Klimakrise, Aktivismus und Straßenblockaden - Wer ist die Gruppierung "Aufstand der letzten Generation"?

erstmalig veröffentlicht: 27.04.2023, letzte Fassung: 27.04.2023

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Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Das Fahrrad statt das Auto nehmen. Kurzstrecken lieber mit Zug als mit Flugzeug. Beim Duschen den Wasserhahn abdrehen. Sachen wiederverwenden. Vegan ernähren. Regional und saisonal Einkaufen - Es gibt so vieles, dass tun kann, wenn man sich für den Klimaschutz einsetzen möchte. 

Man kann sich aber auch an Klimaprotesten beteiligen, Straßenblockaden auslösen, die Hände an Kunstwerken festkleben, Wände besprühen und öffentlich viel Aufmerksamkeit erregen. 

Die Wahl der Handlung bleibt jeden einzeln überlassen. 

Man kann auch einfach nichts tun. "Die Klimakrise geht mich nichts an - große Unternehmen sollen die Verantwortung tragen". Auch das hört man nicht selten.

Egal wie Sie sich entscheiden - Bedenken Sie stets die Konsequenzen Ihrer Handlungen.


Streifer&Kollegen - Rechtsanwälte Berlin

Der Klimawandel (besser: Klimakrise) ist real, er bedroht unsere Lebensgrundlagen und er ist menschengemacht. Darüber scheint es weitgehend Einigkeit in der deutschen Bevölkerung zu geben. Auch die Bundesregierung spricht auf ihrer Webseite davon, dass der beste Zeitpunkt für Maßnahmen, gegen den Klimawandel jetzt ist und, dass alle etwas unternehmen sollen, um den Klimawandel zu stoppen. Die Aktionen der Klimaschutzgruppierung „Aufstand der letzten Generation“ scheinen dann doch zu viel des Guten zu sein.

Die Klimaproteste der „letzten Generation“ stoßen zunehmen auf Empörung, Wut und Unverständnis. Einige bewundern auch die Aktivisten für Entschlossenheit und ihren Mut.

Aber wer sind die Menschen, die den Straßenverkehr lahmlegen, sich mit Kartoffelpüree bewerfen und ihre Hände an teure Gemälde kleben? Was fordern sie? Von wem werden sie unterstützt? Welche Aktionen planen sie? Müssen sie sich für ihre Aktionen verantworten? Und bringen diese Aktionen wirklich etwas?

Streifler&Kollegen – Rechtsanwälte Berlin

 

Die Klimaproteste der Gruppierung „Aufstand der letzten Generation“ sind mittlerweile in aller Munde. Immer wieder liest man Schlagzeilen über Aktivisten, die sich an Straßenblockaden beteiligen, sich an Kunstwerken in Museen festkleben, an Hungerstreiks teilnehmen oder Veranstaltungen stören. Die Proteste der Klimaaktivisten bleiben nicht folgenlos. In Deutschland kennt die Gruppierung fast jeder. Mit ihren Aktionen spalten sie die Meinungen in der Gesellschaft.

Während viele die Protestierenden für ihren Mut und ihren scheinbar unermüdlichen Widerstand bewundern, sind andere wiederrum nur noch genervt und teilweise auch besorgt.

Erst vergangene Woche versuchte die Gruppe mit mehr als 200 Aktivisten den Verkehr in Berlin lahmzulegen – teilweise erfolgreich. Die Protestierenden verursachten stundenlangen Stau und mussten von Polizeibeamten mit Zwang von der Straße entfernt werden. Die Medien berichteten von zahlreichen Festnahmen. Nach Angaben der Berliner Polizei sollen rund 50 Protestierende in Polizeigewahrsam gekommen sein.

Behindern Klimaproteste die Durchfahrt von Rettungsfahrzeugen?

Derweil häufen sich die Meldungen, dass die durch die Aktivisten verursachten Straßenblockaden regelmäßig auch Rettungswagen behindern. Ein Vorwurf, den die Aktivisten bestreiten. Sie betonen, dass das Passieren von Straßenblockaden von Krankenwagen und Feuerwehr immer ermöglicht wird. Aber was passiert, wenn Rettungswagen gar nicht erst zur verursachten Straßenblockade durchdringen können? Nach Ansicht einiger Sozial-Media-Nutzer liegt das Problem an der Unfähigkeit der Autofahrer zur Bildung einer anständigen Rettungsgasse. Andere sehen in den Stauverursachern die Schuldigen. Sie fordern harte Strafen für Klimaaktiven, die den Verkehr lahmlegen und Einsatzfahrzeuge behindern.

So oder so - Die Aktivisten der „letzten Generation“ spalten die Gemüter und regen zum Meinungsaustausch und zum Denken an.  

Hohe Geld- und Freiheitsstrafen für Aktivisten

Dass die Aktivisten sich von Geld- und Freiheitsstrafen an ihrem Vorhaben, die Politiker auf den Klimawandel aufmerksam zu machen, nicht hindern lassen, haben sie bereits bewiesen.

Das Amtsgericht Heilbronn verurteilte erstmalig drei Klimaaktivsten der „letzten Generation“, die sich aus Protest auf die Straße geklebt haben, zu Haftstrafen ohne Bewährung. Durch ihre Mitwirkung an einer Straßenblockade haben sie sich des Vorwurfs der Nötigung gem. § 240 StGB schuldig gemacht.

Grund für das, in vielen Augen, harte Strafmaß von fünf, vier und drei Monaten Haft, erklärte die Richterin, mit der Unbelehrbarkeit der Protestierenden. Diese sollen schon zuvor wegen einer Straßenblockade zu Geld- und Freiheitsstrafen verurteilt worden sein und sich noch am selben Tag an der nun zur erneuten Verurteilung führenden Blockade beteiligt haben. Einsicht zeigen die Aktivsten auch nach ihrer erneuten Verurteilung nicht. Sie wollen weiterhin auf die Straße gehen und gegen unzureichende Maßnahmen der Politiker im Klimawandel ankämpfen.

Wegen Klebeaktion vier Monate Haftstrafe ohne Bewährung

Vier Monate Freiheitsentziehung für eine Aktivistin, die ihre Hand an den Rahmen eines teuren Gemäldes geklebt hat

Ähnlich hart traf es auch eine Klimaaktivistin aus Bayern. Die 24-Jährige hat sich gemeinsam mit einer anderen Aktivistin in der Berliner Gemäldegalerie an den Holzrahmen des Gemäldes „Ruhe auf der Flucht nach Ägypten“ von Lucas Cranach geklebt und damit für entsetzen und Aufruhr gesorgt. Eine Richterin verurteilte sie nun wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung zu vier Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung. Auch in diesem Fall, war es nicht die erste Protestaktion, wegen der die Aktivistin verurteilt wurde. Und auch in diesem Fall resultiert die verhältnismäßig harte Freiheitsstrafe, nach Angaben der zuständigen Richterin, aus der Uneinsichtigkeit der Angeklagten.

Das ist die Gruppierung „Aufstand der letzten Generation“

Wer sind die Mitglieder der Gruppierung „Der Aufstand der letzten Generation“? Was treibt sie an? Und was fordern sie?

Die sogenannte „letzte Generation“ wurde im Sommer 2021 nach einem Hungerstreit gegründet und ist für ihre aufmerksamkeitserregenden Aktionen wie Straßen- und Flughafenblockaden bekannt. Während zunächst nur große Metropolen wie Berlin, Hamburg, Köln und München betroffen waren, beteiligen sich Aktivisten mittlerweile auch in kleinen Städten wie Magdeburg, Hannover, Tübingen Jena und Passau an Klimaprotesten.

Forderungen der „letzten Generation“: Tempolimit und Beendigung der Lebensmittelverschwendung

Die Letzte Generation fordert ein sofortiges Tempolimit von 100 km/h auf deutschen Autobahnen. So sollen pro Jahr bis zu 5,4 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Um dieses Ziel zu erreichen, soll zudem ein dauerhaftes 9-Euro-Ticket eingeführt werden.

Die Aktivisten setzen sich außerdem gegen Lebensmittelverschwendung ein und fordern die Legalisierung von dem sogenannten „Containern“. Containern ist ein Begriff für die Mitnahme von weggeworfenen Lebensmitteln aus Supermarkt- oder Fabrikmülltonnen. Die Klimaschutzorganisation „German-Zero“, dessen Mitglieder teilweise auch der „Letzten Generation“ angehören, hat zu diesem Zweck einen entsprechenden Gesetzesvorschlag ausgearbeitet, wonach Supermärkten verboten werden soll Lebensmittel, die noch zum Verzerr geeignet sind, wegzuwerfen.

Oberstes Ziel der „letzten Generation“ ist es den Klimawandel stoppen und die schlimmsten Folgen der Erderwärmung zu verhindern. Zu diesem Zweck will die Gruppierung in direkten Dialog mit Politikern treten. Aktionen wie Straßenblockaden sollen Aufmerksamkeit erregen und die Gesellschaft zum Nachdenken bringen.

Die Letzte Generation finanziert sich laut eigenen Angaben hauptsächlich durch Spendengelder. Unterstützung erhält die Gruppierung zudem von dem Berliner Verein „Wandelbündnis“ sowie der US-amerikanischen Organisation „Climate Emergency Fund“.

Es gibt nur wenig feste Mitglieder. Menschen beteiligen sich an den Protesten in ganz Deutschland– teilweise spontan. Auf der Webseite der Gruppe kann man sich aber auch für verschiedene Aktionen anmelden.

Hass gegen Klimaaktivisten wächst

Fakt ist: Die Umweltaktivisten haben mit ihren Störaktionen durchaus Einfluss in der Umweltpolitik gewonnen und in Deutschland nicht nur eine Klima- sondern auch eine Demokratiedebatte losgetreten. Der Gruppe wird vorgeworfen, die Demokratie zu verachten – manche sprechen von Erpressung der Bundesregierung. Sie selbst sind davon überzeugt, dass es Aufsehen braucht, um etwas zu verändern.

Klimaaktivisten beweisen „hartes Fell“

Die Aktivisten der letzten Generation leben gefährlich. Bei ihren Aktionen werden sie von Autofahrern angeschrien, beschimpft, bespuckt und mit Gewalt von der Straße gezerrt. Viele wollen die Aktivisten mittlerweile nur noch hinter Gittern sehen. Wer sich an Straßenblockaden beteiligt, muss mit einem Gerichtsverfahren wegen Nötigung oder Widerstand gegen Vollzugsbeamte rechnen. In Aussicht stehen hohe Geld- und Freiheitsstrafen. Die Klimaaktivisten bekommen Morddrohungen und müssen mit viel Hass und Wut umgehen. In den Medien werden sie beleidigt, ausgelacht und verspottet. Selbst andere Klimaschutzorganisationen wie „Fridays for Future“ kritisieren die Methoden der letzten Generation. Und dennoch machen sie weiter. Ignorant, furchtlos und entschlossen, wollen sie die Welt retten. Irgendwie beeindruckend – finden Sie nicht auch?

Haben Sie noch Fragen zum Klimaschutz? Dann nehmen Sie Kontakt zu Streifler&Kollegen auf und lassen Sie sich fachkundig beraten.

 

Gesetze

Gesetze

1 Gesetze werden in diesem Text zitiert

Strafgesetzbuch - StGB | § 240 Nötigung


(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Rechtswidrig ist die

Referenzen

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch nötigt oder
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht.