leitete das AG Marl aufgrund Mitteilung des Jugendamts Marl nach § 8 a SBG VIII ein Hauptsacheverfahren Sorge (jetzt AG Hamm, Az. 3 F 53/14) und ein einstweiliges Anordnungsverfahren elterliche Sorge (jetzt AG Hamm, Az. 3 F 52/14) ein. Am 19.02.2014 kam es zu einem Zusammentreffen zwischen Vater und Großvater mütterlicherseits, der zu einem Polizeieinsatz führte.
31Am 25.02.2014 ging der Rückführungsantrag des Vaters bei Gericht ein. Mit Beschluss vom 26.02.2014 bestellte das Gericht den Verfahrensbeistand. Die Sorgerechtsverfahren vom AG Marl wurden übernommen und am 21.03.2014 ausgesetzt nach Art. 16 HKÜ.
32Der Antragsteller behauptet, die Familie habe ab Februar 2009 zusammen in Österreich gelebt. Die Kinder hätten ihren gewöhnlichen Aufenthalt seit Juni 2013 in den Niederlanden, wo sie sich rechtmäßig aufgrund väterlicher Entscheidung aufgehalten hätten oder weiter hilfsweise in Österreich. In 2011 habe er nur für zwei Mal eine Woche und zur Mutter-Kind-Kur einem Aufenthalt der Kinder in Deutschland zugestimmt. Vom 15.06.2013 bis 19.13.2013 sei er mit den Kindern in den Niederlanden gewesen, vom 14.09.2013 bis 28.09.2013 in Österreich, um die Passangelegenheit zu regeln.
33Er ist der Rechtsauffassung, aufgrund des österreichischen Vergleiches das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht zu haben. Die dort geeinigte Kontaktregelung sei auf Veranlassung beider nie praktiziert worden.
34Er beantragt die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Kinder N und B an ihn zum Zwecke der sofortigen Rückführung in die Niederlande, hilfsweise nach Österreich herauszugeben.
35Die Antragsgegnerin beantragt, die Anträge zurückzuweisen.
36Sie behauptet, dass die Kinder immer zwischen Österreich und Deutschland gependelt seien. 2012 hätten sie sich neben der Zeit der Mutter-Kind-Kur in Deutschland insgesamt 5 Wochen in N2 aufgehalten. Sie habe ab Mai 2005 den geeinigten wöchentlichen Wechsel durchführen wollen. Sie ist der Auffassung, dass die Kinder entsprechend dem österreichischen Vergleich ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hätten, wo sie integriert gewesen seien und –unstreitig- regelmäßig den Kindergarten besucht hätten, während sie mit dem Vater zwischen Österreich und den Niederlanden gependelt seien.
37Das Jugendamt Marl und der Verfahrensbeistand haben berichtet.
38Das Gericht hat Eltern und Kinder sowie den Verfahrensbeistand und den Vertreter des Jugendamts persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörungen wird auf das Protokoll vom 26.03.2014 Bezug genommen.
39II.
40Der Rückführungsantrag ist zulässig, insbesondere ist das angerufene Gericht örtlich zuständig gemäß § 12 Abs. 1 des Gesetzes zum Internationalen Familienrecht (IntFamRVG).
41III.
42Der Rückführungsantrag ist in Form des Haupt- und Hilfsantrags nicht begründet.
431.
44Die Voraussetzungen einer Rückführung nach dem Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25.10.1980 (im Folgenden „HKÜ“ genannt) in Verbindung mit Artikel 11 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27.11.2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (im Folgenden „Brüssel II a – VO“ genannt) sind nicht gegeben.
452.
46Das Haager Übereinkommen gilt in den Niederlanden und (Hilfsantrag) in Österreich in Bezug auf Deutschland seit dem 01.12.1990.
473.
48Das Übereinkommen findet Anwendung, da N und B das 16. Lebensjahr nicht vollendet haben.
494.
50Die Antragsgegnerin hat N und B am 05.01.2014 nicht widerrechtlich verbracht oder zurückgehalten im Sinne des Artikel 3 HKÜ. Dies ist dann der Fall, wenn ein Kind unter Verletzung des Sorgerechtes widerrechtlich aus einem Vertragsstaat, in dem es seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat, in einen anderen Vertragsstaat verbracht oder dort widerrechtlich zurückgehalten wird. Dies ist hier nicht der Fall.
51a)
52Bei N und B handelt es sich um Kinder, die am 05.01.2014, als die Mutter die Kinder gemäß Einigung an den Vater herausgeben sollte, keinen gewöhnlichen Aufenthalt hatten.
53Der gewöhnliche Aufenthalt kann, jedenfalls nicht primär durch Rückgriff auf nationale Vorschriften definiert werden (BGH FamRZ 2002,1182). Dieser ist durch autonome Auslegung des Übereinkommens zu ermitteln. Er ist durch eine gewisse Dauer und Regelmäßigkeit des Aufenthaltes und das Vorhandensein solcher Beziehungen zur Umwelt gekennzeichnet, die die Annahme einer sozialen Integration der Person an ihrem Aufenthaltsort rechtfertigen (OLG Frankfurt NJW-RR 2006, 938). Er kann auch schon bald nach einem rechtmäßigen Umzug zu bejahen sein, wenn der Aufenthalt auf Dauer angelegt war. Die Staatsangehörigkeit ist kein Kriterium. Der regelmäßig vorausgesetzte tatsächliche, mindestens zeitweise physische Aufenthalt muss entweder zu durch eine gewisse Mindestdauer bekräftigten Bindungen geführt haben, oder entsprechend dem objektiv erkennbaren Willen des (allein) Sorgeberechtigten bzw. der gemeinsamen Sorgerechtsinhaber auf eine solche Mindestdauer angelegt sein (Staudinger-Pirrung, BGB, Vorbem C-H zu Art. 19 EGBGB, Vorbem zu Art. 19 EGBGB, D 35)..
54Wenn dieser Daseinsmittelpunkt verändert wird, dann ist der zentrale Schutzzweck des Übereinkommens, Kinder davor zu schützen, dass sie aus ihrem gewöhnlichen Lebensraum herausgerissen werden und Schäden durch eine rechtswidrige Entwurzelung erleiden, berührt. Denn einer der wesentlichen Ziele des HKÜ ist es, den status quo ante umgehend wiederherzustellen, damit eine Sorgerechtsentscheidung von den Gerichten des Staates des gewöhnlichen Aufenthaltes getroffen werden kann (OLG Frankfurt, a.a.O.).
55Dies greift hier nicht ein.
56Die Kinder hatten zunächst ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich, erst mit den Eltern zusammen, dann später zwischen Vater und Mutter in Berghaus und Ferienwohnung wechselnd. Dieser gewöhnliche Aufenthalt wurde Ende Mai 2013 aufgrund insoweit bestehenden Einvernehmens der Eltern, wie auch im österreichischen Vergleich festgelegt, aufgehoben. Ab Ende Mai 2013 wechselten die Kinder dann aber so häufig, dass bis zum 05.01.2014 kein neuer gewöhnlicher Aufenthalt entstanden ist. Nach der zunächst im Vergleich festgelegten elterlichen Intention sollten die Kinder wöchentlich zwischen den Niederlanden und Deutschland wechseln. Tatsächlich wechselten sie auch zwischen den zwei Ländern, allerdings in größeren Abständen, besuchten in beiden Ländern Kindergarten bzw. N in den Niederlanden die Schule. Die Rechtmäßigkeit des jeweiligen Aufenthalts ist fraglich, da schwer zu klären ist, wer das alleinige Recht der Entscheidung über den Auslandsumzug hatte. Insoweit haben die gerichtlichen Recherchen mit Hilfe des Internationalen Haager Richternetzwerkes ergeben, dass die Frage, ob der Vater hier durch die Regelung im Vergleich die alleinige Entscheidungsbefugnis nach österreichischem Recht erlangt hat, über Auslandsumzüge zu entscheiden, schwierig zu entscheiden ist. So ist bereits zweifelhaft, ob er alleinige Befugnis erlangt hat bzw. ob diese durch die Folgeregelung im Vergleich wieder eingeschränkt worden ist und wenn ja, ob ein Domizilbestimmungsrecht nach neuer österreichischer Rechtslage auch Auslandsumzüge mit umfasst. Dies kann aber hier dahinstehen. Denn selbst wenn er diese Befugnisse haben sollte, kann die Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts nicht festgestellt werden.
57Kinder können einen in zwei Staaten alternierenden, regelmäßig oder unregelmäßig wechselnden gewöhnlichen Aufenthalt haben (OLG Stuttgart, FamRZ 2003,959; problematisch gesehen von Andrea, Internationales Familienrecht, 3. Auflage, § 6 Rnr. 41). Bei ständigem Wechsel zwischen mehreren Staaten kann Nichtfeststellbarkeit gewöhnlichen Aufenthalts in Betracht kommen (Staudinger-Pirrung, a.a.O. D 35, zustimmend Andrea, a.a.O., § 6 Rnr. 42). Dies entspricht der internationalen Rechtsprechung, vgl. Datenbank Incadat (http://www.incadat.com/index.cfm?act=search.detail&cid=142&lng=1&sl=1 Can a child be left without a habitual residence? Can a child have more than one habitual residence?) mit weiteren Fundstellen.
58Zwar ist Vater und Verfahrensbeistand zuzustimmen, dass die Kinder sich im zweiten Halbjahr 2013 noch rechnerisch am meisten in den Niederlanden aufgehalten haben, wobei während des Aufenthalts dort von vergleichbarer Qualität wie bei den Aufenthalten in N2 auszugehen ist: jedes Mal lebten sie mit einem Elternteil, besuchten jedes Mal eine Einrichtung. Trotzdem fehlt in beiden Ländern die Qualität einer sozialen Integration. Die Aufenthalte wechselten ständig, waren nie von beiden Eltern zusammen getragen (sollten sie darüber zusammen zu entschieden haben) bzw. vom Vater alleine (sollte Alleinentscheidungsbefugnis bestehen) als längerfristig angesehen. Nur die Mutter wollte einen längerfristigen Aufenthalt, nämlich in N2. Sie hatte aber eindeutig nicht die Rechtsbefugnis, insoweit alleine zu entschieden. So pendelten die Kinder, die im Jugendamtsbericht nachvollziehbar als Kinder beschrieben werden, die einen „weitgehend entwurzelten Eindruck“ machen. Der Vater wollte sie gerade nicht, sei es aufgrund alleiniger Entscheidungsbefugnis oder zusammen mit der Mutter ankommen lassen. Indem sie zum Spielball der Eltern wurden sind sie heimatlos in dem Sinne geworden, dass sie keinen gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die jeweiligen Aufenthalte in den Niederlanden sind vor dem Hintergrund der Situation zu sehen und haben insgesamt nicht einen Umfang – der längste Aufenthalt dort war 2,5 Monate- als dass man von Integration ausgehen kann. Zwar ergibt der Schulbericht eine positive Einschätzung. Es ist aber von ähnlicher Einschätzung in N2 auszugehen. Bei Abwägung aller Umstände reicht dies nicht aus, um gewöhnlichen Aufenthalt zu begründen.
59Damit gilt auch nicht automatisch wieder der österreichische gewöhnliche Aufenthalt, wie hilfsweise geltend gemacht. Dieser ist eindeutig aufgehoben worden. Es ist in der zweiten Jahreshälfte 2013 nur einmal mit den Kindern zurückgekehrt worden, um die Passangelegenheit zu regeln.
60Die Entscheidung wird erst mit Rechtskraft wirksam.
61.
62Die Kostenentscheidung beruht auf § 20 Abs. 2 IntFamRVG in Verbindung mit §§ 81, 92 Abs. 2 FamFG entsprechend, Artikel 26 Abs. 4 HKÜ.
63Rechtsbehelfsbelehrung
64Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben. Beschwerdeberechtigt ist derjenige, dessen Rechte durch den Beschluss beeinträchtigt sind. Gegen eine Entscheidung, die zur Rückgabe des Kindes verpflichtet, steht die Beschwerde nur dem Antragsgegner, dem Kind, soweit es das 14. Lebensjahr vollendet hat, und dem beteiligten Jugendamt zu. Die Beschwerde ist beim Amtsgericht – Familiengericht - Hamm, Borbergstr. 1, 59065 Hamm schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts abgegeben werden.
65Die Beschwerde muss mit Begründung spätestens innerhalb von zwei Wochen nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses bei dem Amtsgericht – Familiengericht - Hamm eingegangen sein. Dies gilt auch dann, wenn die Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines anderen Amtsgerichts abgegeben wurde. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an den jeweiligen Beschwerdeführer. Wenn an diesen eine schriftliche Bekanntgabe nicht bewirkt werden kann, beginnt die Frist für diesen Beschwerdeführer spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.
66Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist vom Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen. Darüber hinaus muss der Beschwerdeführer einen bestimmten Sachantrag stellen und diesen begründen.
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(1) Ist die Zwangsvollstreckung aus dem Titel zuzulassen, so beschließt das Gericht, dass der Titel mit der Vollstreckungsklausel zu versehen ist. In dem Beschluss ist die zu vollstreckende Verpflichtung in deutscher Sprache wiederzugeben. Zur Begründung des Beschlusses genügt in der Regel die Bezugnahme auf den auszuführenden Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag sowie auf die von der antragstellenden Person vorgelegten Urkunden.
(2) Auf die Kosten des Verfahrens ist § 81 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend anzuwenden.
(3) Ist der Antrag nicht zulässig oder nicht begründet, so lehnt ihn das Gericht durch mit Gründen versehenen Beschluss ab. Für die Kosten gilt Absatz 2.
(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.
(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn
- 1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat; - 2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste; - 3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat; - 4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat; - 5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.
(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.
(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.
(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.
(1) Vor der Festsetzung von Ordnungsmitteln ist der Verpflichtete zu hören. Dies gilt auch für die Anordnung von unmittelbarem Zwang, es sei denn, dass hierdurch die Vollstreckung vereitelt oder wesentlich erschwert würde.
(2) Dem Verpflichteten sind mit der Festsetzung von Ordnungsmitteln oder der Anordnung von unmittelbarem Zwang die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
(3) Die vorherige Durchführung eines Verfahrens nach § 165 ist nicht Voraussetzung für die Festsetzung von Ordnungsmitteln oder die Anordnung von unmittelbarem Zwang. Die Durchführung eines solchen Verfahrens steht der Festsetzung von Ordnungsmitteln oder der Anordnung von unmittelbarem Zwang nicht entgegen.