Schönheitsreparatur: Eigenleistung des Mieters darf nicht ausgeschlossen werden

published on 25/05/2012 10:38
Schönheitsreparatur: Eigenleistung des Mieters darf nicht ausgeschlossen werden
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Formulierung „durchführen zu lassen" benachteiligt den Mieter in unangemessener Weise-LG Hamburg vom 08.09.11-Az: 307 S 40/11
Die Klausel in einem Mietvertrag über die Durchführung von Schönheitsreparaturen benachteiligt den Mieter in unangemessener Weise, wenn sie die Formulierung „durchführen zu lassen“ zum Inhalt hat.

Diese Klarstellung traf das Landgericht (LG) Hamburg in einem entsprechenden Fall. Die Richter machten deutlich, dass dem Mieter durch die Klausel eine Schönheitsreparatur in Eigenleistung verboten werde. Das nehme ihm aber die Möglichkeit einer kostensparenden Selbstvornahme. Solange aber eine Eigenleistung ordnungsgemäß und dem Stand der Technik entsprechend vorgenommen werde, könne der Vermieter sie nicht verbieten (LG Hamburg, 307 S 40/11).


Die Entscheidung im Einzelnen lautet:


LG Hamburg: Urteil vom 08.09.2011 (Az: 307 S 40/11)

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese vom 23.02.2011, Az. 531 C 368/10, wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


Tatbestand:

Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.


Gründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist in der Sache nicht begründet.

Zu Recht und im Ergebnis mit zutreffender Begründung hat das Amtsgericht den Anspruch der Klägerin auf Vornahme von Schönheitsreparaturen durch die Beklagte verneint. Die Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen ist nicht wirksam auf die Beklagte übertragen worden. Dementsprechend scheitert der geltend gemachte Anspruch an § 538 BGB. Die Frage, ob das Mietverhältnis - wie die Klägerin nunmehr durch Vorlage eines Räumungsurteils des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese vom 27.07.2011 (Geschäfts-Nr. 508 C 360/09) vorträgt - beendet ist oder ob die Klägerin im laufenden Mietverhältnis lediglich einen Anspruch auf Vorschuss der zu erwartenden Kosten der Schönheitsreparaturen geltend machen kann, kann danach im Ergebnis dahinstehen. Der Hilfsantrag der Klägerin hat insoweit die gleiche, hier nicht vorliegende Voraussetzung der wirksamen Übertragung der Schönheitsreparaturen auf die Beklagte.

Die maßgebliche Klausel im als „Gewerberaum-Mietvertrag“ bezeichneten Mietvertrag zwischen den Parteien vom 23. bzw. 28.03.2002 (Anlage K1) ist in § 10 Ziffer 2 enthalten. Entgegen der Bezeichnung des Vertrages handelt es sich um einen Wohnraummietvertrag, wie die Kammer mit Beschluss vom 05.06.2007 (Az. 307 O 173/05) festgestellt hat und zwischen den Parteien unstreitig ist.

Die Klausel in § 10 Ziffer 2 des Mietvertrages ist wegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, da die Klausel zu einer unangemessenen Benachteiligung der beklagten Mieterin führt. Es handelt sich bei der Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 S. 1 BGB. Dies wird indiziert durch die gedruckte Form sowie durch die Verwendung offensichtlich unzutreffender Bezeichnungen in der Klausel wie „Mieter“ statt „Mieterin“, „Schaufenster, Vitrinen usw.“, obwohl dergleichen nicht zur Mietsache gehören, und „Wohn-, Büro- und Ladenräume“, obgleich es sich nur um Wohnräume handelt. Die aus diesen Umständen folgende Vermutung hätte die Klägerin zu widerlegen, soweit sie sich gemäß § 305 Abs. 1 S. 3 BGB darauf berufen will, dass die Klausel individuell zwischen den Mietvertragsparteien bei Vertragsschluss ausgehandelt worden sei. Maßgeblich ist allein, ob die Klausel, die unstreitig aus dem Fundus der Rechtsvorgängerin der Klägerin in der Vermieterstellung (SpriAG) stammt, inhaltlich ernsthaft zur Disposition stand. Dies hat die Klägerin nicht beweisen können. Die Kammer ist vielmehr im Gegenteil von der Stellung der Klausel durch die S. überzeugt.

Zum einen hat der in der ersten Instanz gehörte Zeuge P. ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 26.01.2011 (Bl. 70 d. A.) ein Aushandeln der Klausel zu den Schönheitsreparaturen nicht bestätigen können. Ein Gespräch über Schönheitsreparaturen - und damit den Inhalt der Klausel in § 10 Ziffer 2 des Mietvertrages - konnte der Zeuge nicht erinnern. Die von Seiten der Klägerin gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen und die Glaubhaftigkeit seiner Aussage vorgetragenen, vermeintlichen Anhaltspunkte überzeugen die Kammer nicht, denn die allenfalls geringfügigen Abweichungen in der Aussage des Zeugen gegenüber dem Vortrag der Beklagten selbst betreffen nicht die Frage, ob die Schönheitsreparatur-Klausel ausgehandelt wurde.

Es kommt zum anderen auch nicht darauf an, wie die Berufung zu Unrecht meint, auf wessen Initiative der neue Mietvertrag überhaupt zustande kam. Denn die Beklagte wird nicht allein deshalb Verwenderin der Klausel im Sinne von § 305 Abs. 1 S. 1 BGB, weil sie den Anstoß zum Abschluss eines neuen Mietvertrages gegeben hat. Es ist rechtlich nicht zu begründen, dass derjenige, der ein Angebot auf Abschluss eines Vertrages abgibt, dadurch zum Verwender der von der anderen Seiten eingeführten Vertragsbedingungen werden soll. Der Zeuge hat klar und deutlich bekundet, dass der Mietvertrag der Formular-Mietvertrag der S. ist.

Schließlich beruft sich die Klägerin ohne Erfolg auf den von der Beklagtenseite eingeführten Vortrag, dass die individuell ausgehandelten Klauseln im Vertrag optisch durch Fettdruck hervorgehoben seien. Denn dies ist die Klausel in § 10 Ziffer 2 des Mietvertrages gerade nicht.

Die Klausel in § 10 Ziffer 2 des Mietvertrages benachteiligt die Beklagte unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Denn durch die Formulierung „durchführen zu lassen“ ist eine kostensparende Eigenleistung des Mieters ausgeschlossen. Eine derartige Formulierung hat der Bundesgerichtshof für unwirksam erachtet, worauf bereits das Amtsgericht zutreffend seine Entscheidung gestützt hat. Dem schließt sich die Kammer an.

Die Versuche der Klägerin, an der insoweit unmissverständlichen Formulierung „durchführen zu lassen“ vorbeigehend eine doch verbleibende Möglichkeit der Eigenvornahme der Beklagten hineinzulesen, finden keine Stütze in der Klausel. Selbst wenn, wovon die Kammer nicht ausgeht, in der Klausel eine sprachliche Ungenauigkeit zu finden wäre, wie die Klägerin meint, würde diese im Ergebnis gemäß § 305c Abs. 2 BGB nur zulasten der Klägerin gehen, die sich eine solche Unklarheit als Nachfolgerin der S. in der Rolle des Vermieters zurechnen lassen müsste.


Der Antrag der Klägerin gemäß § 428 ZPO in Verbindung mit § 142 ZPO auf Anordnung der Vorlage der Mieterakten durch die S. ist unbegründet. Denn § 142 ZPO dient nicht dazu, einer Partei die Darlegungslast dadurch zu erleichtern, dass das Gericht eine Ausforschung betreibt. Darauf liefe der Antrag der Klägerin hier jedoch hinaus. Nach dem Vortrag der Klägerin vermutet sie in den nicht näher konkretisierten Unterlagen der S. Informationen über die Vertragsverhandlungen mit der Beklagten. Dieser bloßen Vermutung muss das Gericht nicht nachgehen. Die Klägerin ist insoweit auf einen ihr möglicherweise - wie sie selbst meint - zustehenden eigenen Anspruch gegen den S auf Einsicht in die Mieterakten zu verweisen.


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(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmung

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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt werden, hat der Mieter nicht zu vertreten.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

Befindet sich die Urkunde nach der Behauptung des Beweisführers im Besitz eines Dritten, so wird der Beweis durch den Antrag angetreten, zur Herbeischaffung der Urkunde eine Frist zu bestimmen oder eine Anordnung nach § 142 zu erlassen.

(1) Das Gericht kann anordnen, dass eine Partei oder ein Dritter die in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, auf die sich eine Partei bezogen hat, vorlegt. Das Gericht kann hierfür eine Frist setzen sowie anordnen, dass die vorgelegten Unterlagen während einer von ihm zu bestimmenden Zeit auf der Geschäftsstelle verbleiben.

(2) Dritte sind zur Vorlegung nicht verpflichtet, soweit ihnen diese nicht zumutbar ist oder sie zur Zeugnisverweigerung gemäß den §§ 383 bis 385 berechtigt sind. Die §§ 386 bis 390 gelten entsprechend.

(3) Das Gericht kann anordnen, dass von in fremder Sprache abgefassten Urkunden eine Übersetzung beigebracht wird, die ein Übersetzer angefertigt hat, der für Sprachübertragungen der betreffenden Art in einem Land nach den landesrechtlichen Vorschriften ermächtigt oder öffentlich bestellt wurde oder einem solchen Übersetzer jeweils gleichgestellt ist. Eine solche Übersetzung gilt als richtig und vollständig, wenn dies von dem Übersetzer bescheinigt wird. Die Bescheinigung soll auf die Übersetzung gesetzt werden, Ort und Tag der Übersetzung sowie die Stellung des Übersetzers angeben und von ihm unterschrieben werden. Der Beweis der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Übersetzung ist zulässig. Die Anordnung nach Satz 1 kann nicht gegenüber dem Dritten ergehen.