Original-Testament verloren – und jetzt?!

published on 22/12/2022 11:53
Original-Testament verloren – und jetzt?!
Anwälte, die zu passenden Rechtsgebieten beraten
Artikel zu passenden Rechtsgebieten

Authors

Rechtsanwalt

Author’s summary

Eröffnung der privaten Kopie eines Testaments

Die Eröffnung eines Testaments ist häufig der erste formale Schritt zur Regelung des Nachlasses. Dabei handelt es sich um eine formale Bekanntgabe durch das Nachlassgericht, welche letztwilligen Verfügungen dem Gericht vorliegen. Eine inhaltliche Auseinandersetzung findet dabei nicht statt. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob auch eine Testamentskopie eröffnet werden kann, wenn das Original nicht auffindbar ist (Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 19.8.2022 – 3 Wx 119/22).

Nachlassgericht – Testamentskopie wird nicht eröffnet

Nach dem Tod ihres Mannes reichte die Witwe des Erblassers die Kopie eines vom Erblasser errichteten Testaments zur Testamentseröffnung ein. Nach diesem Testament sollte sie Alleinerbin sein. Das Original war jedoch nicht mehr auffindbar. Das Nachlassgericht lehnte die Eröffnung der Testamentskopie ab. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass eine Kopie keine hinreichende Gewähr dafür gäbe, dass eine vollständige und unverfälschte Wiedergabe des letzten Willen des Erblassers vorläge. Gegen diesen Beschluss legte die Witwe Beschwerde ein, die nach Nichtabhilfe durch das Nachlassgericht beim Oberlandesgericht landete.

Oberlandesgericht – Testamentskopie wird doch eröffnet

Das Oberlandesgericht entschied, dass die Eröffnung einer Testamentskopie zulässig sei. Das Gericht erläuterte, dass Sinn und Zweck des Testamentseröffnungsverfahrens sei, eine geordnete Nachlassabwicklung zu gewährleisten, so dass durch zeitnahe amtliche Feststellung und Bekanntgabe vorhandener Verfügungen von Todes wegen Rechtsfrieden und Rechtssicherheit hergestellt werden könne. Den Beteiligten soll zeitnah die Gelegenheit gegeben werden, die Verfügung auf ihre Rechtswirksamkeit und ihren Inhalt hin zu überprüfen. Ferner wies das Gericht darauf hin, dass die Testamentseröffnung durch Rechtspfleger und nicht durch Richter erfolgt.

Keine materiellrechtliche Prüfung der Testamentskopie bei Eröffnung

Dementsprechend wird auch lediglich eine summarische Plausibilitätsprüfung durchgeführt. Es wird lediglich geprüft, ob das Schriftstück nach Form und Inhalt eine Verfügung von Todes wegen darstellen kann. Eine materiellrechtliche Prüfung erfolge dagegen gerade nicht. Dies sei schließlich dem Erbscheinverfahren vorbehalten.

Die Richter leiteten hieraus ab, dass dementsprechend auch die Eröffnung auch eines nur in Kopie vorhandenen Testaments möglich sein müsse, insbesondere da im Einzelfall gar nicht ohne weiteres zu erkennen sei, ob es sich bei einem Schriftstück um eine Kopie handelt. 

ABER: Testamentskopie ist regelmäßig unwirksam

Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist nicht unproblematisch. Argumentiert wird damit, dass Rechtsfrieden und Rechtssicherheit hergestellt werden sollen, jedoch wird gleichzeitig ein Testament eröffnet, welches bereits formal unwirksam ist. Dies dürfte eher für Rechtsunsicherheit sorgen und nicht umgekehrt. Darüber hinaus bietet eine Kopie immer eine erhöhte Verfälschungsgefahr. Schließlich stellt sich für eine Privatperson, die eine Testamentskopie findet, die Frage, ob ein solches auch zwingend dem Nachlassgericht ausgehändigt werden muss. Bei Originalen ist dies zweifellos der Fall.

Letztlich sind Erblasser gut beraten, lebzeitig dafür zu sorgen, dass ihre letztwilligen Verfügungen im Original gut auffindbar sind. Beispielsweise durch Hinterlegung bei Gericht.

Benötigen Sie rechtliche Beratung im Zusammenhang mit einem Testament, stehen Ihnen die Anwälte von ROSE & PARTNER, insbesondere unsere Fachanwälte für Erbrecht, grundsätzlich gerne zur Verfügung. Weitere Informationen dazu finden Sie auf unserer Webseite: https://www.rosepartner.de/rechtsberatung/erbrecht-nachfolge/erbrecht-erbschaft-testament/testament-erbvertrag-entwurf-und-pruefung.html

Show what you know!
1 Anwälte, die zu passenden Rechtsgebieten beraten

Rechtsanwalt

Anwälte der Kanzlei die zu Erbrecht beraten
2 Artikel zu passenden Rechtsgebieten

07/01/2022 17:21

Wird ein naher Angehöriger durch Testament ganz oder teilweise enterbt, können Pflichtteilsansprüche entstehen. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils und kann vom Erben als Geldbetrag gefordert werden. Der Erbe muss dabei umfassend über den Nachlass und dessen Wert Auskunft geben und auch zu Lebzeiten verschenktes Vermögen kann noch für den Pflichtteil relevant werden.
SubjectsErbrecht
31/08/2021 12:48

Manch eine Erbfolge ist wirtschaftlich gewollt aber steuerlich ungünstig. Im Erbfall entsteht dann häufig der Wunsch, hier noch etwas zu verändern. Das OLG Frankfurt am Main beschäftigte sich mit einem solchen Fall, indem eine Ausschlagung der Erbschaft steuerliche Vorteile bringen sollte. Die Darstellung der Entscheidung stammt von Rechtsanwalt Dr. Elias Serbu, der für die Kanzlei ROSE & PARTNER das Dezernat Erbrecht in Frankfrut leitet. https://www.rosepartner.de/erbrecht-frankfurt-rechtsanwalt-kanzlei.html
SubjectsErbrecht
Artikel zu Erbrecht