Versicherungsrecht: Zum Befangenheit im Sachverständigenverfahren

bei uns veröffentlicht am13.01.2015

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Rechtsanwalt

für Familien- und Erbrecht

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Zusammenfassung des Autors
In dem AKB-Sachverständigenverfahren ist keine Seite berechtigt, das jeweils von der anderen Seite benannte Ausschussmitglied wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen und auszuschließen.
Das LG Frankfurt/Oder hat in seinem Urteil vom 17.12.2013 (Az.: 16 S 131/13) folgendes entschieden:


Gründe

Der Kläger verlangt von der beklagten Versicherung den Ausgleich eines infolge eines Unfalls am 10.6.2011 erlittenen Glasbruchschadens an seinem PKW Audi zuzüglich aufgewandter Gutachterkosten. Die Einstandspflicht aus der Teilkaskoversicherung ist dem Grunde nach unstreitig; der Selbstbehalt des Klägers beträgt 150,00 €. Die Parteien streiten im Kern über die zutreffende Schadenshöhe und in diesem Zusammenhang darüber, ob das vom Kläger initiierte Sachverständigenverfahren ordnungsgemäß durchgeführt wurde.

Der zwischen den Streitparteien geschlossene Versicherungsvertrag sieht in den einbezogenen Allgemeinen Bedingungen für die KFZ-Versicherung unter A.2.18 folgende Regelung zum Sachverständigenverfahren vor :

„A.2.18 Meinungsverschiedenheiten über die Schadenhöhe

A.2.18.1 Bei Meinungsverschiedenheiten über die Höhe des Schadens einschließlich der Feststellung des Wiederbeschaffungswerts oder über den Umfang der erforderlichen Reparaturarbeiten entscheidet ein Sachverständigenausschuss.

A.2.18.2 Für den Ausschuss benennen Sie und wir je einen Kraftfahrzeugsachverständigen. Wenn Sie oder wir innerhalb von zwei Wochen nach Aufforderung keinen Sachverständigen benennen, wird dieser von dem jeweils Anderen bestimmt.

A.2.18.3 Soweit sich der Ausschuss nicht einigt, entscheidet ein weiterer Kraftfahrzeugsachverständiger als Obmann, der vor Beginn des Verfahrens von dem Ausschuss gewählt werden soll. Einigt sich der Ausschuss nicht über die Person des Obmanns, wird er über das zuständige Amtsgericht benannt. Die Entscheidung des Obmanns muss zwischen den jeweils von den beiden Sachverständigen geschätzten Beträgen liegen.

A.2.18.4 Die Kosten des Sachverständigenverfahrens sind im Verhältnis des Obsiegens zum Unterliegen von uns bzw. von Ihnen zu tragen.“

Nach Anzeige des Schadens bezifferte der Beklagte den Schaden mit Schreiben vom 18.7.2011 zunächst auf 509,92 €. Der Kläger zweifelte an der Richtigkeit der Abrechnung und beauftragte am 27.7.2011 den Dipl.-Ing.... mit der Prüfung der Abrechnung sowie erforderlichenfalls mit der Einleitung eines Sachverständigenverfahrens. Dieser wurde vom Kläger zugleich als Ausschussmitglied benannt.

Mit Gutachten vom 5.8.2011 bezifferte Dipl.-Ing.... den Schaden auf 1.734,12 € netto. Für das Gutachten fielen 437,55 € an.

Mit Schreiben vom 5.8.2011 forderte Dipl.-Ing.... den Beklagten zur Benennung seines Ausschussmitglieds für das Sachverständigenverfahren auf. Daraufhin korrigierte der Beklagte die von ihm akzeptierte Schadenshöhe auf 1.019,84 € und benannte den Leiter ihrer Sachverständigenabteilung, Herrn... als Ausschussmitglied. Mit Schreiben vom 16.8.2011 bat Dipl.-Ing.... um Mitteilung, ob das Ausschussmitglied des Beklagten bei diesem angestellt sei und wies darauf hin, dass ein angestellter Hausgutachter als Ausschussmitglied nicht in Betracht komme. Mit Schreiben vom 19.8.2011 vertrat der Beklagte die Auffassung, dass ein ständiges Dienstverhältnis eines Sachverständigen zu einer benennenden Partei kein Hinderungsgrund für eine Beteiligung am Sachverständigenausschuss sei.

Dipl.-Ing.... akzeptierte die Benennung durch den Beklagten nicht und benannte nach Ablauf der in Ziffer A.2.18 AKB geregelten 2-Wochen-Frist Herrn Dipl.-Ing.... für den Beklagten als Ausschussmitglied.

Dipl.-Ing.... und Dipl.-Ing.... kamen in einer Ausschusssitzung am 14.9.2011 auf der Basis des bereits vom Dipl.-Ing.... erstellten Gutachtens zu dem Ergebnis, dass der streitgegenständliche Schaden 1.734,12 € betrage. Abzüglich der Selbstbeteiligung ergäbe sich eine Forderung des Klägers in Höhe von 1.584,12 €. Die Kosten des Sachverständigenverfahrens wurden mit 820,43 € angegeben, davon entfallen 437,55 € auf das bereits zuvor eingeholte Gutachten.

An den Kläger zahlte der Beklagte insgesamt 869,84 €. Mit Anwaltsschriftsatz vom 23.5.2012 wurde der Beklagte zur Zahlung in Höhe von 1.534,71 € bis spätestens 5.6.2012 aufgefordert. Die Aufforderung blieb fruchtlos, weshalb der Kläger den Betrag mit der Klage verlangt.

Der Kläger ist der Auffassung, dass der vom Beklagten benannte Sachverständige als von diesem weisungsabhängig angesehen werden müsse und daher für das Sachverständigenverfahren nicht in Betracht gekommen sei. Zu Recht habe daher dieser zurückgewiesen und ein anderer Sachverständiger benannt werden können.

Der Beklagte bestreitet die Höhe des im Sachverständigenverfahren ermittelten Schadens und behauptet ein Totalschaden. Zudem seien Zuschläge auf die unverbindlichen Preisempfehlungen des Herstellers nicht zu berücksichtigen.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass das Sachverständigenverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Der vom Kläger benannte Sachverständige sei nicht berechtigt, den vom Versicherer benannten Sachverständigen zurückzuweisen. Im vorliegenden Fall sei auch nicht erkennbar, dass die Zurückweisung mit Willen des Klägers erfolgt sei. Entgegen der Auffassung des Klägers sei der vom Beklagten benannte Sachverständige auch nicht ausgeschlossen gewesen. Die Regelung des § 404 ZPO finde auf das Sachverständigenverfahren nach § 84 VVG keine Anwendung. Bei den Sachverständigen des Sachverständigenverfahrens handele es sich um Parteisachverständige, von denen keine vollständige Neutralität erwartet werden könne. Zudem sehe die vertragliche Regelung für den Fall, dass sich beide Parteisachverständigen nicht einigen können, die Entscheidung des Obmanns vor, dessen Neutralität in besonderer Weise gewährleistet sei. Ein benannter Sachverständiger sei erst dann für das Sachverständigenverfahren ausgeschlossen, wenn er völlig von der benennenden Partei abhängig sei und weisungsgebunden sei. Der von dem Beklagten benannte Sachverständige unterliege dagegen nicht den Weisungen der Beklagten.

Im Übrigen müsse sich aufgrund der Vorbefassung des vom Kläger benannten Sachverständigen die Frage der Befangenheit auch für diesen stellen.

Die fehlende Durchführung des Sachverständigenverfahrens habe zur Folge, dass die Klageforderung noch nicht fällig sei.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass das Sachverständigenverfahren wirksam eingeleitet worden sei. Der vom Kläger benannte Sachverständige sei nicht befangen gewesen, da dieser trotz des mit dem Kläger abgeschlossenen Vertrages nicht von diesem wirtschaftlich abhängig sei. Demgegenüber habe der Beklagte innerhalb der Zweiwochenfrist einen geeigneten Sachverständigen nicht benannt. Der von Beklagten benannte Sachverständige... sei als Angestellter des Beklagten als Sachverständiger nicht geeignet, da er zu dem Beklagten in einem Abhängigkeits- und Unterordnungsverhältnis stehe. Es sei insoweit auch zu unterscheiden zwischen einem Arbeitsvertrag und einem selbstständigen Dienstvertrag, Letzterer bestehe zwischen dem Beklagten und dem von ihm benannten Sachverständigen gerade nicht. Nach der berechtigten Ablehnung des Herrn... sei der Kläger berechtigt gewesen, anstelle des Beklagten ein anderes Ausschussmitglied zu benennen. Maßgeblich für die Schadenshöhe sei daher das Ergebnis des durchgeführten Sachverständigenverfahrens. Der Beklagte habe deshalb auch, da er vollständig unterlegen sei, die Kosten des Sachverständigenverfahrens einschließlich der Kosten des vom Kläger eingeholten Gutachtens zu zahlen.

Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO.

Mit der Berufung wendet sich der Beklagte gegen die Verurteilung. Dabei rügt er insbesondere die Annahme des Amtsgerichts, dass das Sachverständigenverfahren wirksam durchgeführt worden sei. Hierzu vertieft der Beklagte seine Auffassung, wonach der von ihm benannte Sachverständige als solcher nicht befangen gewesen sei. Das Amtsgericht habe nicht ausgeführt, von welchem Befangenheitsbegriff es überhaupt ausgehe. Die Regelungen der ZPO bzw. die Rechtsprechung zu Schiedsgerichtsverfahren seien auf das Sachverständigenverfahren nicht anwendbar. Der Beklagte habe bereits erstinstanzlich vorgetragen, dass der benannte Herr... neben seiner Tätigkeit als Leiter der Sachverständigenabteilung des Beklagten als unabhängiger Sachverständiger tätig sein könne und insoweit keinen Weisungen seiner Vorgesetzten unterliege. Da diese Behauptung auch erstinstanzlich unter Beweis gestellt worden sei, hätte das Amtsgericht seiner Entscheidung nicht die Annahme zugrunde legen dürfen, dass der Sachverständige irgendwelchen Weisungen seiner Vorgesetzten unterliege. Im Übrigen wäre nur eine inhaltliche Weisungsgebundenheit schädlich.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger rügt die Zulässigkeit der Berufung, weil nach seiner Auffassung die Berufungsbegründung den Anforderungen des § 520 ZPO nicht gerecht werde. Die Berufung habe sich nämlich mit der inhaltlichen Richtigkeit der Höhe der beanspruchten Entschädigung nicht auseinandergesetzt. Im Übrigen verteidigt der Kläger das angefochtene Urteil.

Die Berufung ist zulässig. Insbesondere wird die Berufungsbegründung den Anforderungen des § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO gerecht. Die Rüge des Klägers, der Beklagte habe sich in der Berufungsbegründung nicht zur Schadenshöhe geäußert, führt nicht zu einem für die Zulässigkeit relevanten Mangel der Berufungsbegründung. Der Beklagte steht auf dem Standpunkt, dass das Sachverständigenverfahren noch nicht wirksam durchgeführt worden sei und die Klageforderung damit noch gar nicht fällig sei. Insoweit ist es durchaus folgerichtig, dass sich der Beklagte mit der Höhe des festgestellten Schadens in der Berufungsbegründung nicht näher auseinander gesetzt hat.

Die Berufung ist unbegründet.

Die eingeklagte Forderung ist nicht fällig. Das gemäß Ziffer A.2.18 AKB vereinbarte Sachverständigenverfahren ist nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden, so dass sich der Beklagte auf die fehlende Fälligkeit der Forderung berufen kann.

Bei dem Sachverständigenverfahren nach A.2.18 der Vertragsbedingungen handelt es sich um ein Sachverständigenverfahren im Sinne des § 84 VVG. Das Gutachten hat im gerichtlichen Verfahren die Wirkung eines Schiedsgutachtens, welches gemäß § 84 Abs. 1 S. 1 VVG bis zur Grenze der offenbar erheblichen Abweichung binden ist.

Da das Sachverständigenverfahren gemäß A.2.18.1 bei Meinungsverschiedenheiten über die Schadenshöhe zwingend durchzuführen ist, ist es Voraussetzung für die Fälligkeit des Anspruchs des Versicherungsnehmers. Klagt daher ein Versicherungsnehmer vor Durchführung des Sachverständigenverfahrens, führt die Berufung des Versicherers auf die vorrangige Durchführung des Sachverständigenverfahrens zur Abweisung der Klage als unbegründet.

Soweit hier durch Herrn Dipl.-Ing.... und Herrn Dipl.-Ing.... ein Sachverständigenverfahren durchgeführt worden ist, erfolgte dies nicht ordnungsgemäß, weil von dem Beklagten fristgerecht ein Sachverständiger benannt worden war, der am Verfahren hätte beteiligt werden müssen. Weder dem Kläger noch dem von ihm benannten Sachverständigen stand das Recht zu, den vom Beklagten benannten Sachverständigen einseitig aufgrund einer angenommenen Befangenheit aus dem Verfahren auszuschließen und unter Berufung auf die Regelung in A.2.18 AKB selbst einen weiteren Sachverständigen zu benennen.

Ein solches Zurückweisungsrecht sehen die vertraglichen Bestimmungen zum Sachverständigenverfahren nicht vor. Auch nach den Grundsätzen des fairen Verfahrens kann nicht einer Partei einseitig das Recht zugesprochen werden, den von der anderen Seite benannten Sachverständigen wirksam zurückzuweisen. Denn dadurch wird der einen Partei die Beteiligung am Sachverständigenverfahren vollständig entzogen. Dies gilt auch dann, wenn der von der anderen Seite benannte Sachverständige als befangen anzusehen ist. Denn auch über die Frage der Befangenheit eines Sachverständigen können unterschiedliche Auffassungen bestehen, wie der vorliegende Fall zeigt. Zutreffend ist insoweit die Argumentation des Beklagten, dass die Sachverständigen des Sachverständigenverfahrens als Parteisachverständige nicht den Grad an Neutralität aufweisen können, wie ein gerichtlich bestellter Sachverständiger nach den Bestimmungen der ZPO. Letztere können daher nicht entsprechend auf das Sachverständigenverfahren angewendet werden, zumal keine neutrale Instanz existiert, die über die Befangenheit einer Seite entscheiden könnte. Das vertraglich vereinbarte Sachverständigenverfahren sieht keine Lösung für den Fall vor, dass ein Sachverständiger von der anderen Partei als befangen angesehen wird. In der Literatur werden hierzu verschiedene Lösungsansätze vorgeschlagen, so die entsprechende Anwendung der §§ 1036 ff. ZPO , ein Kündigungsrecht oder die Nachbenennung eines weiteren Sachverständigen. Die Zulässigkeit eines einseitigen Zurückweisungsrechts ist dagegen, soweit ersichtlich, bislang weder in Literatur noch Rechtsprechung vertreten worden. Auch ein Verfahrensmangel kann zum Ausschluss der Bindungswirkung führen.

Im vorliegenden Fall ist der Verfahrensmangel entgegen der Ansicht des Amtsgerichts derart gravierend, dass eine Bindungswirkung im Sinne des § 84 Abs. 1 S. 1 VVG nicht angenommen werden kann. Dabei betrifft die offenbare Unrichtigkeit hier nicht den sachlichen Inhalt des Gutachtens, sondern die konkrete Gestaltung des Sachverständigenverfahrens.

Die Kammer ist der Auffassung, dass das Sachverständigenverfahren hier nicht schon von vorneherein gescheitert ist, weil der Beklagte mit dem Leiter seiner Sachverständigenabteilung einen vermeintlich befangenen Sachverständigen benannt hat. Vielmehr kann das Sachverständigenverfahren in Übereinstimmung mit den vertraglichen Regelungen noch mit den von den Vertragsparteien jeweils benannten Sachverständigen durchgeführt werden. Auf eine mögliche Befangenheit des vom Beklagten benannten Sachverständigen kommt es im Ergebnis nicht an.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verliert ein in einer Schiedsgutachtenvereinbarung vorgesehener Gutachter, der anstatt eines Gutachtens, das die Voraussetzungen eines Schiedsgutachtens erfüllt, ein Gutachten im einseitigen Interesse der einen Vertragspartei erstattet, die Eignung zur Bestimmung der Leistung. Enthält der Vertrag in einem solchen Fall keine Regelung über einen Ersatzgutachter, so ist die geschuldete Leistung in entsprechender Anwendung des § 319 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB durch gerichtliches Urteil zu bestimmen. Die Schiedsgutachtenabrede bildet die Grundlage für die Vereinbarung mit dem Schiedsgutachter, den Schiedsgutachtervertrag. Da das staatliche Gericht grundsätzlich an das Ergebnis eines Schiedsgutachtens gebunden ist , hat der Schiedsgutachter seine Aufgabe unabhängig und unparteiisch zu versehen. Grundsätzlich kann auch einer der Vertragspartner allein den Schiedsgutachtervertrag mit dem Sachverständigen schließen. Dabei muss jedoch eindeutig offengelegt werden, dass es sich um ein für beide

Seiten zu erstattendes Schiedsgutachten handelt. Auch bei der Auftragsvergabe durch einen Vertragspartner ist der Schiedsgutachter beiden Parteien zur ordnungsgemäßen Erstellung seines Gutachtens verpflichtet.

Dieser Rechtsprechung liegen allerdings regelmäßig Konstellationen zugrunde, in denen nur ein Schiedsgutachter bestellt ist, der das Gutachten zu erstatten hat. Insoweit weicht das Sachverständigenverfahren der AKB nicht unwesentlich von solchen Fallgestaltungen ab, die der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bisher zugrunde gelegen haben. Ob die für den allein handelnden Schiedsgutachter geltenden Regelungen auch für die Parteisachverständigen des Sachverständigenverfahrens gelten und wie mit dem Befangenheitseinwand umzugehen ist, der bereits zu Beginn des Sachverständigenverfahren erhoben wird, ist eine bislang in der Rechtsprechung ungeklärte Frage.

Für das Sachverständigenverfahren nach den AKB wird vertreten, dass eine mögliche oder tatsächliche Befangenheit eines von einer Partei benannten Sachverständigen verfahrensrechtlich gänzlich irrelevant sei. Denn jedenfalls für den Fall, dass sich die Sachverständigen über die Höhe des Schadens nicht einig sind, sieht Ziffer A.2.18.3 der AKB die Entscheidung eines Obmanns vor, der im Zweifel vom Amtsgericht benannt werden kann. Dies zielt darauf ab, über die mögliche Befangenheit eines Parteisachverständigen mit Blick auf die Entscheidungsmöglichkeit des Obmanns hinweg zu sehen. So vertritt Meinecke die Auffassung, dass eine Befangenheit eines Sachverständigen keine praktische Bedeutung habe. Die rechtlichen Bestimmungen, die sich auf die Ablehnung eines Richters oder Schiedsrichters wegen Befangenheit erstrecken, fänden ebenso wenig auf die Sachverständigen Anwendung wie die übrigen Bestimmungen der ZPO über das Schiedsgerichtsverfahren. Da die Schiedsgutachter die Aufgabe hätten, die Interessen der sie benennenden Partei weitgehend im Verfahren zu vertreten, und der Zwang, die beiderseitigen Ansichten aufeinander abzustimmen bzw. sie der endgültigen Entscheidung des Obmanns zu unterbreiten, willkürliche und sachfremde Ergebnisse weitgehend ausscheiden, sei es grundsätzlich kein Mangel in der Person des Sachverständigen, wenn er zu der ihn benennenden Partei bereits in geschäftlichen Beziehungen gestanden habe und insbesondere bei der Regulierung des gleichen Schadenfalls bereits tätig gewesen sei. Auch wenn der Sachverständige in einem ständigen Dienstverhältnis zu der ihn benennenden Partei stehe, sei dies kein Hinderungsgrund für seine Beteiligung an dem Sachverständigenausschuss. Auch ein solcher Sachverständiger sei durchaus in der Lage, ein objektiv richtiges Gutachten zu erstatten. Als Voraussetzung müsse lediglich angesehen werden, dass er im Rahmen des Verfahrens nicht bestimmten Weisungen seines Auftraggebers unterliege, mithin unabhängig sei und über den Parteien stehe. Die bloße Tatsache eines Dienstverhältnisses zu dem Auftraggeber bedinge aber keineswegs eine Weisungsgebundenheit im Einzelnen Fall.

Eine Nachbenennung, wie sie in der Literatur für den Fall der Befangenheit vertreten wird , scheitert hier daran, dass der Beklagte gerade an dem von ihm benannten Sachverständigen in Ansehung der gegen seine Bestellung vorgebrachten Argumente festgehalten hat und der Beklagte nicht gezwungen werden kann, einen anderen Sachverständigen zu benennen.

Da einer Seite aus den unter 2. b) genannten Gründen nicht das Recht zugesprochen werden kann, den Sachverständigen der anderen Seite einseitig abzulehnen, kann der Fall der erforderlichen aber fehlenden Nachbenennung auch nicht als Fall der fehlenden Benennung nach A.2.18.2 angesehen werden.

Die entsprechende Anwendung der §§ 1036 f. ZPO für den Fall der Ablehnung eines Schiedsgutachters scheint für das vorliegende Sachverständigenverfahren wenig praktikabel, da der Sachverständigenausschuss aus zwei Sachverständigen besteht, deren Voten im Fall der Ablehnung im Wesentlichen von vorneherein feststehen, abhängig davon, welche Partei darauf anträgt.

Die Kammer schließt sich aus Gründen der Praktikabilität und der Rechtssicherheit der oben unter bb) dargestellten Rechtsauffassung an. Letztlich wird die inhaltliche Richtigkeit des Ergebnisses des Sachverständigenverfahrens durch die Möglichkeit sicher gestellt, dass ein - im Zweifel vom Amtsgericht benannter - Obmann über etwaig divergierende Feststellungen der beiden Parteisachverständigen entscheidet. Dabei sind beide Parteisachverständige im Interesse der von ihr jeweils „vertretenen“ Partei gehalten, ihre jeweiligen Auffassungen gegenüber dem Obmann möglichst gut, d. h. nach rein sachlichen Kriterien, zu begründen. Dieser Verfahrensmechanismus schließt es weitgehend aus, dass sich die mögliche Befangenheit eines Parteisachverständigen in dem vom Obmann festgestellten Ergebnis nachteilig für die andere Seite auswirkt. Auch wird der Obmann beurteilen können, ob eine von einer Seite gerügte Begangenheit sich in den Feststellungen des Parteigutachters niedergeschlagen hat. An den Obmann als zwingend neutrale Instanz sind dann ohne Weiteres die Kriterien anzulegen, die auch sonst im Hinblick auf die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit von Schiedsgutachters gelten. Die Rechtsauffassung des Klägers verkennt weitgehend die wesentliche Funktion des Obmanns.

Wie bereits oben dargelegt, ist ein geeigneter und vor allen Dingen praktikabler Verfahrensmechanismus für den Fall der Ablehnung eines Sachverständigen noch vor Durchführung des Sachverständigenverfahrens weder vertraglich vorgesehen noch sonst ersichtlich. Selbst wenn es eine solche Möglichkeit gäbe, wäre damit das Sachverständigenverfahren zwangsläufig mit der Unsicherheit über die Frage belastet, unter welchen konkreten Umständen ein Parteisachverständiger als befangen angesehen werden kann. Denn der Parteisachverständige kann regelmäßig schon aufgrund der Benennung durch nur eine Partei nicht nach dem Maß gemessen werden, der sonst für gerichtliche Sachverständige und Schiedsgutachter angelegt werden muss. Der Versicherungsnehmer benennt regelmäßig den Sachverständigen als Ausschussmitglied, der zuvor ein entsprechendes Schadensgutachten angefertigt hat, auf das sich der Versicherungsnehmer gegenüber der Versicherung stützt. Auch die Versicherung wird regelmäßig einen Sachverständigen benennen, den sie aus einer früheren Zusammenarbeit kennt. Der Grad an wirtschaftlicher Abhängigkeit eines Sachverständigen von der ihn benennenden Partei und das Maß seiner Unabhängigkeit sind kaum objektiv bestimmbar und daher in hohem Maße von subjektiv geprägten Wertungen abhängig. Das Sachverständigenverfahren mit den sich daraus ergebenden Unsicherheit zu belasten, widerspricht seinem Zweck, eine Klärung über die Schadenshöhe möglichst einfach und schnell herbeizuführen.

Die Kammer ist sich bewusst darüber, dass sich dadurch das Sachverständigenverfahren in den Fällen verteuert, in denen aufgrund der unterschiedlichen Auffassungen der Parteisachverständigen die Einholung der Meinung des Obmanns erforderlich wird. Auch stehen sich Versicherungsnehmer und Versicherung im Sachverständigenverfahren nicht gleichberechtigt gegenüber, wenn die Versicherung noch im gerichtlichen Verfahren auf die Vorrangigkeit des Sachverständigenverfahrens verweisen kann und darüber hinaus im Sachverständigenverfahren ein Ausschussmitglied benennen kann, welches ihr wirtschaftlich näher steht, als umgekehrt das andere Ausschussmitglied dem Versicherungsnehmer. Diese Nachteile sind jedoch nach Auffassung der Kammer in Kauf zu nehmen, wenn nicht andernfalls der Zweck des Sachverständigenverfahrens insgesamt gefährdet werden soll.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.

Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zuzulassen, § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Soweit ersichtlich liegt weder obergerichtliche noch höchstrichterliche Rechtsprechung zu der hier relevanten Frage vor, wie mit einem Befangenheitseinwand zu Beginn des AKB-Sachverständigenverfahrens umzugehen ist. Diese Frage hat jedoch für eine Vielzahl von Fällen praktische Bedeutung und berührt damit das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts.

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(1) Die Auswahl der zuzuziehenden Sachverständigen und die Bestimmung ihrer Anzahl erfolgt durch das Prozessgericht. Es kann sich auf die Ernennung eines einzigen Sachverständigen beschränken. An Stelle der zuerst ernannten Sachverständigen kann es andere ernennen.

(2) Vor der Ernennung können die Parteien zur Person des Sachverständigen gehört werden.

(3) Sind für gewisse Arten von Gutachten Sachverständige öffentlich bestellt, so sollen andere Personen nur dann gewählt werden, wenn besondere Umstände es erfordern.

(4) Das Gericht kann die Parteien auffordern, Personen zu bezeichnen, die geeignet sind, als Sachverständige vernommen zu werden.

(5) Einigen sich die Parteien über bestimmte Personen als Sachverständige, so hat das Gericht dieser Einigung Folge zu geben; das Gericht kann jedoch die Wahl der Parteien auf eine bestimmte Anzahl beschränken.

(1) Sollen nach dem Vertrag einzelne Voraussetzungen des Anspruchs aus der Versicherung oder die Höhe des Schadens durch Sachverständige festgestellt werden, ist die getroffene Feststellung nicht verbindlich, wenn sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweicht. Die Feststellung erfolgt in diesem Fall durch gerichtliche Entscheidung. Dies gilt auch, wenn die Sachverständigen die Feststellung nicht treffen können oder wollen oder sie verzögern.

(2) Sind nach dem Vertrag die Sachverständigen durch das Gericht zu ernennen, ist für die Ernennung das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Schaden entstanden ist. Durch eine ausdrückliche Vereinbarung der Beteiligten kann die Zuständigkeit eines anderen Amtsgerichts begründet werden. Die Verfügung, durch die dem Antrag auf Ernennung der Sachverständigen stattgegeben wird, ist nicht anfechtbar.

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Sollen nach dem Vertrag einzelne Voraussetzungen des Anspruchs aus der Versicherung oder die Höhe des Schadens durch Sachverständige festgestellt werden, ist die getroffene Feststellung nicht verbindlich, wenn sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweicht. Die Feststellung erfolgt in diesem Fall durch gerichtliche Entscheidung. Dies gilt auch, wenn die Sachverständigen die Feststellung nicht treffen können oder wollen oder sie verzögern.

(2) Sind nach dem Vertrag die Sachverständigen durch das Gericht zu ernennen, ist für die Ernennung das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Schaden entstanden ist. Durch eine ausdrückliche Vereinbarung der Beteiligten kann die Zuständigkeit eines anderen Amtsgerichts begründet werden. Die Verfügung, durch die dem Antrag auf Ernennung der Sachverständigen stattgegeben wird, ist nicht anfechtbar.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.