Bauaufsicht: Besucherzahl eines Discothekenbetriebs darf beschränkt werden
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 25. Nov. 2015 - Az.: 8 A 10892/15.OVG
Die Entscheidung im Einzelnen lautet:
OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 25.11.2015, (Az.: 8 A 10892/15.OVG).
Gründe
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.
Die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 5 VwGO liegen nicht vor.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen eine bauaufsichtliche Anordnung abgewiesen, mit der die Beklagte die zulässige Personenzahl in dem von der Klägerin betriebenen Kellerlokal „A.“ auf maximal 50 begrenzt hat.
Die untersagte Nutzung sei formell illegal, weil durch die Baugenehmigung vom 5. Dezember 1988 die Errichtung einer Gaststätte mit 40 Sitzplätzen genehmigt worden sei und sich daran durch die Baugenehmigung vom 23. September 2010 nichts geändert habe, denn diese habe nur den Umbau und die Instandsetzung der gastronomischen Einrichtung erfasst. Die gaststättenrechtliche Genehmigung vom 5. Mai 2011 für eine „Schankwirtschaft mit regelmäßigen Musikaufführungen“ ändere daran nichts. Der zum Gegenstand der Baugenehmigung gestellte Beweisantrag zur Vernehmung des Zeugen B... habe abgelehnt werden dürfen, denn es könne als wahr unterstellt werden, dass dieser im Verfahren zur Erteilung der Gaststättenerlaubnis keine Bedenken im Hinblick auf die Baugenehmigung gehabt habe. Die tatsächlich ausgeübte Nutzung weiche von der genehmigten Nutzung ab, denn es liege eine Nutzung als Diskothek vor. Dafür spreche die Bezeichnung „Club“ sowie der Internetauftritt bei Facebook mit Veranstaltungshinweisen und Lichtbildern, die typische Szenen eines Diskothekenbetriebs zeigten. Bestätigt werde dies dadurch, dass eine Küche nicht betrieben werde und Eintrittspreise erhoben würden. Für diese neue Nutzung gälten auch andere öffentlichrechtliche Anforderungen als für die bisherige Nutzung. So seien bereits unterschiedliche baurechtliche Vorschriften für die Genehmigung als Gaststätte und Diskothek anzuwenden. Die Diskothekennutzung habe Auswirkungen auf die Umgebung, die einer besonderen Beurteilung bei Erteilung der Genehmigung bedürften. Die somit wegen formeller Illegalität gerechtfertigte Nutzungsuntersagung sei auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil eine entsprechende Genehmigung offensichtlich erteilt werden müsse. Zumindest sei die bauordnungsrechtliche Genehmigungsfähigkeit noch ungeklärt und deshalb nicht offensichtlich. Die erforderlichen Stellplätze seien bislang nicht nachgewiesen, überdies bestünden Probleme zum Beispiel bezüglich des Brandschutzes. Die Untersagungsverfügung sei auch sonst nicht ermessensfehlerhaft. Die vorgenommene Interessengewichtung sei nicht zu beanstanden.
Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit dieser Entscheidung.
Die Ausführungen der Klägerin sind zunächst nicht geeignet, die Bewertung des Verwaltungsgerichts ernstlich in Frage zu stellen, dass die ausgeübte Nutzung formell rechtswidrig war. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass die Nutzung durch die Klägerin nicht durch die Baugenehmigungen gedeckt ist.
Soweit die Klägerin geltend macht, es sei lediglich von einer Nutzungsintensivierung innerhalb der durch Baugenehmigungen legalisierten Nutzung als Gaststätte mit regelmäßigen Musikaufführungen auszugehen, trifft zwar zu, dass die Gaststättenerlaubnis vom 30. Mai 2011 als Betriebsart eine „Gaststätte mit regelmäßigen Musikaufführungen“ gestattet. Dies gilt jedoch nicht für die Baugenehmigungen. Die Baugenehmigung vom 5. Dezember 1988 erlaubt ebenso wenig wie die Baugenehmigung vom 23. September 2010 regelmäßige Musikaufführungen. Diese sind jedoch ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zwischen einer Schank- und Speisegaststätte und einer Vergnügungsstätte. Dass tatsächlich regelmäßige Musikaufführungen stattfanden, hat das Verwaltungsgericht anhand des Internetauftritts des „A.“ im Einzelnen belegt. Damit setzt sich die Klägerin nicht konkret auseinander, sondern sie behauptet lediglich, es hätten nur gelegentlich Musikveranstaltungen stattgefunden. Es handele sich um eine Kneipe für junge Leute mit Musikuntermalung und nicht um eine Diskothek. Dies steht im Widerspruch zu der Selbstdarstellung des „A.“ bei Facebook, bei der die Bedeutung der Musik deutlich zum Ausdruck kommt. Für den Betrieb einer Diskothek spricht im Übrigen, dass die Klägerin auch eine Diskothek betreiben wollte, wie sich aus ihrem Antrag auf die Gaststättenerlaubnis ergibt, dem auch stattgegeben wurde. Die Klägerin glaubte offensichtlich, dass die Gaststättenerlaubnis zum Betrieb einer Diskothek ausreiche und es keinen Widerspruch zu den Baugenehmigungen gebe. Indes bedarf es für die Umnutzung des Gebäudes zur Diskothek neben der gaststättenrechtlichen Genehmigung auch der Genehmigung durch die Bauaufsichtsbehörde mit je eigenen Prüfungspflichten.
Die Baugenehmigung vom 5. Dezember 1988 sieht lediglich 40 Sitzplätze vor. Entsprechend dieser Nutzung wurde die Zahl der Kfz-Stellplätze festgesetzt. Wenn darüber hinaus eine Nutzung durch Gäste ohne Sitzplatz genehmigt worden wäre, wären diese Gäste auch bei der Stellplatzberechnung berücksichtigt worden. Wenn mehr als 40 Gäste die Gaststätte nutzen, handelt es sich deshalb nicht mehr um eine von der Baugenehmigung gedeckte Intensivierung der Nutzung, sondern um eine Nutzungsänderung, die eine entsprechende Änderung der Baugenehmigung durch eine entsprechend höhere Stellplatzfestsetzung erfordert. Soweit die Klägerin geltend macht, die hohe Besucherzahl sei nicht nachgewiesen, trifft dies nicht zu. Höhere Besucherzahlen ergeben sich auch unabhängig von der von der Klägerin in Zweifel gezogenen Angabe in einer Beschwerde ohne weiteres aus den - in der Behördenakte enthaltenen - Fotos auf Facebook und dortigen Äußerungen des „A.“, wonach 50 Personen lächerlich wenig seien, sowie aus einem Bericht im C.-Zeitung vom..., der auf Angaben des Geschäftsführers der Klägerin beruht. Danach habe die Zahl der Besucher oft bei 200 oder darüber gelegen, ab 150 Besuchern sei Gewinn erzielt worden.
Die Untersagung der somit baurechtlich nicht genehmigten Nutzung ist auch nicht ermessensfehlerhaft. Sie ist nicht deshalb unverhältnismäßig, weil die ausgeübte Nutzung offensichtlich genehmigungsfähig ist.
Die Klägerin begründet die Genehmigungsfähigkeit lediglich damit, dass sie einen genehmigungsfähigen Bauantrag gestellt habe. Im Laufe des Genehmigungsverfahrens hat sich jedoch gezeigt, dass der Genehmigung zwar keine grundsätzlichen Hindernisse entgegenstehen, die Bauherrin jedoch nicht bereit ist, die erforderlichen Stellplätze nachzuweisen. Die Genehmigungsfähigkeit ist deshalb gerade nicht offenkundig. Selbst wenn die Erteilung der Baugenehmigung letztlich nicht ausgeschlossen ist, durfte die Beklagte die Nutzungsbeschränkung aussprechen, da eine baldige Genehmigung nicht absehbar ist und der Klägerin durch weitere Duldung der nicht genehmigten Nutzung ein wettbewerbswidriger Vorteil gegenüber gesetzestreuen Konkurrenten gewährt würde, die vor der Aufnahme einer Nutzung die erforderlichen Genehmigungen einholen.
Die Nutzungsbeschränkung auf 50 Personen ist auch nicht wegen ihres Ausmaßes ermessensfehlerhaft. Sie ist an der Baugenehmigung orientiert und wäre entgegen der Meinung der Klägerin auch dann angemessen, wenn gar kein Diskothekenbetrieb stattfände, weil die Baugenehmigung von einer Besucherzahl von 40 ausgeht und eine entsprechende Stellplatzregelung trifft. Im Rahmen ihrer Ermessensausübung musste die Beklagte nicht ermitteln, ob bei einer höheren Zahl von Besuchern Gefahren für Leben und Gesundheit der Besucher bestehen. Dies ist vielmehr Gegenstand des erforderlichen Baugenehmigungsverfahrens. Dass die Gefahr sich bei einer höheren Besucherzahl erhöht, ist naheliegend und jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen. Dass überfüllte Diskotheken gefährlich sein können, ist hinreichend bekannt.
Die Rechtssache weist keine rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten auf.
Die Klägerin sieht Schwierigkeiten darin, dass nicht geklärt sei, in welcher Nutzungsform sie den „A.“ betreibt. Sie hält zur Klärung eine Befragung von Zeugen, etwa Gästen des Clubs oder eines ehemaligen Bediensteten der Beklagten für erforderlich. Der Senat sieht indes keine Schwierigkeiten bei der Feststellung der Nutzungsform des „A.“, da diese sich aus der Selbstdarstellung des „A.“ bei Facebook eindeutig ergibt, so dass es der Durchführung eines Berufungsverfahrens nicht bedarf.
Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor.
Entgegen dem Vortrag der Klägerin ist die Zurückweisung des Beweisantrages der Klägerin durch das Verwaltungsgericht mit der Begründung, die unter Beweis gestellte Behauptung könne als wahr unterstellt werden, nicht verfahrensfehlerhaft. Die zu beweisende Tatsache war unerheblich und konnte deshalb als wahr unterstellt werden. Zutreffend wird im Urteil ausgeführt, dass es weder darauf ankommt, ob der benannte Zeuge die Bauakten hinzugezogen hat, noch ob aus seiner Sicht Bedenken gegen die Erteilung der Gaststättenerlaubnis im Hinblick auf die Baugenehmigung vom 5. Dezember 1988 bestanden. Die Rechtsfrage, ob die Nutzung als „Gaststätte mit regelmäßigen Musikaufführungen“, für die lediglich die Gaststättenerlaubnis erteilt wurde, der Baugenehmigung entspricht, ist angesichts des Inhaltes der Baugenehmigung zu beurteilen und nicht anhand ihrer Bewertung durch einen Behördenbediensteten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG.
Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz im Fall einer Klägerin, die in einem Kellerlokal einen Club betreibt. Sie besitzt zwar eine gaststättenrechtliche Genehmigung für „eine Schankwirtschaft mit regelmäßigen Musikaufführungen“. Von Seiten der Bauaufsichtsbehörde verfügt sie jedoch nur über eine baurechtliche Genehmigung für eine Gaststätte mit 40 Sitzplätzen. Im April 2014 ordnete die beklagte Stadt an, dass die Besucherzahl in dem Club der Klägerin auf 50 Personen beschränkt wird. Die hiergegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht ab.
Das OVG bestätigte nun diese Entscheidung. Es lehnte den Antrag der Klägerin ab, die Berufung gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil zuzulassen. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend angenommen, dass die ausgeübte Nutzungsart der Gaststätte als Diskothek durch die Baugenehmigung nicht gedeckt sei. Um das Gebäude zu einer Diskothek umzunutzen, sei neben der gaststättenrechtlichen Genehmigung auch die Genehmigung durch die Bauaufsichtsbehörde erforderlich. Dabei gebe es jeweils eigene Prüfungspflichten. Es sei auch nicht unverhältnismäßig, dass die baurechtlich nicht genehmigte Nutzung untersagt worden sei. Die ausgeübte Nutzung sei nämlich nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Zwar stünden der Genehmigung keine grundsätzlichen Hindernisse entgegen. Die Bauherrin sei jedoch nicht bereit, die erforderlichen Stellplätze nachzuweisen. Die nunmehr praktizierte Diskothekennutzung verlange jedoch angesichts der Zahl der Gäste nach einer entsprechend höheren Anzahl an Stellplätzen.
Rechtsanwalt für Immobilienrecht - Streifler & Kollegen Rechtsanwälte
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