Amtsgericht Ebersberg Beschluss, 17. Jan. 2019 - 3 F 840/18

published on 17/01/2019 00:00
Amtsgericht Ebersberg Beschluss, 17. Jan. 2019 - 3 F 840/18
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Tenor

1. Als Prüfungsmaßstab für die Aussetzung der Vollstreckung einer einstweiligen Anordnung gem. § 55 Abs. 1 FamFG kann eine Folgenabwägung herangezogen werden. Bei dieser sind die Nachteile, die eintreten würden, wenn die Vollstreckung nicht ausgesetzt würde, der Rechtsbehelf aber Erfolg hätte, gegen die Nachteile ins Verhältnis zu setzen, die entstehen würden, wenn die Vollstreckung ausgesetzt würde, der Rechtsbehelf aber keinen Erfolg hätte.

2. Im Rahmen dieser Folgenabwägung kann die Aussicht auf Erfolg des Rechtsbehelfs als wertender Faktor für die Eintrittswahrscheinlichkeit dieser Nachteile eingestellt werden.

3. Abgesehen von Sonderfällen offensichtlicher Begründetheit oder Unbegründetheit des Rechtsbehelfs, führt die Abwägung in Gewaltschutzsachen regelmäßig dazu, dass die Vollstreckung nicht auszusetzen ist.

Gründe

Das Familiengericht erließ einen Beschluss im einstweiligen Anordnungsverfahren ohne mündliche Anhörung, mit dem der Antragstellerin die gemeinsam genutzte Wohnung gem. § 2 GewSchG zur alleinigen Benutzung zugewiesen wurde. Darüber hinaus wurden Anordnungen nach § 1 GewSchG gegen den Antraggegner getroffen. Hiergegen stellte der Antragsgegner Antrag auf erneute Entscheidung nach mündlicher Verhandlung gem. § 54 Abs. 2 FamFG und beantragte zugleich, die Vollstreckung aus dem angegriffenen Beschluss auszusetzen, § 55 Abs. 1 FamFG. Der Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung blieb ohne Erfolg.

Aus den Gründen: 

Die Entscheidung ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen, wobei das Gesetz keine Angaben enthält, welcher Maßstab bei der Ermessensausübung angelegt werden soll. Nach einer Ansicht soll vor allem auf die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs abgestellt werden (vgl. Borth/Grandel in Musielak/Borth, FamFG, 6. Aufl., § 55, Rn. 3; Giers in Keidel, FamFG, 19. Aufl., § 55, Rn. 4), nach einer anderen Ansicht ist auf eine Abwägung der Folgen bei entsprechender Entscheidung und der beiderseitigen Schutzbedürfnisse abzustellen ist (vgl. van Els, FamRZ 2011, 1708; Feskorn in Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 55 FamFG, Rn. 4 stellt auf eine Abwägung der Interessen ab).

Abgesehen von Extremfällen, wenn die voraussichtlich auf Grund des Rechtsbehelfs zu treffende Entscheidung bereits mit gewisser Sicherheit absehbar ist, erscheint ein alleiniges Abstellen auf die Erfolgsaussichten - zumal bei offenen Erfolgsaussichten - unbefriedigend. Angesichts der eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten im Rahmen einer (weiteren) Büro-„Eilentscheidung im Eilverfahren“ (vgl. van Els, aaO) besteht die Gefahr, dass in einem eilig anzuberaumenden Anhörungstermin erneut gegenteilig entschieden würde und bis dahin etwaige unbeabsichtigte und ggf. schwer behebbare Folgen, denen gerade durch den einstweiligen Rechtsschutz begegnet werden soll, eintreten.

Das Gericht hält daher, gerade im Gewaltschutzverfahren, eine Folgenabwägung unter Berücksichtigung der Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfs für angezeigt. Hierfür bietet sich an, eine Folgeabwägung dahingehend zu treffen, welche Folgen schwerer wiegen bei einer - an der endgültigen Entscheidung gemessen - inhaltlich falschen Erstentscheidung im Bürowege. Es ist daher einerseits zu überlegen, welche Folgen zu besorgen wären, wenn die Vollstreckbarkeit einer einstweiligen Anordnung ausgesetzt würde, obwohl diese zu Recht erging. Andererseits ist zu überlegen, welche Folgen zu besorgen wären, wenn die Vollstreckbarkeit einer einstweiligen Anordnung nicht ausgesetzt würde, obwohl diese zu Unrecht erging. Anschließend ist in eine Abwägung dieser beiden Folgen einzutreten, bei der insbesondere die Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfs als Maßstab für die Eintrittswahrscheinlichkeit dieser Folgen herangezogen werden kann.

Generell führt diese Folgenabwägung im Gewaltschutzverfahren dazu, dass schwerwiegendere Rechtsverletzungen zu besorgen wären, wenn die Vollstreckbarkeit der einstweiligen Anordnung zu Unrecht ausgesetzt würde. Bei zu Unrecht erfolgender Aussetzung der Vollstreckbarkeit ist zu befürchten, dass der Antragsteller im Gewaltschutzverfahren erneuten Gewalthandlungen des Antragsgegners ausgesetzt ist. Andererseits ist bei zu Unrecht erfolgender Abweisung des Aussetzungsantrages zu befürchten, dass der Antragsgegner weiter seine Wohnung nicht nutzen kann und in seiner Handlungsfreiheit gegenüber dem Antragsteller eingeschränkt ist.

Vor dem Hintergrund des Antrages auf erneute Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung, § 54 FamFG, und der sehr zeitnahen Terminierung (14 Tage nach Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung durch den Antragsgegner) lässt sich vorliegend die Frage konkretisieren, ob es schwerer wiegt, dass bei falscher Entscheidung die Antragstellerin für 14 Tage Gewalthandlungen ausgesetzt ist oder bei - andersherum - falscher Entscheidung der Antragsgegner für weitere 14 Tage seine Wohnung nicht nutzen kann. Bei dieser Abwägung überwiegt unzweifelhaft das ggf. betroffene Recht auf körperliche Unversehrtheit der Antragstellerin. Ihre Betroffenheit lässt sich - anders als jene des Antragsgegners - sollte sich die zunächst getroffene Entscheidung als materiell unzutreffend erweisen, durch Schadenersatz nicht gänzlich aufwiegen.

Der Umstand, dass die Beteiligten ein minderjähriges Kind haben, vermag auf diese Folgenabwägung keinen Einfluss zu haben, da bei Einstellung in die oben dargestellte Prüfung entweder zu besorgen ist, dass das Kind dem ggf. vorliegenden Gewaltverhalten des Antragsgegners ausgesetzt wird, wobei auch von Kindern miterlebte Gewalt als Gewalt gegen Kinder zu würdigen ist, während andererseits ein - ebenfalls gemessen am Kindeswohl nicht zu unterschätzender - unberechtigter Kontaktabbruch mit etwaigen Schäden für die Bindung des Kindes zum Antragsgegner zu befürchten ist. Erneut ist aber die Terminierung im gegenwärtigen Verfahren zu berücksichtigen. Bei sicherer Bindung sind kurzfristige Kontaktabbrüche über zwei Wochen auch für das Kind ohne bleibenden Einfluss auf die Bindung zum Antragsgegner bewältigbar. Darüber hinaus hat das Gericht bereits im angegriffenen Beschluss Ausnahmen von den Anordnungen gem. § 1 GewSchG vorgenommen, soweit hiervon ein Zusammentreffen beim Kreisjugendamt oder bei Beratungsstellen betroffen sind.

Der Antragsgegner kann auch mit seinen weiteren Ausführungen zu einer besonderen Härte nicht durchdringen.

Soweit er angibt, „praktisch obdachlos“ zu sein, ist dies bereits angesichts des Umstandes, dass ihm an der Wohnadresse seiner Familie der angegriffene Beschluss zugestellt werden konnte, nicht glaubhaft gemacht.

Soweit er auf berufliche Unterlagen, die sich noch in der Wohnung befinden, angewiesen ist, hindert der Gewaltschutzbeschluss ihn nicht, einen Dritten - z.B. seinen Verfahrensbevollmächtigten - zu beauftragen, mit der Antragstellerin eine Übergabe zu vereinbaren.

Eine andere Würdigung kann sich auch nicht im Hinblick auf die Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfs ergeben.

Die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs des Antragsgegners sind, auch nach Vorlage seiner Versicherung an Eides statt, eher gering. Letztlich behauptet der Antragsgegner eine Inszenierung der im Raum stehenden Körperverletzung durch die Antragstellerin. Hierzu gibt er an, dass diese sich eine Verletzung selbst zugefügt haben soll, während die Beteiligten ca. 15 Minuten voneinander getrennt auf die Polizei warteten. Mit diesen Ausführungen könnte der Antragsgegner zwar erklären, warum sowohl die Polizei bei ihrem Eintreffen als auch der Dr. G. zwei Tage nach dem Vorfall Verletzungsspuren bei der Antragstellerin feststellen konnten. Was er aber nicht zu erklären vermag ist die Angabe in dem Polizeibericht, dass der fünfjährige Sohn der Beteiligten Frau PHMin W. gegenüber geäußert habe, dass dieser Schläge durch den Vater gegen die Mutter gesehen habe. Bei der gebotenen vorläufigen Betrachtung erscheint eine entsprechende Manipulation des Kindes fernliegend, nachdem diese Angaben unmittelbar bei der Aufnahme durch die Polizei in der Tatnacht erfolgt sind. Außerdem hat die Antragstellerin gegenüber der Polizei angegeben, dass der Sohn gerade nichts von dem Übergriff mitbekommen habe. Mithin müsste das Gericht, um den Angaben des Antragsgegners zu folgen, davon ausgehen dass überwiegend wahrscheinlich ist, dass die Antragstellerin binnen 15 Minuten bis zum Eintreffen der Polizei sich selbst die Verletzungen zufügte, ihr Kind zugleich noch zum Lügen gegenüber dieser anstiftete und noch eine Choreografie dahingehend mit dem Kind abstimmte, dass sie gegenüber der Polizei dessen Zeugenschaft abstreiten werde. Dies erscheint derart unwahrscheinlich, dass derzeit von einer im Rahmen des § 55 Abs. 1 FamFG berücksichtigungsfähigen Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfs nicht ausgegangen werden kann.

Tragfähige Anknüpfungspunkte für eine Beschränkung der Vollstreckung aus der einstweiligen Anordnung ergeben sich ebenfalls nicht.

Nach alledem hat es bei der weiteren Vollstreckbarkeit bis zum Erlass einer erneuten Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung zu bleiben.

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(1) Hat eine Person vorsätzlich den Körper, die Gesundheit, die Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person widerrechtlich verletzt, hat das Gericht auf Antrag der verletzten Person die zur Abwendung weiterer Verletzungen erforde

(1) Das Gericht kann die Entscheidung in der einstweiligen Anordnungssache aufheben oder ändern. Die Aufhebung oder Änderung erfolgt nur auf Antrag, wenn ein entsprechendes Hauptsacheverfahren nur auf Antrag eingeleitet werden kann. Dies gilt nicht,

Annotations

(1) In den Fällen des § 54 kann das Gericht, im Fall des § 57 das Rechtsmittelgericht, die Vollstreckung einer einstweiligen Anordnung aussetzen oder beschränken. Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

(2) Wenn ein hierauf gerichteter Antrag gestellt wird, ist über diesen vorab zu entscheiden.

(1) Hat die verletzte Person zum Zeitpunkt einer Tat nach § 1 Abs. 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Abs. 3, mit dem Täter einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt geführt, so kann sie von diesem verlangen, ihr die gemeinsam genutzte Wohnung zur alleinigen Benutzung zu überlassen.

(2) Die Dauer der Überlassung der Wohnung ist zu befristen, wenn der verletzten Person mit dem Täter das Eigentum, das Erbbaurecht oder der Nießbrauch an dem Grundstück, auf dem sich die Wohnung befindet, zusteht oder die verletzte Person mit dem Täter die Wohnung gemietet hat. Steht dem Täter allein oder gemeinsam mit einem Dritten das Eigentum, das Erbbaurecht oder der Nießbrauch an dem Grundstück zu, auf dem sich die Wohnung befindet, oder hat er die Wohnung allein oder gemeinsam mit einem Dritten gemietet, so hat das Gericht die Wohnungsüberlassung an die verletzte Person auf die Dauer von höchstens sechs Monaten zu befristen. Konnte die verletzte Person innerhalb der vom Gericht nach Satz 2 bestimmten Frist anderen angemessenen Wohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschaffen, so kann das Gericht die Frist um höchstens weitere sechs Monate verlängern, es sei denn, überwiegende Belange des Täters oder des Dritten stehen entgegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend für das Wohnungseigentum, das Dauerwohnrecht und das dingliche Wohnrecht.

(3) Der Anspruch nach Absatz 1 ist ausgeschlossen,

1.
wenn weitere Verletzungen nicht zu besorgen sind, es sei denn, dass der verletzten Person das weitere Zusammenleben mit dem Täter wegen der Schwere der Tat nicht zuzumuten ist oder
2.
wenn die verletzte Person nicht innerhalb von drei Monaten nach der Tat die Überlassung der Wohnung schriftlich vom Täter verlangt oder
3.
soweit der Überlassung der Wohnung an die verletzte Person besonders schwerwiegende Belange des Täters entgegenstehen.

(4) Ist der verletzten Person die Wohnung zur Benutzung überlassen worden, so hat der Täter alles zu unterlassen, was geeignet ist, die Ausübung dieses Nutzungsrechts zu erschweren oder zu vereiteln.

(5) Der Täter kann von der verletzten Person eine Vergütung für die Nutzung verlangen, soweit dies der Billigkeit entspricht.

(6) Hat die bedrohte Person zum Zeitpunkt einer Drohung nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, auch in Verbindung mit Abs. 3, einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt mit dem Täter geführt, kann sie die Überlassung der gemeinsam genutzten Wohnung verlangen, wenn dies erforderlich ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Eine unbillige Härte kann auch dann gegeben sein, wenn das Wohl von im Haushalt lebenden Kindern beeinträchtigt ist. Im Übrigen gelten die Absätze 2 bis 5 entsprechend.

(1) Hat eine Person vorsätzlich den Körper, die Gesundheit, die Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person widerrechtlich verletzt, hat das Gericht auf Antrag der verletzten Person die zur Abwendung weiterer Verletzungen erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Die Anordnungen sollen befristet werden; die Frist kann verlängert werden. Das Gericht kann insbesondere anordnen, dass der Täter es unterlässt,

1.
die Wohnung der verletzten Person zu betreten,
2.
sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung der verletzten Person aufzuhalten,
3.
zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich die verletzte Person regelmäßig aufhält,
4.
Verbindung zur verletzten Person, auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, aufzunehmen,
5.
Zusammentreffen mit der verletzten Person herbeizuführen,
soweit dies nicht zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erforderlich ist.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn

1.
eine Person einer anderen mit einer Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung widerrechtlich gedroht hat oder
2.
eine Person widerrechtlich und vorsätzlich
a)
in die Wohnung einer anderen Person oder deren befriedetes Besitztum eindringt oder
b)
eine andere Person dadurch unzumutbar belästigt, dass sie ihr gegen den ausdrücklich erklärten Willen wiederholt nachstellt oder sie unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln verfolgt.
Im Falle des Satzes 1 Nr. 2 Buchstabe b liegt eine unzumutbare Belästigung nicht vor, wenn die Handlung der Wahrnehmung berechtigter Interessen dient.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 oder des Absatzes 2 kann das Gericht die Maßnahmen nach Absatz 1 auch dann anordnen, wenn eine Person die Tat in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit begangen hat, in den sie sich durch geistige Getränke oder ähnliche Mittel vorübergehend versetzt hat.

(1) Das Gericht kann die Entscheidung in der einstweiligen Anordnungssache aufheben oder ändern. Die Aufhebung oder Änderung erfolgt nur auf Antrag, wenn ein entsprechendes Hauptsacheverfahren nur auf Antrag eingeleitet werden kann. Dies gilt nicht, wenn die Entscheidung ohne vorherige Durchführung einer nach dem Gesetz notwendigen Anhörung erlassen wurde.

(2) Ist die Entscheidung in einer Familiensache ohne mündliche Verhandlung ergangen, ist auf Antrag auf Grund mündlicher Verhandlung erneut zu entscheiden.

(3) Zuständig ist das Gericht, das die einstweilige Anordnung erlassen hat. Hat es die Sache an ein anderes Gericht abgegeben oder verwiesen, ist dieses zuständig.

(4) Während eine einstweilige Anordnungssache beim Beschwerdegericht anhängig ist, ist die Aufhebung oder Änderung der angefochtenen Entscheidung durch das erstinstanzliche Gericht unzulässig.

(1) In den Fällen des § 54 kann das Gericht, im Fall des § 57 das Rechtsmittelgericht, die Vollstreckung einer einstweiligen Anordnung aussetzen oder beschränken. Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

(2) Wenn ein hierauf gerichteter Antrag gestellt wird, ist über diesen vorab zu entscheiden.

(1) Das Gericht kann die Entscheidung in der einstweiligen Anordnungssache aufheben oder ändern. Die Aufhebung oder Änderung erfolgt nur auf Antrag, wenn ein entsprechendes Hauptsacheverfahren nur auf Antrag eingeleitet werden kann. Dies gilt nicht, wenn die Entscheidung ohne vorherige Durchführung einer nach dem Gesetz notwendigen Anhörung erlassen wurde.

(2) Ist die Entscheidung in einer Familiensache ohne mündliche Verhandlung ergangen, ist auf Antrag auf Grund mündlicher Verhandlung erneut zu entscheiden.

(3) Zuständig ist das Gericht, das die einstweilige Anordnung erlassen hat. Hat es die Sache an ein anderes Gericht abgegeben oder verwiesen, ist dieses zuständig.

(4) Während eine einstweilige Anordnungssache beim Beschwerdegericht anhängig ist, ist die Aufhebung oder Änderung der angefochtenen Entscheidung durch das erstinstanzliche Gericht unzulässig.

(1) Hat eine Person vorsätzlich den Körper, die Gesundheit, die Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person widerrechtlich verletzt, hat das Gericht auf Antrag der verletzten Person die zur Abwendung weiterer Verletzungen erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Die Anordnungen sollen befristet werden; die Frist kann verlängert werden. Das Gericht kann insbesondere anordnen, dass der Täter es unterlässt,

1.
die Wohnung der verletzten Person zu betreten,
2.
sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung der verletzten Person aufzuhalten,
3.
zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich die verletzte Person regelmäßig aufhält,
4.
Verbindung zur verletzten Person, auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, aufzunehmen,
5.
Zusammentreffen mit der verletzten Person herbeizuführen,
soweit dies nicht zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erforderlich ist.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn

1.
eine Person einer anderen mit einer Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung widerrechtlich gedroht hat oder
2.
eine Person widerrechtlich und vorsätzlich
a)
in die Wohnung einer anderen Person oder deren befriedetes Besitztum eindringt oder
b)
eine andere Person dadurch unzumutbar belästigt, dass sie ihr gegen den ausdrücklich erklärten Willen wiederholt nachstellt oder sie unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln verfolgt.
Im Falle des Satzes 1 Nr. 2 Buchstabe b liegt eine unzumutbare Belästigung nicht vor, wenn die Handlung der Wahrnehmung berechtigter Interessen dient.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 oder des Absatzes 2 kann das Gericht die Maßnahmen nach Absatz 1 auch dann anordnen, wenn eine Person die Tat in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit begangen hat, in den sie sich durch geistige Getränke oder ähnliche Mittel vorübergehend versetzt hat.

(1) In den Fällen des § 54 kann das Gericht, im Fall des § 57 das Rechtsmittelgericht, die Vollstreckung einer einstweiligen Anordnung aussetzen oder beschränken. Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

(2) Wenn ein hierauf gerichteter Antrag gestellt wird, ist über diesen vorab zu entscheiden.