Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) Beschluss, 10. Juni 2016 - 3c C 57/16

ECLI:ECLI:DE:AGFRAPF:2016:0610.3CC57.16.0A
bei uns veröffentlicht am10.06.2016

Tenor

1. Der Antrag wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

3. Der Gegenstandswert wird auf 1.000.- € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt den Zutritt in das vom Antragsgegner bewohnte Anwesen, um dort Gas- und Stromzähler entfernen zu können.

2

Die Antragstellerin macht geltend, dass der Antragsgegner ihr für die Versorgung mit Strom und Gas derzeit eine Betrag von über 2.000.- € schulde. Davon seien 550,27 € aufgrund einer Abrechnung vom 4. März 2016 seit 21. März 2016 fällig. Mit Schreiben vom 7. April 2016 (Bl. 12 d.A.) hat sie die Zahlung dieses Betrages nebst Mahnkosten beim Antragsgegner bis 5. Mai 2016 erfolglos angemahnt. Weiter heißt es in dem Schreiben: „Sie vermeiden somit, dass wir bei weiter ausbleibender Zahlung Ihre Versorgung - auch bei Ihrer Abwesenheit - gemäß den Bedingungen der … (StromGVV und GasGVV) … sowie der AVBWasserV einstellen werden.“

3

In einem weiteren, mit der Überschrift „Sperrankündigung !“ betitelten Schreiben vom 9. Mai 2016 (Bl. 11 d.A.) an den Antragsgegner heißt es: „Wir werden ab dem 13.05.2016 Ihre Energieversorgung einstellen.

4

Mit weiterem Schreiben 23. Mai 2016 wurde die Entfernung der Zähler für den 30. Mai 2016, 8.30 Uhr angekündigt (Bl. 13 d.A.). Dieses Schreiben konnte dem Antragsgegner nicht zugestellt werden (vgl. Zustellungsurkunde Bl. 14 d.A.). Der Versuch, die Zähler am 30. Mai 2016 zu entfernen scheiterte, weil der Antragsgegner nicht anzutreffen war.

5

Die Antragstellerin begehrt,

6

1. dem Antragsgegner aufzugeben, die mit einem Ausweis versehenen Mitarbeiter der Antragstellerin Zugang in das Anwesen E.-Straße … in F. zu gewähren und den Abbau der Stromzähler Nr. 5... sowie den Abbau der Gaszähler Nr. 3... zu dulden;

7

2. für den Fall des Nichtantreffens, der Verweigerung des Zutritts oder gegen das Vorhaben der Liefersperre gerichteten Widerstands die zwangsweise Öffnung der oben bezeichneten Wohnung durch den zuständigen Gerichtsvollzieher und die Durchführung der Liefersperre in Gegenwart und unter Aufsicht des zuständigen Gerichtsvollziehers anzuordnen.

II.

8

Der Antrag ist zulässig, führt in der Sache jedoch nicht zu dem mit ihr erstrebten Erfolg.

9

Es fehlt an dem für die begehrte Anordnung erforderlichen Verfügungsanspruch.

10

Nach § 19 Abs. 2 StromGVV/GasGVV ist der Versorger bei Nichterfüllung einer Zahlungsverpflichtung trotz Mahnung berechtigt, die Grundversorgung unterbrechen zu lassen, sofern die Folgen der Unterbrechung nicht außer Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung stehen oder der Kunde darlegt, dass hinreichende Aussicht besteht, dass er seinen Verpflichtungen nachkommt. Zudem wird dort vorausgesetzt, dass dem Kunden die Unterbrechung mindestens vier Wochen zuvor angedroht wird, wobei Mahnung und Androhung zeitgleich erfolgen können, sofern dies nicht wiederum außer Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung steht. Schließlich ist der Beginn der Unterbrechung dem Kunden gemäß § 19 Abs. 3 StromGVV/GasGVV drei Werktage im Voraus anzukündigen.

11

Hier fehlt es schon an einer wirksamen Unterbrechungsandrohung. Eine solche kann entgegen der Auffassung der Antragstellerin dem Schreiben vom 7. April 2016 nicht entnommen werden. Es bestehen vor dem Hintergrund der mit der Androhung bezweckten Warnung des Kunden bereits Zweifel, ob die an unauffälliger Stelle und ohne optische Hervorhebung in dem als „Mahnung“ bezeichneten Schreiben eingefügte Formulierung, wonach durch Zahlung des angeforderten Betrages vermieden werden könne, dass die Versorgung eingestellt werde, dem in § 19 Abs. 2 Satz 1 StromGVV/GasGVV statuierten Erfordernis der Androhung der Unterbrechung genügt. Selbst wenn man dies zu Gunsten der Antragstellerin annehmen wollte, ist dem Mahnschreiben aber jedenfalls nicht zu entnehmen, wie sich der geforderte Betrag zusammensetzt und vor allem auf welche konkreten Versorgungsleistungen er sich bezieht. Letzteres ist jedoch erforderlich, um dem Kunden die Zuordnung zu ermöglichen, für welche Grundversorgungsleistung(en) ihm die Unterbrechung überhaupt angedroht wird (vgl. dazu auch OLG Köln, Urteil v. 07.05.2015 - 7 U 127/14 = BeckRS 2015, 09032). Genau das bleibt in dem Schreiben vom 7. April aber im Dunkeln, zumal dort sowohl auf die StromGVV, als auch auf die GasGVV und daneben auf die AVBWasserV Bezug genommen wird. Hinzu kommt, dass zu der sowohl für die Zulässigkeit der Verbindung von Mahnung und Androhung, als auch für die Zulässigkeit der Unterbrechung als solcher relevanten Frage der Abwägung der Unterbrechungsfolgen im Verhältnis zur Schwere des Verstoßes keine Feststellungen getroffen werden können, weil dem Schreiben nicht entnommen werden kann, in welcher Höhe der Antragsgegner für die einzelnen von der Antragstellerin bereitgestellten Versorgungsleistungen (u.a. Strom, Gas, Wasser) seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist.

12

Auch im Schreiben vom 9. Mai 2016, in dem die Antragstellerin dem Antragsgegner „die Sperrung“ (deutlich) angekündigt hat, fehlt es an einem konkreten Bezug zu einer der von ihr erbrachten Versorgungsleistungen. Soweit man hierin eine Androhung im Sinne des § 19 Abs. 2 Satz 1 StromGVV/GasGVV erblicken wollte, wäre überdies die vierwöchige Frist vor einem am 30. Mai 2016 unternommenen Unterbrechungsversuch nicht eingehalten.

13

Offen bleiben kann nach alledem, ob die Antragstellerin ihrer Ankündigungspflicht nach § 19 Abs. 3 StromGVV/GasGVV hinreichend nachgekommen ist. Hiergegen spricht, dass jedenfalls ihr entsprechendes Schreiben vom 23. Mai 2016 nach ihren eigenen Darlegungen den Antragsgegner gar nicht erreicht hat und ihm nicht zugestellt werden konnte. Aufgrund dieses Umstandes sind überdies auch Zweifel insofern angebracht, ob der Antragsgegner die vorherigen Schreiben vom 7. April und 9. Mai 2016 überhaupt erhalten hat.

14

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 91 ZPO, die Festsetzung des Gegenstandswertes nach § 3 ZPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) Beschluss, 10. Juni 2016 - 3c C 57/16

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) Beschluss, 10. Juni 2016 - 3c C 57/16

Referenzen - Gesetze

Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) Beschluss, 10. Juni 2016 - 3c C 57/16 zitiert 6 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Stromgrundversorgungsverordnung - StromGVV | § 19 Unterbrechung der Versorgung


(1) Der Grundversorger ist berechtigt, die Grundversorgung ohne vorherige Androhung durch den Netzbetreiber unterbrechen zu lassen, wenn der Kunde dieser Verordnung in nicht unerheblichem Maße schuldhaft zuwiderhandelt und die Unterbrechung erforderl

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) Beschluss, 10. Juni 2016 - 3c C 57/16 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) Beschluss, 10. Juni 2016 - 3c C 57/16 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberlandesgericht Köln Urteil, 07. Mai 2015 - 7 U 127/14

bei uns veröffentlicht am 07.05.2015

Tenor Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 03.07.2014 – 29 O 231/13 – abgeändert und wie folgt neu gefasst: Unter Aufhebung des Versäumnisurteils des Landgerichts Köln vom 04.11.2013 – 29 O 231/13 – wird die Klage

Referenzen

(1) Der Grundversorger ist berechtigt, die Grundversorgung ohne vorherige Androhung durch den Netzbetreiber unterbrechen zu lassen, wenn der Kunde dieser Verordnung in nicht unerheblichem Maße schuldhaft zuwiderhandelt und die Unterbrechung erforderlich ist, um den Gebrauch von elektrischer Arbeit unter Umgehung, Beeinflussung oder vor Anbringung der Messeinrichtungen zu verhindern.

(2) Bei anderen Zuwiderhandlungen, insbesondere bei der Nichterfüllung einer Zahlungsverpflichtung trotz Mahnung, ist der Grundversorger berechtigt, die Grundversorgung vier Wochen nach Androhung unterbrechen zu lassen und den zuständigen Netzbetreiber nach § 24 Absatz 3 der Niederspannungsanschlussverordnung mit der Unterbrechung der Grundversorgung zu beauftragen. Dies gilt nicht, wenn die Folgen der Unterbrechung außer Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung stehen oder der Kunde darlegt, dass hinreichende Aussicht besteht, dass er seinen Verpflichtungen nachkommt. Im Fall einer Androhung nach Satz 1 hat der Grundversorger den Kunden einfach verständlich zu informieren, wie er dem Grundversorger das Vorliegen von Voraussetzungen nach Satz 5 in Textform mitteilen kann. Der Grundversorger hat dem Kunden die Kontaktadresse anzugeben, an die der Kunde die Mitteilung zu übermitteln hat. Die Verhältnismäßigkeit ist insbesondere dann nicht gewahrt, wenn infolge der Unterbrechung eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben der dadurch Betroffenen zu besorgen ist. Der Grundversorger kann mit der Mahnung zugleich die Unterbrechung der Grundversorgung androhen, sofern dies nicht außer Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung steht. Der Grundversorger hat den Kunden mit der Androhung der Unterbrechung über die Möglichkeit zu informieren, Gründe für eine Unverhältnismäßigkeit der Unterbrechung, insbesondere eine Gefahr für Leib und Leben, in Textform vorzutragen. Wegen Zahlungsverzuges darf der Grundversorger eine Unterbrechung unter den in den Sätzen 1 bis 4 genannten Voraussetzungen nur durchführen lassen, wenn der Kunde nach Abzug etwaiger Anzahlungen in Verzug ist mit Zahlungsverpflichtungen in Höhe des Doppelten der rechnerisch auf den laufenden Kalendermonat entfallenden Abschlags- oder Vorauszahlung oder, für den Fall, dass keine Abschlags- oder Vorauszahlungen zu entrichten sind, mit mindestens einem Sechstel des voraussichtlichen Betrages der Jahresrechnung. Dabei muss der Zahlungsverzug des Kunden mindestens 100 Euro betragen. Bei der Berechnung der Höhe des Betrages nach den Sätzen 6 und 7 bleiben diejenigen nicht titulierten Forderungen außer Betracht, die der Kunde form- und fristgerecht sowie schlüssig begründet beanstandet hat. Ferner bleiben diejenigen Rückstände außer Betracht, die wegen einer Vereinbarung zwischen Versorger und Kunde noch nicht fällig sind oder die aus einer streitigen und noch nicht rechtskräftig entschiedenen Preiserhöhung des Grundversorgers resultieren.

(3) Der Grundversorger ist verpflichtet, den betroffenen Kunden mit der Androhung einer Unterbrechung der Grundversorgung wegen Zahlungsverzuges zugleich in Textform über Möglichkeiten zur Vermeidung der Unterbrechung zu informieren, die für den Kunden keine Mehrkosten verursachen. Dazu können beispielsweise gehören

1.
örtliche Hilfsangebote zur Abwendung einer Versorgungsunterbrechung wegen Nichtzahlung,
2.
Vorauszahlungssysteme,
3.
Informationen zu Energieaudits und zu Energieberatungsdiensten und
4.
Hinweise auf staatliche Unterstützungsmöglichkeiten der sozialen Mindestsicherung und bei welcher Behörde diese beantragt werden kann sowie auf eine anerkannte Schuldner- und Verbraucherberatung.
Ergänzend ist auch auf die Pflicht des Grundversorgers hinzuweisen, dem Kunden auf dessen Verlangen innerhalb einer Woche sowie unabhängig von einem solchen Verlangen des Kunden spätestens mit der Ankündigung der Unterbrechung eine Abwendungsvereinbarung nach Absatz 5 anzubieten und dem Kunden ein standardisiertes Antwortformular zu übersenden, mit dem der Kunde die Übersendung einer Abwendungsvereinbarung anfordern kann. Die Informationen nach den Sätzen 1 bis 3 sind in einfacher und verständlicher Weise zu erläutern.

(4) Der Beginn der Unterbrechung der Grundversorgung ist dem Kunden acht Werktage im Voraus durch briefliche Mitteilung anzukündigen. Zusätzlich soll die Ankündigung nach Möglichkeit auch auf elektronischem Wege in Textform erfolgen.

(5) Der betroffene Kunde ist nach Erhalt einer Androhung der Unterbrechung der Grundversorgung wegen Zahlungsverzugs berechtigt, von dem Grundversorger die Übermittlung des Angebots einer Abwendungsvereinbarung zu verlangen. Der Grundversorger ist verpflichtet, dem betroffenen Kunden im Fall eines Verlangens nach Satz 1 innerhalb einer Woche und unabhängig von einem solchen Verlangen des betroffenen Kunden spätestens mit der Ankündigung einer Unterbrechung der Grundversorgung nach Absatz 4 zugleich in Textform den Abschluss einer Abwendungsvereinbarung anzubieten. Das Angebot für die Abwendungsvereinbarung hat Folgendes zu beinhalten:

1.
eine Vereinbarung über zinsfreie monatliche Ratenzahlungen zur Tilgung der nach Absatz 2 Satz 6 bis 8 ermittelten Zahlungsrückstände sowie
2.
eine Verpflichtung des Grundversorgers zur Weiterversorgung nach Maßgabe der allgemeinen und ergänzenden Bedingungen, soweit der Kunde seine laufenden Zahlungsverpflichtungen aus dem Grundversorgungsvertrag erfüllt, und
3.
allgemein verständliche Erläuterungen der Vorgaben für Abwendungsvereinbarungen.
Unabhängig vom gesetzlichen Widerrufsrecht des Kunden darf nicht ausgeschlossen werden, dass er innerhalb eines Monats nach Abschluss der Abwendungsvereinbarung Einwände gegen die der Ratenzahlung zugrunde liegenden Forderungen in Textform erheben kann. Die Ratenzahlungsvereinbarung nach Satz 3 Nummer 1 muss so gestaltet sein, dass der Kunde sich dazu verpflichtet, die Zahlungsrückstände in einem für den Grundversorger sowie für den Kunden wirtschaftlich zumutbaren Zeitraum vollständig auszugleichen. Als in der Regel zumutbar ist je nach Höhe der Zahlungsrückstände ein Zeitraum von sechs bis 18 Monaten anzusehen. Überschreiten die Zahlungsrückstände die Summe von 300 Euro, beträgt dieser Zeitraum mindestens zwölf bis 24 Monate. In die Bemessung der Zeiträume nach den Sätzen 6 und 7 soll die Höhe der jeweiligen Zahlungsrückstände maßgeblich einfließen. Der Kunde kann in dem Zeitraum, den die Abwendungsvereinbarung umfasst, von dem Grundversorger eine Aussetzung der Verpflichtungen nach Satz 3 Nummer 1 hinsichtlich der monatlichen Ratenzahlungsvereinbarung in Höhe von bis zu drei Monatsraten verlangen, solange er im Übrigen seine laufenden Zahlungsverpflichtungen aus dem Grundversorgungsvertrag erfüllt. Darüber hat der Haushaltskunde den Grundversorger vor Beginn des betroffenen Zeitraums in Textform zu informieren. Kommt der Kunde seinen Verpflichtungen aus der Abwendungsvereinbarung nicht nach, ist der Grundversorger berechtigt, die Grundversorgung unter Beachtung des Absatzes 4 zu unterbrechen. Absatz 2 Satz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

(6) In einer Unterbrechungsandrohung im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 und in einer Ankündigung des Unterbrechungsbeginns nach Absatz 4 ist klar und verständlich sowie in hervorgehobener Weise auf den Grund der Unterbrechung sowie darauf hinzuweisen, welche voraussichtlichen Kosten dem Kunden infolge einer Unterbrechung nach Absatz 2 Satz 1 und infolge einer nachfolgenden Wiederherstellung nach Absatz 7 in Rechnung gestellt werden können.

(7) Der Grundversorger hat die Grundversorgung unverzüglich wiederherstellen zu lassen, sobald die Gründe für ihre Unterbrechung entfallen sind und der Kunde die Kosten der Unterbrechung und Wiederherstellung der Belieferung ersetzt hat. Die Kosten können für strukturell vergleichbare Fälle pauschal berechnet werden; die pauschale Berechnung muss einfach nachvollziehbar sein. Die Pauschale darf die nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Kosten nicht übersteigen. Auf Verlangen des Kunden ist die Berechnungsgrundlage nachzuweisen. Der Nachweis geringerer Kosten ist dem Kunden zu gestatten. Die in Rechnung gestellten Kosten dürfen, auch im Fall einer Pauschalisierung, die tatsächlich entstehenden Kosten nicht überschreiten.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 03.07.2014 – 29 O 231/13 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Unter Aufhebung des Versäumnisurteils des Landgerichts Köln vom 04.11.2013 – 29 O 231/13 – wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin mit Ausnahme der durch die Säumnis des Beklagten veranlassten Kosten, die dieser zu tragen hat.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


1 2 3 4 5 6 7 8

(1) Der Grundversorger ist berechtigt, die Grundversorgung ohne vorherige Androhung durch den Netzbetreiber unterbrechen zu lassen, wenn der Kunde dieser Verordnung in nicht unerheblichem Maße schuldhaft zuwiderhandelt und die Unterbrechung erforderlich ist, um den Gebrauch von elektrischer Arbeit unter Umgehung, Beeinflussung oder vor Anbringung der Messeinrichtungen zu verhindern.

(2) Bei anderen Zuwiderhandlungen, insbesondere bei der Nichterfüllung einer Zahlungsverpflichtung trotz Mahnung, ist der Grundversorger berechtigt, die Grundversorgung vier Wochen nach Androhung unterbrechen zu lassen und den zuständigen Netzbetreiber nach § 24 Absatz 3 der Niederspannungsanschlussverordnung mit der Unterbrechung der Grundversorgung zu beauftragen. Dies gilt nicht, wenn die Folgen der Unterbrechung außer Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung stehen oder der Kunde darlegt, dass hinreichende Aussicht besteht, dass er seinen Verpflichtungen nachkommt. Im Fall einer Androhung nach Satz 1 hat der Grundversorger den Kunden einfach verständlich zu informieren, wie er dem Grundversorger das Vorliegen von Voraussetzungen nach Satz 5 in Textform mitteilen kann. Der Grundversorger hat dem Kunden die Kontaktadresse anzugeben, an die der Kunde die Mitteilung zu übermitteln hat. Die Verhältnismäßigkeit ist insbesondere dann nicht gewahrt, wenn infolge der Unterbrechung eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben der dadurch Betroffenen zu besorgen ist. Der Grundversorger kann mit der Mahnung zugleich die Unterbrechung der Grundversorgung androhen, sofern dies nicht außer Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung steht. Der Grundversorger hat den Kunden mit der Androhung der Unterbrechung über die Möglichkeit zu informieren, Gründe für eine Unverhältnismäßigkeit der Unterbrechung, insbesondere eine Gefahr für Leib und Leben, in Textform vorzutragen. Wegen Zahlungsverzuges darf der Grundversorger eine Unterbrechung unter den in den Sätzen 1 bis 4 genannten Voraussetzungen nur durchführen lassen, wenn der Kunde nach Abzug etwaiger Anzahlungen in Verzug ist mit Zahlungsverpflichtungen in Höhe des Doppelten der rechnerisch auf den laufenden Kalendermonat entfallenden Abschlags- oder Vorauszahlung oder, für den Fall, dass keine Abschlags- oder Vorauszahlungen zu entrichten sind, mit mindestens einem Sechstel des voraussichtlichen Betrages der Jahresrechnung. Dabei muss der Zahlungsverzug des Kunden mindestens 100 Euro betragen. Bei der Berechnung der Höhe des Betrages nach den Sätzen 6 und 7 bleiben diejenigen nicht titulierten Forderungen außer Betracht, die der Kunde form- und fristgerecht sowie schlüssig begründet beanstandet hat. Ferner bleiben diejenigen Rückstände außer Betracht, die wegen einer Vereinbarung zwischen Versorger und Kunde noch nicht fällig sind oder die aus einer streitigen und noch nicht rechtskräftig entschiedenen Preiserhöhung des Grundversorgers resultieren.

(3) Der Grundversorger ist verpflichtet, den betroffenen Kunden mit der Androhung einer Unterbrechung der Grundversorgung wegen Zahlungsverzuges zugleich in Textform über Möglichkeiten zur Vermeidung der Unterbrechung zu informieren, die für den Kunden keine Mehrkosten verursachen. Dazu können beispielsweise gehören

1.
örtliche Hilfsangebote zur Abwendung einer Versorgungsunterbrechung wegen Nichtzahlung,
2.
Vorauszahlungssysteme,
3.
Informationen zu Energieaudits und zu Energieberatungsdiensten und
4.
Hinweise auf staatliche Unterstützungsmöglichkeiten der sozialen Mindestsicherung und bei welcher Behörde diese beantragt werden kann sowie auf eine anerkannte Schuldner- und Verbraucherberatung.
Ergänzend ist auch auf die Pflicht des Grundversorgers hinzuweisen, dem Kunden auf dessen Verlangen innerhalb einer Woche sowie unabhängig von einem solchen Verlangen des Kunden spätestens mit der Ankündigung der Unterbrechung eine Abwendungsvereinbarung nach Absatz 5 anzubieten und dem Kunden ein standardisiertes Antwortformular zu übersenden, mit dem der Kunde die Übersendung einer Abwendungsvereinbarung anfordern kann. Die Informationen nach den Sätzen 1 bis 3 sind in einfacher und verständlicher Weise zu erläutern.

(4) Der Beginn der Unterbrechung der Grundversorgung ist dem Kunden acht Werktage im Voraus durch briefliche Mitteilung anzukündigen. Zusätzlich soll die Ankündigung nach Möglichkeit auch auf elektronischem Wege in Textform erfolgen.

(5) Der betroffene Kunde ist nach Erhalt einer Androhung der Unterbrechung der Grundversorgung wegen Zahlungsverzugs berechtigt, von dem Grundversorger die Übermittlung des Angebots einer Abwendungsvereinbarung zu verlangen. Der Grundversorger ist verpflichtet, dem betroffenen Kunden im Fall eines Verlangens nach Satz 1 innerhalb einer Woche und unabhängig von einem solchen Verlangen des betroffenen Kunden spätestens mit der Ankündigung einer Unterbrechung der Grundversorgung nach Absatz 4 zugleich in Textform den Abschluss einer Abwendungsvereinbarung anzubieten. Das Angebot für die Abwendungsvereinbarung hat Folgendes zu beinhalten:

1.
eine Vereinbarung über zinsfreie monatliche Ratenzahlungen zur Tilgung der nach Absatz 2 Satz 6 bis 8 ermittelten Zahlungsrückstände sowie
2.
eine Verpflichtung des Grundversorgers zur Weiterversorgung nach Maßgabe der allgemeinen und ergänzenden Bedingungen, soweit der Kunde seine laufenden Zahlungsverpflichtungen aus dem Grundversorgungsvertrag erfüllt, und
3.
allgemein verständliche Erläuterungen der Vorgaben für Abwendungsvereinbarungen.
Unabhängig vom gesetzlichen Widerrufsrecht des Kunden darf nicht ausgeschlossen werden, dass er innerhalb eines Monats nach Abschluss der Abwendungsvereinbarung Einwände gegen die der Ratenzahlung zugrunde liegenden Forderungen in Textform erheben kann. Die Ratenzahlungsvereinbarung nach Satz 3 Nummer 1 muss so gestaltet sein, dass der Kunde sich dazu verpflichtet, die Zahlungsrückstände in einem für den Grundversorger sowie für den Kunden wirtschaftlich zumutbaren Zeitraum vollständig auszugleichen. Als in der Regel zumutbar ist je nach Höhe der Zahlungsrückstände ein Zeitraum von sechs bis 18 Monaten anzusehen. Überschreiten die Zahlungsrückstände die Summe von 300 Euro, beträgt dieser Zeitraum mindestens zwölf bis 24 Monate. In die Bemessung der Zeiträume nach den Sätzen 6 und 7 soll die Höhe der jeweiligen Zahlungsrückstände maßgeblich einfließen. Der Kunde kann in dem Zeitraum, den die Abwendungsvereinbarung umfasst, von dem Grundversorger eine Aussetzung der Verpflichtungen nach Satz 3 Nummer 1 hinsichtlich der monatlichen Ratenzahlungsvereinbarung in Höhe von bis zu drei Monatsraten verlangen, solange er im Übrigen seine laufenden Zahlungsverpflichtungen aus dem Grundversorgungsvertrag erfüllt. Darüber hat der Haushaltskunde den Grundversorger vor Beginn des betroffenen Zeitraums in Textform zu informieren. Kommt der Kunde seinen Verpflichtungen aus der Abwendungsvereinbarung nicht nach, ist der Grundversorger berechtigt, die Grundversorgung unter Beachtung des Absatzes 4 zu unterbrechen. Absatz 2 Satz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

(6) In einer Unterbrechungsandrohung im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 und in einer Ankündigung des Unterbrechungsbeginns nach Absatz 4 ist klar und verständlich sowie in hervorgehobener Weise auf den Grund der Unterbrechung sowie darauf hinzuweisen, welche voraussichtlichen Kosten dem Kunden infolge einer Unterbrechung nach Absatz 2 Satz 1 und infolge einer nachfolgenden Wiederherstellung nach Absatz 7 in Rechnung gestellt werden können.

(7) Der Grundversorger hat die Grundversorgung unverzüglich wiederherstellen zu lassen, sobald die Gründe für ihre Unterbrechung entfallen sind und der Kunde die Kosten der Unterbrechung und Wiederherstellung der Belieferung ersetzt hat. Die Kosten können für strukturell vergleichbare Fälle pauschal berechnet werden; die pauschale Berechnung muss einfach nachvollziehbar sein. Die Pauschale darf die nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Kosten nicht übersteigen. Auf Verlangen des Kunden ist die Berechnungsgrundlage nachzuweisen. Der Nachweis geringerer Kosten ist dem Kunden zu gestatten. Die in Rechnung gestellten Kosten dürfen, auch im Fall einer Pauschalisierung, die tatsächlich entstehenden Kosten nicht überschreiten.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.