Amtsgericht Detmold Beschluss, 26. Okt. 2016 - 33 F 169/16
Gericht
Tenor
I.
Der Antragsteller ist berechtigt und verpflichtet, mit dem gemeinsamen Kind W I, * 02.10.2006 Umgang zu üben wie folgt:
1.
In der Zeit vom 01.11.2016 – 28.02.2017
alle vier Wochen, jeweils in der Zeit von Samstag 10:00 Uhr bis Samstag 16:00 Uhr, erstmals am 12.11.2016.
2.
Ab März 2017:
alle zwei Wochen, jeweils in der Zeit von Samstag 10:00 Uhr bis Samstag 19:00 Uhr, erstmals am 11.03.2017.
II.
Der Antragsteller holt W zur Ausübung des Umgangs pünktlich am Wohnsitz der Antragsgegnerin ab und bringt W pünktlich dorthin wieder zurück.
Die Antragsgegnerin ist verpflichtet, W pünktlich zur Abholung durch den Antragsteller bereitzuhalten und an den Antragsteller herauszugeben.
III.
Bei Zuwiderhandlung gegen die vorgenannten Regelungen kann das Gericht gegenüber dem jeweils Verpflichteten Ordnungsgeld bis zu 25.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder unmittelbar Ordnungshaft anordnen.
IV.
Die Kosten des Verfahrens werden zwischen den Kindeseltern gegeneinander aufgehoben.
V.
Der Verfahrenswert wird auf 3.000,00 € festgesetzt.
1
I.
3Die Beteiligten sind die Eltern des zehn Jahre alten W, der bei der Kindesmutter lebt. Die Kindeseltern haben in den Jahren 2005/2006 für kurze Zeit eine Beziehung miteinander geführt. Aus dieser Beziehung ist W hervorgegangen. Die Kindeseltern haben zu keinem Zeitpunkt miteinander gelebt.
4Beide Elternteile haben mittlerweile neue Lebenspartner und leben mit diesen Lebenspartnern und eigenen (weiteren) Kindern zusammen. In der Vergangenheit gab es lediglich sporadisch Kontakte zwischen dem Kindesvater und W.
5Der Kindesvater beantragt, den Umgang zu regeln und formuliert dies dergestalt, dass er 14-tägig Übernachtungsumgangskontakt am Wochenende mit seinem Sohn haben möchte.
6Die Kindesmutter hat im Verfahren die Auffassung vertreten, sich an dem Wunsch ihres Sohnes zu orientieren, aber grundsätzlich keinen Vorbehalt gegen Kontakte von W mit dem Vater zu haben.
7Das Gericht hat für W Frau T als Verfahrensbeistand bestellt, die Beteiligten persönlich angehört und unmittelbar nach dem Verhandlungstermin auch W persönlich angehört.
8Auf den Verhandlungs- und Anhörungsvermerk bzw. wird Bezug genommen.
9II.
10Der Antrag auf Regelung des Umgangs ist grundsätzlich zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.
111.
12Gem. § 1684 Abs. 1 BGB hat jedes Kind ein Recht auf Umgang mit jedem Elternteil hat und ist jeder Elternteil zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt. Unter Berücksichtigung der für die Umgangsregelung maßgebenden Kriterien, wie Alter und Belastbarkeit des Kindes und der Qualität der Bindung zum Umgangsberechtigten hat das Familiengericht gemäß § 1684 Abs. 3 Satz 1 BGB den Umgang konkret zu regeln.
13Im Rahmen einer gerichtlich festzulegenden Umgangsregelung ist gem. § 1697a BGB stets diejenige Entscheidung zu treffen, die unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten sowie der berechtigten Interessen der Beteiligten dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Insoweit sind insbesondere die Belastbarkeit des Kindes, die bisherige Intensität seiner Beziehungen zum Umgangsberechtigten und seine Vertrautheit mit diesem, die räumliche Entfernung der Eltern voneinander, die Interessen und Bindungen von Kind und Eltern, das Verhältnis letzterer zueinander, die persönliche und berufliche Situation und Betreuungsmöglichkeit des Umgangsberechtigten, der Wille des Kindes, soweit er mit seinem Wohl vereinbar ist, sowie dessen Alter und altersbedingtes Zeitempfinden, Entwicklungs- und Gesundheitszustand in den Blick zu nehmen.
142.
15Im vorliegenden Fall bestehen angesichts der relativ kurzen Entfernung zwischen den jeweiligen Wohnorten der Kindeseltern, des Umstandes, dass der Kindesvater selbst Vater von vier weiteren Kindern ist, mit denen er zusammenlebt und des Umstandes, dass der Kindesvater und W sich in der Vergangenheit zwar nur sporadisch gesehen haben, einander jedoch bereits seit langer Zeit kennen, keine grundsätzlichen Anhaltspunkte, die eine Einschränkung des Umgangsrechts rechtfertigen könnten.
16a).
17Allerdings hat sich W ausdrücklich gegen jede Form des Umgangs mit seinem Vater ausgesprochen. Der Wille des Kindes ist zu berücksichtigen, soweit das mit seinem Wohl vereinbar ist, wobei in tatsächlicher Hinsicht in Rechnung zu stellen ist, dass ein durch einen Elternteil maßgeblich beeinflusster Kindeswille nicht beachtlich ist (vgl. dazu BGH FamRZ 2010, 1060). Mit der Kundgabe seines Willens macht das Kind zum einen von seinem Recht zur Selbstbestimmung Gebrauch. Denn jede gerichtliche Lösung eines Konflikts zwischen den Eltern, die sich auf die Zukunft des Kindes auswirkt, muss nicht nur auf das Wohl des Kindes ausgerichtet sein, sondern das Kind auch in seiner Individualität als Grundrechtsträger berücksichtigen, weil sorge- und umgangsrechtliche Regelungen entscheidenden Einfluss auf das weitere Leben des Kindes nehmen und es daher unmittelbar betreffen. Hat der unter diesem Aspekt gesehene Kindeswille bei einem Kleinkind noch eher geringes Gewicht, so kommt ihm mit zunehmendem Alter des Kindes vermehrt Bedeutung zu. Nur dadurch, dass Eltern die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis ihres Kindes zu selbständigem verantwortungsvollem Handeln berücksichtigen (vgl. § 1626 Abs. 2 S. 1 BGB), können sie das Ziel, ihr Kind zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu erziehen (vgl. § 1 Abs. 1 SGB VIII), erreichen, zumal sich die Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG entspringende Pflicht der Eltern, ihrem Kind Schutz und Hilfe angedeihen zu lassen, damit es sich zu einer solchen eigenverantwortlichen Persönlichkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft entwickeln kann, wie sie dem Menschenbild des Grundgesetzes entspricht, nicht nur auf das Kind bezieht, sondern den Eltern von Verfassungs wegen unmittelbar ihrem Kind gegenüber obliegt. Ein vom Kind kundgetaner Wille kann ferner Ausdruck von Bindungen zu einem Elternteil sein, die es geboten erscheinen lassen können, ihn in dieser Hinsicht zu berücksichtigen (vgl. zum Ganzen BVerfG FamRZ 2009, 1389; 2008, 845 und 1737; 2007, 105 und 1078; BGH FamRZ 2010, 1060).
18Soll ein der Ausübung des Umgangsrechts entgegenstehender Wille des Kindes Beachtung finden, muss daher in jedem Einzelfall zunächst geprüft werden, ob die Entwicklung seiner Persönlichkeit bereits so weit fortgeschritten ist, dass eine dem Willen des Kindes zuwiderlaufende Ausübung des Umgangsrechts eine Gefährdung seiner Entwicklung bedeuten könnte. Danach sind die Gründe zu prüfen, die das Kind zu seiner Haltung veranlassen. Diese Gründe müssen aus der Sicht des Kindes berechtigt erscheinen. Sind diese Kriterien erfüllt, ist es grundsätzlich Aufgabe des Gerichts, dem Kind die Bedeutung des Umgangsrechts für den durch den Ausschluss betroffenen Elternteil und für das Kind selbst vor Augen zu führen und das Kind zu einer eigenständigen Prüfung seiner ablehnenden Haltung zu veranlassen (vgl. Poncelet in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 1684 BGB, Rn. 129). Der erklärte Wille des Kindes darf dann ohne Verstoß gegen die Grundrechte des Kindes aus Art. 6 Abs. 2 GG unbeachtet bleiben, wenn der Kindeswille offensichtlich beeinflusst wurde und die manipulierten Äußerungen des Kindes die tatsächlichen Bindungsverhältnisse nicht zutreffend wiedergeben (vgl. BVerfG v. 02.04.2001 - 1 BvR 212/98 - FamRZ 2001, 1057).
19b).
20Unter Berücksichtigung dieser vorgenannten Erwägungen geht das Gericht jedenfalls davon aus, dass der von W kundgetane Wille nicht gänzlich frei von Einflüssen Dritter, insbesondere der Kindesmutter ist. Das ergibt sich zur sicheren Überzeugung des Gerichts bereits daraus, dass es W sichtlich unangenehm war, als er auf die Nichteinhaltung des mit dem Kindesvater angesprochenen Termins angesprochen wurde und daraufhin, zumal zutreffend, erklärte, dies müsse man mit seiner Mutter besprechen. Er ist während der gesamten Anhörung konsequent bei seiner Haltung geblieben, keinen Kontakt zum Vater zu wünschen, hat aber den einen Umgangskontakt, der von Frau T begleitet wurde, als durchaus positiv beschrieben. Im Übrigen hat W auf der Heimfahrt von dem genannten Umgangskontakt gegenüber Frau T geäußert, man könne solche Treffen ruhig wiederholen, dies zu einer Zeit, als er sich noch nicht mit seiner Mutter besprechen konnte.
21Schließlich vermochte W auch keine Gründe zu benennen, die - auch aus Sicht des 10-jährigen W - Umgangskontakte mit dem um ihn bemühten Vater kategorisch ausschließen müssten.
22Andererseits ist es aber auch nachvollziehbar, dass W dem Kindesvater vorhält, sich in der Vergangenheit allenfalls sporadisch um ihn gekümmert zu haben und er deshalb, wiederum plausibel, derzeit nicht an regelmäßige Umgangskontakte mit seinem Vater und die Einhaltung derselben durch seinen Vater glauben mag.
233.
24Unter besonderer Berücksichtigung des Kindeswohlprinzips gemäß § 1697 a BGB ist das Gericht daher der Überzeugung, der kundgetane Wille W nicht übergangen werden darf, dieser Wunsch aber nicht zum vollständigen Ausschluss des Umgangsrechts (auch) des Kindesvaters führen darf, weil die Voraussetzungen des § 1684 Abs. 4 BGB nicht vollständig vorliegen.
25Der Vollzug des geregelten Umgangs in einer deutlich reduzierten Form ermöglicht es sowohl dem Antragsteller und Kindesvater als auch W einander in jeweils überschaubarer Zeit näher und besser kennen zu lernen, trägt aber andererseits auch dem Wunsch W Rechnung, seine Zeit ganz überwiegend im mütterlichen Haushalt zu verbringen. Deshalb hat das Gericht auch davon abgesehen, Übernachtungskontakte anzuordnen.
26Um Missverständnissen der Elternteile vorzubeugen, weist das Gericht ausdrücklich darauf hin, dass der Kindesvater in der tatsächlichen Ausgestaltung seines Zusammenseins mit dem Kind - unabhängig von der sorgerechtlichen Situation - grundsätzlich frei ist (vgl. OLG Zweibrücken FamRZ 2001, 639). Daraus folgt, dass es allein Aufgabe des Kindesvaters - und nicht der Kindesmutter - ist, den Umgang inhaltlich zu gestalten und beispielsweise auch mit W abzusprechen, ob er im Rahmen der Umgangskontakte eigene Termine (Geburtstagseinladungen, Veranstaltung von Sportvereinen etc.) wahrnehmen möchte oder nicht.
274.
28Die Kostentscheidung beruht auf §§ 80, 81 FamFG.
29Die Entscheidung den Verfahrenswert hat ihre Grundlage in § 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG.
30Rechtsbehelfsbelehrung:
31Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben. Beschwerdeberechtigt ist derjenige, dessen Rechte durch den Beschluss beeinträchtigt sind. Die Beschwerde ist bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Detmold, I-Str., 32756 Detmold schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
32Die Beschwerde muss spätestens innerhalb eines Monats nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Detmold eingegangen sein. Dies gilt auch dann, wenn die Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines anderen Amtsgerichtes abgegeben wurde. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.
33Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen und soll begründet werden.
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(1) Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.
(2) Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. Entsprechendes gilt, wenn sich das Kind in der Obhut einer anderen Person befindet.
(3) Das Familiengericht kann über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher regeln. Es kann die Beteiligten durch Anordnungen zur Erfüllung der in Absatz 2 geregelten Pflicht anhalten. Wird die Pflicht nach Absatz 2 dauerhaft oder wiederholt erheblich verletzt, kann das Familiengericht auch eine Pflegschaft für die Durchführung des Umgangs anordnen (Umgangspflegschaft). Die Umgangspflegschaft umfasst das Recht, die Herausgabe des Kindes zur Durchführung des Umgangs zu verlangen und für die Dauer des Umgangs dessen Aufenthalt zu bestimmen. Die Anordnung ist zu befristen. Für den Ersatz von Aufwendungen und die Vergütung des Umgangspflegers gilt § 277 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.
(4) Das Familiengericht kann das Umgangsrecht oder den Vollzug früherer Entscheidungen über das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Eine Entscheidung, die das Umgangsrecht oder seinen Vollzug für längere Zeit oder auf Dauer einschränkt oder ausschließt, kann nur ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Das Familiengericht kann insbesondere anordnen, dass der Umgang nur stattfinden darf, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter anwesend ist. Dritter kann auch ein Träger der Jugendhilfe oder ein Verein sein; dieser bestimmt dann jeweils, welche Einzelperson die Aufgabe wahrnimmt.
(1) Soweit nichts anderes bestimmt ist, trifft das Gericht in Verfahren über die in diesem Titel geregelten Angelegenheiten diejenige Entscheidung, die unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten sowie der berechtigten Interessen der Beteiligten dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
(2) Lebt das Kind in Familienpflege, so hat das Gericht, soweit nichts anderes bestimmt ist, in Verfahren über die in diesem Titel geregelten Angelegenheiten auch zu berücksichtigen, ob und inwieweit sich innerhalb eines im Hinblick auf die Entwicklung des Kindes vertretbaren Zeitraums die Erziehungsverhältnisse bei den Eltern derart verbessert haben, dass diese das Kind selbst erziehen können. Liegen die Voraussetzungen des § 1632 Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 vor, so hat das Gericht bei seiner Entscheidung auch das Bedürfnis des Kindes nach kontinuierlichen und stabilen Lebensverhältnissen zu berücksichtigen. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn das Kind im Rahmen einer Hilfe nach § 34 oder 35a Absatz 2 Nummer 4 des Achten Buches Sozialgesetzbuch erzogen und betreut wird.
(1) Die Eltern haben die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen (elterliche Sorge). Die elterliche Sorge umfasst die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge) und das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge).
(2) Bei der Pflege und Erziehung berücksichtigen die Eltern die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwortungsbewusstem Handeln. Sie besprechen mit dem Kind, soweit es nach dessen Entwicklungsstand angezeigt ist, Fragen der elterlichen Sorge und streben Einvernehmen an.
(3) Zum Wohl des Kindes gehört in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen. Gleiches gilt für den Umgang mit anderen Personen, zu denen das Kind Bindungen besitzt, wenn ihre Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist.
(1) Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Jugendhilfe soll zur Verwirklichung des Rechts nach Absatz 1 insbesondere
- 1.
junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung fördern und dazu beitragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen, - 2.
jungen Menschen ermöglichen oder erleichtern, entsprechend ihrem Alter und ihrer individuellen Fähigkeiten in allen sie betreffenden Lebensbereichen selbstbestimmt zu interagieren und damit gleichberechtigt am Leben in der Gesellschaft teilhaben zu können, - 3.
Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Erziehung beraten und unterstützen, - 4.
Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl schützen, - 5.
dazu beitragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.
(2) Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. Entsprechendes gilt, wenn sich das Kind in der Obhut einer anderen Person befindet.
(3) Das Familiengericht kann über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher regeln. Es kann die Beteiligten durch Anordnungen zur Erfüllung der in Absatz 2 geregelten Pflicht anhalten. Wird die Pflicht nach Absatz 2 dauerhaft oder wiederholt erheblich verletzt, kann das Familiengericht auch eine Pflegschaft für die Durchführung des Umgangs anordnen (Umgangspflegschaft). Die Umgangspflegschaft umfasst das Recht, die Herausgabe des Kindes zur Durchführung des Umgangs zu verlangen und für die Dauer des Umgangs dessen Aufenthalt zu bestimmen. Die Anordnung ist zu befristen. Für den Ersatz von Aufwendungen und die Vergütung des Umgangspflegers gilt § 277 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.
(4) Das Familiengericht kann das Umgangsrecht oder den Vollzug früherer Entscheidungen über das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Eine Entscheidung, die das Umgangsrecht oder seinen Vollzug für längere Zeit oder auf Dauer einschränkt oder ausschließt, kann nur ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Das Familiengericht kann insbesondere anordnen, dass der Umgang nur stattfinden darf, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter anwesend ist. Dritter kann auch ein Träger der Jugendhilfe oder ein Verein sein; dieser bestimmt dann jeweils, welche Einzelperson die Aufgabe wahrnimmt.
Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. § 91 Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.
(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn
- 1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat; - 2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste; - 3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat; - 4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat; - 5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.
(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.
(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.
(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.
(1) In einer Kindschaftssache, die
- 1.
die Übertragung oder Entziehung der elterlichen Sorge oder eines Teils der elterlichen Sorge, - 2.
das Umgangsrecht einschließlich der Umgangspflegschaft, - 3.
das Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes, - 4.
die Kindesherausgabe oder - 5.
die Genehmigung einer Einwilligung in einen operativen Eingriff bei einem Kind mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung (§ 1631e Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs)
(2) Eine Kindschaftssache nach Absatz 1 ist auch dann als ein Gegenstand zu bewerten, wenn sie mehrere Kinder betrifft.
(3) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.