Amtsgericht Bochum Urteil, 08. Juli 2015 - 42 C 98/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
3Die Klägerin begehrt von der Beklagten Zahlung von Steuerberatungsarbeiten.
4Die Klägerin ist eine Steuerberatungsgesellschaft und führte für die Beklagte diverse Arbeiten aus. Der Auftrag der Klägerin bestand unter anderem darin, für die Beklagte diverse Steuererklärungen zu erstellen, sowie das Erstellen von Jahresabschlüssen. Für ihre Leistung stellte die Klägerin der Beklagten diverse Rechnungen, unter anderem eine Rechnung vom 16. Januar 2012 in Höhe von 916,30 €. In der Rechnung heißt es "steuerliche Beratung im Zusammenhang mit der Aufgabe eines Betriebes (steuerbegünstigte Aufgabegewinn) § 35 Abs. 3 StBGebV“ im Zeitraum 2010. Wegen der genauen Einzelheiten wird auf die Rechnung vom 16.1.2012 (Blatt 15 der Akte) Bezug genommen.
5Die Klägerin behauptet, die Beklagte sei ausführlich steuerlich beraten worden. Für die in der Rechnung vom 16.1.2012 ausgeführten Tätigkeiten habe die Klägerin insgesamt 10 h aufgewendet, dies verteilt auf den 14.4.2011, 2.5.2011, 4.5.2011, 23. Mai 2011, 27.5.2011 und 22.7.2011. Die dabei erbrachten Leistungen der Klägerin habe in den Besprechungen mit der Beklagten bezüglich Steuervergünstigung bei Betriebsaufgabe, Verkauf eines Grundstücks, Prüfung der Betriebsaufgabe aufgrund der Veräußerung der Immobilie, Berechnung der Steuervergünstigung sowie der Steuervergünstigung für den Jahresabschluss 2009 gelegen. Die ausführliche Beratung sei im Zusammenhang mit der Aufgabe des Betriebes (steuerbegünstigte Aufgabegewinn) erfolgt. Das abgerechnete Honorar sei ortsüblich und angemessen.
6Die Klägerin beantragt,
7die Beklagte zu verurteilen an die Klägerin 916,30 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 31. Januar 2012 zu zahlen.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Die Beklagte behauptet, nicht nachvollziehen zu können weshalb ein Pauschalbetrag in Höhe von 750 € netto durch die Klägerin liquidiert werde. Es werde bestritten, dass die Rechnung nach der StBGebV erstellt worden sei. Der Beklagte stelle in Abrede, dass die abgerechnete, ausführliche steuerliche Beratung im Zusammenhang mit der Aufgabe des Betriebes (steuerbegünstigter Aufgabegewinn) stattgefunden habe. Der steuerbegünstigte Aufgabegewinn sei bereits im Zusammenhang mit dem Jahresabschluss 2009 thematisiert worden. Die Klägerin habe lediglich vergessen diesen in den Jahresabschluss 2009 mit aufzunehmen und versuche nun die Kosten dafür anderweitig zu liquidieren. Es handele sich nicht um Abschlussvorarbeiten, sondern um eine steuerliche Beratung für die eine Wertgebühr anzusetzen sei.
11Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Diplomkaufmanns E., wegen des Ergebnisses des Gutachtens wird auf das Gutachten vom 6. Februar 2015, sowie auf die Vernehmung des Sachverständigen wie zu Protokoll vom 24.6.2015 Bezug genommen.
12Entscheidungsgründe:
13Die zulässige Klage ist unbegründet.
14Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 916,30 € aus der Rechnung vom 16. Januar 2012, da die Rechnung nicht mit § 9 Abs. 2 StBGebV vereinbar ist. Mangels ordnungsgemäßer Rechnungsstellung ist ein etwaiger Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte nicht fällig. Der Klägerin ist es nicht gelungen, eine den gesetzlichen Abrechnungsanforderungen gehorchende Gebührenrechnung zu erstellen.
15Zwar sind zwischen den Parteien bereits der Umfang und die Art der durchgeführten Leistungen der Klägerin streitig. Insoweit kann es aber dahinstehen, welche Leistungen durch die Klägerin tatsächlich erbracht wurden, da bereits nach dem Vortrag der Klägerin eine ordnungsgemäße Gebührenrechnung im Sinne des Gesetzes nicht vorliegt. Die Klägerin hat nur einen Anspruch auf Ausgleich ordnungsgemäß erstellter Rechnungen im Sinne der StBGebV. Dies ist die Voraussetzung für die Fälligkeit der Rechnung.
16Soweit die Klägerin behauptet, dass die Arbeiten zum steuerbegünstigten Aufgabegewinn Abschlussvorarbeiten im Sinne des § 35 Abs. 3 StBGebV seien, so ist dies nach der Beweisaufnahme widerlegt. Der Sachverständige Diplom-Kaufmann E.hat für das Gericht nachvollziehbar dargelegt, dass es sich bei Arbeiten bezogen auf den steuerbegünstigten Aufgabegewinn niemals um Abschlussvorarbeiten handele. Er hat verständlich erklärt, dass Vorarbeiten im Sinne des § 35 Abs. 3 StBGebV einfache Tätigkeiten sind, die üblicherweise von Steuerfachangestellten durchgeführt werden. Berichtigungen und Änderungen von Bilanzen, wozu auch die Berücksichtigung des steuerbegünstigten Aufgabegewinns gehöre, seien demgegenüber durch den Steuerberater selbst durchzuführen. Es handele sich auch insofern nicht um Vorarbeiten, als dass die Einarbeitung des steuerbegünstigten Aufgabegewinns eine zentrale Aufgabe bei der Erstellung des Jahresabschlusses darstellt.
17Der Sachverständige hat weiter dargelegt, dass grundsätzlich die Berücksichtigung des „steuerbegünstigten Aufgabegewinns“ bei der Abrechnung des Steuerberaters gebührenerhöhend zu berücksichtigen sei, dies jedoch nicht im Rahmen des § 35 Abs. 3 StBGebV erfolgen könne, da dies die StBGebV nicht vorsehe. Insoweit erklärte der Sachverständige weiter, dass der „steuerbegünstigte Aufgabegewinn“ entweder direkt im Rahmen der Abrechnung über die Steuererklärung hätte erfolgen müssen oder sofern der „steuerbegünstigte Aufgabegewinn“ zuvor aufgrund eines Fehlers des Steuerberaters vergessen worden sei gar nicht mehr hätte abgerechnet werden können. Im Falle des nachträglichen Einarbeitens aufgrund einer neuen Mitteilung des Mandanten hätte der „steuerbegünstigte Aufgabegewinn“ durch eine Korrektur der ursprünglichen Rechnung abgerechnet werden können.
18Das Gericht folgt den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen, der deutlich gemacht hat, dass zwar grundsätzlich Gebühren für die Berücksichtigung des „steuerbegünstigten Aufgabegewinns“ anfallen, nicht jedoch in der durch die Klägerin geltend gemachten Art und Weise abgerechnet werden können.
19Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 I 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
20Rechtsbehelfsbelehrung:
21Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
221. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
232. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
24Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Bochum, Westring 8, 44787 Bochum, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
25Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bochum zu begründen.
26Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bochum durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
27Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
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(1) Der Steuerberater kann die Vergütung nur auf Grund einer dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern. Die Berechnung ist von dem Steuerberater zu unterzeichnen oder vorbehaltlich der Zustimmung des Auftraggebers in Textform zu erstellen. Die Zustimmung muss nicht für jede Berechnung einzeln erteilt werden. Der Lauf der Verjährungsfrist ist von der Mitteilung der Berechnung nicht abhängig.
(2) In der Berechnung sind die Beträge der einzelnen Gebühren und Auslagen, die Vorschüsse, eine kurze Bezeichnung des jeweiligen Gebührentatbestands, die Bezeichnung der Auslagen sowie die angewandten Vorschriften dieser Gebührenverordnung und bei Wertgebühren auch der Gegenstandswert anzugeben. Nach demselben Stundensatz berechnete Zeitgebühren können zusammengefaßt werden. Bei Entgelten für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen genügt die Angabe des Gesamtbetrages.
(3) Hat der Auftraggeber die Vergütung gezahlt, ohne die Berechnung erhalten zu haben, so kann er die Mitteilung der Berechnung noch fordern, solange der Steuerberater zur Aufbewahrung der Handakten nach § 66 des Steuerberatungsgesetzes verpflichtet ist.
(1) Die Gebühr beträgt für
- 1.
a) die Aufstellung eines Jahresabschlusses (Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung) 10/10 bis 40/10 b) die Erstellung eines Anhangs 2/10 bis 12/10 c) (weggefallen) - 2.
die Aufstellung eines Zwischenabschlusses oder eines vorläufigen Abschlusses (Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung) 10/10 bis 40/10 - 3.
a) die Ableitung des steuerlichen Ergebnisses aus dem Handelsbilanzergebnis 2/10 bis 10/10 b) die Entwicklung einer Steuerbilanz aus der Handelsbilanz 5/10 bis 12/10 - 4.
die Aufstellung einer Eröffnungsbilanz 5/10 bis 12/10 - 5.
die Aufstellung einer Auseinandersetzungsbilanz 5/10 bis 20/10 - 6.
den schriftlichen Erläuterungsbericht zu Tätigkeiten nach den Nummern 1 bis 5 2/10 bis 12/10 - 7.
a) die beratende Mitwirkung bei der Aufstellung eines Jahresabschlusses (Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung) 2/10 bis 10/10 b) die beratende Mitwirkung bei der Erstellung eines Anhangs 2/10 bis 4/10 c) die beratende Mitwirkung bei der Erstellung eines Lageberichts 2/10 bis 4/10 - 8.
(weggefallen)
(2) Gegenstandswert ist
- 1.
in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 3 und 7 das Mittel zwischen der berichtigten Bilanzsumme und der betrieblichen Jahresleistung; - 2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 4 und 5 die berichtigte Bilanzsumme; - 3.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 6 der Gegenstandswert, der für die dem Erläuterungsbericht zugrunde liegenden Abschlußarbeiten maßgeblich ist.
(3) Für die Anfertigung oder Berichtigung von Inventurunterlagen und für sonstige Abschlußvorarbeiten bis zur abgestimmten Saldenbilanz erhält der Steuerberater die Zeitgebühr.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.