Familienrecht: Verschweigen der tatsächlichen Abstammung des Kindes gegenüber Ehemann
Verschweigt eine Ehefrau ihrem Ehemann, dass ein während der Ehe geborenes Kind möglicherweise von einem anderen Mann abstammt, verwirklicht dies grundsätzlich den Härtegrund eines Fehlverhaltens im Sinne von § 1579 Nr. 7 BGB. Die Anfechtung der Vaterschaft ist hierfür nicht Voraussetzung.
Ein Härtegrund kann nicht nur angenommen werden, wenn die anderweitige leibliche Vaterschaft unstreitig ist, sondern auch dann, wenn der Ausschluss der leiblichen Vaterschaft des Ehemannes in zulässiger Weise festgestellt worden ist.
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 2. Senats für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 29. Juli 2009 wird verworfen.
Die Revision der Beklagten gegen das vorgenannte Urteil wird zurückgewiesen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Abänderung einer notariellen Urkunde über nachehelichen Unterhalt.
Die Parteien heirateten im Januar 1967. Aus der Ehe ist eine 1967 geborene Tochter hervorgegangen. Ein 1984 geborener Sohn der Beklagten gilt ebenfalls als Kind des Klägers. Für den geistig behinderten Sohn ist eine rechtliche Betreuung eingerichtet. Die Ehe der Parteien wurde im Februar 1997 rechtskräftig geschieden.
Im Juni 1996 hatten die Parteien eine notarielle Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung abgeschlossen, in der sich der Kläger unter anderem zur Zahlung nachehelichen Unterhalts in Höhe von 3/7 seines Arbeitseinkommens und 1/2 seiner Betriebsrente, höchstens aber monatlich 5.000 DM verpflichtet hatte. Zuletzt wurde der Unterhalt im Jahr 2005 einvernehmlich auf monatlich 1.500 € herabgesetzt.
Die 1944 geborene Beklagte ist gelernte Friseurin und war während der Ehe und auch nach der Scheidung nicht erwerbstätig. Sie bezieht seit Mai 2009 eine Altersrente und bewohnt das ihr im Zuge der Vermögensauseinandersetzung der Parteien übertragene Einfamilienhausgrundstück. Der 1942 geborene Kläger ist Diplom-Ingenieur und bezieht ebenfalls Altersrente. Darüber hinaus ist er selbstständig freiberuflich tätig. Er ist wieder verheiratet.
Der Kläger macht den Wegfall des Unterhalts ab November 2006 geltend. Er beruft sich darauf, dass die Beklagte ihm den Sohn wissentlich "untergeschoben" und dadurch ihren Unterhaltsanspruch verwirkt habe. Die Beklagte habe durch ihr Verhalten sowohl in seine persönliche als auch seine finanzielle Lebensplanung eingegriffen und ihn insoweit nachhaltig geschädigt.
Das Amtsgericht hat über die Abstammung des Sohnes Beweis erhoben. Das Sachverständigen-Gutachten hat ergeben, dass die Vaterschaft des Klägers ausgeschlossen ist. Das Amtsgericht hat der Klage sodann stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht den Unterhalt lediglich herabgesetzt und in Höhe von monatlich 400 € ab November 2006 bestehen lassen. Dagegen wenden sich beide Parteien mit ihrer jeweiligen Revision, mit welcher der Kläger eine vollständige Versagung des Unterhalts und die Beklagte die Abweisung der Klage weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe:
Beiden Revisionen bleibt ein Erfolg versagt.
Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist.
Nach der Auffassung des Berufungsgerichts greift der Verwirkungseinwand nach § 1579 Nr. 7 BGB durch. In dem Verhalten der Beklagten, dem Kläger gegenüber mehr als 20 Jahre zu verschweigen, dass als Vater des Sohnes H. auch ein anderer Mann in Frage komme, liege jedenfalls deshalb ein subjektiv vorwerfbares schuldhaftes Verhalten, weil der Sohn tatsächlich nicht vom Kläger abstamme. Das stehe nach dem erstinstanzlich eingeholten Abstammungsgutachten fest. Die Bedenken der Beklagten gegen eine Inzidentfeststellung der Vaterschaft seien nicht begründet. Der Grundsatz der Statuswahrheit verlange zwar, alles zu vermeiden, was die Übereinstimmung von statusmäßiger und tatsächlicher biologischer Abstammung beeinträchtigen könne. Dieser Grundsatz sei jedoch durch das Gesetz zur Klärung der Vaterschaft unabhängig vom Anfechtungsverfahren maßgeblich geändert worden.
Die Beklagte habe es zumindest für möglich gehalten, dass der Kläger nicht der leibliche Vater ihres Sohnes sei. Das Vorbringen der Beklagten, (nur) Anfang März 1984 anlässlich einer Feier im alkoholisierten Zustand sexuellen Kontakt mit einem anderen Mann gehabt zu haben, ohne dass es zum Geschlechtsverkehr gekommen sei, sei nicht schlüssig, denn es stehe fest, dass der Kläger nicht der Vater sei. Sie habe es deshalb für möglich gehalten, dass der Kläger nicht der leibliche Vater sei, möge sie diesen Umstand auch verdrängt haben. Sie habe dem Kläger damit zumindest bedingt vorsätzlich ein nicht von ihm stammendes Kind "untergeschoben".
Insbesondere durch die beim Abschluss der Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung unterlassene Aufklärung des Klägers über "den Fehltritt" und die sich daraus ergebenden Zweifel an der biologischen Vaterschaft habe sie ihre eheliche Solidarität in einem Ausmaß verletzt, das die Annahme einer offensichtlichen Schwere ihres Fehlverhaltens rechtfertige. Ein ausdrückliches Leugnen der außerehelichen Zeugung des Kindes sei hierfür nicht erforderlich.
Aufgrund des schwerwiegenden Fehlverhaltens der Beklagten sei der Fortbestand der Unterhaltsverpflichtung in der vereinbarten Höhe grob unbillig. Die Beklagte habe den Kläger über einen Zeitraum von 1984 bis 2005 nicht über mögliche Zweifel an der Vaterschaft aufgeklärt und seit der Trennung nicht unerhebliche Unterhaltszahlungen entgegengenommen. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass der Kläger seine Lebensplanung ab 1993 wegen der besonderen Betreuungsbedürfnisse des Sohnes geändert habe und diese hierfür zumindest mitursächlich gewesen seien. Auch die lange Ehedauer und der Umstand, dass die Beklagte im Vertrauen auf die Unterhaltsvereinbarung nicht erwerbstätig gewesen sei, gäben keinen Anlass, die Unterhaltszahlungen in voller Höhe weiterhin für zumutbar zu halten.
Unter Berücksichtigung der Schwere des Fehlverhaltens einerseits und der langen Ehedauer, der ehebedingten wirtschaftlichen Nachteile der Beklagten, der aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse und der beabsichtigten Absicherung der Beklagten andererseits scheide eine vollständige Versagung des Unterhalts aber aus, zumal die Parteien in der Vereinbarung selbst ein langjähriges Zusammenleben der Beklagten mit einem neuen Partner nur in der Weise berücksichtigt hätten, dass auch in diesem Fall immer noch 50 % des Unterhalts geschuldet würden.
Bei der Herabsetzung seien die derzeitigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu berücksichtigen. Eine Verwertung des Hausgrundstücks sei von der Beklagten nicht zu verlangen. Dass die Parteien die Abänderung der Unterhaltsvereinbarung auf veränderte tatsächliche und wirtschaftliche Verhältnisse beschränkt hätten, habe jedenfalls nicht zur Folge, dass ein Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht geltend gemacht werden könne.
Eine weitergehende Herabsetzung oder Befristung nach § 1578 b BGB sei nicht vorzunehmen. Zwar sei im Fall des Altersunterhalts der Versorgungsausgleich zu berücksichtigen, wobei der schuldrechtliche Versorgungsausgleich noch ausstehe. Die von der Beklagten bezogene Rente erreiche aber der Höhe nach nicht die Rente, die sie im Fall ununterbrochener Berufstätigkeit beziehen würde. Des Weiteren sei nicht ersichtlich, wie die Beklagte sich zukünftig auf den Wegfall des Unterhalts einstellen solle.
Die Revision des Klägers ist unzulässig. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann sich die Eingrenzung der Rechtsmittelzulassung nicht nur aus dem Entscheidungstenor, sondern auch aus den Entscheidungsgründen ergeben.
Das Berufungsgericht hat die Revision zur Klärung der Frage zugelassen, ob die Rechtsausübungssperre weitergehende Ausnahmen zulässt, als sie bislang von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt worden sind. Hierbei handelt es sich zwar um eine Rechtsfrage, auf die für sich genommen die Revisionszulassung nicht beschränkt werden kann. Etwas anderes gilt aber, wenn sich die Rechtsfrage auf einen abgrenzbaren Teil des Streitgegenstands bezieht, auf den auch die Revision beschränkt werden könnte. So verhält es sich im vorliegenden Fall. Die vom Berufungsgericht zugelassene Ausnahme von der Rechtsausübungssperre des § 1599 Abs. 1 BGB beschwert nur die Beklagte und betrifft einen abgrenzbaren Teil des Streitgegenstands. Von der Klärung der Rechtsfrage ist nur die Herabsetzung des Unterhalts von monatlich 1.500 € auf 400 € abhängig. Die vom Kläger darüber hinausgehend erstrebte vollständige Versagung des Unterhalts ist dagegen vom Berufungsgericht ohne Rücksicht auf die fragliche Ausnahme von der Rechtsausübungssperre abgelehnt worden.
Das Berufungsgericht hat zutreffend die Abänderungsklage nach § 323 ZPO aF und nicht die Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO als die richtige Klageart angesehen. Das ergibt sich schon daraus, dass im vorliegenden Verfahren nicht lediglich die Versagung und Herabsetzung nach § 1579 BGB zu überprüfen ist, sondern auch eine Herabsetzung und Befristung des Unterhalts nach § 1578 b BGB, und überdies die Entscheidung im vorliegenden Verfahren die notarielle Urkunde als Unterhaltstitel ersetzt.
Das Berufungsgericht ist aufgrund der Tatsache, dass die Beklagte dem Kläger über lange Zeit bestehende Zweifel an dessen leiblicher Vaterschaft hinsichtlich des Sohnes vorenthalten hat, vom Tatbestand des § 1579 Nr. 7 BGB (bzw. § 1579 Nr. 6 BGB aF) ausgegangen. Das hält den Revisionsangriffen der Beklagten stand.
Eine Beschränkung oder Versagung des Unterhaltsanspruchs nach § 1579 Nr. 7 BGB ist begründet, wenn dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt.
Ein Ehebruch führt allerdings als solcher noch nicht ohne weiteres zum Ausschluss oder zur Herabsetzung des Unterhalts nach § 1579 BGB. Zwar handelt es sich bei einem Verstoß gegen die Pflicht zur ehelichen Treue grundsätzlich um ein Fehlverhalten im Sinne von § 1579 Nr. 7 BGB. Das Gesetz fordert indessen darüber hinaus, dass das Fehlverhalten eindeutig beim Berechtigten liegt. Selbst bei einem feststehenden einseitigen Fehlverhalten führt der Ehebruch allein aber noch nicht zur Versagung oder Herabsetzung des Unterhalts, sondern diese erfordern nach der Rechtsprechung des Senats eine so schwerwiegende Abkehr von ehelichen Bindungen, dass nach dem Grundsatz der Gegenseitigkeit, der dem ehelichen Unterhaltsrecht zugrunde liegt, die Inanspruchnahme des anderen Ehegatten grob unbillig erschiene. Dementsprechend hat der Senat einen Härtegrund (erst) bei Aufnahme eines nachhaltigen, auf längere Dauer angelegten intimen Verhältnisses angenommen, wenn darin die Ursache für das Scheitern der Ehe lag. Derartige Umstände sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Ein Härtegrund kann sich indessen auch aus anderen Umständen ergeben, welche einen über den Ehebruch hinausgehenden Vorwurf begründen.
Ein über den Ehebruch als solchen hinausgehender Vorwurf trifft eine unterhaltsberechtigte Ehefrau auch dann, wenn ein während der Ehe geborenes Kind möglicherweise bei dem Ehebruch gezeugt wurde und sie ihren Ehemann in dem Glauben gelassen hat, dass allein er als Vater des Kindes in Frage kommt. Dadurch hat sie in einer elementaren persönlichen Frage in die Lebensgestaltung des Ehemannes eingegriffen und diese insbesondere bei anschließender Fortsetzung der Ehe seiner autonomen Entscheidung entzogen. Ein solches Verhalten stellt einen gravierenden Eingriff in die persönliche Lebensgestaltung des Ehemannes dar, dessen Verhältnis und Einstellung zu dem Kind und regelmäßig auch zu der Ehe wesentlich von dem Bestehen seiner - leiblichen - Vaterschaft abhängen. Das Verschweigen der möglichen Vaterschaft eines anderen Mannes stellt demnach ein offensichtlich schwerwiegendes Fehlverhalten dar. Da zudem mindestens ein bedingter Vorsatz bestehen muss, liegt das Fehlverhalten regelmäßig allein bei der Ehefrau, weil sie im Gegensatz zum Ehemann über die notwendige Kenntnis verfügt.
Das Berufungsgericht ist von einem bedingten Vorsatz der Beklagten ausgegangen. Dass sie zwar auf einer von beiden Parteien besuchten Feier stattgefundene sexuelle Kontakte eingeräumt habe, nicht aber einen Geschlechtsverkehr, sei nicht schlüssig, weil feststehe, dass der Kläger nicht der leibliche Vater ihres Sohnes sei. Dass es zu einem Geschlechtsverkehr mit dem sie bedrängenden Mann nicht gekommen sei, sei ihr "nicht abzunehmen". Dass sie es nicht ausgeschlossen habe, geschwängert worden zu sein, ergebe sich zudem aus der glaubhaften Behauptung des Klägers, dass die Beklagte nach Abbruch sexueller Kontakte im Jahr 1983 überraschend im März 1984 nach der Feier den Geschlechtsverkehr mit ihm noch einmalig zugelassen habe. Sie habe daher befürchtet, von einem anderen Mann schwanger zu sein und habe es deshalb für möglich gehalten, dass der Kläger nicht der Vater sei, möge sie diesen Umstand auch verdrängt haben.
Die hiergegen von der Beklagten erhobenen Revisionsrügen sind nicht begründet. Dass die Begründung des Berufungsgerichts denkgesetzwidrig sei, ist nicht zu erkennen. Vielmehr geht aus seiner Würdigung hervor, dass es der Behauptung der Beklagten, dass sie keinen Geschlechtsverkehr mit einem anderen Mann gehabt habe, keinen Glauben geschenkt hat, schon weil die Tatsache, dass das Kind von einem anderen Mann abstammt, dagegen spricht. Die weitere Überlegung des Berufungsgerichts, dass sie vor dem Geschlechtsverkehr mit ihrem Ehemann ihre Schwangerschaft von einem anderen Mann befürchtet habe, baut dagegen auf der Feststellung des außerehelichen Geschlechtsverkehrs auf und soll diese nicht begründen. Auch dass nach Auffassung der Beklagten die Feststellungen des Berufungsgerichts zum Vorsatz unzureichend seien, trifft nicht zu. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Beklagte Kenntnis von dem Geschlechtsverkehr hatte, was damit übereinstimmt, dass sie das Geschehen detailliert vorgetragen und ihre damalige Alkoholisierung ihr Erinnerungsvermögen somit nicht entscheidend beeinträchtigt hat. Unter diesen Umständen brauchte das Berufungsgericht entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung auch nicht näher zu begründen, warum die Beklagte nicht etwa einen alkoholbedingten "Blackout" gehabt habe. Dass das Berufungsgericht seinen Feststellungen angefügt hat, die Beklagte könne die Möglichkeit, dass der Kläger nicht der Vater ihres Sohnes sei, "verdrängt" haben, steht dem von ihm festgestellten - zumindest - bedingten Vorsatz nicht entgegen. Denn diese Bemerkung ist ersichtlich nicht in dem Sinne zu verstehen, dass die einmal begründete Kenntnis etwa durch außergewöhnliche Umstände später aufgehoben worden sein könnte. Dass das Berufungsgericht eine solche Möglichkeit nicht in Betracht gezogen hat, zeigt sich daran, dass es in seiner Begründung sogleich im Anschluss an die genannte Bemerkung von einem bedingten Vorsatz der Beklagten auch zum Zeitpunkt des Abschlusses der Trennungs- und Scheidungsfolgenregelung ausgegangen ist.
Mit ihrer Revision beanstandet die Beklagte, dass den Vorinstanzen verwehrt gewesen sei, die Abstammung des Sohnes gutachterlich klären zu lassen. Das greift als Verfahrensrüge nicht durch. Die von der Beklagten angeführte Sperrwirkung nach § 1599 Abs. 1 BGB ergibt sich aus dem materiellen Recht und betrifft das Beweisverfahren als solches nicht. Die ordnungsgemäße Beweisaufnahme steht außer Frage, zumal der Kläger und auch der Sohn H. - durch seine Betreuerin - ihrer Einbeziehung in die Abstammungsbegutachtung zugestimmt haben. Die Einbeziehung der Beklagten war wegen des bereits erwiesenen Vaterschaftsausschlusses nicht notwendig. Ob das Beweisergebnis für die Entscheidung auch erheblich ist, ist in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung. Selbst eine Beweiserhebung über eine letztlich rechtsunerhebliche Frage würde die Beweisaufnahme grundsätzlich zwar überflüssig, aber noch nicht verfahrenswidrig machen.
Dass der Kläger auch heute noch rechtlicher Vater des Kindes ist, steht der Annahme eines Härtegrundes nach § 1579 Nr. 7 BGB nicht entgegen.
Der Senat hat bereits in seiner bisherigen Rechtsprechung die Geltendmachung der fehlenden leiblichen Abstammung für einen Härtegrund nach § 1579 BGB nicht als ausgeschlossen betrachtet, wenn die Abstammung des Kindes von einem anderen Mann unstreitig ist. In einer weiteren Fallkonstellation hat der Bundesgerichtshof die Berufung auf die unstreitig fehlende leibliche Abstammung zugelassen, wenn diese für die Haftung des Rechtsanwalts, der die Nichteinhaltung der Anfechtungsfrist zu verantworten hat, erheblich ist. In diesen Fällen ist trotz bestandskräftiger Vaterschaft eine Berücksichtigung der abweichenden biologischen Abstammung zulässig. Anders lag insoweit der Fall des Senatsurteils vom 16. April 2008 (XII ZR 144/06), in dem das Kind - nach Anfechtung der Vaterschaft - rechtlich vaterlos war und von daher eine Gefährdung des Familienfriedens allein durch das Hinterfragen der leiblichen Abstammung von vornherein nicht zu besorgen war.
Wenn die Vaterschaft eines anderen Mannes zwar nicht unstreitig ist, aber die mangelnde leibliche Vaterschaft des Ehemannes in zulässiger Weise festgestellt ist, muss das gleiche gelten. Abweichend von der früheren Sichtweise stellt die feststehende rechtliche Vaterschaft nicht mehr einen generellen Hinderungsgrund für die Aufklärung der biologischen Abstammung dar. Vielmehr hat der (rechtliche) Vater nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein von Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistetes Recht auf Kenntnis der Abstammung seines Kindes von ihm. Aufgrund dessen hat der Gesetzgeber das sog. Abstammungsklärungs-verfahren nach § 1598 a BGB eingeführt, das vom rechtlichen Status gänzlich unabhängig ist. Daran zeigt sich, dass das Gesetz dem Familienfrieden und einer bewusst nicht aufgeklärten biologischen Abstammung jedenfalls dann nicht mehr den Vorrang einräumt, wenn der rechtliche Vater als einer der Klärungsberechtigten eine Aufklärung der leiblichen Abstammung anstrebt und er gegen Mutter und Kind einen Anspruch auf Mitwirkung an der Untersuchung hat oder letztere - soweit zur Klärung des Vaterschaftsausschlusses erforderlich - zur Mitwirkung bereit sind.
In seiner bisher zu § 1579 BGB ergangenen Entscheidung hatte der Senat allerdings das Fehlverhalten der unterhaltsberechtigten Ehefrau noch damit begründet, dass sie den Ehemann von der Anfechtung der Vaterschaft abgehalten hatte. Das verhält sich im vorliegenden Fall anders, denn der Kläger hat sich, nachdem er über die mögliche Vaterschaft eines anderen Mannes informiert und seine Nichtvaterschaft im vorliegenden Verfahren zudem erwiesen ist, in Kenntnis aller Umstände dafür entschieden, seine Vaterschaft aufrechtzuerhalten.
Eine Anfechtung der Vaterschaft ist indessen nicht Voraussetzung für die Erhebung des Einwands nach § 1579 Nr. 7 BGB, weil dessen Voraussetzungen nicht an die rechtliche Abstammung des Kindes, sondern an die Verfehlung des Unterhaltsberechtigten gegenüber dem Unterhaltspflichtigen anknüpfen.
Die fortbestehende Vaterschaft ist im Zusammenhang mit dem Ehegattenunterhalt nur dort zwingend zu berücksichtigen, wo der Unterhalt des - geschiedenen - Ehegatten an die gemeinsame Elternschaft anknüpft oder diese ansonsten für die Bemessung des Unterhalts bedeutsam ist. Demnach kann der Ehemann sich auf seine fehlende biologische Vaterschaft nicht berufen, wenn der Unterhaltsberechtigte das Kind betreut, weil es sich um ein gemeinschaftliches Kind im Sinne von § 1570 Abs. 1 BGB handelt. Ebenso können Belange des Kindes einer Versagung oder Herabsetzung des Unterhalts nach § 1579 BGB entgegenstehen. In diesen Fällen hängt der Unterhalt oder seine Bemessung mit dem bestehenden Eltern-Kind-Verhältnis und somit auch der fortbestehenden Verantwortung des Ehemannes als - rechtlicher - Vater des Kindes zusammen.
Soweit die Täuschung über die (mögliche) anderweitige Abstammung hingegen von der Vaterschaft und der gemeinsamen Elternschaft unabhängige Gesichtspunkte betrifft, die eine aktuelle oder frühere Betreuung des gemeinschaftlichen Kindes durch die Unterhaltsberechtigte nicht in Frage stellen, ist der Unterhaltspflichtige nicht gehindert, diese als Härtegrund nach § 1579 Nr. 7 BGB anzuführen, weil insoweit allein der Umfang der fortwirkenden nachehelichen Solidarität in Frage steht.
Weil die Beklagte den Kläger nicht über die mögliche Vaterschaft eines anderen Mannes zu dem Sohn H. aufklärte und den Kläger mehr als 20 Jahre in dem Glauben ließ, dass allein er der Vater des Sohnes sein könne, ist das Oberlandesgericht nach den vorgenannten Grundsätzen zu Recht zu einer Herabsetzung des Unterhalts wegen eines schwerwiegenden Fehlverhaltens im Sinne von § 1579 Nr. 7 BGB gelangt.
Durch die Geltendmachung des Härtegrundes setzt der Kläger sich zu der fortbestehenden Vaterschaft zu dem Sohn H. nicht in Widerspruch. Denn zum einen stehen die rechtlichen Wirkungen der Vaterschaft für den Ehegattenunterhalt im oben angesprochenen Sinne hier nicht in Rede. Weder handelt es sich um Betreuungsunterhalt, noch stehen die Belange des Sohnes aktuell der Beschränkung des Unterhalts nach § 1579 BGB entgegen. Zum anderen wäre es bei der gegebenen Sachlage im Gegenteil sogar widersprüchlich, wenn man von dem Kläger verlangen würde, die Vaterschaft zu dem Sohn anzufechten, um einen Härtegrund geltend machen zu können. Dann müsste der Kläger seine über Jahrzehnte gefestigte Elternschaft und rechtliche Verantwortung für den Sohn ohne Notwendigkeit beenden. Das wird im vorliegenden Fall besonders deutlich. Der Kläger gab nicht nur seine gut bezahlte Berufstätigkeit vorzeitig auf, um sich der Betreuung des geistig behinderten Sohnes widmen zu können. Ihm wurde nach der Scheidung auch die elterliche Sorge über den Sohn übertragen.
Das vom Berufungsgericht in tatrichterlicher Verantwortung gefundene Maß der Unterhaltsherabsetzung ist nach revisionsrechtlichen Maßstäben nicht zu beanstanden.
Das Berufungsgericht ist unter Würdigung der Einzelfallumstände zu einer Herabsetzung des Unterhalts auf monatlich 400 € gelangt, die der Beklagten neben der von ihr bezogenen Rente sowie dem Wohnen im eigenen Haus eine - wenn auch auf geringerem Lebensstandard - auskömmliche Unterhaltssicherung ermöglichen. Es hat dabei neben der Schwere des Fehlverhaltens insbesondere die Dauer der Ehe und die Rollenverteilung, die übertragenen Vermögenswerte sowie die beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse berücksichtigt. Dass das Berufungsgericht auch über den gesetzlichen Unterhaltsanspruch hinausgehende Vergünstigungen aufgrund der notariellen Vereinbarung mit einbezogen hat und auf den (fraglichen) rechtlichen Bestand der Vereinbarung nicht eingegangen ist, beschwert die Beklagte als Revisionsklägerin nicht. Das Berufungsgericht ist schließlich zu Recht davon ausgegangen, dass die von den Parteien getroffene Vereinbarung die Abänderung der Urkunde aufgrund des Einwands nach § 1579 Nr. 7 BGB (bzw. § 1579 Nr. 6 BGB aF) nicht ausschließt. Das greift die Beklagte mit ihrer Revision auch nicht an.
Das Berufungsgericht hat neben der Herabsetzung nach § 1579 Nr. 7 BGB keine (weitere) Herabsetzung und Befristung des Unterhalts nach § 1578 b BGB vorgenommen. Auch das bedarf im Revisionsverfahren keiner Überprüfung, weil es für die Beklagte als Revisionsklägerin günstig ist.
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Annotations
Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil
- 1.
die Ehe von kurzer Dauer war; dabei ist die Zeit zu berücksichtigen, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen kann, - 2.
der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt, - 3.
der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat, - 4.
der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat, - 5.
der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat, - 6.
der Berechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat, - 7.
dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt oder - 8.
ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 7 aufgeführten Gründe.
(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde, sind weiter die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Auf Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren finden die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften Anwendung, wenn die Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde.
(2) Jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ist ein selbständiges Verfahren im Sinne des Absatzes 1 Satz 1.
(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren in Familiensachen, die am 1. September 2009 ausgesetzt sind oder nach dem 1. September 2009 ausgesetzt werden oder deren Ruhen am 1. September 2009 angeordnet ist oder nach dem 1. September 2009 angeordnet wird, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.
(4) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1. September 2009 vom Verbund abgetrennt sind oder nach dem 1. September 2009 abgetrennt werden, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Alle vom Verbund abgetrennten Folgesachen werden im Fall des Satzes 1 als selbständige Familiensachen fortgeführt.
(5) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, in denen am 31. August 2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, sowie auf die mit solchen Verfahren im Verbund stehenden Scheidungs- und Folgesachen ab dem 1. September 2010 die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.
Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil
- 1.
die Ehe von kurzer Dauer war; dabei ist die Zeit zu berücksichtigen, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen kann, - 2.
der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt, - 3.
der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat, - 4.
der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat, - 5.
der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat, - 6.
der Berechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat, - 7.
dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt oder - 8.
ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 7 aufgeführten Gründe.
(1) § 1592 Nr. 1 und 2 und § 1593 gelten nicht, wenn auf Grund einer Anfechtung rechtskräftig festgestellt ist, dass der Mann nicht der Vater des Kindes ist.
(2) § 1592 Nr. 1 und § 1593 gelten auch nicht, wenn das Kind nach Anhängigkeit eines Scheidungsantrags geboren wird und ein Dritter spätestens bis zum Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft des dem Scheidungsantrag stattgebenden Beschlusses die Vaterschaft anerkennt; § 1594 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Neben den nach den §§ 1595 und 1596 notwendigen Erklärungen bedarf die Anerkennung der Zustimmung des Mannes, der im Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist; für diese Zustimmung gelten § 1594 Abs. 3 und 4, § 1596 Abs. 1 Satz 1 bis 3, Abs. 3 und 4, § 1597 Abs. 1 und 2 und § 1598 Abs. 1 entsprechend. Die Anerkennung wird frühestens mit Rechtskraft des dem Scheidungsantrag stattgebenden Beschlusses wirksam.
(1) Enthält ein Urteil eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil die Abänderung beantragen. Die Klage ist nur zulässig, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt.
(2) Die Klage kann nur auf Gründe gestützt werden, die nach Schluss der Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens entstanden sind und deren Geltendmachung durch Einspruch nicht möglich ist oder war.
(3) Die Abänderung ist zulässig für die Zeit ab Rechtshängigkeit der Klage.
(4) Liegt eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse vor, ist die Entscheidung unter Wahrung ihrer Grundlagen anzupassen.
(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.
(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.
(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.
Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil
- 1.
die Ehe von kurzer Dauer war; dabei ist die Zeit zu berücksichtigen, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen kann, - 2.
der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt, - 3.
der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat, - 4.
der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat, - 5.
der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat, - 6.
der Berechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat, - 7.
dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt oder - 8.
ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 7 aufgeführten Gründe.
(1) § 1592 Nr. 1 und 2 und § 1593 gelten nicht, wenn auf Grund einer Anfechtung rechtskräftig festgestellt ist, dass der Mann nicht der Vater des Kindes ist.
(2) § 1592 Nr. 1 und § 1593 gelten auch nicht, wenn das Kind nach Anhängigkeit eines Scheidungsantrags geboren wird und ein Dritter spätestens bis zum Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft des dem Scheidungsantrag stattgebenden Beschlusses die Vaterschaft anerkennt; § 1594 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Neben den nach den §§ 1595 und 1596 notwendigen Erklärungen bedarf die Anerkennung der Zustimmung des Mannes, der im Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist; für diese Zustimmung gelten § 1594 Abs. 3 und 4, § 1596 Abs. 1 Satz 1 bis 3, Abs. 3 und 4, § 1597 Abs. 1 und 2 und § 1598 Abs. 1 entsprechend. Die Anerkennung wird frühestens mit Rechtskraft des dem Scheidungsantrag stattgebenden Beschlusses wirksam.
Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil
- 1.
die Ehe von kurzer Dauer war; dabei ist die Zeit zu berücksichtigen, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen kann, - 2.
der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt, - 3.
der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat, - 4.
der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat, - 5.
der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat, - 6.
der Berechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat, - 7.
dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt oder - 8.
ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 7 aufgeführten Gründe.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger nimmt den Beklagten auf gemäß § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB übergegangenen Kindesunterhalt in Anspruch und verlangt im Wege der Stufenklage zunächst Auskunft über die Einkünfte des Beklagten.
- 2
- Während der 1989 geschlossenen und am 10. August 2004 geschiedenen Ehe des Klägers mit Petra T. hat diese drei Kinder geboren, nämlich 1992 die Tochter Rebecca, 1994 die Tochter Nina und 1995 den Sohn Jan. Mit rechtskräftigem Urteil des Familiengerichts vom 23. Dezember 2003 wurde festgestellt, dass der Kläger nicht deren Vater ist. Die Vaterschaft zu den drei Kindern ist bisher weder anerkannt noch gerichtlich festgestellt.
- 3
- Der Beklagte ist der Lebensgefährte der Kindesmutter. Der Kläger behauptet , außer ihm selbst habe nur dieser während der gesetzlichen Empfängniszeiten Geschlechtsverkehr mit der Kindesmutter gehabt.
- 4
- Der Kläger vertritt die Auffassung, seiner Klage stehe nicht entgegen, dass die Vaterschaft des Beklagten nicht feststehe. Denn sowohl der Beklagte als auch die Kindesmutter, die die alleinige Vertreterin der Kinder ist, weigerten sich, die gerichtliche Klärung der Vaterschaft herbeizuführen; auch sei der Beklagte nicht bereit, auf Kosten des Klägers an einem außergerichtlichen DNATest mitzuwirken. Unter diesen Umständen sei § 1600d Abs. 4 BGB, demzufolge die Rechtswirkungen der Vaterschaft erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden können, nicht anwendbar. Vielmehr sei die Vaterschaft des Beklagten im vorliegenden Verfahren zu klären.
- 5
- Das Amtsgericht hat die Klage - in der Auskunftsstufe - insgesamt abgewiesen. Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in FuR 2006, 574 ff. und OLGR Celle 2007, 138 ff. veröffentlicht ist, hat die dagegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision des Klägers, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe:
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- Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
- 7
- 1. Das Oberlandesgericht hat - ebenso wie die Vorinstanz - dahinstehen lassen, ob der Beklagte der biologische Vater der drei während der Ehe der Kindesmutter mit dem Kläger geborenen Kinder ist, und der Stufenklage insgesamt den Erfolg versagt. Der Kläger sei nämlich nach § 1600d Abs. 4 BGB gehindert , den Beklagten auf gemäß § 1607 Abs. 3 BGB übergegangenen Kindesunterhalt in Anspruch zu nehmen, solange die Vaterschaft des Beklagten weder anerkannt noch mit Wirkung für und gegen alle gerichtlich festgestellt sei.
- 8
- Dem stehe nicht entgegen, dass der Beklagte seine Vaterschaft für die drei Kinder nicht ausdrücklich in Abrede gestellt, sondern lediglich vorgetragen habe, diese sei nicht geklärt. Das genüge nicht, die Rechtsausübungssperre des § 1600 d Abs. 4 BGB zu überwinden. Weder könne die Vaterschaft im vorliegenden Regressprozess als Vorfrage inzident festgestellt werden, noch sei es unter den gegebenen Umständen rechtsmissbräuchlich, wenn der Beklagte sich auf diese Vorschrift berufe. Aus den gleichen Gründen komme auch ein Anspruch aus § 826 BGB nicht in Betracht, weil es nicht sittenwidrig sei, wenn der Beklagte seine Vaterschaft weder anerkenne noch deren gerichtliche Feststellung betreibe.
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- Das hält der revisionsrechtlichen Prüfung und den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.
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- 2. Mangels entsprechender Feststellungen ist revisionsrechtlich davon auszugehen, dass die drei Kinder vom Beklagten abstammen und der Kläger ihnen über Jahre hinweg als vermeintlicher Vater Unterhalt gewährt hat. Folglich ist für das Revisionsverfahren davon auszugehen, dass dem Kläger der mit seiner Stufenklage geltend gemachte Anspruch gegen den Beklagten zusteht (vgl. Erman/Hammermann BGB 12. Aufl. § 1600d Rdn. 38; Staudinger /Rauscher BGB [2004] § 1600d Rdn. 90) und lediglich zu entscheiden ist, ob der Kläger auch dann gemäß § 1600d Abs. 4 BGB gehindert ist, den Anspruch vor Rechtskraft eines die Vaterschaft des Beklagten feststellenden Urteils im Sinne des § 1600d Abs. 1 BGB geltend zu machen, wenn das Kind, seine Mutter oder ein seine eigene Vaterschaft behauptender Mann, die nach § 1600e Abs. 1 Satz 1 BGB allein zur Erhebung einer Vaterschaftsfeststellung befugt sind, die Einleitung eines solchen Verfahrens ablehnen.
- 11
- a) Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass § 1600d Abs. 4 BGB eine Inzidentfeststellung der Vaterschaft im Regressprozess zwischen dem Scheinvater und dem von ihm vermuteten Erzeuger des Kindes grundsätzlich ausschließt, wie der Senat bereits entschieden hat (Senatsurteil BGHZ 121, 299 = FamRZ 1993, 696 f. zu §§ 1600a, 1615b Abs. 2 BGB a.F.). Dem ist die herrschende Meinung weitgehend gefolgt (vgl. Schwonberg FamRZ 2008, 449, 450 m.N. in Fn. 19).
- 12
- b) An dieser Entscheidung hält der Senat jedoch aufgrund inzwischen veränderter Gesetzeslage nicht mehr uneingeschränkt fest:
- 13
- aa) Soweit er darin offen gelassen hat, ob eine Durchbrechung der Rechtsausübungssperre des § 1600a Satz 2 BGB a.F. in Betracht kommt, wenn der Scheinvater seinen Anspruch auf Delikt, namentlich auf § 826 BGB, stützen kann, bedarf dies auch hier keiner Entscheidung.
- 14
- bb) In der vorgenannten Entscheidung hat der Senat sich bereits mit Stimmen in der Literatur auseinander gesetzt, die eine Durchbrechung der Rechtsausübungssperre und eine Zulassung einer Inzidentfeststellung in besonders gelagerten Fällen befürworten (vgl. MünchKomm/Mutschler BGB 3. Aufl. § 1600a Rdn. 15; Raiser FamRZ 1986, 942, 945), und auch darauf hingewiesen , dass die Ausübungssperre nicht uneingeschränkt gilt, sondern § 1600d Abs. 4 BGB Ausnahmen hiervon zulässt, namentlich "soweit sich … aus dem Gesetz anderes ergibt", so etwa im Sozialversicherungsrecht sowie zur Regelung dringender, zeitlich begrenzter Unterhaltsansprüche des Kindes oder der Mutter im Wege einstweiliger Verfügung (§1615o BGB, § 641d ZPO). Eine weitere Ausnahme hatte der Bundesgerichtshof bereits zuvor für den Fall des Regresses gegen den Rechtsanwalt bejaht, der die Frist zur Erhebung der Vaterschaftsanfechtungsklage versäumt hat (BGHZ 72, 299 ff. = FamRZ 1979, 112 ff.).
- 15
- Der Senat hat sich seinerzeit gleichwohl gehindert gesehen, angesichts der Problematik einer "Anspruchsvereitelung trotz bestehender Anspruchsnorm" (Raiser aaO S. 945) von dem Grundsatz der Unzulässigkeit einer Inzidentfeststellung und dem klaren Wortlaut des § 1600a Satz 2 BGB a.F. abzuweichen , und zwar unter anderem aus folgenden Erwägungen:
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- Erstens dürfe aus den aufgezeigten Ausnahmen von dieser Vorschrift nicht auf einen allgemeinen Grundsatz geschlossen werden. Zweitens liefe dies dem in § 1600a BGB a.F. als Teil der Reform des Nichtehelichenrechts zum Ausdruck gekommenen Bestreben des Gesetzgebers zuwider, dem nichtehelichen Kind durch die Notwendigkeit eines Abstammungsverfahrens nach § 1600d Abs. 1 BGB, § 640 Abs. 2 Nr. 1 ZPO einen für und gegen alle wirkenden Status zu geben und seine Zuordnung zum Vater im Sinne eines echten Verwandtschaftsverhältnisses herbeizuführen. Drittens sei das finanzielle Interesse des Scheinvaters nicht höher zu bewerten als die anerkennenswerten und verfassungsrechtlich geschützten Gründe des Kindes, seine Abstammung zu einem Dritten nicht feststellen zu lassen.
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- cc) Diese Erwägungen gelten im Grundsatz nach wie vor, stehen hier aber wegen der besonderen Umstände des Falles einer Durchbrechung der Rechtsausübungssperre nicht entgegen.
- 18
- Zum einen wird damit nicht in unzulässiger Weise aus einer Ausnahmevorschrift auf einen allgemeinen Grundsatz geschlossen. Der Rechtsprechung ist es unbenommen, den Anwendungsbereich einer gesetzlichen Vorschrift im Wege teleologischer Reduktion einzuschränken, wenn und soweit dies erforderlich erscheint, in besonders gelagerten Fällen, deren Auswirkungen der Gesetzgeber offensichtlich nicht in vollem Umfang bedacht hat, schlechthin untragbare Ergebnisse zu vermeiden. Dazu bedarf es keiner analogen Erweiterung etwa bestehender Ausnahmevorschriften; deren Existenz kann aber bei der Beurteilung der Frage herangezogen werden, ob der Gesetzgeber die in der grundlegenden Norm aufgestellte Regelung als unabdingbar angesehen hat oder jedenfalls bestimmte Ausnahmen für möglich hielt.
- 19
- Zum anderen kann eine Durchbrechung der Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB dem Bestreben, dem nichtehelichen Kind einen für und gegen alle wirkenden Status zu geben und seine Zuordnung zum biologischen Vater im Sinne eines echten Verwandtschaftsverhältnisses herbeizuführen, ausnahmsweise dann nicht zuwiderlaufen, wenn dieses Ziel aufgrund besonderer Umstände auf lange Zeit ohnehin faktisch nicht erreicht werden kann. Das ist hier beispielsweise der Fall, weil weder die die Kinder allein vertretende Mutter noch der Beklagte als möglicher biologischer Vater bereit sind, dessen Vaterschaft gerichtlich feststellen zu lassen.
- 20
- Schließlich hat das Bundesverfassungsgericht inzwischen Zweifel geäußert , ob und in welchem Umfang ein Kind ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht auf Nichtkenntnis der eigenen Abstammung hat (BVerfGE FamRZ 2007, 441, 444 unter B I 3 b aa [1]), wie der Senat bislang angenommen hatte (vgl. Senatsurteile BGHZ 121, 299, 303 f. = FamRZ 1993, 696, 697 und BGHZ 162, 1, 5 = FamRZ 2005, 340, 341). Der Senat hält deshalb nicht mehr daran fest, dass demgegenüber das finanzielle Interesse des Scheinvaters gegenüber dem ihm möglicherweise regresspflichtigen Erzeuger stets zurückzustehen habe.
- 21
- dd) Inzwischen hat sich die Rechtslage, vor deren Hintergrund 1993 die Senatsentscheidung BGHZ 121, 299 (= FamRZ 1993, 696 f.) getroffen worden war, in zwei Punkten entscheidend geändert.
- 22
- (1) Zum einen weist das Berufungsgericht zu Recht darauf hin, dass bis zum 30. Juni 1998 in den alten Bundesländern die alleinsorgeberechtigte Mutter ihr nichteheliches Kind nicht vertreten konnte, soweit es um die Feststellung der Vaterschaft ging; insoweit stand die gesetzliche Vertretung gemäß §§ 1706, 1709 BGB a.F. dem Jugendamt als Pfleger zu, das in aller Regel im Interesse des Kindes ein solches Verfahren einleitete. Mit Rücksicht darauf schien es vertretbar , den Scheinvater wegen der Rechtsausübungssperre des § 1600a Satz 2 BGB a.F. darauf zu verweisen, den rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens abzuwarten, bevor er den als Vater festgestellten Erzeuger des Kindes gemäß § 1615b Abs. 2 BGB a.F. auf Kindesunterhalt in Anspruch nehmen konnte. Denn dies führte, von extremen Ausnahmefällen abgesehen, allenfalls zu einer Verzögerung der Durchsetzung seines bereits bestehenden gesetzlichen Anspruchs, nicht aber zu dessen dauernder Vereitelung.
- 23
- Durch das am 1. Juli 1998 in Kraft getretene Gesetz zur Abschaffung der gesetzlichen Amtspflegschaft und Neuregelung des Rechts der Beistandschaft (BeistandschaftsG) vom 4. Dezember 1997 (BGBl. I 2846) ist jedoch die gesetzliche Amtspflegschaft für nichteheliche Kinder abgeschafft und zugleich für bestimmte Aufgaben, zu denen gemäß § 1712 Abs. 1 Nr. 1 BGB auch die Feststellung der Vaterschaft gehört, eine freiwillige Beistandschaft des Jugendamtes eingeführt worden. Dies hat zur Folge, dass es, solange der potentielle Erzeuger des Kindes nicht selbst Vaterschaftsfeststellungsklage erhebt, bis zur Volljährigkeit des Kindes allein vom Willen der Mutter abhängt, ob sie ihrerseits Vaterschaftsfeststellungsklage erhebt oder nicht. Unterlässt sie dies, kann ihr die Vertretung des Kindes auch nicht nach § 1796 BGB durch das Familiengericht entzogen werden, § 1629 Abs. 2 Satz 3 2. Halbs. BGB. Der Scheinvater selbst ist für eine Klage auf Feststellung der Vaterschaft nicht klagebefugt, § 1600e Abs. 1 BGB.
- 24
- Damit würde sich bei der vom Senat in BGHZ 121, 299 = FamRZ 1993, 696 f. bislang vertretenen Auffassung zu § 1600d Abs. 4 BGB der Rückgriffsanspruch des Scheinvaters gegen den mutmaßlichen Erzeuger des Kindes nunmehr in einer Vielzahl von Fällen als undurchsetzbar erweisen, nämlich immer dann, wenn weder dieser noch die Kindesmutter - aus welchen Motiven auch immer - von dem ihnen allein zustehenden Recht, die Vaterschaft gerichtlich feststellen zu lassen, keinen Gebrauch machen.
- 25
- (2) Zum anderen ist diese Entscheidung des Senats vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Frage der Abstammung eines Kindes seinerzeit allein in dem dafür vorgesehenen besonderen Verfahren in Kindschaftssachen (§ 640 ZPO) zu klären war und der Grundsatz der Statuswahrheit es verlangte, alles zu vermeiden, was die Übereinstimmung von statusmäßiger und tatsächlicher biologischer Abstammung hätte beeinträchtigen können. Auch dies gilt inzwischen nicht mehr uneingeschränkt. Durch das am 1. April 2008 in Kraft getretene Gesetz zur Klärung der Vaterschaft unabhängig vom Anfechtungsverfahren vom 26. März 2008 (BGBl. I 441) hat der Gesetzgeber ein Verfahren zur Verfügung gestellt, das der Klärung der Abstammung dient und es gleichwohl zulässt , die sich gegebenenfalls als unzutreffend erweisende statusrechtliche Zuordnung des Kindes unverändert zu lassen. Allerdings steht dieses Verfahren nur dem Kind und seinen Eltern zu, nicht aber einem Dritten.
- 26
- In diesem neuartigen Verfahren wird zwar keine gerichtliche Feststellung über die Abstammung getroffen; sie ermöglicht aber eine gutachterliche Feststellung , deren Beweiswert bei Befolgung der anerkannten Regeln der DNAAnalyse regelmäßig keinen vernünftigen Zweifel mehr zulässt. Es handelt sich mithin um ein gerichtsförmiges Verfahren, das Gewissheit über die tatsächliche Abstammung herbeiführen soll, einen dieser Erkenntnis entgegenstehenden Status des Kindes aber unberührt lässt.
- 27
- Angesichts dieser neuen Rechtslage erscheint es gerechtfertigt, Bedenken gegen eine Inzidentfeststellung zurückzustellen, die sich darauf gründen, dass ein bestehender Status des Kindes nicht außerhalb eines Statusverfahrens durch Feststellungen zur biologischen Abstammung hinterfragt werden soll. Denn auch eine Inzidentfeststellung der Abstammung im Regressprozess des Scheinvaters gegen den Erzeuger erwächst nicht in Rechtskraft, nicht einmal zwischen den Parteien dieses Prozesses, und führt deshalb auch nicht zur Feststellung einer "relativen Vaterschaft" (entgegen OLG Hamm FamRZ 2003, 401, 402). Sie ist vielmehr lediglich Vorfrage für das Bestehen des Anspruchs (vgl. Schwonberg aaO S. 453).
- 28
- c) Nach alledem ist eine Inzidentfeststellung der Vaterschaft im Regressprozess des Scheinvaters nicht schlechthin ausgeschlossen. Sie ist jedoch nur unter engen Voraussetzungen zulässig.
- 29
- aa) Eine Ausnahme kommt insbesondere in Betracht, wenn - wie hier - davon auszugehen ist, dass ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren auf längere Zeit nicht stattfinden wird, weil die zur Erhebung einer solchen Klage Befugten dies ausdrücklich ablehnen oder von einer solchen Möglichkeit seit längerer Zeit keinen Gebrauch gemacht haben. Wird eine solche Vaterschaftsfeststel- lungsklage allerdings während der Rechtshängigkeit des Scheinvaterregresses des Scheinvaters erhoben, wird das Regressverfahren auszusetzen sein.
- 30
- Hingegen ist auch unter diesen Umständen eine Durchbrechung der Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB nicht schon dann gerechtfertigt , wenn der Kläger die Vaterschaft des Beklagten "ins Blaue hinein" behauptet und sie erst durch ein Vaterschaftsgutachten bewiesen werden soll. Vielmehr werden zumindest die Voraussetzungen darzulegen sein, an die § 1600d Abs. 2 BGB die Vermutung der Vaterschaft knüpft. Darüber wird gegebenenfalls Beweis zu erheben sein, ehe die Einholung eines Vaterschaftsgutachtens in Betracht kommt. Sind diese Voraussetzungen unstreitig oder reicht die Beweisaufnahme aus, das Gericht gemäß § 286 ZPO von ihrem Vorliegen zu überzeugen , dürfte sich die Einholung eines solchen Gutachtens erübrigen, es sei denn, dass nunmehr der Beklagte die Einholung eines solchen Gutachtens beantragt , um die Vermutung seiner Vaterschaft zu entkräften. Denn an den Beweis sind im Rahmen einer solchen Zahlungsklage nicht die Anforderungen zu stellen, die eine inter omnes wirkende Vaterschaftsfeststellung erfordert.
- 31
- Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts setzt eine solche Klage regelmäßig auch nicht die Mitwirkung der Mutter und des Kindes an einem (weiteren ) DNA-Test voraus. Ist dem Verfahren - wie hier - ein erfolgreiches Vaterschaftsanfechtungsverfahren vorausgegangen, liegen die insoweit erforderlichen Untersuchungsergebnisse regelmäßig bereits vor, so dass sich eine etwa erforderliche weitere Begutachtung auf die Analyse der entsprechenden Merkmale des Beklagten und deren Vergleich mit den bereits vorliegenden Ergebnissen beschränken kann.
- 32
- bb) Die Beweisaufnahme in einem solchen Regressprozess berührt zwar auch die verfassungsrechtlich geschützten Interessen Dritter, hier der Mutter und des Kindes bzw. der Kinder, sowie Interessen des Beklagten selbst.
- 33
- Das Interesse des Beklagten, nicht auf Erstattung des Unterhalts in Anspruch genommen zu werden, ist allerdings nach der gesetzlichen Wertung des § 1607 Abs. 3 BGB nicht schutzwürdig (vgl. Schwonberg aaO S. 452). Sein Interesse , im Falle der Anordnung eines Sachverständigengutachtens seine genetischen Daten nicht preisgeben zu müssen, ist hinreichend dadurch geschützt , dass er die Mitwirkung an der Begutachtung verweigern und die Rechtmäßigkeit seiner Weigerung nach §§ 372a Abs. 2 Satz 1, 387 Abs. 1 ZPO in einem Zwischenstreit geltend machen kann (vgl. Senatsurteil BGHZ 166, 283, 290 = FamRZ 2006, 686, 688 und Senatsbeschluss vom 4. Juli 2007 - XII ZB 199/05 - FamRZ 2007, 1728, 1729).
- 34
- Ein schützenswertes Interesse der Kindesmutter, eine eheliche Untreue nicht offenbaren zu müssen, kommt in Fällen der vorliegenden Art schon deshalb nicht in Betracht, weil diese Untreue bereits durch den Erfolg des vorausgegangenen Vaterschaftsanfechtungsverfahrens offenbar geworden ist. Ihr Interesse , einem Dritten keinen weitergehenden Einblick in ihr Sexualleben zu gewähren, kann die Kindesmutter bereits dadurch wahren, dass sie als frühere Ehefrau des Klägers von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 2 ZPO Gebrauch macht. Für ein Interesse, im Falle der Zeugung des Kindes durch Inzest oder Vergewaltigung eine Feststellung des biologischen Vaters zu vermeiden (vgl. Staudinger/Peschel-Gutzeit BGB [2007] § 1629 Rdn. 95), werden regelmäßig keine Anhaltspunkte vorliegen.
- 35
- Nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung geht das Interesse des Kindes regelmäßig auf Kenntnis seines wirklichen Erzeugers (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 1972 - IV ZR 53/71 - NJW 1972, 1708) und nicht auf Beibehaltung eines "vaterlosen" Zustandes. Eine Inzidentfeststellung der Vaterschaft (oder auch der Nichtvaterschaft) des Beklagten steht dem Interesse des Kindes somit in aller Regel nicht entgegen. Etwas anderes könnte sich allerdings ergeben, wenn der Beklagte - wie hier - mit der Kindesmutter zusammenlebt und beide mit dem Kind eine Familie bilden. Hier könnte eine Inzidentfeststellung mit dem Ergebnis, dass der Beklagte nicht der Erzeuger des Kindes ist, dessen Interesse an der Wahrung der neuen sozial-familiären Bindung zum Beklagten beeinträchtigen , vor allem, wenn bereits das Vaterschaftsanfechtungsverfahren das Vertrauen des Kindes in den Fortbestand seiner Bindung zu dem Kläger als bisherigem rechtlichen Vater erschüttert hatte und nunmehr seine danach aufgebaute Bindung zu dem Lebensgefährten der Mutter erneut erschüttert zu werden droht.
- 36
- Sollten sich im Einzelfall Anhaltspunkte dafür ergeben, dass durch die Inzidentfeststellung der Vaterschaft in höherrangige verfassungsrechtlich geschützte Rechte Dritter eingegriffen werden könnte, wird das Gericht diesen Bedenken aber von Amts wegen nachgehen können und müssen. Denn die Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB ist von Amts wegen zu beachten (vgl. OLG Koblenz NJW-RR 2004, 146 f.; Schwonberg aaO S. 453). Ob sie im Einzelfall ausnahmsweise durchbrochen werden kann, ist daher ebenfalls von Amts wegen unter Berücksichtigung aller hierfür maßgeblichen Umstände zu prüfen.
- 37
- 3. Die angefochtene Entscheidung kann daher nicht bestehen bleiben. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, da das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen zum Grund und zur Höhe des geltend gemachten Anspruchs und insbesondere zur Passivlegitimation des Beklagten getroffen hat. Die erneute Verhandlung gibt dem Berufungsge- richt Gelegenheit, dies nachzuholen, sofern nicht im Rahmen der erneuten Amtsprüfung Umstände im Sinne des vorstehenden Absatzes bekannt werden, die der hier grundsätzlich bejahten Durchbrechung der Rechtsausübungssperre im vorliegenden Einzelfall entgegenstehen.
Vorinstanzen:
AG Uelzen, Entscheidung vom 10.01.2006 - 3b F 1022/05 -
OLG Celle, Entscheidung vom 09.08.2006 - 15 UF 46/06 -
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil
- 1.
die Ehe von kurzer Dauer war; dabei ist die Zeit zu berücksichtigen, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen kann, - 2.
der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt, - 3.
der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat, - 4.
der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat, - 5.
der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat, - 6.
der Berechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat, - 7.
dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt oder - 8.
ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 7 aufgeführten Gründe.
(1) Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.
(2) Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht.
Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil
- 1.
die Ehe von kurzer Dauer war; dabei ist die Zeit zu berücksichtigen, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen kann, - 2.
der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt, - 3.
der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat, - 4.
der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat, - 5.
der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat, - 6.
der Berechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat, - 7.
dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt oder - 8.
ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 7 aufgeführten Gründe.